BOX Winter 2009

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Franz Küberl

Furgler

boxporträt Es gibt eine statistische Armutsgrenze und eine gefühlte. Es gibt Politiker und Medien, die Armut am liebsten ganz leugnen würden. Und es gibt Menschen, denen das Wissen um die Armut auf den Nägeln brennt. So einer ist Franz Küberl, Präsident der Caritas.

„Einfach helfen“ ist das Motto der Caritas F

ranz Küberl ist seit 1995 Präsident und Gesicht der Caritas Österreich. Er ist nicht ganz so groß, wie er im Fernsehen wirkt, und eine Spur fülliger, aber die ruhige und freundliche Autorität, die er ausstrahlt, wirkt auch beim persönlichen Gegenüber. Der zweifache Familienvater, 1953 in Graz geboren, löste damals den explosiven Helmut Schüller ab. Küberl war der erste Nicht-Geistliche in seiner Position, sein Weg dorthin führte von der Katholischen Arbeiterjugend über das Katholische Bildungswerk. Wer in Politik, Wirtschaft, Medien und vielleicht auch der Kirchenobrigkeit sich vom Wechsel an der Caritas-Spitze versprochen hatte, dass in Zukunft eine lästige Stimme weniger auf die Risse in unserer Wohlstandswelt hinweisen würde, hatte sich getäuscht. Franz Küberl wird zwar nie laut, ist aber auch nie lau. Kompromisslerisches Schwei14 box

gen liegt ihm nicht, sein Vorbild dabei ist die Heilige Elisabeth. Küberl: „Die hat eine Wucht gehabt, dass sie alle erschreckt hat. Wenn man uns vorwirft, schwierig und zu scharf zu sein – von der Elisabeth können wir noch genug lernen.“ Diese Heilige Elisabeth ist ein Fixstern für die Caritas. In ihrem nur kurzen Leben (1207 bis 1231) entwickelte sie ein wachsendes Engagement für Kranke und Bedürftige, lebte nach dem Tode ihres Mannes in selbstgewählter Armut und ließ sich durch nichts und niemanden vom Weg abbringen. Nur zur Illustration: Als man sie wiederverheiraten wollte, drohte sie, sich die Nase abschneiden zu wollen, um zu unattraktiv für einen Ehemann zu sein – und sie hätte es getan. Schon vier Jahre nach ihrem Tode wurde sie heilig gesprochen. Nach ihr sind die alljährlich stattfindenen Novembersammlungen der Caritas benannt.

Die Caritas ist vermutlich jene Organisation der Katholischen Kirche, die bei Nicht-Katholiken die höchsten Sympathiewerte besitzt. In der Steiermark existiert sie seit 1924, seitdem haben sich ihre Arbeitsfelder konstant erweitert. Man hilft Kindern und Greisen, Obdachlosen und Asylanten, hilft mit Geld, mit Sachleistungen, mit Beratungen, mit warmen Mahlzeiten und Wohnraum, ist im Katastropheneinsatz tätig und betreut einige längerfristige Auslandsprojekte. Die Caritas – so das eigene Leitbild – will „jeden Menschen erspüren lassen, dass ihm als Geschöpf, Ebenbild und Partner Gottes unantastbare Würde gegeben ist.“ Weniger literarisch formuliert: Man hilft ohne Frage nach Herkunft und Taufschein. Franz Küberl stellt dabei klar, „dass wir den Sozialstaat weder ersetzen wollen, noch können, noch dürfen. Wir sind eine Ergänzung, unsere Gesellschaft muss solidarisch bleiben!“ Linke


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