Magazin Museum.de Nr. 39

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Ausnahme Motorsport Viele Rennwagen und insbesondere Formel-Rennfahrzeuge haben bis heute meist freistehende Räder, damit der Motorsportler Kurven exakt anpeilen kann. Der Mercedes-Benz W 196 R aus den Jahren 1954/1955 geht da einen anderen Weg: Dieses Formel-1-Fahrzeug gibt es sowohl mit freistehenden Rädern als auch mit einer über die Räder reichenden Stromlinienkarosserie, die freilich über den Vorderrädern akzentuiert ist. Je nach Rennstrecke spielt die Rennabteilung die besondere Stärke der besseren Aerodynamik aus. Kotflügel als Designelement

Dr. Henry Letheby den Londoner Straßenschmutz: Der besteht längst nicht nur aus Pferdemist. Allein 30 Prozent des Schmutzes macht der Steinabrieb vom Straßenpflaster aus, weitere zehn Prozent sind Metallpartikel von Radreifen und Hufeisen. Die Straßen selbst und die Fahrzeuge produzieren also einen Großteil jenes Staubs, der sich bei schlechtem Wetter in Schlamm verwandelt.

langgezogenen Linien, dynamischen Kurven und expressiven Wölbungen erzählen von der Geschwindigkeit und Ästhetik des temporeichen Fahrens. So sind die von Mercedes-Benz hergestellten schönsten Karosserien jener Zeit weit entfernt vom nüchternen Grundgedanken des Kotflügels als Spritzblech. Sie lassen das Automobil mehr denn je ein Kunstwerk sein. Einfluss der Aerodynamik

Vom Feldweg zur Asphaltstraße Noch deutlicher tritt das Problem auf Landstraßen auf. Sie spielen eine Schlüsselrolle in der Erfolgsgeschichte des neuen Verkehrsmittels, seit Bertha Benz 1888 die erste Fernfahrt mit einem Automobil von Mannheim nach Pforzheim unternahm. Anders als in der Stadt gibt es über Land nur wenige gepflasterte Strecken, vorherrschend sind Fahrwege aus verdichtetem Schotter mit Oberflächen aus Sand und Kies. Zum Glück überschneidet sich die Innovationsgeschichte des Automobils mit den Fortschritten im Straßenbau. Heute sind gebundene Fahrbahndecken mit Oberflächen aus Asphalt oder Beton längst Standard.

Der Kotflügel entwickelt sich bei Personenwagen und Nutzfahrzeugen ständig weiter. Auch die Aerodynamik spielt bei dieser Evolution eine zunehmende Rolle. Ein frühes Beispiel dafür ist das strömungsoptimierte Design von Fahrzeugen

Der Kotflügel, früher freistehendes Element, wird in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts endgültig in die Karosserie integriert. Seine Gestaltung ist dennoch variantenreicher als je zuvor: beispielsweise vom Radhaus mit frechem Lidstrich beim 300 SL (W 198) und 190 SL (W 121) aus dem Jahr 1954 über die elegant den nordamerikanischen Zeitgeist aufgreifenden Peilstege der „Heckflossen“-Limousinen bis zu den glattflächigen Formen der klassisch-modernen Kompaktklasse der Baureihe W 201 reicht das Portfolio der Stilisten. Vielfalt wie nie zuvor Kotflügel sind innerhalb des Gesamtdesigns zu jeder Zeit ein wichtiges Element. Durch die Mercedes-Benz Modelloffensive und die Ausdifferenzierung der verschiedenen Karosserieformen ist diese Formen- und Stilvielfalt heute größer als je zuvor in der Markengeschichte. Den Weg hierher und in die Zukunft erzählt das Mercedes-Benz Museum mit seiner Dauerausstellung, die 160 Fahrzeuge seit der Erfindung des Automobils im Jahr 1886 zeigt – und 33 Extras.

Geschwindigkeit und Ästhetik Moderne Fahrbahnen machen den Kotflügel aber nicht überflüssig. Ganz im Gegenteil, denn auf den neuen und ebenen Straßen können Autos im Alltag schneller fahren als je zuvor. Und mit steigendem Tempo schleudern die Reifen umso stärker Nässe und Staub auf. Dieser Zusammenhang lässt den Kotflügel zu einem Liebling der Automobildesigner in den 1920er- und 1930er-Jahren werden. Seine

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wie dem Mercedes-Benz 540 K Stromlinienwagen und dem Mercedes-Benz 320 „Autobahnkurier“ mit ihren fließenden Formen. Beide Fahrzeuge haben freilich noch klar von der Karosserie abgegrenzte Kotflügel. Ab den 1950er-Jahren hält mit den modernen Mercedes-Benz Personenwagen die Pontonform Einzug. Beginnend mit den Nutzfahrzeugen folgt in den 1960er-Jahren mit dem kubischen Design eine neue Formensprache.

Oben: Rudolf Caracciola mit dem Modell K, auf dem er 1926 am Klausenpass und beim Internationalen Semmering-Rennen die Tourenwagen-Kategorie für sich entscheidet. Unten:Serien-Objekt: Mercedes-Benz Automobile aus den 1920er-Jahren mit gestalterisch klar von der Karosserie abgesetzten Kotflügeln. Rechts: Automobildesign und Architektur: Mercedes-Benz 8/38 PS Roadster (1926 bis 1928). Aufgenommen vor dem Le-Corbusier-Haus in der Stuttgarter Weißenhof-Siedlung, 1928. Fotos: © Daimler AG


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