MFG - Das Magazin / Ausgabe 30

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Arbeiter, der um ein Eck weniger als ein Ange-

zum gegeben Zeitpunkt berichten!“

Folge, dass er aktuell vier Wochen arbeiten ginge

stellter verdient, der prozentuelle Einschnitt un-

Kurzum. Das große Zittern wird prolongiert, und

„und jede fünfte Woche muss ich Urlaub neh-

gleich schwerer trifft, stellt er nicht in Abrede,

das zehrt gewaltig am Nervenkostüm. „Ganz ehr-

men!“ In seinem Säckl macht sich das Streichen

letztlich orten die Angestellten bei ihren Kolle-

lich, ich weiß nicht, wie es weitergeht, und es ist

der bezahlten Überstunden „mit einem Minus

gen dennoch kurzsichtige Betonierermentalität.

mir mittlerweile auch egal!“, meint Maier fast trot-

von rund 200-300 Euro bemerkbar.“ Das machte

„Mich ärgert, dass ich jetzt vielleicht wegen je-

zig. „Viele sind von einer Phase der Angst in eine

ihm angesichts laufender Kreditrückzahlungen

mandem, der nur dumm die Feile schwingt ohne

der Gleichgültigkeit hinübergeglitten.“ Fast ent-

anfangs extrem zu schaffen, ein wenig Entspan-

nachzudenken, auch den Job verliere.“ Freilich,

schuldigend fügt er hinzu: „Wissen Sie, ich kann

nung „hat aber die letzte Leitzinssenkung der EZB

die „Feilenschwinger“ bilden das Gros der Werks-

mich nicht die ganze Zeit fürchten. Das zermürbt

gebracht, dadurch ist auch die Kredittilgungsrate

mannschaft. Seitdem herrscht jedenfalls dicke

dich, macht dich fertig, und ändern kann ich oh-

geringer geworden.“ Dennoch, und dies hat er

Luft im Werk. „Eine Kluft zwischen Arbeitern und

nedies nichts.“ Das klingt wie die berühmten let-

mit vielen Kollegen gemeinsam, suchen viele zunehmend nach zusätzlichen Einnahmequellen – bis hin zum regelmäßigen Plasmaspenden. „Das kann man bis dreimal alle zwei Wochen. Bei ca. 20 Euro pro Spende bringt das im Monat bis zu 120 Euro in die Familienkasse!“ Auch

die

Personalvermittlungsagen-

turen stöhnen. „Wir bekommen die Krise ja als erste zu spüren, weil bei uns immer mehr Bewerber vorstellig werden, die umgekehrt gerade erst woanders ihren Job verloren haben. Die Vermittlung wird daher schwieriger!“, so Martin

Angestellten gab es schon immer, aber nach die-

zen Worte eines Buches, danach ist nichts mehr

Heiss, Geschäftsführer von Staff 24. Er schränkt

sem Erlebnis hat sie sich offen manifestiert.“ Ob

zu sagen. Maier blickt gedankenverloren auf den

aber ein, „dass die Nachfrage stark abhängig

die Zerstrittenheit der Belegschaft bei etwaigen

Tisch, als hätte man plötzlich die Pause-Taste ge-

von der Branche ist. Während im Gewerbe und

weiteren Verhandlungen zum Vorteil gereicht,

drückt. Unangenehmes Schweigen breitet sich

den Mittelständischen Unternehmen die Vermitt-

darf bezweifelt werden – wobei Verhandlungen

aus, bis uns der Sohnemann erlöst. „Papa, wann

lungsquote noch gleich hoch wie jene im Vorjahr

ohnedies kein Thema mehr sein dürften. So kom-

stellen wir endlich das Bad auf?“ Maier wirft mir

ist, lässt sich in der Industrie, und hier speziell in

mentiert der Marketing & Kommunikationsleiter

einen ratlosen Blick zu, dann wendet er sich lä-

der Autoindustrie rund um St. Pölten, ein Rück-

Harald Weber von der GF Automotive Mutter in

chelnd seinem Junior zu: „Jetzt mein Schatz“!

gang der Vermittlungen feststellen.“

Schaffhausen die Ablehnung der Abstimmung

Was im Kampf um einen Arbeitsplatz besonders

folgendermaßen. “Georg Fischer nahm diesen

Die anderen

Entscheid mit Bedauern zur Kenntnis und muss

Georg Fischer ist nur ein Exempel, wo aktuell die

„Gut ausgebildete Arbeiter lassen sich leicht ver-

nun Maßnahmen durchführen, die von uns alleine

Zeichen auf Sturm stehen. Und die Mär, ja Hoff-

mitteln und werden weiterhin nachgefragt, wäh-

beeinflusst werden können.“ Maßnahmen, die

nung, dass es nur die Automobilindustrie trifft,

rend es für minder qualifizierte Arbeitskräfte und

keine rosigen Zeiten verheißen. So wurden die

wird rasch zunichte gemacht. Bereits im März si-

Hilfspersonal immer schwieriger wird.“

Mitarbeiter sowie die Medien Ende Mai von einer

gnalisierte etwa der Möbelhersteller Svoboda, bis

Reihe von Maßnahmen des Konzerns in Kenntnis

vor kurzem Arbeitgeber von immerhin 240 Mitar-

Kikantisch. Schwierig könnte es auch für Teile

gesetzt, worin es u. a. heißt, „dass für etwa 850

beitern, dass er mit der Krise zu kämpfen hat. Wie

des Handels werden. Bei Leiner/Kika etwa kursie-

Mitarbeitende Kündigungen nicht zu umgehen

man gegenüber dem Wirtschaftsblatt bestätigte,

ren Gerüchte über geplante Gehaltskürzungen.

sein werden.“ Davon könnte auch der Standort

wurden Urlaube und Zeitausgleiche abgebaut, die

Betriebsrat Freitag sagt dazu nur „dass wir dazu

Herzogenburg betroffen sein, zumal man hier

Zahl der Leiharbeiter wurde auf null gesetzt. „Die

gar nichts sagen“, und sagt damit eigentlich

„die drei Fabriken umstrukturiert und teilweise

Devise ist: Wir müssen möglichst flexibel blei-

schon sehr viel. Die Stimmung im Betrieb ist,

zusammengelegt werden!“ Was das heißt, um-

ben“, so damals Geschäftsführer Bernhard Hol-

wie einige Mitarbeiter bestätigen, „von Unsicher-

reißt Weber in Stichworten „Die Anpassung der

zer. Doch das allein reichte nicht aus. Mittlerweile

heit geprägt. Man hört Gerüchte, aber Konkretes

Kapazitäten an die Nachfrage. Die teilweise Ver-

wurden erste Kündigungen ausgesprochen.

gibt es nicht.“ Aufklärung über den Status Quo

lagerung von Produkten an andere Standorte. Die

Auch der Tiroler Holzwerkstoffhersteller Egger

schafft Leiner/Kika Geschäftsführer Paul Koch.

Rückgabe einzelner, nicht profitabler Produkte an

mit Dependance in St. Pölten drückt auf die Kos-

„Was es aktuell gibt, sind normale Bereinigungen,

den Markt. Die Reorganisation der Produktion am

tenbremse. Im Februar kündigte man per Aussen-

das heißt wir trennen uns von Mitarbeitern mit

Standort Herzogenburg“, um dann hinzuzufügen.

dung für die gesamte Egger-Gruppe einen „Abbau

unterdurchschnittlichen

„Weitere Details können wir erst im Laufe des

von Leiharbeitskräften, Urlaubs- und Überstun-

drei Jahre im Krankenstand sind etc. – da muss

Projektfortschritts nennen.“ Auch auf die Frage,

denabbau aber auch Kurzarbeit und die Kündi-

man im Sinne des Gesamtunternehmens einen

ob es Kündigungen geben wird, antwortet Weber

gung von Mitarbeitern“ an. Ein St. Pöltner Mit-

Schlussstrich ziehen. Wenn es gut geht, sind das

nebulös. „Die Entwicklung des Personalstandes

arbeiter, der namentlich nicht erwähnt werden

vielleicht 50 Mitarbeiter in Österreich, und derlei

hängt auch davon ab, wie die Umsetzung der

möchte, gibt an, dass „Überstunden zwar noch

Restrukturierungen hatten wir schon immer“, so

notwendigen Maßnahmen greifen. Freisetzungen

gemacht, aber nicht mehr ausbezahlt, sondern in

der Manager. „Ich will aber nicht schönreden,

sind nicht auszuschließen, Konkretes werden wir

Zeitausgleich abgegolten werden.“ Dies habe zur

dass man sich natürlich auch auf etwaige härtere

relevant wird, ist die Frage der Qualifizierung.

Zahlen,

solche

die

–12 – MFG

0809_1011_1213_1415 Wirtschaft.i6 6

03.06.2009 18:08:13

Foto: Leiner/KIKA, zVg

Mitarbeiterinformation

des Leiters „Georg Fischer Automotive“ nach der gescheiterten Urabstimmung


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