MÜNSTER! Nr. 53 Dezember 2016

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KLEINE SCHÄTZCHEN Es ist ein Hobby, das in unseren Zeiten wie ein Relikt vergangener Tage wirkt: Philatelie. Wer sammelt denn heute bitte noch Briefmarken? Was für die Eltern- und Großeltern-Generation noch das Hobby der Hobbys war, wirkt heute antiquiert. Überall? Nein, ein »kleines philatelistisches Dorf« stemmt sich mit vereinten Kräften gegen den Zeitgeist. Rolf Janssen, Geschäftsführer des nunmehr seit genau 80 Jahren bestehenden Briefmarkensammlervereins, erklärt warum...

»E

s ist, als versinke man in eine ganz eigene Welt, jenseits von all dem Stress«. Es klingt fast nach Wellness, wenn Rolf Janssen von seinem liebsten Hobby spricht. Und ein bisschen nach Reisen: »Die Marken führen einen in fremde Länder. Jedes Land stellt sich über seine Briefmarken dar.« Schnell wird klar, dass hinter der bunten Bildervielfalt auf seinem Schreibtisch mehr steckt, als nur ein Haufen Postwertzeichen. ZUM WERT EINER MARKE

Selbst 176 Jahre nach ihrer Erfindung fasziniert die Briefmarke noch immer. Einige Liebhaber zahlen Millionen dafür. Doch was macht eine Marke so wertvoll? Neben dem Alter gibt es viele Faktoren, die den finanziellen Wert einer Marke beeinflussen. Zum einen die Auflagezahl: »Das ist wie bei einem Kunstdruck, der ist kostbar, wenn die Anzahl begrenzt ist«, erklärt Janssen. Dazu kommt eine kurze Verkaufszeit, wie bei der berühmten ersten Serie der Blauen Mauritius. Auch eine hohe Wertstufe kann über den realen Wert entscheiden: »Wenn jemand

TEXT & FOTOS: MAREIKE TJADEN

aus England in den 1910er Jahren eine Löwenjagd in Afrika machen wollte, musste er eine Gebühr bezahlen. Dafür gab es extra teure Briefmarken.« Auch ein guter, sauberer Poststempel steigert den Wert einer Marke. INDIVIDUELL WERT VOLL

Rolf Janssen weiß nicht genau, wie viel seine insgesamt 1,3 Millionen Marken wert sind, denn darauf kommt es seiner Meinung nach nicht an. Es geht weder um den Portowert, noch um den finanziellen Sammlerwert, sondern um den persönlichen Wert für die individuelle Sammlung. »Das bewertet jeder Sammler und jede Sammlerin anders.« Es sei problematisch, wenn wirklich gute Stücke nicht mehr in Sammlerhand, sondern in Finanzanlegerhände geraten. NACHWUCHS GESUCHT

Der Reiz in die Welt der kleinen Kunstwerke einzutauchen, ist trotzdem in der jüngeren Generation selten vorhanden. Dabei gibt es Pokémon-Karten und großen Andrang an Supermarktkassen, wenn es um Fußballsammelbilder geht. Da wird getauscht, gehandelt

DR. OTTO HINRICHS Einer der letzten Briefmarkenläden auf Münsters Salzstraße

und gekauft, um die eigene Sammlung zu komplettieren. Es hat sich also eigentlich gar nicht so viel verändert – außer, dass die Trends schneller wechseln. In den Jugendgruppen des Briefmarkensammlervereins soll der Münsteraner Nachwuchs wieder für das klassische Markensammeln begeistert werden. An Grundschulen in Handorf und Hiltrup wird den Kindern D E Z E M B E R 20 1 6  ~

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