Gesund In Münster | Nr. 1

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Ethikkomitee am EVK Münster

Hilfe in persönlichen Grenzsituationen Wenn sich die eigenen Eltern oder enge Verwandte im Krankenhaus auf der Schwelle zwischen Leben und Tod befinden, stehen die Angehörigen vor scheinbar unlösbaren Fragen und Entscheidungen. Kompliziert wird es vor allem dann, wenn keine Patientenverfügung vorliegt. Sie gibt den behandelnden Ärzten unter anderem Klarheit darüber, ob sie lebenserhaltende Maßnahmen durchführen oder den Betroffenen einen längeren Leidensweg ersparen sollen. Das Ethikkomitee am Evangelischen Krankenhaus Münster (EVK) möchte allen Beteiligten bei diesem Umgang mit persönlichen Grenzsituation beratend zur Seite zu stehen und die Entscheidungsfindung durch einen möglichst gemeinsamen Konsens erleichtern. Pfarrer Thomas Groll ist Seelsorger am EVK und leitet das Ethikkomitee, dem unter anderem alle Chefärzte der Klinik angehören. „Natürlich wünschen sich die meisten Menschen, dass die Ärzte alles dafür tun, um ihre Angehörigen so lange wie möglich am Leben zu halten“, berichtet Thomas Groll. „Wie soll man aber vorgehen, wenn die Gesundheit der Betroffenen derart eingeschränkt ist, dass ein Leben in Würde eigentlich nicht mehr möglich ist? Und die Patienten selbst aufgrund einer Demenzerkrankung oder eines Komas nicht mehr in die Entscheidung über die Zukunft eingebunden werden können? Hier muss man natürlich hochsensibel und von Fall zu Fall entscheiden. Aus diesem Grund haben wir 2012 die sogenannten ethischen Fallbesprechungen etabliert, die einen hohen Stellenwert im Hause genießen“, erläutert der Seelsorger.

Unser E x p e r te  Pfarrer Thomas Groll ist Krankenhausseelsorger und Vorsitzender des Ethikkomitees am EVK. Er nimmt als Moderator an den ethischen Fallbesprechungen teil, die 2012 am EVK eingeführt wurden.

„Diese Arbeit baut Brücken und entlastet alle Beteiligten“ An den von speziell ausgebildeten Moderatoren geleiteten Diskussionsrunden nimmt ein interdisziplinäres Team aus behandelnden Ärzten, Pflegepersonal, Therapeuten, Sozialdienst, Seelsorgern und auf Wunsch auch den Angehörigen teil, um den weiteren Behandlungsweg gemeinsam und auf Augenhöhe zu erörtern. „Die Fallbesprechungen erfüllen das christliche Selbstverständnis des EVK mit Leben, weil sie den Menschen und seine Würde fundiert und beharrlich ins Spiel bringt. Diese Arbeit baut Brücken und entlastet alle Beteiligten“, ist Thomas Groll überzeugt. Da die rechtliche Verantwortung für das weitere Vorgehen immer beim behandelnden Arzt liegt, kann eine gemeinsame Entscheidung nur als Empfehlung ausgesprochen werden. „Wenn wir es aber schaffen, durch unsere Bemühungen das offene Gespräch und die ethische Abwägung zu fördern, unterstützen wir unsere Patienten, deren Angehörigen und letztendlich das gesamte Klinikpersonal“, erläutert der EVK-Seelsorger.


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