Nachhaltigkeit: Die Praxis macht’s

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Nachhaltigkeit: Die Praxis macht’s – Prof. Dr. Klaus Töpfer über Herausforderungen und Chancen für die deutsche Wellpappenindustrie Mondi bat Klaus Töpfer, seine Gedanken über das Thema Nachhaltigkeit in der Praxis sowie die diesbezüglichen Herausforderungen und Chancen für die deutsche Wellpappenindustrie zu teilen. Klaus Töpfer ist eine der prägenden Persönlichkeiten im Feld der Kreislaufwirtschaft. Er entwickelte sich im Laufe seiner Karriere von einem national anerkannten deutschen Umweltpolitiker zu einem international hochgeschätzten Vertreter des Nachhaltigkeitsprinzips, der die Weltgemeinschaft unermüdlich zu zukunftsfähigem Handeln bewegt. Seine beruflichen Stationen umfassen unter anderem das Amt des deutschen Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit von 1987 bis 1994, im Rahmen dessen er das weltweit erste verpflichtende Recyclingsystem einführte. Von 1998 bis 2006 war er als Exekutivdirektor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen in Nairobi tätig. Für sein Lebenswerk und unvergleichliches Engagement wurde der Wissenschaftler und ehemalige Politiker mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis ausgezeichnet, um nur eine von vielen Anerkennungen zu nennen. Lesen Sie hier seinen Impuls zur zirkulären Wirtschaft nach. Nachhaltigkeit heißt: Zahle die Kosten deines Wohlstands selbst – jetzt! Klimakrise, Umweltverschmutzung, die Zerstörung von Ökosystemen und der damit einhergehende Biodiversitätsverlust sowie die zunehmende Verknappung endlicher Ressourcen zeigen die Grenzen linearen Wirtschaftens auf und erfordern eine fundamentale Transformation. Hier setzt das Konzept der Kreislaufwirtschaft an, dessen Umsetzung laut Klaus Töpfer alternativlos ist, um innerhalb der ökologischen Grenzen des Planeten zu bleiben. Die Bedürfnisse der Gesellschaft müssen zukünftig durch optimierte und effiziente Nutzung von Ressourcen gedeckt werden. Dadurch werden weniger Rohstoffe und Materialien eingesetzt und diese im Kreislauf geführt, während Treibhausgase, Umweltverschmutzung und Abfälle reduziert werden. Die zirkuläre Wirtschaft hilft, den Klimawandel, den Verlust der biologischen Vielfalt und andere ökologische Herausforderungen zu bewältigen und dabei soziale Bedürfnisse zu befriedigen. Sie ermöglicht es, Beschäftigung, Lebensqualität und Wohlstand zu steigern sowie Umwelt-, Gesellschafts- und Wirtschaftssysteme nachhaltiger und resilienter zu machen. Durch diese Handlungsmaxime sollen die Natur- und Lebensgrundlagen für heutige und zukünftige Generationen sichergestellt werden. Dieses veränderte Wachstumsnarrativ erfordert laut Klaus Töpfer unser aller Zutun: „Wir müssen verantwortungsvoll handeln, nachhaltige Lebensmodelle wählen und Konsequenzen mitdenken. Nachhaltigkeit heißt: Zahle die Kosten deines Wohlstands selbst – jetzt!“ Kreislauforientierte Lösungen für die Anforderungen des Marktes Wellpappe hat als Verpackung aus nachwachsendem Rohstoff ein hohes Kreislaufpotenzial und eine natürliche Qualifizierung zur Nachhaltigkeit. Verpackungsherstellern möchte Klaus Töpfer dennoch eine Frage besonders ans Herz legen: „Was ist das wünschenswerteste Endof-Life-Szenario für meine Ware?“ Der Fokus auf den gesamten Lebenszyklus erfordert den Ansatz, schon bei der Planung, dem Design und der Produktion von Waren und Verpackungen 14.07.2022


an die Zeit zu denken, wenn diese ausgedient haben und wieder in einen Kreislauf zurückgeführt werden müssen. In einer zirkulären Wirtschaft werden Produkte idealerweise für eine möglichst lange Lebensdauer bzw. für Wiederverwendung und Recycling ausgelegt. Nicht außer Acht lassen sollten Wellpappenrohpapier-, Wellpappen- oder Kartonhersteller zudem aktuelle Entwicklungen wie den boomenden Onlinehandel, die Renaissance des Regionalen und das Thema der Nichtverpackung. Denn diese Tendenzen bedingen Änderungen in den Verhaltensmustern der Endkonsument:innen. Was produziert wird und unter welchen Bedingungen dies geschieht, wird laut Klaus Töpfer vermehrt hinterfragt. Da Verpackung als Teil eines ganzheitlichen Marken- und Produkterlebnisses wahrgenommen wird, rücken auch die Funktionen von Verpackung in den Fokus der Verbraucher:innen und damit des Handels und der Hersteller: Verpackung sei ein Mittel und kein Selbstzweck, meint der Umweltexperte. Sie schützt Produkte vor Beschädigung, vorzeitigem Verderb und vor Krankheitserregern und macht diese oft erst transportfähig. Durch intelligente Nutzung von Ressourcen, neue Technologien und veränderte Verhaltensmuster sieht Klaus Töpfer Chancen zur positiven Weiterentwicklung der Kreislaufwirtschaft. Verantwortung als Chance Einen spannenden Gedanken bringt Klaus Töpfer ins Spiel, wenn er über die wissensorientierte Wertschöpfungskette spricht. Damit meint der Wissenschaftler, dass Ideen und Wissen oftmals wertvoller sind als fossile Rohstoffe. Als Beispiel führt er die Solarenergie an, die am Beginn ihrer Markteinführung ob der hohen Preise belächelt wurde. Durch Synergien und länderübergreifende Zusammenarbeit hat sich daraus jedoch längst ein rentables Geschäft entwickelt. Wissen ist symbolisches Kapital. Und heute für morgen zu denken eine Notwendigkeit für nachhaltig wirtschaftende Betriebe. Innovative Unternehmer:innen sehen Chancen und nutzen diese, um neue Produkte und Geschäftsmodelle zu kreieren. Klaus Töpfers Handlungsappell richtet sich an uns alle: „Stellen wir uns selbst immer wieder die Frage, ob das, was wir tun, in Einklang steht mit den Bedürfnissen der Zukunft. Genieße ich hier etwas auf Kosten der kommenden Generation? Wenn ja, dann muss ich dies verändern.“ 100 % der Mondi Verpackungs- und Papierprodukte bis 2025 wiederverwendbar, recycelbar oder kompostierbar Der Mondi Action Plan 2030 (MAP2030) ist der Nachhaltigkeitsplan von Mondi, der die Maßnahmen, Ziele und Meilensteine definiert, die wir erreichen müssen, um unsere ehrgeizigen Nachhaltigkeitsverpflichtungen bis 2030 zu erfüllen. Darunter fällt auch das Ziel, 100 % unserer Verpackungs- und Papierprodukte bis 2025 wiederverwendbar, recycelbar oder kompostierbar zu machen. Der MAP2030 besteht aus drei Bereichen: kreislauforientierte Produkte, handlungsfähige Mitarbeiter:innen und Maßnahmen gegen den Klimawandel. Alle Bereiche orientieren sich an den UN-Zielen für nachhaltige Entwicklung und bauen auf unseren bisherigen Leistungen und Erfahrungen auf. Der MAP2030 verbindet unsere 26.500 Kolleg:innen mit dem gemeinsamen Ziel, zu einer besseren Welt beizutragen, indem wir innovative, nachhaltige Verpackungs- und Papierlösungen entwickeln. 14.07.2022


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