Empreintes 01 | 2008

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Zusammenfassung Das untersuchte Kontingent von etwa 50 Individuen beinhaltet 26 nichterwachsene Individuen (= 52%). Die restlichen erwachsenen Individuen sind nur als Streuknochen belegt und wurden daher nicht weiter in dieser Studie berücksichtigt. Daher handelt es sich hier auch nicht um eine repräsentative Stichprobe der Bevölkerung, sondern nur um einen spezifischen Bestattungsbereich, der besonders Kindern vorbehalten war.

bevorzugt für Kinder, evtl. Knaben bis zur Altersstufe Infans II, genutzt wurde. Die Anwesenheit von Streuknochen Erwachsener spricht eindeutig dafür, dass an dieser Stelle ehemals auch Erwachsenengräber angelegt waren (Umlagerungen, Grabauflösungen) oder Erdmaterial aus einem anderen Friedhofsareal hier angeschüttet wurde.

Empreintes

pneumatisierten Hohlräume des Processus mastoideus bei dem 2–4-jährigen Individuum (770c) kann auf eine verschleppte Infektion des HNO-Bereichs zurückzuführen sein. Das Skelett des 8-jährigen Knaben (760a), bei dem schon die Zahnbefunde auf ein mögliches Syndrom oder eine chronische Erkrankung hindeuteten, zeigt zudem eine schiefe Halswirbelsäule sowie Verknöcherungen bzw. grübchenförmige Vertiefungen an den Rippen. Die Rippenveränderungen könnten auf eine vermutlich infektiöse Lungenkrankheit zurückgehen.

Der stratigraphischen Lage nach müssen die Kindergräber in die Zeit zwischen dem späten 13. Jh. und dem sehr frühen 15. Jh. datiert werden. Da zudem Teile dieser Bestattungszone durch einige Erwachsenengräber überlagert werden, kann dieser Brauch keine allzu lange Dauer gehabt haben. Der Zeitrahmen liesse sich demnach weiter einschränken, d.h. vom späten 13. bis in das 14. Jh. hinein.

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Der Gesundheitszustand, soweit beurteilbar, lässt für die zugrunde liegende Bevölkerung auf eine gesicherte Lebensgrundlage mit Schwerpunkt auf Viehwirtschaft schließen. Für Aussagen bzgl. einer sozialen Stratifizierung oder verwandtschaftlicher Beziehungen ist das Material aufgrund des geringen Umfangs nicht ausreichend.<

Die Altersverteilung der Nichterwachsenen macht jedoch eine pauschale Ansprache als „Traufkinder“ im eigentlichen Sinne eher unwahrscheinlich, denn die meisten der Verstorbenen dürften mit einem Alter von 1 bis 2 und über 5 Jahren schon getauft gewesen sein. Das Neonatendefizit ist vielleicht sogar ein konkreter Hinweis darauf, dass die ungetauft gestorbenen Neugeborenen und Frühgeburten, die als „Traufkinder“ in Frage kämen, in Grevenmacher an einer anderen Stelle des Friedhofs oder einem separaten, durch die Grabung nicht erfassten Bestattungsplatz niedergelegt wurden. Von der Position unter der nördlichen Dachtraufe her identisch, aber mit einer eindeutig auf diese Altersgruppe beschränkten Zusammensetzung lagen z.B. die Früh- und Neugeborenen im nachreformatorischen Aegerten (Kirche Bürglen 25), in der nördlich anschließenden Gräberreihe dann die älteren Kinder und Erwachsenen, darunter wahrscheinlich Wöchnerinnen 26. In Wangen a. d. Aare wurden Frühgeburten und Neonate häufiger auf dem Friedhof, aber auch innerhalb der Kirche angetroffen 27. Für eine bessere Beurteilung der Situation in Grevenmacher muss der Abschluss der anthropologischen Untersuchungen aller Fundkomplexe abgewartet werden. Nach dem derzeitigen Stand der Bearbeitung scheint es sich bei dem aus der nördlichen Traufzone von „Kirche 10“ vorliegenden Skelettmaterial um einen Bereich innerhalb des Gesamtfriedhofs zu handeln, der von der ansässigen Gemeinschaft vielleicht

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