Ayasha tanzt

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NR. 117 / 01. 04. 2013

ÖSTERREICH JOURNAL

Kultur

Ayasha tanzt Über ein beeindruckendes Buch – und dessen weltweit erstmalige Verwandlung in eine multimediale und interaktive App für IPad & Co.

Foto: Österreich Journal / Michael Mössmer

Von Christa Mössmer.

»Ayashas Tanz« wird von Dimitra Loes-Fellner dargestellt – und ist auch auf youtube zu sehen (Link am Ende des Beitrags).

L

eon Wille ist der Protagonist in diesem Roman. Seine Frau Edda stirbt bei der Geburt ihrer Tochter. Einmal erklärte sie Leon, kurz vor ihrem Tod, „sie sei davon überzeugt, in einem vergangenen Leben ihre Tochter gewesen zu sein (...) und sie habe geschrieben, nachts, wenn alle schliefen“. Es ist deshalb ein außergewöhnliches Buch, weil es über unser gewöhnliches Denk- bzw. Sehvermögen hinausführt, obwohl die ganze Geschichte in einem durchschnittlichen bürgerlichen Milieu spielt. Der Witwer steht also nach dem Tod seiner Frau mit seiner Tochter alleine da, wobei diese kein gewöhnliches Kind ist: Sie ist autistisch und hochbegabt. Eines Tages findet Leon ein Video auf dem Internet-Videokanal youtube, das seine Tochter beim Tanzen zeigt. In ihrem Zimmer, das sie mit seiner Videokamera selbst aufgezeichnet hat. Und das ohne Musik, medidativ und atemberaubender Choreogra-

Zeitleer unter’m gebeugten Himmel, komm ich aus morgen und gestern, alle Leben im Kopf. Es war einmal: Drei Worte aus Immersein, Lichttränken im Dunkel, schläft im Gedächtnis das, was sein wird, gerade so, wie das, was war, und keiner weckt es. Steht die Neugier morgens mit uns auf, und geht als Ahnung abends dann mit uns zu Bett, läuft uns im Schlaf übers Meer, und kennt statt Jahr und Tag nur jetzt und immer. Streichle mich, Sehnsucht, sing mir von Mondschnee und Dunkelsonne, wenn nachts die Hähne krähen. Ayasha

phie. Und er findet auch hochlyrische Gedichte, die seine Tochter verfaßt hat. Niemand würde sie der Feder eines jungen Mädchens zuordnen… Wolfgang Katzer gelingt es mit erzählerischer Lebendigkeit, den Alltag zwischen geistigen Höhenflügen von philosophischen Weisheiten und Mythen einzubetten – bis hin zu exellentem Humor: Wenn es kein Fleisch mehr gibt, fressen wir Vegetarier. Der Leser wird unterhalten, wird angeregt und berührt von der Erzählung über das autistische Mädchen namens Ayasha. Es spielt keine Rolle, ob er seine Tochter gerade mit dem Auto zur Schule fährt, sich später in einem Hotel mit seiner Geliebten trifft und sie sich unterhalten über „die Hopi-Indianer, nach deren Glauben die Welt bisher schon dreimal untergegangen war, weil sie ihrem Schöpfer immer wieder mißfallen hatte, was Wille nachfühlen konnte – hätte er sie locker ein viertes

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at


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