Megawelle 02/2011

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Betancourt im Reich des Zaren Bei der ersten Audienz Betancourts wird er gleich in den Rang eines „Marschalls der Russischen Armee“ erhoben und wurde Beirat der „Abteilung für Kommunikationswege“, 1819 wurde er deren Direktor. Es wartete viel Arbeit auf ihn: Er konzipierte die Newa-Brücke, die Modernisierung der Waffenfabriken in Tula und der Kanonenfabrik in Kasan und er modernisierte die Fischereitechnik auf der Ostseeinsel Kronstadt. Nächstes Projekt: Beim Bau der weltberühmten „Isaak-Kathedrale“ in St. Petersburg ist er verantwortlich für die Baueinrüstung. Wahrscheinlich geht auch das berühmte „Erdpendel“ aus der Kuppel der Kathe-

Das Geburtshaus in Puerto Es wird schon 1742 in den Analen erwähnt. 1758 geht es in den Besitz der Betancourts über und wird zum Stammsitz der Familie. Nach dem Verlöschen des Geschlechtes wurde seine geschichte recht wechselhaft: Um 1850 mutierte das Haus zum Unterhaltungszentrum. Doch schon vier Jahre später erwarb das Finanzministerium den Bau und nutzte es als Lagerhaus für landwirtschaftliche Produkte. Von 1877-1881 gehörte es dem Bürgermeister von Puerto. Der ständige Wechsel hat der Bausubstanz nicht gerade wohl getan. Doch dann

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gen.1796 kehrte er von England über Frankreich zurück und baute die erste Kette von optischen Telegraphen, eine Kette von vier Türmen mit Winkarmen auf der Strecke Madrid-Aranjuez. Er realisierte viele grandiose Projekte auf zivilem und militärischem Sektor. Ende 1807 reiste er auf Einladung des Zaren Alexander I. nach Sankt Petersburg. Der Zar war bemüht, Wissenschaftler und Künstler zu verpflichten, um sein Reich auf den neuesten Stand zu bringen.

drale auf seine Initiative zurück. Auch die Bauaufstellung der berühmten „Alexandersäule“ ist sein Werk. Nach ihm wurde der „Kanal Betancourt“ benannt. In Moskau konstruiert und baut er die historische Reithalle. Aktivitäten eines Universalgenies, die wenig Parallelen in der Ingenieurwissenschaft finden. Nächste Aufgabe: Nishnij Nowgorod. Dort baute er die Messe für die Stadt auf, modernisierte die Innenstadt, installierte eine Notendruckerei, regulierte die Dampfschifffahrt auf der Wolga, initiierte Wasserversorgungssysteme und engagierte sich in Eisenbahnvorhaben. Er war universell und nimmermüde in seinen grandiosen Ideen. Doch dann gab es Differenzen mit dem Zaren. 1822 kündigte de Betancourt seine Stellung als Institutsdirektor. Ohne seine Heimat wiederzusehen, zurückgezogen lebend, verstarb er am 14. Juli 1824 in Sankt Petersburg.

kam die Wende: Ab 1888 wurde das Geburtshaus zum Hotel gestaltet. Damit ist es das zweitälteste Hotel in Puerto de la Cruz. Im beginnenden Tourismus vor allem ein Treffpunkt für Engländer. 1928 erwarb es das deutsche Ehepaar Gleixner. Dieses Dreisterne-Hotel „MONOPOL“ ist noch heute im Besitz der Familie. Wegen seines Komforts und seines Ambientes wird es vor allem von deutschen Reiseunternehmen gebucht. Eine besondere Attraktion ist der Haupteingang: Jeden Morgen schmückt ihn eine Señora in Nationaltracht mit frischen HibiscusBlüten. Die Geschichte des Hauses wird wachgehalten durch zwei Gedenktafeln, eine wurde zum 250.Geburtstag Betancourts in Gegenwart einer russischen Delegation enthüllt. Zu diesem Ehrentag wurde auch die „Avenida Generalísimo“, eine bedeutende Straße in Puerto, umbenannt in: „Avenida Familia Betancourt y Molina“. Heinz-Rodolf Renelt

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