MFG - Das Magazin / Ausgabe 17

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URBAN

Das Café, so ein Literat der

K alten Schule, sei eine An-

sperrbezirk adé? „Es wird dem nächtlichen Gewerbe nicht Tür und Tor geöffnet, wir wollen aber auch nicht die Augen vor der Realität verschließen.“ So kommentiert Bürgermeister Stadler das Umdenken der Stadt in Sachen Sperrbezirk. Ein Prozess, den nicht zuletzt wohl auch MFG mit seiner breitangelegten Reportage über die „‚Rotlicht-Szene“ in der Landeshauptstadt mit ausgelöst hat. Jetzt ist Prostitution im Stadtgebiet verboten, passiert aber natürlich im gesetzlichen Graubereich. Laut Stadler ist derzeit eine Durchführungsverordnung in Ausarbeitung, die auf Basis des NÖ Prostitutionsgesetzes „die Anbahnung und Ausübung der Prostitution an bestimmten Orten innerhalb des Stadtgebietes auch weiterhin grundsätzlich verbieten wird“, die aber „in manchen Betriebsgebieten“ Zonen ausweisen würde, wo die Sexarbeit „in einem Gebäude (Betriebsstätte) geduldet werden kann.“ Das kommt de facto einer selektiven Aufhebung des Sperrbezirkes gleich. „Den viel zitierten Straßenstrich wird es in St. Pölten auch weiterhin nicht geben“, beruhigt der Bürgermeister.

Die Magische 160

Alles auf SchienE?

stalt, die der Mensch aufsuche, um allein zu sein, wobei er aber hiefür Leute um sich braucht. Ich geh seit Jahrzehnten habituell ins Kaffeehaus. In der Landeshauptstadt wird einem die Freude des Kaffeehausbesuches allenthalben nur leicht getrübt zuteil. Gut, die Häusln sind durchwegs um Klassen adretter und sauberer als im diesbezüglich schon levantinischen Wien, aber: Ich wünsch mir ein Kaffeehaus, in dem sich der Wirt nicht vornehmer dünkt als seine Gäste, in dem ich nach monatelangem Besuch nicht immer noch nach meinem (ohnehin immer gleichen) Wunsch gefragt werde. Ein Kaffeehaus, in dem sich die Serviererinnen, unausgelastet, nicht quer durchs Lokal lautstark über ihre Privatangelegenheiten und die Chefität unterhalten und dabei rauchend ihre triefäugig anwesenden Lover betreuen. Ein Kaf-

Fotos: Rauschmayr, photocase, vorlaufer, Lukas Jakob Löcker

Kaffeehaus Gesucht von Hebi

Eine Zahl geistert durch die Stadt: 160 Millionen

Tja, sollen wir uns jetzt freuen oder fürchten? Nun

Euro. Soviel sollen in den nächsten Jahren in die In-

sind sie also durch beim Bund, die großen, heißum-

frastruktur St. Pöltens investiert werden. In was ge-

kämpften Verkehrsprojekte S34, GZU und Donau-

nau, wollten wir vom Bürgermeister wissen. Alsdann:

brücke Traismauer (sofern nicht wieder das große

Maßnahmen im Verkehrsbereich (Verbindungswege

„Ministersterben“ ausbricht wie anno dazumal in der

für S34, Begleitmaßnahmen zur GZU, Westumfahrung

FPÖ, als alle paar Monate ein neuer Minister andere

als Verbindung von A1 zur S33, Nordtagente). Weiters

Prioritäten setzte). Abgesehen davon, dass das Be-

Hochwasserschutz fürs Logistikzentrum NÖ Zentral,

nehmen der Politiker, wer denn jetzt für den „Ver-

Ausbau des VAZ, Investitionen im Bildungsbereich so-

kehrssegen“ verantwortlich ist, geradezu lächerlich

wie in die Tagesbetreuung. Auch das Stadion, schein-

anmutet, stellt sich auch die Frage, ob wirklich alles

bar auch schon abseits von Fußballfankreisen als „In-

Gold ist, was glänzt. So schauen die leidgeprüften

frastrukturmaßnahme“ angesehen, wird erwähnt.

Bahnkunden entlang der Strecke St. Pölten-Krems

Prioritäten? Da wirds schwammig: „Das Infrastruktur-

(sofern es überhaupt noch letzte masochistische Wa-

paket ist eine Bestandsaufnahme ohne Prioritäten-

gemutige gibt) einmal mehr durch die Finger, genießt

reihung, da vieles mit Bundes- und Landesplanungen

der zweigleisige Ausbau St. Pölten-Herzogenburg

verknüpft ist“, so Stadler. Zudem ließe „das Budget

doch keine Priorität, wie im übrigen auch die Maria-

der Stadt für hochwertige Projekte mit überregionaler

zellerbahn nicht berücksichtigt wurde. In die Bahn

Bedeutung wenig Spielräume zu.“ Gespräche mit dem

wird halt nur investiert, wo es sich lohnt – also auf

Landeshauptmann habe es schon gegeben, über kon-

der Westbahnstrecke. „Spitzenzeichen“ und Beleg,

krete Zusagen war Stadler nichts zu entlocken.

wie ernst die Regierung die CO2-Reduktion nimmt!

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feehaus, in dem sich die Hintergrundmusik dem Geschmack der Gäste und nicht (lautstark) jenem des Personals anpasst. Wenn überhaupt Musik. Ein Kaffeehaus, das nicht vor lauter Vornehmheit am helllichten Tag so zappenduster ist, dass man beim besten Willen nix lesen kann. Ein Kaffeehaus, das um ein paar dümmliche Lifestyle-Illustrierte weniger führt, dafür aber die NZZ, die FAZ oder die Süddeutsche. Ein Kaffeehaus, wo einem das Personal, wenn noch am späten Vormittag überhaupt keine Zeitungen da sind, nicht antwortet: “Dafür sind wir nicht zuständig“. Ein Kaffeehaus, das nicht 3 Exemplare der mitreißenden amtlichen Wiener Zeitung im Schnupper-Abo führt, dagegen keine „Presse“ und keinen „Standard“. Ein Kaffeehaus, bei dessen Betreten man nicht den Eindruck gewinnt, hier herrsche absoluter Rauchzwang… Aber jetzt hab ich eins. Werma sehn …

11.04.2007 00:21:50


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