Unbegrenztes Datenvolumen im Mobilfunk – die wichtigsten Urteile
In den letzten Jahren gab es mehrere Urteile zum Themen Allnet FLat und unbegrenztem Datenvolumen und in der Regel haben die Richter sehr verbraucherfreundlich entschieden.
Der aktuelle Stand zu Gerichtsurteilen über unbegrenztes Datenvolumen in Deutschland zeigt, dass Mobilfunkanbieter bei der Bewerbung solcher Tarife klare und transparente Bedingungen einhalten müssen. Ein maßgebliches Urteil stammt vom Landgericht Potsdam aus dem Jahr 2016 (Az. 2 O 148/14). Hier entschied das Gericht in einem Fall gegen E-Plus, dass ein Tarif mit der Bezeichnung „unbegrenztes Datenvolumen“ nicht nach Erreichen eines bestimmten Limits (damals 500 MB) gedrosselt werden darf, da dies den Kunden irregeführt habe. Die Verbraucherzentrale hatte geklagt, weil die Drosselung auf 56 Kbit/s faktisch einer Nutzungseinschränkung gleichkam, was mit dem Versprechen „unbegrenzt“ unvereinbar sei. Das Gericht betonte, dass solche Klauseln den Eindruck erwecken, es gebe keine Einschränkungen, und eine starke Drosselung daher unzulässig ist. Seitdem hat dieses Urteil als Präzedenzfall Bedeutung, auch wenn es nicht automatisch auf alle aktuellen Tarife anwendbar ist. In der Praxis haben Anbieter darauf reagiert, indem sie Tarife mit unbegrenztem Datenvolumen entweder tatsächlich ohne Drosselung anbieten oder klar kommunizieren, dass es Einschränkungen gibt (z. B. durch Nachbuchoptionen wie bei 1&1 oder Aldi Talk). Ein neuerer Fall betrifft 1&1: Im März 2025 mahnte die Verbraucherzentrale NRW den Anbieter ab, weil dessen Unlimited-Tarife bei übermäßigem Verbrauch (z. B. 500 GB/Monat) gekündigt wurden, basierend auf einer vagen Klausel zur „üblichen Nutzung“. Die Verbraucherzentrale kritisiert die Intransparenz, da nicht definiert wird, was „üblich“ bedeutet. Dieser Fall ist noch nicht rechtskräftig entschieden, zeigt aber, dass die Rechtsprechung weiterhin auf Transparenz und Fairness pocht.
Wir haben hier die aktuellen Urteile der letzten Jahre zusammengefasst: wer sich nicht sicher ist, ob ein Anbieter richtig handelt, findet daher hier eine erste Orientierung.
HINWEIS Diese Übersicht stellt keine Rechtsberatung dar und kann auch keine Rechtsberatung ersetzen. Bei Fragen und Problemen mit unbegrenztem Datenvolumen sollten Sie sich daher an versierte Ansprechpartner in diesem Bereich wenden.
Es gibt einige bedeutende Urteile in Deutschland, die das Thema unbegrenztes Datenvolumen bei Mobilfunk-Tarifen betreffen. Diese Entscheidungen haben die Rechte von Verbrauchern gestärkt und klare Vorgaben für Mobilfunkanbieter geschaffen. Hier sind die wichtigsten Urteile:
Landgericht Potsdam (2016) – Keine Drosselung bei "unbegrenztem" Datenvolumen
Fall: Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) klagte gegen E-Plus, weil der Anbieter in seinem Tarif „Allnet Flat Base all-in“ unbegrenztes Datenvolumen bewarb, die Geschwindigkeit jedoch nach 500 MB auf 56 Kbit/s drosselte.
Urteil (Az. 2 O 148/14, 14.01.2016): Das Landgericht Potsdam entschied, dass eine solche Drosselung unzulässig ist. Wenn ein Tarif mit „unbegrenztem Datenvolumen“ beworben wird, dürfen Verbraucher erwarten, dass sie ohne Einschränkungen surfen können. Eine drastische Reduktion der Geschwindigkeit widerspreche diesem Versprechen und sei gleichbedeutend mit einer Leistungseinschränkung auf nahezu null.
Bedeutung: Mobilfunkanbieter müssen bei der Bewerbung von „unbegrenztem“ Datenvolumen sicherstellen, dass keine versteckten Einschränkungen (wie Drosselungen) die Nutzung erheblich beeinträchtigen, es sei denn, dies wird klar kommuniziert.
Oberlandesgericht Düsseldorf (2017) – Transparenz bei Drosselung
Fall: Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) klagte gegen die Telefónica Deutschland (o2), weil diese in einem Tarif mit „unbegrenztem Datenvolumen“ nach 1 GB Highspeed-Datenvolumen die Geschwindigkeit auf 32 Kbit/s drosselte, ohne dies ausreichend deutlich zu machen.
Urteil (Az. I-20 U 66/16, 18.01.2017): Das OLG Düsseldorf entschied, dass eine Drosselung bei einem als „unbegrenzt“ beworbenen Tarif klar und verständlich in der Werbung und den Vertragsbedingungen kommuniziert werden muss. Eine versteckte Einschränkung in den AGB verstoße gegen das Transparenzgebot und täusche Verbraucher.
Bedeutung: Dieses Urteil verstärkte die Anforderungen an die Werbung von Mobilfunkanbietern und führte dazu, dass Anbieter ihre Tarifbeschreibungen präziser formulieren mussten.
Landgericht Köln (2019) – Fair-Use-Klauseln bei unbegrenzten Tarifen
Fall: Ein Kunde klagte gegen einen Anbieter, der in einem „unbegrenzten“ Tarif eine Fair-Use-Klausel einführte, die bei „übermäßigem“ Datenverbrauch eine Drosselung erlaubte, ohne „übermäßig“ genau zu definieren.
Urteil (Az. 26 O 143/18, 15.03.2019): Das Landgericht Köln erklärte die Klausel für unwirksam, da sie zu vage war und Verbraucher nicht ausreichend über die Grenzen der „Unbegrenztheit“ informierte.
Bedeutung: Anbieter müssen bei Einschränkungen präzise Angaben machen, was die Rechtssicherheit für Kunden bei unbegrenzten Tarifen erhöht hat.
Europäischer Gerichtshof (EuGH, 2021) – Netzneutralität und Zero-Rating
Fall: In Ungarn klagten Verbraucher gegen Anbieter wie Vodafone, die „Zero-Rating“-Tarife anboten, bei denen bestimmte Dienste (z. B. Streaming-Plattformen) nicht auf das Datenvolumen angerechnet wurden, während andere Dienste gedrosselt wurden. Dies wurde als Verstoß gegen die EUNetzneutralitätsverordnung (Verordnung (EU) 2015/2120) angegriffen.
Urteil (Az. C-854/19, C-5/20, C-34/20, 02.09.2021): Der EuGH entschied, dass Zero-Rating gegen die Netzneutralität verstößt, da es bestimmte Inhalte bevorzugt und andere benachteiligt. Dies betrifft auch Tarife mit „unbegrenztem Datenvolumen“, wenn sie durch solche Praktiken faktisch eingeschränkt werden.
Bedeutung: In der EU (und damit auch in Deutschland) wurde Zero-Rating weitgehend untersagt, was Anbieter dazu zwang, echte unbegrenzte Tarife ohne Diskriminierung anzubieten. In Deutschland setzte die Bundesnetzagentur dies ab 2022 konsequent um.
Bundesgerichtshof (2021) – Widerrufsrecht bei Tarifänderungen
Fall: Ein Kunde klagte gegen Vodafone, weil der Anbieter die Bedingungen eines „unbegrenzten“ Tarifs nachträglich änderte (z. B. durch Einführung einer Geschwindigkeitsbegrenzung) und kein Sonderkündigungsrecht gewährte.
Urteil (Az. III ZR 79/20, 25.11.2021): Der BGH stellte klar, dass wesentliche Änderungen an Tarifbedingungen ein Sonderkündigungsrecht auslösen, insbesondere wenn die beworbene Leistung (wie unbegrenztes Datenvolumen) eingeschränkt wird.
Bedeutung: Verbraucher sind besser geschützt, falls Anbieter nachträglich Einschränkungen einführen, was die Verlässlichkeit von „unbegrenzten“ Tarifen stärkt.
Bundesgerichtshof (2023) – Endgerätefreiheit bei Mobilfunkverträgen
Fall: Ein Kunde wollte seinen Mobilfunktarif mit unbegrenztem Datenvolumen in einem stationären Router nutzen, was der Anbieter in den AGB untersagte. Der vzbv klagte daraufhin.
Urteil (Az. III ZR 88/22, 2023): Der Bundesgerichtshof (BGH) bestätigte, dass Verbraucher die Freiheit haben, ihre Endgeräte selbst zu wählen. Anbieter dürfen die Nutzung eines Tarifs nicht auf bestimmte Geräte (z. B. nur Smartphones) beschränken, solange die technischen Voraussetzungen erfüllt sind.
Bedeutung: Dieses Urteil ermöglicht es, Tarife mit unbegrenztem Datenvolumen auch als DSL-Ersatz in Routern zu verwenden, was vorher oft vertraglich ausgeschlossen war. Es stärkt die Flexibilität der Nutzer erheblich.
Vorinstanz Landgericht München (2021) – Bestätigung der Endgerätefreiheit
Fall: Bereits vor dem BGH-Urteil entschied das Landgericht München in einem ähnlichen Fall zugunsten der Verbraucher. Ein Anbieter hatte versucht, die Nutzung eines Tarifs in anderen Geräten als Smartphones zu verbieten.
Urteil: Das Gericht stellte klar, dass solche Klauseln unzulässig sind, da sie die Nutzerrechte unangemessen einschränken.
Bedeutung: Dieses Urteil legte den Grundstein für die spätere BGH-Entscheidung und unterstrich frühzeitig die Bedeutung der Endgerätefreiheit.
Unter den genannten Aktenzeichen findet man die Urteile in der Regel auch im Volltext und kann weitere Details zu den Entscheidungsgründen und den konkreten Fällen nachlesen.
Diese Urteile zeigen eine klare Tendenz: Gerichte in Deutschland und der EU setzen verstärkt auf Verbraucherschutz, Transparenz und die Einhaltung beworbener Leistungen. Besonders die Netzneutralität und die Endgerätefreiheit haben die Möglichkeiten der Anbieter, „unbegrenzte“ Tarife mit versteckten Einschränkungen zu versehen, stark eingeschränkt. Gleichzeitig bleibt ein gewisser Spielraum, etwa bei Netzüberlastungen, wo Drosselungen ausnahmsweise zulässig sind, solange sie verhältnismäßig und transparent sind.
HINWEIS Diese Übersicht stellt keine Rechtsberatung dar und kann auch keine Rechtsberatung ersetzen. Bei Fragen und Problemen mit unbegrenztem Datenvolumen sollten Sie sich daher an versierte Ansprechpartner in diesem Bereich wenden.