Ausgabe 12
3 | 2013
http://www.museum.de
MAGAZIN M USEUM.DE
Xantener Dom - 750 Jahre Gotik Einladung f端r den 26. Mai nach Xanten 1
Wir machen Exponate begreifbar. Komplettlösungen für Multimedia, Interaktion und Sicherheitstechnik im Museum
heddier electronic ist seit 1989 der verlässliche Partner für multimediale Technik und Sicherheit. Wir beraten Sie qualifiziert und entwickeln Konzept und Lösung für Ihre speziellen Bedürfnisse – von der Idee bis zur Inbetriebnahme. heddier Produkte sind hundertfach im Einsatz und überzeugen durch Stabilität, einfache Bedienung und günstigen Preis.
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In diesem Heft: Direktorenwechsel in der DASA
ür den 26. Mai 2013 möchte ich Sie gemeinsam mit Frau Lyttwin, Leiterin des gastgebenden SiegfriedMuseums, und Frau Elisabeth Maas, stellv. Leiterin des benachbarten StiftsMuseums nach Xanten einladen.
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Alles Neu: Audioguide, Website und Besuchermagazin 10 Bundesvolontärstagung
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MUSEUMSTREFFEN 2013
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Krahe und Klapheck im Museum Kunstpalast
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Xantener Dom 750 Jahre Gotik
Dazu gibt es einen besonderen Anlass: Erstmals präsentiert museum.de den überregionalen Audioguide, der für alle Museen und Besucher kostenlos ist. Damit werden Ihre Hörbeiträge hardwareunabhängig, denn wir bringen sie auf die Smartphones Ihrer Besucher. Das funktioniert innerhalb und außerhalb von Museen – zu jeder Zeit. Um die Praxistauglichkeit zu zeigen, haben wir vor Ort 15 Sehenswürdigkeiten in vier Sprachen vertont.
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175 Jahre Graf Ferdinand von Zeppelin 46 Das Mathematikum in Gießen
Zeitgleich wird auch das neue OnlineMuseumsmagazin „museum“ an den Start gehen. Damit entstehen zwei intelligent verknüpfte Kommunikationswege
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Beide Museumsleiterinnen werden persönlich durch ihr Museum beziehungsweise den Dom führen. Unser J. P. van Aerde wird mit Ihnen eine Stadtführung unternehmen, die Ihnen in Erinnerung bleiben wird. Tauschen Sie sich in lockerer Atmosphäre mit Ihren Kollegen aus, und erleben Sie „den Niederrheiner“ in seiner natürlichen Umgebung. Das Programm und weitere Infos entnehmen Sie bitte der beiliegenden Einladungskarte. Wir freuen uns auf Ihren Besuch ! Elisabeth Maas, Anke Lyttwin und Uwe Strauch
Foto: Stephan Kube
Bischofsburg Xanten, Teil II 56
zwischen Museen und Besuchern. Zur Zeit wird auch die Website von museum.de komplett neu programmiert.
Elisabeth Maas M. A., stellv. Leiterin StiftsMuseum Xanten und Uwe Strauch MAGAZIN MUSEUM.DE
Ausgabe Nr. 12, Auflage 7.000 Herausgeber März 2013
Kurfürstenstr. 9
Uwe Strauch, Dipl.-Inf TU 46509 Xanten
Telefon 02801-9882072 museum@mailmuseum.de Druck: druckstudio GmbH Telefax 02801-9882072 www.museum.de
Versand: Dialogzentrum Rhein-Ruhr
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Frans Hals Museum
Museumsbeleuchtung: Angebliche Gefährdung der Exponate durch LED-Licht Im April 2010 sorgte ein offener Brief eines amerikanischen Konservators1 weltweit für erhebliche Unruhe in vielen Museen. In diesem Beitrag ist die Rede von einem teilweise sehr hohen Schädigungspotenzial bei der Beleuchtung empfindlicher Ausstellungsstücke im Museumsbereich mit LED-Leuchten.
gefunden und das Thema ist weltweit von mehreren Fachzeitschriften aufgenommen worden.
Diese Diskussion ist neuerdings wieder aufgeflammt durch Veröffentlichung eines Artikels in der Online-Ausgabe des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ vom 4.1.2013, der besagt dass die gelben Farben in einigen van Gogh-Gemälden sich durch Einwirkung von blauem bzw. ultraviolettem Licht in ein unansehnliches Braun oder Grün verwandelt haben. Die Schlagzeile dieses Artikels warnt Museen davor, LED-Beleuchtung einzusetzen.2
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Es geht erstens um die geringe Lichtechtheit der von van Gogh benutzten Farben, vor allem Chromgelb. Diese Farben sind in zwei verschiedenen Synchroton-Anlagen untersucht worden, die Ergebnisse sind im Fachmagazin „Analytical Science“ veröffentlicht worden. Die Untersuchungen haben nichts mit einer LED-Beleuchtung zu tun, es geht vielmehr um die Untersuchung chemischer Reaktionen.3,4
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Zweitens wird „von einem internationalen Forscherteam“ gewarnt, diese Bilder mit „weißen LED-Leisten“ zu beleuchten. Dabei wird vor allem der Blau-Anteil der LED als kritisch angesehen. Zusätzlich wird von der „verheerenden Wirkung von UV-Strahlen“ gewarnt – LEDs emittieren aber kein UV!
Van Gogh in den Schlagzeilen Der Spiegel-Artikel wirbt mit der Titelzeile „Warnung vor LED-Leisten: Licht verfärbt Gemälde von van Gogh“. Der Artikel hat eine große Aufmerksamkeit in der Museumswelt
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Im vorliegenden Spiegel-Artikel werden einige Punkte nicht sauber auseinander gehalten:
Hinsichtlich der „Blue-Peak-Problematik“ gibt es bereits verschiedene Stellungnahmen5. Das Thema ist vor allem in den USA von Stephen Weintraub ausführlich behandelt worden und auf der Homepage des American Institute for Conservation veröffentlicht.6 •
Drittens wird die Restauratorin des Van Gogh-Museums in Amsterdam zitiert, daß sie sowieso keine LED eingesetzt hätten. Die vorhandene Schädigung an den Gemälden ist also durch konventionelle Lichtquellen erfolgt. Als zukünftige Aufgabe wird gesehen, „die Blau- und Grün-Anteile des sichtbaren Lichts herauszufiltern, ohne die Farbwahrnehmung zu beeinträchtigen.“ Hier wird also ein Lösungsvorschlag gemacht, der den bekannten physikalischen Gegebenheiten widerspricht.
starken „Peak“ im Blaubereich des Spektrums aufweist. Dies ist in ihrer Funktionsweise begründet: Der eigentliche LED-Chip erzeugt blaues Licht. Eine Beschichtung mit Leuchtstoff wandelt einen Teil der blauen Strahlung in gelb-rotes Licht um. Durch die Mischung von Blau und Gelb-Rot entsteht ein Vollspektrum und damit weißes Licht. Die Ausprägung des Schwerpunkts im Blaubereich ist abhängig von der Spezifikation des verwendeten Leuchtstoffs und von dessen Schichtstärke. Frühere Versionen von weißen LEDs besaßen ein „kaltes“, bläuliches Licht und einen sehr deutlichen „Blue-Peak“.
Man sieht also, dass verschiedene Themen hier vermischt worden sind. Eine gute Zusammenfassung des Sachverhalts findet sich ebenfalls in der Mondo Arc unter dem Titel: „Study wrongly implies LED to blame for van Gogh masterpiece damage.“7 Strahlung und Schädigung Wir können also feststellen: Jede Strahlung kann schädigen! Das gilt nicht allein für UV-Strahlung, sondern auch für sichtbares Licht. Bei einigen Materialien kommt noch eine teilweise erhebliche Gefährdung durch IR-Strahlung, also Wärme, hinzu. Schäden treten oft in Form von Farbausbleichungen auf, können sich aber auch durch Zersetzung des Materials (z.B. Papier) zeigen. Bei kurzen Wellenlängen, also am blauen Ende des sichtbaren Spektrums, ist die Gefährdung höher als bei langen. Dieser Sachverhalt ist seit langem bekannt. Mittels einer international festgelegten Methode8 kann nun der Schädigungsfaktor von Leuchtmitteln berechnet werden. Bei einem Vergleich zwischen Halogen-Metalldampflampen, Halogenlampen und warmweißen LEDs ergeben sich nach dieser Berechnung folgende Werte:
Lichtquelle
f (mW/lm)
Halogen-Metalldampflampe (Lichtfarbe 930)
0.182
Halogenlampe (IRC)
0.169
Halogenlampe (IRC) mit UV-Filter
0.159
ERCO LED warmweiß 3000K
0.149
Spektrum einer „alten LED“
Man fürchtete nun, dass Farben, die den blauen Bereich des Spektrums zum größten Teil absorbieren, im Licht solcher LEDs weitaus schneller ausbleichen könnten als andere. In den letzten Jahren hat allerdings eine sehr intensive Weiterentwicklung der LEDs stattgefunden. Damit wurde erreicht, dass heute warmweiße LEDs verfügbar sind, deren Spektrum dem von Halogenlampen schon sehr nahe kommt.
f = relativer Schädigungsfaktor
Je höher die Zahl, desto höher ist die Schädigungswirkung. Die Tabelle zeigt also, daß warmweisse LEDs ein geringeres Schädigungspotential selbst als UV-gefilterte Glühlampen aufweisen. Blue Peak und Spektrum Vor allem Restauratoren waren besorgt von der Tatsache, dass das Spektrum von weißen LEDs immer einen mehr oder weniger
Das obige Bild zeigt das Spektrum einer warmweissen LED (3000K) im Vergleich zu einer Niedervolt-Halogenlampe, der wohl zur Zeit noch am meisten gebräuchlichen Lichtquelle im Museumsbereich. Das Chart zeigt die real gemessenen spektralen Strahlungswerte bezogen auf gleiche Beleuchtungsstärke am Museumsexponat. Man sieht eine starke Annäherung des LED-Spektrums an die Halogenlampe und einen deutlichen Unterschied zu den „alten“ kaltweissen LEDs. Ein „Lochbrennef-
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Galerie Forsblom
fekt“ ist nicht zu erwarten, noch ist er bisher nachgewiesen. Im Gegenteil, der Vorteil der LED-Beleuchtung überwiegt: • keine schädigende UV- und IR-Strahlung • lange Lebensdauer • viel geringerer Leistungseinsatz als bei Halogen-Glühlampen
extrem umweltschädlich (Cadmium!) sind, so muss dies genau untersucht werden. Aufgrund der Kenntnis der spektralen Empfindlichkeit kann dann das Schädigungspotential durch verschiedene Lichtquellen ermittelt werden. Dazu muss die Strahlung in den Spektralbereichen reduziert werden, in denen die Museumsobjekte empfindlich sind.
Fazit
Die umfangreichen Literaturangaben helfen, LED-Anwendungen objektiv zu bewerten.
LED-Beleuchtung ist bereits in vielen Museen eingesetzt. Die beiden Fotos zeigen das breite Anwendungsspektrum von den Alten Meistern bis zu Moderner Kunst. Sowohl konservatorische, gestalterische und wirtschaftliche Aspekte sprechen für den Einsatz von LED, dies ist ausführlich am Beispiel der National Gallery in London dokumentiert.9 Ausbleichung und Schädigung ist kein Thema, das sich speziell auf LEDs bezieht, dies gilt generell. Wenn van Gogh also mit Farben gemalt hat, die sehr lichtempfindlich und zudem noch
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Tel. 030 – 769 967 14 email w.roddewig@erco.com
Dale Paul Konkright, Caution urged when considering LED light sources for light-sensitive materials
http://cool.conservation-us.org/byform/mailing-lists/cdl/2010/0361.htm
Nina Weber, Warnung vor LED-Leisten, Licht verfärbt Gemälde von van Gogh, Spiegel Online, 4.1.2013
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http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/led-licht-schadet-gelbtoenen-auf-van-gogh-gemaelden-a-875531.html
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Chemische Reaktion, UV-Licht lässt van-Gogh-Gemälde verblassen, Spiegel Online, 15.2.2011
http://www.spiegel.de/wissenschaft/technik/chemische-reaktion-uv-licht-laesst-van-gogh-gemaelde-verblassen-a-745545.html Letizia Monico et al, The Degradation Process of Lead Chromate in Paintings by Vincent van Gogh studied by means of
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Spectromicroscopic methods, Analytical Chemistry 2011, 83 (4), S. 1224-1231
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Wolfgang Roddewig, Museumsbeleuchtung: Angebliche Gefährdung der Exponate durch LED-Licht, ERCO Stellungnahme, 2010
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Steven Weintraub, Comments regarding LEDs and the risk to light sensitive materials
http://www.conservation-s.org/_data/n_0001/resources/live/Response%20from%20Steve%20Weintraub.pdf
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Dr.-Ing. Wolfgang Roddewig Leiter Segment Museum Reichenberger Str. 113a 10999 Berlin
Study wrongly implies LED to blame for van Gogh masterpiece damage, Mondo Arc, 16.1.2013 http://www.mondoarc.com/news/1766260/study_wrongly_implies_led_to_blame_for_van_gogh_masterpiece_damage.html
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CIE 157, Technical Report, Control of Damage to Museum Objects by Optical Radiation, 2004
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Londoner Top-Museen schalten um auf LED, ERCO Lichtbericht 92, April 2011 Download unter www.erco.com
tune the light
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Optec Projektionsstrahler mit LED Premiere für den ersten Optec Projektionsstrahler mit LED: Seine kompakte und hocheffiziente Projektionsoptik mit Konturenschiebern erzeugt randscharfe Lichtkegel für eindrucksvolle Lichteffekte. Er ist das technische Glanzstück
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Gruppenfoto beim 13 Szenografie- Kolloquium: Prof. Uwe Brückner (Atelier Brückner, Stuttgart), Prof. Dr. Achim Hahn (Technische Universität Hannover, Phil. Fakultät), Oberst PD Dr. Matthias Rogg (Direktor des Militärhistorischen Museums der Bundeswehr, Dresden), Dr. Gerhard Kilger (Direktor und Professor der DASA Arbeitswelt Ausstellung, Dortmund), Frank Duerr (Museum der Universität Tübingen), Wolfgang Müller-Kuhlmann (Kurator in der DASA Arbeitswelt Ausstellung), Prof. Oliver Langbein (Professor für Szenografie an der FH Dortmund), Erika Wobser (Atelier Wobser, Oberhausen), Uwe Strauch (museum.de, Xanten), Dr. Marion Ackermann (Kunstsammlung NRW, Düsseldorf), Prof. Frank den Oudsten (Künstler, Szenograf, Amsterdam), Johann Jörg (kyd, Büro für Gestaltung Raum und Dramaturgie, Berlin), Prof. Dr. Ulrich Raulff (Deutsches Literaturarchiv Marbach), Barry Lord (Co-President, Lord Cultural Resources, Toronto) . Fotos: Andreas Wahlbrink/DASA Arbeitswelt Ausstellung
Direktorenwechsel in der DASA
Für 2014 ist auch unter Leitung des neuen DASA-Leiters Gregor Isenbort ein neues Kolloquium (22.-24. Januar 2014) geplant. Es ist das erste Mal in ihrer Geschichte, dass die DASA Arbeitswelt Ausstellung in Dortmund einen Direktorenwechsel erlebt. Nach knapp 25-jähriger Tätigkeit für die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin zieht Dr. Gerhard Kilger am 31. März 2013 einen Schluss-Strich. Mit 66 Jahren geht der Aufbaudirektor der DASA nun in den wohlverdienten Ruhestand. Sein Nachfolger wird der 42-jährige Gregor Isenbort, vormals Leiter der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit/Wechselausstellungen im Museum für Kommunikation in Berlin. Am 22. Januar 2013 feierte Dr. Gerhard Kilger seinen offziellen Abschied im Rahmen der Feierlichkeiten zum 20jährigen DASA-Jubliäum. Am 22. Januar 1993 gewährte die DASA erstmalig einer Fachöffentlichkeit Einblick in ihre werdende Ausstellung in Dortmund. Knapp 10 Monate später, am 7. November 1993, strömtenTausende zum „Tag der offenen Tür“, um zu sehen, was eine Arbeitsschutzausstellung jenseits von Schutzhelmen und Schutzschuhen, Vorschriften und Verboten zu bieten ha-
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ben könnte. Im Jahr 2000 war das gigantische Bauvorhaben mit 13.000 Quadratmetern Ausstellungsfläche fertig gestellt. Heute gehört die DASA zum Reigen der größten Technikmuseen in Deutschland. Sie hat nun rund 190.000 jährliche Besucher und ist längst kein Geheimtipp der Arbeitsschützer mehr. Als erlebnisreicher Lernort für Schüler, Familien und Fachleute bildet sie ein Kaleidoskop vergangener, gegenwärtiger und zukünftiger Arbeitswelten ab. Eine Marke wurde zudem das „Szenografie-Kolloquium“, das in diesem Jahr zum 13. Mal tagte und, so viel sei verraten, auch im kommenden Jahr fortgeführt wird. Rund 300 Gäste aus Architektur, Museen und Design versammelten sich in der dritten Januarwoche in der DASA, um sich anhand von zwanzig Fachvorträgen, sechs Workshops, dem Market-Place und neun sogenannte „Knowledge-Cafés“ zum Thema „Aussichten – zur Öffnung des Unverhofften“ auszutauschen.
Gregor Isenbort - Museumserfahrung von der Pike auf
nikation Berlin. Er war Projektleiter zahlreicher publikumsstarker Ausstellungsprojekte zu Themen wie „Geld“, „Gerüchte“, „Mode“ oder der „Interkulturellen Kommunikation“. Der Faszination, dem vermeintlichen Alltag auf den Grund zu gehen und in Ausstellungen zu präsentieren, ist ein Antrieb, den er auch in der DASA weiter fortsetzen möchte.
Der 1970 geborene Ostwestfale Gregor Isenbort studierte Wirtschafts- und Sozialgeschichte, mittelalterliche und neuere Geschichte sowie Philosophie an den Universitäten Bonn und Perugia. Von 1998 bis 2002 arbeitete er im Bereich Öffentlichkeitsarbeit des „Haus der Geschichte der Bundesre- Erster Marketplace beim 13. Szenografie- Kolloquium bei der DASA in Dortmund publik Deutschland“. Von 2003 bis 2004 war er für diesen Bereich im „LVR Rheinisches Industriemuseum Oberhausen“ zuständig und organisierte dort unter anderem die Jubiläumsfeierlichkeiten für das 20-jährige Jubiläum des Rheinischen und das 25 jährige Jubiläum des Westfälischen Industriemuseums. 2004 wechselte er nach Bonn als wissenschaftlicher Referent ins Rheinische Landesmuseum. 2005/2006 erhielt er ein DAAD-Stipendium für Bogota/Kolumbien. Seit Juli 2007 leitete er die Abteilung Öffentlichkeitsarbeit/Wechselausstellungen im Museum für Kommu-
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Uwe Strauch im Museum Kunstpalast, Düsseldorf (Foto: Andrea Wark)
Alles Neu: Audioguide, Website und Besuchermagazin „museum“ Richtig gern schreibe ich am Sonntagmorgen. Ich schließe den Meerturm auf und höre dabei die Kirchturmglocken vom Xantener Dom. Noch einmal tief durchatmen – der Kopf ist frei. Gleich geht‘s los… Vielleicht haben Sie sich schon gefragt, was es denn nun mit unserem angekündigten Audioguide und dem neuen Besuchermagazin auf sich hat, was die beiden miteinander und vor allem: was Sie womöglich damit zu tun haben…? Nun, zunächst einmal: Es sind dies die beiden neuen Projekte von museum.de. Mit beiden wollen wir wieder: anregen und einladen, locken und begeistern, Appetit machen und informieren – kurz: dazu beitragen, dass immer mehr Menschen einen Zugang zur unglaublichen Vielfalt an Sammlungen, Schauen und Ausstellungen in den Museen ebenso wie zu den zahllosen bedeutenden außermusealen Sehenswürdigkeiten in Deutschland finden. Museum.de stellt künftig eine technische
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Infrastruktur bereit, mit der die Audioguides aller deutschen Museen über die Smartphones der Besucher verfügbar gemacht werden. Die für Museen und Besucher kostenlose Lösung präsentieren wir erstmals für 15 Sehenswürdigkeiten im mittelalterlichen Stadtkern von Xanten. Eine professionelle Vertonung wird von der Firma Soundgarden aus München in den Sprachen Deutsch, Englisch, Niederländisch und Französisch realisiert. Ein Audioguide für alle deutschen Museen Gemeinsam mit Anke Lyttwin, Leiterin des Siegfried-Museums, und Elisabeth Maas, M. A., stellvertretende Leiterin des Stiftsmuseums, möchte ich Sie herzlich zur Premiere des neuen Audioguides von museum.de am 26.5.2013 einladen. Die Details dazu entnehmen Sie bitte der beiliegenden Einladungskarte.
Über einen bedienerfreundlichen und geschützten Bereich von www.museum.de laden die Museen selbst ihre Audiodateien hoch. Jeder Audiodatei können mehrere Bilder und ein Text beigefügt werden. Zum Abspielen benötigen die Besucher ein Smartphone mit der problemlos zu installierenden App von museum.de. Die einzelnen Sprachbeiträge können überall und jederzeit über einen QR-Code, eine Nummer oder standortbezogen über GPS gestartet werden. Erklärtes Ziel war, einen kostenlosen Audioguide zu schaffen, der innerhalb und außerhalb von Museen, unabhängig von Öffnungszeiten, aber eben auch bei schlechter Netzabdeckung funktioniert und keine Zusatzkosten für eine mobile Internetverbindung verursacht – unser System musste also auch offline funktionieren. Unser System? An dieser Stelle will und muss ich Torben Erz danken, unserem Entwickler von AppsSolution, der
meine Ideen mit schier grenzenloser Kreativität in die Praxis umgesetzt hat. Mit der museum.de-App können jeweils alle Audio-, Bild und Textdateien des betreffenden Museums komplett auf das Smartphone des Benutzers kopiert werden; anschließend funktioniert der Audioguide problemlos im Offline-Modus – jederzeit und überall. Weitere Anforderung an das System war eine einfache und flexible Handhabung durch das Museumspersonal. Wir beschlossen, das gesamte Webportal neu zu programmieren und sowohl den Administrationsbereich als auch die Besucherseiten deutlich benutzerfreundlicher und attraktiver zu gestalten – schauen Sie selbst… Kommunizieren Sie Ihre Audioführungen ganz neu Über Ihre Website, Flyer, Zeitungsartikel oder E-Mail-Newsletter können Sie dem interessierten Publikum mit einem einzigen QR-Code ermöglichen, alle Audioguides zu Ihrem Museum in nur einem Ladevorgang auf ein Smartphone zu laden. Für den Download verwendet man idealerweise einen WLAN- Zugang, weil man hier eine überwiegend bessere Bandbreite hat und gegebenenfalls Daten-Transferkosten durch den Mobilfunkanbieter entfallen. Stellen Sie sich nur vor, wie sich eine Schulklasse gemeinsam mit ihrem Lehrer auf den Museumsbesuch vorbereiten könnte... Das ist eine sinnvolle Smartphone-Anwendung, die den Kindern und Jugendlichen Freude bereiten wird. Man kann in Ihrem Museum, beispielsweise direkt am Eingangsbereich, einen eigenen offenen WLAN-Hotspot einrichten, der ausschließlich den Zugriff auf Ihre Website, den App-Store, Google Play und den Server von museum.de erlaubt. Entsprechende Hardware für einen solchen Router ist für weniger als 100 Euro erhältlich. Mit der Vertonung verschiedener touristisch interessanter „Outdoor-Sehenswürdigkeiten“ in Xanten zeigten sich schnell die thematischen Überschneidungen mit den Museen. Kommt man über unser Klever Tor in die Innenstadt, erhält man In-
formationen zum Tor selbst. Im Anschluss möchten wir nun auch zum Besuch des Stiftsmuseums und des Siegfried-Museums einladen. Die Idee lag nahe, daß zwei Museen einen gemeinsamen Hörbeitrag integrieren können. Hat ein Museum eine Audiodatei hochgeladen, kann es diese für das Portfolio eines anderen Museums freischalten. Beim Ausleiher wird selbstverständlich automatisch auf das Museum hingewiesen, welches die Audiodatei hochgeladen hat. In der Praxis und bezogen auf Xanten bedeutet das: Alle Audiobeiträge außerhalb der beiden beteiligten Museen können von beiden Museen integriert werden. Hier eröffnen sich ganz neue Möglichkeiten zur Kooperation zwischen den Museen, der örtlichen Tourismus-Information und den städtischen Einrichtungen. Alles bleibt jedoch in der Hand der Museen, da ausschließlich sie den Zugang zum System haben. Sind Sie neugierig geworden? Ich lade Sie herzlich ein, den ersten von museum.de bereitgestellten Audioguide am Sonntag, dem 26.5.2013, zwischen 11 und 18 Uhr bei uns in Xanten zu erleben. Mit der Besichtigung Xantens, insbesondere mit der Führung durch Dom und Stiftsmuseum von Frau Maas, sollte das ein ebenso angenehmer wie informativer Sonntag für Sie werden. Selbstverständlich können wir bei dieser Gelegenheit auch über das neue Besuchermagazin sprechen. Das Besuchermagazin „museum“ Ab sofort bekommen Sie unter http://magazin.museum.de einen Vorgeschmack auf unser neues Online- Besuchermagazin „museum“, das zeitgleich ab dem 26.5. mit dem Audioguide startet und monatlich erscheinen wird. Wir haben uns für ein klassisches PDF-Format in DIN A4 quer entschieden. Damit erreichen wir die größtmögliche Zahl kulturinteressierter Menschen, unabhängig von den Platformen PC, Mac oder Tablet. Nutzen Sie bitte das Kontaktformular auf der nächsten Seite, damit wir Ihren Beitrag schon jetzt fertig stellen können. Zielgruppe sind Museumsfreunde und die, die es werden wollen (oder sollen…).
Die Hemmschwellen, ein Museum aufzusuchen, sind in den vergangenen Jahrzehnten dank unterschiedlicher struktureller, konzeptioneller und nicht zuletzt pädagogischer Neuausrichtungen in weiten Kreisen deutlich niedriger geworden – verschwunden sind sie nicht. So ist es auch heute für viele kulturell durchaus aufgeschlossene Menschen noch keine Selbstverständlichkeit, etwa in ihre Reiseplanung einen Museumsbesuch zu integrieren. Mit „museum“ wollen wir niedrigschwellig, aber seriös, informativ, aber nicht belehrend dazu anregen und einladen, die außerordentliche Vielfalt der deutschen Museen zu entdecken. Museum mit Umfeld darstellen Wenn Museen überregional zum Museumsbesuch einladen, dann ist dieser Einladung zu folgen mit einer Reise verbunden. Ziel und Mittelpunkt ist das Museum, das wir mit seinem Umfeld darstellen möchten. Dazu kann ein schöner Wanderweg zum Museum ebenso gehören wie etwa bauliche oder landschaftliche Besonderheiten in seiner Umgebung. Wir wollen vermitteln, dass es für das Betreten eines Museums keine Schwelle zu überwinden gibt. Museen gibt es unabhängig voneinander in sämtlichen Kulturen; sie kennenzulernen, sich „auf sie einzulassen“, sollte so selbstverständlich werden wie lesen oder fernsehen. Ganz neu ist die feine Abstimmung der Kanäle Web, App und Online-Besuchermagazin. Wir werden alle drei Medien intelligent miteinander verbinden, indem wir beispielsweise einem Bericht im Besuchermagazin gleich den jeweiligen QR-Code zum Audioguide des entsprechenden Museums beifügen. Über die Startseite der App und der Website werden wir aktiv auf das Besuchermagazin hinweisen, das zum kostenlosen Download bereitliegt. Bis zum 26. Mai bitte ich um Verständnis dafür, daß es rund um museum.de ein wenig digitalen Baustellenstaub gibt. Herzlichst Uwe Strauch
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Online-Besuchermagazin „museum“ Das effektive Instrument für überregionales Museums-Marketing
Sie kennen bisher das quartalsweise erscheinende Magazin Museum.de, das kostenlos an alle deutschen Museen versendet wird. Ganz neu ist jetzt das Online- Magazin „museum“, das sich inhaltlich an die Zielgruppe „Besucher“ richtet. Wir stellen damit ein überregionales Medium zur Verfügung, das auf Museen und Ausstellungen spezialisiert ist. Leicht verständliche Texte und einladende Fotos sollen Lust auf einen Museumsbesuch machen. Angebot zur Premiere
Als Startangebot erhalten Museen mit mindestens fünf gebuchten Seiten ein Geschenk. Im Juni können sie ihr eigenes Museums-Banner auf den neuen
Startseiten der Website und der App platzieren. Unter http://magazin.museum.de erhalten Sie bereits jetzt eine Preview mit dem ersten Museumsbeitrag. Ab dem 26. Mai wird das neue Magazin dann öffentlich unmittelbar auf der Startseite von museum.de platziert. Die Homepage ist – bedingt durch den Server-Umzug und unseren umfangreichen Neuentwicklungen – noch bis
Mitte Mai offline. Bis dahin hatte die Website über 1.500 Besucher täglich. Die App von museum.de hat über 20.000 Installationen und wird mit der Erweiterung zum Audioguide am 26. Mai ebenfalls neu an den Start gehen.
Verbreitung: kostenloser Download über die Website http://www.museum.de Erscheinungsweise: monatlich. Die erste Ausgabe wird mit der Premiere vom Audioguide am 26. Mai an den Start gehen Format: PDF, DIN A4 quer, zusätzlich als eBook-Variante Vorraussetzungen: Text und Bilder vom Museum gestellt. Das Layout wird in Absprache mit Ihnen von museum.de erstellt. Bei Interesse senden Sie uns diese Seite ausgefüllt per Post ( museum.de, Uwe Strauch, Kurfürstenstr. 9, 46509 Xanten) oder Fax (02801-9882073) zurück. Wir melden uns umgehend bei Ihnen. Anzahl Seiten 1 o
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Museum heute – Ideale, Trends und Perspektiven 23. Bundesvolontärstagung in Frankfurt am Main, 1. bis 3. März 2013
Plenum im Veranstaltungsraum des historischen museums frankfurt: Wahl des neuen AK Volontariats im Deutschen Museumsbund © BVT 2013
200 TeilnehmerInnen und Fachleute aus ganz Deutschland, Österreich und der Schweiz trafen sich zur diesjährigen Bundesvolontärstagung der wissenschaftlichen und nicht-wissenschaftlichen VolontärInnen in Museen, Gedenkstätten, der Denkmalpflege und vergleichbaren Kulturinstitutionen in Frankfurt am Main. Museen gehen immer wieder neue Wege – Trends, Perspektiven und Ideale der aktuellen Museumsarbeit standen deshalb im Fokus der Veranstaltung. Das die Fachtagung eröffnende Podiumsgespräch mit Frankfurter MuseumsdirektorInnen verhandelte sogleich ausgehend von Trends am Museumsufer aktuelle Themen wie Partizipation in Vermittlung und Ausstellungen bis hin zur Digitalisierung und social media im Museumsbereich.
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Was sammeln wir heute? Wie bewahren wir für morgen? Was jetzt vermitteln? Und was bleibt für Forschung und Finanzierung? – Diese Fragen konnten am Samstag in 16 Fachworkshops mit eingeladenen ReferentInnen bearbeitet werden. Das neue Format kam gut an! Diskussionen, Impulsvorträge und Praxisarbeit luden die TeilnehmerInnen zu intensiven Fachgesprächen über Themen wie Entsammeln, Konservierung moderner Materialien, Museumsforschung oder Kunstvermittlung 360Grad ein. Der ‚Marktplatz der Möglichkeiten’ sollte schließlich am Sonntagmorgen die Berufsperspektiven nach dem Volontariat beleuchten. Dazu konnten ExpertInnen aus den Bereichen Freiberufliche Ausstellungsgestaltung und -planung, Mu-
seumskuration und Lektorat in lockerer Atmosphäre interviewt werden. Auch Fragen zu Vertragsbelangen in Volontariat und Freiberuflichkeit wurden besprochen. Ganz besonders diente die, von den VolontärInnen vor Ort, für alle VolontärInnen organisierte Tagung der Vernetzung: Bundesländer-Vernetzungstreffen und die Vorstellung der Arbeit des Arbeitskreises Volontariat im DMB waren daher wichtige Programmpunkte. Führungen durch die Frankfurter Museen und Exkursionen in die Rhein-Main-Region rundeten das fachlich gelungene und persönliche Programm ab. Weitere Informationen zur Tagung finden sich auf der Homepage des DMB: http://www.museumsbund.de/de/bvt
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Wie schreibe ich eine Audioführung ? Audioguides sind aus Museen nicht mehr wegzudenken. Für spontane Gäste, die nicht an einer Führung teilnehmen können; für Besucher, die gerne in ihrem eigenen Tempo eine Ausstellung besuchen; für Interessierte, die über die Wandtexte hinaus weiterführende Informationen suchen, vor allem aber auch für ausländische Gäste sind sie ein wichtiges Vermittlungsinstrument. In den letzten Jahren erweiterte sich das Spektrum um Multimediaguides, die neben den Hörtexten das Anzeigen von Bildern, Filmen oder Grafiken ermöglichen. Doch nach wie vor bildet ein gesprochener Text die Basis eines jeden Audio- oder Multimediaguides. Aber wie schreibt man einen Audiotext? Die soundgarden audioguidance GmbH setzt sich seit 1996 mit dem Thema auseinander und bietet eine Vielfalt an Audioführungstypen für verschiedene Zielgruppen, wie Kinderführungen, Erwachsenenführungen, Themenführungen oder auch interaktive Führungen. Den Masterplan für eine perfekte Audioführung, der für alle Museumsgattungen und Zielgruppen passen würde, gibt es sicherlich nicht. Im Folgenden möchten wir aber einige wichtige Grundregeln aufzeigen, die einen guten Hörtext ausmachen. Textlänge
Als Faustregel gilt: 120 Worte sind circa 1 Minute gesprochener Text. Bezug zum Exponat Der direkte Bezug zum Exponat spielt eine wichtige Rolle. Nichts ist verwirrender für den Besucher, als wenn über Dinge gesprochen wird, die nicht zu sehen sind. Möchten Sie dennoch über Vergleichsobjekte sprechen, die im Museum nicht oder erst an späterer Stelle zu sehen sind, dann wäre das ein sinnvoller Zeitpunkt, mit Vergleichsbildern auf einem ausreichend großen Display zu arbeiten. Ein guter Einstieg kann eine rhetorische Frage sein. Sie deutet bereits in einem Satz an, was die Kernbotschaft des Objekts ist. Durch die offene Frage fühlt sich der Besucher außerdem persönlich angesprochen und wird zum Mitdenken angeregt. Verständlichkeit Die Geschichte und Geschichten, die es zu erzählen gilt, müssen wissenschaftlichen Ansprüchen genügen, und dennoch sollte die Sprache unmittelbar verständlich sein. Beim Schreiben ist es deshalb hilfreich, sich immer wieder in die Rolle des Besuchers zu versetzen, der neugierig ist, aber kein großes Vorwissen mitbringt. Verständlichkeit und Eindeutigkeit sind daher wichtige Maximen. Die typisch wissenschaftlich klingende Aneinanderreihung von Substantiven und Relativsätzen, unterbroc h e n v o n ver-
Für alle Audiotexte gilt eine Grundregel: Die Texte dürfen nicht zu lang sein! Unser Besucher steht schließlich im Museum zwischen anderen Menschen und ist vielen Eindrücken ausgesetzt. Die Konzentration ist bei Weitem nicht so hoch wie am heimischen Schreibtisch. Außerdem soll die Informationsversorgung nicht zu einer Überfrachtung führen, sondern dem Besucher die Gelegenheit geben, seine eigenen Gedanken zu entwickeln. Auch wenn es schwer fällt: Bestenfalls sollten die einzelnen Objekttexte vertont nicht länger als 1,5 Minuten dauern. Wesentliche Aspekte bei der Erstellung einer Audioführung
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schiedenen Einschüben weiterführender Gedanken, ist beim Zuhören nur schwer zu verstehen. Genau das Gegenteil macht einen guten Audiotext aus: Kurze Sätze, verbale Formen und eine einfache Wortwahl. Anhäufungen von Adjektiven erreichen niemals eine so plastische Wirkung wie eine Vielfalt von Verben, wobei aktive Formen bevorzugt Verwendung finden sollten. Stilmittel Vielfältige speziell auditive Stilmittel stehen uns zur Verfügung, damit der Hörtext nicht eintönig wird. Besonders einfach umzusetzen ist ein Sprecherwechsel im Text zwischen einer männlichen und einer weiblichen Stimme. Dies bietet sich vor allem auch bei Zitaten an. Zitate eröffnen uns die Möglichkeit, Zeitgenossen in ihrem Wortlaut zu hören und einen nicht interpretierten, direkten Kommentar aus der jeweiligen Zeit zu bekommen. Noch besser funktionieren natürlich O-Töne, die man zum Beispiel aus Radioarchiven bekommen kann. Lebende Zeitgenossen interviewt man am Besten selbst! Atmosphäre Manche Dinge muss man auch gar nicht dezidiert in Worten beschreiben. Eine bestimmte Atmosphäre lässt sich beispielsweise durch eine Geräuschkulisse oder passende Musik transportieren. Spannung, Bedrohung, Frohsinn, Heiterkeit, Traurigkeit – es gibt wohl kaum eine Stimmung, zu der man kein passendes Musikstück finden würde. Multimedia In einer Zeit, in der sich die Seh- und Nutzungsgewohnheiten durch Smartphones und Tablet Computer stark verändern, soll zum Schluss noch auf die Einbindung multimedialer Inhalte eingegangen werden. Technisch ist vieles möglich, doch nicht alles bringt tatsächlich einen Mehrwert.
Um die Aufmerksamkeit des Besucher nicht vom Exponat abzuziehen, muss genau geprüft werden, welche visuellen Angebote einen zusätzlichen Nutzen schaffen. Eins ist klar: Durch visuelle Einbindungen verschiebt sich der Fokus eines Texts. Aus dem Grund ist es von Bedeutung, sich mit einem klaren Konzept an die Arbeit zu machen! Bilder, Videos und Grafiken Viele Informationen können grafisch besser erläutert werden als im Text: Da wären Kompositionsschemata und Strukturelemente in der Kunst ebenso wie physikalische Prozesse zu nennen. Ein Video kann einen Entstehungsprozess oft verständlicher abbilden als eine langwierige textliche Umschreibung. Umgekehrt ist eine Abbildung des Exponats selbst nur in wenigen Fällen sinnvoll, beispielsweise, wenn der Besucher sich in einer unübersichtlichen Vitrine zurechtfinden muss oder man mittels farbiger Markierungen auf ein bestimmtes Detail hinweisen möchte. Einen großen Mehrwert bieten Bilder, die Exponate oder ganze Gebäude in einem früheren Zustand oder ein altes Instrument in seiner praktischen Verwendung zeigen. In der Kunst bietet es sich an, Vorbilder, Vergleichsbilder oder den Künstler bei der Arbeit auf dem Display darzustellen. Zu beachten ist bei visuellem Material immer, dass die Nutzungsrechte geklärt und entsprechend aufgeführt werden müssen. Digital Story Aufwendig und kostspielig sind eigens produzierte Filme, die in der Regel auf größeren Bildschirmen in der Ausstellung besser zur Geltung kommen. Kostengünstiger ist die Produktion einer sogenannten „Digital Story“. Sie setzt sich aus einer Abfolge einzelner Bildern zusammen. Durch den Einsatz von Stilmitteln aus der Filmproduktion wie Blenden, unterschiedlichen Bildstandzeiten und der bewussten Wahl von Bildausschnitten bietet die „Digital Story“ ein filmartiges Seherlebnis.
Eine professionelle Vertonung in einem Tonstudio gewährleistet eine hohe Qualität. Eine Qualität, die sich auzahlt und für die die Besucher dankbar sind. (Bild: soundgarden audioguidance GmbH)
Ein Audiokommentar oder Musik können jederzeit unterlegt werden. Weitere Umsetzung Was geschieht mit den deutschen oder
gar fremdsprachigen Texten? Wie wird die Audioführung umgesetzt? Wie werden die Inhalte lebendig und wie kommen Ton und Bild zusammen? Qualitativ angemessene Aufnahmegeräte für den Hausgebrauch sind im Handel
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verfügbar. Ebenso können Software zur Bild- und Tonbearbeitung frei bezogen werden. Und ja, vielleicht hat ein Freund oder Bekannter auch eine besondere, einprägsame und ausdrucksstarke Stimme. So gut die Texte auch geschrieben sind und so didaktisch das zugrundeliegende Konzept sein mag, eine professionelle Beratung und Umsetzung sind oftmals die bessere Lösung. Dies mag zwar mit weiteren Kosten verbunden sein, doch ist es das Ergebnis, das zählt. Das was beim Besucher ankommt, ist das, was er hört und immer häufiger auch das, was er sieht. Das Geschriebene muss auch entsprechend transportiert werden. Die Einbindung eines professionellen Anbieters bietet hier eine enorme Sicherheit und gewährleistet eine hohe Qualität. Eine Qualität, die sich auszahlt und für die die Besucher dankbar sind. Pia Linden M.A., soundgarden audioguidance GmbH
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3. Museumstreffen am 9. Oktober im Museum Kunstpalast in Düsseldorf Was denken Sie, wenn Sie diese leeren Liegestühle vor dem Brunnen am Museum Kunstpalast sehen? Ich könnte mir vorstellen, dass viele Menschen zum Zeitpunkt der Aufnahme an der nahe gelegenen Rheinpromenade flanierten. Herr Wismer, Generaldirektor des Museums Kunstpalast und zugleich Gastgeber vom MUSEUMSTREFFEN 2013, möge mir diesen Satz verzeihen. Sicherlich können Sie am Rhein wunderbar Schiffe beobachten, wie sie sich behäbig mit sonorem Brummen rheinab und rheinauf bewegen. Eine interessantere Interpretation: Die Ausstellungsbesucher kommen gleich aus dem Museum und werden ihre Eindrücke in einem der Liegestühle nachwirken lassen. Später ist noch Zeit für einen Spaziergang am Rhein. Der „Mensch am Monitor“ mag in der Freizeit frische Luft und Bewegung. Viele wollen am Wochenende den beruflichen Stress abbauen. Bloß nicht in erneut in eine künstliche Welt abtauchen, die Konzentration abverlangt. Motto: „Natürlich Museum“ Das Motto des MUSEUMSTREFFENs 2013 lautet „Natürlich Museum“ und beleuchtet zwei Aspekte. Einerseits ist der Museumsbesuch etwas Besonderes. Er sollte gleichzeitig aber auch „natürlich“, einfach selbstverständlich sein und nicht die seltene Ausnahme. Der zweite Aspekt: Auch die Spezies Mensch benötigt ein artgerechtes Umfeld mit dem passenden Klima, Nahrung, Stimmung usw. Es gibt sicherlich nicht nur Parkplätze, die man außerhalb des Museums empfehlen kann... Wie bettet man den Besuch im Museum in einen „natürlichen Tagesablauf“ ein, bei dem zum Beispiel das Erdbeereis am Rhein oder die Bratwurst am Münchner Viktualienmarkt dazugehören?
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Museum Kunstpalast, Foto: Stefan Arendt, Medienzentrum Rheinland
Auch in diesem Jahr referieren einige interessante Persönlichkeiten aus den Museen über ihre Visionen und ihre Arbeit.
unter http://treffen.museum.de für die kostenlose Teilnahme an. Dort finden Sie übrigens auch die Namen der Referenten.
Eine Liege kann ich Ihnen nicht reservieren, die Aussicht auf spannende Vorträge und anregende Geschpräche schon – melden Sie sich doch einfach jetzt schon
Herzliche Grüße Uwe Strauch
Krahe und Klapheck im Museum Kunstpalast Mit Lambert Krahe (1712-1790) und Konrad Klapheck (*1935) stellt das Museum Kunstpalast zwei sehr interessante Düsseldorfer Künstler in den Fokus seiner im April startenden neuen Ausstellungen. Nach seinen erfolgreichen Ausstellungen zu El Greco und Andreas Gursky werden auch diese sicherlich wieder zahlreiche kunstinteressierte Besucher in die Landeshauptstadt locken. Mit Lambert Krahe, der mehrere Jahre in Rom lebte, wird nicht nur ein Maler und Sammler, sondern auch der Gründungsdirektor der Kunstakademie Düsseldorf vorgestellt. Und mit Konrad Klapheck (*1935) wird ein schon in jungen Jahren in der internationalen Kunstszene beachteter, bis heute aktiver Maler und Zeichner präsentiert, der nicht nur selbst an der Kunstakademie in Düsseldorf studiert hat, sondern auch lange Jahre hier als Professor an der Künstlerausbildung mitwirkte. Die Sammlung von Lambert Krahe ist eine der wenigen, wenn nicht die einzige in toto erhaltene Künstlersammlung für Künstler des 18. Jahrhunderts. Krahes „Sammlung der Vorbilder“ für die KünstErik Pauelsen, Portrait Lambert Krahe, Öl auf Leinwand, 1781, Kunstakademie Düsseldorf (NRW) Pierre Subleyras, Judas Maccabäus zerstört den Altar und die Statue des Jupiter, Öl auf Leinwand, 1735, Foto: © Düsseldorf, Stiftung Museum Kunstpalast, Sammlung der Kunstakademie (NRW), ARTOTHEK
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lerausbildung wird nun in Düsseldorf erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt. Präsentiert werden etwa 200 ausgewählte Werke aus allen Gattungen: Ölstudien, Zeichnungen, Abgüsse antiker Skulpturen, druckgraphische Blätter und eine erlesene Anzahl von Büchern. Es sind die großen Meisterwerke, die Zeichnungen eines Raffael oder die eines Veronese, die bedeutenden Werkblöcke des Gian Lorenzo Bernini, auch die des Pietro da Cortona sowie die eines Giuseppe Passeri, welche in den letzten Jahrzehnten der Kollektion Krahe den Ruf als eine der weltweit wichtigsten Referenzsammlungen römischer Barock-Zeichnungen eingebracht haben. Aber auch deutsche und niederländische Künstler des 16. und 17. Jahrhunderts sind in der Krahe‘schen Sammlung überreich vertreten, so Hendrick Goltzius und Peter Paul Rubens. Nicolas Poussin, Gaspard Dughet und Pierre Subleyras stehen für das französische 17. und 18. Jahrhundert. Die Druckgraphik strahlt mit umfangreichen Holzschnittfolgen Albrecht Dürers, den Radierungen der Schule von Fontaine-
Unten: Enea Vico nach Baccio Bandinelli, Die Akademie des Baccio Bandinelli, Kupferstich, 1546-1561, Foto: © Düsseldorf, Stiftung Museum Kunstpalast, Sammlung der Kunstakademie (NRW), ARTOTHEK
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bleau sowie Mezzotintoblättern von Wallerant Vaillant und Valentine Green. Lambert Krahe, in Düsseldorf geborener Sohn eines einfachen Beamten am kurfürstlichen Hof, genießt im damaligen Residenzstädtchen eine erste Ausbildung als Künstler. Noch jung, findet man ihn in Rom, einem wichtigen Zentrum des damaligen Kunstschaffens. Er schlägt sich mit Gelegenheitsarbeiten durch, malt Heiligenbildchen für Missionen und wird Schüler von Pierre Subleyras und Marco Benefial, beides Meister des klassizistisch geprägten Spätbarock. Dann erhält er Zugang zur angesehensten aller römischen Akademien, der Accademia di San Luca – bis er Kardinal Albani auffällt.
die Düsseldorfer Galerie auf der Höhe der Zeit angelangt. Seine von Rom an den Rhein gebrachten Schätze – eine nach Umfang und Qualität außergewöhnliche Kollektion von etwa 15.000 Zeichnungen, mehreren zehntausend Blatt Graphik, einer umfangreichen Suite von Ölskizzen, zahlreichen biblio-
Der kunstsinnige Kardinal empfiehlt den vor Ort gut bekannten Krahe seinem am Rhein residierenden Freund, Kurfürst Carl Theodor, der einen Galerie-Inspektor sucht. Für die Pflege der Sammlung bestens geeignet, verlässt er die Ewige Stadt und ordnet in Düsseldorf die kurfürstlichen Gemälde nun nach Schulen und ausführenden Künstlern neu. Damit war
Oben: Hendrick Goltzius, Apollo Belvedere, Kupferstich, 1592 (veröffentlicht 1617), Foto: © Düsseldorf, Stiftung Museum Kunstpalast, Sammlung der Kunstakademie (NRW), ARTOTHEK
Rechts: Die Küche II, 1998, Acryl auf Leinwand, 122,5 x 83,5 cm, Im Besitz des Künstlers, © Konrad Klapheck, VG Bild-Kunst, Bonn 2013
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Oben: Reichtum, 1976, Öl auf Leinwand, 140 x 110 cm, Stiftung Museum Kunstpalast, Düsseldorf, Stiftung der Firma Henkel KGaA, © Konrad Klapheck, VG Bild-Kunst, Bonn 2013 Foto: © Stiftung Museum Kunstpalast - ARTOTHEK. Rechts: Konrad Klapheck vor dem Werk „Der Despot“, 2012, Foto: Willi Kemp, 2012
philen Bänden einer erlesenen Kunstbibliothek, Abgüssen antiker Skulpturen, Gemälden – nutzt Krahe innovativ. Zunächst in der von ihm geführten Zeichenschule,
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sodann in der Kunstakademie, wird seine Sammlung eine der tragenden Säulen des Unterrichts für die angehenden Düsseldorfer Künstler. Noch heute dient der
bedeutende Bestand der Krahe‘schen Sammlungen der Ausbildung an der Düsseldorfer Kunstakademie; deren Zeichnungen und druckgraphische Blätter
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werden im Studiensaal der Graphischen Sammlung im Museum Kunstpalast, Düsseldorf, von Studenten, Forschern und Kennern häufig und gerne konsultiert. Alle in der Ausstellung gezeigten Werke der Sammlung Krahe zählen zum Bestand der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf. Sie werden als Dauerleihgabe im Museum Kunstpalast, Düsseldorf, bewahrt, wissenschaftlich bearbeitet und konservatorisch betreut. In enger Zusammenarbeit mit Konrad Klapheck wurde für die am 26. April startende Retrospektive im Museum Kunstpalast eine Auswahl von etwa 70 seiner wichtigsten Werke aus allen Schaffensperioden getroffen. Der in Düsseldorf geborene, bis heute hier lebende und arbeitende Maler und Zeichner gehört zu den international bekannten Vertretern der Düsseldorfer Kunstszene. Klaphecks Werk ist gekennzeichnet durch seine Liebe zur Präzision und seine Leidenschaft für metallisch-glänzende Oberflächen. In seinem jahrzehntelangen künstlerischen Schaffen ist er der kühl distanzierten Malweise treu geblieben. Bis heute schöpft der Künstler aus einer großen Vielfalt von Bildideen, wobei immer wieder einzelne Gegenstände überhöht, oder auch – wie zum Beispiel „Die Schreibmaschine“ variiert werden, jedoch stets mit magischer Energie aufgeladen zu sein scheinen. Klaphecks Maschinenbilder - mal dem Surrealismus, mal der Pop Art zugeordnet – gelten bereits als Klassiker. Monumental und in einer die Genauigkeit betonenden Formensprache häufig überpräzise nachgebildet, können sie auf den Betrachter bedrohlich wirken. Mit ihren Bildtiteln verraten die Maschinenbilder jedoch stets auch den hintersinnigen Humor ihres Schöpfers. Klapheck beginnt Mitte der 1950er Jahre als Schüler von Bruno Goller seine malerische Ausbildung an der Düsseldorfer Kunstakademie. Bereits früh entwickelt er eine unverwechselbare, auf den Gegenstand konzentrierte Bildsprache. Im Gegensatz zu dem damalig dominierenden gestisch-abstrakten Stil der informellen Malerei porträtiert Klapheck in nüchterner Malweise Maschinen. „Die Schreibmaschine“ aus dem Jahr 1955 ist Klaphecks erstes Maschinenbild. Nach eigener Aussage des Künstlers steht sie für die männliche Welt. Auch Klaphecks Liebe zum Jazz ist ein entscheidender Faktor für seine künstle-
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Oben: Der Auserwählte, 1981, Farblithografie, © Konrad Klapheck, VG Bild-Kunst, Bonn 2013, Foto: Winfried Meyer Rechts: Das Lächeln, 2011, Acryl auf Leinwand, 130 x 97 cm, Im Besitz des Künstlers, © Konrad Klapheck, VG Bild-Kunst, Bonn 2013
rische Inspiration. Ende der 1950er Jahre wurde er Mitglied des Düsseldorfer Hot Club, einer Vereinigung von Jazzfreunden, die gemeinsam Aufnahmen von Größen wie Lester Young, Dizzy Gillespie, Sidney Bechet, Charlie Parker, John Coltrane und anderen hörten und ihre Musik diskutierten. 1956/57 reist Konrad Klapheck zum ersten Mal nach Paris und knüpft enge Kontakte zur dortigen Kunstszene. Hier lernt er André Breton kennen, der 1965 einen Text über Klapheck schreibt. Zu den wesentlichen Orientierungspunkten jener Zeit gehören für Klapheck, neben dem Jazz, die Lektüre kunsthistorischer Quellen, das Betrachten von Gemälden alter Meister, vor allem jedoch literarische Werke, in denen sehr genau beschriebene Ereignisse und Metamorphosen von Dingen eine wichtige Rolle
spielen – etwa in den Erzählungen und Romanen von Franz Kafka, James Joyce oder Raymond Roussel. „Klaphecks Gemälde sind von Beginn an gekennzeichnet durch eine rätselhafte, intensive Emotionalität. Seit den 1960er Jahren entwirft Klapheck eine reichhaltige Ikonografie zur Darstellung der menschlichen Komödie – mit Telefonhörern und Kabeln, Badezimmerarmaturen, Bügeleisen, Sägen, Schlüsseln, Schläuchen und Schnüren, Autoreifen, Armbanduhren, Fahrrädern, Motorrädern und vielen anderen Dingen. All diese Gegenstände werden mit Gefühlen aufgeladen. Die Titel der Gemälde haben hier eine wichtige Aufgabe, denn sie setzen den Betrachter auf die richtige Spur.“ (Kay Heymer) Viele der von Klapheck erst nach Fertigstellung verliehenen Bildtitel personalisie-
ren das Dargestellte: Die gekränkte Braut, Die Supermutter, Der Hausdrachen, Der Gesetzgeber, Der Pascha. Andere benennen Lebenssituationen: Die Spielregeln der Ehe, Bonjour Tristesse. Alle Bildtitel of-
fenbaren sich als bedeutender Bestandteil der Gemälde, sie geben dem Betrachter Anregungen für Assoziationen und Inspiration. Bis zum Jahr 1997 ist Klaphecks malerisches Werk völlig auf die Darstel-
lung von Dingen beschränkt, obwohl er schon während seiner Ausbildung sehr viele Figurenstudien und Porträtzeichnungen machte. Nach 42 Jahren dieser dinghaften Malerei entstehen im bewuss-
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ten Bruch zu den erfolgreichen Arbeiten früherer Jahre nun häufig Interieurszenerien mit erotischen Figurenbildern sowie die Porträts berühmter Jazzmusiker. Diese Figurenbilder stellen eine Wendung im Werk des Malers dar; sie bilden eine Zäsur, die für Klapheck nicht die Distanzierung, sondern die inhaltliche Vertiefung seines bisherigen Werkes bedeutet. Die Ausstellung präsentiert neben wichtigen Gemälden auch Zeichnungen und Vorstudien zu ausgewählten Bildern, die den Entstehungsprozess seiner Malerei veranschaulichen. Ausstellungen:
Four Horns, One Mouth, 2008 Acryl auf Leinwand, 160 x 81 cm, Privatsammlung, Courtesy Galerie Michael Haas © Konrad Klapheck, VG Bild-Kunst, Bonn 2013, Foto: Olaf Bergmann
26. April - 4. August 2013 KLAPHECK. Bilder und Zeichnungen. Die Ausstellung wird gefördert von der COMMERZBANK-Stiftung Kuratoren: Beat Wismer und Kay Heymer Anlässlich der Ausstellungen erscheint im Hirmer-Verlag ein Buch, in dem neben der Auswahl von Hauptwerken auch die wichtigsten Texte und Interviews des Künstlers zusammengefasst werden. Essays der Herausgeber Beat Wismer und Kay Heymer sowie von Gunda Luyken, eine Biografie sowie eine ausführliche Bibliographie ergänzen diese Monographie. Öffnungszeiten: Di-So, 11 – 18 h, Do, 11 – 21 h
13. April bis 4. August 2013 AKADEMIE. SAMMLUNG. KRAHE. Eine Künstlersammlung für Künstler Die Ausstellung wird gefördert von der Kunststiftung NRW und dem LVR-Landschaftsverband Rheinland Kuratorin: Dr. Sonja Brink Im Deutschen Kunstverlag erscheint ein ca. 320 Seiten umfassender, reich bebilderter Katalog in der museumseigenen „Neuen Reihe“ wissenschaftlicher Bestandskataloge.
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XANTENER DOM 750 JAHRE GOTIK In Xanten wird in diesem Jahr Jubiläum gefeiert: Vor 750 Jahren wurde der Grundstein für den gotischen Neubau des Xantener Domes gelegt. Im Xantener StiftsMuseum, in dem der kostbare Kirchenschatz bewahrt und gezeigt wird, kann man viel über die Baugeschichte des Doms erfahren. Die stellvertretende Leiterin des StiftsMuseums, die Kunsthistorikerin Elisabeth Maas MA, hat für Museum.de die Geschichte des Doms und des Viktor-Stifts zusammengefasst. Annäherung Wer sich der Stadt Xanten aus der Ferne nähert, sieht den Xantener Dom scheinbar ausschließlich von Vegetation umge-
ben, wie ein großes Schiff aus Stein in leicht welliger, grüner Landschaft. Näher kommend tritt die Stadtbebauung mit ihren selten mehr als dreigeschossigen Wohnhäusern in den Blick. Nun verliert man kurzfristig den Dom aus den Augen, findet aber stets die Turmspitzen wieder, die der Orientierung dienen. Vom großen Marktplatz aus sind immerhin die Doppeltürme, das Dach des gotischen Langhauses und der Ostchor zu erfassen. Erst nach dem Gang durch das Michaelstor steht der Betrachter schließlich staunend unmittelbar vor dem imposanten Kirchengebäude, das mit seinen aufstrebenden schlanken Bauelementen den Blick nach oben zieht.
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Oben: Südportal mit Christus Salvator. Unten: Südfassade, Südturm. Kleine Fotos Wasserspeier rechts: Stephan Kube
In Augenhöhe befindet sich das prächtige Südportal, an dessen Mittelpfeiler Christus als Salvator mundi steht, die Rechte zum Segensgestus erhoben. Eher bedrohlich wirken dagegen die figürlichen Wasserspeier an der Traufrinne des äußeren Seitenschiffs. Mit ihren fratzenartigen Gesichtern, geschuppten Körpern, Krallenpfoten oder Drachenflügeln ist es heute nur noch ihre Aufgabe das Regenwasser in weitem Bogen vom Gebäude weg zu leiten; schon immer haben sie auch böse Geister und Dämonen erschreckt und so vom Gotteshaus fern gehalten. Mit Fialen bekrönte Strebepfeiler aus beigem Sandstein und grauem Tuff oder Trachyt umstellen den gesamten Baukörper. Sie nehmen den gewaltigen Gewölbeschub auf, den doppelte Reihen von Strebebögen vom hohen Mittelschiff über die Seitenschiffe ableiten. Die Skelettbauweise bietet die Möglichkeit, große Fenster und schmale Wandflächen wie in ein Gerüst aus Stein einzupassen. Kirche scheint in den Himmel zu wachsen Die gotische Baukunst entlastet die Mauern, macht sie dünner und leichter. Betont werden die vertikalen Bauglieder, die Kirche scheint in den Himmel zu wachsen.
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Oben: Mathias Dungs, Steinmetz
Oben: Sandra Engelhardt, Steinmetzin und Steinbildhauerin
Dombauhütte für den Erhalt vom Dom permanent im Einsatz Kaum vorstellbar erscheint dem heutigen Betrachter, dass der Xantener Dom ursprünglich außen verputzt war und sogar eine farbige Fassung hatte. Auch die aktuelle Pflasterung der Wege, die Laternen und der moderne Betonbau an der süd-westlichen Seite des Dombezirks bezeugen, dass hier die Zeit nicht stehen geblieben ist. Kontinuierlich arbeiten Steinmetze, Bildhauer und Restauratoren daran, marode gewordene Steine oder gefährdete Skulpturen gegen neue, aus beständigerem Material, wie zum Beispiel Obernkirchner Sandstein und Londorfer Basaltlava auszutauschen. Diese außerordentliche Aufgabe leistet permanent eine eigene Xantener Dombauhütte.
Unten: Torsten Knapp, Meister im Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerk
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Unten: Hilmar Müller, Steinbildhauer
Oben: Johannes Schubert, Leiter der Dombauh端tte Xanten
Unten: Ohad Cohen, Auszubildender zum Steinmetz Fotos: Dombauh端tte
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Der Xantener Dom ist der Mittelpunkt des einstigen Immunitätsbezirks des Stiftes Xanten. Die Geschichte dieses Stifts begann im späten 8. Jahrhundert mit einer Gruppe von Klerikern, die sich in Xanten niederließen, um am Grab des heiligen Viktors für das Seelenheil frommer Stifter Gottesdienst zu feiern und das Chorgebet zu verrichten.
Jahrhundert die Bischofsburg und weitere Gebäude, die der Erzbischof wohl bei gelegentlichen Besuchen nutzte und die wahrscheinlich seine Verwaltungsmitarbeiter bewohnten. Durch Schenkungen von Landbesitz entwickelte sich das Viktorstift im Laufe des hohen Mittelalters zu einem Großgrundbesitzer, der 44 Stiftsherren mit stattlichem Einkommen, den Benefizien, versorgen konnte.
Anfänge Nach der Legende wurden der römische Soldat Viktor und seine Gefährten als bekennende Christen auf Befehl des Kaisers hingerichtet und später von der heiligen Helena, der Mutter Kaiser Constantins,
Das Zusammenleben in Gemeinschaftsräumen wurde im 12. Jahrhundert aufgegeben; stattdessen errichteten die Stiftsherren eigene Häuser, die bis heute den Weg um die Kirche säumen. Mehrfach veränderten Neu- und Erweiterungsbauten im frühen und hohen Mittelalter Aussehen und Größe der Viktorkirche. Bis heute stehen geblieben ist die zwischen 1184-1213 ausgeführte mächtige, dreischiffige Westchorhalle, die die Doppelturmfassade trägt. Die Türme wiederum wurden erst in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts errichtet. Die neue Kirche
würdevoll dort bestattet, wo heute der Xantener Dom steht. Tatsächlich läßt sich archäologisch ein Gedächtnisbau aus dem späten 4. Jahrhundert über dem Grab zweier gewaltsam getöteter Männer nachweisen. In der Krypta des Domes sind die Skelette unter einem Altartisch sichtbar. Bei ihrer Ankunft in Xanten fand die Klerikergemeinschaft an dieser Stelle bereits eine kleine fränkische Saalkirche vor, die sie bald durch einen beachtlichen Kirchenbau ersetzten. Schrittweise errichteten sie die Gemeinschaftsräume, den Kapitelsaal, das Refektorium, das Dormitorium und die Wirtschaftsgebäude; alles war zweckmäßig über einen Kreuzgang zugänglich. Mauern und Gräben schlossen den Stiftsbezirk nach außen ab, je ein Tor im Süden und Norden gewährte tagsüber den Zugang. Hier galt gesondertes Recht, der Immunitätsbereich unterstand dem Vorsteher des Stifts, dem Propst von Xanten. Nur der westliche Bezirk blieb dem Erzbischof von Köln vorbehalten. Hier standen etwa vom 10. bis 17.
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Mit der Grundsteinlegung zu einem Kirchenneubau am 22. August 1263 begann eine beinahe 300jährige Bauzeit, an deren Ende schließlich die spätmittelalterliche Stiftskirche stand, die wir heute noch bewundern können. Es versteht sich von selbst, dass es damals nicht möglich
Oben: Glasfenster hl. Viktor (Foto: Dombauhütte) Links: Krypta und Märtyrergrab (Foto: Strauch) Rechts: Der zerstörte Dom 1945/46
Durch Luftangriffe während des II. Weltkriegs wurde die Stadt Xanten im Februar 1945 stark zerstört. Auch der Dom erlitt schwerste Schäden. Die Dächer von Langhaus und Chor waren zertrümmert. Von 24 Gewölben blieben nur 12 erhalten. Vom Nordturm fehlten Obergeschoss und Turmhelm. Feingliedrige Bauelemente, wie das Maßwerk fast aller Fenster, waren zerstört. Die Pfeilerskulpturen blieben unter dem Schutz ihrer Baldachine weitgehend unversehrt. Rechtzeitig Auslagerung schützte die Kirchenausstattung vor größeren Verlusten. Der Wiederaufbau des Xantener Domes begann 1947 und war 1966 in großen Teilen abgeschlossen.
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war, für den Neubau die bestehende Kirche komplett abzureißen. Sie diente nicht nur den Stiftsherren als geistliches Zentrum und Versammlungsraum, sondern war zugleich Pfarrkirche der gläubigen Gemeinde. Hier fanden Taufen und Eheschließungen statt, der Toten wurde gedacht und Geschäfte wurden feierlich besiegelt. Folglich musste auch während der Bauzeit ununterbrochen gewährleistet sein, dass ausreichend angemessener Kirchenraum zur Verfügung stand. An der Chorapsis im Osten der bestehenden Kirche begannen die Arbeiten für den Neubau. Nach und nach wurden zuerst die alte Apsis und später das alte Langhaus niedergelegt. Stets trennten vorübergehende Schutzmauern den alten Kirchenraum und die Baustelle voneinander. Im wesentlichen war der Neubau 1519 abgeschlossen. Weitere Baumaßnahmen, wie Anbringung von Bauzier, Anbau von Sakristei und Heilig-Geist-Kapelle sowie die Vollendung der Doppeltürme dauerten bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts. In diese letzte Bauperiode gehörten auch die Um- oder Neubauten des nördlich der Kirche gelegenen Kreuzgangs und der daran angrenzenden Stiftsgebäude, wie Kapitelsaal, Stiftsschule und Stiftsbibliothek. In diesen historischen Räumen ist seit 2010 das StiftsMuseum Xanten untergebracht. Stiftsarchiv ist ein Glücksfall
Oben: Hochchor mit Chorgestühl. Unten: Lettner, oberhalb Fastentuch
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Dass über die Bautätigkeiten so detailreiche Informationen vorliegen, ist ein besonderer Glücksfall. Das Stiftsarchiv Xanten bewahrt bis heute zahlreiche Akten, Geschäftsbücher und Urkunden des 1802 säkularisierten Viktorstifts. Vor allem die Baurechnungen, die von 1356 an beinahe lückenlos existieren, informieren über Herkunft der Baumaterialien, Namen von Baumeistern oder Kosten von Werkstoffen. Über den nicht unwichtigen Faktor der Baufinanzierung geben die ebenfalls erhaltenen Rechnungen des Bursars und des Cellerars Auskunft. Einen beachtlichen Anteil an der Finanzierung trugen die Einnahmen bei, die Gläubige zur Gewinnung von Ablässen dem Bau der Kirche stiften. Ablassurkunden aus der Zeit kurz nach Beginn des Neubaus und nach längeren Bauunterbrechungen sind besonders zahlreich erhalten. Der Aufwand an Geld, Handwerkerleistung und Baumaterial hat sich gelohnt: Mit seinen Ausmaßen von über 70 Metern Länge und fast 80 Metern Turmhöhe übertrifft der Xantener Dom alle anderen Kirchbauten am Niederrhein in seiner Größe und ist als Landmarke weithin sichtbar.
Unten: L채utekompanie. Oben: Blick durch Mittel- und Seitenschiffe Fotos: Strauch
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Faszinierende Ausstattung Wer die Xantener Stiftskirche betritt ist überrascht und fasziniert. Eine über Jahrhunderte gewachsenen Kirchenausstattung hat sich hier bis heute erhalten. Besonders markant erscheint der Lettner, eine Trennwand, die zusammen mit seitlichen Mauern das Mittelschiff der Kirche etwa zur Hälfte vom übrigen Kirchenraum
abtrennt. Heute kann man wegen der fehlenden Türen und Wandflächen durch den Lettner hindurch auf das Chorgestühl und den Hochaltar sehen. Früher war dieser Blick dem Laien in der Regel verwehrt. Hinter der Abschrankung kamen mehrfach am Tag die Stiftsherren und Vikare zusammen, um das Chorgebet zu halten und die heilige Messe zu feiern. Parallel zur Architektur des Neubaus ent-
standen schrittweise wie der Kirchenraum selbst die rund 30 Steinskulpturen an den Pfeilern des gesamten Mittelschiffs. Von Baldachinen bekrönt stehen sie auf Konsolen in etwa vier Metern Höhe. Die ältesten sind die Apostel, die gleichsam als Stützen der Kirche im Rund der Ostapsis angebracht sind. Nach Westen folgen ihnen neben anderen Figuren die beiden Kirchenpatrone Viktor und Helena, die
Oben: Wurzel Jesse im Marienaltar Unten: Heiligkreuzaltar mit Pietá Rechts: Hochaltar, davor Leuchterbogen. Oberhalb Marienleuchter
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Kreuzgang, Nordseite
vier lateinischen Kirchenväter, unter ihnen Hieronymus mit seinem Attribut, dem Löwen, und die Heiligen Drei Könige. Aus dem Vorgängerbau übertrugen die Stiftsherren das hochmittelalterliche Chorgestühl aus der Zeit um 1228 in ihre neue Kirche. Wahrscheinlich haben sie es während der gesamten Bauphase im Westteil der alten Kirchen aufgestellt, um es kontinuierlich nutzen zu können. Heilige stehen zur Stelle Benutzt eine Gemeinde heutzutag zumeist nur einen Altar, so war es bis zum Ausgang des 19. Jahrhunderts üblich, dass in großen Gotteshäusern mehrere Nebenaltäre gestiftet wurden. Auch in Xanten errichteten Bruderschaften, Handwerkergilde oder einzelne Stiftsherren ihren verehrten Schutzpatronen eigene Altäre. Im Xantener Dom stehen heute noch 17 Altäre vom späten Mittelalter bis zum Barock im 17. Jahrhundert. Verschwunden sind die hüfthohen Umschrankungen der Altäre, die Kommunionbänke, und auch textile Schmuckbehänge und Kerzenleuchter. Zahllose Bildwerke von Heiligen stehen feierlich mit ihren Attributen zur Stelle. Dionysius mit dem abgeschlagenen Haupt in den Händen, Antonius mit Abts-
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stab und zu seinen Füßen das Schwein, Martin sogar zu Pferd in modischer Tracht gekleidet. Andere liturgische Ausstattungsgegenstände dieser Zeit, wie Kelche, Reliquiare oder Monstranzen sowie liturgische Gewänder oder Bücher sind im StiftsMuseum Xanten ausgestellt. Das StiftsMuseum versteht sich gleichsam als erweiterte Sakristei zur Aufbewahrung des Kirchenschatzes. Mehrfach im Jahr werden heute noch bestimmte Kultgegenstände aus dem Museum in feierlichen Gottesdiensten im Dom benutzt. Kein Dom Propst Friedrich von Hochstaden legte 1263 den Grundstein für den Neubau der Xantener Stiftskirche. Er war ein Bruder des Kölner Erzbischofs, der genau 15 Jahre vorher den Neubau des Kölner Domes begonnen hat. Dennoch sind beide Kirchen in ihrer Architektur nur wenig verwandt. Die Ansprüche sind in jeder Hinsicht sehr verschieden. Zwar ist jede eine fünfschiffige Basilika mit Doppelturmfassade, in Xanten jedoch fehlen etwa der Chorumgang und das Querhaus. Während Köln seine Vorbilder im klassisch-französischen Kathedralschema hat, geht Xanten auf bestimmte Kirchen in der Campagne und in Trier zurück.
Überraschend außerdem, dass die Xantener Kirche gar kein Dom ist! Dom bezeichnet eine Bischofskirche – und einen Bischofssitz aber hat es in Xanten nie gegeben. Mit dem lateinischen Wort domus ist zunächst das Wohnhaus des Bischofs neben seiner Bischofskirche gemeint; die Bezeichnung hat sich auf die Bischofskirche selbst übertragen. Zu Zeiten der Stiftsherren war die Xantener Kirche eine Stiftskirche, die prachtvoll und mächtig ihre hohe Rangfolge innerhalb der vielen Stifts- und Klosterkirchen des Erzbistums Köln zum Ausdruck brachte. Die monumentale Größe des Gotteshauses, die mächtige Doppelturmfassade und die einzigartige Ausstattung haben nach der Auflösung der Stiftsgemeinschaft 1802 dazu geführt, das sich die Bezeichnung Xantener Dom etabliert hat. Stiftskirche, Pfarrkirche oder Dom – die Besucher lassen sich bis heute faszinieren von der Architektur, den farbig leuchtenden Glasfenstern, den Altären und den wunderbaren Bildwerken der Heiligen, die die Kirche bevölkern.
Im Rahmen der Premiere vom Audioguide für alle Museen am 26.Mai 2013 führt die Verfasserin durch den Xantener Dom und das StiftsMuseum Xanten.
Kreuzgang mit Hochkreuz. Im Vordergrund Logo des Domjubil채ums aus Steinen gelegt. Fotos: Strauch
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Graf Zeppelin im Gondelfenster von LZ 62 (L 30), 1916;
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175 Jahre Graf Ferdinand von Zeppelin Der Mythos lebt noch immer Graf Ferdinand von Zeppelin, geboren 1838 im heutigen Inselhotel in Konstanz, ist auch gegenwärtig noch vielen Menschen am Bodensee, in Deutschland und sogar in der Welt ein Begriff; verbindet sich sein Name doch untrennbar mit den bekannten Starrluftschiffen, die er am Ende des 19. Jahrhunderts zu planen begann und zu den legendären Giganten der Lüfte entwickelte. Über 30 Jahre bevölkerten seine Luftschiffe den Himmel und ermöglichten sogar den ersten linienmäßigen Passagierverkehr über den Atlantik. Auch wenn der Passagierdienst von Zeppelinen 1937, nach dem Unglück von Lakehurst, ein Ende fand, die Luftschiffe, die den Namen des Grafen tragen, blieben in aller Welt ein Begriff und sei es auch, dass sie mit ihren unechten Geschwistern, den Prallluftschiffen (Blimps) von Werbefirmen verwechselt werden. Bis heute heben Luftschiffe Zeppelin‘scher Bauart regelmäßig ab und drehen ihre Runden - nicht nur über dem Bodensee. 2013 jährt sich der Geburtstag des Grafen zum 175. Mal – ein würdiger Anlass zum Feiern für die Stadt Friedrichshafen und das Zeppelin Museum. Doch ist nicht schon alles zu seiner Person gesagt, sein Leben und seine technischen Meisterleistungen erforscht? Ergeben sich noch neue Gesichtspunkte zum Wirken dieses Mannes? Ähnliche Fragen stellen sich viele Museumskollegen, wenn ihnen wieder ein Jubiläum zu einem der „Säulenheiligen“ der Museumssammlung ins Haus steht. Im Fall des Grafen war die Antwort der Mitarbeiter des Zeppelin Museums eindeutig: Ja, es gibt noch viele neue Aspekte seines Werkes zu beleuchten. Denn erstaunlicherweise veranstaltete das Museum erst im Jahr 2000 die erste große monografische Ausstellung zu Graf Zeppelin, die den damaligen Wissenstand zu
seiner Biografie zusammenfasste. In den 12 Jahren seither sind aber noch weitere Aspekte des Werkes erforscht und neue Erkenntnisse zum Vorschein gebracht worden. Deshalb stehen im Mittelpunkt der diesjährigen Ausstellung des Zeppelin Museums die Leistungen des Grafen als Visionär, Techniker, Unternehmer und Luftfahrtpionier. Jede Zeit stellt andere Fragen an die Geschichte. Und so interessiert uns heute, vor dem Hintergrund der Verlängerung der Lebensarbeitszeit, wie damals jemand im Alter von 52 Jahren, statt sich zur Ruhe zu setzen, beruflich noch einmal völlig neu durchstarten und ein gigantisches Unternehmen beginnen konnte. Wie er nicht nur die besten technischen Köpfe zusammen brachte, die seine Idee zu verwirklichen halfen, sondern auch selbst noch lernte, als Kapitän Luftschiffe zu lenken. Mit 70 Jahren, einem Alter, in welchem man selbst heute von einem Menschen keine Höchstleistungen mehr erwartet, stand Graf Zeppelin auf der Kommandobrücke des LZ 4 bei der 24-Stundenfahrt.
Auch ist kaum glaublich, wie zäh und beharrlich er an seiner Idee trotz aller Missgeschicke und allen Spotts festhielt.
Der Volksmund nannte ihn den „Narr vom Bodensee“, und schlimmer noch bezeichnete ihn Kaiser Wilhelm II. höchstpersönlich als den „Dümmsten aller Süddeutschen“. Weil er trotzdem nicht aufgab, kann heute am Beispiel des Grafen die Entwicklung und das Werden eines technischen Pioniers wirklichkeitsnah verfolgt werden. Und was uns Heutige - im Wissen um den weltweiten Wettbewerb der technischen Innovationen als Vor-
aussetzung für die Prosperität von Industrienationen – ganz aktuell an seinem Beispiel begeistert, ist, zu sehen, welche Fähigkeiten Graf Zeppelin für die Realisierung seiner Idee benötigte, aber auch, welche Chancen er nutzte. Letztendlich zeigt seine Lebensgeschichte alle Ingredienzien erfolgreichen Unternehmertums, wie sie noch heute gelten: die Entwicklung einer Geschäftsidee, die Erkundung von Marktchancen, ihre Umsetzung in ein Geschäftsmodell und ihre Weiterentwicklung durch ständige technische Innovation. Dazu brauchte es Motivation, Leistungs- und Risikobereitschaft, Charakterstärke, Durchsetzungsvermögen und Überzeugungskraft. Mithin enthält die Lebensgeschichte des Grafen alles, was heute ein erfolgreiches Melodram ausmacht: berufliche und persönliche Höhen und Tiefen, Intrigen, Liebe, Katastrophen und unglaubliches Glück – ganz wie im richtigen Leben. Als er seine ersten Skizzen vorlegte, auf denen zigarrenförmige Ungetüme mit schwachen Motoren zu sehen waren, wusste er, wie schwer es werden würde, Unterstützer für seine Vision zu finden: „Für mich steht naturgemäß niemand ein, weil keiner den Sprung ins Dunkel wagen will. Aber mein Ziel ist klar und meine Berechnungen sind richtig“. Deshalb musste der Graf für seine erste Firma mehr als die Hälfte des Aktienkapitals persönlich aufbringen und riskierte damit sein Vermögen – und das seiner Frau, der er in inniger Liebe zugetan war. Mehr als einmal schien alles verloren. Als das erste Luftschiff nach nur drei Einsätzen verschrottet werden musste, geschah dies aus Geldmangel. Und so hätte die Idee schon begraben werden müssen, bevor sie richtig zum Fahren gekommen war, wenn nicht doch noch Unterstützer hätten gefunden werden können. Und als mit LZ 4 der Durchbruch
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zum Greifen nahe lag, machte die Katastrophe von Echterdingen wiederum alle Hoffnungen zunichte. Erfolg und Misserfolg lagen eng beieinander, und damit einhergehend ebenso Bewunderung und Einsamkeit. Das Leben des Grafen und die frühe Zeppelinluftschiffgeschichte liest sich spannend wie ein Roman, wobei sich damals und heute die Menschen mit dem Visionär identifizieren können. Darin liegt auch das Potenzial, dass er zum Helden, gar zur Ikone werden konnte. König Wilhelm II. wurde zu einem der wichtigsten Förderer Graf Zeppelins Alles begann mit einer beruflichen Niederlage des Grafen. Nach einer – aus damaliger Sicht - durchaus glanzvollen militärischen Karriere schied Zeppelin 1890 aufgrund einer Intrige unfreiwillig als Generalleutnant aus dem aktiven Militärdienst aus. 1891 begann er, sich mit der Luftfahrttechnik und der hierfür wichtigen Technologien zu beschäftigen. Unterstützung in finanzieller und ideeller Hinsicht erreichte er durch seine Verbindungen zum Königshaus Württemberg. Graf Zeppelin war neben seinem Militärdienst zwischen 1885 und 1890 Gesandter Württembergs in Berlin sowie zeitweise Adjutant des württembergischen Königs und persönlicher Berater von dessen Sohn gewesen. Der Dienst bei Prinz Wilhelm sollte ihm die dauerhafte Freundschaft des späteren Königs von Württemberg sichern: König Wilhelm II. wurde zu einem der wichtigsten Förderer Graf Zeppelins bei der Verwirklichung seines Luftschiffprojektes. Er war es auch, der dem Grafen ein Grundstück in Manzell bei Friedrichshafen zur Verfügung stellte und damit den Luftschiffbau am Bodensee ermöglichte. Mit der Gründung der „Gesellschaft zur Förderung der Luftschiffahrt“ legte Graf Zeppelin 1898 den organisatorischen Grundstein für den Bau eines Luftschiffes. Unter großer öffentlicher Anteilnahme wurde gegen Abend des 2. Juli 1900 das erste Luftschiff aus der Halle gezogen. Um 20 Uhr erhob es sich unter dem Komman-
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do des 62jährigen Grafen in die Luft und steuerte in Richtung Immenstaad. Die gesamte Fahrt dauerte fast 20 Minuten. Dieses Luftschiff wurde verbessert und stieg noch zweimal auf, musste dann aber aus Geldmangel, wie gesagt, abgewrackt werden. Erst fünf Jahre später startete ein zweiter Zeppelin vom Bodensee. Graf Zeppelin suchte zivile und militärische Nutzungen für das Luftschiff, wobei ihm vor allem das Militär als ein dauerhafter Finanzier und Nutznießer vorschwebte. Doch dafür musste sich das Luftschiff bewähren. Deshalb kam es immer wieder zu besonderen Fahrten, die die Leistungsfähigkeit des Prinzips „Leichter als Luft“ unter Beweis stellen sollten. So legte bereits das dritte Luftschiff (LZ 3) auf 45 Fahrten bis 1913 über 4000 km zurück. Das Nachfolgeschiff LZ 4 sollte - acht
Jahre nach dem Start von LZ 1 - zum Beweis seiner militärischen Tauglichkeit eine 24Stunden-Fahrt unternehmen, die am 5. August 1908 in Echterdingen in einem Gewitter mit der kompletten Zerstörung des Schiffes durch Brand endete. Diese für den Grafen auch persönliche – Katastrophe wendete sich zum „glücklichsten aller Unglücke“. In Echterdingen nahm die „Zeppelinspende des deutschen Volkes“ ihren Ausgangspunkt, die mehr als 6 Millionen Mark erbrachte. Ohne diese große Sammelaktion hätte das Unglück von Echter-
dingen das wirtschaftliche Ende der Zeppeline bedeutet. In der Folge gründete der Graf noch 1908 mit den Mitteln der Echterdinger Volksspende die Zeppelinstiftung und die Luftschiffbau Zeppelin GmbH. Damit war die Grundlage für den Bau weiterer Luftschiffe gelegt. Graf Zeppelin und die Luftschiffe wurden durch diese Spende bekannt im ganzen Land. Sogar der Kaiser nahm Abstand von seinem despektierlichen Urteil über den Grafen und stattete ihm noch im selben Jahr einen Besuch am Bodensee ab. In der Folge brach sich eine wahre Zeppelinbegeisterung in ganz Deutschland aus. Im Zuge dieser Euphorie erhielten unzählige Gebrauchs- und Nippesgegenstände das Porträt oder den Namen Graf Zeppelins. Andere Gegenstände lockten durch ihre Luftschiffgestalt zum Kauf. Die Hersteller erhofften sich durch die Werbung mit dem ‚Volkshelden‘ Graf Zeppelin und seinen Luftschiffen vor allem hohe Verkaufszahlen. Der Graf selbst wehrte sich zunächst vehement gegen diese Art der Vermarktung seiner Person, später gab er für einige Produkte sein Einverständnis. Der Name „Zeppelin“ wurde seit 1908 bis heute zum zugkräftigen Werbemagneten. Ein formbewusster Zeitgenosse, Gustav Pazaurek, urteilte 1912: „Das bekannteste Beispiel für den Aktualitätskitsch unserer Tage bilden wohl die zahllosen Massenobjekte, die Bild oder Namen des populären Grafen Zeppelin weidlich ausschroten. Münzen und Bonbonnieren, Westen und Hosenträger, Christbaumschmuck, Seifenpulver, Schnurrbartbinden und Hunderte anderer Dinge wurden mit dem genialen Luftschiffer in Verbindung gebracht.“ Bis zu seinem Tod am 8. März 1917 erlebte Graf Zeppelin nicht nur den Einsatz seiner Luftschiffe als Passagierfahrzeuge, für deren Betrieb 1909 mit der DELAG sogar die erste Luftreederei der Welt gegründet wurde, sondern auch als Waffensystem im Ersten Weltkrieg. Das Militär
kaufte bereits vor dem Ersten Weltkrieg einige Luftschiffe für die Luftschiffereinheit im deutschen Heer. Während des Kriegs wurden 88 Zeppeline für militärische Zwecke gebaut. Sie waren ideale Aufklärer, aber auch Bombenträger. Dies brachte der Luftschiffbau Zeppelin GmbH und allen angeschlossenen Firmen höchste Auslastung und Einnahmen. Gerade den Kriegseinsatz von Luftschiffen hatte der alternde Graf in den Jahren kurz vor seinem Tod stark befürwortet. Er sah darin die einzige Möglichkeit, die Seemacht Englands zu brechen – eine Ansicht, die von einem ehemaligen Militär nicht verwundert. Die später folgende große Zeit der zivilen Luftschifffahrt erlebte der Graf jedoch nicht mehr. Sie begann erst nach dem Weltkrieg, als der Einsatz von Luftschiffen militärisch nicht mehr sinnvoll war. Als Graf Zeppelin am 8. März 1917 starb, erhielt der vielfach Geehrte auf dem Stuttgarter Pragfriedhof ein Begräbnis wie ein Staatsmann. Es unterstrich einmal mehr seinen Status als zeitgenössische Berühmtheit und als Nationalheld.
Das württembergische Königspaar als Zuschauer beim Aufstieg von LZ 1,1900
Graf Zeppelin war ein Glücksfall für den Bodensee Wie visionär der Graf in seiner Zeit gewesen war, zeigt sich nicht zuletzt an der Tatsache, dass er sich mit Luftschiffen und mit Flugzeugen („Schwerer als Luft“) befasste. Sein Interesse galt großen Reichweiten und hohen Zuladungen für militärische und zivile Anwendungen. Schon von 1899 bis 1902 unterstützte Graf Zeppelin Ludwig Rüb, den ersten, wenn auch erfolglosen Flugzeugbauer am Bodensee. Bis 1914 brachte er Unternehmen in Gang, die im Flugzeugbau führend wurden. Theodor Kober, Alexander Baumann, Claude Dornier, Paul Jaray, Adolf Rohrbach und deren Mitarbeiter verwirklichten die Vorstellungen Zeppelins. So durchdrangen sich am Bodensee Luftschiff- und Flugzeugbau in einer einzigartigen Weise; nirgends tritt aber auch die Konkurrenz beider Systeme so deutlich hervor.
Erster Aufstieg von LZ 1 am 2. Juli 1900
Ausgebranntes Gerippe von LZ 4 in Echterdingen am 05.08.1908
Graf Zeppelin und die Luftschiffbau Zeppelin GmbH waren ein Glücksfall für den Bodensee und insbesondere für die Stadt Friedrichshafen. Region und Stadt hätten eine völlig andere Entwicklung genommen, wenn damals nicht der König von Württemberg dem Grafen ein Grundstück zur Verfügung gestellt hätte. Damit begann eine neue Zeitrechnung, die bis heute geprägt ist von dynamischem
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Wachstum und sich konstant ändernder Struktur der Stadt. Die Region Friedrichshafen/ Bodensee zeichnet sich in technikgeschichtlicher Hinsicht dadurch aus, dass sie zu Beginn des 20. Jahrhunderts, obwohl in einer Randregion Deutschlands gelegen, zu einem Zentrum der Luft(schiff)fahrt-, Motoren- und Getriebeindustrie wurde. Hier entstanden nicht nur die begriffsprägenden Zeppeline. Durch die Einrichtung eines fahrplanmäßigen Luftschiffverkehrs nach Berlin 1919 und die Aufnahme der ersten interkontinentalen Luftverkehrslinie nach Südamerika 1931 und den Nord-Amerika-Dienst der Zeppelin Reederei rückte die Region am Bodensee direkt an die nationalen und internationalen Zentren heran. Nach dem Ende der Passagierluftschifffahrt entwickelte sich Friedrichshafen zu einem Standort der Automobilzulieferindustrie, der bis heute die wirtschaftliche Kraft der Stadt bestimmt. Maybach (heute MTU/Tognum) fertigte hier seit den 20er Jahren Motoren für alle Fahrzeuggattungen, ZF baute Getriebe, Lenkungen, Achsen und Kupplungen und ZEPPELIN ist führend im Anlagenbau und der Vermietung von Baumschinen. Die Stadt wuchs mit und schließlich um diese großen Industrieunternehmen herum. Ihr Reichtum wird bis heute wesentlich von diesen Betrieben erwirtschaftet. Und so ist es kein Wunder, wenn die Stadt Friedrichshafen angestoßen durch die Ausstellung des Museums das Jubiläum des Grafen gebührend feiern will. Vereine und Musikgruppen leisten ihren Beitrag dazu ebenso wie die Schulen, die den traditionellen Seehasenumzug dem Jubiläum widmen werden. Die Medien werden bundesweit an den Technikpionier erinnern, dessen Werk in den weltweit agierenden Firmen ZF Friedrichshafen AG, ZEPPELIN und MTU/Tognum in die Zukunft getragen wird. Der Zeppelin NT, der Nachkomme der traditionellen Luftschiffe, wird im Juli das
Zeppelin Museum Friedrichshafen GmbH Seestraße 22 88045 Friedrichshafen http://www.zeppelin-museum.de © Zeppelin Museum und Archiv der Luftschiffbau Zeppelin GmbH
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Begrüßung des Grafen Zeppelin in LZ 6 durch das kaiserliche Ehepaar am 29.08.1909 Graf Zeppelin, Zeppelin jun., Dürr, General v. Eichhorn auf einer Postkarte zur I.L.A. 1909
Gedächtnis des Grafen durch die Lüfte tragen und allen kundtun: Das Erbe des Grafen lebt. Zur Ausstellung erscheint ein Begleitbuch, hrsg. von Zeppelin Museum Friedrichshafen, Archiv der Luftschiffbau Zeppelin GmbH, Rosgarten Museum Konstanz
Literatur: Kleinheins, Peter (Hrsg.): Die großen Zeppeline, Die Geschichte des Luftschiffbaus, Düsseldorf 1985 Robinson, Douglas: Deutsche Marine-Luftschiffe 1912 – 1918, Hamburg 2005
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Das Mathematikum in Gießen wurde im Jahre 2002 eröffnet. Es basiert inhaltlich auf mathematischen Experimenten, die seit 1993 am Mathematischen Institut der Universität Gießen entwickelt wurden. Die Keimzelle war ein Proseminar, in dem die Studierenden die Aufgabe hatten, ein geometrisches Objekt real herzustellen und die „darin steckende“ Mathematik
dass die Besucher grundsätzlich bei jedem Exponat Erfolgserlebnisse haben können – und diese ihnen nicht verweigert werden, indem zu viel erklärt wird. An den Exponaten finden sich nur knappe Anleitungen, was zu tun ist, und manchmal eine Frage, die auf den Kern des Phänomens zielt.
nen in erster Linie interaktive Exponate, die bei den Besuchern Gedanken anregen, Vorstellungen erzeugen und Einsichten vermitteln. Die Exponate zeichnen sich durch präzise mathematische Verortung und bewusste ästhetische Gestaltung aus und dienen auf diese Weise genau dem Zweck, den Besuchern nachhaltige Museumserlebnisse zu ermöglichen. Die Experimente des Mathematikums sind interaktiv im strengen Sinne. Es handelt sich nur zu einem sehr kleinen Teil um Computerexperimente, sondern in überwiegender Zahl um physische Experimente. Die Besucher verändern das Experiment real (sie legen Puzzles, lassen Kugeln rollen, machen Experimente mit Seifenhäuten, bauen Brücken usw.). Darauf reagiert das Experiment und liefert ein Ergebnis. Dieses ist oft überraschend oder verblüffend und bringt so die Besucher zum Nachdenken. Das Mathematikum ist ein außerordentlich kommunikatives Haus. Manche Beobachter meinen, es sei
Das Mathematikum in Gießen im Spannungsfeld von Museum, Bildung und Freizeit Albrecht Beutelspacher zu erklären. Die Präsentationen waren so überzeugend, dass daraus eine Ausstellung entstand, die in der Universität gezeigt wurde. Das war der Startschuss für eine Wanderausstellung „Mathematik zum Anfassen“, die letztlich zum Mathematikum führte. Heute ist das Mathematikum ein mathematisches Science Center (das erste der Welt), das sich der Maxime „Mathematik für alle!“ verpflichtet weiß. Besucher jeden Alters und jeder mathematischen Vorbildung sind willkommen. Dieses Angebot wird von jährlich etwa 150.000 Menschen wahrgenommen. Die Ausstellung mit über 150 Exponaten wird im Grunde von den Besuchern selbst erschlossen. Sie wählen die Exponate aus, mit denen sie sich beschäftigen wollen und sie entscheiden, wie lange sie sich diesen widmen wollen. Und dennoch (oder gerade deswegen?) lieben die Besucher das Mathematikum: Sie kommen in Scharen, bleiben lange, und kommen gerne wieder, um ihre Lieblingsexponate noch einmal zu erleben. Ein Grund für den Erfolg besteht darin,
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Die Experimente Die Aktivitäten des Mathematikums zielen auf eine Begegnung der Besucher mit mathematischen Phänomenen. Dazu die-
laut. Wenn man allerdings darauf hört, worüber die Besucher sprechen, merkt man, dass es immer um die Exponate geht. Viele Exponate des Mathematikums sind inzwischen so gestaltet, zum Beispiel
2-er Pyramide. Ein Tetraeder wird aus zwei Teilen zusammengesetzt. Umgekehrt zeigt das Experiment auch, wie man ein Tetraeder so durchschneiden kann, dass eine quadratische Schnittfläche entsteht.
Riesenkaleidoskop. Im Riesenkaleidoskop spiegelt sich alles in sechs Richtungen unendlich oft.
durch runde, von allen Seiten zugängliche Formen, dass sie die Kommunikation anregen.
Standortbestimmung Das Mathematikum als Museum. Mit allen Museen teilt das Mathematikum die Aufgabe der Bewahrung des kulturellen Erbes. Die Mathematik ist, zusammen mit der Astronomie, die älteste Wissenschaft, sie enthält eine Fülle von ErkenntDie Eins
nissen. Da sich die wissenschaftlichen Errungenschaften der Mathematik kaum in Objekten zeigen, sondern sich in Ideen realisieren, bedeutet das Bewahren von Mathematik im Wesentlichen die Weitergabe der mathematischen Inhalte. Das Mathematikum geht also nicht von einer existierenden Sammlung von Objekten aus, die gezeigt werden sollen, sondern setzt sozusagen auf Vermittlung pur. Diese geschieht allerdings durch physische Installationen, nämlich den Experimenten. In der Tat hat das Mathematikum mittlerweile auf einer „zweiten Ebene“ eine Sammlung von ca. 250 Experimenten aufgebaut. Daher heißt Mathematik zeigen im Wesentlichen Mathematik vermitteln. Wenn dies für ein allgemeines Publikum geschehen soll, kann dies nicht über die mathematische Sprache erfolgen.
Das Mathematikum als Bildungseinrichtung Schon das Thema macht den Bildungsanspruch des Mathematikums deutlich. Allgemein wird Mathematik als außerordentlich wichtiges (wenn auch deswegen nicht automatisch beliebtes) Fach verstanden. In der Tat hat Mathematik nicht nur als Bestandteil unserer Kultur große Bedeutung, sondern ist als anwendungsorientierte Schlüsselwissenschaft gerade
heute unverzichtbar: kein Handy, kein GPS, keine DVD würde ohne Mathematik funktionieren. Das Mathematikum ist allerdings kein Ort formalen Lernens, im Gegenteil. Das Mathematikum setzt konsequent auf die Autonomie der Besucher: Es gibt keinen roten Faden durch das Haus, kein heimliches Curriculum, und es wird nicht kontrolliert, ob sich ein Besucher intensiv oder nur oberflächlich mit den Exponaten beschäftigt. Das Mathematikum ist ein Museum, in dem man keine Führung braucht. Im Mathematikum findet kein formales Lernen statt, es wird kein abfragbares Wissen produziert und die Schülerinnen und Schüler schreiben nach einem Besuch des Mathematikum nicht automatisch die nächste Klassenarbeit besser. Lernen erfolgt im Mathematikum durch Erlebnisse, die sich in den Aha-Momenten zeigen: Man erkennt in einem Moment, wie alles zusammenhängt, warum die Teile zusammenpassen und wieso das Ganze funktioniert.
Das Mathematikum als Freizeiteinrichtung Schon äußerlich ist das Mathematikum als Freizeiteinrichtung erkennbar: Die meisten Besucher kommen freiwillig und verbringen einige Stunden ihrer Freizeit im Mathematikum. Der Begriff „Mathema-
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tik“ im Titel scheint nicht abschreckend zu wirken. Auch die relativ große Zahl an Wiederholungsbesuchern zeigt, dass sich die Besucher im Haus wohl fühlen. Andererseits unterscheidet sich das Mathematikum grundsätzlich von Freizeitattraktionen wie Erlebnisparks und Erlebniswelten dadurch, dass die Exponate auf Konzentration und nicht auf Zerstreuung setzen. Äußerliche Effekte wie Nebel, Glitzer oder schreiende Farben werden prinzipiell vermieden. Jedes Exponat soll so klar und deutlich wie möglich das mathematische Phänomen zeigen. Das Mathematikum setzt darauf, dass die wissenschaftlichen Phänomene selbst so interessant sind, dass sie die Menschen anziehen.
Entwicklung Seit einigen Jahren werden die Experimente des Mathematikums durch Aspekte von musealer Präsentation im engeren Sinne ergänzt. Zum einen werden dem Besucher Blicke in die Geschichte der Mathematik geboten. So werden zum Beispiel Knochen mit Zahleneinkerbungen (ein Replikat eines 30.000 Jahre alten Objekts) und ein rö-
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Lights on! (Alle Fotos: Rolf K. Wegst / Mathematikum)
misches Dodekaeder geboten. Dazu kommen eine Inschrift mit römischen Zahlen, sowie Rechenhilfsmittel der vergangenen Jahrhunderte wie Rechenschieber, der erste wissenschaftliche Taschenrechner, usw. Zum anderen werden die interaktiven Experimente ergänzt durch moderne mathematische („konkrete“) Kunst. Diese wird in temporären Ausstellungen
gezeigt (zum Beispiel 2013 Jo Niemeyer), aber auch durch permanente Exponate präsentiert, z.B. die „Eins“ des amerikanischen Künstlers Larry Kagan. Mathematikum Gießen e.V. Liebigstraße 8 35390 Gießen www.mathematikum.de
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Die Rekonstruktion der Bischofsburg Xanten, Teil II
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Ein Gruß über den Bauzaun ... An dieser Stelle haben wir Ihnen in der letzten Ausgabe das Gemeinschaftsprojekt „Rekonstruktion der Xantener Bischofsburg als 3-D-Modell“ von museum.de und der Puppeteers GmbH vorgestellt. Heute wollen wir Ihnen einen kleinen Einblick in den Stand der Dinge geben, vor allem aber: Sie herzlich einladen, sich den 26. Mai vorzumerken! An diesem Sonntag, dem „Tag der Xantener Türme“, werden hier vielleicht nicht gerade die Wände wackeln, aber bewegen wollen wir doch so einiges… Neben einer Fotoausstellung zu den Xantener Türmen im Siegfried-Museum, einer Führung durch Dom und Stiftsmuseum und allem, was Xanten sowieso und immer zu bieten hat, locken zwei Premieren, die für alle Museen attraktiv sein dürften. Mit der von museum.de entwickelten Plattform für kostenlose Audioguides sämtlicher deutschen Museen, jederzeit kostenlos abrufbar über die Smartphones der Benutzer, werden wir schon eine kleine Sensation präsentieren. Nicht weniger stolz und, ja: auch ein bisschen aufgeregt sind wir über unser zweites spannendes Projekt, dessen Ergebnis wir Ihnen ebenfalls am 26. Mai vorführen möchten.
lage ihrer präzisen Skizzen entstand ein erstes grobes, aber gut belegtes Modell; in Verbindung mit den Mauerresten am Ziegelhof und dem Turm an der Immunität können Lage sowie Längen- und Breitenmaße der Bischofsburg als gesichert gelten.
Zur weiteren Präzisierung des Modells – methodisch nicht unangreifbar, aber für den Erkenntnisprozess gerade angesichts der spärlichen Quellen unerlässlich scheinend – ziehen wir insbesondere zwei der wenigen vorhandenen Gemälde als künstlerische Belege heran: eine Darstel-
Meerturm museum.de
Doppelhaus mit Westturm Turm noch erhalten
Auf der digitalen Baustelle Aula/Rechtecksaal
Abbrucharbeiten waren auf unserer digitalen Baustelle nicht vonnöten; dank der Puppeteers-Expertise auf dem Gebiet der 3-D-Animation war auch die „Erschließung des Baugrundes“ kein Thema – mindestens ebenso spannend und ehrgeizig wie ein reales ist aber auch unser digitales Bauvorhaben. Immerhin etwa 600 Jahre lang hat die 1096 erstmals urkundlich erwähnte, im Jahr 1692 gesprengte Bischofsburg das Xantener Stadtbild entscheidend mitgeprägt – so viel ist jedenfalls gesichert. Doch wie genau sollen wir sie uns vorstellen? Wissenschaftlich fundiert und insofern für die Entwicklung des Modells von größter Bedeutung sind von den insgesamt nicht gerade üppig vorhandenen Quellen lediglich die archäologischen Forschungsergebnisse von Prof. Walter Bader und Prof. Hugo Borger. Auf der Grund-
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Ziegelhof
Pfalzkapelle
Bischofsburg
Der „Baustellenbericht“ der Firma PUPPETEERS GmbH DOM
Die Abbildung zeigt die orthografische Ansicht des Grobmodells von oben. Zu erkennen ist hier auch der Umriss der Westseite des Doms, der in den Zeichnungen von Bader und Borger zur Orientierung mit angelegt wurde. Dies ermöglicht nun eine präzise Positionierung des Dommodells innerhalb des Grobmodells.
Bereits der erste Vergleich zeigt deutlich, dass – die bekannte Höhe vorausgesetzt – ein recht hohes Maß an Übereinstimmung zwischen dem gemalten Dom und dem maßhaltigen Modell erzielt werden kann. Allerdings fällt auch auf, dass die Bischofsburg auf dem Gemälde deutlich schmaler zu sein scheint.
Auch der zweite Vergleich zeigt ein gutes Maß an Übereinstimmung. Insbesondere was den Dom, den Abstand und die Höhe der Bischofsburg angeht. Aber auch in diesem Gemälde fällt die Burg deutlich schmaler aus. Bei dem Maß an sonstiger Übereinstimmung kann dieser Umstand allerdings vernachlässigt werden, da es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um eine Art Bedeutungsperspektive handelt, die möglicherweise aus kompositorischen oder narrativen Gründen in die Darstellung mit eingeflossen ist.
Der Vergleich hat zum gewünschten Ergebnis geführt. So kann ein erster Entwurf, basierend auf den Details aus den Gemälden, entstehen. Die auf das Modell projizierte Abbildung zeigt die Anordnung von Fenstern und Türmen. Zum Vergleich links daneben die von Bader und Borger vermutete Anordnung der Fenster. Dr. Jens Lieven schließt sich den bisher gezogenen Schlussfolgerungen an, wird aber parallel weitere Quellen prüfen. Eine spannende Frage ließ sich aus den Abbildungen allerdings nicht beantworten. Es bleibt unklar, ob die Bischofsburg zwei oder vier Türme hatte. Das Gemälde von le Jeune legt nahe, dass sich zumindest an der dem Dom zugewandten Ecke möglicherweise kein Turm befand.
Die nächsten Schritte Weitere Details, die noch ausgearbeitet und Verifiziert werden sind: - das Dach (Form und Aufbau), - der Wehrgang, (man kann ihn ansatzweise auf den Gemälden erkennen), - die Eingangstür (ob Tor oder Pforte ist zurzeit noch spekulativ). Der Nächste Schritt auf der digitalen Baustelle, wird sich mit dem hinzufügen der Details (ebenfalls zunächst grob) befassen, deren Existenz angenommen werden kann. Ist das Bild weit genug komplettiert, werden im Anschluss die Baumaterialien identifiziert und dargestellt. Dann wird sich der Eindruck abrunden.
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Besprechung in Xanten: Uwe Strauch, museum.de. Puppeteers GmbH: Martin Becker (Geschäftsleitung), Katja Lennox (Projektmanagement), Björn Markgraf (Senior Artist)
Historisches zur Bischofsburg
Im Anschluss an ein spätantikes Grab, in dem man die sterblichen Überreste des Märtyrers Viktor wähnte, wurde in Xanten – vermutlich auf Initiative der Erzbischöfe von Köln – eine Kanonikergemeinschaft gegründet, die über dem Grab des Heiligen den Gebetsdienst versehen sollte. Aufgrund archäologischer Zeugnisse kann die Existenz dieser Klerikergemeinschaft für die Mitte des 8. Jahrhunderts wahrscheinlich gemacht werden. Das Stift gehörte – ebenso wie beispielsweise das Bonner St. Cassius- und Florentius-Stift – zum Eigengut der Kölner Metropoliten, die damit nicht nur geistliche, sondern auch weltliche Herren der Xantener Kirche und ihrer familia waren. Ein Absteigequartier besaßen die Kölner Oberhirten, die ihre Herrschaft ohne feste Residenz und stets auf Reisen gleichsam
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in ambulanter Weise ausübten, in Form eines eigenen palatium – einer Pfalz, die sich im Westen des Xantener Stiftsareals befand. Durch einen freien Platz von der Stiftskriche getrennt lagen – gegenüber dem Westwerk mit seinen beiden Türmen – die Gebäude der Pfalz. Sie bestand aus einem langestreckten Saalbau (aula) von 39 x 8-10m Größe. An diese aula schloss sich eine einschiffige Kapelle mit Rechteckchor an, deren Maße und Funktion stark an die baulichen Gegenbenheiten der Pfalz in Paderborn erinnern. In der Südwestecke der Immunität lag sodann die Burg des Erzbischofs in Gestalt eines mächtigen Wohnturms mit innerer Längsteilung, der ein Flächenmaß von 21 x 27 m aufwies und zum Jahr 1096 erstmals erwähnt wurde (turris). Die Südfassade dieses vermutlich 25 m
hohen Turmes verfügte über wenige Schlitzfenster, die in schmalen, rückspringenden Flächen lagen, wie Stadtansichten der frühen Neuzeit zeigen. Der Turm wurde in einem Abstand von 4-6 m von einer Mauer umgeben, so dass ein zwingerartiger Freiraum entstand, dessen Südteil mit Erde augefüllt und über eine Rampe zu erreichen war. Größe, Funktionsbereiche und architektonische Ausführung der erzbischöflichen Pfalz in Xanten lassen sich durchaus mit den Pfalzen der mittelalterlichen Könige vergleichen und bringen damit den Herrschaftsanspruch der Kölner Metropoliten am Niederrhein, ihr Ansehen und ihren Einfluss zeichenhaft zum Ausdruck. Dr. Jens Lieven, Lehrstuhl für mittelalterliche Geschichte, Ruhr- Universität Bochum
lung der Bischofsburg auf einem Altarbild mit dem Martyrium des Hl. Viktor von Bartholomäus Bruyn dem Älteren sowie ein Gemälde von Pierre-Denis Martin le Jeune, das die Einnahme Xantens durch Ludwig XIV im Jahre 1672 zeigt. Als Zeitzeugnisse liefern sie, selbst wenn wir künstlerische Freiheiten wie eine offenkundige Verschiebung der Größenverhältnisse in Rechnung stellen, wertvolle Hinweise insbesondere auf zahlreiche Details, an deren Verifizierung derzeit im interdisziplinär arbeitenden Team mit Hochdruck gearbeitet wird. Form und Aufbau des Daches, der Fenster und der Türme etwa, aber auch die Gestaltung des Wehrgangs oder des Eingangsbereichs gehören zu den architektonischen Einzelheiten, die wir jetzt sichern, bevor wir zum Abschluss die Baumaterialien identifizieren, um das 3-D-Modell der Xantener Bischofsburg so realistisch wie möglich präsentieren zu können. Auf eine Auswertung der weiteren zur Verfügung stehenden Bildquellen wird verzichtet; sie sind entweder zu grob gezeichnet oder perspektivisch unbrauchbar. Bis zur endgültigen Fertigstellung des Modells wird Dr. Jens Lieven, Historiker der Ruhr-Universität Bochum und wissenschaftlicher Berater des Projekts, weitere Quellen prüfen; auch an seinen Ergebnissen wird das Modell laufend gemessen.
… und wozu das Ganze? Der Mensch liebt Modelle. Warum eigentlich? Kinder, die Lego-Städte errichten, Playmobil-Welten beherrschen, Sandburgen bauen, ganze Familien, die Modelllandschaften bestaunen, Ingenieure, die Mindstorms-Roboter programmieren, Architekten, die ihre Entwürfe als Kartonmodelle präsentieren – sie alle verstehen und präsentieren an Modellen „die Welt“. In Modellen können wir eine komplexe, unüberschaubar, manchmal chaotisch, in jedem Fall irgendwie fremd und groß scheinende Welt als auf ein begreifbares Maß geschrumpft erfahren – ohne, und das ist der Clou, dass sie dabei zwangsläufig verniedlicht oder ihrer wesentlichen Merkmale beraubt wäre. Wer kennt das nicht: Nach mehr oder weniger mühsamer Lektüre, dem Versuch, sich ein fremdes Thema anzueignen, entstehen, manchmal kaum merklich, die ersten Bilder im Kopf: „Ja, so könnte ich es mir vorstellen…“ Je größer Interesse und Ausdauer, umso deutlicher werden unsere Vorstellungen – bis wir wirklich begriffen und uns „ein Bild gemacht“ haben. Das gilt für historische wie für naturwissenschaftliche Themen, für Kunst und Kultur, für politische und geographische Fragen gleichermaßen.
Wenn aus Geschichte Geschichten entstehen und aus nüchternen Daten Bilder im Kopf … dann ist vielleicht das Größte erreicht, was ein Museum leisten kann. Und wenn das 3-D-Modell einer Burg, die es schon seit über 300 Jahren nicht mehr gibt, in der aber die Geschichte der Stadt, die ich als Museumsbesucher gerade erkunde, über Jahrhunderte hinweg mit geprägt wurde, das bewirken kann; wenn eine Animation animiert – zum Weiterlesen, -schauen, -forschen und -denken – dann ist das schon fast wunderbar – finden Sie nicht? Gern überlegen wir mit Ihnen gemeinsam, wie Sie diese erstaunliche Technik in Ihrem Museum nutzen können. Wir freuen uns auf den 26. Mai mit Ihnen! Redaktion: Annette Stassen
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