großer Kultbau in Form eines gallorömischen Umgangstempels (Abb. 3, Tempel C). Beide Tempel besaßen außerdem gallo römische Vorgängerbauten (Abb. 3, Tempel A und B), welche im Zuge der Neuordnung des Vicus ab 70/71 n. Chr. errichtet worden waren und etwa 60 Jahre Bestand hatten. Zu diesen Tempeln gehörte auch eine Humusschicht mit zahlreichen Kleinfunden, die als „Opferwiese“ gedeutet wurde. Anhand des Fundmaterials aus dieser Schicht, welche später durch den Podiumstempel überdeckt wurde, läßt sich der Neubau der Tempel C und D in die Zeit nach 128 n. Chr. datieren 10. Entlang der Außenmauern der beiden Tempel aus spätha drianischer Zeit wurden Opfergruben des 3. Jahrhunderts n. Chr. entdeckt (Abb. 4). Sie enthielten in der Regel eine kompakte Schicht aus Tierknochen und fast vollständigen Gefäßen, die dort als Reste von rituellen Mahlzeiten niedergelegt worden waren11. Leider läßt sich bei vielen Kleinfunden aus diesen Opfergruben im Nachhinein nicht mehr unterscheiden, welche bei der kultischen Deponierung der Speisereste gezielt hinzugegeben wurden und welche durch die Auffüllung der Grube mit Aushuberde in den Fundkomplex gelangten. Diese Aushuberde enthielt jedenfalls auch viel älteres Material des 1. und des frühen 2. Jahrhunderts n. Chr. Auch für unseren Augapfel trifft diese generelle Wissenslücke zu.
Es ist jedoch anzunehmen, daß er zu einem später beschädigten Götterbild des 1. Jahrhunderts gehörte, dann während einer Umbauphase im Tempelbezirk unabsichtlich in den Boden gelangte und sich schließlich in der Aushub- bzw. Auffüllerde der Opfergrube befand. Welchen Gottheiten die vier, an dieser Stelle nachgewiesenen Tempel geweiht waren, läßt sich nicht mit Sicherheit sagen. In Frage kommen jedoch vor allem Jupiter, Minerva, Merkur und Epona, deren Verehrung durch zahlreiche Funde im Vicus belegt ist 12. Den einzigen Hinweis auf eine Götterstatue aus Dalheim mit farbig gestalteten Augen stellt die 1863 im Nordteil des Tempelbezirks gefundene, 40 cm hohe, bronzene Minerva-Statuette dar 13, deren Augen mit Silber ausgelegt sind (Abb. 5). Der Blick der Göttin ist über den Betrachter hinweg in die Ferne gerichtet. Sie schreitet in aufrechter Haltung ruhig vorwärts (angedeuteter Kontrapost), ihr angewinkelter rechter Arm stützt sich auf eine (nicht erhaltene) Lanze, während der nach unten ausgestreckte linke Arm mit der Hand einen (ebenfalls nicht erhaltenen) Schild leicht berührt 14. Auf dem gerade gehaltenen Kopf trägt sie eine phantasievolle Variante des ursprünglich korinthischen Helms: Der reiche Federbusch ist auf einem Greifen 15 montiert. An den Seiten des Helms befinden sich mit Ösen versehene
Abb. 3 Plan der Ausgrabungen von 1986 bis 1998 im Dalheimer Tempelbezirk mit markierter Fundstelle des Augapfels (© MNHA)
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