LEADER Februar 2020

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Wirtschaft

«Ich gehe von einem moderaten Wachstum aus» Alexander Fust ist Leiter Transfer & Fördergefässe am Schweiz. Institut für Klein- und Mittelunternehmen der Universität St.Gallen sowie Direktor des Fördervereins KMU-HSG. Im Gespräch mit LEADER-Chefredaktor Stephan Ziegler skizziert der Fachmann, wo er insbesondere die Ostschweizer KMU-Landschaft 2020 verortet.

Alexander Fust, die Expertengruppe des Bundes meint, dass sich die Schweizer Konjunktur 2020 nur moderat entwickle. Mit einer allmählichen konjunkturellen Belebung sei erst für 2021 zu rechnen. Teilen Sie diese Einschätzung? Während die Economiesuisse eher davon ausgeht, prognostiziert die Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (KOF) und das SECO das Bruttoinlandsprodukt für 2020 ein höheres Wachstum des Bruttoinlandsproduktes (BIP) als noch 2019. Beim BIP-Wachstum für 2021 bestehen jedoch Unterschiede. Teilweise wird es höher, teilweise tiefer als noch 2020 eingeschätzt. Eine Voraussage zu treffen für die ganze Schweiz, finde ich relativ schwierig. Es gab in der jüngsten Vergangenheit immer wieder unvorhersehbare Ereignisse, die sich auf die Konjunktur ausgewirkt haben. Das könnte auch in Zukunft passieren. Ich gehe aber selbst auch eher von einer moderaten Entwicklung für 2020 aus. Und wie sieht es 2020 für die Ostschweiz aus? Ich gehe auch hier von einem moderaten Wachstum aus, wobei die Entwicklungen je nach Branche unterschiedlich sein werden. Eine Betrachtung der Branchen mit den meisten Beschäftigten in den Ostschweizer Kantonen zeigt Folgendes: Im Gesundheitswesen kann eher von einem stärkeren Wachstum gesprochen werden. Gleiches gilt für die Branche «Erziehung und Unterricht». Der Detail- und Grosshandel werden wahrscheinlich weiter unter dem Strukturwandel (z. B. Onlinehandel, Kostendruck) leiden. Gleiches gilt auch für die Landwirtschaft. Im Ausbaugewerbe kommt es auf den Neuwohnungsbau an, wobei der Gesamtmarkt wahrscheinlich moderat wachsen wird. Die Hersteller von Metallerzeugnissen dürften auch moderat wachsen, wobei das stark von der Kundenstruktur abhängt. Die Automobilzulieferer werden es wahrscheinlich weiterhin nicht einfach haben. Alle diese Branchen beschäftigen etwa ein Drittel aller in marktwirtschaftlichen Unternehmen Beschäftigten der Ostschweizer Kantone. LEADER | Jan. / Feb. 2020

Viele Ostschweizer KMU sind stark exportorientiert. Bekommen diese den Handelskrieg zwischen den USA und China sowie die weltpolitischen Spannungen noch mehr 2020 zu spüren? Die letzten Zeichen waren zwar versöhnlich, doch ist das Verhältnis zwischen den USA und China weiterhin belastet. Ob der Handelskrieg sich verschärfen oder beruhigen wird, kann ich zum aktuellen Zeitpunkt nicht sagen. Da es auf die Wahlen in den USA zugeht und es durchaus auch eine Machtfrage ist, gehe ich von einer weiteren Unsicherheit aus. Es bleibt eine Wahrscheinlichkeit, dass sich der Handelskrieg weiter verschärfen könnte. Insbesondere hat die Regierung der USA nicht

«Die Automobilzulieferer werden es auch weiterhin nicht einfach haben.» nur China, sondern auch Europa erwähnt. Wir dürfen gespannt sein, was da noch auf uns zukommen könnte. Diese Unsicherheit belastet aller Voraussicht nach die exportorientierten Firmen. Hier möchte ich aber schon auch noch erwähnen, dass es auch in der Ostschweiz viele KMU gibt, die gar nichts exportieren und den allergrössten Teil ihres Geschäftes im Inland machen. Naturgemäss sind sie von diesen globalpolitischen Entwicklungen kurzfristig kaum oder nur am Rande betroffen. Muss man hier zwischen Konsumgütern unterscheiden, die nach wie vor gut nachgefragt werden, und MEM-Produkten? Im Grundsatz ja. In der Schweiz werden laut dem Bundesamt für Statistik (BfS) vor allem Pharmaprodukte, Erzeugnisse der MEM-Branche, Instrumente und Uhren exportiert. Die Exporte dieser Erzeugnisse dürften sich unterschiedlich entwickeln.


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