Empreintes 04 | 2011

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Abb. 3 Fotografie von Norbert Metz, © Photothèque de la Ville de Luxembourg / Collection Marcel Schroeder, n° 13199, Foto Ch. Brandebourg fils.

ab. Lediglich das Gesicht über dem weißen Hemd mit Stehkragen und seine rechte Hand, die auf zahlreichen Papieren ruht, bilden einen helleren Blickfang. Sollte das Gemälde zu Lebzeiten entstanden sein, so ist es vor 1885 gemalt worden. Der Luxemburger Fotograf Charles Brandebourg (18511906) porträtierte Norbert Metz in seinem Atelier, vermutlich kurz nachdem er dieses 1878 von seinem Vater Pierre Brandebourg übernommen hatte (Abb. 3).4 Auf dieser Aufnahme ist der Industrielle zwar anders gekleidet als auf dem Gemälde, allerdings ähneln sich die Pose und der Gesichtsausdruck auf den jeweiligen Abbildern sehr. Man kann vermuten, dass dem Maler Gottlieb Biermann diese oder eine vergleichbare Aufnahme als Vorlage zur Verfügung gestanden hat. Daher ist es durchaus möglich, dass das Bildnis posthum entstanden ist, auf jeden Fall aber vor 1908, dem Todesjahr des Malers Gottlieb Biermann. Leider ließ sich bisher nicht eindeutig in Erfahrung bringen, aus welchem Anlass das Gemälde entstand und wo es ursprünglich hing. 1892 signierte der belgische Maler und Bildhauer Jacques de Lalaing (1858-1917) das Bildnis von Victor Tesch (18121892). Es stammt somit aus dem Todesjahr des belgischen Industriellen und Politikers (Abb. 4). Victor Tesch war von 1850 bis 1852 und von 1857 bis 1865 belgischer Justizminister. 1856 begründete er die S. A. des Mines de Luxembourg et des

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Forges de Sarrebruck, welche im saarländischen Burbach produzierte. Er war bis 1892, also bis zu seinem Tod, Vorsitzender des Generalrates der Burbacher Hütte und stand an der Spitze des Verwaltungsrates.5 Gemeinsam mit Norbert Metz rief er 1870 die Metzeschmelz ins Leben und 1882 auch die Société des Hauts-Fourneaux et Forges de Dudelange. Lange nach dem Tod der beiden Gründerväter, im Jahr 1911, sollte u. a. aus den Werken in Burbach und Düdelingen die Arbed hervorgehen.

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Jacques de Lalaing war der Sohn eines belgischen Diplomaten und einer englischen Aristokratin und wuchs in London auf. Er studierte ab 1875 bei Jean-François Portaels in Brüssel, später auch bei Luis Gallait und Alfred Cluysenaar. 1882 stellte er ein erstes Mal im Salon de l’Essor aus. 1889 wurde er an die Académie royale de Belgique berufen. Außerdem war er Mitglied der Commission directrice des Musées royaux des Beaux-Arts. Seine Kunst entsprach den akademischen Regeln. Er arbeitete kontinuierlich, scheinbar unbeeindruckt von allen neuen Strömungen, im traditionellen Stil. Sein großes Können im malerischen wie bildhauerischen Bereich und seine gesellschaftliche Stellung verschafften ihm bedeutende öffentliche Aufträge. Nicht zuletzt machte er sich aber als ausgezeichneter Porträtist einen Namen. Er malte zahlreiche Bildnisse der belgischen Aristokratie. Dabei arbeitete er in der Regel mit Hilfe von Fotografien und Modellen, die die einmal gefundenen Posen nachstellten. Trotzdem war es zur Fertigstellung eines Bildnisses scheinbar unerlässlich, dass auch die Dargestellten selbst immer wieder in sein Atelier kamen. Diese Vorgehensweise ist in den persönlichen Aufzeichnungen des Künstlers dokumentiert, anhand derer die Entstehung zahlreicher Bilder nachvollzogen werden kann.6 „ Pierre Brandebourgs Sohn Charles (Carl) […] führte das väterliche Photoatelier an neuer Adresse, nämlich auf dem Fischmarkt gegenüber der Mëchelskiirch weiter.“ CLESSE René: Geschichtsschreibung mit der Kamera. Die ersten Photographen unserer Hauptstadt, in: Ons Stad, Nr. 45 (April 1994), S. 6-12, insbesondere S. 9. Eine Reproduktion des Fotos befindet sich in der Photothèque de la Ville de Luxembourg (Collection Marcel Schroeder, n° 13199). Es trägt den Stempel Ch. Brandebourg fils, Photographe AVENUE AMÉLIE […] LUXEMBOURG. Daher ist zu vemuten, dass es nach dem Tod Pierre Brandebourgs im Jahre 1878, jedoch noch vor dem Umzug des Ateliers aufgenommen wurde. Ein ovaler Ausschnitt des gleichen Fotos ist publiziert in MERSCH Jules: Les Metz, la Dynastie du Fer (Biographie nationale du pays de Luxembourg depuis ses origines jusqu’à nos jours. Collection présentée par Jules Mersch, XIIme Fascicule), Luxemburg 1963, S. 532 (ohne Angabe der Herkunft). 5 Die Burbacherhütte 1856-1906. Denkschrift zur Feier des fünfzigjährigen Bestehens der Hütte am 22. Juni 1906, Saarlouis 1906, Tafel I. Ich danke Herrn Charles Barthel, Direktor des Centre d’études et de recherches européennes Robert Schuman, für den Hinweis auf diese Publikation, die er mir freundlicherweise zur Verfügung stellte, sowie darüber hinaus für seine Auskunftsbereitschaft, die zur Bearbeitung dieses Themas sehr hilfreich gewesen ist. 6 LECLERCQ Catherine: Jacques de Lalaing. Artiste et homme du monde (18581917). Avec larges extraits de son journal (Mémoire de la Classe des BeauxArts, Collection in-8°, 3e série, tome XXV), Brüssel 2006, insbesondere S. 217246, 312-347 u. 388-395. 4

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