begegnen: Das Magazin von Mission 21, Juni 2022

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Lebensrettend: HIV-Arbeit in Kamerun Seite 9

Grosses Interview zur Friedensförderung Seite 4

Nr. 2, Juni 2022


Inhalt

Vorwort des Direktors

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Fokus Friedensförderung

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«Frieden ist ein Prozess»: Katharina Gfeller im Interview

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Interreligiöse Friedensförderung in Indonesien

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Projekt aktuell

Impressum begegnen Nr. 2 Juni 2022 Herausgeberin: Mission 21, Evangelisches Missionswerk Basel, Missionsstrasse 21, 4009 Basel Tel. 061 260 21 20 «begegnen» erhalten Gönnerinnen und Gönner von Mission 21 viermal jährlich ab einem Beitrag von CHF 25.- im Jahr. Auflage: 14'000 Ex. Redaktion: Miriam Glass Layout: Miriam Glass und bombasel.ch Gedruckt in der Schweiz: Gremper AG, Basel ISSN: 2673-8635 Titelbild: Friedenstaube, Illustration: Sarah Weishaupt Trägervereine von Mission 21 sind die Basler Mission, die Evangelische Mission im Kwango und die Herrnhuter Mission. Die in diesem Heft vorgestellten Programme und Projekte werden von der DEZA (EDA) mitfinanziert.

Spendenkonto: IBAN: CH58 0900 0000 4072 6233 2 2

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HIV-Prävention im ländlichen Raum in Kamerun

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Die gute Nachricht von Jessy Eben, Kamerun

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Kurz gesagt

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Vorschau auf unsere Kampagne 2022

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Lebenswelten: Stimmen aus drei Kontinenten

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Internationale Lerngemeinschaft

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Fachtagung zum Thema «FriedensKunst»

Engagiert

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Peter Aegerter: «Begegnung auf Augenhöhe ist wichtig»

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Die Missionssynode 2022

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Archiv: Ein Bild, eine Geschichte Agenda

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Vorwort des Direktors

Liebe Leserin, lieber Leser Die Nachrichten und Bilder des brutalen Angriffskriegs von Russland auf die Ukraine, die uns seit Februar dieses Jahres erreichen, berühren und bewegen uns noch immer. Seither werden Wege gesucht, dem Land und den Menschen in und aus der Ukraine die notwendige Solidarität und Hilfe zukommen zu lassen. Dennoch bleibt bei vielen ein Gefühl der Ohnmacht und der Wut. Die Kräfte der Gewalt erscheinen skrupellos und übermächtig, zart und verletzlich hingegen die Kräfte des Friedens. Frieden und Gewalt: Beides ist für mich wie eine Pflanze (siehe auch Interview ab Seite 4). Die Verwurzelung dieser Pflanze, ihr Wachstum, ihre Verbreitung und ihre Widerstandskraft hängen von vielen verschiedenen Faktoren ab. Diese Faktoren so zu gestalten, dass die Pflanzen des Friedens wachsen können und nicht jene der Gewalt, das ist unsere Mission. Denn auch das Beispiel der Ukraine zeigt: Frieden ist mehr als die Abwesenheit von Krieg. Es geht um Gerechtigkeit, um Freiheit, um tragfähige Beziehungen und um die Möglichkeit der Teilhabe an Macht und Lebensmöglichkeiten. Hier liegt eine grosse Stärke von Mission 21 und ihren Partnerorganisationen. Durch langfristig angelegte, nachhaltige Arbeit auf Augenhöhe direkt an der Basis bereiten wir den Nährboden und fördern das Wachstum von Pflanzen des Friedens. Durch Austausch und Begegnung, durch Bildung, durch den Zugang zu Gesundheit, durch Massnahmen zur Einkommensförderung und durch die nachhaltige Sicherung der Ernährung schaffen wir ein Klima, in dem Frieden wachsen kann. Ein Garten, zu dem alle Menschen Zugang haben und in dem alle satt werden. Den Boden zu bestellen, die Saat des Friedens auszubringen, Unkraut zu jäten und den Garten zu pflegen: Das ist nicht die Arbeit eines oder einer Einzelnen. Dazu braucht es eine solidarische Gemeinschaft. Haben Sie vielen Dank, dass Sie Teil dieser weltweiten Gemeinschaft von Mission 21 sind und dazu beitragen, dass Frieden wachsen kann. Mit herzlichen Grüssen

Pfarrer Jochen Kirsch, Direktor Mission 21

Neu: Einzahlungsscheine mit QR-Code Die bisherigen roten und orangen Einzahlungsscheine werden neu durch QR-Einzahlungsscheine ersetzt. Sie finden die neuen Einzahlungsscheine ab sofort in diesem Magazin. Sie sind digital lesbar, zum Beispiel mit dem Smartphone oder einem Belegleser. Sie können damit aber auch am Postschalter bezahlen oder die Einzahlungsscheine als Zahlungsauftrag an Ihre Bank senden. Gerne können Sie uns bei Fragen kontaktieren! Tel. 061 260 21 20

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Blaise Fiewkiwo

Fokus Friedensförderung

«Frieden ist ein Prozess» Der Krieg in der Ukraine zeigt uns, wie schnell Zerstörung gehen kann. Frieden (wieder) aufzubauen hingegen ist ein langfristiger Prozess. Mission 21 begleitet ihre Partner in verschiedenen Ländern bei der Friedensförderung. Katharina Gfeller, Leiterin der Abteilung für internationale Beziehungen bei Mission 21, berichtet, worauf es bei der Friedensförderung ankommt, schildert Beispiele aus unseren Partnerländern und sagt, warum sie die Hoffnung nicht verliert. Interview: Miriam Glass, Mission 21

Es ist Krieg in Europa. Was löst das in Dir aus?

Wie sieht die Friedensförderung konkret aus?

Es macht mir deutlich, dass Frieden nicht einfach gegeben ist. Ich sehe Frieden wie eine Pflanze, die man pflegen muss, damit sie wächst und gedeiht.

Frieden besteht daraus, dass Beziehungen gewaltfrei gelebt, Konflikte gewaltfrei ausgetragen werden. Darauf arbeitet Friedensförderung hin. Frieden bedeutet dabei mehr als die Abwesenheit von Krieg. Frieden ist ein Prozess. Wie er sich entwickelt, hängt von vielen Faktoren ab.

Mission 21 hat keine Projekte in der Ukraine. Hat dieser Krieg eine Auswirkung auf Deine Arbeit? Ich sehe einige Bezüge zu meiner Arbeit: Bei Mission 21 ist die Friedensförderung ein wichtiger Wirkungsbereich. Was wir dabei tun, lässt sich in verschiedenen Konfliktsituationen anwenden. Bei Konflikten weltweit ist es zentral, dass wir keine Wertung vornehmen. Ich hoffe sehr, dass die Solidarität mit Menschen, die von Gewalt und Kriegen betroffen sind, anhält oder steigt, mit Blick auf die Ukraine und auf andere Regionen der Welt. Es geht bei der Hilfe für bestimmte Regionen nicht um ein «entweder-oder», sondern ein «sowohl als auch». 4

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Welche Faktoren sind das? Wirtschaftliche, gesellschaftliche, kulturellreligiöse, historische, politische und persönliche Faktoren. Ohne Frieden ist Entwicklung kaum möglich. Umgekehrt ist Frieden ohne eine gewisse Stabilität kaum zu verwirklichen. Er hängt stark zusammen mit der Frage nach den Lebensgrundlagen – sind Ernährung, Bildung, Gesundheit gesichert? Ist die Umwelt intakt, kann man mitentscheiden? Fühlen sich die Menschen verstanden oder werden Gruppen ausgegrenzt? Wurden Wunden aus der Vergangenheit geheilt? Arbeit am Frieden


Katharina Gfeller mit Carlson Ngwa von der kamerunischen Partnerorganisation SwissLink und dem Koordinator Lumumba Mukong (Mitte) in Kamerun.

ist ganzheitlich zu sehen. Wie sie konkret aussieht, ist je nach Konfliktgebiet verschieden.

Kannst Du ein Beispiel machen? In Nigeria ist die Friedensförderung zur Zeit zentral. Dort gibt es Konflikte zwischen nomadisierenden und sesshaften Gruppen, die meist unterschiedlichen ethnischen und religiösen Gruppen angehören. Dazu kommt, dass Verbrechen kaum geahndet werden. Viele junge Leute sind arbeitslos und haben kein Einkommen. Und so gibt es gewalttätige Zusammenstösse, Entführungen, Viehdiebstähle. Unsere Arbeit in dieser Situation: Wir bringen junge Menschen aus den verfeindeten Gemeinschaften zusammen. Sie leben eine Weile miteinander, übernachten auch am selben Ort.

Was passiert dabei? Durch das Zusammensein merken sie, dass die jeweils anderen teilweise ganz ähnliche Wünsche und Ziele haben wie sie selbst: Am Ende

Katharina Gfeller: Zur Person Katharina Gfeller leitet bei Mission 21 die Abteilung Internationale Beziehungen. Dazu gehören die Teams, die in Asien, Afrika und Lateinamerika die Projekte und Programme begleiten und koordinieren. Zuvor war Katharina Gfeller 12 Jahre lang Programmverantwortliche für Asien bei Mission 21. Ihren Einsatz für die Friedensförderung begann sie mit 27 Jahren mit einem Engagement für «Peace Brigades International» in Indonesien. Dort war sie Teil der internationalen Teams, die die Arbeit von Menschenrechts-Organisationen und Friedensaktivistinnen begleiteten. Katharina Gfeller hat Soziologie studiert und einen MAS-Studiengang in Non Profit Management absolviert. Sie lebt mit ihrem Mann und zwei Töchtern im Kanton Baselland.

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Bettina Schucan

Fokus Friedensförderung

Abschlussfeier eines interreligiösen Computerlehrgangs in Jos, Nigeria.

wollen sich alle sicher fühlen, ein Einkommen erzielen, vielleicht eine Familie gründen. Gemeinsame Interessen kommen zum Vorschein. So können Vorurteile überwunden, manchmal auch traumatische Erfahrungen geheilt werden.

Das ist sicher hilfreich in kleinem Rahmen, auf individueller Ebene. Trägt es tatsächlich zur Veränderung der Situation bei? Ja, davon gehen wir aus. Es gibt im Rahmen dieser Friedensförderungen auch Schulungen, wie man als Friedensstifter*in aktiv wird. Die Beteiligten analysieren ihren Kontext, um die Ursachen von Spannungen herauszuarbeiten. Sie überlegen gemeinsam, wo man den Hebel für Veränderungen ansetzen kann. Dann entwickeln sie Pläne, um ihre Ideen umzusetzen.

Wie zum Beispiel? Zum Beispiel mit Projekten zur Einkommensförderung. Unsere Partner in Nigeria leiten Berufsbildungskurse für junge Leute, die unterschiedliche religiöse und kulturelle Hintergründe haben. Hier ist der Ansatz, dass wir nicht in erster Linie explizit Friedensförderung betreiben, sondern an der Verbesserung der wirtschaftlichen Situation arbeiten und dabei die Gräben zwischen den religiösen und ethnischen Gemeinschaften überwinden. Denn das hat klar auch einen friedensfördernden Aspekt.

Was, wenn sich die Leute an der Basis verständigen, aber zugleich einflussreiche Personen, etwa Staatschefs, Konflikte weiter anheizen? Gewalt kann wie in einer Spirale immer weiter eskalieren. Wir arbeiten daran, dass die Eskalation im Alltag nicht immer weiter geht, indem wir mit den Menschen gewaltfreie Reaktions6

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möglichkeiten erproben. Frieden und die Friedensförderung ist auch immer eine Frage der Haltung. Wo und wie verorte ich mich? Wie nehme ich andere Menschen wahr und wie sie mich? Wovon sind meine Bilder und meine Erfahrungen und diejenigen der «anderen» geprägt? Wie kommt es zu Stereotypisierungen oder auch blinden Flecken und wie erkennen wir diese? Aber da hört Friedensförderung nicht auf. Viele Partner von Mission 21, gerade Kirchen und kirchliche Dachorganisationen, haben Einflussmöglichkeiten auf nationaler und kontinentaler Ebene bis in die Schaltzentralen der Politik.

Wo ist das der Fall? Zum Beispiel im Südsudan. Da sehen wir, dass Führungspersonen der Partnerkirche und des Kirchenbunds in den Friedensprozess sehr

Viele Wege führen zum Frieden Mission 21 arbeitet auf die Ziele der «Agenda 2030» der Vereinten Nationen hin. Im Zentrum unserer Arbeit steht das Ziel 16+: «Friedliche, gerechte und inklusive Gesellschaften». Das bedeutet, dass in allen Projekten die Förderung des Friedens, der Gerechtigkeit und der Teilhabe aller Menschen zentral sind. Zum Wirkungsbereich der Friedensförderung gehören alle Projekte von Mission 21, die Sie unter folgender Web-Adresse finden: www.mission-21.org/friedensprojekte


Welche Rolle spielt die Nothilfe in der Friedensförderung? Sie ist eines von vielen Elementen zur Unterstützung in Notsituationen. Was für alle unsere Projekte gilt, ist hier besonders wichtig: Wir müssen immer darauf achten, mit unserer Arbeit bestehende Spannungen abzubauen und nicht etwa zu verstärken. Nothilfe ist da sehr heikel: Es gibt einen grossen Bedarf, man kann nie alle erreichen. Die Auswahl der Begünstigten ist sehr konfliktanfällig. Da ist es sehr wichtig, dass wir und unsere Partner klare Kriterien haben, transparent sind und in Netzwerken arbeiten. Nothilfe ist bei uns immer interreligiös ausgerichtet und je nach Kontext auch ethnisch übergreifend.

Mission 21 ist eine glaubensbasierte Organisation. Welche Rolle spielen die Kirchen? Durch die Verankerung in religiösen Gemeinschaften sind wir in ein globales Netzwerk eingebunden. Unsere Partner geniessen in der Bevölkerung hohes Vertrauen. Zugleich haben sie ein Netzwerk auf nationaler und internationaler Ebene. Wichtig ist, dass dieses über die eigene Religion und Kirche hinaus geht. Wir arbeiten zum Beispiel mit muslimischen und interreligiösen Partnerorganisationen zusammen.

Was ist die Rolle des Glaubens? Glauben und Spiritualität geben eine zusätzliche Dimension, um in schwierigen Situationen Hoffnung zu schöpfen, aber auch Trauer zu verarbeiten. Das spielt in unserer Arbeit eine wichtige Rolle. In vielen unserer Partnerländer kann man die Menschen über Religion gut abholen. Kirchen oder Moscheen sind Orte der Gemeinschaft und des Teilens von Erfahrungen. Pfarrpersonen können Bezug nehmen zu Geschich-

Die Friedensförderung spielt in zahlreichen weiteren Projekten eine Rolle. Im Wirkungsbereich «Bildung für den sozialen Wandel» erhalten Theolog*innen Weiterbildung in gewaltfreier Konflikttransformation. Bildungsinstitutionen unserer Partner erarbeiten zudem Lösungen für soziale Probleme und bieten Hilfe für benachteiligte und schutzbedürftige Menschen.

Kunst als Brücke zwischen Kulturen Auch Kunst hat friedensförderndes Potential. Wie dieses aussieht und wie es genutzt werden kann, lotete die Fachtagung von Mission 21 im März aus. Expert*innen aus verschiedenen Kunstsparten zeigten auf, wie Kunst Menschen verbinden kann. Die Tagung machte deutlich, wie wichtig Friedensarbeit angesichts globaler Konflikte ist, auch in der Schweiz. Gerade in einer Zeit, in der Staaten sich für militärische Aufrüstung entscheiden, ist es wichtig, bisherige gewaltfreie und nachhaltige Friedensbemühungen weiterzuführen und auszubauen. Mehr unter: https://www.mission-21.org/friedenskunst

ten aus der Bibel, um aktuelle Ereignisse zu reflektieren. Das ist auch in Kontexten wichtig, in denen man sich nicht frei äussern kann. Ich denke da zum Beispiel an Hongkong. Da ist die Meinungsfreiheit so gut wie abgeschafft. Indem eine Pfarrperson für ihre Predigt eine gewisse Geschichte auswählt, kann sie eine Botschaft transportieren, die die Menschen ohne weitere Kommentare verstehen.

In der Friedensförderung gibt es immer wieder Rückschläge. Verlierst Du manchmal die Hoffnung oder die Geduld? Nein, eigentlich nicht. Es gibt immer auch Ermutigung. Ich habe extreme Hochachtung vor den Menschen in unseren Partnerländern. Sie leben in konfliktgeprägten Kontexten, und sie wirken und arbeiten am Frieden, ohne die Hoffnung aufzugeben. Ich finde es ein Privileg, dass wir uns gegenseitig ermutigen können, dass wir Teil einer weltweiten Gemeinschaft sind und dass es eine Solidarität gibt, mit der wir uns gegenseitig stützen. Auch so können wir gemeinsam zum Frieden beitragen. Miriam Glass

involviert sind und in politischen Fragen angehört werden.

schlechtsspezifischer Gewalt zusammen. Mission 21 engagiert sich hierfür im Wirkungsbereich Gendergerechtigkeit.

Auch die Projekte zur Einkommensförderung und Existenzsicherung sind ein Beitrag an eine friedlichere Welt. Projekte zu Nothilfe und Wiederaufbau versorgen Vertriebene mit den nötigsten Gütern und bieten ihnen auch Bildung.

Im Bildungsangebot von Mission 21 weltweit ist Friedensförderung ein wichtiger Aspekt. In der Schweiz bieten wir Kurse zu Themen wie interreligiöse Friedensförderung, Gendergerechtigkeit oder Hassrede im Internet an. Die Kurse richten sich an Gruppen von Erwachsenen oder Jugendlichen und werden auf Anfrage durchgeführt, zum Beispiel in Kirchgemeinden oder Schulen.

Die Förderung des friedlichen Zusammenlebens hängt stark mit der Überwindung von ge-

Das gesamte Kursangebot finden Sie unter www.mission-21.org/kurse

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Fokus Friedensförderung

«Die Menschen sollen konvertieren – von Intoleranz zu Offenheit» zVg

Das interreligiöse Jugendnetzwerk Jakatarub setzt sich in Indonesien mit Kreativität, Expertise und Humor für interreligiösen Dialog ein. Text: Miriam Glass, Mission 21

Erlebnisse statt Theorie Ihre Freunde, das sind die Mitglieder des interreligiösen Netzwerks Jakatarub. Am Tisch neben Mirsi sitzen Asifa und Anissa, beide sind Musliminnen und tragen das Kopftuch. Asifa hat ihre Abschlussarbeit an der islamischen Universität über die Aktivitäten von Jakatarub geschrieben. Christo, Muslim und Generalsekretär von Jakatarub, sagt: «Wir möchten, dass alle Menschen konvertieren – von Intoleranz zu Offenheit.» Neben ihm sitzt William, ein Katholik. Er hat ein interreligiöses Lager von Jakatarub besucht und sagt: «Ich habe erwartet, dass wir theoretische Diskussionen über Religion führen würden. Aber statt Theorie bekam ich Erlebnisse, es ging mehr um Freundschaft als um Konzepte. Das war eine neue Erfahrung.» Die interreligiösen Camps sind eine der wichtigsten Aktivitäten von Jakatarub. Junge Menschen verschiedener Glaubensrichtungen verbringen gemeinsam Zeit, teilen den Alltag und ihre Ansichten miteinander. Viele der Teilnehmenden, darunter William und Asifa, gründen im Anschluss in ihrem Umfeld eigene interreligiöse Gruppen. 8

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Eine Aktion von Jakatarub im öffentlichen Raum in Bandung, Indonesien.

Das alles sind wichtige Puzzleteile in der Friedensförderung in Indonesien, die Mission 21 unterstützt. In dem Land mit der weltweit grössten muslimischen Bevölkerung ist Religionsfreiheit in der Verfassung verankert. Doch Radikalismus und die Diskriminierung von Minderheiten nehmen zu. 2017 wurde der chinesischstämmige christliche Gouverneur Jakartas wegen angeblicher Gotteslästerung eingesperrt, Kirchen werden geschlossen oder Anlässe verhindert. Die Mitglieder der muslimischen Minderheit Ahmadiyya sowie auch die Schiiten sind besonders unter Druck und erleben gewalttätige Übergriffe.

Die eigene Religion kritisch betrachten Die jungen Menschen von Jakatarub stellen sich solchen Tendenzen entgegen. Sie führen öffentliche Aktionen durch, lancieren Filme und Kartenspiele zum Thema Vielfalt und Glauben und nehmen diese Themen auch in Schule und Universität auf. Als Friedensbotschafter*innen arbeiten sie für Verständigung und Frieden in einem Gebiet, wo viele Konflikte unter der Oberfläche schlummern oder im Privaten ausgetragen werden, wie in Mirsis Familie. Mirsi sagt: «Ich habe Freunde mit eher radikalen Einstellungen. Ich bin mit ihnen nicht einverstanden, aber es bleiben meine Freunde.» Im Kontakt reflektiert sie eigene Einstellungen. Denn, so sagt sie: «Seit ich konvertiert bin, sehe ich: Radikales Denken gibt es auch in Minoritäten. Man muss in der eigenen Religion über Frieden und Toleranz sprechen. Die Grundlage jeder Religion sind das Gute, die Liebe und der Frieden.»

Miriam Glass

Mirsi trägt ihre Haare kurz und ein einfaches weisses T-Shirt mit kurzen Ärmeln. Wenn die 31-Jährige ihre Eltern besucht, sieht sie anders aus. «Dann lege ich den Hijab an», sagt sie. «Denn für meine Familie ist meine Veränderung schwer zu ertragen.» «Meine Veränderung», das bedeutet: Mirsi hat die Religion gewechselt und gehört nun statt dem Islam dem sundanesischen Glauben an, einer Naturreligion auf der Insel Java. Der Wechsel hat zu Konflikten geführt. «Die Begegnungen mit meiner Familie sind heute voller Kälte», sagt Mirsi, ihre Stimme zittert. Als ihr Tränen in die Augen treten, ruft ihr Kollege Christo schnell: «Ja, ja, sie halten Mirsi für verhext» und die Runde am Tisch bricht in Gelächter aus. Mirsi stimmt mit ein. «Meine Freunde machen Spässe über die Situation, das ist gut, so ist das Ganze nicht so traurig.»

Mirsi setzt sich für Vielfalt und Toleranz ein.


Tanja Giannone

Projekt aktuell

Kamerun Projekt aktuell: «HIV-Prävention im ländlichen Raum»

In Kamerun sterben jährlich mehr als 10 000 Menschen an den Folgen des HI-Virus. Insgesamt rund 400 000 Kinder leben deswegen als Waisen. Wer mit HIV infiziert ist, muss nebst den gesundheitlichen Risiken auch mit sozialer Stigmatisierung leben. Unsere Partnerorganisation, die Presbyterianische Kirche in Kamerun (PCC), unterstützt Betroffene und ihre Familien im Westen des Landes. Sie bietet medizinische Hilfe, begleitet Familien, schult Mitarbeitende und leistet Aufklärungsarbeit an Schulen.

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Projekt aktuell

Vom Neustart ins Leben nach einem vermeintlichen Todesurteil Im gewaltgeprägten und vom Staat vernachlässigten Westen Kameruns gibt es kaum Unterstützung für Menschen, die mit HIV leben. Doch Prävention und Behandlung sind möglich.

PCC

Text: Frank Nydegger, Mission 21

und Kinder sind gefährdet, sich anzustecken. Frauen werden öfter als Männer Opfer von sexueller Gewalt, sind öfter in der Prostitution tätig und machen mehr als zwei Drittel der HIV-Erkrankten aus. Besonders prekär ist die Lage im englischsprachigen Westen des Landes, wo seit 2016 ein bewaffneter Konflikt zwischen Rebellen und der Regierung tobt. In diesem schwierigen und gefährlichen Kontext ist die medizinische Versorgung der Bevölkerung eine Herausforderung, die der Staat oft nicht meistern kann.

Zwei Hürden: Die Kosten und das Unwissen

zVg

Kampagne der PCC am Welt-Aids-Tag.

Emmanuel Kameni.

Als Emmanuel Kameni ins Krankenhaus kam, stand es nicht gut um ihn. Nach einem positiven HIV-Test hatte ihn der Lebensmut verlassen. «Für mich war der Test ein Todesurteil» erinnert er sich. Er ging nicht mehr zur Arbeit und verlor in der Folge seinen Job und seine Wohnung. Er ging davon aus, ohnehin bald sterben zu müssen, und kümmerte sich deswegen nicht um eine Behandlung. Er trank zu viel und lebte mit seinen zwei Töchtern in einem unfertigen Gebäude. Da er keine Medikamente nahm, litt er an den negativen Folgen seiner HIV-Infektion. Die Wende für Emmanuel Kameni trat ein, als ihn im Krankenhaus in Douala ein Berater auf seine Probleme ansprach. Das Krankenhaus wird von der PCC geführt, der Partnerkirche von Mission 21 in Kamerun.

Eine halbe Million Menschen sind betroffen Mit dem ersten Teil seiner Geschichte ist Emmanuel Kameni nicht allein. UNAIDS geht davon aus, dass in Kamerun ungefähr 500 000 Menschen das HI-Virus in sich tragen. Bei einer Bevölkerung von 26,5 Millionen sind das beinahe zwei Prozent. Speziell Frauen 10

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Viele Menschen haben keinen Zugang zu HIVTests und wissen somit nicht, ob sie das Virus in sich tragen. Wer wie Emmanuel Kameni seinen HIV-Status kennt, hat oft nicht die finanziellen Mittel, um sich behandeln zu lassen. Auch fehlt vielen Menschen das nötige Wissen darüber, was eine HIV-Infektion bedeutet und welche Behandlungsmöglichkeiten bestehen. So gehen viele Menschen wie Emmanuel Kameni davon aus, dass ein positiver Test das Ende bedeutet. Selbst wenn die antiretroviralen Medikamente zur Verfügung gestellt werden, sind regelmässige Besuche in einem Spital oder einer Gesundheitsstation nötig, die mit Transportkosten verbunden sind und aus Gründen der Sicherheit oft gefährlich sind.

Selbsthilfegruppe als Rettungsanker Die PCC setzt sich für die medizinische Behandlung von Menschen ein, die mit HIV leben. Sie bekämpft auch die Diskriminierung von Betroffenen und informiert über Präventions- und Behandlungsmöglichkeiten. Für Emmanuel Kameni war das Engagement der PCC ein rettender Anker. Der Berater der PCC, der ihn im Krankenhaus ansprach, klärte ihn über die Krankheit und die Behandlungsmöglichkeiten auf, verschrieb ihm Medikamente und ermutigte ihn, einer Selbsthilfegruppe beizutreten. Kurze Zeit später erhielt auch eine von Kamenis Töchtern, die positiv auf HIV getestet wurde, Medikamente. Mit der Unterstützung der PCC gelang es Emmanuel Kameni, seinem Leben eine neue Richtung zu geben. Er ist mittlerweile Präsident der lokalen Selbsthilfegruppe und arbeitet in einem Zentrum für Menschen mit HIV. Dort berät er andere HIV-positive Personen und kann dank dieser Arbeit seine Kinder versorgen.


Die gute Nachricht zVg

Menschen wie Emmanuel Kameni auszubilden, ist eine der wichtigsten Aktivitäten bei der Sensibilisierungsarbeit der PCC. Die angebotenen Kurse beinhalten Themen wie sexuelle und geschlechterspezifische Gewalt, sexuell übertragbare Krankheiten (darunter HIV), Kommunikation und Beratung. Sie werden von medizinischem Personal, Lehrer*innen, Mitgliedern von Frauen- und Jugendgruppen und weiteren Freiwilligen besucht. Die geschulten Mitglieder lokaler Gemeinschaften können HIV-positive Menschen unterstützen und die Bevölkerung über HIV aufklären. Sie erreichen eine weitaus grössere Zahl an Menschen, als dies durch die professionellen Mitarbeitenden der PCC möglich wäre.

Jessy Eben ist Verantwortliche für Entwicklungsprojekte bei der Presbyterianischen Kirche in Kamerun (PCC).

Die frohe Botschaft der tätigen Liebe «Denn ich war hungrig, und ihr habt mir zu essen gegeben; ich war durstig, und ihr habt mir zu trinken gegeben; ich war fremd, und ihr habt mich aufgenommen; ich brauchte Kleidung, und ihr habt mich bekleidet; ich war krank, und ihr habt mich gepflegt; ich war im Gefängnis, und ihr habt mich besucht.»

Aufklärungsarbeit für junge Menschen

Heiner Heine

Die PCC bietet Beratung für HIV-positive Personen und Opfer von sexueller Gewalt an, führt HIV-Tests durch und begleitet Betroffene medizinisch. Zudem wird Aufklärungsarbeit zu den Themen sexuelle Gewalt und sexuell übertragbare Krankheiten an über 30 Schulen durchgeführt. Hier und im Freemind Center in Buea – einem Jugendzentrum, wo Jugendliche sich ohne Druck mit dem Thema Sexualität auseinandersetzen können – werden Jugendliche für Themen wie sexuelle Gewalt und sexuell übertragbare Krankheiten sensibilisiert. So haben sie die Chance, als Erwachsene nicht die gleiche Erfahrung wie Emmanuel Kameni machen zu müssen und ein gesundes Leben führen zu können.

Wir brauchen Ihre Unterstützung «Gesundheitsversorgung und HIV-Prävention im ländlichen Raum»: Nr. 134.1029 Spenden: IBAN CH58 0900 0000 4072 6233 2, Vermerk 134.1029 oder online: www.mission-21.org/spenden

(Matthäus 25:35-36)

Zugang zu Medikamenten: Ein Mann bezieht Tabletten im Spital Manyemen.

Diese Bibelstelle beschreibt die tätige Liebe. Jesus Christus ermahnt uns, Notleidenden eine helfende Hand zu reichen. Als Christ*innen können wir beten, damit Gott durch uns Bedürftige segnen kann. Doch es reicht nicht aus, für Bedürftige zu beten und dann wegzugehen, ohne etwas zu tun, das ihre Stimmung hebt oder ihre Situation verbessert. Ein Gebet ohne Taten reicht nicht aus. Wir glauben, dass die Liebe in Taten und nicht nur in Worten besteht (Jakobus 2,26). Wir haben viel Liebe zu geben. Doch manchmal fehlen uns die Mittel, um diese Liebe in die Tat umzusetzen. Die anglophone Krise in Kamerun hat zu viel Leid, zu Vertreibungen und der Schliessung der meisten Krankenhäuser und Schulen in ländlichen Gebieten geführt, was Schulabbrüche und Rückfälle in Krankheiten, etwa HIV und Aids, zur Folge hat. Es mangelt an Nahrungsmitteln und Medikamenten, Unterkünften sowie Hygiene- und Sanitäreinrichtungen. Dazu kommen Menschenhandel, illegale Migration, fehlender Zugang zu Bildung, Gewalt gegen Frauen und erschwerte Lebensumstände von Binnenvertriebenen. All das führt zu Problemen, unter anderem auch zur Verbreitung von sexuell übertragbaren Infektionen, einschliesslich HIV. Die humanitären Massnahmen von Mission 21 helfen, Schüler*innen und Jugendliche zu sensibilisieren, damit sie gute Entscheidungen für ihre Zukunft treffen und sich für ihren Lebensunterhalt einsetzen können. Mission 21 ist zwar nicht in der Lage, Leid und HIV in Kamerun auszurotten. Aber die Unterstützung von Tausenden von Menschen, die mit HIV leben, die Aufklärung von Jugendlichen und Massnahmen zur Sicherung des Lebensunterhalts machen einen grossen Unterschied. Indem Sie Ihren Gebeten Taten folgen lassen, haben Sie das Leben vieler Kamerunerinnen und Kameruner verändert. Das ist für uns die gute Nachricht. begegnen 2 | 2022

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Kurz gesagt

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In Malaysia vergibt unsere Partnerkirche BCCM BM (Christliche Basel-Kirche in Malaysia) regelmässig Stipendien an Studierende aus wirtschaftlich benachteiligten Gemeinden. Unterstützt werden insbesondere junge Frauen und Mitglieder von Minderheiten wie zum Beispiel der ethnischen Gruppe der Murut. Im März dieses Jahres haben sich ehemalige Stipendiatinnen und Stipendiaten zu einem Alumni-Netzwerk zusammengefunden. Das Ziel ist es, heutige Studierende zu unterstützen. «Dieses Alumni-Netzwerk ist ein Werkzeug für uns, um zu beweisen, dass wir uns für die nachhaltige Ausbildung der jüngeren Generation einsetzen», sagte die frisch gewählte Vorsitzende Rositinah Andahang bei der Gründungsversammlung. Der Vorstand setzt sich ausschliesslich aus Frauen zusammen und ist Teil der BCCM BM. Das zeigt, dass die ehemaligen Stipendiatinnen ihr erworbenes Wissen einbringen und in ihrer Organisation Einfluss nehmen können. | MG

Der Vorstand der Alumni-Gruppe bei der Gründung.

Kamerun: Universität erwirbt Land für Permakulturen In der letzten Ausgabe dieses Magazins haben wir darüber berichtet: Die Protestantische Universität PUCA in Yaoundé, Kamerun, hat ein erfolgreiches Programm zur Ökotheologie aufgebaut. Die Studierenden befassen sich mit der ökologischen Entwicklung ihres Landes und forschen zum Thema Umweltbildung und nachhaltige Entwicklung für eine ökologische und solidarische Transition auf ihrem Kontinent. Sie tun dies theoretisch, aber auch sehr praktisch. So haben sie dieses Jahr zum Beispiel den Boden für Permakulturen vorbereitet und dabei selbst aus Kompost fruchtbare Erde gewonnen. Um die praktischen Aktivitäten auszubauen, hat die PUCA neues Land erworben und einen Agrartechnologen eingestellt. Etwa 15 Kilometer entfernt von Yaoundé stehen nun rund 15 000 Quadratmeter Anbaufläche zur Verfügung. Hier werden die Studierenden unter fachkundiger Anleitung nachhaltige Anbaumethoden erforschen. Zudem sind drei Standorte eingerichtet worden, um Abfälle zu trennen und weiter zu verarbeiten. | MG 12

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Maissa Fall

Malaysia: Ehemals Begünstigte gründen Alumni-Netzwerk

Lateinamerika: Drei neue Partnerorganisationen In unserem Lateinamerikaprogramm arbeiten wir mit drei neuen Partnerorganisationen zusammen: Das Centro Bartolomé de las Casas aus Cusco, Peru, stärkt neu das Programm im Bereich Ernährungssouveränität. Die Organisation engagiert sich für den interkulturellen, ökumenischen und sozialen Dialog und setzt sich für marginalisierte indigene Völker ein. Mission 21 unterstützt die «Andenschule» und das «Netzwerk für Wasser, Böden und agroökologische Anbaumethoden». Der zweite neue Partner ist das Bolivianische Netzwerk für gesunde Böden (PNS). Es besteht aus 52 Mitgliedsinstitutionen in Bolivien, die mit über 16 000 Bäuer*innen zusammenarbeiten. Im Fokus stehen agroökologische Anbaumethoden. Sie sorgen für gesunde Nahrung und enthalten neue Strategien zur Anpassung der traditionellen Landwirtschaft an die sich ändernden Klimabedingungen. Stärkung von Frauen und Gewaltprävention Beim dritten neuen Partner handelt es sich um das Frauenzentrum Flora Tristán. Ziel dieser Insitution ist es, die politischen Rechte und die soziale Gleichstellung von Frauen zu fördern und zu einer demokratischen Gesellschaft ohne Diskriminierung beizutragen. Mit Unterstützung von Mission 21 setzt sich Flora Tristán für die Förderung von Frauen aus ländlichen Gebieten im Departement Cusco ein. Das Zentrum leistet Aufklärungsarbeit mit Workshops zur Prävention von psychischer, physischer und sexueller Gewalt sowie von Menschenhandel. Dazu kommen Aktivitäten für nachhaltige Landwirtschaft und Einkommensförderung. Zudem werden Frauen bestärkt und unterstützt, um sich auf regionalpolitischer Ebene zu den Themen Klimawandel und Wasserknappheit einzubringen. | GF

Frauen im ländlichen Peru werden darin bestärkt, sich für ihre Rechte einzusetzen.


Vorschau auf die Kampagne 2022

Dank Bildung bestimmen wir unsere Zukunft selbst Mit unserer Kampagne 2022 fokussieren wir auf unsere Bildungsarbeit in Südostasien und in der Schweiz. Wir ermöglichen gewaltbetroffenen Mädchen in Indonesien und Malaysia Zugang zu Bildung. Jugendlichen in der Schweiz bieten wir Einblicke in globale Zusammenhänge und motivieren zu solidarischem Handeln.

Ein selbstbestimmtes Leben ist für Frauen in Indonesien keine Selbstverständlichkeit. Im Gegenteil: Frauen sind in diesem Land benachteiligt. Das zeigt sich in der Familie, bei den Bildungsmöglichkeiten und auch beim Thema Gewalt: Indonesierinnen sind stark von häuslicher Gewalt betroffen, werden als Arbeitsmigrantinnen ausgebeutet oder misshandelt und oft gedrängt, über erlittene Gewalt zu schweigen, um die «Ehre der Familie» nicht zu beschädigen. Ein Grund für diese Situation findet sich in den patriarchalen gesellschaftlichen Normen. Als untergeordnete Mitglieder der Gesellschaft spüren Mädchen und Frauen die Folgen der teils grossen Armut besonders stark. So müssen viele Mädchen mit 15 oder 16 ihre Schulzeit beenden. Sie werden in eine Ehe gedrängt und müssen in Landwirtschaft und Haushalt mitarbeiten. Oder sie werden von der Familie als Arbeitsmigrantinnen ins Ausland geschickt, damit sie mit Geldüberweisungen die Familie unterstützen. Viele Frauen erfahren hierbei Missbrauch oder Ausbeutung und kehren traumatisiert nach Indonesien zurück.

Pandemie verschärft die Probleme Die Covid-19-Pandemie hat zu einem deutlichen Anstieg von Fällen physischer und psychischer Gewalt beigetragen, insbesondere im häuslichen Kontext. Die Dunkelziffer ist riesig. Da Frauen in Indonesien schlechteren Zugang zu Bildung haben als Männer und vorwiegend zuständig sind für die Familienarbeit, sind sie wirtschaftlich benachteiligt. Viele haben kaum Möglichkeiten, sich über ihre Rechte zu informieren und sich zur Wehr zu setzen.

Unterstützen Sie unsere Bildungsarbeit Gemeinsam mit unseren rund 20 Partnerkirchen und -organisationen in Indonesien, Malaysia und Hongkong setzen wir uns beharrlich dafür ein, dass immer mehr Mädchen dank Bildung die Chance auf ein selbstbestimmtes Leben ohne Gewalt und Ausbeutung erhalten.

Neue Sicht

Text: Séverine Fischer, Mission 21

Kampagnenbild 2022: Franca aus Basel und Popi aus Indonesien: Obwohl sie in ganz verschiedenen Welten leben, verbindet sie die Suche nach dem eigenen Weg.

Mit unserer Bildungsarbeit für Jugendliche und Erwachsene in der Schweiz vermitteln wir die Bedeutung von Bildung als nachhaltig wirksame Massnahmen zur Förderung von GenderGerechtigkeit im globalen Süden. Wir geben zudem Impulse für den eigenen Kontext und motivieren zu solidarischem Handeln.

Helfen Sie mit, die Welt ein wenig gerechter zu machen! Die Kampagne 2022 dauert vom 11. September bis zum Missionssonntag am 1. Advent. Wir danken Ihnen bereits jetzt herzlich für Ihr Engagement und Ihre Spende. Informationen und Ideen für Kirchgemeinden, wie Sie unsere Kampagne aktiv unterstützen können, finden Sie auf unserer Kampagnen-Website: www.mission-21.org/kampagne Spenden: IBAN CH 58 0900 0000 4072 6233 2 Vermerk «Kampagne». Online Spenden via QR-Code:

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Lebenswelten

Fünf Fragen, drei Stimmen aus drei Kontinenten Wie sieht das Leben der Menschen anderswo aus? Unsere Jugendkoordinator*innen aus Bolivien, Indonesien und der Schweiz beantworten unsere Fragen.

«Junge Menschen aus unterschiedlichen Lebenswelten, aber mit denselben Träumen, sollen Berührungpunkte finden.» Alvaro Meruvia, 34, Jugendkoordinator in Lateinamerika Wo und mit wem lebst Du, was bist Du von Beruf? Ich lebe mit meiner Frau, unserem acht Monate alten Sohn, zwei Katzen und einem Hund in einer Zweizimmerwohnung in La Paz, Bolivien. Ich bin Theologe und sozialer Kommunikator und arbeite bei der Machaqa Amawta Foundation, einer Einrichtung, die mit der indigenen Bevölkerung in den Bereichen Agrarökologie, Bildung, Menschen mit Behinderungen und der politischen Stärkung indigener Frauen arbeitet.

Was unternimmst Du in Deiner Freizeit mit Freund*innen? Wir fahren in Ortschaften, die weit von der Stadt entfernt sind. Wir machen Musik und lernen etwas über unser Land und seine Bräuche.

Was sind die drängendsten Probleme junger Menschen in Deinem Land? Das wichtigste Thema ist zurzeit, wie der Arbeitsmarkt nach dem Coronavirus aussehen wird und wie man eine Stelle findet.

Warum engagierst Du Dich als Jugendkoordinator für Mission 21? Weil ich glaube, dass es eine Möglichkeit ist, um der Jugend meines Landes eine Stimme zu geben. Junge Menschen aus unterschiedlichen Lebenswelten, aber mit denselben Träumen, müssen Begegnungspunkte finden.

Was wünschst Du Dir für die Zukunft? Dass junge Menschen eine grössere soziale und wirtschaftliche Rolle in unseren Gesellschaften spielen und dass ihre Stimme von den führenden Politiker*innen berücksichtigt wird. Für eine Zukunft, in der die Beziehungen zwischen jungen Menschen und Erwachsenen gleichberechtigt sind.

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Weltweites Jugendnetzwerk In Afrika, Asien, Lateinamerika und Europa ist je ein*e Jugendkoordinator*in für das Netzwerk von young@mission21 zuständig. Der Koordinator für Afrika wurde im letzten Heft vorgestellt. Die Koordinator*innen sind am Youth Summit in Davos zu Gast und beantworten gern weitere Fragen.

Infos: www.mission-21.org/young


Salome Hengartner, 23, Jugendkoordinatorin in Europa. Wo und mit wem lebst Du, was bist Du von Beruf? Ich lebe mit meinen Eltern und Geschwistern in Appenzell-Ausserrhoden in der Schweiz. Ich studiere Interreligiöse Studien an der Universität Basel und Heidelberg, arbeite als Religionslehrerin und am Wochenende in einem Café.

Was unternimmst Du in Deiner Freizeit mit Freund*innen? Ich verbringe meine Zeit am liebsten in der Natur, im Wald, in den Bergen, am Wasser. Ich liebe es, mit Freund*innen zu grillen und gemütlich am Feuer zu sitzen.

«Ich finde es zentral, dass sich junge Menschen kirchenpolitisch engagieren.»

Was sind die drängendsten Probleme junger Menschen in Deinem Land? Klimawandel, Gleichberechtigung von Frauen und LGBTQ-Personen, Rassismus/Antisemitismus und die Situation in Bezug auf Migration und Flüchtlinge.

Warum engagierst Du Dich als Jugendkoordinatorin für Mission 21? Mission 21 zeichnet sich durch die langfristige und weltweite Vernetzung aus. Diakonie/Entwicklungshilfe ist eine zentrale Aufgabe der Kirche und in Zeiten sinkender Kirchenmitgliederzahlen finde ich es zentral, dass sich junge Menschen kirchenpolitisch, aber auch gesamtkirchlich engagieren. Der Kontakt zu anderen internationalen jungen Erwachsenen ist sehr wichtig und auch unter dem Gesichtspunkt des kontextuellen Auslebens des Glaubens sehr interessant.

Was wünschst du dir für die Zukunft? Ich hoffe, dass die Gesellschaft in der Post-Corona-Ära wieder lernt, respektvoll miteinander umzugehen, und dass sich die Spaltungen der Corona-Ära nicht fortsetzen. Ich wünsche mir, dass Politiker*innen und Führungskräfte die Weisheit haben, Frieden zu schaffen. Ich wünsche mir, dass die Missionssynode im Juni in Davos mit internationalen Gästen wie geplant stattfinden kann und dass sich das Netzwerk junger Erwachsener von Mission 21 endlich wieder treffen kann.

Halim Pratama, 31, Jugendkoordinator in Asien Wo und mit wem lebst Du, was bist Du von Beruf? Ich lebe in Malinau, im Norden der Region Kalimantan in Indonesien. Von Beruf bin ich Ingenieur, Unternehmer und Politiker.

Was unternimmst Du in Deiner Freizeit mit Freund*innen? Camping im Wald! Morgens im Dschungel aufzuwachen, gibt einem ein so kostbares Gefühl von Frische und Gelassenheit.

Was sind die drängendsten Probleme junger Menschen in Deinem Land? Identitätspolitik. Da Indonesien zu den grössten Nutzern sozialer Medien gehört, wird die Jugend mit politischen Informationen überschüttet, vor allem in Wahlkampfzeiten. Generell sind es aber die Jugendlichen, die die Themen in den sozialen Medien bestimmen.

Warum engagierst Du Dich als Jugendkoordinator für Mission 21?

«Ich engagiere mich leidenschaftlich für die Jugend!»

Ich engagiere mich leidenschaftlich für die Jugend, in kirchlichen Funktionen und als Misson 21-Jugendkoordinator. Zudem fördere ich aktiv Unternehmertum, Zugang zu Bildung und einen umweltfreundlichen Lebensstil innerhalb der Jugendgemeinschaft.

Was wünschst Du Dir für die Zukunft? So sehr ich mir wünsche, dass die Pandemie zurückgeht, möchte ich doch eine Lektion behalten, die sie mich gelehrt hat: Die Dinge zu verlangsamen und mir wirklich Zeit und Raum zu geben, um zu erkennen und zu schätzen, was in diesem zerbrechlichen Leben wichtig ist. begegnen 2 | 2022

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Internationale Lerngemeinschaft

Wir hinterfragen die Machtstrukturen der Entwicklungszusammenarbeit An der Online-Summer School «Decolonize Aid!» diskutieren Fachleute und Interessierte grundsätzliche Fragen der Entwicklungszusammenarbeit und denken darüber nach, wie Abhängigkeitsverhältnisse in gegenseitige Unterstützung umgewandelt werden können.

Nicholas Calvin

Text: Christian Weber und Claudia Buess, Mission 21

schon überwunden? Müsste die Unterstützung nicht grundlegend de-kolonisiert und zu einem gegenseitigen Geben und Nehmen werden?

Die Suche nach alternativen Strukturen Um diese weitreichenden Fragen geht es an der International Online Summer School von Mission 21 zum Thema «Decolonize Aid!» («Entwicklungshilfe dekolonialisieren!»). Fachleute und Interessierte aus zahlreichen Ländern in vier Kontinenten diskutieren vom 25. bis zum 27. August in Online-Meetings , wie die Zusammenarbeit von verschiedenen Seiten bewertet wird. Alle Interessierten sind herzlich willkommen. Die Teilnehmenden sondieren Möglichkeiten alternativer Strukturen für partnerschaftliche Zusammenarbeit und Solidarität. Und sie gehen Fragen nach, die Mission 21 in der täglichen Arbeit beschäftigen: Wo liegen die besonderen Probleme und Chancen kirchlicher Zusammenarbeit? Was bedeutet «Decolonize Aid!». in der Praxis, etwa für die Bildsprache in den Medien oder für Freiwilligenprogramme?

Online-Befragung ist zur Teilnahme offen Gegenseitig voneinander lernen, einander gegenseitig unterstützen: Austausch in Tansania.

Welchen Sinn und welchen Nutzen hat Entwicklungszusammenarbeit? Setzt sie, wie manche behaupten, koloniale Machtstrukturen fort? Hilft sie am Ende den Gebenden mehr als den Empfänger*innen? Und wer beurteilt überhaupt, was «Entwicklung» bedeutet? Dass Hilfe Abhängigkeiten schaffen kann, ist uns bewusst. Deshalb wurde Entwicklungshilfe auch in Entwicklungszusammenarbeit umbenannt. Aber sind damit Abhängigkeiten

Summer School: Information und Anmeldung Die International Online Summer School, die dieses Jahr zum dritten Mal stattfindet, steht allen Interessierten offen. Sie findet vom 25.-27. August online über Zoom statt. Es besteht auch die Möglichkeit, nur einzelne Vorträge zu besuchen. Informationen undAnmeldung: www.mission-21.org/summerschool2022

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Zur Vorbereitung des diesjährigen Tagungsthemas hat Mission 21 eine kurze Online-Umfrage auf Englisch und Spanisch lanciert, deren Ergebnisse in die Summer School einfliessen. Eine Teilnahme ist unter bit.ly/3Mcs0fp bis kurz vor dem Start der Summer School möglich. Einige der bisherigen Rückmeldungen fördern Interessantes zu Tage: Eine klare Mehrheit findet, dass ein Macht-Ungleichgewicht in der Entwicklungszusammenarbeit herrscht und dass auch heute noch kolonialistische Strukturen vorzufinden sind. Fast die Hälfte der Antworten stellt einen grossen administrativen Aufwand fest: die Berichtsformulare wie auch die Ziele und Kriterien werden von den Geldgeber*innen festgelegt. Die Vorgaben stimmen nicht unbedingt mit lokalen Bedürfnissen oder Prioritäten überein, und wenn eine Organisation mehr als eine geldgebende Institution hat, muss sie einen grossen bürokratischen Aufwand bewältigen. Trotz dieser Kritik ist die Hälfte der Antwortenden dafür, dass die Entwicklungszusammenarbeit weitergeführt wird. Die Befragten unterstreichen dies durch eine hohe Benotung der Werte Solidarität, Partnerschaft und Unterstützung.


Engagiert

Im Juni ist Mission 21 mit der jährlichen Synode in Davos und Chur zu Gast. Peter Aegerter, Kirchenvorstand der Gemeinde Davos-Platz setzt sich hinter den Kulissen für den Anlass ein. Text: Christoph Rácz, Mission 21.

Peter Aegerter freut sich auf den Tag, an dem die Delegierten und die Jugendbotschafter*innen von Mission 21 in Davos ankommen. «Es ist eine gute Gelegenheit, über unseren Tellerrand hinauszuschauen», sagt er. Schon seit Monaten steckt er in den Vorbereitungsarbeiten für die Missionswoche von Mission 21. Peter Aegerter ist gleich für drei Bereiche dieser Synode zuständig. Er ist von Davoser Seite verantwortlich für das Fest der Begegnung, das am Sonntag auf dem Arkadenplatz stattfindet, er organisiert die Sitzung der europäischen Delegierten (KVE) der Synode mit und sorgt für die Verpflegung von internationalen Delegierten und Jugendbotschafter*innen. «Die Gäste sollen sich bei uns wohlfühlen», sagt er.

Gastgeberrolle eröffnet Möglichkeiten Peter Aegerter wirkt im Gespräch ruhig, obwohl die Aufgaben rings um die Synode viel

zusätzliche Arbeit bedeuten. Vielleicht liegt es daran, dass er beruflich Menschen hilft, Ruhe und Entspannung zu finden und den Umgang mit Stress gelernt hat. Er arbeitet als Bewegungspädagoge in einer psychiatrischen Tagesklinik. Seit 2019 engagiert er sich im Vorstand der Kirchgemeinde Davos Platz, als Verantwortlicher für Weltweite Kirche. Ein Amt, das ihm auch persönlich liegt. «Die ökumenische Zusammenarbeit finde ich sehr wichtig, lokal und international», betont er. So engagiert er sich auch in der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen in der Landschaft Davos (AKiD); diese ist ebenfalls als gastgebende Organisation an der Synode beteiligt. Peter Aegerter schätzt die Möglichkeiten, die aus einer vielfältigen Zusammenarbeit erwachsen. In der internationalen Zusammenarbeit sei es zentral, lokales Wissen und Erfahrungen aufzunehmen und zum Beispiel in der Bildungsarbeit zu berücksichtigen. «Wichtig ist für mich immer, dass Begegnungen auf Augenhöhe stattfinden», erklärt er. So blickt er erwartungsvoll auf den Austausch mit den Menschen aus vier Kontinenten. «Diese Woche ermöglicht vielfältige Kontakte – das wird eine bereichernde Erfahrung für uns alle.»

zVg

«Begegnung auf Augenhöhe ist wichtig»

Bei Peter Aegerter laufen viele Fäden in der Vorbereitung der Missionssynode 2022 zusammen.

Missionswoche 2022: Kommen Sie vorbei! Die Missionswoche 2022 findet vom 5. bis zum 12. Juni statt, unter dem Motto «Leben, heilen, teilen – Together for our world». Sie bietet mit zahlreichen Veranstaltungen die Möglichkeit zum Austausch mit Menschen aus vier Kontinenten. Zum Beispiel am Stadtgespräch am 8. Juni in Chur, bei Impulsvorträgen aus vier Kontinenten am 10. Juni oder am Fest der Begegnung am 12. Juni in Davos.

Lassen Sie sich mit Spezialitäten aus den Küchen der Welt verwöhnen und geniessen Sie die spannende und bunte Missionswoche.

Die Anlässe sind kostenlos und offen für alle Interessierten. Sie finden das Programm in der Agenda auf Seite 19 dieses Hefts und online unter www.mission-21.org/synode2022 Die Synode ist das oberste Gremium unseres Werks. Die Delegierten entscheiden gemeinsam über die Strategie von Mission 21. Mission 21 freut sich, die Synodenwoche gemeinsam mit der Landeskirche Graubünden, den Kirchgemeinden Chur und Davos sowie der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen in Davos (AKiD) durchzuführen.

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Ein Bild, eine Geschichte

Ein Porträt zur Erinnerung Die Sammlung der Basler Mission enthält über 2000 Porträts ausziehender Missionare. Sie dokumentieren unter anderem die Entwicklung der Fotografie bis in die 1950er Jahre. Text: Andrea Rhyn Mission 21

runter Johannes Menge, werden in der Ausstellung «Nach der Natur. Schweizer Fotografie im 19. Jahrhundert» gezeigt, die bereits in Winterthur zu sehen war. Kurator Martin Gasser ist begeistert: «Die Porträtsammlung der Basler Mission ist ein einmaliger Bestand, nicht nur schweizweit, sondern sogar weltweit». Ein Besuch der Ausstellung ist noch bis zum 3. Juli im Museo d’arte della Svizzera italiana in Lugano möglich und von Oktober 2022 bis Januar 2023 in einer kleineren Version im Musée de l’Elysée in Lausanne.

Ernst schaut der junge Mann, Johannes Menge, in die Kamera. In Kürze wird er die lange und gefahrvolle Reise auf das ihm zugewiesene Missionsfeld antreten. In seinem Fall an die Goldküste, das heutige Ghana, das später in der Mission den Beinamen «das Grab des weissen Mannes» erhalten wird. Zunächst wird ein Porträt von ihm angefertigt, das in Basel bleibt. Schon 1818 wurden die allerersten ausreisenden Missionare portraitiert. Etwa 200 Porträtzeichnungen umfasst die Sammlung im Archiv der Basler Mission. Dann kommt ein neues Medium auf: die Fotografie. Erstmals ist es möglich, Menschen lebensecht abzubilden. Die Basler Mission geht mit der Zeit und lässt die Ausreisenden ab 1850 fotografieren.

Bilder als Leistungsnachweis

Zeugnisse der Fotografiegeschichte Die Porträtsammlung der Basler Mission ist auch eine Sammlung zur Entwicklung der Fotografie von der Frühzeit bis in die 1950er-Jahre. Besonders selten sind die über 100 Daguerreotypien, die früheste Form der Fotografie. Dabei wurde das Motiv auf eine versilberte Metallplatte belichtet und mit Quecksilber entwickelt. Das Bild war berührungsempfindlich und musste mit einer Glasplatte abgedeckt werden. Die Sammlung der Basler Mission enthält über 2000 Porträts ausziehender Missionare von 1818 bis 1954, als die Missionsschule geschlossen wurde. Zehn dieser Porträts, da-

Daguerreotypie von Johannes Menge 1851. Signatur: bmarchives.org: QS-30.001.0253.01

Die Porträtbilder der Missionare wurden zuerst im Sitzungszimmer des Vorstands der Basler Mission aufgehängt, wo sie viele neugierige Besuchende anzogen. Das führte zu Störungen im Verwaltungsbetrieb, weshalb man beim Neubau des Missionshauses 1860 beschloss, die Fotografien künftig an einer Wand im neuen Missionsmuseum im Erdgeschoss anzubringen. Die Porträts waren eine Erinnerung an die jungen ausziehenden Missionare, aber auch ein Leistungsnachweis für die Basler Mission. Auf einem Passepartout wurden das Geburtsdatum, das Datum des Eintritts ins Missionsinstitut, der Ausreise und das Missionsgebiet vermerkt. Später wurde mit dem Todesdatum ergänzt. In Johannes Menges Fall war das 1852, kein Jahr nach seiner Ausreise.

Friends of the Archives Unser Archiv dokumentiert umfassend und in vielen Facetten mehr als 200 Jahre Missions- und Weltgeschichte. Menschen aus der ganzen Welt nutzen jedes Jahr unsere Bestände für ihre vielfältigen Forschungsfragen. Helfen Sie mit, das historische Kulturgut dieses einzigartigen Archivs zu bewahren und werden Sie Mitglied in unserem Gönnerclub «Friends of the Archives». Weitere Informationen: https://www.mission-21.org/forschungsarchiv

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Agenda Bitte informieren Sie sich vor Ihrem Veranstaltungsbesuch auf unserer Website zur Durchführung: www.mission-21.org/agenda Unsere Kurse können sowohl online wie auch als Präsenzkurse stattfinden. Das gesamte Kursangebot finden Sie unter: www.mission-21.org/kurse

Stadtgespräch: «Genderfragen weltweit vernetzt» Mittwoch, 8. Juni, 14 Uhr bis 18 Uhr Martinskirche, Kirchgasse 12, Chur Frauen aus Afrika, Asien, Europa und Lateinamerika geben Einblick in ihre Lebensrealitäten. Musik mit Gitarre, Perkussion, Orgel und Gesang bietet Raum, das Gehörte wirken zu lassen. Internationale Missionssynode Freitag, 10. Juni, 9 Uhr bis 17.30 Uhr Kongresszentrum, Talstrasse 49a, Davos Platz Der öffentliche Teil der Missionssynode bietet Impulsvorträge aus vier Kontinenten zum Thema «Leben, heilen, teilen – Together for our world» (11-12 Uhr) und ein Referat von Prof. Dr. Isabelle Phiri (Ökumenischer Rat der Kirchen, 15-16 Uhr). Für Übersetzung aus dem Englischen bringen Sie bitte Ihr Smartphone und Kopfhörer mit. Keine Anmeldung erforderlich. Informationen: www.mission-21.org/synode2022 Internationaler Youth Summit: «The future is now» Samstag, 11. Juni, 13 Uhr bis 17 Uhr Pauluskirche, Bahnhofstrasse 9, Davos Platz Mit jungen Erwachsenen aus aller Welt entwickeln wir die Lösungen von morgen. Lerne die internationalen Jugendbotschafter*innen aus Afrika, Asien, Europa und Lateinamerika kennen und werde Teil des Jugendnetzwerks von Mission 21. Anmeldung: www.youngatmission.net Begegnungstag an der Missionssynode Samstag, 11. Juni, 15 Uhr bis 17.30 Uhr Kongresszentrum, Talstrasse 49a, Davos Platz Treffen Sie Delegierte von Partnerkirchen und Partnerorganisationen aus Nigeria, dem Südsudan, Ghana, Indonesien, Bolivien oder Costa Rica zum Gespräch. Tauschen Sie sich darüber aus, wie wir uns über Grenzen hinweg unterstützen können. Übersetzerinnen und Übersetzer helfen bei Bedarf. Missionsgottesdienst und Fest der Begegnung Sonntag, 12. Juni, 10 Uhr bis 16 Uhr Kirche St. Johann und Arkadenplatz, Davos Platz Ein feierlicher und bunter Gottesdienst beschliesst die Missionssynode. Im Anschluss findet das Fest der Begegnung statt. Für den musikalischen Höhepunkt sorgt Matt Buchli, Leadsänger von «77 Bombay Street». Freuen Sie sich auf weitere kulturelle Darbietungen, kulinarische Genüsse, Marktstände und ein Kinderprogramm sowie Begegnungen mit den internationalen Gästen.

Online Summer School: «Decolonize Aid!» Donnerstag bis Samstag, 25. bis 27. August online auf Zoom, Zeitangabe folgt online Ein ehrlicher Blick auf das weiterhin bestehende Machtgefälle in der Entwicklungszusammenarbeit und eine gemeinsame Suche nach neuen Strategien für Zusammenarbeit auf Augenhöhe. Mit Partnerinstitutionen aus vier Kontinenten. Info: www.mission-21.org/summerschool2022 Eröffnungsgottesdienst zur Kamapagne 2022 Sonntag, 11. September, 10 Uhr bis 12 Uhr Münster Basel Mit der Kampagne «Dank Bildung bestimmen wir unsere Zukunft selbst», setzen wir uns dafür ein, dass Mädchen in Südostasien dank Bildung die Chance auf ein selbstbestimmtes Leben ohne Gewalt und Ausbeutung erhalten. Die Kampagne dauert bis zum Missionssonntag am 1. Advent. Informatioen: www.mission-21.org/kampagne Webinar «Black voices from the archives» Dienstag, 27. September. 18 bis 20 Uhr, online Die Stimmen schwarzer Menschen – und besonders schwarzer Frauen – wurden in der Missionsgeschichte kaum beachtet. Doch es gibt sie. Ein neuer Blick auf die Zeugnisse schwarzer Stimmen im Archiv der Basler Mission. Missionsbazar Freitag/Samstag, 21./22. Oktober, 11 bis 17 Uhr Missionshaus, Missionsstrasse 21, Basel Der jährliche Bazar von Mission 21 ist bereits in Planung. Kommen Sie vorbei und entdecken Sie Handgemachtes und kulinarische Köstlichkeiten. Webinar «Mission und Kolonial-Armeen» Donnerstag, 27. Oktober, 18 bis 20 Uhr, online Mission wollte Frieden bringen. Doch wo und auf welche Weise war sie in Kriegshandlungen verwickelt? Ein neuer Blick auf das Wirken von Basler Missionaren in europäischen Kolonialgebieten. Nord-Süd-Tag «Fashionlust - Fashionfrust». Ein Angebot für Konf-Klassen zum Thema Kleidung Samstag, 29. Oktober 2022, 9.30 Uhr bis 16 Uhr Altenbergstrasse 66, Bern Am Nord-Süd-Tag kommen Konfirmationsklassen aus dem Kirchengebiet von Refbejuso zusammen. Dieses Jahr setzen wir uns mit dem Thema Kleidung auseinander. Info und Anmeldung: christof.hofer@mission-21.org begegnen 2 | 2022 19


Stiften Sie Frieden! In vielen Partnerländern von Mission 21 nehmen Spannungen oder Gewalt zu. Um Konflikte friedlich zu lösen, bilden wir in zahlreichen Ländern «Agents of Peace» aus. Sie wenden ihre Kenntnisse zur Konfliktbearbeitung in ihrem Umfeld an und geben sie weiter, um Opfer von Krieg und Gewalt zu unterstützen.

Ihre Spende hilft! Mit 50 Franken beteiligen Sie sich zum Beispiel an der Ausbildung einer Friedensvermittlerin im Südsudan. Spendenkonto: IBAN: CH58 0900 0000 4072 6233 2 Ihre Spende wird dort eingesetzt, wo sie besonders benötigt wird. So wird nachhaltige Veränderung weltweit möglich.

Mission 21, Missionsstrasse 21, CH-4009 Basel www.mission-21.org


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