Jahrbuch 2011 12 web

Beiträge zu Geschichte und Gegenwart

Erste Karlstadter Mainbrücke

Gambach Mühlbach

Postkarte: Claus Dürr

Heßlar Rohrbach

Karlburg Stadelhofen

Sammelband 2011/12

Karlstadt Stetten

Laudenbach Wiesenfeld

Verlag Gerhard Kralik

Jeder Mensch hat etwas, das ihn antreibt.

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Titelbild: Erste Karlstadter Mainbrücke Postkarte: Claus Dürr © Copyright 2011, ISBN-Nr. 978-3-943464-00-9 Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise und Vervielfältigung in irgendeiner Form (Fotokopie, Mikrofilm oder andere Verfahren) oder Verarbeitung durch elektronische Systeme ohne schriftliche Einwilligung der Autoren bzw. der Fotografen nicht erlaubt.

Herausgeber: Gerhard Kralik Redaktion: Martina Amkreutz-Götz, Werner Kübert, Willibald Niklaus Herstellung: November 2011 Verlag Gerhard Kralik 97753 Karlstadt, Hofriethgasse 2, Telefon 09353/1360, Medienwerkstatt Michael Kralik, Am Steinlein 12, 97753 Karlstadt Telefon: 09353/99930, Fax: 09353/99265 E-Mail: info@kralik.de, Internet: www.medienwerkstatt.com

Beiträge zu Geschichte und Gegenwart

Erste Karlstadter Mainbrücke

Gambach Mühlbach

Postkarte: Claus Dürr

Heßlar Rohrbach

Karlburg Stadelhofen

Sammelband 2011/12

Karlstadt Stetten

Laudenbach Wiesenfeld

Verlag Gerhard Kralik

Vorwort „Eine Chronik schreibt nur derjenige, dem die Gegenwart wichtig ist“. Mit diesem Satz beschreibt Johann Wolfgang von Goethe einen Menschen, der als Chronist wichtige Ereignisse und Vorgänge recherchiert und niederschreibt. Seit nunmehr neun Jahren zeichnen zahlreiche Autoren aus Karlstadt und seinen Ortsteilen in chronologischer Fortschreibung wichtige und bemerkenswerte Geschehnisse aus der Stadt und den Dörfern in einem Jahrbuch auf. Sie beschreiben einzelne Menschen und Familien, erzählen über Bauwerke und Bildstöcke, stellen Veränderungen und Entwicklungen in den Dörfern über einen längeren Zeitraum dar oder plaudern über private Erlebnisse in vergangener Zeit. Die Autoren gehören nicht zu den Ewiggestrigen, zu den verbissenen Wühlern in der Vergangenheit. Nein, sie sind hellwach und beobachten laufende Entwicklungen und gesellschaftliche Strömungen, erfassen besondere Vorfälle und stellen sie in einen erklärenden Kontext, halten im Bild und Dokument besondere Ereignisse oder sich über Jahre hinziehende Entwicklungen fest. Im Interview mit Zeitzeugen werden Erlebtes, Lebensläufe oder Einzelheiten aus der Vergangenheit festgehalten, wobei durch das Erzählen eines „Selbst-dabeiGewesenen“ eine lebendige und persönliche Färbung in den Artikel einfließt. Viele persönliche Geschichten würden ohne die Arbeit der Autoren nie zu Papier gebracht werden. Schwieriger ist es, einen Sachverhalt alleine aus schriftlichen Dokumenten und Quellen rekonstruieren zu müssen, da hier Vieles im Dunkel der Geschichte bleiben oder durch Vermutungen des Schreibers ersetzt werden muss. Alle Autoren sind dankbar, wenn ihnen Mitbürger Geschichten erzählen, Dokumente, alte Fotos und Gebrauchsgegenstände kurzfristig überlassen, um ein Thema möglichst umfassend zu bearbeiten. Dabei ist niemand auf der Suche nach dem Skandal oder der Sensation. Persönlichkeitsrechte werden beachtet, schwere Einzelschicksale mit Takt und Einfühlungsvermögen geschildert; niemand muss befürchten, durch eine Veröffentlichung im Jahrbuch bloßgestellt zu werden. Leider muss man immer wieder erfahren, dass aus Angst vor der Verletzung von Persönlichkeitsrechten ganze Nachlässe mit historisch wichtigen und verwertbaren Inhalten ungeprüft in die Altpapiertonne gegeben werden, anstatt solche Unterlagen zuvor einen Chronisten sichten zu lassen.

Insgesamt achtundzwanzig Autoren aus der Stadt Karlstadt und aus allen Ortsteilen haben in diesem Band wiederum eine breit gefächerte Palette von humorvollen und nachdenklichen Erzählungen, Lebensläufen, Einzelschicksalen, Vereinschroniken, Ereignissen aus der älteren und neueren Geschichte unserer Heimat zusammengetragen. Die Entwicklung der Karlstadter Karnevalsgesellschaft KKG wird sicherlich viele dem Karlstadter Fasching verbundene Leser erfreuen.

Herzlichen Dank sage ich allen Autoren, die ohne Honorar arbeiten, dabei viel Zeit und auch finanzielle Auslagen investieren und mit Sachverstand und viel Herzblut ihre Geschichten niederschreiben. Viel Freude wünsche ich allen Lesern dieses Jahrbuches beim „Durchstöbern“ dieses Druckwerkes, zunächst wohl mit den Geschichten über den eigenen Ortsteil, beim Nachvollziehen der Chronikbeiträge, aber ebenso mit den Abhandlungen zur Stadt und den anderen Ortsteilen.

Auch den werbenden Unternehmen in diesem Buch spreche ich meinen Dank aus.

Durch ihre Anzeigen ermöglichen sie die Finanzierung dieses Buchprojektes und gewährleisten gleichzeitig für alle Käufer einen bezahlbaren Preis.

Josef Riedmann Oktober 2011

Inhalt Titelgeschichte Karlsbrücke schaffte 1880 die kurze Verbindung zu Karlstadt

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Gambach Der gusseiserne Kreuzweg auf dem Gambacher Friedhof Der Markus-Bildstock ist Ziel an den Bitttagen Josef Niederleitner – Gambacher Pfarrer von 1943 bis 1984 Der Gambacher Friedhof wurde schon zweimal erweitert Denkmal für die gefallenen Gambacher des Ersten Weltkrieges Gambach im Jahre 2009

22 25 27 34 38 40

Heßlar Heßlarer Dialekt und derbe, wahre Redensarten Ortsgeschichte Heßlar – Teil 1 (von 788 bis 1988) Heßlar im Jahre 2009

46 49 59

Karlburg Die letzten vier Karlburger Bürgermeister von 1945 bis 1978 Moderner Kirchenbau auf historischem Boden Meine Metzgerlehre bei Onkel Wilhelm Hartmann Schlachtfest bei Fliegern der Bundeswehr als Überlebenstraining Erinnerungen an eine Schulzeit in zwei Heimatorten Karlburg im Jahre 2009

62 79 85 91 93 104

Karlstadt Die verrückten Gründerjahre der KAKAGE „Die Schwedenmännli“ Kriegswitwen und Mütter brachten ihre Kinder durch St. Andreas und der alte Friedhof – Ausgrabungen auf dem Kirchplatz Karlstadter Flurnamen - Zwischen Burräh, Lausbaam und Schtėiterwaach Teil 4 Süße Amerikaner Ha-li, ha-lo, wir fahren, wir fahren nie nach Karscht Karlstadt im Jahre 2009

117 142 143 155 168 169 177

Laudenbach Jüdische Traditionen und Bräuche in Laudenbach Laudenbach im Jahre 2009

182 193

Mühlbach Holzstrich im Wald: Wer bietet mehr?

Johann Sohn – letzter Postillon und Burgwächter Mühlbach im Jahre 2009

199 201 208

Rohrbach Dr. Ferdinand Ulrich, zu Höherem berufen, bewarb sich um Landpfarrei Rohrbach im Jahre 2009

211 259

Stadelhofen Christliche Zeugnisse an Häusern und in Vorgärten Stadelhofen im Jahre 2009

223 227

Stetten Es Förschtla, d’r Straulino und die Kathinka Neunmal Stetten beim Stetten-Turnier Rumäniendeutsche büßten für Kriegsschuld Franz, bleib da – man weiß nicht, wie’s Wetter wird Das Lumpenmariela und ihre Himbeerleckerli Stetten im Jahre 2009

232 237 241 248 251 254

Wiesenfeld Jiddische Wörter im Wiesenfelder Dialekt Als die erste Filzkugel durch die Luft flog Geschichte der jüdischen Gemeinde in Wiesenfeld Wiesenfeld im Jahre 2009

Autorenverzeichnis

256 261 271 316 323

Karlsbrücke schaffte 1880 die kurze Verbindung zu Karlstadt Von Georg Büttner

Eine der ältesten bekannten Aufnahmen der Stadtansicht mit der neuen Mainbrücke aus der Zeit um 1885. Sowohl auf Karlstadter als auch auf Mühlbacher Seite sind die Anlegestellen des jahrhundertelangen Fährbetriebes noch zu erkennen.

Ansichtskarte: Sammlung Claus Dürr

Die erste Anregung zur Erbauung einer festen Brücke über den Main zwischen Karlstadt und Mühlbach kam in den Jahren 1867/68 von Metzgermeister Johann Brendel, Färbermeister Franz Seubert und Schullehrer Kaspar Brust. Diese drei Karlstadter Bürger hatten ein Brückenbaukomitee ins Leben gerufen, das die Errichtung einer „stehenden Brücke von Karlstadt nach Mühlbach“ anvisierte. Eine Umfrage von 1868, in der das Komitee alle näheren und weiter entfernten Ortschaften links des Maines um ihre Meinung bat, brachte begeisterte Zustimmung zu dem Vorhaben.

Die Stadt Lohr, die selbst noch keine Brücke hatte, sich jedoch ebenfalls um eine solche bemühte, konnte trotz ihrer eingehenden Befürwortung für Karlstadt einen leisen Unterton des Neides nicht ganz unterdrücken. So heißt es in der Rückantwort der Stadt Lohr: „Durch eine Überbrückung des Maines bei Karlstadt würde eine bedeutende Erleichterung des Verkehrs herbeigeführt werden, die volle Freiheit und unbehinderte Entwicklung der beiderseitigen Wechselbeziehungen würde allerdings von unserer Umgebung sowie von dem Standpunkte des Spessart aus auch die Errichtung einer stehenden Brücke bei Lohr oder in dessen Nähe erheischen.“ Lohr bekam noch vor Karlstadt 1875 seine erste Mainbrücke.

Karlstadt 9

Die Antworten der Gemeinden Mühlbach, Stadelhofen, Duttenbrunn, Rohrbach, Karlburg, Laudenbach, Billingshausen, Wiesenfeld, Steinbach und Marktheidenfeld sind uns ebenfalls erhalten. Die näher gelegenen Gemeinden heben besonders die Möglichkeit einer ungehinderten Erreichbarkeit von Arzt, Apotheke und Bahn hervor. Bislang war der Fährverkehr bei Hochwasser, Eisgang oder starkem Nebel für längere Zeit unterbrochen und auch eine schnelle Hilfeleistung durch die „berühmte Karlstadter Feuerwehr“ für die Orte am jenseitigen Mainufer nicht möglich. Auch eine ungehinderte Erreichbarkeit der Behörden wie Bezirks- und Rentamt (heute Landratsamt und Finanzamt), Gericht, Notariat und auch der Bahn wurde als Grund für einen notwendigen Brückenbau angeführt.

Der Ausbruch des Krieges zwischen Frankreich und Deutschland 1870/71 brachte das Vorhaben jedoch gänzlich zum Erliegen.

Die Notwendigkeit einer Brücke stand außer Frage und so stellte die Regierung von Unterfranken und Aschaffenburg, Kammer des Innern, im Oktober 1878, bezüglich Erbauung einer Brücke bei Karlstadt und Zellingen, aufgrund zweier bezirksamtlicher Berichte vom Juni desselben Jahres fest, „dass auf der ca. 52 km langen Mainstrecke zwischen Würzburg und Lohr keine stehende Überbrückung des Flusses vorhanden ist. Vom Standpunkt der Verkehrsverhältnisse, insbesondere unter Berücksichtigung der häufigen Störungen des Überfahrverkehrs mit Fähre bei Hochwasser, Eisgang, zur Nachtzeit, sodann wegen der hiermit verbundenen Zeitverluste, Belästigungen und Gefahren erscheint es sehr wünschenswert, wenn zwischen den beiden Endpunkten eine oder mehrere Mainüberbrückungen geschaffen werden könnten“.

Die Vorarbeiten und die Finanzierung Für die Verwirklichung der Brückenbaumaßnahme waren mehrere Projekte untersucht worden, darunter der Kostenvoranschlag der Süddeutschen Brückenbaugesellschaft in Höhe von 391.000 Reichsmark, bei dem eine Überquerung des Flusses in Höhe der Maingasse (Projekt B) vorgesehen war. Diese Variante scheiterte an den Kosten.

Schließlich wartete der Würzburger Baumeister Friedrich Buchner mit einem Entwurf (Projekt A) auf, dessen Kostenvoranschlag mit 96.000 Mark für Erd- und Steinhauerarbeiten sowie 72.000 Mark für die Eisenbrückenkonstruktion der Noell’schen Waggonfabrik in Würzburg und 2.400 Mark für die Bauaufsicht durch den Flußund Straßenbauamtmann Forthuber aus Würzburg mit den finanziellen Mitteln der Stadt Karlstadt in Übereinstimmung gebracht wurde. Die nächste Aufgabe war die schwerste: die nötigen Mittel zum Bau der Mainbrücke beschaffen.

In der heimatkundlichen Beilage der Karlstadter Zeitung „Rund um den Saupurzel“ vom Juli 1952 schrieb Redakteur Theo Job zum Thema „Die Karlstadter Brücken“ Folgendes: „Es war besonders der praktische Arzt Dr. Ferdinand Bauer dahier, welcher die Idee stets wach erhielt und mit einer bewundernswerten Zähigkeit und Ausdauer allen Hindernissen zum Trotz die maßgebenden Persönlichkeiten für den Bau zu 10 Karlstadt

gewinnen wußte. Es wurde ohne Verzug ein Comite gebildet und wurde diesem die nötigen Arbeiten übertragen.

In dasselbe wurden gewählt: Bürgermeister Michael Mainhardt, Seilermeister; die Magistratsräte Franz Hörnes, Bäckermeister; Philipp Josef Winheim, Posamentier (Bortenwirker); Max Franz, Hypothekenamtsaktuar; die Gemeindebevollmächtigten Philipp Keßler, Kaufmann und Feuerwehrkommandant; Johann Brendel, Privatier; Karl Kieser, Gastwirt; Karl Steinicke, Kaminkehrermeister; Peter Bissing, Gastwirt.

Auf Einladung des Magistrats vom 9.April 1877 wurde das Comite verstärkt durch die Herren Leonhard Kalb, kgl. Bezirksamtmann; Bernhard Anselm, Apotheker; Melchior Baumann, Lehrer; Johann Buttel, Bezirkstierarzt; Eugen Huberti, kgl.Notar; Taddäus Isslinger, Bahnmeister; Peter Kohlmann, Kaufmann; Bernhard Müllerklein, Baumschulenbesitzer und Valentin Wolfschlag, Stadtschreiber. Am 9.März 1879 wurden als weitere Mitglieder hinzugezogen die Herren Stadtpfarrer Valentin Sauer, Max Ziegler, kgl. Bahn- und Postexpeditor; Josef Hagenauer, Kaufmann; Leonhard Lurz, Seilermeister; Franz Scherer, Privatier; Michael Schad, Bierbrauer; Sebastian Behr, Oekonom; Caspar Müller, Holzhändler; Melchior Schneider, Schmied; Aquilin Scherer, Büttner; Georg Mehling, Fruchthändler; Adam Riedmann, Metzger; Nikolaus Riedmann, Bäckermeister; Stefan Außenhofer, Bierwirt; Georg Behr, Gastwirt und Damian Hesselbach, Kaufmann.

Es wurde in erster Linie das voraussichtliche Ergebnis eines Brückenzolles, um dessen Genehmigung man bei der königlichen Staatsregierung nachgekommen war, ins Auge gefasst und wurden zu diesem Zwecke von Mitgliedern des Comites genau kontrollierte Zählungen der den Fluß passierenden Fußgänger und Fuhrwerke vorgenommen. Diese erstreckten sich auf die infolge landwirtschaftlicher Arbeiten verkehrsarme Zeit vom 24. April 1879 bis Ende Mai desselben Jahres und zwar an sieben nicht aufeinanderfolgenden Tagen, an denen kein Marktverkehr war. Nichtsdestoweniger konnte das überraschende Ergebnis konstatiert werden, daß wöchentlich beinahe 4.000 Menschen und 100 Fuhrwerke sowie rund 100 Stück Rindvieh den Fluß zwischen Karlstadt und Mühlbach mittels Kahn und Fähre überschreiten.

Das ließ, wollte man die Fährgebühren später als Brückenzoll beibehalten, einen Tagesdurchschnitt von 161 Mark und somit eine durchschnittliche Jahreseinnahme von 7.860 Mark erwarten.“ Diese Summe beseitigte die Bedenken der Regierung wegen der Amortisierung der aufzunehmenden Mittel in Höhe von 143.000 Mark. Nachdem Bezirksamtmann Leonhard Kalb durch geschickte Verhandlungen auch den Distrikt zu einem Zuschuss von 25.000 Mark gewonnen hatte, war das Unternehmen Brückenbau nahezu gesichert. Zur Deckung der restlichen Bausumme lief eine genehmigte Prämienlotterie mit 100.000 Losen zu einer Mark. Als Gewinne wurden 1.150 Treffer in den verschiedenen Gewinnstufen im Wert von 40.000 Mark zur Ausspielung festgelegt.

Ob alle Lose umgesetzt wurden, ist aus den Akten nicht ersichtlich.

Karlstadt 11

In den Schlussstein des Brückenbaues wurde eine Urkunde eingemauert, in der unter anderem vermerkt ist: „Die Stadtgemeinde entschloß sich, ein Capital von 143.000 Mark durch Ausgabe vierprozentiger Teilschuldverschreibungen im Nennwert von 500 und 200 Mark aufzunehmen, rückzahlbar im Wege der Verlosung innerhalb der nächsten 50 Jahre und für diesen Zeitraum unkündbar. Durch die Bankhäuser Wertheimer in Büdingen und Gebrüder Schwarzhaupt in München wurde dieses Anleihen in der Weise vermittelt, daß sie sämtliche Teilschuldverschreibungen gegen bar zum Curse von 93 Prozent übernehmen, wogegen die Stadtgemeinde eine Hypothek von 143.000 Mark auf ihren gesamten Grundbesitz errichtete. Nunmehr war es die kgl. Kreisregierung, welche mit dankenswerter Fürsorge das Unternehmen in jeder Richtung zu fördern suchte und unterstützte, so daß im Spätherbste des Jahres 1879 mit dem Bau selbst begonnen werden konnte.“ Als ein zwischenstaatliches Kuriosum sei noch erwähnt, dass die Regierung in München die letztendliche Genehmigung zum Bau der Brücke von einer Genehmigung der Großherzoglich-Badischen Regierung in Karlsruhe abhängig machte, die süddeutsche Schifffahrtsinteressen vertrat. Deshalb sandte die Stadt am 16.August 1879 einen Satz Pläne nach Karlsruhe, worauf die dortige Regierung nach mehrmaligem Mahnen des nervös gewordenen Karlstadter Magistrats endlich am 15. Februar 1880 die Pläne guthieß, und somit der Bau beginnen konnte.

Der Bau beginnt Mit dem Bau der Brücke wurde die Firma Gebrüder Buchner aus Würzburg beauftragt, die im Oktober 1879 im einstigen Mühlturm ihr Baubüro eröffnete. In diesem Turm am Karlstadter Brückenkopf betrug die Mauerstärke etwa 2,90 Meter, so dass innen noch über ein Meter weggenommen werden konnte. Zunächst wurde mit dem Auffüllen des Stadtgrabens vor der südwestlichen Stadtmauer vom Katzenturm zum Mühlturm die Rampe zur Auffahrt der Brücke geschaffen und dafür Teile der Mauerkrone der Stadtmauer verwendet. Weiterhin wurde die Erde von einem außerhalb der Stadt gelegenen Acker mit einer Rollbahn auf der Würzburger Straße herbeigeschafft. Der Dicke Turm des Zwingers wurde ebenso abgebrochen wie zwei baufällige Mauerreiter. Deren Steine wurden zum Bau verwendet.

Die im Herbst 1879 begonnenen Erdarbeiten blieben zunächst auf die beiden Auffahrtsdämme beschränkt. Nach einem kalten Winter, in dem alle Weinberge und ein Drittel sämtlicher Obstbäume erfroren waren, wurden die Bauarbeiten im März 1880 fortgesetzt. Unterstützt von einem fortwährend niedrigen Wasserstand und bei äußerst günstigen Witterungsverhältnissen wurden alle Pfeiler errichtet. Der Steinunterbau für die beiden Land- und die drei Flusspfeiler war im August 1880 fertig. Die feierliche Schlusssteinlegung erfolgte am Tag der Wittelsbachfeier, dem 25.August 1880.

Die Brücke hatte an Erdbewegungen 10.014 Kubikmeter, an verschiedenen Pflasterungen 1.022 Quadratmeter, an Steinmetz- und Maurerarbeiten 1.100 Kubikmeter und an Begrünungsarbeiten 3.930 Quadratmeter verschlungen.

12 Karlstadt

Der vormalige Mühlturm wurde für den Brückenzolleinnehmer Nikolaus Taupp als Wohnung hergerichtet. Die Aufnahme aus der Zeit um 1890 zeigt den hölzernen Kiosk davor; dort waren die Billets zum Übergang der Brücke zu erwerben.

Aufnahme: Stadtarchiv Karlstadt

Der „Lohrer Anzeiger“ berichtete hierüber: „Mit einem großen Festzug der sich vom Bahnhofsvorplatz über das Untere Tor durch die Hauptstraße und die Fahrgasse zum Mainufer bewegte, begaben sich die Honoratioren der Stadt an die Baustelle.

Nach Einlegung von Dokumenten in den letzten Flusspfeiler erfolgte die Festrede von Bezirksamtmann Kalb, und der hiesige Singverein brachte solenne (feierliche) Vorträge. Nach Schluss der Feier bewegte sich der Zug längs des Maines durch das Maintor wieder in die Stadt und durch die Bahnhofstraße über die Bahnschranken zum Biergarten des Herrn Bierbrauers Schad, woselbst die Feier sich in einem Gartenfeste fortsetzte. Einen würdigen und glänzenden Abschluss hat Herr Baumeister Buchner am Abend der Festfeier durch eine Beleuchtung seines Bauplatzes gegeben, indem derselbe sämtliche Brückenpfeiler wie die Zufahrtsdämme und die gegenüberliegende Karlsburg mittels Lampions und bengalischer Beleuchtung auf das festlichste illuminierte.“ Am 16.August begann die Firma Noell, Würzburg, mit dem Bau der Eisenüberbrückung, der am 22. November des gleichen Jahres beendet war. Nach umfangreichen Belastungsproben „mit schweren Fuhrwerken, Menschengedränge und in geschlossener Kolonne marschierender Mannschaften“ übergab der Karlstadter Magistrat am Sonntag, 28. November 1880, den Neubau.

Karlstadt 13

Hierzu erschien im „Lohrer Anzeiger“ der folgende Bericht: „Tausende und abertausende Gäste sind gestern und heute unserem Städtchen zugeeilt, um der feierlichen Einweihung unserer neuen Mainbrücke anzuwohnen. Seine Bischöflichen Gnaden Franz Josef von Stein haben sich schon gestern hierher begeben und im Pfarrhof Absteigequartier genommen. Von Seiten der Bürgerschaft wurde zu Ehren des hohen Gastes ein solenner Fackelzug veranstaltet. Seine Bischöflichen Gnaden dankte für die unerwartete Ovation und schloß mit einem Hoch auf die gute Stadt Karlstadt.

Am Festtage morgens verkündeten Böllerschüsse den Anbruch des Tages, Reveille (militärischer Weckruf) zog durch die festlich decorierte und beflaggte Stadt. Um 8 Uhr war Gottesdienst, welcher mit einer Ansprache Sr. Gnaden nach stattgehabter Weihe der neuen Altäre schloß. Um 10 1/2 Uhr setzte sich der Festzug in Bewegung.

Denselben eröffnete eine Section Feuerwehr, sodann folgte die Schuljugend mit Fahnen, die Arbeiter, die Festjungfrauen, die Bauherren und die Bauaufsicht, der Magistrat, die Gemeindebevollmächtigten und die Districtsräte. Die Geistlichkeit begleitete Seine Bischöflichen Gnaden, welcher unter dem Himmel ging. Es folgten die Herren Beamten, sodann sämtliche hiesigen Vereine und Corporationen mit Fahnen. Dem Zug reihten sich die fremden Gäste an und eine Section Feuerwehr schloß den Festzug, welchen 4 Musikkapellen begleiteten. Die Brücke selbst war festlich decoriert.

Auf drei Strom- und zwei Landpfeilern mit einer Lichtweite von je 40 Metern erhebt sich der Brückenbau. Um selbst das schlimmste Hochwasser zu bestehen, hat man die betonierten, aus Kalkstein construierten Strompfeiler so hoch angelegt, daß sie genau mit der Höhe der Hauptstraße des Städtchens correspondieren. Große Zufahrtsdämme führen zu der Brücke. Sie haben im vorigen Winter bereits die Probe heftigen Eisgangs und ungewöhnlich hohen Wasserstands vortrefflich bestanden.

Sechs Meter breit gestattet die Brücke dem regsten Verkehr freie Entwicklung; rechts und links gewähren 0,80 Meter breite Trottoirs neben der beschotterten Hauptbahn dem Fußgänger vom Wagenverkehr ungestörte Bewegung. Die Brücke, sowohl der steinerne Unterbau als auch das Eisenwerk, sind von Würzburger Etablissements hergestellt worden. Die Herren Buchner und die Noell`sche Waggonfabrik teilten sich die Arbeit, nachdem letztere in der Concurrenz mit vier anderen berühmten Anstalten der Eisenindustrie – Süddeutsche Brückenbaugesellschaft in München, Gebr. Decker in Cannstadt, Benckiser in Pforzheim und Hölzer, Kolb und Karcher in Saarbrücken – obsiegt hatte. Die Brücke kommt auf 167.000 Mark Herstellungskosten zu stehen, inbegriffen der Errichtung der Zufahrtsstraßen und der Dämme und der Adaptierung des einen runden Stadtturmes zu einem recht freundlichen Zolleinnehmer-Häuschen.

Mit dem Bau wurde Anfang des vorigen Sommers begonnen, mit der Eisenlegung im August diesen Jahres; die Belastungsprobe fand vorigen Dienstag statt. Triumphbögen waren errichtet, die sinnige Sprüche trugen und zwar diesseits des Baues: 14 Karlstadt

Das im Volksmund „Meekuh“ genannte Kettenschleppschiff No.1 passiert mit eingezogenem Schlot die Mainbrücke. Die um 1900 entstandene Postkarte zeigt die filigrane Eisenkonstruktion des Brückenaufbaus, von dem neugierige Passanten das Geschehen beobachten.

Ansichtskarte: Sammlung Claus Dürr

Herr des Himmels und der Erde / Die Brücke nimm in deinen mächt’gen Schutz, Daß sie zum Segen allen werde / Dem Sturm und Wogendrang biet’ Trutz. und jenseits des Baus: Hier liebe Nachbarn, steh ich aufgebaut’ / Auf festem Grund, aus Stein und Eisen Willkommen sei, wer sich mir anvertraut / Dem will ich sichere Pfade weisen.

Herr Bauamtmann Forthuber übergab die Brücke der Stadt Karlstadt und Herr Buchner den Schlüssel zum Zollhaus. Herr Bürgermeister Joseph Hagenauer dankte den Herrn Bauunternehmern Namens der Stadt Karlstadt. Herr Bezirksamtmann Leonhard Kalb hielt sodann die nach Form und Inhalt gelungene Festrede. Er wies daraufhin, mit welchem Mute und welcher Ausdauer das Werk begonnen, fortgesetzt und vollendet wurde, Dank der hohen Staatsregierung, dem Land- und Distriktsrat und der Stadtgemeinde Karlstadt.

Alle Hindernisse, welche den Bezirk hauptsächlich durch Eisgang, Hochwasser etc. vollständig getrennt hatten, sind nun überwunden. Er ersuchte den Hochwürdigsten Herrn Bischof, der Brücke seinen Segen verleihen zu wollen. Seine Bischöfliche Gnaden erteilte hierauf der Brücke die Benediktion, unterdessen ein Choral vorgetragen wurde. Während der Hochwürdige Bischof mit der Geistlichkeit die Brücke Karlstadt 15

überschritt und einsegnete, brachte der „Singverein“ einen erhebenden Festgesang zur Aufführung. Sodann folgte Te Deum und Großer Gott, wir loben Dich. Herr Bezirksamtmann Kalb übergab nun die Brücke dem allgemeinen Verkehr.

Wie einst im Jahre 793 Kaiser Karl der Große das erste Mal von Würzburg nach Karlstadt kam, von welchem Zeitpunkte an die Stadt ihren Namen trägt, so sei der neuen Brücke der Name „Karlsbrücke“ gegeben*. Herr Bezirksamtmann Kalb schloß mit einem dreifachen Hoch auf unseren geliebten Landesvater König Ludwig II, in welches die Versammlung Brückenzollbillett von 1925: drei Pfennige für begeistert einstimmte. Der Zug bewegte ein Fahrrad. Als Brückenzoll waren ab 1880 sich sodann durch die Hauptstraße zurück zu entrichten: Drei Pfennige für Personen, zur Kirche. Auf dem Marktplatz erhielt die drei Pfennige für Jung- und Kleinvieh, fünf liebe Jugend zur Erinnerung an den heuPfennige für Handwagen oder Schubkarren, tigen Tag Festwecke und jedes Schulkind zehn Pfennige für ein Pferd oder Rindvieh, 15 Pfennige für ein Gespann und 30 Pfennige für zehn Pfennige aus städtischen Mitteln. Um ein Uhr mittags war Diner im „Anker“, herdenweisen Viehtrieb.

Aufnahme: Stadtarchiv Karlstadt wobei die Kapelle ,Concordia’ herrliche Musikstücke vortrug. Toaste und Reden folgten in gedrängter Reihe, von Herrn Bezirksamtmann Kalb auf Seine Majestät den König, Herrn Bürgermeister Hagenauer auf den Herrn Regierungspräsidenten, Herrn Notar Huberti auf alle Förderer des Baues u.s.w. Küche und Keller des Herrn Köhler fanden alle Anerkennung.

In den verschiedenen Gasthäusern war nachmittags musikalische Unterhaltung.

Abends fand Festbankett im großen restaurierten Rathaussaale, welcher trotz seiner kolossalen Dimensionen kaum die Gäste, an die 1500, bergen konnte, statt. Ungemein lebhaft war es hier bis zu weit fortgeschrittenen Stunden. Der heutige Tag wird für Karlstadt und für die vielen verschiedenen fremden Gäste unvergeßlich bleiben.“ Bei dieser feierlichen Übergabe der Mainbrücke ging der gläserne Stadtpokal, der sogenannte Willkommhumpen aus dem Jahr 1630 unter den Hauptakteuren von Mund zu Mund, wobei einem der Stadtväter das Missgeschick passierte, dieses kostbare Stück Karlstadter Zeitgeschichte fallen zu lassen, so dass es zerbrach. Es wurde zwar kunstvoll wieder gekittet, aber seit diesem Tage ist dieser wertvolle Pokal nur noch Museumsstück.

16 Karlstadt

Brückenzoll im ehemaligen Gefängnisturm Den von diesem Zeitpunkt an allgemein als Brückenturm bezeichneten ehemaligen Gefängnisturm an der Südwest-Ecke der Stadtmauer hatte die Stadt zwischenzeitlich herrichten und als ersten Brückenzolleinnehmer Nikolaus Taupp mit seiner Familie dort einziehen lassen. Er und seine Nachfolger sorgten bis 1935 dafür, dass nicht nur die bei den Banken aufgenommenen Gelder rechtzeitig an die Kreditgeber zurückflossen, sondern auch dafür, dass Magistratskreise bald von der Brücke als von „unserer zu melkenden Kuh“ sprachen, denn der zunehmende Verkehr überbot schon bald bei weitem das ursprünglich geschätzte Aufkommen an Brückenzoll.

Die Finanzierung war durch die Anleihe in Höhe von 143.000 Mark gedeckt, die in 50 Jahren einschließlich Zins und Amortisation mit 339.600 Mark durch den Brückenzoll bezahlt war.

Die Fahrbahn der Brücke mit 4,60 Metern Breite und zwei Fußsteigen von je 70 Zentimetern Breite war noch 1880 mit zwei Schildern versehen worden: „Schritt fahren und reiten“. Autos waren 1880 noch unbekannt. Somit bestand für den Verkehr auf der Brücke von Anfang an eine Geschwindigkeitsbegrenzung. Dies geht aus zwei Anzeigen des Nikolaus Taupp aus dem Jahre 1882 hervor.

Die erste Anzeige richtete sich gegen einen Knecht der Brauerei Huller (später Frama – Fränkische Malzfabrik), der im Trab die Brücke passiert hatte. Der Stadtrat verfügte, dass besagter Huller innerhalb von 24 Stunden drei Mark in die Brückenzollkasse zu zahlen habe, wobei man die Sache bewenden lassen wollte. Bei Weigerung würde eine Strafanzeige der Stadt erfolgen.

Die zweite Anzeige traf den Postillion der Marktheidenfelder Stallung, der am 14.

März 1882 im vollen Trabe mit zwei Pferden die Brücke passiert hatte. Auf die Vorstellung des Stadtrates beim Königlichen Oberpostamt in Würzburg erließ dieses eine eindringliche Verwarnung an alle Postillione, besonders an den Marktheidenfelder.

Der hatte Taupps Behauptung als unbegründet zurückgewiesen, denn „er habe schon immer, auch an dem fraglichen 14. März, die Fahrvorschriften für die Karlstadter Brücke beachtet, was ihm von seinen Mitreisenden bestätigt werden könne“.

Das Stadtbild hatte sich verändert Der Bau des neuen Verkehrsweges hatte das Stadtbild von Süden her einschneidend verändert. Der Stadtgraben zwischen Katzenturm und Brückenturm war aufgefüllt worden. Der Dicke Turm des Zwingers hatte für die Brückenrampe Platz machen müssen. Der Rampendamm verdeckte als kahle Böschung nahezu die dahinterliegende Stadtmauer, von der man noch während des Brückenbaus zwei baufällige Mauerreiter entfernt hatte, deren Dächer schon 1838 abgebrochen worden waren.

Selbst der noch sichtbare Stadtmauerrest aber scheint, zumindest auswärts, die Gemüter erregt zu haben. Schon am 4. Dezember, also ganze sechs Tage nach Übergabe der Brücke, erschien in der „Würzburger Presse mit Bayrischer Volkszeitung“ ein Karlstadt 17

Artikel, der sich kritisch mit allerlei Mängeln rund um das Bauwerk auseinandersetzte. Zwar wurde die Brücke als „Nutzen und Zierde des Städtchens und dessen Umgebung gelobt“, doch stießen dem Verfasser alsbald zwei Missstände auf, die er weniger lobenswert fand. Dies waren „die unbegreiflicherweise in ihrem Bestande noch erhaltene Stadtmauer, an der sich die Brückenauffahrtsstraße hinzieht, anderseits der Überrest des ehemaligen Stadtgrabens“. Die Mauer entziehe dem Ort Luft und Licht, gestatte es den Anwohnern unbeirrt, die Auswurfstoffe des Haus- und Viehbestandes aufzustapeln und zwinge schließlich, die Zufahrtsstraße in das Auge beleidigenden Windungen ihren Weg zur Brücke zu nehmen. Der noch vorhandene Stadtgraben sei in einen Sumpf umgewandelt und schädige die „allgemeinen Gesundheitsverhältnisse in der eingehendsten Weise“. Der Artikel schloss mit dem Bedauern, „daß der verehrliche Stadtmagistrat nicht selbst zur Abschaffung solch schreiender Übelstände Hand anlegt, aber dringend zu hoffen steht, daß die betreffenden königlichen Behörden nicht Zustände dulden, die im Widerspruch stehen mit allen bei Neubauten zu beobachtenden Regeln“.

Am 12.Januar 1881 reagierte das Bezirksamt mit einer Verfügung, die ihrerseits eine prompte und scharfe Erwiderung des Stadtrates herausforderte. Wegen des angeblichen Sumpfes hatte er bereits vor Erscheinen des Artikels Verhandlungen mit der Firma Buchner bezüglich einer Kanalisation und Auffüllung des Stadtgrabens aufgenommen und hielt daher eine Erinnerung in dieser Sache für überflüssig, zumal die Baumaßnahmen an dieser Stelle ohnehin noch nicht abgeschlossen waren.

Heftiger noch war die Reaktion des Stadtrates auf die Forderung, die Stadtmauer abzubrechen. Die Stellungnahme des Rats vom 26. März 1881 betonte in sechs Punkten zunächst, dass Karlstadt „stets ein gesunder Wohnort war und ist. Luft kann der Stadt von allen Seiten in genügender Menge zugehen, da sie freiliegt und breite Straßen besitzt, welche die Circulation derselben genügend vermittelt“. Ferner sei bei einem Abbruch der Mauer eine ernste Schädigung des Stadtbildes zu befürchten, da unmittelbar dahinter „die ärmsten Einwohner hiesiger Stadt in kleinen und ärmlichen Wohnhäuschen lebten. Wollte man diese meist in jämmerlichstem Zustand befindlichen Gebäude durch Abbruch der Stadtmauer bloßlegen, so würde die Stadt auf drei Seiten einen grauenhaften Anblick erhalten und man wird froh sein, daß die Stadtmauer als Deckmittel erhalten ist“. Schließlich führte der Magistrat, ungeachtet der Tatsache, dass er bereits weidlich den historischen Charakter der Ummauerung durch Abbruch geschädigt hatte, ein recht aktuell anmutendes Argument ins Feld: „Diese Stadtmauer bildet endlich eine historische Erinnerung, deren Beseitigung selbst dem Willen der königlichen Staatsregierung entgegenginge, die wünscht, daß solche Denkmäler erhalten bleiben.“ Das Bezirksamt sah daraufhin davon ab, die Idee des Stadtmauerabbruchs weiterzuverfolgen. Welcher der Gründe dafür ausschlaggebend gewesen sein mag, ist nicht überliefert. So blieb es der Stadt wenigstens erspart, auf drei Seiten eben jenen 18 Karlstadt

Das im Karlstadter Volksmund genannte „Brücketürmle“ mit dem Zolleinnehmerkiosk davor, das bis 1931 die Familie des letzten Brückenzolleinnehmers Gustav Röder bewohnte. Foto: Leo Schneider

„grauenhaften Anblick“ bieten zu müssen, den man niemandem zumuten wollte. Um jedoch den Anblick der kahlen Auffahrtsrampen zur Brücke zu verbessern, erteilte der Magistrat 1883 dem Obergärtner Carl Eichler den Auftrag, die Dämme mit 39 Apfelbäumen zu begrünen, womit die Baumaßnahmen zunächst ihren Abschluss gefunden hatten.

Damit war auch die rund 15-jährige Arbeit des Brückenbau-Komitees beendet, deren Karlstadt 19

Der Willkommhumpen oder auch Ratshumpen der Stadt Karlstadt aus grünem Glas nahm bis zweieinhalb Liter Wein auf. Die Bemalung in Emailmalerei zeigt den doppelköpfigen Reichsadler mit den Wappen der Reichsstände auf seinen Flügeln und der Aufschrift „Das Heilige Römische Reich mit sampt seinen Gliedern“ und der Jahreszahl 1630. Bei der Einweihung der Mainbrücke wurde der gefüllte gläserne Humpen herumgereicht. Dabei ging durch das Missgeschick eines Stadtrates der Glaspokal zu Bruch. Sorgfältig gekittet, ist er heute nur noch als einsatzunfähiges Museumsstück in Karlstadt zu bewundern.

Foto: Stadtarchiv

Mitglieder sich in hervorragender Weise um das Gelingen des Brückenbauprojekts bemüht und es zu einem befriedigenden Abschluss geführt hatten. In Anbetracht all seiner Verdienste um das Gemeinwohl der Stadt Karlstadt wurde Dr. Ferdinand Bauer am 14. Januar 1893 die Ehrenbürgerwürde verliehen. Im Text der Verleihungsurkunde heißt es dazu „. . . aus Anlaß seines 25-jährigen Wirkens als Arzt in hiesiger Stadt, seines stets erwiesenen Wohlwollens gegen die Armen und seines zur Erbauung der Mainbrücke an den Tag gelegten eifrigen Bestrebens . . .“ Der erste Anstrich der rund 5000 Quadratmeter betragenden Eisenkonstruktion wurde 1880 für den Preis von 780 Mark von der Firma Noell ausgeführt. Der zweite 20 Karlstadt

Generalanstrich 1906 von der Firma Floch, Harburg, verschlang schon 1.326 Mark.

Der dritte Anstrich 1925 von der Firma Henkelmann & Rumpel, Sulzfeld, kostete 3.000 Mark, wobei die Stadt die Farben selbst besorgte. Verarbeitet wurden 1.250 Kilogramm Farbe, 50 Kilogramm Leinölfirnis und 25 Kilogramm Ölkitt zum Preis von 1.200 Mark, so dass der Anstrich insgesamt auf 4.200 Mark kam.

Die Stadt bat die Firma Noell 1902, 1914 und 1925, die Eisenkonstruktion zu untersuchen. Es ergaben sich keine Beeinträchtigung der Tragfähigkeit, noch nennenswerte Reparaturen an Nieten oder Bolzen. 1914 wurde der Holzbelag des Gehweges durch dünne Zementplatten ersetzt. Der zunehmende Kraftfahrzeugverkehr und der riesige Aufschwung der Motorisierung machten eine grundlegende Überholung des gesamten Verkehrsnetzes einschließlich seiner Brücken dringend notwendig.

1935 übernahm das Deutsche Reich alle im Zuge von Reichsstraßen gelegenen Brücken in seine Obhut. So ging auch die Karlstadter Brücke, deren Unterhalt für die Stadt schon zu einer Sorge zu werden drohte, in jenem Jahr in den Besitz des Reiches über. Der letzte Brückenzolleinnehmer Gustav Röder schied danach aus seinem Amt. Brückenzoll war nicht mehr zeitgemäß.

Im Zuge der Arbeiten an der Großschifffahrtsstraße Rhein-Main-Donau mit der Errichtung der Schleusen und Staustufen und der zu erwarteten Zunahme des Schiffsverkehrs, wurde im Jahre 1937 die Brücke in den Mitteljochen für einen besseren Schiffsverkehr angehoben.

Der Anfang vom Ende In den Wirren der letzten Tage des Zweiten Weltkrieges wurde am 27. März 1945 von den zurückflutenden deutschen Truppen der zweite Überbau, von der Karlstadter Seite her gesehen, gesprengt und damit auch die Wasserversorgung der Stadt Karlstadt durch das Wasserwerk in Mühlbach unterbrochen. 1946 wurde die noch intakte Landöffnung von der Karlstadter Baufirma Ehrenfels stromseits verschoben und der Anschluss an das Widerlager mit Peinerträger behelfsmäßig wiederhergestellt.

Bemerkenswert ist, dass damit die Karlstadter Brücke als erste der kriegszerstörten Mainbrücken in Unterfranken dem Verkehr wieder geöffnet wurde. Ab 1952 wurde dann mit dem Abbruch der alten und dem Aufbau der neuen Mainbrücke begonnen (vergl. Jahrbuch 2003 „1953: die neue Mainbrücke von Karlstadt“ von Martina Amkreutz-Götz). * Die Angabe in der „Lohrer Zeitung“, dass Kaiser Karl der Große 793 von Würzburg nach Karlstadt reiste und deshalb die erste Mainbrücke Karlsbrücke genannt wurde, ist historisch nicht belegt.

Karlstadt entstand erst um 1200.

Quellen: „Lohrer Anzeiger“ 1880 bis 1883: heimatkundlichen Beilage der „Karlstadter Zeitung Rund um den Saupurzel“, 1952, von Redakteur Theo Job; Chronik „Karlstadt – Geschichte einer Stadt in Franken“, 1980, von Werner Zapotetzky. Bei den Textauszügen wurde die alte Schreibweise der Zeitungsberichte beibehalten.

Karlstadt 21

Der gusseiserne Kreuzweg auf dem Gambacher Friedhof Von Dieter Fenn Wie der gusseiserne Kreuzweg nach Gambach kam, ist aus der Pfarrchronik von Martin Ofenhitzer* nicht zu erfahren. Er dürfte jedoch seit etwa 160 Jahren im Gambacher Friedhof beheimatet sein. Dieser Kreuzweg war im alten Friedhof noch auf das gesamte Einfriedungsmauerwerk verteilt, bis er 1975 in einer Reihe an der unteren Außenmauer einen neuen Platz fand. Außerdem hatte jede Gussplatte noch einen kunstvoll verzierten Rahmen, der bei der Restauration im Jahr 1952 entfernt wurde.

Auch über den Künstler, der diese wunderbaren Kunstwerke erschaffen hat, finden sich keinerlei Anhaltspunkte. „Nun sind die 14 Kreuzwegstationen als ein besonders schönes Beispiel kunstgegossener Reliefplatten aus der nachklassizistischen Zeit zum Fest Allerheiligen 1952 auf dem Gambacher Friedhof wieder zu betrachten“, schrieb damals Hanns Meder in der „Karlstadter Zeitung“.

Seit 1975 befinden sich alle Stationen in einer Reihe an der unteren Außenmauer.

Mit diesen Gussplatten hat es eine besondere Bewandtnis. Direktorin Else Düker, die Ehrenbürgerin von Karlstadt, entdeckte diese längst verrosteten und verschmutzten Platten, hinter denen niemand einen Wert suchte, bei ihren Friedhofsbesuchen und nahm sich in kunstsinniger Weise ihrer an. Im Karlstadter Eisenwerk Düker wurden die Stationen mit Sandstrahlgebläse gereinigt. Was sich dabei ergab, war immerhin so erstaunlich wie kulturgeschichtlich interessant. In strenger gestraffter Komposition wird der Kreuzweg des Herrn in ungewöhnlich plastischer Modellierung in Hochreliefguss dargestellt, jede Platte etwa 50 auf 65 Zentimeter in einem eigenen Gussrahmen. Fast sprengt zuweilen die auf wenige Figuren beschränkte Kompo22 Gambach

sition den Rahmen in der Dramatik und der Wucht der bewegten Gestalten der Leidensgeschichte Christi. Erst als durch die kundige Hand des Werksangehörigen Karl Polack noch Farbe aufgebracht wurde, war der Schutz der Gussplatten durch Wettereinflüsse gegeben.

Es muss als ein hohes Verdienst der Familie Düker angesprochen werden, dass sie voller Verständnis und Opferwilligkeit der Gemeinde Gambach ein Werk echter alter Volkskunst erhalten hat, das dem unweigerlichen Verfall preisgegeben gewesen wäre. Die Kosten der Renovierung betrugen damals 1500 DM. Nicht auf den mehr oder weniger hohen Kunstwert an sich kommt es an, sondern auf den Geist schöner Pietät, der sich hier offenbart.

Bis zum heutigen Tag ist die Herkunft der Gussplatten ungeklärt.

Es wurde schon angedeutet, dass die heute leider vergessene Kunst des figuralen Eisengusses eine hohe Mission im Sinne wahrer Volkskunst erfüllte. Schon von Anfang an waren es Eisenwerke, die den Künstlern die Aufträge gaben. Und es waren Künstler von Ruf, die diese Modelle in Lindenholz schnitzten. Auch die Kreuzwegtafeln von Gambach zeigen deutlich die Hand eines Künstlers. Fast möchte man meinen, es könnte ein Mitglied aus der Karlstadter Künstlerfamilie Schäfer gewesen sein, wenn auch darüber noch die Nachforschungen ausstehen. * Martin Ofenhitzer, Pfarrer von Gambach, ist der Verfasser der umfangreichen Pfarrchronik von 1817 bis 1850.

Gambach 23

Die Geschichte des Kunst-Eisengusses Wer in Lohr am Main vom Bahnhof aus den Fußweg in die Stadt benutzt, der kommt durch die Gebäude der Eisengießerei Rexroth. Dort sind an einer Hauswand alte gusseiserne Platten von großem Reiz angebracht. Ofenplatten, die kunsthistorisch im Sinne einer wirklichen und wertvollen Volkskunst von hohem Interesse sind.

Schon im Jahre 1949 wurden zur „Karlstadter Heimatwoche“ einige Beispiele dieser eigenartigen Kunst aus hiesigem Privatbesitz ausgestellt.

Diese gusseisernen Platten verkörpern eine Verwertungsart des Roheisens, wie man sie bis zur zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts noch nicht kannte. Durch Verwendung der Wasserkraft bei der Eisenbereitung in den Eisenhämmern des Spessarts, an der Altmühl und im Böhmerwald unabsichtlich gewonnen, wurde das Roheisen zuerst als unbrauchbares Missprodukt angesehen. Bald aber kam man auf den Gedanken, dieses Zufallsprodukt „Roheisen“ in Plattenform zu gießen und zunächst zum Ofenbau zu verwenden. Schon die ältesten Erzeugnisse dieses neuen Gewerbezweiges, die auf unsere Zeit gekommen sind (aus der Feste Coburg, von der Burg Trausnitz bei Landshut), zeugen von dem hohen ästhetischen Empfinden der Altvordern. Es dauerte nur wenige Jahrzehnte und schon hatten die Öfen aus gegossenen Platten mit ihrem reich gestalteten Schmuck, die zuerst nur in Schlössern, Burgen, Rathäusern standen, Eingang in die Wohnungen der besseren Bürger, dann auch der Bauern gefunden. Sehr viel davon ist bis heute leider verloren gegangen. Unkenntnis und Unverstand trugen daran die Hauptschuld, dann auch eine geistlose Modernisierungssucht in vielen Landgegenden. Aus den noch erhaltenen Holzformen und Abgüssen gewinnt man doch ein ziemlich vollständiges Bild der Entwicklung von der späten Gotik über die Renaissance, das Barock und Rokoko hinweg bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts. Die ältesten Darstellungen auf den Gussplatten waren meist Heiligenfiguren, dann Szenen aus der biblischen Geschichte. Ornamentaler Schmuck der jeweiligen Stilperiode umgab die Figuren. Schon das Barock ließ bei christlichen wie bei mythologischen Darstellungen Zierornamente weg. Die dramatisch gestalteten, oft bewegten Szenen füllten die Platten bis zum Rande aus.

Im Gegensatz zu älteren Stücken lässt bei den erhaltenen figuralen Plattengüssen der späteren Zeit der Abguss nicht mehr erkennen, dass die Form mit einem hölzernen Modell bereitet ist. Die Künstler, denn solche waren es wirklich, die das Modell schnitzten, sind nicht überliefert und somit nicht bekannt. Die technische Vervollkommnung verleitete später zu Kunststückchen und Spielereien und half, den Niedergang dieser eigenartigen Kunst herbeizuführen.

Quellen: Karlstadter Zeitung vom 30. Oktober 1952, Hanns Meder; Main-Post vom 8. April 1982, Bernhard Schneider

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Der Markus-Bildstock ist Ziel an den Bitttagen Von Philipp Mehler und Otto Bregenzer Überarbeitet von Edgar Manger Der Markus-Bildstock ist einer von den vier Bildstöcken, die an den Dorfausgängen stehen. Er steht am Ortsausgang in Richtung Wernfeld. Sein früherer Standort war das Grundstück, das jetzt das Anwesen von Heinrich Strohmenger ist. Dort war er von drei Akazienbäumen umgeben. Im Jahre 1932 hat ihn Philipp Mehler mit seinem Freund Johann Otto aus Würzburg an seinen jetzigen Standort versetzt. Otto war Bauaufseher in Würzburg und stammte aus Gambach.

Das Relief wurde vom Bildhauer Alois Kuhn aus Wernfeld im gleichen Jahr neu gefertigt. Die Kosten beliefen sich auf 300 Reichsmark, die der Obstbauund Verschönerungsverein aufgebracht hat. Dem Bildstock wurde keine UrDer Markus-Bildstock steht am Ortsausgang Rich- kunde beigegeben, zumindest wurde beim Umbau keine gefunden. Das tung Wernfeld. Foto: Martina Amkreutz-Götz Bildnis des Bildstocks ist aus rotem Sandstein, ein stehendes Relief mit einer wunderschön gefalteten Gewandung.

Viele Jahre lang haben Anton Weiglein und seine Tochter Magdalena mit dem Schwiegersohn Adolf Bayer, deren Garten sich neben dem Bildstock befand, den MarkusBildstock gepflegt und geschmückt. Seit etwa 15 Jahren verrichten diese Tätigkeit Renate und Hartmut Winheim, die direkt neben dem Bildstock wohnen.

Im Zuge der Flurbereinigung wurde der Wildbach 1974 reguliert beziehungsweise unterirdisch verlegt. Die Kreuzung Wernfelder Straße/Hochstraße, in deren Bereich der Markus-Bildstock steht, wurde total neu gestaltet. Der Bildstock wird weiterhin als Prozessions-Bildstock beim Flurgang an den Bitttagen, die an den drei Tagen vor Christi Himmelfahrt durchgeführt werden, genutzt.

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Name des Bildstocks: St. Markus (Evangelienbildstock) Standort: Bis 1932 auf dem Grundstück 4198 ½, jetziges Anwesen von Heinrich Strohmenger, Hochstraße 24. Ab 1932 Umsetzung des Bildstocks, vor dem Grundstück Flur-Nr. 4199 (neuer Garten von Anton Weiglein, Magdalena und Adolf Bayer). Nach der Flurbereinigung zirka 1970/71 Änderung der Flur-Nr. 4203.

Eigentümer: früher Gemeinde Gambach, jetzt Stadt Karlstadt.

Form: Baldachin, Prozessionsaltar Material: Roter Sandstein Jahr der Stiftung: vermutlich 1726, der Stifter ist nicht bekannt.

Maße: Sockelhöhe 1,20 Meter, Bildaufsatz Retabelhöhe ein Meter. Gesamthöhe 2,20 Meter Darstellung: Vorderseite: Im Retabel Relief „St. Markus“

Markus, Evangelist, Bischof von Alexandria, Märtyrer Geboren: in Jerusalem in Israel Gestorben: anno domini 68 in Alexandria, Ägypten Katholischer Gedenktag ist der 25. April Markus war ein zum Christentum bekehrter Jude. Er wurde als Levit Johannes Markus geboren und war der Sohn einer Maria, in deren Haus die frühen Christen während der Zeit der Christenverfolgung ihre Treffen abhielten (Apostelgeschichte 12,12) und wo nach der Überlieferung auch das letzte Abendmahl Jesu mit seinen Jüngern stattfand. Die hellenistische Abstammung verrät sein Name Markus und seine Beziehung zu dem Zyprioten Barnabas. Petrus nannte ihn „Sohn“ (erster Petrusbrief 5,13), was auf die persönliche Bindung zwischen den beiden hinweist.

Markus wurde wahrscheinlich unter dem Einfluss von Petrus zum Christentum bekehrt. Er gilt als der Verfasser des gleichnamigen Evangeliums, das er demnach auf der Grundlage von Petrus’ Predigten wohl in Rom schrieb. Er zog der Überlieferung nach um das Jahr 65 nach Alexandria und gründete dort die koptische Kirche; als Bischof von Alexandria überfielen ihn christenfeindlich gesinnte Einwohner am Altar und schleifte ihn mit einem Strick um den Hals im Jahr 68 zu Tode.

Attribute: schreibend mit geflügeltem Löwen, denn dieser betont die Kraft der Auferstehung und Todesüberwindung.

Patron von Venedig und der Insel Reichenau, der Bauarbeiter, Maurer, Glaser, Korbmacher, Notare und Schreiber, gegen Unwetter, Blitz und Hagel.

Bauernregeln. „Vor dem Markustag, sich der Bauer hüten mag“ „Gibt`s an Markus Sonnenschein, so erhält man besten Wein“ „Leg erst nach Markus Bohnen, er wird’s dir reichlich lohnen“ Quellen: Ökumenisches Heiligenlexikon.

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Josef Niederleitner – Gambacher Pfarrer von 1943 bis 1984 Von Edgar Manger und Dieter Fenn Josef Niederleitner wurde am 11. August 1909 als Sohn eines Gärtners auf Gut Gieshügel bei Gerbrunn geboren. Zum Priester geweiht wurde er am 17. März 1934 von Bischof Matthias Ehrenfried. Er trat am 1. April desselben Jahres seine erste Kaplanstelle in Wiesentheid an. Als Domkaplan zu Würzburg fungierte er ab 1. Dezember 1934 und ab dem 1. August 1940 war er Pfarrverweser in Mühlbach. Der 28. Mai 1943 war für Gambach und für Josef Niederleitner ein denkwürdiger Tag: Er trat seine erste Pfarrstelle in St. Bartholomäus zu Gambach an, die er über 40 Jahre lang bis zu seinem Ruhestand am 30.

Juni 1984 innehatte. Pfarrer Niederleitner war ein stolzer und tiefgläubiger Mensch. Kaum aus Mühlbach nach Gambach umgezogen, hatte er schon den Beinamen „der stolze Josef“ und „der Pfarrer Josef Niederleitner wechselte 1943 von der Pfarrei Vierzehnheiligen schöne Josef“. in Mühlbach zu St. Bartholomäus nach In den schweren Kriegszeiten wurde ihm der Gambach. gebührende Empfang eines Pfarrers nicht zuteil.

Nur der 1972 verstorbene Philipp Mehler, Mitglied der Kirchenverwaltung, entbot ihm auf der Kirchentreppe einen kurzen Willkommensgruß.

Pfarrer Josef Niederleitner musste in den letzten beiden Kriegsjahren noch 19-Mal zu Familien von Gefallenen, um ihnen schreckliche Nachrichten zu überbringen und um Trost zu spenden. In den harten Nachkriegsjahren hatte der Seelsorger auch für die Integration der vielen Flüchtlinge und Heimatvertriebenen zu sorgen, die sich in Gambach angesiedelt hatten.

Viele Jahre war Pfarrer Niederleitner als Religionslehrer an der Volksschule in Gambach und an der staatlichen Berufsschule in Karlstadt tätig. Seine Strenge machte ihn bei den jungen Leuten nicht gerade beliebt. Autor Edgar Manger erinnert sich an Niederleitners Religionsunterricht, in dem der die letzte Viertelstunde – vorausgesetzt die Schüler hatten gut mitgearbeitet – aus einem Karl-May-Buch vorlas. Der Pfarrer erläuterte in einer Stunde das Thema „Durchzug der Israeliten durch das Rote Meer“. Der Schüler Manger, damals zwölf oder 13 Jahre alt, zweifelte an dieser GeGambach 27

schichte und sagte es ihm auch. In Glaubensfragen ließ Niederleitner keine Kompromisse zu. Widerreden wurden nicht akzeptiert. So schickte Niederleitner den zweifelnden Edgar in der letzten Viertelstunde vor die Klassenzimmertüre, während er den anderen Schülern aus dem KarlMay-Buch vorlas. Für den Jungen, ein großer Karl-May-Fan, war dies eine harte Strafe und das passierte ihm auch nur einmal.

Pfarrer Niederleitner empfängt Bischof Julius Döpfner, Ordnung, Disziplin, würdiges Verden späteren Erzbischof und Kardinal von München/ halten in der Kirche schrieb Josef Freising, am 12. September 1955 am Dorfeingang.

Niederleitner groß. Schwätzen oder gar Rempeln während des Gottesdienstes mochte er nicht. Er konnte die Schwätzer nicht sehen, nur hören, weil der Priester vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1963) mit dem Rücken zu den Gläubigen den Gottesdienst zelebrierte. Aus diesem Grund ließ er links und rechts vom Kirchendiener Johann Polifke an den Altarkerzenständern Spiegel anbringen, um das Geschehen hinter sich beobachten zu können. Nach dem Gottesdienst, spätestens im nächsten Religionsunterricht bekamen die Erwischten ihre Strafe. Je nach Schwere des Vergehens waren eine größere Strafarbeit, Schläge auf die Hände oder aufs Hinterteil angesagt. Die meisten durften dies zu Hause gar nicht erzählen, da es dann noch mal Prügel gab. Priester und Lehrer können nicht irren, meinten die Eltern.

Silbernes Priesterjubiläum Ostern 1959 Am Ostersonntag 1959 feierte Pfarrer Niederleitner sein 25-jähriges Jubiläum. Der Gemeinderat mit dem zweiten Bürgermeister Leonhard Raub an der Spitze, die Fahnenabordnungen der Vereine, die Blaskapelle sowie Vertreter der Kirchenverwaltung geleiteten den Jubilar in einem festlichen Zug zur Kirche. Der gemischte Chor des Gesangvereins „Edelweiß“ studierte für diesen Festtag die Deutsche Messe ein.

Die Festpredigt hielt Pfarrer Josef Fischer aus Wiesenfeld, der eine Woche zuvor, am Palmsonntag, sein silbernes Priesterjubiläum gefeiert hatte. Am Vorabend des Jubiläums ehrte die Gemeinde den Jubilar mit einem Fackelzug der Feuerwehr, dem sich die Vertreter der Gemeinde, der Kirchenverwaltung, die Vorsitzenden und Abordnungen der Vereine sowie die Bevölkerung anschlossen. Die Blaskapelle unter der Leitung von Josef Uhl und der gemischte Chor des Gesangvereins, dirigiert von Hauptlehrer Heinrich Leippert, brachten vor dem Pfarrhaus ein Ständchen dar.

Der Winzer und Ortschronist Philipp Mehler übermittelte als Vertreter der Kir28 Gambach

chenverwaltung Niederleitner die besten Glückwünsche zum Jubiläum. Im Namen der politischen Gemeinde gratulierte Bürgermeister Direktor Albert Düker und überreichte als Dank ein Ölgemälde des Münchner Kunstmalers Freytag. Für die örtlichen Vereine überreichte der Vorsitzende des Turn- und Sportvereins sowie des VdK Gambach, Kreis- und Gemeinderat Otto Bregenzer, eine geschnitzte Madonna.

Am Vortage des 19. März, dem Josefstag 1959, wurde dem Pfarrer und Religionslehrer von der Volksschule und den Lehr- Mehrere Fahnenweihen hatte Pfarrer Josef Niekräften eine würdige Ehrung zuteil. Die derleitner während seiner Amtszeit vorzunehmen.

Schüler des fünften und achten Jahrgangs Die erste war die des Gesangvereins „Edelweiß“ sangen als Gratulation einen Kanon. An- am 5. Juli 1953 auf dem Dorfplatz vor der Schule. schließend trugen fünf Mädchen ein Gedicht vor und überreichten rote Nelken. Im Anschluss trugen drei Knaben ein Gedicht vor, worauf das Lied „Großer Gott, wir loben dich“ gesungen wurde.

Kirchliches Leben Die Zeit des Protestes und der Opposition war in den 1960er Jahren auch in der Pfarrgemeinde Gambach zu spüren. Niederleitner bemühte sich, seine Gemeinde in Ordnung zu halten. In dieser Zeit wurde auch in Gambach die Mitarbeit von Laien in der Kirche eingeführt. Von 1961 bis 1975 leitete er das Landkapitel Karlstadt als Dekan. Viele Jugendliche bereitete er auf ihren Beruf und das Leben vor.

Der Gambacher Pfarrer legte großen Wert auf ehrfürchtiges Verhalten in der Kirche sowie anständige Kleidung. Kirchenbesucherinnen mit Stöckelschuhen, die im Kirchengang drohten, die Platten zu beschädigen oder Frauen mit zu großem Ausschnitt belehrte er von der Kanzel herunter. Nach den Weihnachtsfeiertagen sprach er die „Modenschau“ am Heiligen Abend und an den Festtagen an. Den Besuch der täglichen Messe vor Schulbeginn hätte er gern gesehen. Es war aber nicht immer möglich.

Den fleißigen Kirchgängern überreichte Niederleitner „Fleißbildchen“. Das waren zum Beispiel Marienbilder. Da viele Buben als Ministranten Altardienst verrichteten, wurde ein- oder zweimal im Jahr im Religionsunterricht ein Wettstreit ausgetragen.

Die drei Besten, die die Stufengebete (Gebete vor Beginn des Gottesdienstes), vor allem das „Confiteor“ lateinisch fehlerfrei aufsagten, erhielten als ersten Preis eine Tafel Schokolade mit großen Haselnüssen. AnWeihnachten verschenkte der Pfarrer an vorbildliche Ministranten auch Bücher oder Geld.

Gambach 29

Die Erstkommunion wurde sehr feierlich gestaltet mit Abholung der Kinder vom Pfarrhaus mit musikalischer Begleitung zur Pfarrkirche. Nach dem Gottesdienst ging es wieder zurück ins Pfarrhaus. Niederleitner besuchte am „Weißen Sonntag“ alle Kinder und beschenkte sie mit Kleinigkeiten. Später regelte er den Besuch bei den Kommunionkindern so, dass er in einem Jahr alle Buben, im anderen Jahr alle Mädchen besuchte. Der Besuch des Pfarrers zu Hause war eine Ehre für die betreffende Familie.

Ende Januar des Jahres 1961 ernannte der Würzburger Bischof Josef Stangl Pfarrer Niederleitner zum Dekan für das Gebiet Karlstadt. Am Montag, 30. Januar 1961, zogen Gemeindeverwaltung und Vereine zum Pfarrhaus und überbrachten Glückwünsche. Wieder gaben sich Bürgermeister, Gemeinde- und Vereinsvertreter die Ehre. Der gemischte Chor des Gesangvereins „Edelweiß“ unter der Leitung von Hauptlehrer Heinrich Leippert und die Musikkapelle des Musikvereins unter Stabführung von Josef Uhl umrahmten die Feier.

Verhältnis zu Vereinen und die Christenlehre Nach dem Sonntagsgottesdienst fand die Christenlehre für die Berufsschüler statt.

Da es immer schwieriger wurde, die Jugendlichen zu kontrollieren, und es auch zu Reibereien kam und mit Ärger verbunden war, ließ er eines Tages diesen „Unterricht“ wegfallen. Alle Schüler mussten sich, wenn sie mit den Eltern am Nachmittag einen Ausflug machen wollten, von der Pflicht des Besuches der Sonntagsandacht freigeben lassen. Klappte das nicht, so erwartete den Schüler im Religionsunterricht eine Rüge. Mit dem Widerstand der Eltern, die sich vom Pfarrer nicht vorschreiben lassen wollten, wie eine Familie den Sonntag verbringt, entfiel auch diese „Kontrolle“.

Die Ausflüge mit Pfarrer Niederleitner waren sehr beliebt. Es herrschte eine lockerere Atmosphäre trotz seines Ordnungssinnes. Drei bis vier Wochen in den Schulferien machte der Pfarrer Urlaub in Bad Bocklet. Damit die Gemeinde nicht wochenlang ohne Gottesdienst war, fuhr Josef Niederleitner jeden Sonntag zurück, um mit seiner Gemeinde um halbzehn den Gottesdienst zu feiern.

Fußballspiele an Sonntagen zur Gottesdienstzeit waren dem Pfarrer ein Dorn im Auge.

Andererseits hielt er aber auch Gottesdienste für Sportler, Musiker und Feuerwehrleute, bei Einweihungen, Vereinsjubiläen und Fahnenweihen. Dann lud Niederleitner schon mal die Gläubigen zu einer Messe auf dem Festplatz oder in die Musikhalle ein. Er konnte schon Kompromisse machen, man musste nur offen mit ihm reden.

Die Feuerwehr war in vielfältiger Weise in den kirchlichen Terminen wie Fronleichnamsprozession oder Flurgängen eingebunden. Doch erhielt sie 1964 von der Kanzel herab eine Rüge, weil Kommandant Franz Klein Übungen für Leistungsabzeichen durchführte und daher die Feuerwehrmänner nicht am Sonntags-Gottesdienst teilnahmen.

Junge Männer, die zur Bundeswehr eingezogen wurden und sich beim Pfarrer abmeldeten, erhielten von ihm eine Schachtel Zigaretten.

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Die Fahnenweihe der Freiwilligen Feuerwehr am 5. Juli 1959 war auf dem Dorfplatz. Pfarrer Niederleitner war bereits 16 Jahre in Gambach tätig.

Sein kleiner Hund namens „Axel“ war ein vom Herrchen verwöhnter Vierbeiner, dem man nicht zu nahe kommen durfte. Selbst bei den Sitzungen des Pfarrgemeinderates war der Hund dabei, kroch zwischen den Füßen der Anwesenden herum, um dann ab und zu sich durch lautes Knurren bemerkbar zu machen. Niederleitner war ein sehr großer Hundefreund. Er trug sogar Krawatten, auf denen ein Hund aufgestickt war.

Auf der Betonstraße in Gambach, der Verlängerung der Wernfelder Straße, konnte man dem Pfarrer täglich beim Spaziergang mit seinem Hund begegnen.

Sein weiteres Hobby waren Autos. Nach der Erinnerung von Autor Fenn hatte Niederleitner im Jahr 1955 seinen ersten schwarzen DKW 3/6, einen Zweitakter, der bei seiner Fahrt durchs Dorf, eine große blaue Wolke hinter sich herzog. Alle zwei bis drei Jahre gönnte er sich ein neues Fahrzeug, es waren dann meistens Autos der Marke „Opel“.

Groß war die Anzahl der Gratulanten, die sich nach dem Festgottesdienst zum 70.

Geburtstag von Dekan Josef Niederleitner einfanden. Otto Bregenzer erinnerte in seiner Rede an die schwere Kriegszeit: „Der schreckliche Krieg ging zu Ende und ich bin Augenzeuge gewesen, als Sie die ersten vermittelnden Gespräche mit den Besatzungssoldaten führten.“ Zudem lobte Bregenzer das offene Ohr für die Gambacher Jugend. Gratulanten waren der Karlstadter Bürgermeister Werner Hofmann und der Landtagsabgeordnete Walter Zeißner aus Gambach, die Niederleitner als einen Menschen würdigten, der in seinem Leben weit über das normale Maß seelsorgerische Arbeit leistete. Darauf erwiderte Niederleitner, dass er noch gerne in Gambach seine seelsorgerische Tätigkeit ausüben wolle: „Himmlische Pläne“ habe ich noch keine.

Gambach 31

Pfarrer Josef Niederleitner holte mit den Gambacher Gläubigen den Primizianten Bruno Müller (links) am 9. Juli 1966 in der Bahnhofstraße ab. Im Hintergrund das Anwesen Christine Badersbach.

Goldene Stadtplakette und Priesterjubiläum Die Sonntagsmesse zum 40. Dienstjubiläum von Pfarrer Niederleitner wurde in die Musikhalle verlegt. Die Laudatio hielt Militärdekan Theo Sell. Bürgermeister Werner Hofmann überreichte dem 73-jährigen Pfarrer die Goldene Stadtplakette mit den Worten: „Sie haben in unermüdlicher und erfolgreicher Arbeit unter Zurückstellung persönlicher Vorteile und Annehmlichkeiten nur ein Ziel verfolgt, das Wohl der Gemeinde und ihrer Bürger. Sie haben in väterlicher Sorge und Hingabe für alle Bürger verantwortungsvoll als Dekan des Landkapitels Karlstadt und als Religionslehrer an der Berufsschule Karlstadt gearbeitet... Ihr Name und Ihr Wirken sind eng mit Gambach verbunden. Sie haben sich verdient gemacht.“ Drei Tage vor der geplanten Gratulationscour zu seinem Goldenen Priesterjubiläum war Niederleitner aus dem Krankenhaus entlassen worden. Wieder genesen erhielt der Gambacher Pfarrer von Bischof Paul-Werner Scheele die „Liborius-Wagner-Medaille“.

Am 1. Juli 1984 trat Pfarrer Josef Niederleitner in den Ruhestand. Stadtpfarrer Paul Steinert aus Karlstadt übernahm die Gambacher Pfarrei als Pfarrverweser.

Nach sechs Wochen im Ruhestand musste Niederleitner am 11. August 1984 zu seinem 75. Geburtstag wieder viele Hände schütteln. Wieder traten die Vertreter des gemeindlichen und kirchlichen Lebens an, dazu die Kindergartenkinder, der Gesangverein „Edelweiß“ unter Leitung von Ernst Schmitt und die „Gambacher Musikanten“ mit ihrem Dirigenten Dieter Baier, um zu gratulieren.

Pfarrer Josef Niederleitner hinterließ zahlreiche sichtbare Spuren in Gambach mit Baumaßnahmen in seiner Amtszeit: mehrmalige Renovierung der Kirche innen und außen; Neueindeckung von Dach und Glockenturm; Anschaffung neuer Glocken 1956; Erneuerung der Orgel; Beschaffung neuer Kirchenbänke und Renovierung des alten Pfarrhauses.

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Es waren ihm nur knapp zehn Monate Ruhestand vergönnt. Niederleitner starb am 13. April 1985 im Alter von 76 Jahren nach langer schwerer Krankheit. Unter großer Anteilnahme der Bevölkerung wurde der Ruhestandspfarrer am 17. April in Gambach zu Grabe getragen. In der Gambacher Pfarrkirche St. Bartholomäus konzelebrierten Dekan Bernhard Haaf, Pfarrverweser Paul Steinert (beide Karlstadt), Oberstudienrat Theo Sell, Würzburg, Pfarrer Heußlein, Dammbach, Pfarrer Scheckenbach, Kleinwallstadt, und Pfarrer Bruno Müller, Gambach, ein feierliches Requiem, das der Gesangverein „Edelweiß“ umrahmte. Anschließend geleitete ein langer Trauerzug mit Musikkapelle und den Ortsvereinen mit ihren Fahnenabordnungen den Sarg zum Friedhof.

Zug von der Pfarrkirche zum Friedhof: (von links) Musikverein, Fahnenabordnung der Feuerwehr, Turn- und Sportverein, Gesangverein „Edelweiß“ sowie Obst- und Gartenbauverein Gambach

Autor Edgar Manger war von 1974 bis 1984 Pfarrgemeinderatsvorsitzender und von 1977 bis 1984 auch Kirchenpfleger (Finanzen) unter der Ära Josef Niederleitner und erinnert sich an eine vertrauensvolle Zusammenarbeit.

Quellen: Main-Post Nr. 183 vom 10. 8. 1979; Nr. 186 vom 14/15. 4. 1979; Nr. 123 vom 31. 5. 1983; Nr. 63 vom 15. 3. 1984; Nr. 67 vom 20. 3. 1984; Nr. 15 vom 2. 7. 1984; Nr. 185 vom 11. 4. 1984; Nr. 187 vom 14. 4. 1984; Nr. 87 vom 15. 4. 1985; Nr. 91 vom 19. 4. 1985 Fränkisches Volksblatt Nr. 183 vom 10. 8. 1979; Nr. 187 vom 14. 4. 1984; Nr. 87 vom 15. 4. 1985; Nr. 91 vom 19. 4. 1985 Würzburger Katholisches Sonntagsblatt Nr. 18 vom 5. 5. 1983; Nr. 35 vom 26. 8. 1984; Nr. 39 vom 23. 9. 1984 Rede Otto Bregenzer 12. 8. 1979; Bürgermeister Werner Hofmann 29. 5. 1983; Edgar Manger 29.

5. 1983 und 17. 4. 1985 Gambach 33

Der Gambacher Friedhof wurde schon zweimal erweitert Von Dieter Fenn Bei Grabungen rund um das neue Baugebiet „Breitbäumlein“ tauchten an der Nordseite des Gebietes menschliche Knochen auf. Es ist anzunehmen, dass in früheren Zeiten hier der erste Friedhof der Ansiedlung Gambach war. Rund um die 1747 erbaute heutige Pfarrkirche befand sich auch der Kirchhof, wo vor dem Jahre 1800 die Toten der Pfarrgemeinde Gambach beigesetzt wurden. Durch Seuchen wie die Pest war die Kapazität solcher kleinen Areale schnell erschöpft.

Außerdem wurde die Bestattung der Toten innerhalb einer Siedlung aus hygienischen Gründen von vorneherein verboten. Zuerst wurde ein Kind 1800 auf dem neuen Gottesacker beigesetzt. Zu dieser Zeit wurden die Toten noch drei Tage lang im Sterbehaus aufgebahrt. Wann das Leichenhaus entstand, ist nicht genau zu bestimmen. Es befand sich in der linken Ecke der oberen Mauer und war noch außerhalb des rechteckigen Geländes angelegt.

Die stetig steigende Zahl von Einwohnern machte den Umbau und die Vergrößerung Das Sandsteinkreuz ist fast vier Meter hoch. des Friedhofs von Gambach notwendig.

Foto: Dieter Fenn So wurde er im Jahre 1933 unter dem damaligen Bürgermeister Josef Röder das erste Mal erweitert. Es wurde ein neues Leichenhaus im unteren Teil errichtet. Im alten Leichenhaus lagerte man fortan die Werkzeuge des Totengräbers. Dann war 20 Jahre wieder Ruhe, doch im oberen Friedhofsteil war inzwischen das gesamte Mauerwerk so baufällig geworden, dass man befürchten musste, die Friedhofsmauern würden eines Tages einfallen.

Deshalb entschloss sich der Gemeinderat im September 1952, dem Maurermeister Erwin Strohmenger den Auftrag für die Instandsetzung der Mauern zu erteilen. Die 34 Gambach

an der Nordseite am alten Leichenhaus entlang führende Mauer musste ganz abgebrochen werden. Das übrige Mauerwerk wurde innen und außen mit gutem Zementmörtel neu verfugt und die roten Sandsteinplatten wurden zum Abschluss ebenfalls auf einem Zementmörtel verlegt. Das damalige Verputzergeschäft Leonhard Raub erhielt vom Gemeinderat den Auftrag, das alte Leichenhaus neu zu verputzen und alle Holzteile mit einem Ölanstrich zu versehen. Das neue Leichenhaus wurde getüncht und ebenfalls wieder schön hergerichtet. Vom Architekten Walter Mailänder ließ Direktorin Else Düker am Eingang der Leichenhalle im bestehenden Gebälk die Inschrift „Gottes Wille kennt kein Warum“ anbringen. „Seit dieser Zeit zählt unser Friedhof wieder zu den schönsten weit und breit“, schrieb Otto Bregenzer in seinem damaligen Bericht.

Ebenfalls 1952 erhielt das Leichenhaus einen kleinen Glockenturm mit Kupferverkleidung. Eine Stiftung der Familie Düker ermöglichte es, das Leichenhaus zu renovieren und für die gestiftete Glocke ein elektrisches Läutwerk einzubauen.

Noch reichte der alte Friedhof für die Größe des Ortes aus. Als dann in den 1960-iger Jahren des letzten Jahrhunderts die Bevölkerung von Gambach auf 1200 Einwohner anstieg, war eine weitere Vergrößerung des Friedhofes notwendig. Durch Zukauf von etwa 1000 Quadratmetern von den östlichen Anliegern erhielt der Friedhof seine heutige Größe. Die Eigentümer der Grundstücke für diese Erweiterung waren: Hanns Nun, Theodor Badersbach, Gustav Bregenzer und Christine Badersbach. Mit der Umgestaltung des Eingangsbereiches sowie des gesamten Friedhofes war die Verlegung des Einganges an den östlichen Rand notwendig.

Die Aufstellung der Kosten bis 1968 beliefen sich auf 136.102 DM. Beteiligt waren die Firmen und Personen Erwin Strohmenger, Grümbel & Väth, Neuhoff in Schwanfeld, Bernhard Turske (Planung), Wingenfeld in Karlstadt, Baumschule Günther Weiglein, Urban Pfaff, Gustav Bregenzer, Fridolin Hack in Gössenheim, Heinrich Bach, Söfjer in Karlstadt, Ludwig Gehrig.

Für den Friedhofsumbau wurde am 3. Juli 1967 bei der Landesbodenkreditanstalt in München ein Darlehen in Höhe von 60.000 DM aufgenommen. Dieses Darlehen war zu 100 Prozent ausgezahlt worden und mit 6,5 Prozent Zins und zwei Prozent Tilgung zurückzuzahlen. Die jährliche Zahlung betrug 5.100 DM. Die letzte Rate wurde am 15. Mai 1977 geleistet. Ein zweites Darlehen in Höhe von 35.000 DM erhielt die Gemeinde von der Bayerischen Staatsschuldenverwaltung in München zinsverbilligt. Bei zehn Prozent Auszahlung waren drei Prozent Zins und drei Prozent Tilgung jährlich fällig, das waren 2.135 DM per annum. Die letzte Zahlung war am 1. Oktober 1991. Somit wurden 95.000 DM über Darlehen finanziert.

Nach der Eingemeindung am 1. April 1971 ging die Baulast von der Gemeinde Gambach auf die Stadt Karlstadt über. Nachdem in den späten 1960-iger Jahren mit der Neueinteilung der gesamten Grabanlagen begonnen worden war, wurden die Gehwege auf der rechten Seite mit einer Teerdecke versehen. Dazu schrieb Pfarrer Paul Steinert Anfang der 1980-er Jahre als Pfarrverweser von Gambach an die Stadt Gambach 35

Karlstadt: „Der neue Teil des Friedhofes rechts der ansteigenden Treppe ist mit einer Bitumendecke versehenen Wegen ein wahres Schmuckstück geworden. Herzlich würde ich die Stadt bitten, die Wege im linken Teil in gleicher Weise auszubauen.“ Wie wir wissen, wurden die Wege auf der linken Hälfte aus Kostengründen lediglich mit feinem Schotter angelegt.

Im Laufe der Jahre wurden noch einige Korrekturen in der Anlage vorgenommen.

Im gleichen Schreiben stellte Steinert den Antrag, das Priestergrab links neben die Leichenhalle zu verlegen. Die Umsetzung wurde wie schon die vorhergehenden Arbeiten auch an die Baufirma Erwin Strohmenger und an den Steinmetz Alois Kuhn aus Wernfeld vergeben. Ferner stellte Steinert den Antrag, das fast vier Meter hohe Sandsteinkreuz an eine dominierende Stelle am Ende des Treppenaufganges zu versetzen. Die Kosten dieser beiden Maßnahmen in Höhe von 5.650 Mark wurden aus dem Haushaltsposten für die Erweiterung des Friedhofes genommen. Von den veranschlagten 180.000 Mark wurden jedoch lediglich 165.000 Mark ausgegeben, so dass noch ein Polster für kleinere Arbeiten im Gambacher Friedhof zur Verfügung stand.

Bei der Verlegung des Priestergrabes wurde der Vorraum des Leichenhauses durchgängig angelegt, das heißt, die linke Mauer wurde entfernt. Dadurch befand sich der Spruch „Gottes Wille kennt kein Warum“ auf der falschen Seite. Der ehemalige Gemeinderat Adolf Nees erledigte diese Arbeit unentgeltlich in seiner Freizeit. Mit der Versetzung des großen Sandsteinkreuzes erhielt auch das Kriegerdenkmal für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges einen neuen, nämlich den dritten Standplatz seit der Errichtung.

Auf dem Grabstein stehen die Namen der vier ruhenden Priester Ludwig Rupp, Martin Ofenhitzer, Joseph Stahl und Josef Niederleitner.

Foto: Dieter Fenn 36 Gambach

Vier Priester wurden nach ihrem Tod auf dem Gambacher Friedhof beigesetzt: Ludwig Rupp, geboren 1746, gestorben 1816; Martin Ofenhitzer, geboren am 4. Februar 1776, gestorben am 11. Januar 1851; Joseph Stahl, geboren am 19. Mai 1829, gestorben am 16. Juli 1903; Josef Niederleitner, geboren am 11. August 1909, gestorben am 13. April 1985. Im Grab selbst ruhen nur die Gebeine von Josef Niederleitner, da die Beisetzungen früher an anderer Stelle vorgenommen worden waren.

Insgesamt ist der Friedhof zur Zeit in einem guten Zustand. Jedoch werden viele Gräber nach 20 Jahren nicht mehr verlängert, da die Friedhofsgebühren von vielen Familien nicht mehr aufgebracht werden. Auch der Trend zur Feuerbestattung macht sich bemerkbar. Nachdem die Grabreihe links vom mittleren Quergang von keinem Interessenten genutzt wurde, entschloss sich die Stadt, dort Urnengräber auszuweisen.

Es sind bisher drei Urnen-Grabplätze belegt.

Quellen: eigene Aufzeichnungen sowie von Otto Bregenzer und Edgar Manger; Main-Post: verschiedene Ausgaben von 1982 und 1984

Auf der linken Seite des Leichenhauses wurde das Priestergrab angelegt. Das Kriegerdenkmal (rechts) wurde im früheren Eingangsbereich platziert. Das Dach ist zurzeit in einem desolaten Zustand, wie auf dem Bild zu sehen ist. Auch verschiedene Holzteile des Glockenturmes sind reparaturbedürftig.

Fotos: Dieter Fenn

Gambach 37

Denkmal für die gefallenen Gambacher des Ersten Weltkrieges Von Dieter Fenn Das Denkmal für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges steht schon immer auf dem Friedhof, doch wurde der Standort öfter verändert. Das genaue Aufstellungsdatum ist nicht bekannt, es dürfte Anfang der 1920-iger Jahre gewesen sein. Seit dem Umbau beziehungsweise der Vergrößerung des Friedhofes steht es rechts neben dem Leichenhaus. Die 22 Gefallenen des Ersten Weltkrieges sind: Franz Winheim † 30. Oktober 1914

Hans Bregenzer † 26. November 1914

Linus Keller † 4. Februar 1915

Johann Weiglein † 27. Februar 1915

Alois Bayer † 10. Mai 1915

Franz Amersbach † 24. Mai 1915

Michael Huth † 25. Mai 1915

Josef März † 27. September 1915

Anton Kärpf † 17. Oktober 1915

Franz Steinbach † 19. Oktober 1915

Wilhelm Werthmann † 11. März 1916

Kaspar Bayer † 24. Mai 1916

Franz Strohmenger † 24. Juni 1916

Andreas Amersbach † 31. Juli 1916

Josef Pfaff † 25. Dezember 1916

Philipp Werthmann † 27. September 1917

Ludwig Gehrig † 24. März 1918

Ludwig Krug

Das Gefallenendenkmal am alten Platz, an der Außenmauer links, ist noch in einem guten Zustand.

Foto: Dieter Fenn

† 4. Juni 1918

Johann Strohmenger

Egid Steinbach

Anton Strohmenger

Matthäus Klein

† 8. Juni 1918

† 30. August 1918

† 17. Oktober 1918

† 23. April 1917

38 Gambach

Am neuen Standort: Die rechte Namenstafel ist durch Witterungseinfl端sse und Zementausbl端hungen in Mitleidenschaft gezogen. Die Christusfigur ist nicht mehr das Original. Einige Email-Bilder sind schon herausgefallen und verschwunden.

Foto: Dieter Fenn Gambach 39

Gambach im Jahre 2010 Von Edgar Manger Januar Auch im 19. Jahr seines Wirkens begeistert das Kreisjugendorchester Main-Spessart unter der Leitung von Bernhard Zenglein mit großartigen Musikern und einer beeindruckenden Leistung sein Publikum in der gefüllten Gambacher Musikhalle. Fast 70 junge Musiker mit einem Durchschnittsalter von 17 Jahren zeigen beim traditionellen Neujahrskonzert wieder eine hervorragende Leistung.

Fabienne Kohlmann wird bei den bayerischen Hallen-Meisterschaften in Fürth bayerische Meisterin über 800 Meter und Zweite über 200 Meter.

Ihre Schwester, die 15-jährige Corinne Kohlmann, sichert sich in der weiblichen Jugend B die Bronzemedaille.

Kai Klodewig wird zweiter Vorsitzender der Freiwilligen Feuerwehr Gambach.

Februar Fabienne Kohlmann von der LG Karlstadt-Gambach-Lohr stürmt bei der deutschen Hallen-Meisterschaft in Karlsruhe auf Rang zwei im 800-Meter-Lauf der Frauen.

Mit einem vehementen Schlussspurt überholt die 20-jährige Gambacherin auf der Zielgeraden noch die Konkurrentinnen und verbessert sich von Platz fünf auf den Silberrang.

März Der TSV Gambach ehrt das Aushängeschild der Leichtathletikabteilung des Vereins und der LG Karlstadt-Gambach-Lohr, Fabienne Kohlmann, sowie den Gewinner der Silbermedaille im Slalom mit Snowblades, Matheo Schopf, bei den Nationalen Special-Olympics Winterspielen in Inzell in Oberbayern.

Der Gesangverein „Edelweiß“ Gambach ehrt langjährige Sänger. Josef Mehler und Horst Gehrig-Bauer singen seit 50 Jahren aktiv im Chor. Sie haben ab sofort bei Veranstaltungen des Fränkischen Sängerbundes freien Eintritt. Gudrun Heßdörfer, Alt-Stimme im gemischten Chor, erhält die silberne Anstecknadel des Fränkischen Sängerbundes. Karin Gehrig-Bauer wird für 50-jährige Mitgliedschaft und Reiner Heßdörfer für seine langjährige Hilfe bei Veranstaltungen geehrt.

Einen Genuss für Gaumen und Gehör erleben 250 Gäste in der Musikhalle in Gambach. Während die Köche der zwölf Gastronomen der „Frische aus Main-Spessart“ gemeinsam ein köstliches Menü zaubern, unterhalten das Gambacher „Spätleseorche40 Gambach

ster“ und die „Drei Rebläuse“ (Weingott Bacchus Urban Pfaff, Albert und Michael Strohmenger) aufs Beste mit einem musikalischen Bilderbogen. „Häcker Franz“ alias Franz Müller ist auch dabei.

Am 16. März stirbt der Ehrenvorsitzende des Sportanglerclubs, Walter Winheim, im Alter von 74 Jahren.

Fabienne Kohlmann von der Leichtathletikgemeinschaft Karlstadt-GambachLohr erhält in Esselbach die „Sonderauszeichnung Sportler des Jahres 2009“ des Landkreises Main-Spessart. Kriterien der Auszeichnung: Leistungsträger, die eine regelrechte Goldsträhne haben und vorher bereits drei-, fünf- oder gar zehnmal die Kriterien für die Goldmedaille erfüllt haben.

April In der Karwoche findet in Gambach ein Kinderbibeltag unter dem Motto „Petrus called to Rock“ statt. 22 Kinder lassen sich begeistern und begleiten Petrus auf seinem Weg vom Fischer zum Menschenfischer.

Der SPD-Ortsverein Gambach pflanzt vier Kastanien am Grillplatz. Der Spender ist Urban Pfaff.

Bis zu neun Meter tief unter der Mainsohle bohrt die Firma Ochs Bohrgesellschaft aus Hof durch den Buntsandstein, um die beiden Maindüker bei Gambach zu verlegen.

Herbert Werthmann, Vorsitzender für Öffentlichkeitsarbeit, und Werner Steinbach, Vorsitzender für Sportheim und Sportplatz, führen den TSV Gambach. Die Arbeit des dritten Vorsitzenden (Sport und Veranstaltungen) teilen sich Herbert Werthmann und Werner Steinbach. Diese neue Struktur ist das Ergebnis einer Satzungsänderung.

Verdiente Sportler und Funktionäre werden von der Stadt Karlstadt geehrt: Corinne Kohlmann, bayerische Vizemeisterin im 300-Meter-Lauf, erhält die Sportehrennadel der Stadt Karlstadt. Fabienne Kohlmann bekommt die Sportlerehrennadel in Gold.

Bürgermeister Dr. Paul Kruck nennt alle geehrten Sportler: „Ihr seid alle Botschafter der Stadt Karlstadt.“ Josef Mehler und Walter Heßdörfer vom Gesangverein „Edelweiß“ Gambach erhalten die Ehrennadel in Gold, Dorothea Bayer und Margarethe Schopf die Ehrennadel in Bronze.

Die Feuerwehr Gambach entfernt ein auf die Gleise geratenes Auto einer Gemündener Autofahrerin in der Nähe des ehemaligen Gambacher Bahnhofs.

Mai Steine für die geplante Sanierung der Trockenmauern in den Weinbergen von Gambach nehmen Staatsminister Markus Söder, der Regierungsvizepräsident Dr. AnGambach 41

dreas Metschke und Bürgermeister Dr. Paul Kruck symbolisch in die Hand. Rund 100 Meter Weinbergsmauern werden mit Hilfe des Konjunkturpakets II für rund 300.000 Euro saniert.

Beim Besuch von Staatsminister Markus Söder am Gambacher „Kalbenstein“ übergeben Mitglieder des Vereins „Bürger und Kommunen gegen die Westumgehung B 26n“ einen Brief mit Informationen und ihrer Meinung zur geplanten Westumgehung von Würzburg/B 26n.

In der Maintalstraße verlegt die Firma Rösch, Karlstadt, eine neue Wasserleitung.

Kosten: etwa 280.000 Euro.

16 Studenten der Internationalen Akademie für Musik und Evangelisation aus Altötting präsentieren in der Musikhalle in Gambach ihr selbst erarbeitetes Musical über Liebe, Verrat und Vergebung: „Petrus called to Rock“. Neben ihrem Grundanliegen, den christlichen Glauben in die Welt zu tragen, sammeln sie in diesem Jahr für die Erdbebenopfer in Haiti. Das Musical findet bereits zum vierten Mal auf Initiative des Gambacher Pfarrgemeinderates statt.

Maria und Erich Heßdörfer feiern Diamantene Hochzeit.

Alexander Heilmeier, Mitglied beim Luftsportclub Karlstadt, erhält die Pilotenlizenz.

Glück haben vier Beteiligte eines Frontalzusammenstoßes auf der Bundesstraße 26 zwischen Karlstadt und Gambach unterhalb des Edelweißes. Ein 19-Jähriger aus Burgsinn ist auf der linken Fahrspur in Richtung Gambach mit seinem Auto gegen den Ford eines entgegenkommenden 62-jährigen Gambachers geprallt. Die Feuerwehren aus Gambach und Karlstadt sowie der Notarzt und drei Rettungswagen sind im Einsatz.

Das Team der LG Karlstadt-Gambach-Lohr (Corinne Kohlmann, Mareike Bauer und Thea Riedmann) wird bayerischer Vizemeister über die dreimal 800-Meter-Staffel der B-Jugend in Aschheim.

Der VdK Karlstadt ehrt am Muttertag Maria Vetter, Maria Bach und Hildegard Schopf aus Gambach für zehnjährige Mitgliedschaft im Sozialverband.

Otto Försch vom Luftsportclub Karlstadt schenkt dem Gambacher Kindergarten einen ausgemusterten Rettungsfallschirm.

Der Gesangverein „Edelweiß“ Gambach beteiligt sich am Liedernachmittag in der Gössenheimer Pfarrkirche St. Radegundis.

42 Gambach

Juni Seine Jahreshauptversammlung verbindet der Verein „Ökologischer Weinbau Franken“ mit einer Weinbergsbegehung in Gambach. Hierbei erläutert Daniela RatzHofmann Wissenswertes über den ökologischen Landbau.

Dieter Baier, ehemaliger Dirigent des Auswahlorchesters, erhält von Bürgermeister Dr. Paul Kruck den Kulturehrenbrief der Stadt Karlstadt.

Harald und Gerda Ruppert feiern das 100-jährige Bestehen ihres Edeka-Geschäftes. „Wir sehen uns der Tradition verpflichtet und wollen dieses Geschäft so lange wie möglich erhalten, damit die Dorfbevölkerung hier einkaufen kann“, erklärt Harald Ruppert.

Juli Frank Brönner gewinnt gemeinsam mit seiner Frau Chen Yi Karten und eine Reise zum Fußball-WM-Endspiel in Südafrika. Die gewonnene Reise endet für das Ehepaar schon am Frankfurter Flughafen wegen eines fehlendem Visums für eine Zwischenlandung in London.

Fabienne Kohlmann läuft in Biberach die 400-Meter-Hürden in 55,75 Sekunden und erfüllt die EM-Norm. Sie plant für die Europameisterschaft in Barcelona so, wie sie es sich zuvor in ihren Träumen ausgemalt hat.

Die Gambacherin Dana Janas siegt beim 22. Straßenlauf „Rund um die Heilquellen“ in Bad Brückenau. Im Alter von 33 Jahren absolviert sie ihren ersten Halbmarathon für ihre Firma „proFINDus“ in Karlstadt.

Zum fünften Mal lädt Urban Pfaff alle Nachkommen der Familien Pfaff und Fenn zum großen Treffen in die Musikhalle ein. Gut 200 Personen treffen sich. Vier von sechs Generationen sind vertreten. Fünf neue Vorsitzende führen den Musikverein Gambach: Friedbert Haas (Vereinsverwaltung); Franz Winheim (Kassenverwaltung); Franz Müller (Festbetrieb); Dieter Baier (Musikbetrieb) und Burkhard Ehrenfels (Hallenbetrieb).

Fabienne Kohlmann holt sich in Braunschweig den deutschen Meistertitel über 400-Meter-Hürden und steht im Aufgebot des deutschen Leichtathletikverbandes für die Europameisterschaft in Barcelona.

Der Gambacher Künstler Manfred Pöpl, nimmt am „Tag des offenen Ateliers“ teil. Er bezeichnet sich selbst als Plastiker und arbeitet seit 1960 als Bildhauer und Zeichner in Holz, Gips, Ton, Wachs, Bronze und Kunststoff.

Trinkwasser zahlen, trübes Wasser erhalten. Die SPD Gambach teilt der Stadt Karlstadt ihren Unmut über die schlechte Wasserqualität in den Monaten März bis einschließlich Mai mit.

Gambach 43

Mit einer Unterschriftenaktion will die SPD Gambach erreichen, dass die Diözese Würzburg und die Stadt Karlstadt ihrer Aufgabe nachkommen und die Kirche St. Bartholomäus innen renovieren.

Bernd Mehler vom Imkerverein Karlstadt lädt die Vorschulkinder vom „Spirkennest“ Gambach auf sein Grundstück am Ortsrand von Gambach ein. Beim Besuch der Imkerei erfahren die Kinder viel Wissenswertes über die Bienenzucht sowie über den Nutzen und die Friedfertigkeit der fleißigen Honigbienen.

August Fabienne Kohlmann gewinnt bei der Leichtathletik-Europameisterschaft in Barcelona die Silbermedaille in der Viermal-400-Meter-Staffel.

25 Jahre Hochstraßenfest: Seit einem Vierteljahrhundert wird in der Hochstraße jährlich ein Fest gefeiert.

Der Heimatort Gambach feiert Fabienne Kohlmann nach ihrer Rückkehr aus Barcelona. Mit einer Pferdekutsche fährt sie zusammen mit ihren Eltern durch den Ort zum Sportheim, wo die Ehrung stattfindet. Begeistert und gerührt bedankt sich die frisch gebackene Vize-Europameisterin bei den Gambachern für den herzlichen Empfang.

Dana Janas stellt beim Elstertal-Marathon in Gera einen neuen Streckenrekord auf.

In einer Zeit von 3:09,44 Stunden läuft sie als erste Frau über die Ziellinie. Ingo und Dana Janas gründen den Rückführservice „proFINDus“. Verlorene Gegenstände, die mit einer Ident-Nummer versehen sind, können so in kürzester Zeit wieder dem Besitzer ausgehändigt werden.

September Die Gambacher SPD sowie Diakon Hans-Josef Klein übergeben Bürgermeister Dr. Paul Kruck die Unterschriften der Gambacher Bürger, die die Innenrenovierung der Pfarrkirche fordern.

Das staatliche Bauamt teilt auf Anfrage der CSU mit, dass die Voruntersuchung zum Bau einer Linksabbiegespur auf der B 26 bei Gambach läuft.

Abwechslungsreiche Klänge der deutschen Romantik erschallen bei der vierten Etappe der Konzertreihe „In Karlstadter Kirchen – vom Barock in die Neuzeit“ in der Gambacher Kirche St. Bartholomäus. Der Organist Felix Schmitt und die Sopranistin Anna-Maria Burkard präsentieren den zahlreichen Besuchern Kompositionen aus der deutschen Romantik.

Dieter Baier leitet seit zwei Jahren das Teneriffa-Orchester „Lustige Egerländer“.

Es ist eine Kapelle, die einmal im Jahr mit anderen Main-Spessartern auf Teneriffa zusammenspielt.

44 Gambach

Oktober Die großen Kinder aus dem Kindergarten „Spirkennest“ von Gambach besuchen die Bäckerei von Ralf Wagner in Aschfeld.

Der Obst- und Gartenbauverein Gambach zeichnet 20 fleißige Gärtner für gelungenen Blumenschmuck aus. Zweite Bürgermeisterin Anni Kühl-Johannes und die Vorsitzende Carola Wingenfeld überreichen als kleines Dankeschön ein Alpenveilchen oder eine Multiflora.

Fabienne Kohlmann rückt in den A-Kader, der höchsten Förderstufe des Deutschen Leichtathletik-Verbands auf. Zudem gehört sie zum Top-Team London 2012. Dort sind die Athleten vereint, die bei den Olympischen Spielen in England die deutschen Farben vertreten sollen.

Die Stadt Karlstadt zeichnet Fabienne Kohlmann mit dem Sportehrenbrief aus. Unter den Blicken von Bürgermeister Paul Kruck und Alfred Maasz trägt sie sich in das „Goldene Buch“ der Stadt Karlstadt ein.

40 farbenfrohe Luftballons starten beim 40. Gambacher Weinfest in den Himmel über Gambach.

November In der Artikelserie „Die wilden 60er“, berichtet die Main-Post über die ehemalige Gambacher Beatband „The Rockys“. Diese hatte legendäre Auftritte im Allgäu und war damals von vielen weiblichen Fans umjubelt. Mitglieder waren Karl Winheim, Josef Fenn, Ernst Knoblach, Gerd Bach, Peter Bald (Wernfeld) und Dieter Baier.

Ende 1969 löste sich die Band auf. Der Versuch einer Wiederbelebung im Jahre 1994 scheiterte.

Dezember Sieben Schüler (Susanne, Miriam, Peggy-Sue, Jessica, Dominik, Florian und Alexander) aus der Klasse M 10 der Konrad-von-Querfurt-Mittelschule lesen in Kindergärten, so auch im „Spirkennest“ in Gambach, Geschichten vor, die von Piraten handeln. Die Kinder dürfen sich als Piraten verkleiden. Den Kindern gefällt die Vorlesestunde so gut, dass sie die Jugendlichen am liebsten dabehalten hätten.

Der Musikverein Gambach ehrt seine treuen und verdienten Mitglieder. Mit der goldenen Ehrennadel werden Kurt Hofmann, Franz Humler, Linus Keller, Erwin Steinbach und Franz Winheim ausgezeichnet.

31. Dezember 2010: Gambach zählt 1345 Einwohner.

Gambach 45

Heßlarer Dialekt und derbe, wahre Redensarten Von Karl Keupp Die Dorfnamen und die Hausnamen lassen erkennen, dass Franken in Zeiten der Völkerwanderung Durchzugsgebiet war. Bei den Ortsnamen in unserem Bereich ist dies recht deutlich erkennbar; und zwar an ihren Endungen feld, heim, ngen, ingen, ungen, lar, ler, dorf und stein. Bei den Familiennamen im Dorf, also bei den Dorfnamen, spielt der Name der gegenwärtigen Hausherrn nur in seltenen Fällen eine Rolle.

Angewandt werden auch heute noch solche aus urväterlicher Zeit. So zum Beispiel die Handwerker, obwohl es in Heßlar seit über einem halben Jahrhundert keinen Handwerker mehr gibt. Beispiele: Schreiner, Schmied, Schuster, Wagner, Houge, Beck (Bäcker). Auch die heutigen Familien werden noch benannt nach Namen von obrigkeitlichen Vorfahren alter, ja uralter Zeiten, wie zum Beispiel Bürgermeisters, Schulze (zweimal), Hüters (zweimal). Kommt dieser Begriff mehrmals vor, fügt man auch noch zur Unterscheidung einen Vornamen hinzu; aber nicht den des heutigen Anweseninhabers, sondern einen seiner Vorfahren.

Die Pfarrer achten seit eh und je darauf, dass jeder Täufling einen Vornamen erhält, der in der kirchlichen Liste der Heiligen aufgeführt ist. Später wurden diese Namen dann oft so verunstaltet, dass der oder die Heilige, die ein Leben lang ihre Hand über den Täufling halten sollte, sich selbst nicht mehr wiedererkennt, wie diese Kurzformen und Rufnamen zeigen: Meena, Leena, Miena, Degla, Michele, Nannela, Lies, Burehl, Bawed, Mäli, Reddele, Ballwiena, Resi, Nelle.

Einige „Redensarten“ aus der Nazizeit in den 1930er Jahren wurden nur im allerengsten und vertrauten Kreis unter vorgehaltener Hand verbreitet : Unner Sau hat Junge Unsere Sau hat Junge, siewe an der Zähl, sieben an der Zahl, sechs davo sen Hitler sechs davon sind Hitler und ees is national. und eins ist national.

Mit „Hering, Hering, sou fett wia dr Göring“ pries der Fischverkäufer seine Ware an.

Bis in die Neuzeit haben sich umgangssprachliche Ausdrucksformen erhalten, etwas nett oder auch im robusten Ton zu umschreiben. Hinter jedem steckt auch ein Stückchen Wahrheit, Menschenkenntnis und Lebenserfahrung: Dia zwä verdarbe wenigstens ke Por. - Die zwei verderben wenigstens kein Paar.

(Zwei mit vielen Fehlern heiraten einander.)

En Bsuffena weicht mer mit a Fuhr Hä aus. - Einem Besoffenen weicht man (sogar) mit einer Fuhre Heu aus.

Wenn du nies schaff wisst, da muast du halt Pfar wär. - Wenn Du nichts arbeiten 46 Heßlar

willst, dann mußt Du halt Pfarrer werden.

Dar is an Henker aus der Kerze ghopft. - Der ist dem Teufel aus der Kerze gehüpft.

(Er ist also ein kleiner Teufel.)

Wenn dia Plärrgousche ner endli as Maul haltet – Wenn der Schreihals nur endlich den Mund hielte.

Dia Brilleklotzera dricht die Nosa ganz schöa hoach. - Diese Brillenträgerin trägt die Nase ganz schön hoch. (Sie ist recht eingebildet.)

Dar Müllersbuggl muaß sei Nosa a üweroll neisteck - Der Müllersbuckel muss seine Nase auch überall reinstecken.

Dara ihr Zäiblegger wär natürli a wieder dabei - Deren Zähnefletscher war natürlich auch wieder dabei (bei irgendeinem Streich der Buben).

Dia mit ihre grumme Bee steicht vialeicht auf - Die mit ihren krummen Beinen tritt wieder auf (gibt vielleicht an).

Dia Routznose hat ihrn Senf a dazu müß ga. - Diese Rotznase musste ihren Senf auch dazugeben.

Dar Karle is so gescheid wia drei Dumme. - Der Kerl ist so gescheit wie drei Dumme.

(Dümmer geht‘s nicht mehr.)

Dia sen wia Hund und Katz. - Die sind wie Hund und Katze. (Meist über Ehepaare, die viel streiten.)

Dar Zwiemooch is niet soot zu brenge. - Dieser Zwiemagen ist nicht satt zu bringen.

(Er ist ein Vielfraß.).

I ho Hunger wia a Gaul - Ich habe Hunger wie ein Pferd.

I bin müad wia a Steeäisl. - Ich bin müde wie ein Steinesel. (Ein Esel, der den ganzen Tag Steine schleppen musste.)

Dia is arm wia a Kirchemaus. - Die ist so arm wie eine Maus in der Kirche (Sie findet dort nichts zu fressen.).

Dar säuft wia a Kua, dia wess ower wenn se genug hat. - Der säuft wie eine Kuh; die weiß aber, wann sie aufhören muss (im Gegensatz zum Säufer).

Dar Mensch hat a Kraft wia a Ous.- Der Mensch hat eine Kraft wie ein Ochse.

Dar Karla ist sou scharf wia sei Hund. - Der Kerl ist so scharf wie sein Hund. (Keine Hündin = Frau ist vor ihm sicher.)

Dar schafft wia a Narr.- Der arbeitet wie ein Narr (so gut und schnell, das niemand mit ihm konkurrieren kann).

Dar Faulenzer verdient as Schwarze nied unner dr Fingernäichel.- Der Faulenzer verdient das Schwarze unter den Fingernägeln nicht.

Dos is der selwe Dochdieb wia sei Vaddr.- Das ist derselbe Tagedieb wie sein Vater.

(Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm.)

Dar Karla stinkt wia an Schneider sei Gäßboug. -Der Kerl stinkt wie dem Schneider sein Ziegenbock (und der ganz besonders, wenn er die Ziegen des ganzen Dorfes versorgen muss).

Heßlar 47

Du bist a fix und ferticher Karla. Dir fahla bloß nou die Hörner. - Du bist ein fix und fertiger Kerl. Dir fehlen nur noch die Hörner. (Dann wärst Du der fertige Hornochse.)

Dann howis gabe! Emoal wur i unnedrunt, as anneremoal wur ar ouwadruff. - Dem habe ich es gezeigt! Einmal war ich unten drunter, das andere mal war er obendrauf.

(So gesehen, war das ein ausgeglichener Kampf.)

Oh Gott, oh Gott, laß aweds war, Dog wirds von allee. -. O Gott, o Gott, lasse es Abend werden, Tag wird es von alleine (der Knecht an einem langen, arbeitsreichen Tag).

War lang schläft, den Gott ernährt, war früä aufsteat sei Gald vazehrt. - Wer lange schläft, den Gott ernährt, wer früh aufsteht, sein Geld verzehrt.

Dos is a Wadr für mei Knacht, wennse nies schaffe, na friern se racht. - Das ist ein Wetter für meine Knechte. Wenn sie nicht arbeiten, frieren sie recht.

Wia der Herr, sou sei Gscherr. - Wie der Herr, so sein Geschirr. (Er ist ein Schlamper; wo man auch hinschaut.)

An gschenkte Gaul gukt mer nied neis Maul. - Einem geschenktem Gaul schaut man nicht ins Maul. (Ein Fachmann erkennt an den Zähnen des Pferdes dessen Alter.)

Auf jeden Hofa passt a Deigel. - Auf jeden Topf passt auch ein Deckel. (Zwei, wenig angesehen, heiraten einander.)

Getrommel ghört zum Handwerk. - Trommeln gehört zum Handwerk.

Wenn Dummhäd wea tät, wos wär doa a Gebrüll auf dr Walt. - Wenn Dummheit weh täte, was wäre da ein Gebrüll auf der Welt.

48 Heßlar

Ortsgeschichte Heßlar – Teil 1 (von 788 bis 1988) Von Herbert Weidner 19.04.788 1551 1616-1648 1675 Im 17. Jhr. 20.04.1693 06.09.1698

27.04.1703 Seit 1706 1767 30.08.1787 1791 1795 1795 1796 06.09.1803 1804 1805 1840 1876 1877 1879 1890 1893 07.06.1896 1900 1901 1903 1903 1906 1909/10

Erste urkundliche Erwähnung von Heßlar.

Heßlar wird evangelisch.

Dreißigjähriger Krieg Im Protokollbuch der Gemeinde Heßlar wird die Dingung eines Schullehrers festgehalten.

Heßlar wird wieder katholisch.

Grundsteinlegung für die Heßlarer Kirche.

Kirchenweihe in Heßlar durch Weihbischof Stefan Weinberger; die Baukosten belaufen sich auf 2619 Gulden und werden vom Juliusspital in Würzburg getragen.

48 Bauernhäuser und Scheunen gehen in Rauch auf.

Pilger aus Eichsfeld und Fulda wallen durch Heßlar nach Walldürn.

Am 4. August brennen 37 Bauernhäuser und Scheunen ab.

Das Juliusspital in Würzburg übergibt Grundbesitz, Schäferei, Fronhof und Schenkstatt an die Gemeinde Heßlar.

Fürstbischof Franz Ludwig von Erthal hält in Heßlar Visitation.

Das Freiherrlich Dalbergische Holz, am Oberen Stockweg, wird abgehauen.

Am 15. Juni ist Veitstag wegen großen Rindersterbens.

Im Juli Franzosen-Überfall auf Heßlar.

Heßlar wird durch eine Stiftung selbstständige Pfarrei.

Bau des Pfarrhauses.

Peter Oftring wird als Schmied angestellt.

Heßlar hat 372 Einwohner.

Am 1. Mai Gründung der Freiwilligen Feuerwehr.

Bau des neuen Schulhauses.

Eröffnung der Werntalbahn von Gemünden nach Schweinfurt.

Die erste Saug- und Druckspritze für die Freiwillige Feuerwehr wird angeschafft.

Katastrophales Dürrejahr Gründung des Darlehenskassenvereins Heßlar hat 348 Einwohner.

25-jähriges Feuerwehrfest – 33 Mitglieder Das erste Auto fährt durch Heßlar (Fahrer und Besitzer nicht bekannt).

Eine Notausgangstür wird an der Nordseite der Sakristei angebracht.

Der Obstbauverein wird gegründet.

Das Heroldsbrünnle wird für eine Wasserleitung zum Seligweg Heßlar 49

1910 1911 1912 1914/18

1916 1919 1921 1921 1921/22 1925 1926 24.02.1935 1935 14.03.1935 1937/40 1938 1938 1939 1940 1940/45 1941/45 08.05.1944 1945 07.04.1945 07.04.1945 08.05.1945 1939/45 07.07.1945 1946 1947 1947 1946/48 50 Heßlar

ausgegraben - Quelle an der „Gäßleite“.

Eine Luitpold-Linde wird vor dem Gasthaus „Adler“ gepflanzt.

Die Obstanlage am Tiefental wird im Beisein des Regierungspräsidenten Dr. von Brettreich feierlich eingeweiht.

Am 16. Juni weiht der Kriegerverein seine neue Vereinsfahne.

Fahnenpatin ist Katharina Meder.

Erster Weltkrieg: acht Soldaten aus Heßlar bleiben im Krieg: Leo Reuß, gefallen 26. August 1914, Josef Staat, gefallen 21. Juni1915, Josef Münch, gefallen 17. Mai 1916, Eduard Mees, gefallen 5. September 1916, August Schech, gefallen 28. August 1917, Michael Pfister, gefallen 25.

September 1917, Georg Seufert, gefallen 26. März 1918 Gründung der Musikkapelle Heßlar hat 374 Einwohner.

Einführung des elektrischen Lichtes Valentin Lauer kauft eine eigene Dreschmaschine und ein Lokomobil.

Große Winterkälte Bäckermeister Michael Lamprecht eröffnet eine Posthilfsstelle.

50-jähriges Feuerwehrfest wird wegen Notzeit nicht gefeiert.

Pater Theobald Reuß wird in Würzburg zum Priester geweiht.

Er ist bisher der einzige Priester aus Heßlar.

Erster Lanz-Bulldog in Heßlar von Anton Müller Ehrenbürger Oberlehrer Josef Englert verlässt Heßlar.

Erster bekannter Bürgermeister nach den Aufzeichnungen ist Franz Drescher.

In Heßlar gibt es 59 Milchlieferanten.

Valentin Lauer fährt mit einem Kuhgespann die Milch nach Schönarts.

Der erste Heu-Aufzug in Heßlar wird bei Ludwig Schech in Betrieb genommen.

Extremer Frost lässt viele Obstbäume erfrieren.

Franz Keupp ist Bürgermeister in Heßlar.

Franz Keupp übernimmt den Milchtransport nach Schönarts.

Franz Renner führt die Posthilfsstelle Heßlar.

Familie Georg Ochs übernimmt die Milchsammelstelle und den Transport nach Schönarts.

Amerikanische Panzer erreichen Heßlar.

Die Scheune von Heinrich Lauerhas wird von den Amerikanern in Brand geschossen.

Kapitulation des Deutschen Reiches.

Zweiter Weltkrieg – 21 Gefallene und zehn Vermisste aus Heßlar.

Ludwig Weidner wird von der Militärregierung zum kommissarischen Bürgermeister ernannt.

Heßlar hat 413 Einwohner.

Der Fußballsportverein wird gegründet.

Katastrophale Sommerdürre Eduard Renner wird Bürgermeister von Heßlar.

Der Gedenkstein für die Gefallenen im Ersten Weltkrieg steht im Friedhof.

1947/48 1948 20.06.1948 15.08.1948 1948/59 1950/54 1951 1953 1953 1953 10.12.1953 1954 1954 1954 1955/56

Der Gedenkstein für die Gefallenen im Zweiten Weltkrieg ist in der Heßlarer Kirche.

Beide Aufnahmen: Martina Amkreutz-Götz

Bau der neuen Sakristei auf der Südseite der Kirche.

Pfarrer bei dieser Baumaßnahme ist Martin Löber.

Der Friedhof mit 72 Grabstätten wird neu angelegt.

Stichtag der Währungsreform – Einführung der Deutschen Mark Heßlarer Pilger wallen erstmals nach Retzbach.

Otto Seufert wird Bürgermeister in Heßlar.

Franz Oftring ist Fleischbeschauer.

August Schech und Ehefrau Else wandern nach Kanada aus.

Die ersten Schlepper im Ort laufen in den landwirtschaftlichen Höfen von Anton Müller, Karl Kröner und Bruno Vollmuth.

In Heßlar wirtschaften 62 landwirtschaftliche Betriebe.

Anton Müller und Anton Münch haben das erste Auto in Heßlar.

Heßlar hat 366 Einwohner.

Einzug von Pfarrer Hermann Wolpert in Heßlar Josef Ochs wird zum Fleischbeschauer ernannt. Er führt diese Tätigkeit bis 1996 aus. Diese Aufgabe wird nun von Tierärzten durchgeführt.

Der Kirchturm wird vom Landesvermessungsamt München als trigonometrischer Punkt bestimmt.

In Heßlar wird in der Aschfelder Straße 69 1/2 ein Kindergarten eröffnet. Von Mai bis Oktober betreut Leiterin Elsa Oftring 40 Kinder.

Eine Wasserversorgung wird errichtet. Die Wasserquelle ist im Werngrund bei Thüngen.

Heßlar 51

20./21.04.1956 Bischof Julius Döpfner besucht Heßlar.

06.05.1956 Otto Kober verunglückt bei einem Motorradunfall. Er verstirbt am 20. Mai 1956.

06.01.1957 Die Gemeinde Heßlar verzichtet auf ein eigenes gemeindliches Wappen.

26.01.1957 Michael Lamprecht verunglückt bei einem Motorradunfall.

Er verstirbt am 1. Februar 1957.

1957/1959 Renovierung von Dachgebälk und Glockenturm an der Pfarrkirche St. Michael.

14.07.1957 Die Wasserleitung ist fertig. Zur Einweihung wird ein Wasserfest gefeiert. Die Quelle liegt in Thüngen.

Erster Bürgermeister ist Otto Seufert.

1958 Außenrenovierung der Pfarrkirche St. Michael und Einbau einer elektrischen Läutanlage.

29.09.1958 zwei neue Glocken werden geweiht. Pfarrer ist Hermann Wolpert.

27.07.1959 Scheunenbrand bei Josef Ochs.

1959/60 Anton Reuß (Hausnummer 48) wird Erster Bürgermeister.

01.02.1960 Eine neue Poststelle wird eröffnet. Posthalterin ist Waltraud Renner.

08.05.1960 Ein neues Feldkreuz auf der Kreuzleite weiht Pfarrer Hermann Wolpert. Stifter ist August Oftring.

19.06.1960 Josef Lamprecht wird in einer Stichwahl zum Bürgermeister gewählt.

01.08.1960 Eine zweite Lehrerstelle wird genehmigt.

1960 Heßlar hat 327 Einwohner.

18.06.1961 Neue Motorspritze wird der Feuerwehr zum 85-jährigen Feuerwehrfest übergeben.

Ab 1961 Franz Gatscher wird Schulleiter in Heßlar.

1961 Abbruch des Gemeindebackofens in der Dorfmitte.

Nov. 1961 Beginn der Bauarbeiten für die Ortsverbindungsstraße nach Schönarts.

Die Bauzeit beträgt sieben Monate. Bürgermeister ist Josef Lamprecht.

1962 Die Gemeindewaage wird an den unteren Dorfausgang verlegt. Ein Fahrzeugwaschplatz wird ebenfalls eingerichtet.

1962 Anton Müller kauft den ersten Mähdrescher im Dorf, einen ClaasMähdrescher mit Absackstand.

Nov. 1962 Die Straße nach Schönarts wird dem Verkehr übergeben.

07.12.1962 Nach sechsjähriger Ausbildung wird Herbert Weidner der landwirtschaftliche Meisterbrief überreicht.

1963 Ein neuer Eingang zum Friedhof an der Bühler Straße wird gebaut.

1963 Im Keller der Sakristei wird eine vollautomatische Ölfeuerungsanlage für 9.593 DM montiert.

1963 Die Schweineställe am Pfarrhaus werden abgebrochen und eine Garage für den PKW des Pfarrers Hermann Wolpert errichtet.

Mai 1963/64 Kanalisation und Kläranlage werden von der Baufirma Rösch in Karlstadt gebaut. Bürgermeister ist Josef Lamprecht.

Aug. 1963 Wiedergründung des Sportvereins, 1. Vorsitzender wird Ottmar Lummel.

Okt. 1963 Die Bäckerei Otto und Anna Schlereth wird geschlossen, das 52 Heßlar

01.12.1963 1963 Mai 1964 14.09.1964 Okt. 1965 Okt. 1965 21.04.1966 1966 1966 1966 1966 15.12.1966 18.04.1967 11.06.1967 1968 16.03.1969 Juli 1969 1969 1969/76 1970 29.09.1970 1971 Nov. 1971 05.02.1972 1972 1972 27.01.1973

Lebensmittelgeschäft jedoch weitergeführt.

Rosina Holzinger übernimmt die Milchsammelstelle.

Die neue 380 KV-Leitung vom Bayernwerk von Aschaffenburg nach Bamberg führt nördlich an Heßlar vorbei.

Das Anwesen Drescher wird zur Raiffeisenkasse mit Lagerhalle umgebaut.

Die letzten in der Landwirtschaft genutzten Pferde stehen bei Otto Reuß, Obere Dorfstraße, im Stall. Otto Reuß wird durch einen Pferdehufschlag schwer verletzt, er verstirbt am 18. September 1964.

Der Heßlarer Kindergarten wird mit 18 Kindern wieder geschlossen.

Mit dem Ausbau der Dorfstraßen wird begonnen. Die Baufirma Gärtner aus Würzburg führt die Arbeiten aus. Bürgermeister ist Josef Lamprecht.

Die mächtige Dorflinde am unteren Dorfplatz muss dem Straßenbau weichen. Der rotblühende Kastanienbaum bleibt erhalten.

Heßlar hat 324 Einwohner.

Die Milchsammelstelle wird vergrößert und modern eingerichtet.

In die alte Linde an der Feldkapelle schlägt der Blitz ein. Der Baum steht jedoch auch 2010 noch.

Die Straße nach Schönarts ist fertig ausgebaut.

Die Grünanlage und den Springbrunnen auf dem Dorfplatz vor der Schule übergibt Landrat Erwin Ammann.

Otto Schlereth verunglückt bei einem Absturz im Zementwerk tödlich.

Neue Feuerwehrfahne. Fahnenpatin ist Rita Holzinger beim 91-jährigen Feuerwehrfest.

Es gibt.noch 52 Milchlieferanten in Heßlar.

Mit 93 Jahren stirbt Ehrenbürger Josef Englert.

Er war von 1905 bis 1935 Lehrer in Heßlar.

Unter Lehrer Franz Gatscher wird die Volksschule in Heßlar aufgelöst.

Die Heßlarer Schulkinder werden in der Grundschule Stetten und Hauptschule Thüngen unterrichtet.

Heßlar wird als schönster Ort im Landkreis Karlstadt ausgezeichnet.

In Heßlar wird eine Flurbereinigung durchgeführt. Örtlich Beauftragte sind Bruno Vollmuth und Karl Mees.

Heßlar hat 299 Einwohner.

Das neue Friedhofskreuz wird eingeweiht.

Umfassende Innenrenovierung der Pfarrkirche mit neuer Empore aus Stahlbeton für 135.000 DM. Ausbau der Aschfelder Straße und weiter nach Bühler bis zur Gemarkungsgrenze.

Der CSU-Ortsverband Heßlar wird gegründet. Vorsitzender ist Josef Lamprecht, zweiter Vorsitzender Herbert Weidner.

96-jähriges Feuerwehrfest Der Steinbruch bei Schönarts wird an die Firma Knauf in Iphofen verkauft.

Mit Franz Gatscher verlässt der letzte Lehrer den Ort. Heßlar 53

1973 22.07.1973 1973/74 12.09.1974 1975 28.09.1975 05.04.1976 1976 1976 1976 1977

1977 1977 05.10.1977 März 1978 März 1978 01.05.1978 Juni 1978 25.11.1978 10.12.1978 19.12.1978 03.12.1979 1980 19.10.1980 Nov. 1980 54 Heßlar

Die Schreinerei Wilfried Deißenberger in Stetten fertigt neue Kirchenbänke aus Kampalaholz für 34.000 DM. Bischof Josef Stangl besucht Heßlar.

Die Verbindungsstraße von Schönarts zur B26 wird neu gebaut.

Bürgermeister ist Josef Lamprecht.

Bürgermeister Josef Lamprecht strebt eine Eingemeindung nach Karlstadt an.

Heßlar hat 293 Einwohner.

Neue Orgel von der Firma Krieger aus Retzbach für 31.000 DM. Beim Wettbewerb „Die schönste Blumenstraße“ wird Heßlar auf Bezirksebene mit dem ersten Preis ausgezeichnet.

100-jähriges Feuerwehrfest. Kommandant ist Herbert Fleischmann.

Erschließung des Baugebietes „Am Stiegel 1“.

Im Herbst werden im Zuge der Flurbereinigung die neuen Grundstücke vorläufig zugeteilt.

Bau einer Ferngasleitung durch die Ruhrgas AG Essen von Rimpar nach Schlüchtern östlich von Heßlar mit einem Querschnitt der Metallrohre von 70 Zentimetern.

Erste Wohnhäuser im neuen Baugebiet „Am Stiegel 1“ erbauen Leo Treutlein, Erich Heller und Emil Vey. Gründung des Reit- und Pferdefreundevereins. Vorsitzender ist Günter Jurgeleit, zweiter Vorsitzender Karl Kröner.

Erna Schech verunglückt durch Sturz von einem landwirtschaftlichen Anhänger am Binsfelder Weg. Sie verstirbt am 23. Oktober 1977.

An der Straße zum Kiesholz wird von Herbert und Manfred Weidner ein Kastanienbaum gepflanzt, gespendet von Anni Haas aus Hofstetten.

An Seliggraben wird von Herbert und Ewald Weidner ein roter Ahornbaum gepflanzt, gespendet von Anni Haas aus Hofstetten.

Eingemeindung nach Karlstadt, Verlust der Selbständigkeit.

Herbert Weidner wird zum Ortssprecher für den Stadtteil Heßlar gewählt.

Der langjährige Bürgermeister Josef Lamprecht – 18 Jahre – stirbt im Alter von 58 Jahren.

Bürgermeister Werner Hofmann überreicht beim Festgottesdienst die „Silberne Stadtplakette“ an Pfarrer Hermann Wolpert.

Pfarrer Hermann Wolpert feiert seinen 65. Geburtstag. Er ist seit 25 Jahren Pfarrer in Heßlar.

Bürgermeister Werner Hofmann hält nach der Eingemeindung in Heßlar die erste Bürgerversammlung.

Heßlar hat 319 Einwohner.

Der neue Bildstock an der Bühlerstraße wird dem heiligen Nikolaus von der Flüe geweiht. Dekan Bernhard Haaf aus Karlstadt und Pfarrer Hermann Wolpert segnen ihn.

Am Schafrain pflanzen Herbert und Manfred Weidner einen Walnussbaum, gespendet von Herbert Weidner.

1981

Der neue Kinderspielplatz „Am Stiegel“ wird von Bürgermeister Werner Hofmann und Ortssprecher Herbert Weidner an die Jugend übergeben.

31.05.1981 Die Freiwillige Feuerwehr feiert ihr 105-jähriges Stiftungsfest.

1981 Neuer Bruder-Konrad-Bildstock bei Familie Josef Ochs, Obere Dorfstraße 8.

1982 Neuer Reitplatz zwischen Thüngener und Stettener Straße Vorsitzender ist Bernd Düker.

März 1982 Bei der Bushaltestelle am Stiegel pflanzen Herbert Weidner und Dieter Schmitt einen Kastanienbaum, gestiftet von Anni Haas.

Aug. 1982 Karl Höfling zieht in seinen neuen Aussiedlerhof an der Aschfelder Straße ein.

Nov. 1983 Am Seliggraben pflanzen Herbert und Manfred Weidner einen Kastanienbaum, gespendet von Paul Höhnl.

1984 Die defekte Kirchenheizung wird für 20.411 DM erneuert.

1984 Das Neubaugebiet „Am Stiegel II“ wird erschlossen.

11.02.1984 Für besondere Verdienste beim Blumenschmuck wird der Vorsitzende des Obst- und Gartenbauvereins Herbert Weidner vom Kreisverband mit der „Silbernen Ehrennadel“ ausgezeichnet.

April 1984 An der Straße nach Thüngen gegenüber der Feldkapelle pflanzen Herbert und Maria Weidner eine Linde, gespendet von Herbert Weidner für die Wahl zum Ortssprecher im Stadtrat von Karlstadt.

16.04.1984 Erneut wird Herbert Weidner mit 96 von 117 Stimmen zum Ortssprecher gewählt.

05.05.1984 Pfarrer Hermann Wolpert geht nach 31 Jahren in Heßlar in den Ruhestand und zieht nach Schwebheim. Die selbstständige Pfarrei St. Michael hat mit dem 30. Juni 1984 geendet. Von 1803 bis 1984 waren 18 Pfarrer in Heßlar seelsorgerisch tätig. Die Kirchengemeinde wird nun von Müdesheim aus betreut. Pfarrer Rudolf Benz ist von Juli 1984 bis Dezember 1985 und Kaplan Engelbert Braun von Januar 1986 bis November 1988 für Heßlar zuständig.

05.05.1984 Erstmals findet im schmucken Heßlar ein Feldgeschworenentag statt.

31.12.1984 Maria Holzinger beendet ihre Tätigkeit als Raiffeisen-Rechnerin.

1985 Heßlar hat 298 Einwohner.

1985 Ein neues Feuerwehrgerätehaus entsteht aus der alten Schulscheune.

Vorsitzender der Freiwilligen Feuerwehr ist Herbert Weidner, Kommandant Josef Ochs.

24.01.1985 Die neue Straße im Baugebiet „Stiegel II“ wird Obere Stiegelstraße genannt.

08.02.1986 Am Faschingssamstag brennt die Feldscheune von Alois Müller nieder.

Neun Rinder kommen in den Flammen um.

29.06.1986 Die Freiwillige Feuerwehr feiert ihr 110-jähriges Bestehen.

19./20.07.1986 Zweitägige Feier zum 80-jährigen Bestehen des Obst- und.

Gartenbauvereins. Vorsitzender ist Herbert Weidner.

21.08.1986 Durch Vermittlung des MdB und Wehrbeauftragten Herrn Alfred Biehle übernehmen Baufahrzeuge der amerikanischen Armee die Rohplanierung beim Neubau des Sportplatzes.

30.08.1986 Die Trachtenkapelle und die Trachtengruppe Heßlar besuchen Felsberg-Heßlar bei Fulda.

Heßlar 55

Sept. 1986 1986

Das Lebensmittelgeschäft Schlereth wird geschlossen.

Die neue Reithalle an der Straße nach Stetten wird erstellt und eingeweiht.

Vorsitzender ist Peter Lipsius, zweiter Vorsitzender Karl Kröner.

1986 Der Stadtteil Heßlar erhält ein neues Wappen.

1986/87 Ein neues Sportgelände an der Thüngener Straße wird errichtet.

Vorsitzender ist Roland Lamprecht.

21/23.06.1987 Die Freiwillige Feuerwehr feiert ihr 111-jähriges Bestehen.

1987 In Heßlar gibt es nur noch zwölf Milchlieferanten.

1987 Gründung des Seniorenkreises von Maria Müller.

1988 Ein Frauenchor wird gegründet von Gudrun Feser.

1988 1200-Jahr-Feier in Heßlar 3. Jan. Oberlehrer Franz Gatscher – vormals in Heßlar – stellt die von ihm verfasste Ortschronik im Schulsaal vor. Ortssprecher Herbert Weidner ist der Festausschussvorsitzende.

27. Febr.

Filmvortrag über Heßlar von Franz Ramsch aus Karlstadt.

13. März Vortrag über die geschichtliche Entwicklung von Heßlar von Franz Gatscher.

16. April Festvortrag zur „1200-Jahrfeier“ in der Pfarrkirche. Es spricht Historiker Werner Dettelbacher aus Würzburg.

17. April Standkonzert der Trachtenkapelle Heßlar.

Pflanzung einer Linde am Stiegel bei der Bushaltestelle und einer Hainbuche am Kinderspielplatz, beides gestiftet vom Festausschuss. Pflanzung von drei Linden im Kinderspielplatz – gespendet von Heßlar, eingemeindet in Felsberg bei Fulda.

Enthüllung des Gedenksteines „Am Stiegel“. Kaplan Engelbert Braun segnet in Anwesenheit von Bürgermeister Werner Hofmann, MdB Alfred Biehle, Ortssprecher Herbert Weidner und der Ortsbevölkerung den Jubiläumsgedenkstein.

19. April Festgottesdienst in der Pfarrkirche St. Michael von Kaplan Engelbert Braun zum Dorfjubiläum. Heßlar wird erstmals 788 erwähnt in einem Schenkungsbrief der Brüder Matto und Megingoz.

23. April Festgottesdienst in der Stettener Pfarrkirche St. Albanus durch Pfarrrer Heinrich Vogler. Die Festpredigt hält Weihbischof Alfons Kempf für die Jubiläumsgemeinden Binsfeld, Büchold, Halsheim, Heßlar, Stetten und Thüngen.

23. April Die weltliche Feier für alle Jubiläums-Gemeinden findet in der Werntalhalle in Thüngen statt. Den Festvortrag in Thüngen hält der bekannte Würzburger Historiker Professor Dr. Otto Meyer. Die Heßlarer Trachtenkapelle unter der Leitung von Klaus Lummel spielt Musikstücke in der Festhalle.

Ortssprecher und Festausschussvorsitzender Herbert Weidner stellt das 1200-Jahre alte Jubiläumsdorf Heßlar vor.

30. April Maibaumaufstellung durch die Mitglieder des Festausschusses mit Bürgermeister Werner Hofmann und Ortssprecher Herbert Weidner, umrahmt von der Trachtenkapelle Heßlar.

10. Juli Sportplatzeinweihung des TSV Heßlar durch Kaplan Engelbert Braun.

56 Heßlar

16.- 18. Juli

17. Juli

17. Juli 01.08.1988 25. Sept.

9. Okt. 1.Nov. 18. Dez. 30. Dez.

1988

1988

Dreitägige 1200-Jahrfeier mit Heimatfest in Heßlar in der Festhalle von Alois Müller an der Thüngener Straße. Den Höhepunkt des Festjahres bildet das Jubiläums- und Heimatfest vom 16.bis 18. Juli in der neu erbauten Maschinenhalle von Alois Müller Festgottesdienst in der Festhalle mit Kaplan Engelbert Braun, der Trachtenkapelle Heßlar und dem Kirchenchor aus Heßlar bei Felsberg in Hessen.

Der Jubiläumsfestzug mit 48 Gruppen begeistert 15.000 auswärtige Besucher.

Er ist der einzige historische Festzug in den sechs Jubiläums-Gemeinden.

Auflösung der Poststelle. Poststellenleiterin Waltraut Höhnl hat die Poststelle vom 1. Februar 1960 bis 1. August 1988 28 Jahre lang betreut.

Festgottesdienst zum Patrozinium St. Michael und Standkonzert am Springbrunnen mit der Trachtenkapelle Heßlar.

Erntedankfest mit Festgottesdienst.

Kirchweihtanz im Gasthof Adler bei Familie Reuß.

Weihnachtskonzert in der Pfarrkirche St. Michael.

Festlicher Jahresabschluss der 1200-Jahr-Feier mit allen Heßlarer Bürgerinnen und Bürgern im Schulsaal. Die Veranstaltungen des Jubiläumsjahres wurden von einem Festausschuss vorbereitet. Ihm gehörten unter dem Vorsitz von Herbert Weidner folgende Mitglieder an: Rudolf Lamprecht (zweiter Vorsitzender), Andrea Weidner (Kassiererin), Inge Kratochwil (Schriftführerin), Robert Feser, Irmgard und Peter Weißenberger, Karl Kröner, Maria Müller, Josef Vollmuth, Ludwig Feser und Oskar Mees.

Heßlar hat 296 Einwohner.

Die Gemarkungsfläche beträgt 662 Hektar. Davon werden 470 Hektar landwirtschaftlich genutzt. Insgesamt 134 Hektar sind Waldfläche. Davon sind 45 Hektar in privatem Besitz, verteilt auf 66 Eigentümer. Die Gemeindewaldfläche beträgt 93 Hektar. Der Gemeindewald Heßlar hatte sieben Wirtschaftspläne, der erste stammt von 1843. Betreut wurde der Gemeindewald Heßlar 1843 vom Forstamt Rimpar. Ab 1856 war das Forstamt Würzburg zuständig, ab1885 das Königliche Forstamt Binsfeld.

Später kam der Gemeindewald zum Forstamt Hammelburg. Seit 1973 ist das Forstamt Arnstein zuständig. 1964 wurde der Holzeinschlag auf 160 Festmeter festgesetzt. Die Umtriebszeit im Mittelwald wurde 1943 auf 22 Jahre festgesetzt. 1954 wird auf einer Bürgerversammlung in Heßlar mit 33 gegen 12 Stimmen beschlossen, den Mittelwald nicht in Hochwald zu überführen. Der Wirtschaftsplan von 1964 sieht aber doch die Umwandlung oder Überführung vor. In der Gemeinde Heßlar sind 56 Rechtler (Nutzungsberechtigte). Die 56 beziehen das anfallende Unterholz, während der Ertrag durch das Brennholz und das Nutzholz in die Gemeindekasse fließt. Der Wald hat in 1200 Jahren Ortsgeschichte die Einwohner von Heßlar begleitet und ihre Ortsflur geschützt. Er ist es wert, auch in die Zukunft hinein gepflegt und erhalten zu werden.

Von den 309 Einwohnern sind nur noch zehn Vollerwerbslandwirte.

Heßlar 57

12.11.1988 18.11.1988 20.11.1988 01.12.1988

09.01.1989 1989/90

20 Einwohner betreiben die Landwirtschaft im Nebenerwerb. Weitere 70 Einwohner verdienen ihren Lebensunterhalt an auswärtigen Arbeitsstellen als Arbeiter, Angestellte oder Beamte. Zwei Einwohner bestätigen sich als Unternehmer, Alois Müller hat seinen Betrieb am Ort, Erich Heller die Firma „Mehlig und Heller“ in Veitshöchheim. Seit das Edeka-Geschäft in der vormaligen Bäckerei Schlereth geschlossen ist, müssen sich die Heßlarer auswärts mit allem Lebensnotwendigen versorgen.

Pfarrer Engelbert Braun wird nach vierjähriger seelsorgerischer Tätigkeit mit einem Festgottesdienst von Ortssprecher Herbert Weidner verabschiedet.

Vertreter der Ortsvereine aus Felsberg-Heßlar pflanzen für die 1200-JahrFeier drei Linden im Kinderspielplatz Pfarrer Heinrich Vogler von der Pfarrei Stetten wird auch in Heßlar in sein neues Amt als Pfarrer eingeführt Schließung der Milchsammelstelle durch die Molkerei Schipper in Arnstein – nur noch acht Milchlieferanten. Rosina Holzinger hat vom 1.Dezember 1963 bis 1.Dezember 1988 25 Jahre lang die Milchsammelstelle betreut.

Die Heßlarer Drillinge Silke, Jürgen und Simone werden geboren.

Eltern sind Inge und Kurt Kratochwil, Am Stiegel 1.

Außenrenovierung der Pfarrkirche St. Michael durch die Firma Richard Binner aus Wiesenfeld und Architekt Georg Wiesinger aus Gemünden.

Kirchenpfleger während der Renovierung ist Oskar Mees.

Fortsetzung im Jahrbuch 2012/13.

Ein Anziehungspunkt für Ausflügler aus der Umgebung ist der gut geführte Gasthof „Adler“ im ehemaligen Zehnthof durch Familie Leonhard und Rita Reuß.

Foto: Reuß 58 Heßlar

Heßlar im Jahre 2010 von Herbert Weidner Januar 11.01.

Februar 16.02.

21.02.

23.02.

März 01.03.

07.03.

15.03.

25.03.

April 22.04.

26.04.

26.04.

Der Bau des Solarparks am Thüngener Riedberg auf einer Grundstücksfläche von 38,5 Hektar hat begonnen.

Fasenacht in Heßlar ist wie von einem anderen Stern: Sechs Stunden Stimmung, Spaß, Spott und Stichelei. Wenn die Heßlarer Narren loslegen, verschonen sie niemanden – auch nicht sich selbst.

Bernd Lamprecht, Vorsitzender der Trachtenkapelle, wird für 25 Jahre Mitgliedschaft bei der Trachtenkapelle geehrt.

Josef und Juliane Ochs, geborene Seufert, Obere Dorfstraße 8, feiern Goldene Hochzeit.

Dorothea Bonetti aus Stetten eröffnet in Heßlar ihr neues Frisör- und Kosmetikstudio „Haut und Haar“.

Bei den Neuwahlen zum Pfarrgemeinderat werden gewählt: Maria Fähr, Willi Flasch, Georg Höfling, Theresia Lamprecht, Joachim Reuß und Gertrud Stephan.

Die Heßlarer Kindergartenkinder mit ihren Eltern spenden einen Betrag von 200 Euro für die Restaurierung der Prozessionsfahnen in St. Michael und St. Maria.

Alfred Müller wird für 40 Jahre Mitgliedschaft in der Versehrtensportgemeinschaft ausgezeichnet.

Heßlar plädiert für einen Internetanschluss mit Zukunft. Die Regierung von Unterfranken zieht eine Obergrenze für einen Zuschuss.

Dieser reicht jedoch für das Stadtgebiet von Karlstadt nicht aus.

Mit der Sportehrennadel der Stadt Karlstadt wird Alfred Müller als Bayerischer Meister im Versehrten-Kegeln ausgezeichnet.

Die Ehrennadel in Gold erhält Inge Kratochwil für 29 Jahre Schriftführertätigkeit beim TSV Heßlar. Eine Ehrennadel in Bronze für 15 Jahre Kassenwartin beim TSV Heßlar wird Lucia Reuß überreicht.

Heßlar 59

Mai 07.05.

15.05.

29.05.

Juni 05.06.

26.06.

28.06.

30.06.

Juli 12.07.

15.07.

23.07.

26.07.

60 Heßlar

Bei der Kreistierschau Main-Spessart stellen die Jungzüchter sich und die von ihnen geführten Jungrinder in neun Altersgruppen vor.

Sieger der Gruppe acht (Jahrgänge 1991 und 1992) wird Christoph Höfling.

Bei einer Ortsbegehung der CSU-Stadtratsfraktion wird erklärt, dass die aktuelle Trassenplanung der B 26n nicht tragbar ist. Besser ist, die Westumgehung 300 bis 400 Meter weiter Richtung Norden zu verlegen.

Georg Höfling, Grabenstraße, ist stolz auf seinen eindrucksvollen Garten. Er nimmt zum zweiten Mal am „Tag der offenen Gartentür“ teil und gewährt Interessierten einen Einblick in sein kleines Paradies mitten im Ort. Bei einem feierlichen Gottesdienst zum Todestag des heiligen Bonifatius überreicht der Dekan des Domkapitels Würzburg, Monsignore Günter Putz, die Gründungsurkunden zur Pfarreiengemeinschaft „Sankt Bonifatius Werntal“ in Binsfeld für Heßlar an Kirchenpflegerin Brigitte Riedmann sowie an Binsfeld, Halsheim, Müdesheim, Reuchelheim, Schönarts und Stetten.

Richtfunk wird künftig Breitbandanschlüsse ins Internet in Heßlar ermöglichen.

Das Johann-Schöner-Gymnasium in Karlstadt entlässt seine Abiturienten 2010, unter ihnen Michael Lamprecht aus Heßlar.

Heßlar hat 352 Einwohner.

Nikolaus Münch feiert seinen 95. Geburtstag. Er ist der älteste Bürger von Heßlar.

Die Jugendlichen der Feuerwehren aus Stetten und Heßlar legen gemeinsam die Prüfung zur bayerischen Jugendleistungsspange ab. Sie müssen ihr Können in verschiedenen Disziplinen unter Beweis stellen.

Jürgen Feige revolutioniert die Restaurierung. Der gebürtige Heßlarer mit einer Werkstatt in Karlstadt entwickelt einen Filter, der wertvolle Kirchenfenster vor Sonne schützt.

Die Berufsoberschule, Zweig Wirtschaft, in Marktheidenfeld haben die Drillinge Jürgen, Silke und Simone Kratochwil aus Heßlar erfolgreich absolviert.

28.07.

August 22.08.

Erfolgreiche Absolventen der Hauptschule Karlstadt sind André Höfling und Steffie Wagner aus Heßlar.

Am Bürgerentscheid zum geplanten Bau der B 26n beteiligen sich in Heßlar 53,26 Prozent der Wahlberechtigten. Von den Wählern sind 130 dagegen und sechs für einen Bau der B 26n.

September 08.09.

Klein, aber fein präsentiert sich das Reitturnier in Heßlar auch 2010.

Für den Karlstadter Stadtteil war es wieder ein großes Fest. Die Schar der fast 140 Reiterinnen und Reiter fühlt sich wie in einer familiären Gemeinschaft.

09.09.

Zum Blumenschmuckwettbewerb 2010 des Landkreises Main-Spessart haben sich 25 Ortsvereine angemeldet. Sechs Ortsvereinen werden mit einem ersten Preis ausgezeichnet. Der Obst- und Gartenbauverein Heßlar nimmt einen ersten Preis entgegen.

16.09.

Gespannt auf das, was sie nun erwartet, stürmen die 20 jungen Musiker einer neu gegründeten Jugendkapelle um 18 Uhr das Vereinsheim der Trachtenkapelle in Heßlar. Die erste Probe der neuen Jugendkapelle ist ein großer Erfolg für die Jungmusiker aus Heßlar und Umgebung.

November 28.11.

Paul Mees, Grabenstraße 8, stirbt mit 78 Jahren.

Dezember 08.12.

Das achte Jahrbuch für Karlstadt und die Stadtteile ist mit 380 Seiten das bislang umfangreichste. Von 26 Autoren wird die Geschichte seriös und unterhaltsam aufbereitet. Für Heßlar schreibt Herbert Weidner.

11.12.

Viel Beifall für die Akteure gibt es beim Weihnachtskonzert in der vollbesetzten Pfarrkirche St. Michael in Heßlar. Die weihnachtlichen Klänge der Trachtenkapelle Heßlar stimmen auf die Festtage ein. Der Erlös der Spenden geht an den Verein „Klinikclowns Lachtränen“, Würzburg.

Heßlar 61

Die letzten vier Karlburger Bürgermeister von 1945 bis 1978 Von Dr. Uwe Binner Bürgermeister zählen seit jeher zu den exponierten Persönlichkeiten im öffentlichen Leben von Gemeinden und Städten. Der Begriff „Bürgermeister“ bürgerte sich im wahrsten Sinne des Wortes aber erst ab etwa 1870 nachhaltig im Karlburger Sprachgebrauch ein. Zuvor wurden die weltlichen Führungspersönlichkeiten Karlburgs als „Schultheißen des Dorfgerichts“, „Dorfmeister“ oder später auch als „Gemeindevorsteher“ bezeichnet. Nicht selten prägten die Bürgermeister das Geschehen in der Gemeinde und deren Entwicklung entscheidend. Der folgende Artikel setzt sich zum Ziel, das Wirken der letzten Karlburger Bürgermeister, angefangen nach Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 bis zur Eingemeindung Karlburgs nach Karlstadt im Jahre 1978, nachzuzeichnen. Diesen Personen – Kilian Gold, Heinrich Lang, Adolf Gehret und Rudolf Lamprecht – und ihren Leistungen für das Gemeinwohl seien die folgenden Seiten gewidmet.

Kilian Gold (von 1927 bis 1935 und von 1945 bis 1948) Als erster Bürgermeister nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wirkte Kilian Gold in Karlburg. Geboren am 9. Juli 1881, stand er der Gemeinde Karlburg bereits von 1927 bis 1935 als Bürgermeister vor. Vermutlich auf Betreiben der Nationalsozialisten musste er sein Amt aufgeben. Nach Kriegsende wurde Kilian Gold 1945 von der amerikanischen Militärbehörde wieder als Ortsoberhaupt eingesetzt, zu einer Zeit, als im Dorf aufgrund der Lebensmittelnot der Tauschhandel blühte. Gold erschien den Amerikanern vermutlich wegen seiner früheren Bürgermeistertätigkeit als erfahrener und verlässlicher Kandidat, um das Gemeindeleben in Karlburg wieder in die Normalität Kilian Gold, Bürgermeister von 1927 bis 1935 und zurückzuführen. Sicherlich kamen ihm dabei auch seine 1945 bis 1948. Foto: Archiv guten Kenntnisse über die Verhältnisse im Dorf zugute, die Ferdinand Lobenhofer er in der Zeit seit 1934 als Feldgeschworener (bis 1951) zweifelsfrei erworben hatte.

So mag es nicht verwundern, dass Kilian Gold in den ersten freien Wahlen nach Ende des Nazi-Regimes am 27. Januar 1946 auch demokratisch von den Einwohnern der damaligen 1.350-Seelen-Gemeinde zum Bürgermeister gewählt wurde. Mit 261 Stimmen setzte er sich seinerzeit gegen fünf weitere Kandidaten durch, auf seinen 62 Karlburg

ärgsten Rivalen Alfons Gold entfielen 210 Stimmen. Gustav Gold wurde zweiter Bürgermeister. Den beiden Bürgermeistern zur Seite standen damals ein Feld- und Waldhüter, ein Gemeindekassier und ein Gemeindeschreiber.

Die Schwerpunkte der Arbeit Golds als erster NachkriegsBürgermeister lagen vorwiegend darin, die aus Krieg oder Gefangenschaft heimgekehrten Soldaten wieder ins Gemeindeleben zu integrieren und für die aus den Ostgebieten geflüchteten Heimatvertriebenen Unterbringung und Verpflegung im Ort zu besorgen. 1947 leitete Gold die Wiedereinführung der Die Abbildung beschreibt die Situation der Gemeinde Karlnächtlichen Dorfwache in die burg während Kilian Golds erster Amtszeit als Karlburger Wege. Sie war nötig gewor- Bürgermeister. Der Auszug aus einer nicht näher bekannten den, weil eine große Dürre die Publikation datiert vermutlich aus den Jahren 1930 bis 1933.

Abbildung: Archiv Rudolf Lamprecht in der Nachkriegszeit ohnehin schon bestehende Lebensmittelnot noch verschlimmerte und zu häufigen Felddiebstählen in und um Karlburg herum führte. Jeder Haushalt hatte sich in regelmäßigen Zyklen an der Wache zu beteiligen.

Beachtlich für die Entwicklung des Dorfes war auch das Bemühen Golds, die örtliche Stromversorgung abzusichern. So drängte der Bürgermeister beispielsweise seine Schwester Monika (verheiratete Rosenberger) dazu, einen Teil ihres Grundstückes für den Bau eines Transformatorenhäuschens (an der heutigen Burgstraße) zur Verfügung zu stellen. Der großen Arbeitslosigkeit innerhalb der Bevölkerung versuchte die Gemeinde durch Frondienste zu begegnen. So wurden viele Einwohner Karlburgs gegen geringes Entgelt zum Dienst für die Allgemeinheit herangezogen. Das Steineklopfen und das Anlegen von befestigten Wegen und Straßen waren typische damalige Fronarbeiten, die Mitglieder aus jedem Haushalt zu leisten hatten.

Wie angespannt die finanzielle Lage und auch das Nervenkostüm bei den Einwohnern tatsächlich war, zeigt sich auch daran, dass einige aufgebrachte Bürger eines Tages mit Sensen bewaffnet vor dem Anwesen des Bürgermeisters aufzogen und die Auszahlung von Bargeld vom Bürgermeister forderten. Dessen Frau Waltraud, so ist überliefert, rief ob dieses Anblicks verzweifelt der benachbarten Familie Lamprecht zu: „Kommt ans Fenster, sie sind gekommen und wollen den Kilian holen!“ Die Gemeinde konnte ihre eigenen Finanzen alljährlich im Frühjahr mit dem sogenannten Holzstrich aufbesKarlburg 63

sern. Bei diesem unterhaltsamen Ereignis wurde unter Leitung des Bürgermeisters Holz aus dem Gemeindewald öffentlich an die Meistbietenden versteigert. Der Erlös floss in die Gemeindekasse. Dass Gold aber gleichermaßen ein den Gemeindemitgliedern gegenüber sehr fürsorglicher Bürgermeister war, zeigte sich beispielsweise darin, dass er der Flüchtlingsfamilie Jaschek großzügig Lesescheine zum kostenlosen Sammeln von gemeindlichem Leseholz ausstellte. Die Amtszeit von Kilian Gold als erster Karlburger Bürgermeister der Nachkriegsgeschichte endete im April 1948.

Privat war Kilian Gold, der im Dorf nur „es Schreckle“ oder „der Schrecke Kilian“ genannt wurde, mit Ehefrau Waltraud verheiratet. Das Paar hatte die Söhne Wendelin, Leo und Felix sowie die beiden Töchter Agnes (verheiratete Kübert) und Kilian Gold (rechts sitzend) in jungen Jahren als Lydia, später verheiratete Rosenberger, Soldat mit seinem Bruder Alois.

Foto: Bruder Anton Gold die bis heute als rüstige Rentnerin und eine der ältesten Bürgerinnen am Ort ihres Elternhauses im Karlburger Altdorf lebt. Die Bürgermeisterfamilie verdiente ihr Geld mit der Landwirtschaft, wobei Gold schon frühzeitig auch als erfolgreicher Fuhrunternehmer in Erscheinung trat. Das „Haudern“ – der Transport von Holz mit einem Pferdefuhrwerk – wurde mehr und mehr zur Einkommensquelle für die Familie. Einmal, so heißt es, ist Gold mit dem Fuhrwerk so schwer verunglückt, dass seine komplizierte Beinfraktur stationär im Würzburger Juliusspital behandelt werden musste. Augenzeugenberichten zufolge war Gold auch der erste Karlburger, der einen Telefonapparat sein Eigen nennen durfte.

Im Laufe der Jahre nahm Gold parallel zur Landwirtschaft und zum Transportgewerbe auch einen kleinen Getreide-, Dünger- und Kohlenhandel auf. Am 12. November 1958 starb er im Alter von 77 Jahren. Sein Sohn Leo baute die Handelstätigkeiten des Vaters später erfolgreich aus und errichtete neben der Gärtnerei Plawky ein weithin sichtbares Lagerhaus. Mit seinem hohen Siloturm prägte das markante Gebäude bis zu seinem Abriss 2001/2002 lange Zeit das Ortsbild bei der Durchfahrt entlang der Karolingerstraße.

64 Karlburg

Heinrich Lang (von 1948 bis 1952) Auf Kilian Gold folgte Heinrich Lang. Er wurde in den Gemeindewahlen am 25. April 1948 zum neuen Bürgermeister gewählt. Zweiter Bürgermeister wurde Erhard Gold. Im neuen Gemeinderat hatte die CSU sechs Sitze, während die SPD einen und die Freien Wähler drei Sitze erhielten. Der neue Bürgermeister brachte bereits ein wenig politische Erfahrung mit, gehörte er dem Gemeinderat doch schon von 1933 bis 1935 für kurze Zeit an.

Heinrich Lang stammte von der Fränkischen Platte. Am 25. August 1895 geboren, wuchs er zunächst in Ansbach auf. Dort übte die Großfamilie Lang das Schmiedehandwerk aus. Nicht zuletzt deshalb verschlug es Heinrich Heinrich Lang, Bürgermeister Lang irgendwann gemeinsam mit seiner Frau Margarete von 1948 bis 1952. Foto: nach Karlburg. Während in Ansbach der Konkurrenzdruck Archiv Ferdinand Lobenhofer innerhalb der Großfamilie beträchtlich war und Heinrich Lang für seine Familie nur geringe Zukunftschancen sah, bestand im nicht allzu fernen Karlburg ein Angebotsmangel. Besonders die Lohndreschmaschine, die der ausgebildete Schmiedemeister Lang besaß, konnte er in Karlburg gut auslasten. So drosch der Wahl-Karlburger mit seiner fortschrittlichen Maschine nicht nur auf dem Dreschplatz am Main, sondern auch in den größeren Dorfscheunen der örtlichen Landwirte. 1928 gründete Lang dann eine Huf- und Wagenschmiede in der Lindenstraße (zwischen den heutigen Anwesen der Familien Kohlmann und Rosenberger). Ab diesem Zeitpunkt konnte „der Schmied“, wie er in Karlburg genannt wurde, Pferde in seinen eigenen Räumlichkeiten beschlagen. Daneben verstand er sich in der Anfertigung von Saateggen.

Auch Fahrräder konnten, wenn man sie denn zu jener Zeit schon besaß, beim Schmied in Reparatur gegeben werden. Lang scheint ein gegenüber technischem Fortschritt sehr aufgeschlossener Mann gewesen zu sein. So war er einer der ersten im Dorf, der ein eigenes Auto besaß. Und später, so heißt es, betrieb Lang mit seiner modernen Mangmaschine auch frühzeitig eine kommerzielle Wäschemang in Karlburg.

Die erste Hälfte seiner Amtszeit als Bürgermeister war noch spürbar von Nachkriegswirren geprägt. So kümmerte sich eine Wohnungskommission um die Auf- und Zuteilung von Wohnraum in Karlburg. Die große Währungsreform am 20. Juni 1948 brachte der Gemeinde Karlburg zwar zunächst finanzielle Verluste, ermöglichte dem Bürgermeister aber immerhin auch einen grundlegenden Neubeginn bei den Gemeindefinanzen. Die Heimatvertriebenen erhielten vom Gemeinderat die sogenannten „Flüchtlingsgärten“ im Pfadweg. Im darauf folgenden Jahr 1949 wurden die seit Kriegsende kursierenden Lebensmittelkarten endlich abgeschafft. Auch im Leben der Kirchengemeinde gab es ein freudiges Ereignis. Drei neue Kirchenglocken (mit Karlburg 65

Dank seiner fortschrittlichen dampfmaschinenbetriebenen Lohndreschmaschine gelangte Heinrich Lang in den 1920er Jahren nach Karlburg.

Foto: Ida Köhler

den Namen Maria, Johannes und Gertrud) wurden von Pfarrer Dr. Johann Pfeufer im Beisein der Gemeinde und des Bürgermeisters Lang gesegnet und ihrer Bestimmung übergeben. Unweit des Kirchturms bildete zu jener Zeit die alte Linde an der Kirche bis etwa ins Jahr 1960 den allwöchentlichen Mittelpunkt des Dorfgeschehens.

Dort nämlich hielt der Bürgermeister nach dem Sonntagsgottesdienst immer die Gemeinde auf, wie es im damaligen Sprachjargon hieß, um den versammelten Bürgern neue Anordnungen und Bekanntmachungen mitzuteilen. 1951 wurden dann unter der Leitung Langs die Hausnummern im Dorf neu vergeben und einige viel befahrene Dorfstraßen geteert.

Erster Bürgermeister Lang (Zweiter von rechts) Und am 17. Februar 1952 weihte während einer Ansprache bei der Einweihung des die Gemeinde Karlburg den Anbau Kriegerdenkmals, seinerzeit noch am alten Standort („das neue Schulhaus“) an das bevor dem Lagerhaus am „Renke Eck“ (Kreuzung Harrbacher Weg-Lindenstraße). Links im Bild stehend reits bestehende „alte“ Schulgebäude am Kirchplatz ein. Etwa 80.000 VdK-Vorsitzender Karl Mehlig.

Foto: Elisabeth Neumann DM musste die Gemeinde für die 66 Karlburg

Baumaßnahme aufbringen. Damit konnten aber alle etwa 240 damaligen Schüler Karlburgs wieder in einem Gebäudekomplex unterrichtet werden.

Zeitlebens war Heinrich Lang Schmied mit Leib und Seele. So kam es bisweilen auch vor, dass der Bürgermeister bei Trauungen in Hektik und Zeitnot geradewegs von der Schmiede aus in den Trausaal marschierte und dem heiratswilligen Paar mit Schmiedeschürze und notdürftig gereinigten Händen das Eheversprechen abnahm.

Auch seine Stimme, so schildern Zeitzeugen, sei kraftvoll und furchteinflößend zugleich gewesen, wie es sich damals für einen Schmiedemeister eben gehörte. Mit den Gemeinderatswahlen 1952 endete die Amtszeit Heinrich Langs als Karlburger Bürgermeister. Aber als Gemeinderat blieb er dem Ort noch für drei weitere Amtsperioden bis 1966 erhalten. Neben seinem politischen Engagement verhalf Schmiedemeister Lang mit seinem Betrieb vielen Lehrlingen und Gesellen zu Arbeit, Lohn und Brot.

Die Ausbildung junger Menschen lag ihm sehr am Herzen. Privat waren dem Ehepaar Lang mit den drei Töchtern Philippine, Ida und Marga sowie Sohn Helmut vier Kinder beschieden. Helmut Lang war es dann auch, der ab 1960 zusehends begann, die väterliche Schmiede zu einer Schlosserei mit Landmaschinenhandel auszubauen.

Vater Heinrich starb am 29. Juli 1972 im Alter von 76 Jahren. Sein ursprünglicher Schmiedebetrieb wurde später in dritter Generation als moderner Metallbaubetrieb von den Enkeln Hermann und Christian fortgeführt. Langs Tochter Ida, verheiratete Köhler, lebt heute mit ihrem Mann Alfred in der Karolingerstraße, schräg gegenüber der Gärtnerei Plawky.

Adolf Gehret (von 1952 bis 1972) Ebenso wie Heinrich Lang war auch Adolf Gehret – Langs unmittelbarer Nachfolger im Bürgermeisteramt – bereits von 1933 bis 1935 als gewählter Volksvertreter im Gemeinderat gewesen. 1952 wurde Gehret bei den Gemeindewahlen zum Bürgermeister gewählt. Zweiter Bürgermeister wurde Alfons Kühl, dem Gemeinderat gehörten Vertreter der CSU, der SPD und der Freien Wähler an. Geboren wurde Adolf Gehret am 22. April 1902. Seine Familie, die eine Landwirtschaft betrieb, gehörte zu den einflussreichen Karlburger Familien. So war etwa Vater Kilian von 1917 bis 1924 auch schon Bürgermeister in Karlburg gewesen. Bevor Gehret Junior jedoch in die politischen Fußstapfen des Vaters trat, widmete er sich zunächst einmal anderen Zielen.

Adolf Gehret, Bürgermeister von Eines davon bestand in der sportlichen Betätigung. 1952 bis 1972.

Mit gerade mal 18 Jahren gehörte er 1920 zu den Foto: Archiv Ferdinand Lobenhofer Karlburg 67

In den 1920er Jahren formierte sich erstmals eine Fußballmannschaft in Karlburg. Adolf Gehret (Fünfter von rechts) gehörte zu den Initiatoren des neuen Sports und spielte jahrelang selbst erfolgreich Fußball. Ganz links im Bild Clemens Böger, der als Trainer und Betreuer fungierte.

Foto: Archiv TSV Karlburg

Gründungsvätern der sich erstmals zu einer Mannschaft formierenden Karlburger Fußballer. Als gewandter Mittelläufer jagte er dem runden Leder viele Jahre erfolgreich hinterher. Doch bald schon galt sein Jagdtrieb nicht mehr nur dem Ball, sondern auch dem Wildbestand in den Wäldern rings um Karlburg. Ab 1922 betätigte er sich als Jäger – eine Leidenschaft, die ihm später noch über viele Jahre erhalten bleiben und zahlreiche wertvolle Kontakte eröffnen sollte. Er galt als exzellenter Gewehrschütze und hatte zeitweise beide Karlburger Jagdreviere gepachtet. Neben den Hobbys Sport und Jagd intensivierte Gehret in dieser Zeit auch die Themen Familie und Beruf. 1925 heiratete er Rosa Kübert. Aus der Ehe gingen mit Sohn Eugen sowie den Töchtern Elsa und Marianne drei Kinder hervor. Zehn Jahre später übernahm Gehret den elterlichen Bauernhof. In den 1930er Jahren (und später in den 1950er Jahren) stand er auch als Vorsitzender und zweiter Vorsitzender an der Spitze des TSV Karlburg. Allerdings wurde der damals 39-jährige Familienvater 1941 jäh aus seinem Lebensalltag gerissen und zum Kriegsdienst an die Russlandfront geschickt.

Ein Jahr später durfte er wieder heimkehren, da sein Sohn Eugen zur Wehrmacht eingezogen wurde.

Nach Ende des Krieges baute Gehret sein ehrenamtliches Engagement in Karlburg wie auch auf Kreisebene weiter aus, beginnend unmittelbar 1945 mit seiner Einsetzung als Kreisjägermeister durch die amerikanische Besatzungsmacht. Im Zuge dessen absolvierte er des Öfteren gemeinsam mit dem für das Gebiet rings um Karlburg zuständigen amerikanischen Captain Breland Kontrollfahrten in den umliegenden Wäldern. Gehret war auch der erste Jäger im Umkreis, der nach Kriegsende wieder mit Erlaubnis der Amerikaner eine Waffe besitzen und legal jagen durfte. Bis 1949 bekleidete der spätere Träger des goldenen Ehrenzeichens des Jagdschutz- und 68 Karlburg

Jägerverbandes das Amt des Kreisjägermeisters. 1946 wurde Gehret zum Feldgeschworenen vereidigt, noch im selben Jahr wurde er Kreisobmann und 1958 sogar Bezirksobmann der Feldgeschworenen.

Auch bei Gericht war der vielseitig engagierte Karlburger lange als Schöffe tätig.

Erst 1948, einige Zeit nach dem erwähnten kurzen Intermezzo im 1954 erfolgte die Einweihung der neuen Sporthalle, Gemeinderat in den frühen 1930er eines der bedeutendsten Bauwerke für das spätere Jahren, begann die eigentliche po- Gemeindeleben. Bürgermeister Gehret hatte sich litische Karriere von Adolf Gehret. stark für den Neubau eingesetzt. Im Bild von links: Rudolf Lamprecht, Anton Hofmann, Lehrer Herbert Zunächst wurde er 1948 als Mitglied Schlett, Schuldirektor Dr. Rudolf Hocke, Josef Rüppel, der CSU in den Kreistag gewählt, Alfons Kühl, Erwin Kohlmann, Ferdinand Schrauth, dem er mehrere Wahlperioden an- Bürgermeister Adolf Gehret, Alfons Gold, Ministrant gehörte. Zum 1. Mai 1952 erfolgte Kilian Gold, Karl Gehret, Ministrant Heinz Schrauth, Foto: Rita Weiglein dann seine Wahl ins Amt des ersten Gottfried Gold.

Bürgermeisters seiner damals etwa 1.450 Einwohner zählenden Heimatgemeinde. Schon in seiner ersten Amtsperiode hinterließ der neue Bürgermeister deutliche Spuren, die Karlburg bis in die heutige Zeit geprägt haben. Dazu zählte etwa der Bau einer Sporthalle (heutige Karolingerhalle), den die Gemeinde 1955 zum Abschluss brachte und deren Nutzung in einem Vertrag mit dem ursprünglichen Bauträger TSV Karlburg geregelt wurde.

Privat allerdings ereilte den Bürgermeister zu jener Zeit ein schwerer Schicksalsschlag. Durch den frühen Tod von Ehefrau Rosa wurde Adolf Gehret im Alter von nur 53 Jahren Witwer. Umso mehr schien er sich fortan auf sein bürgerschaftliches Engagement zu konzentrieren. Noch in der ersten Amtszeit folgte im April 1956 die Einweihung der Friedhofserweiterung und des neuen Leichenhauses.

1956 wurden Gehret und sein Stellvertreter Alfons Kühl in ihren Ämtern bestätigt.

Zwei Jahre später begann die Gemeinde mit dem Bau eines Gemeinde- und Feuerwehrhauses schräg gegenüber dem Zehnthaus. 1959 schließlich wurde der Bau der Dorfkanalisation in Angriff genommen und das Gemeindehaus fertiggestellt. Am 25. Juli desselben Jahres tagte der Gemeinderat erstmals im neuen Sitzungssaal und Gemeindesekretär Richard Renk bezog die neue Gemeindekanzlei. Zuvor waren der Sitzungssaal und die Gemeindekanzlei viele Jahre im von Raumnot geprägten Schulhaus untergebracht gewesen. Ein weiterer Meilenstein für die Entwicklung Karlburgs zu einem modernen Ort war die Ausweitung des Kanalisationsbaus in die Siedlung und zur Sporthalle im Jahre 1960.

Karlburg 69

Fahnenweihe beim TSV Karlburg im Jahre 1958. Bürgermeister Gehret galt allgemein als großer Förderer des Karlburger Vereinswesens. Im Bild von links: Karl Heim, Oskar Kohl (Vorsitzender TSV Karlburg), Emmi Rüppel (geborene Ehrenfels), Lothar Kübert, Fahnenträger Erwin Schmitt, Marga Kühl (geborene Ehrenfels), Meinrad Rüppel, Anni Kübert (geborene Keller), Albin Dill, Bürgermeister Adolf Gehret, Richard Endrich.

Foto: Archiv TSV Karlburg

Nachdem Gehret 1960 wiederum zum ersten Bürgermeister und Erwin Kohlmann erstmals zum zweiten Bürgermeister gewählt worden waren, verantwortete das Gemeindeoberhaupt auch in seiner dritten Wahlperiode eine rege gemeindliche Bautätigkeit. Hierzu zählen der mit einem Zuschuss der Gemeinde in Höhe von 150.000 DM geförderte Um- und Neubau der Kirche (1960/61) sowie die Renovierung und Erweiterung des Kindergartens (1962). Weiterhin wurden die Verbindungsstraße nach Harrbach sowie der Pfadweg ausgebaut und viele Dorfstraßen asphaltiert (1963). Es wurde ein moderner Flächennutzungsplan erstellt, der als erster seiner Art im nahen Umkreis galt und die Gemeinde mit Stolz erfüllte. „Ein Flächennutzungsplan für die Gemeinde liegt bei der Regierung zur Genehmigung. Er sieht eine Umgehungsstraße Hammelburg – Lohr zur Entlastung der Ortsdurchfahrt vor. Eine neue Mainbrücke bei Karlburg ist dabei geplant, doch ist in absehbarer Zeit mit dieser Brücke noch nicht zu rechnen“, berichtete die Main-Post am 5. September 1964. In den Jahren 1964 und 1965 folgten die Fertigstellung der noch ausstehenden Dorfkanalisation, der Bau einer modernen Kläranlage nördlich des Dorfes sowie die Eröffnung einer Gemeindebücherei im Gemeindehaus unter Leitung von Lehrer Ferdinand Lobenhofer.

Die vierte und letzte Amtszeit Adolf Gehrets als Karlburger Ortsoberhaupt begann nach der Gemeinderatswahl 1966. Ihm zur Seite stand Felix Gold als zweiter Bürgermeister. 1967 beschloss die Gemeinde eine Flurbereinigung. 1968/69 reagierte 70 Karlburg

In geselliger Runde mit seinen Karlburger Mitbürgern – wie hier um 1960 beim Schafkopf im Gasthaus Jäger – fühlte sich der beliebte Bürgermeister wohl. Im Bild von links: Alfons Gold, Oberförster Töpfer, Clemens Böger, Engelbert Kohlmann, Bürgermeister Adolf Gehret. Foto: Robert Kohlmann

der Gemeinderat auf eine längere Trockenperiode mit dem Bau eines zweiten Brunnens in der Wiesenfelder Straße (heute Karolingerstraße) bei der Gärtnerei Plawky und mit der Errichtung des Wasserhochbehälters an der Steig. Ab 1970 begann die schwierige Umlegung des Baugeländes. Zudem kamen erste Diskussionen zur beabsichtigten Gemeindereform auf. Unter der Führung von Bürgermeister Gehret lehnte der Gemeinderat eine verwaltungstechnische Zusammenlegung Karlburgs mit Nachbargemeinden aufgrund der Größe und Bedeutung des seit jeher eigenständigen Dorfes nachdrücklich ab. So sehr sich die Karlburger Gemeinderäte noch dem aufkommenden Druck widersetzten, so deutlich wurde schon zu jener Zeit, dass eine dauerhafte Eigenständigkeit des Dorfes höchstwahrscheinlich nur schwerlich zu erhalten sein würde.

Für Adolf Gehret sollten diese anstehenden Veränderungen bald keine große Rolle mehr spielen. Kurz vor Ende seiner letzten Amtszeit wurde er am 22. April 1972, am Tage seines 70. Geburtstages, verdientermaßen zum ersten Ehrenbürger in der Geschichte der Gemeinde Karlburg ernannt. 20 Jahre war er ununterbrochen als erster Bürgermeister an der Spitze des Ortes gestanden und hatte den Weg Karlburgs hin zum modernen Dorf in Zeiten starken wirtschaftlichen Wachstums und Wandels entscheidend mitgeprägt. Sein politisches wie auch ehrenamtliches Lebenswerk ist beachtlich. Mit politischer Weitsicht und Geschick, mit großem persönlichen Einsatz und hoher Durchsetzungskraft hatte er es stets verstanden, insbesondere die bauliche und infrastrukturelle Entwicklung der Gemeinde kostengünstig voranzutreiben.

Karlburg 71

Adolf Gehret galt zu Lebzeiten als frohsinniger, beliebter und sehr bürgernaher Politiker, der mehr durch seine Person und Persönlichkeit auf die Menschen wirkte denn durch ein ausgeprägtes verwaltungsrechtliches Detailwissen. Mit seiner groß gewachsenen, kräftigen Figur schien er nicht nur sprichwörtlich „über den Dingen zu stehen“. Gegner oder Widersacher hatte er im Gemeinderat nie zu fürchten. Er galt dabei keineswegs als autoritär, sondern strahlte eine gewisse natürliche Autorität aus. So kam es mitunter auch vor, dass trauwillige Brautpaare im Karlburger Standesamt ein bis zwei Stunden auf den Bürgermeister warten mussten, wenn dieser ausgerechnet an jenem Tag zur Jagd ausgerückt und mit seiner Zündapp-Maschine nicht rechtzeitig zum vereinbarten Trautermin aus dem Wald zurückgekehrt war. Übel nahm ihm das freilich niemand. Zudem attestieren ihm einstige Weggefährten eine nicht zu unterschätzende „Bauernschläue“, die er – häufig mit einer Zigarre oder Pfeife im Mundwinkel – einerseits in politischen Verhandlungen immer wieder geschickt zum Wohle der Gemeinde einzusetzen wusste, mit der er andererseits aber bisweilen auch gerne den einen oder anderen Mitbürger humorvoll und listig zugleich hinters Licht führte.

Zupass kamen ihm bei alledem zweifelsohne auch seine seit jungen Jahren erworbenen exzellenten Beziehungen in einflussreiche gesellschaftliche Schichten. Allein durch sein Jagdhobby erschloss sich ihm ein bedeutender Bekannten- und Freundeskreis über Karlburg hinaus. So zählten etwa der damalige Direktor Moser der Portland (heute Zementwerk Schwenk) sowie der Arzt Dr. Schipper zu seinen engen Jagdfreunden. Die damals bekannten Rechtsanwälte Rindermann, Vocke und Nebel lernte er durch seine langjährige Schöffentätigkeit bei Gericht kennen und schätzen.

Auch bei der Regierung von Unterfranken, im Landratsamt und in anderen Behörden war der Karlburger Bürgermeister und Kreisrat ein gern gesehener, hoch geachteter und nicht zuletzt sehr einflussreicher Kommunalpolitiker. Neben den Beziehungen in die Gesellschaft profitierte Gehret aber zeitlebens immer auch von der starken Unterstützung durch seine Familie. So begann Sohn Eugen frühzeitig, sich eigenständig um Haus und Hof zu kümmern, während der Vater die meiste Zeit des Tages in politischen Angelegenheiten unterwegs war oder seiner Jagdleidenschaft frönte. Noch heute wohnt Eugen Gehret in der Unteren Straße, wo einst das Haus des Bürgermeisters stand. Seine inzwischen verstorbene Ehefrau Lotte, die Am 11. Februar 1974 verlor die Gemeinde Schwiegertochter des Bürgermeisters, küm- Karlburg mit dem Tod ihres Ehrenbürgers merte sich oft um jene Bürger, die während Adolf Gehret eine verdiente Persönlichkeit.

Der Nachruf erschien in der Main-Post. der Abwesenheit des Bürgermeisters mit Quelle: Archiv Ferdinand Lobenhofer 72 Karlburg

einem Anliegen in der Unteren Straße vorsprechen wollten. Auch Richard Renk, der langjährige Karlburger Gemeindeschreiber, war eine der zentralen Stützen im politischen Alltag des Bürgermeisters. Adolf Gehret starb am 11. Februar 1974 im Alter von 71 Jahren an den Spätfolgen eines Schlaganfalls. Bis heute ist er der einzige Karlburger, dem die Ehrenbürgerwürde verliehen wurde.

Rudolf Lamprecht (von 1972 bis 1978) Am 1. Mai 1972 trat mit Rudolf Lamprecht der letzte Bürgermeister der eigenständigen Gemeinde Karlburg sein Amt an. Lamprecht wurde am 13. Mai 1925 geboren. Schon sein Großvater Johann Lamprecht war von 1888 bis 1917 fast genau 30 Jahre lang erster Bürgermeister von Karlburg gewesen. Enkel Rudolf, im Dorf besser bekannt unter seinem Spitznamen „Kneisls Rudi“, wuchs auf einem der größeren Karlburger Bauernhöfe auf. Schon im Alter von 24 Jahren wurde er am 1. Mai 1950 – kurz nach seiner Rückkehr aus Krieg und Gefangenschaft – als Nachfolger seines Vaters zum Feldgeschworenen in Karlburg ernannt und am 26. Juni des- Rudolf Lamprecht, selben Jahres vereidigt. Sechs Jahre später wurde er Obmann Bürgermeister von 1972 der Karlburger Feldgeschworenen. Bis heute übt er dieses bis 1978. Foto: Archiv Amt mit großer Leidenschaft und enormem Sachverstand aus. Ferdinand Lobenhofer 36 Jahre war er auch Schriftführer der Feldgeschworenen im Distrikt Karlstadt gewesen. In späteren Jahren engagierte er sich parallel dazu auch noch im Bayerischen Bauernverband.

Die politische Bühne betrat Lamprecht im Jahre 1952, als er nicht nur erstmals in den Karlburger Gemeinderat gewählt wurde, sondern auch bei den Kreistagswahlen reüssierte. Er zog als damals jüngster Kreisrat in den Kreistag ein. In seinen vier Wahlperioden als Gemeinderat arbeitete das CSU-Mitglied 20 Jahre lang bis 1972 eng mit Bürgermeister und Parteifreund Adolf Gehret zusammen. Rudi Lamprecht vertrat jedoch stets couragiert seine eigene Meinung. So stellte er sich 1960 mit seiner Forderung nach Einbau einer modernen Ölheizung in die neue Kirche gegen den damaligen Pfarrer Dr. Pfeufer, der vehement für eine Koksheizung plädierte. In der Sonntagsmesse wurde der jüngste Gemeinderat vom Karlburger Kirchenoberhaupt dafür vor versammelter Gemeinde öffentlich „abgekanzelt“.

Aufgrund der langjährigen Zusammenarbeit mag es auch nicht verwundern, dass Lamprecht zum 1. Mai 1972 als Nachfolger Gehrets in das Amt des ersten Bürgermeisters gewählt wurde. Zweiter Bürgermeister wurde Alfred Zinser. Der Gemeinderat war im Vergleich zu den Vorjahren stark verjüngt, keiner der Gemeinderäte hatte das 50. Lebensjahr vollendet. Das erste Jahr als Bürgermeister war geprägt vom Abschluss der Flurbereinigung, die Lamprecht als Feldgeschworener und Ortsvorsitzender Karlburg 73

Rudi Lamprecht (ganz rechts) 1953 im Alter von 28 Jahren mit seiner Frau Blanda (Zweite von rechts) bei der Fahnenweihe der Landjugend. Weiter im Bild von links: Herbert Köhler, Gerlinde Kübert, Gerda Trost.

Foto: Bruno Lurz

der Flurbereinigung ohnehin schon eng begleitet hatte und heute im Nachhinein als „sehr aufregende Zeit“ bezeichnet. Zeitgleich wurden in der Karlburger Schule unter Lamprechts Führung vier Schulsäle mit einer modernen Heizungsanlage ausgestattet. Im zweiten Amtsjahr beschloss der Gemeinderat, in allen Karlburger Haushalten Wasseruhren einbauen zu lassen. Bürgermeister Lamprecht, anfangs gegen diese Neuerung, änderte nach eingehender sachlicher Auseinandersetzung mit den Vor- und Nachteilen seine Meinung und stimmte im Endeffekt ebenfalls für diese Maßnahme, sorgte sie doch für eine gerechtere Verteilung der Lasten in Bezug auf die Wassergebühren im Dorf. Derweil stieg im Gemeinderat der politische Druck durch die bereits zu Amtszeiten Gehrets in Bayern begonnene Gebietsreform. Das seit 1972 ins Auge gefasste Zusammengehen mit Harrbach scheiterte letztlich an dessen Zugehörigkeit zum damaligen Landkreis Gemünden und an der Forderung der Harrbacher nach einer Übernahme der Mainfähre sowie der damit verbundenen Kosten durch die Gemeinde Karlburg. Ein weiterer wegweisender Beschluss des Gemeinderats 1973 besagte, dass die Gemeinde Karlburg möglichst lange eigenständig bleiben und nur im äußersten Notfall die Bildung einer Verwaltungsgemeinschaft 74 Karlburg

mit einer der Nachbargemeinden in Erwägung ziehen sollte. Ein Zusammengehen mit der finanziell klammen Stadt Karlstadt erschien den Karlburger Gemeinderäten angesichts der gesunden Gemeindefinanzen und des eigenen Leistungsvermögens nicht vorteilhaft. Etwa zu jener Zeit gelang es Lamprecht in Verhandlungen mit dem damaligen Domkapitular Bocklet, unter Erfüllung bestimmter Auflagen die im kirchlichen Eigentum stehenden sogenannten Pfarrgärten (Gebiet um die heutige Edelweißstraße) in Erbbaurecht zu Bauland werden zu lassen.

Im Februar 1974 beschloss der Gemeinderat den Neubau des bis heute bestehenden Kindergartens zwischen Friedhof und Pfadweg, dessen Einweihung schon am 12.

Oktober 1975 gefeiert wurde. Ernst Kübert schreibt in seiner Chronik (Seite 114) hierzu: „Der Zielstrebigkeit von Bürgermeister Lamprecht und Pfarrer Mann ist es zu verdanken, dass für die Jüngsten der Gemeinde endlich ein angemessener Raum für drei Kindergruppen mit den erforderlichen Möglichkeiten zum Spielen gefunden ist.“ Im selben Jahr gab es in der Gemeindeverwaltung eine Personalveränderung.

Leo Kübert wurde als neuer Gemeindeschreiber angestellt, sein Vorgänger Richard Renk nach langer Tätigkeit in den wohlverdienten Ruhestand verabschiedet.

Insgesamt war das Jahr 1975 für die Karlburger Gemeinderäte und Bürgermeister sehr herausfordernd. Zunehmend wurden sie mit der drohenden – wenn nicht freiwilligen, dann eben zwangsweisen – Eingemeindung nach Karlstadt konfrontiert.

Bei einer zwangsweisen Eingemeindung drohten den Karlburgern 500.000 DM an Schlüsselzuweisungen verloren zu gehen. Lamprecht verhandelte daher mit den umliegenden Gemeinden Rohrbach, Wiesenfeld, Stadelhofen, Mühlbach und Laudenbach. Während die drei letztgenannten Gemeinden frühzeitig Richtung Karlstadt tendierten, zeichnete sich zunächst mit Rohrbach und Wiesenfeld eine Einigung zur Bildung einer Verwaltungsgemeinschaft ab. Zur Überraschung der Beteiligten beschlossen die beiden Orte dann aber – trotz des Karlburger Angebotes zur Verlegung des Verwaltungssitzes nach Wiesenfeld – eine Eingemeindung nach Karlstadt. Bürgermeister Rudi Lamprecht stand dadurch mit seiner Gemeinde isoliert da. In einer Abstimmung des Gemeinderates am 25. August 1975 sprachen sich fünf Räte für die Eingemeindung aus, acht Räte votierten jedoch für die Bildung einer großen oder kleinen Verwaltungsgemeinschaft. In einer Sitzung am 16. Dezember 1975 stimmten sechs Gemeinderäte für und ebenso viele gegen die Eingemeindung nach Karlstadt. Eine Woche später, am 23. Dezember, beschloss der Gemeinderat schließlich mit sieben Ja-Stimmen und ohne Gegenstimme die Eingemeindung zum 1. Mai 1978. Sechs Gemeinderäte waren nämlich erst gar nicht zur Sitzung erschienen. Rudi Lamprecht und seine Mitstreiter empfanden diese Entwicklung als enttäuschend. „Nein, wir sind wirklich nicht gerne nach Karlstadt gegangen“, wird er in der Main-Post am 16. Mai 2003 zitiert. In München zählten nicht nur das zähe Ringen zwischen Karlstadt und Lohr um die neue Kreisstadt Main-Spessarts, sondern auch das lange Zeit unklare Schicksal Karlburgs zu den bayernweit schwierigsten Einzelfällen während der Gebietsreform.

Karlburg 75

Für Lamprecht begann nach dem Eingemeindungsbeschluss eine arbeitsreiche und verantwortungsvolle Zeit, galt es doch, die 1976 aufgenommenen, schwierigen Beitrittsverhandlungen mit der Stadt Karlstadt zu führen und dabei immer den Interessen der eigenen Heimatgemeinde bestmöglich gerecht zu werden. In den beiden Gemeinderäten Klemens Kübert und Werner Kübert hatte Lamprecht zwei verlässliche Weggefährten, die sich von Berufs wegen exzellent in verwaltungsrechtlichen Details auskannten und für den Bürgermeister die erforderlichen notariellen Verträge vorbereiteten. Nicht selten kam es vor, dass sie bis nachts um ein Uhr zusammensaßen und wichtige gemeindliche Belange diskutierten. Bedeutend für die künftige Wahrung der Karlburger Identität war dabei der 1977 mit den Karlburger Vereinen abgeschlossene Benutzungsvertrag für die Sporthalle und die Gründung des Vereinsforums am 30. September desselben Jahres, zu dessen Vorsitzenden Werner Kübert gewählt wurde. Am 7. Januar 1978 beging der letzte Karlburger Gemeinderat seine Abschiedsfeier im Gasthaus „Schwarzer Adler“. Über die seinerzeitige Gemütslage von Bürgermeister Lamprecht schreibt Ernst Kübert in seiner Chronik (Seite115): „Der Bürgermeister appelliert an die scheidenden Räte und die Bevölkerung, beim Verlust der Selbständigkeit darauf bedacht zu sein, ein gesundes Selbstbewusstsein zu erhalten. Karlburg komme keinesfalls mit leeren Händen nach Karlstadt.“ Zum 1. Mai 1978 schließlich wurde die Eingemeindung vollzogen, Karlburg verlor seine Eigenständigkeit.

Die Neuerungen in der Verwaltung machten sich rasch bemerkbar. So wurde die bis dato ständig besetzte Karlburger Gemeindekanzlei geschlossen und ein nur noch gelegentlich besetztes Sprechzimmer der Stadtverwaltung im Gemeindehaus eingerichtet. Schon im Mai 1979 schrieb Alt-Bürgermeister Lamprecht seine kritische Wahrnehmung der Eingemeindung in persönlichen Aufzeichnungen nieder. In seinem Fazit (Seite 11) heißt es dazu: „Ich komme zum Schluß. Von der Bürgernähe, Verbilligung, Verwaltungsvereinfachung – die Faktoren hatte sich die Gemeindereform zum Ziel gesetzt – jedoch bisher meines Erachtens stehen diese Zielvorstellungen noch in den Sternen. Wahrlich unsere verlorene Eigenständigkeit hätte der alten Gemeinde bestimmt wohler getan. Dennoch darf ich hoffen, daß auch in dem neuen Gebäude der Großgemeinde Karlstadt unsere fleißige, tüchtige und aufgeschlossene Bevölkerung lebenswert, gleichberechtigt, zufrieden und nach den Vorstellungen der Gemeindereform einer hoffnungsvollen Zukunft entgegen gehen kann. Einem solchen Stadtteil scheint auch weiterhin die Sonne, so Gott will.“ Rudi Lamprecht, letzter Bürgermeister der eigenständigen Gemeinde Karlburg, gehörte anschließend von 1978 bis 1990 noch für zwei Wahlperioden dem Karlstadter Stadtrat an.

Schon zu seiner frühen Zeit als Gemeinderatsmitglied galt er als gewiefter, mit Raffinesse und taktischem Geschick agierender Politiker. Seine politischen Weggefährten charakterisieren ihn als intelligenten Bürgermeister, der es verstand, seine Ziele stets überzeugend, aber nicht mit brachialen Methoden durchzusetzen. Er stand dabei rechtlichen Belangen und Notwendigkeiten deutlich aufgeschlossener gegenüber 76 Karlburg

als so mancher Vorgänger. Lamprecht war auch stets darauf bedacht, sich erforderliches Wissen selbst anzueignen und Entscheidungen erst nach differenzierter Abwägung von Vor- und Nachteilen zu fällen. Dabei war er ein warmherziger, um das Wohl seiner Gemeindemitglieder bemühter Politiker. Den Bau der Sporthalle etwa unterstützte er als Gemeinderat selbstlos mit kostenlosen Materialtransporten auf seinem Pferdefuhrwerk. Später setzte er sich als Bürgermeister und Flurbereinigungsverantwortlicher für den Bau eines neuen Rasenspielfeldes durch den TSV Karlburg ein. Und zum Fest der Ewigen Anbetung hielt er als Bürgermeister traditionell eine Betstunde für die Gemeinde ab.

Bei Trauungen ließ er es sich nie nehmen, zuvor Blumen für das Brautpaar zu besorgen und den Raum der Trauung festlich zu schmücken.

Zu diesem Thema schrieb er unter anderem in seinen persönlichen Aufzeichnungen im Mai 1979 (Seite 9): „Als ehem. Bürgermeister hatte ich die ehrenvolle Aufgabe, im letzten Jahr 26 Ehepaare glücklich in den Hafen der Ehe geleiten zu dürfen, zu jeder Zeit, ob Freitag, Samstag oder Sonntag oder früh, Mittag oder Abend.“

Noch immer ist der inzwischen 86-jährige Rudi Lamprecht fast täglich in Wald und Flur anzutreffen, wie hier im Frühjahr 2011 auf seinem Grundstück am Mäusberg.

Dort verbringt der passionierte Landwirt unzählige Stunden mit der Pflege seiner Obstanlage. Im Hintergrund ist das Maintal zu sehen sowie Teile der Gambacher Weinberge.

Foto: Ferdinand Lobenhofer

Heute lebt Lamprecht gemeinsam mit seiner aus Müdesheim stammenden Frau Blanda noch immer auf dem Familienhof inmitten des Karlburger Altdorfes. Kennen gelernt hatte sich das Paar einst über die Landjugend. Sohn Paul hat die eigene Landwirtschaft zu einem modernen, vielseitigen Agrar- und Mischbetrieb ausgebaut. Die beiden weiteren Söhne Anton und Reinhold sowie Tochter Katharina haben Berufe außerhalb der Landwirtschaft ergriffen. Noch immer sieht man den Altbürgermeister trotz seines hohen Alters voller Leidenschaft in der eigenen Landwirtschaft mitarbeiten.

Aufgrund seiner inzwischen über 60-jährigen ehrenamtlichen Tätigkeit als Feldgeschworener gilt er als ausgewiesener Experte in Karlburger Grundstücksangelegenheiten. Sein fachkundiger Rat wird geschätzt. Bei Grundstücksstreitigkeiten wird er nach wie vor gerne als neutrale und vertrauensvolle Schiedsstelle um Schlichtung gebeten. Auch das lokale und kommunale politische Geschehen verfolgt der inzwischen 86-jährige rüstige Karlburger noch immer mit großem Interesse und kritischer Aufmerksamkeit.

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Karlburger im Karlstadter Stadtrat Auch nach Ende der politischen Eigenständigkeit wurde und wird die Karlburger Bevölkerung von engagierten Karlburger Führungspersönlichkeiten im Karlstadter Stadtrat vertreten. So war Klemens Kübert, einst Karlburger Gemeinderat von 1972 bis 1978, im Zeitraum von 1984 bis 2008 als Angehöriger der Freien Wähler dritter Bürgermeister der Stadt Karlstadt. Nach seinem altersbedingten Rückzug bei der Stadtratswahl 2008 schloss Anni Kühl-Johannes als SPD-Mitglied nahtlos die drohende Lücke und wurde zweite Bürgermeisterin der Stadt Karlstadt. Als Stadträtin vertritt sie auch die Interessen ihrer Karlburger Mitbürger.

Quellen: Dr. Hj. Daul: Eine Pendlergemeinde mit 120 Schleppern, in: Main-Post vom 05.09.1964, Nr. 204, S. 13.

Rudolf Lamprecht: Aus der Karlburger Geschichte von früher und heute, Karlburg 1979.

Ernst Kübert: Karlburg – Uralter fränkischer Siedlungsort, Karlstadt 1991.

TSV 1895 Karlburg e.V. (Hrsg.): Chronik 1895 – 1995, Karlstadt 1995.

Günter Roth, Martina Amkreutz-Götz: Karlburg zahlt nicht die Schulden Karlstadts, in: Main-Post vom 16.05.2003, Nr. 112, Sonderseiten „25 Jahre Eingemeindung der Stadtteile“, S. C 8.

Ferdinand Lobenhofer: Adolf Gehret – Ehrenbürger von Karlburg, in: Arbeitskreis zur Geschichte Karlburgs (Hrsg.): Jahreskalender 2004 - Monat Oktober, Karlburg 2003.

Werner Kübert: Dreschplatz am Main – Gänge und Stollen in Getreidehaufen, in: Gerhard Kralik (Hrsg.): Jahrbuch – Beiträge zu Geschichte und Gegenwart – Sammelband 2009/10, Karlstadt 2009, S. 45 - 49.

Werner Kübert: Kostbares Nass aus privaten und öffentlichen Brunnen, in: Gerhard Kralik (Hrsg.): Jahrbuch – Beiträge zu Geschichte und Gegenwart – Sammelband 2009/10, Karlstadt 2009, S. 63 - 68.

Ferdinand Lobenhofer, Waltraud Herzog: Bücherei ist seit 45 Jahren ein El Dorado für Leseratten, in: Gerhard Kralik (Hrsg.): Jahrbuch – Beiträge zu Geschichte und Gegenwart – Sammelband 2010/11, Karlstadt 2010, S. 118 – 124.

Björn Kohlhepp: Die legendären Schwestern Mathilde und Maria Prochus, in: Gerhard Kralik (Hrsg.): Jahrbuch – Beiträge zu Geschichte und Gegenwart – Sammelband 2010/11, Karlstadt 2010, S. 303 – 326.

Persönliche Erinnerungen von Werner Kübert, Anni Kübert, Rudolf Lamprecht, Eugen Gehret, Leo Kübert.

78 Karlburg

Moderner Kirchenbau auf historischem Boden Von Heinz Scheid Die Pfarrkirche St. Johannes der Täufer in Karlburg wurde 1960/61 errichtet und ist somit 50 Jahre alt.

Zum Jubiläum gibt dieser Beitrag einen Überblick auf die Kirchenbaugeschichte in Karlburg. Dabei liegt der Schwerpunkt auf der Pfarrkirche St. Johannes der Täufer in ihrer jetzigen Gestalt und Ausstattung.

Karlburg wird 741 erstmals urkundlich genannt im Zusammenhang mit der Gründung des Bistums Würzburg. Schon vorher spielte Karlburg eine wichtige Rolle in der Region als Standort von Handwerk, Gewerbe und eines Marienklosters. Nach der Zerstörung 1236 durch die Grafen von Rieneck musste das Dorf neu aufgebaut werden. Dabei sind Der Turm mit dem Spitzdach im Stil der Julius-Echter-Zeit eventuell noch vorhandene Ge- ist beim Abbruch der alten Karlburger Kirche erhalten bäude aus früherer Zeit wohl ver- geblieben und dient bis heute als Glockenturm.

Alle Fotos (5): Heinz Scheid schwunden. Das einstige Kloster konnte bislang nicht exakt lokalisiert werden, es dürfte aber im Bereich der heutigen Kirche gestanden haben. Die Bedeutung von Karlburg während der Frühzeit des Bistums Würzburg ging verloren, die Landwirtschaft prägte in der Folge über Jahrhunderte das örtliche Geschehen.

Dem entsprach der Vorgängerbau der jetzigen Kirche: Es war ein schlichtes, ja glanzloses Gebäude ohne künstlerische oder bauhistorische Besonderheiten. Die „Kunstdenkmäler von Bayern“ beschreiben den Zustand des alten Gotteshauses um das Jahr 1912: spätgotische Anlage, Untergeschosse des Turms vermutlich älter, um 1615 renoviert und Turm erhöht, um 1680 teilweise erneuert, Reparaturen 1752. Die Karlburg 79

Kirche hatte vier Fensterachsen mit spitzbogigen Fenstern, ohne Maßwerk, sowie ein Portal an der Nordseite und eines an der Südseite. Das Südportal war rundbogig und trug die Jahreszahl 1688 mit einem Wappen des Fürstbischofs Johann Gottfried von Guttenberg. Der Eingang an der Nordseite war spitzbogig mit der Jahreszahl 1614 Das Julius-Echter-Wappen mit der Jahreszahl und einem Wappen des Fürstbischofs 1614 über dem Eingang zur Orgelempore an der Julius Echter von Mespelbrunn. Auf Karlburger Kirche die Zeit von Julius Echter zurück geht das spitze Turmdach, der so genannte Echterturm, wie er häufig im Bistum Würzburg zu finden ist.

Von der alten Kirche erhalten sind außer dem Turm noch ein Teil des Kirchenschiffs im Westen (Orgelempore, darunter die Sakristei) sowie die Altäre, die Kanzel, der Taufstein, Kreuzwegbilder und einige Grabplatten.

Es gibt keinen gesicherten Nachweis, wann in Karlburg die erste Kirche gebaut wurde. Jedenfalls könnte es die Kirche des Klosters gewesen sein, das von der heiligen Gertrud gegründet worden sein soll. Dabei geht es um Gertrud von Nivelles, die von 626 bis 659 gelebt hat und später Kirchenpatronin von Karlburg wurde.

Das Kloster ging zwischenzeitlich an Immina über (Tochter des letzten Würzburger Herzogs, gestorben um 750), ehe es wieder ans Bistum Würzburg kam. Man muss sagen, dass es keine zeitgenössischen Quellen und keine archäologischen Befunde zur Klostergründung in Karlburg gibt, nur Legenden und Beschreibungen aus späteren Jahrhunderten. Aber die Forschung geht davon aus, dass es so gewesen sein könnte und die Geschehnisse zumindest einen historischen Kern haben.

In seiner Chronik von Karlburg (Seite 138) schreibt Ernst Kübert, dass die Pfarrkirche an der Stelle der ehemaligen Klosterkirche erbaut wurde und in einer Urkunde von 1133 erstmals nachgewiesen ist: „Als Taufkirche hat sie Johannes den Täufer zum Patron und lt. einem Ablassbrief von 1341 dazu die hl. Gertrud.“ Ferner schildert Kübert, dass die Kirche spätestens seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu klein für Karlburg war. Schon 1829 stellte Pfarrer Martin Geiß das fest (Karlburg hatte seinerzeit rund 760 Einwohner, die alte Kirche aber nur rund 140 Sitzplätze), und auch später kommt dieser Umstand immer wieder zur Sprache. Bei einer Visitation 1892 forderte Bischof Franz Josef von Stein den Ortspfarrer Johann Bayer auf, Geld für eine Kirchenerweiterung zu sammeln. Doch unter anderem zwei Weltkriege verhinderten diesbezügliche Fortschritte und so sollte es noch bis 1960 dauern, ehe 80 Karlburg

Ein Teil des alten Kirchenschiffs wurde beim Neubau der Karlburger Kirche 1960/61 nicht abgerissen.

Es wird heute im Untergeschoss als Sakristei genutzt. Im Obergeschoss ist die Orgelempore.

ein Neubau konkrete Formen annehmen konnte.

Historisch bedingt liegt das Kirchengelände sehr eingeengt im Ortskern von Karlburg. Bis 1805 war dort auch noch der Friedhof (er wurde dann an den Pfadweg verlegt). Schulgebäude und Wohnhäuser liegen in Nachbarschaft zur Kirche, im Westen bestand ein enger baulicher Zusammenhang mit dem ehemaligen Lautherschen Hof (später Gasthaus „Zu den drei Kronen“); die beiden Anwesen waren nur durch eine Treppe getrennt. Daran änderte sich auch nichts nach dem Abriss des Gasthauses, weil an dessen Stelle in den 1990er Jahren ein neues Gebäude errichtet wurde. Jedenfalls stand beim Neubau der Pfarrkirche die Überlegung im Raum, ob man den angestammten Platz aufgeben und einen Standort in der Siedlung vorziehen sollte. Das war einer der wesentlichen Aspekte im Vorfeld der Planung. Doch man ließ die Kirche im Dorf. Der vorhandene Baugrund reichte nicht ganz für die neue Kirche und die beiden Zugänge. Deshalb erwarb der Bauträger im Südwesten die Hälfte des kleinen bäuerlichen Anwesens Adelheid Kellers und ihrer drei Töchter Rita, Helga und Anni.

Vor 50 Jahren wuchsen die Pfarrgemeinden noch, Kirchen wurden neu gebaut oder erweitert – wie in Karlburg, wo ein Gebäude mit Platz für rund 700 Kirchenbesucher Karlburg 81

in Angriff genommen wurde. Maßgeblichen Einfluss auf Planung und Gestaltung hatte Pfarrer Dr. Johann Pfeufer (von 1948 bis zu seinem Tod 1973 in Karlburg), ein Geistlicher alten Schlags mit konservativer Einstellung, was Religion und Glauben betraf. Er führte, wie Ernst Kübert schreibt, den Neubau „zielbewusst“ durch, auch wenn es manche Schwierigkeiten gegeben habe. Aufgabe von Architekt Peter Krammer aus Schweinfurt war es, das neue Gebäude möglichst effektiv auf dem rund 750 Quadratmeter großen Kirchengrund zu platzieren Die Lösung war, das neue Kirchenschiff fast quadratisch zu gestalten, dessen Richtung zu drehen und dabei den Kirchturm im Osten Die Nordseite der Karlburger Kirche mit sowie den Westteil des alten Langhauses zu den schmalen Fenstern, die für natürliches erhalten. Hatte der Vorgängerbau eine WestLicht im Altarraum sorgen. Rechts das Ost-Ausrichtung mit Portalen im Süden und Friedhofskreuz von 1726.

Norden, so erhielt das neue Kirchenschiff seine Langseite von Süden nach Norden mit Eingängen im Westen und Osten. Der aus rotem Sandstein errichtete Neubau ist 29 Meter lang und 23,5 Meter breit, baulich nur wenig gegliedert, wirkt von außen etwas schwerfällig und hat innen den Charakter einer Halle. Es fehlt ein klassischer Chorraum für den Hauptaltar, statt dessen ist der Altarraum nur leicht abgesetzt und durch beidseitige Längsfenster belichtet.

Das mit Schiefer gedeckte Dach hat eine Holzdecke und wird von zwölf Stahlsäulen getragen, die zugleich als gestalterische Elemente im Kirchenraum dienen.

Nach den üblichen Verhandlungen im Vorfeld eines so großen Bauvorhabens ging es dann erstaunlich zügig zur Sache. Der Abriss des alten Kirchenteils begann im April 1960, und nach etwas mehr als einem Jahr wurde bereits der Neubau gesegnet.

Die Gottesdienste wurden während der Bauzeit in der Turnhalle gefeiert. Die Grundsteinlegung für den Neubau erfolgte am 13. Juli 1960 (der Stein mit der Jahreszahl ist an der Südwestecke des Gebäudes zu sehen) und am 15. Juli 1960 berichtete das „Fränkisches Volksblatt“ darüber: Es sei eine schlichte Feierstunde unter großer Anteilnahme der Bevölkerung gewesen. In den Grundstein wurde ein Kupferbehälter mit einer Urkunde eingemauert.

Zur Finanzierung der auf rund 500.000 D-Mark geschätzten Kosten der neuen Kirche steuerten die Diözese Würzburg 250.000 D-Mark und die Gemeinde Karlburg 82 Karlburg

Blick in den Innenraum der Karlburger Kirche zum Hochaltar. Die barocke Ausstattung wurde aus der Vorgängerkirche übernommen.

150.000 D-Mark bei. Die Gemeinde knüpfte den Zuschuss an die Bedingung, dass sie künftig keine weitere Baulast an dem Gebäude hat. Den Rest der Baukosten mussten Pfarrgemeinde und Bevölkerung in Eigenleistung aufbringen. Baufirma war die Ehrenfels KG (Karlstadt) und am 29. Oktober 1960 wurde bereits das Richtfest gefeiert.

Das Tempo auf der Baustelle wurde gehalten und so kam Bischof Dr. Josef Stangl (Würzburg) am 28. Mai 1961 zur Weihe der neuen Kirche nach Karlburg. Ein großes Ereignis für die ganze Gemeinde. Laut Zeitungsberichten von damals erinnerte der Bischof in der Predigt an die lange Tradition der Kirche in Karlburg, beginnend mit dem Marienkloster. Die Pfarrgemeinde habe damit ein großes Erbe übernommen.

Ein besonderer Dank des Bischofs galt Pfarrer Pfeufer, der beim Neubau mit Tatkraft und Zähigkeit ans Werk gegangen sei. Die Kirche dürfe nicht nur äußerlich die Mitte des Dorfes sein. Alle müssten mithelfen, dass die Ausgestaltung des Gotteshauses vollendet werden könne.

Pfarrer Pfeufer lag daran, die alte Ausstattung der Kirche zu erhalten, was er als Zeichen gegen den Zeitgeist verstand. In einem Zeitungsbeitrag unmittelbar vor der Kirchenweihe schrieb er: „Jedoch verblüfft stehen manche vor der aus der alten Kirche übernommenen Barockeinrichtung“. Damit meinte er vor allem die drei Altäre und Karlburg 83

die Kanzel. Der linke Seitenaltar gilt der Marienverehrung, der rechte Seitenaltar hat eine Pieta im Mittelpunkt und dient der Kreuzverehrung. Warum, so fragte Pfeufer, sollte die Marienverehrung „nicht auch in der neuen Kirche ihre Heimstätte haben und warum sollen wir an unseren seit Jahrhunderten gefeierten beiden Kreuzfesten den Anschauungsunterricht unseres rechten Seitenaltars vermissen?“ Man habe, so der Pfarrer, der modernen Kunst nicht mehr als nötig Einlass in den neuen Kirchenraum gewähren wollen: „Nicht der Zerrissenheit und Aufgewühltheit der modernen Seele haben wir mit Unterstützung der Diözese eine halbe Million DM geopfert, sondern der Erneuerung und Befestigung der altangestammten kindlichen Gläubigkeit und Frömmigkeit“.

So steht man also beim Betreten der Pfarrkirche St. Johannes der Täufer in Karlburg etwas „verblüfft“ vor den Barockaltären in diesem geräumigen neuzeitlichen Gotteshaus, das erst 50 Jahre alt geworden ist, aber eine weit längere, vielleicht bis zur heiligen Gertrud zurück reichende Tradition fortsetzt und bewahrt. Die Moderne hat in der Zwischenzeit weiter Einzug in die Kirche gehalten. 1974 weihte Bischof Stangl einen neuen Altar für die Gottesdienste, Turm und Kirchendach wurden 1978 bis 1980 renoviert, im Zug einer Innenrenovierung 1985/86 wurde im Turmuntergeschoss eine Immina-Kapelle eingerichtet und das große Rundfenster in der Südwand mit Szenen aus dem Leben des Kirchenpatrons Johannes gestaltet. 1990 wurde auch das Fenster der Taufnische künstlerisch neu gestaltet mit Darstellungen aus der Frühgeschichte von Karlburg; es wird deshalb auch Gertraudenfenster genannt und ist mit seiner kräftigen Farbgebung ein starker Blickfang im Kirchenraum.

Derzeit plant die Kirchengemeinde die Anschaffung einer neuen Orgel, nachdem die bisherige aus dem Jahr 1941 defekt ist und nicht mehr gespielt wird.

Quellen: Die Kunstdenkmäler von Bayern, Bezirksamt Karlstadt, Nachdruck der Ausgabe München 1912, R. Oldenbourg Verlag, München, Wien, 1982; Ernst Kübert, Karlburg, Uralter fränkischer Siedlungsort, Karlstadt, 1991; Pfarrer Martin Geiß, Historisch-Topographisch-Statistische Notizen über Karlburg; Realschematismus der Diözese Würzburg, Dekanat Karlstadt, Würzburg, 2003; Zeitungsberichte: Archiv des Verfassers.

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Meine Metzgerlehre bei Onkel Wilhelm Hartmann Von Karl Heinz Hofmann Bei Onkel Wilhelm Hartmann von der Metzgerei Hartmann in Karlburg ging ich in die Lehre und aus war es mit dem Onkel. Allerdings weigerte ich mich mit Erfolg, zu Tante Heidel Meisterin zu sagen. Mein Lehrvertrag über drei Jahre sah vor: Im ersten Lehrjahr 50 Pfennige Wochenlohn, im zweiten eine Reichsmark, im dritten 1.50 Reichsmark. Die Arbeitszeit war nicht geregelt. Ich kannte den Betrieb von früher und arbeitete sofort konstruktiv mit. Meine Eltern, meine Schwester Hiltrud und ich wohnten zu der Zeit in der Gastwirtschaft Jäger („Schwarzes Ross“). Mein Bruder Richard besuchte das Gymnasium mit Internat der Benediktinerabtei Münsterschwarzach.

Der Tag in einer Landmetzgerei mit Gastwirtschaft begann an vier Tagen um 5.30 Uhr, an den anderen um 7 Uhr. Es war eine Sechstagewoche, falls nicht, zumindest im Sommer, musste am Sonntag in der Wirtschaft geholfen werden. Der Feierabend richtete sich danach, ob noch Vieh getrieben, Holz gehackt, im Metzgermeister und Laden geholfen, Feldarbeit verrichtet, die Straße gefegt, die Schankwirt Lorenz HartKühe und die Schweine gefüttert werden mussten. Ich hab es mann gründete 1898 die heute in vierter Generatrotzdem nicht als Stress empfunden.

Nun der immer glei- tion bestehende Metzgerei Hartmann. che Wochenablauf.

Montag: gekauftes Vieh heimtreiben, unverkaufte Reste aus dem Laden für die laufende Woche sortieren und haltbar machen, Messer schleifen. Dienstag, Schlachttag: ein Rind, damals eine alte Kuh und ein oder zwei Schweine – die Schweine wogen mindestens drei Zentner – ein Kalb und / oder eine Ziege oder ein Schaf. Mittwoch, Zerlegetag: Die Tiere wurden zerlegt und aufgeteilt in Ladenfleisch, Wurstfleisch, Pökel-, Räucherfleisch. Hundefutter wurDie Hochzeitsleute Adelheid und Wilhelm Hart- den nur Hoden und Gebärmütter, alles anmann. Er war der erste Lehrmeister von Karl dere wurde verwendet: Kopf, Hirn, Füße, Heinz Hofmann. Wilhelm war ein Cousin von Lunge, Milz, Leber sowieso, Pansen, Netz-, Hofmanns Mutter Monika, geborene Schmitt.

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Fröhliche Zecher im Gasthaus „Zur Mainaussicht“. Von links: Metzgermeister und Gastwirt Wilhelm Hartmann, Gärtnermeister Eduard Kübert, der (heutige) Metzgermeister Peter Hartmann, Otto Kübert, Versicherungsagent Fritz Scheblein (Großonkel von Karl Heinz Hofmann), Elektromeister Josef Heim, Emma Kübert, geborene Schmitt (Tante von Karl Heinz) und Adelheid Hartmann.

Blätter-, Labmagen und Euter, bei Schweinen der Magen, die Blase und natürlich von allem Geschlachteten die Därme für Wursthäute. Kunstdärme und Konservendosen gab es noch nicht, Papierdärme erst ab 1950. Donnerstag, Kochwursttag: Wir machten Blut-und Leberwurst, zwei bis drei verschiedene Sorten, am selben Tag Mettwurst und Krakauer. Diese Würste wurden nach einer gewissen Zeit, wenn sie nicht mehr frisch zu verkaufen waren, zusammen mit der Hartwurst, Salami, Cervelat und Mettwurst kalt geräuchert. Freitag, Brühwursttag: Wir machten Fleischwurst und alle Sorten, deren Hauptbestandteil gekuttertes Fleisch war, darunter Knack- und Frankfurter Würstchen. Diese Ware wurde heiß geräuchert. Dazu kam der Leberkäs. Der aber war, wie in Bayern üblich, ohne Leber, also eigentlich Fleischkäs.

Diese vier Tage waren Hauptkampftage – Schlacht- und Zerlegetage, weil da schwer getragen werden musste, die Wursttage wegen der Hitze, dem ewigen Abwaschen der Maschinen und ohne Sitzpause, weil die Wurst im Kessel nicht platzen durfte.

Wenn zu viele platzten, setzte es Ohrfeigen. Apropos Ohrfeigen: Mein Geselle Otto Gold, Kriegsteilnehmer, 21 Jahre alt, hatte Metzger gelernt (es gab für solche Fälle Kurzausbildung), um bei seinem Onkel Leo Keller in den Vereinigten Staaten in dessen Wurstfabrik einzusteigen. Otto war lustig und sang gerne bei der Arbeit.

Als ich ein bekanntes Lied mitsang, haute er mir eine runter und sagte: „Fang dein eigenes an.“ Otto haben wir später in New Jersey besucht.

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Die zweite Ohrfeige, wie von einer Kuh getreten, bekam ich vom Meister Wilhelm Hartmann. An einem Montag, kurz nach der Währungsreform, sollte ich zusammen mit einem Lehrling aus Karlstadt namens Trabel in Heßlar eine gekaufte Kuh abholen und gleich bezahlen. Als wir beim Bauern auf dem Hof standen, hieß es, erst das Geld und dann die Kuh. Ich fasste in die Tasche und ... die 400 DM waren weg. Ohne Geld kein Vieh, also zurück. Was haben wir überlegt, wo das Geld sein könnte. In Karlstadt auf dem Viehmarkt gab es dann die Watsch’n. Mein Vater, jetzt schon in der Zolluniform, nahm die Sache in die Hand, nachdem ich Bein und Stein schwören musste, dass keiner von uns beiden im Besitz des Geldes war. Vater sah sich schon in der Pflicht, Schadensersatz für den minderjährigen Sohn zahlen zu müssen. Acht Tage später war das Geld wieder da. Folgendes war geschehen: Der Trabel und ich standen in der Nähe des Hauses, wo die Kuh zu holen war, und weil ich nicht genau wusste, welche Hausnummer der Bauer hatte, sagte Trabel, schau doch auf das Kuvert, vielleicht steht sie drauf. Ich holte den Umschlag raus und sagte, da müssen wir rein. Ich hatte die Jacke wegen der Hitze über den Arm gehängt und glaubte, das Geld in die Tasche zurückgesteckt zu haben. Aber offensichtlich traf ich die Tasche nicht, der Umschlag ging in den Ärmel oder ganz daneben. Papa und ich waren zum x-ten Mal bei dem Bauern auf dem Hof, da lag eines Tages der Umschlag mit den 400 DM unter dem Hoftor. Der wohl etwas beschränkte Knecht des Bauern, der genau im Augenblick unserer damaligen Ankunft den Hof verlassen hatte, um im Wald Holz zu machen, brach unter dem Druck, der von der Uniform und einer im Umschlag gefundenen Tannennadel ausging, zusammen und gestand, den Umschlag aufgehoben, mitgenommen und im Wald versteckt zu haben. Mir fielen tonnenweise Steine vom Herzen. 400 DM waren damals mehr als das Monatsgehalt meines Vaters: Ich hatte mir ausgerechnet, dass ich etwa drei Jahre ohne Bezahlung zu arbeiten hätte.

Gedanken an die Zukunft Der Metzgermeister Wilhelm Hartmann hatte mit Heidel drei Kinder, alles Mädchen. Nun schwebten mir und besonders meinem Vater vor, dass, falls nicht noch ein Sohn nachkäme, die Metzgerei vakant sein würde. Mit Freuden würde ich einspringen. Nach einem halben Jahr war Heidel wieder schwanger. Diesmal kam natürlich ein Sohn, der Peter Hartmann, seit langem Inhaber der Metzgerei. Das Sprichwort: „Der Wunsch nach einem

Familienfeier bei Hartmanns in ihrer Gastwirtschaft.

Von links: Onkel Fritz Scheblein, Adelheid Hartmann, Töchter Anni, Lotte und Hannelore mit ihrer Tochter Doris, Wilhelm, vorne Peter mit Neffe Alfred Courtial.

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Ein Jahr lang, vom 1. Oktober 1948 bis 10. Oktober 1949, lernte Karl Heinz Hofmann in der Karlburger Metzgerei Wilhelm Hartmann.

Lehrvertrag zwischen Metzgermeister Hermann Markert in Ostheim vor der Rhön und Karl Heinz Hofmann 1951

Sohn ist der Vater vieler Töchter“ hatte sich nicht gerade zu unseren Gunsten erfüllt.

Zur selben Zeit wurde mein Vater, jetzt bayerischer Landesbeamter im Zolldienst, nach Ostheim vor der Rhön an der Grenze zur „Ostzone“ versetzt. Ich musste zu Hartmanns umziehen, brauchte daheim kein Wohngeld in Höhe von 25 Pfennigen mehr zu zahlen und war, auch wegen der Gastwirtschaft, relativ frei, meine Freizeit zu gestalten. Ich beteiligte mich am Dorfleben. So trat ich der Kolpingfamilie bei, einer katholische Handwerksgesellenvereinigung, von Adolf Kolping, einem Priester, gegründet zur Betreuung von Gesellen auf der Walz. Mein Onkel Ed (Eduard Kübert) war Vorsitzender. Übrigens, sein ältester Sohn Adolf wurde nach seinem Taufpaten Adolf Kübert und nach Kolping und nicht nach Hitler benannt. Im Männergesangverein 1895 Karlburg sang ich in der Stimmlage „zweiter Tenor“. Ich war jetzt 15 Jahre alt. Meine Freunde und ich pubertierten heftig, damals nahm aber niemand Notiz davon. Warum auch, eine Ohrfeige tat es bei Fehlverhalten. Wahrscheinlich haben wir, auch was Jugendstreiche anging, ein wenig übertrieben, denn schon bald hatte mein Vater in Ostheim eine Lehrstelle aufgetan und ich musste dorthin umziehen.

Bei der Metzgerei Markert begann ich mein zweites Lehrjahr. Weil ich wieder bei meinen Eltern wohnen musste, lieferte ich nun 50 Pfennige als Wohngeld ab. Fleisch, 88 Karlburg

das ich mitbrachte, wurde nicht gegengerechnet.

Markert hatte, anders als Hartmann, noch eine kleine Landwirtschaft mit zwei Kühen und ein paar Schweinen, außerdem Hühner. Und einen Sohn Hans, der wie ich bei seinem Vater in der Lehre war. Er war im dritten Lehrjahr und musste die ganz niederen Aufgaben, wie ausmisten und Holz holen, natürlich nicht bestreiten. Auch hatten wir ein 19-jähriges, ziemlich korpulentes Küchenmädchen, das sich in festen Händen befand.

Sie musste das Melken der Kühe übernehmen, weigerte sich aber standhaft, mit Hans und mir Aufklärung zu betreiben. Wenn sie fehlte, musste ich melken, ich hatte dies schon bei Opa gelernt.

Sie fehlte mindestens einmal im Monat für drei Monika Hofmann mit den Söhnchen Karl oder vier Tage, weil es ihr sooo schlecht ging. Heinz (links) und Richard Dabei lernte ich, dass Menstruierende nicht ins Kühlhaus und beim Wurstmachen nicht in die Wurstküche durften. Später in Würzburg, wo acht Ladenmädchen und zwei oder drei Dienstmädchen beschäftigt waren, hing eine Liste aus, wer was nicht machen durfte. Man wusste aber, dass sich die „Tage“ aller einander anpassten.

Zur Berufsschule nach Mellrichstadt fuhren Hans und ich mit der 200er Zündapp seines Vaters. Der Meister hatte eine Kriegsverletzung und wenn ihn Phantomschmerzen besonders plagten – das passierte mindestens einmal im Monat – schwang er sich aufs Motorrad und soff irgendwo zwei, drei Tage durch. Seine Frau stammte aus einer Brauereifamilie und hatte die Gastwirtschaft mit Metzgerei etliche Male vor dem Konkurs bewahrt. Trotzdem war sie unausstehlich. Als Hans ausgelernt hatte, ging er zur Weiterbildung nach Schwaben. Ich musste dann, besonders wenn der Meister arbeitsunfähig war, den Laden alleine schmeißen. Offensichtlich ging das nicht besonders gut, denn nach einigen Monaten bekam ich einen Gesellen.

Der befand sich auf der Walz und heuerte für ein halbes Jahr an. Er kam aus dem Rheinland, war etwa 35 Jahre alt, Kriegsteilnehmer und sang den ganzen Tag „Oh, Mosella“. Im Gegensatz zu Otto forderte er mich auf mitzusingen. Von ihm habe ich viel gelernt, zum Beispiel, wie man versalzene Wurst wieder hinkriegt oder wie man Blutwurst färbt, wenn man das Blut verschüttet hat. Lauter nützliche Sachen.

Ostheim vor der Rhön war eine thüringische Enklave und als solche katholische Diaspora. Das brachte eine viel lockerere Lebensweise als im streng katholischen Franken mit sich. Trotz der Vollbeschäftigung hatte ich viel Spaß. Einmal brachte Karlburg 89

mein Vater eine alte Ziege mit und trug mir auf, sie zu schlachten und zu verwursteln. Ich bat ihn, ein bisschen fettes Schweinefleisch dazu zu kaufen. Er sagte, das geht auch so. Also tat ich ihm die Freude. Mutter sagte, schmeiß sie weg, nachdem sie das erste Stück Wurst gegessen hatte. Mir tat nur meine Schwester leid, die musste das talgige, trockene und zähe Vieh mit aufessen. In diese Zeit fiel auch das Schimpfwort meines sich in Die Familie Hofmann, vorne Mutter Monika, Tochter Klosterferien befindlichen Bruders Hiltrud, Vater Kilian, genannt Lian, hinten Söhne Karl Richard: „Du Prolet!“ Ich habe ihn Heinz, Richard nicht verprügelt. Ab und zu konnte ich das Motorrad meines Meisters ausleihen, wenn er abends in seiner Wirtschaft beschäftigt war. Das ging so lange gut, bis eines Tages eine Kurve zu schnell kam und ich das leicht beschädigte Gefährt heimschieben musste. Es hat keiner bemerkt und den Schaden hat er wohl sich selbst zugeschrieben.

Nach der Gesellenprüfung, die ich gut bestanden habe, ging es hinein ins Berufsleben.

Fotos: Privatbesitz von Karl Heinz Hofmann, Familie Hartmann und Werner Kübert

Postkarte: Sammlung Claus Dürr 90 Karlburg

Schlachtfest bei Fliegern der Bundeswehr als Überlebenstraining Von Karl Heinz Hofmann Nach der Metzgerlehre in Karlburg und Ostheim vor der Rhön habe ich noch zweieinhalb Jahre als Geselle in diesem Beruf gearbeitet. Ich konnte aber nicht ahnen, dass ich das in meinem ersten Beruf Erlernte als Berufsoffizier und Einsatzflugzeugführer noch mal gebrauchen könnte. Ich konnte es: Unsere Ausbildung für den „Ernstfall“ sah vor, dass bei Feindflügen abgeschossene Piloten so schnell wie möglich wieder für neue Einsätze zur Verfügung stehen sollten. Dazu musste man sich, da man ja meist im Feindesgebiet abgeschossen wird, nach Hause durchschlagen. Unsere Verbündeten in der NATO, besonders die Amerikaner, die durch „moderne Kriege“ in Korea und Vietnam über genügend Erfahrung auf dem Gebiet des Überlebens verfügten, machten die deutschen Flugzeugführer mit ihren Methoden vertraut.

Dazu mussten wir uns nach einer einmaligen Ranger-Grundausbildung (Ranger/ Einzelkämpfer), für alle Einsatzgebiete des NATO-Bereichs an Überlebensübungen beteiligen. „Überleben“ sah vor: Tarnen, Verstecken, Bewegen im Feindesgebiet und Essensbeschaffung. Man brachte den Flugzeugführern bei – die vom Lande, wie ich, hatten dabei Vorteile –, wie man Fische, Tauben, Hühner und sonstige Vögel, Igel und Niederwild fangen und verzehren kann. Wenn man solcher Beute aus irgendwelchen Gründen nicht habhaft werden konnte, wurden Würmer, Maden und Insekten zum Eiweiß-Lieferanten.

In der Ausbildungsphase „Überwindung der Ekelschwelle”, sagte einer meiner Kameraden: „Du hast doch Metzger gelernt. Wenn wir in unserem Einsatzgebiet abgeschossen werden, dann wimmelt es doch dort von Schweinen und anderen nützlichen Fleischlieferanten und wir müssten nicht Engerlinge essen.”

Ich willigte ein, falls die Luftwaffe, das Geschwader und meine Staffel das Vorhaben genehmigen würde, die Übung „Beschaffen, betäuben, töten, zerlegen und transportieren ausgewählter Teile einheimischen Viehs zum Zwecke des Überlebens im Kriegsfalle zu demonstrieren und dies nach den Regeln des Großes Hallo im Kasernenhof: Das Schwein darf Metzgerhandwerks. Wir bekamen die noch ein paar Tropfen Bier schlabbern, bevor es geschlachtete werden soll. Rechts am Anhänger Genehmigung.

Karl Heinz Hofmann.

Karlburg 91

Die (käufliche) Beschaffung eines Schweins ist im Agrarland Nordfriesland, wo unser Geschwader stationiert war, unproblematisch. Ein einheimischer Schlachtermeister stellte Gerät und Arbeitskraft zu Verfügung, und das erste Schwein wurde nach den Regeln des Handwerks geschlachtet und verarbeitet und bei einer Riesenfete als „fränkische Hausmacher“ – Kesselfleisch, Brat-, Leber- und BlutDer Metzger begutachtet im Kreise seiner Flieger- wurst – aufgegessen. Natürlich war es kameraden das Schlachtschwein. Ein Bierchen dient nebenbei ein Anlass, in bescheidenem der Vorbereitung seiner Amtshandlung.

Maße Alkoholisches zu genießen.

1967 wurde das erste Schwein, von mir geschossen und gestochen und verarbeitet. Mein letztes Schwein schlachtete ich als Major a.D. im Jahre 1990. Das Schlachtfest wurde zu einer der größten Traditionsveranstaltungen der Luftwaffe und der NATO. Als das Aufklärungsgeschwader 52 (AG 52) als AG 51 nach Angeln verlegt wurde, übernahm ein ansässiger Metzgermeister meinen Job. Das Schlachtfest wird heute noch jährlich im Februar abgehalten.

Man schlachtet mittlerweile zwei Schweine. Die Die Sau hängt tot am Schragen, davor „NATO-Beteiligung“, es dürfen nur Flugzeugführer der Metzger und Düsenjägerpilot teilnehmen, die das „Überleben“ erlernen, ist auf Karl Heinz Hofmann, genannt Heiner.

250 Personen angewachsen. Diese (im Sinne der NATO) nicht ganz ernst zu nehmende Veranstaltung wurde möglich, weil ein Düsenflugzeugführer in einer „schlechten“ Zeit beim Hartmann in Karlburg Metzger gelernt hatte.

Alle Bilder hat Autor Karl Heinz Hofmann zur Verfügung gestellt.

Die arme Sau ist zerlegt, ein letzter Brocken wird gleich in der Badewanne verschwinden, um darin weich gekocht zu werden.

92 Karlburg

Erinnerungen an eine Schulzeit in zwei Heimatorten Von Karl Rohm Im Kriegsjahr 1943 wurde ich in meiner Heimatstadt Wigstadtl im Sudetenland eingeschult.

Weil ich noch nicht sechs Jahre alt war, musste ich mich beim Schuldirektor vorstellen. Ich wurde nach Vorkenntnissen im Rechnen und Schreiben gefragt und musste etwas aufzeichnen.

Auch der allgemeine Gesundheitszustand und Körperbau wurden begutachtet, weil Sport, bei uns Turnen genannt, zum Volksschule und Bürgerschule in Wigstadtl, Sudetenland Foto: Professor Dr. Franz W. Seidler, 1978 Hauptfach gehörte. Ich wurde nach den Namen des „Führers“ und des Bürgermeisters gefragt. Als ich dann doch vorzeitig in die Volksschule gehen durfte, war ich begeistert. Ich ging gern in die Schule.

Das große Schulgebäude stand mitten in der Stadt in der Nähe des Marktplatzes und beherbergte die Volksschule und Bürgerschule. Mein Schulweg dauerte 20 Minuten zu Fuß im Sommer. Ich ging alleine, weil es in der Nachbarschaft keine gleichaltrigen Schüler gab. Nachdem die Winter bei uns schneereich waren, musste ich früher von zu Hause losgehen und durch den kniehohen Schnee stapfen. Ein Schneepflug fuhr zwar, aber der sollte zuerst die Fernstraße von Schneeverwehungen freimachen.

Manchmal spannte mein Vater den Pferdeschlitten an und brachte mich in die Schule. Auf dem Nachhauseweg besuchte ich öfters meinen Großonkel Johann Rohm in der Schulstraße. Er war Witwer und ehemaliger Werkmeister der Seidenfabrik in Wigstadtl.

Der Schulalltag begann mit Aufstellung der Klassenschüler in Reihen am Vorplatz der Schule. Dann wurden wir Schüler von der Lehrerin Fräulein Kukal abgeholt und in das Klassenzimmer geführt. In allen Schulen des „Dritten Reiches“ begann der Unterricht mit dem Führergruß. Disziplin, Sauberkeit und Leistungsbereitschaft waren damals Selbstverständlichkeiten, still sitzen ebenfalls. Wer dem nicht folgte, bekam Schläge auf die Finger mit dem Zeigestock oder wurde über das Knie gelegt. Ich konnte mir keine Unfolgsamkeiten leisten, denn mein Vater hätte mit Karlburg 93

mir gleich „Deutsch“ geredet, wie man zu sagen pflegte, und hätte mir die Ohren geschraubt.

Meine Lieblingsfächer waren Deutsch, Rechnen und Erdkunde. Wir schrieben mit Griffel auf Schiefertafeln und mit Bleistift oder Tintenfeder in Hefte.

Aus dem Arbeitsbuch mussten wir in der Schule beispielsweise folgenden Text lesen: „Lerne beobachten! Sprich dabei!

Der Lehrer reinigt die Wandtafel vor deinen Augen. Er tut es sehr langsam, damit du alles genau sehen kannst. Beobachte scharf! Sage jedesmal, was du siehst! Etwa so: Der Lehrer taucht den Schwamm in den Eimer. Er drückt ihn aus. Das Wasser läuft durch die Finger. Jetzt fährt der Lehrer mit dem Schwamm über die Tafel. Es gibt nasArbeitsbuch für den Unterricht in der deutschen se Striche. Der Lehrer führt den Schwamm Sprache an Volksschulen, Sudetengau, 2. Schuljahr zuerst von oben nach unten über die Tafel 1944 (Kopie des Umschlags) , dann von links nach rechts und von rechts nach links. Nun nimmt er den Lappen und wischt die Tafel trocken. Jetzt ist sie ganz sauber.“ Für die Übung zu Hause war zum Beispiel dieser Text zu lesen: „Beobachte scharf! Überlege, wie du das Geschehen deinen Kameraden in der Schule mitteilen kannst!

Stelle dich ans Fenster und sieh auf die Straße.

Der Briefträger kommt.

Kohlen werden abgeladen.

Herr Müller geht spazieren.

Der Kanal wird gereinigt.

Die Straße wird ausgebessert.

Kinder spielen auf der Straße.

Jungvolk marschiert am Haus vorbei, die Leute schmücken die Häuser“.

Bei den Schulaufgaben und auch bei den Hausaufgaben wurde peinlich genau auf Heftführung und Schrift geachtet und von der Lehrerin benotet. War Großer Katechismus, Wien 94 Karlburg

etwas nicht richtig, gab es zu der normalen Hausaufgabe die Wiederholung vom Vortag noch dazu. Die gemachten Fehler wurden dann in der Klasse besprochen, damit alle Schüler daraus lernen konnten.

Die folgenden Rechenaufgaben sind dem „Rechenbuch der Volksschulen Sudetengau 1944 entnommen.

Zum besseren Verständnis und mit Propaganda Hintergrund sollten wir uns die Rechenaufgaben mit Flieger und Soldaten leichter einprägen können. So wurde täglich abgefragt was wir Kinder beobachtet haben. Soldaten oder Panzer.

Ein Schild ist mir noch in Erinnerung mit der Aufschrift „Achtung! Feind hört mit“.

Der Religionsunterricht war Pflichtfach und wurde von dem Katecheten mit dem Katechismus der katholischen Religion von 1908 gelehrt.

In unserer Stadt hatten wir 2 Kirchen. Die neue Das Hausaufgabenheft Deutsch 26.11.1944 ist ein Übungsauszug aus dieser Zeit in der Kirche, die auf leichter Anhöhe zum Zentrum 2. Klasse mit Benotung 1 ( Kopie) Marktplatz stand, wurde 1918 erbaut. Sie war unser aller Stolz und am Sonntag beliebter Treffpunkt für Jung und Alt. Die Unterrichtsstunden wurden 1944 fast täglich von Alarmübungen unterbrochen.

Sobald die Sirene heulte, mussten wir lernen, jeden Sirenenton zu deuten, ob es sich um Feuer, Fliegeralarm oder Übungsalarm handelte. Die Fluchtwege wurden erklärt: Wo die Schutzräume sind, wann wir ins Freie rennen sollen, und welche Deckung einzunehmen ist.

Auch Sandkübel standen an vielen Stellen im Schulgebäude, um mögliche kleine Feuer zu ersticken. Als es 1945 immer öfter Fliegeralarm gab, waren alle Schüler unruhig und unkonzentriert im Klassenzimmer. So wurden dann die Hausaufgaben so gewählt, dass jeder Kirche in Wigstadtl, Sudetenland, erbaut 1918

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Schüler seine Beobachtungen selbst niederschreiben sollte, die er am Tag erlebt hatte.

Mein Aufsatz vom 11. Februar 1945 war die Panzersperre: Mein Vater und andere Männer vom Volkssturm mussten auf Befehl der Stadt eine Panzersperre errichten. Es wurden große Löcher rechts und links am Straßenrand ausgegraben, Baumstämme eingerammt und befestigt, daneben Erdwälle aufgeworfen und festgestampft, Stacheldraht gezoEinkaufen beim Bäcker zeigt, was die Waren in dieser gen, damit feindliche Einzelkämpfer Zeit gekostet haben. nicht durchkommen konnten. Zwei Männer hatten zu beobachten und zu melden. Sie sollten mit der Panzerfaust den Feind abdrängen.Weil ich zu neugierig war, wurde ich nach Hause geschickt.

Wegen der Kriegsereignisse habe ich am 11. März 1945 in meinem Hausheft die letzte Rechenübung Nr. 35 geschrieben. Danach war kein normaler Schultag mehr. Auch das Schulgebäude wurde bei einem Fliegerangriff leicht beschädigt. Dabei war am Dach noch deutlich das rote Kreuz zu erkennen. Das Kriegsende erlebte ich mit meinen Eltern bei unseren Nachbarn im Keller. Als wir am nächsten Tag aus dem Keller kamen, waren alle Oberleitungen von Strom und Telefon, die am Tag zuvor noch funktioniert hatten, zerFlieger zählen stört und heruntergerissen.

In unserem Hof schlachteten die Russen alle Tiere wie Hühner, Gänse und das Rindvieh. Sie salzten das Fleisch in Fässern ein. Wir mussten hilflos zusehen.

Zum Schluss hatte ein Soldat doch etwas Mitleid und gab meinen Eltern ein Stück Fleisch, dann zogen sie weiter zum nächsten Ort. Erst nach einigen Monaten, an den 96 Karlburg

genauen Zeitpunkt kann ich mich nicht erinnern, durften wir wieder für einige Stunden in die Schule gehen, bis im August 1946 die Vertreibung aus unserer Heimat begann.

Neubeginn 1946 in Karlburg Der Weitsicht meiner Mutter ist es zu danken, dass sie zu der wenigen Habe, die wir mitnehmen Soldaten marschieren durften, alle meine Schulsachen eingepackt hat. Sie sagte immer, alles kann man uns nehmen, aber die gute Schulbildung nicht.

Im August 1946 kam unsere Familie mit dem Zug in Karlstadt an und wurde nach Karlburg weiter geleitet. (siehe dazu Jahrbuch 2006/ 2007, Vertreibung Flucht, neue Heimat in Karlburg). In der Volksschule Karlburg fanden meine Mitbringsel Schulbücher und Hefte große Beachtung. Nur meine Schiefertafel mit Schwamm und Lappen sollte ich der Lehrerin Rosa Müller für einige Tage überlassen. Als ich meine Tafel zurückbekam, war ich sehr erschrocken: Die Lehrerin hatte all die schönen Linien für Klein- und Großschreibung herausgeschliffen und ganz normale Linien eingekratzt. Ich fürchtete, jetzt ist es mit meiner Schönschrift vorbei. Also bemühte ich mich erst recht um gut leserliche Zeilen.

Im August 1946 hatte die Schule bereits begonnen. Weil die Lehrerin meinen Wissensstand nicht kannte, setzte sie mich in die vordere Reihe zu jüngeren Schülern.

Das war kein Problem, denn in einem Schulzimmer wurden ohnehin zwei Klassen unterrichtet. Gut aufpassen musste ich, um mitzubekommen, was Fräulein Müller uns an Hausaufgaben mitgab oder was Wörter in Deutsch bedeuten, wenn sie im Karlburger Dialekt gesprochen wurden, wie zum Beispiel „wir mössen naus Krumbern zammlaase“. In den ersten Wochen habe ich mich bei meinen Mitschülern unbeliebt gemacht, weil ich mich bei Fragen der Lehrerin immer gleich gemeldet habe. Sie belohnte mich, indem ich mich am Ende des Schuljahres in die hintere Reihe zu meinem Altersjahrgang setzen durfte.

In unserer Klasse waren wir 36 Schüler. Nicht jeder hatte ein eigenes Schulbuch.

Mein Lesebuch im Schuljahr 1947 hatte ganz witzige Seiten. Zum Beispiel die Zeilen „Die Schule im Schlaraffenland“ von Franz Bauer: „Ist euch von der denn nichts bekannt? / Da geht es erst um elf Uhr an. Mit gar bequemem Schlendrian.

Wer recht viel falsch geschrieben hat, kriegt eine Tafel Schokolad’, und wer kein Wörtlein lesen kann, erhält ein groß’ Stück Marzipan.

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Wer wie ein Wilder rauft und tobt, wird immerwährend nur gelobt und als ein Muster hingestellt, weil solch ein Bursche dort gefällt.

Und will der Lehrer etwas fragen, so braucht der Bub nur Antwort sagen, wenn er bei guter Laune ist. Als Bester gilt, wer viel vergisst und in dem ganzen Unterricht stets schläft und nie was Kluges spricht.

Das Rechnen wurde abgeschafft, es fordert zu viel Geisteskraft, und gar das dumme Aufsatzschreiben läßt jeder schon von selber bleiben.

Ein Sprüchlein lernen, ach, wie schwer! Schlaraffenkinder tun`s nicht mehr.

Um zwölf Uhr ist die Schule aus, und nachmittags bleibt man zu Haus und hütet sich, etwas zu tun, um von der Arbeit auszuruh’n.

Im Leben draußen wird man dann als ein gar viel gerühmter Mann / und wack’rer Bürger gern genannt. Jedoch nur im Schlaraffenland!“ Die heutigen Schüler können bestimmt nicht mehr viel anfangen mit den folgenden Zeilen, die „Verkehrte Welt“ von Ludwig Schuster, die wir noch lernen mussten: „Die Glocken sind im Keller, Kartoffeln auf dem Turm Der Tisch steht auf dem Teller, und Hühner frißt der Wurm.

Juhu, juhu, heut bin ich du, und du bist ich, sprich weiter, sprich.

Im Brunnen brennt das Feuer. Das Wasser quillt im Herd.

Die Luft ist furchtbar teuer, und Gold ist gar nichts wert.

Juhu, juhu, Bier gibt die Kuh und Milch das Faß, weißt noch etwas?

Das Schiff macht Alpenreisen. Die Gemse wohnt im Meer.

Gering wiegt Blei und Eisen, doch Flaum ist schrecklich schwer.

Juhu, juhu, am Kopf die Schuh? Den Hut am Fuß, und nun ist Schluß.“ Die Staustufe bei Harrbach war der Aufsatz vom 23. April 1948 „Die Staustufe ist bei Harrbach. Oben und unten an der Schleuse sind feste eiserne Tore. In der Mitte von der Staustufe ist das Wasser sehr hoch oben.

In der Schleuse ist das Wasser sehr tief. Wenn ein Schiff kommt werden die Tore geöffnet und das Wasser fließt schnell hinab. Wenn das Schiff herausgefahren ist werden die Tore zugemacht.

Bei der Staustufe ist es schön, man sieht Schiffe fahren. Auch dann ist es schön wenn die Tore geöffnet werden und das Schiff fährt heraus.

Es sind immer Männer dort die öffnen die Tore und machen sie wieder zu. Wir sind dann in den Wald gegangen und spielten Jäger und Hasen.

Umschlagseite des Schreibhefts aus der Dann fuhren wir mit einem Bauern nach Hause.“ amerikanischen Spende 98 Karlburg

Eines Tages stand ein Transporter im Schulhof und hatte Pakete ausgeladen. Die Pakete waren für die Schule bestimmt und enthielten Schreibhefte, gespendet vom amerikanischen Jugend-Rot-Kreuz. Endlich konnten wir wieder mit Tinte auf gutem Papier schreiben, ohne dass die Tinte in alle Richtungen bis zur Unkenntlichkeit der Buchstaben verlaufen ist.

Bei Schuljahresbeginn 1948 kam ein Fotograf in die Klasse, der im Schulhof eine Schultafel aufstellte, die Schüler ohne lange zu überlegen dazustellte und so im Schnellverfahren manch rustikales Foto schoss.

Die Buben mit kurzen geflickten Hosen standen mal grad oder krumm vor der Kamera, aber das störte den Fotografen nicht. Die Mädchen trugen artig selbstgestrickte Jacken und Wollwesten.

Im Religionsunterricht habe ich das Religionsbüch- Cilli Rüppel aus Karlburg mit lein 1928 von Kilian Köhler mitbenutzt und dann den selbst gestrickter Trachtenweste Katholischen Katechismus mit einem Vorwort vom und selbst genähter Schürze Würzburger Bischof Matthias Ehrenfried. Zitat: „Kein anderes euerer Schulbücher ist so wertvoll und wichtig wie dieses kleine Buch.“ Beim Religionsunterricht musste ein Mädchen mit Namen Ingeborg Klein den Raum verlassen und durfte nach der Stunde wieder herein. Was hatte es denn angestellt, fragte ich mich. Bei der nächsten Religionsstunde war es wieder so. Jetzt allerdings erfuhr ich, dass das Mädchen in der Religionsstunde nicht in die Klasse gehörte, weil sie einen anderen Glauben hatte, sie war evangelisch. Da hatte ich ja Glück, als katholisch getauftes Kind im Klassenzimmer bleiben zu dürfen.

Nach guter Vorbereitung durfte ich 1948 zur Erstkommunion. Meine Eltern hatten einen Bezugschein zum Kauf eines Kommunionanzuges bekommen. Mit ihm versuchten wir in allen nahegelegenen Geschäften zu kaufen, auch in Würzburg. Leider hatten wir kein Glück.

Entweder war keine Ware vorhanden, oder wir hatten keine Butterwährung mit, die damals begehrt war.

Die Familie Theodor Kübert in Karlburg erfuhr, dass ich nun nichts zum Anziehen hatte und lieh mir spontan den Kommunionanzug, den ein Sohn im Vorjahr getragen hatte und der wie neu aussah.

Karl Rohm als Erstkommunikant Karlburg 99

Nach der Erstkommunionfeier in der Kirche hatte meine Mutter gut gekocht und gebacken, und ich war froh und zufrieden, in einer Gemeinschaft aufgenommen zu sein, zumal ich in der Schule recht gut ankam. Am 20. Februar 1949 nahmen wir Erstkommunikanten an der ersten Messe des Neupriesters Alfons Kieser in der Karlstadter Stadtpfarrkirche Sankt Andreas teil. Die Priesterweihe hatte er am 13. Februar 1949 in Würzburg erhalten.

Nach der Währungsreform 1948 ging es langsam aufwärts. Wir konnten wieder Hefte und Bücher kaufen.

Lesezeichen aus Papierschnipseln gehörten der Vergangenheit an.

Neben meinen Lesebüchern wollte ich noch mehr lernen. Meine Lehrerin gab mir die Monatsschrift des Bayerischen Lehrervereins. Darin waren unter anderem Neupriester Alfons Kieser zu lesen: „Werdegang des Chemikers Justus Liebig, Abhandlung über den Physiker Wilhelm Konrad Röntgen, Abhandlung über den Erfinder Thomas Alva Edison“ Die Schreibarbeiten wurden immer umfangreicher und die Hausaufgaben strenger überprüft. Aufgrund meiner guten Benotung mit Einsern oder Zweiern hänselten mich meine Mitschüler immer öfter als Streber. Als meine Lehrerin mich für meine saubere Heftführung bei der Hausaufgabe besonders lobte, kam es in der Pause im Schulhof zu einer kleinen Rempelei. Es kochte plötzlich in mir. Ich fasste zwei Stänkerer an den Armen und riss sie zu Boden. Diese plötzliche Attacke überraschte alle, die im Pausenhof herumstanden, denn ich war körperlich nicht der Kräftigste.

Einige Mitschüler schlichteten. Danach war alles vergessen, und ich war voll anerkannt in der Schule.

Die Hausaufgabe Nr. 6 vom 20. November 1949 in Karlburg beschreibt das Kirchweihfest wie folgt: „Die Gemeinde hatte sich zum Kirchweihfest vorbereitet, die Gasthäuser waren mit grünen Fichtenbäumen geschmückt. Die Wirte sorgten für Essen, Trinken und für den Tanz. Viele Leute verlebten Kirchweih im engsten Familienkreis. Andere Leute besuchten am Abend den Tanzboden. So ging es drei Tage zu – mit Gänsebraten und anderen guten Sachen. Auch Wein und Schnaps fehlten nicht. Acht Tage darauf wurde Nachkirchweih gefeiert mit Resteessen und -trinken. Mancher machte danach bestimmt ein trübes Gesicht in den Geldbeutel hinein, denn der war leer.“ Damals gab es noch nicht Feste an jedem Wochenende. Aber die Kirchweih war einer der wenigen gesellschaftlichen Höhepunkte, und Faschingstreiben und Mai100 Karlburg

tanz waren die festen Termine, die für Jung und Alt vorgemerkt waren.

Das Erdkundearbeitsbuch 1950 verdient besondere Beachtung. Vorwort (Auszug): „Das vorliegende erdkundliche Lehr-und Arbeitsbuch der bayerischen Volksschulen behandelt Mitteleuropa, das heißt die Gebiete Deutschlands und seiner mitteleuropäischen Nachbarn. Die politische Umgestaltung, die seit 1945 im Gange ist, bringt naturgemäß besondere Schwierigkeiten mit sich. Insbesondere kann die wirtschaftliche Eingliederung der Heimatvertriebenen noch nicht ausreichend dargestellt werden, da sie erst in den Anfängen ist.“ Auf den Seiten 51-53 des Erdkundebuches lesen wir die Abhandlung Mittelmain-Unterfranken: „Gaue um dem Mittelmain“, Sonniges Acker-und Weinbauland. Inmitten von Weinbergen liegt die Bischofsstadt Würzburg ( 68 000 Einwohner) zu Füßen der Feste Marienberg in einem sehr warmen Talkessel, das Herz Unterfrankens, das trotz schwerer Kriegsschäden kräftig weiterschlägt. Der Prachtbau der Residenz, die Universität, das Juliusspital und große Weinkeller mit kostbarem Inhalt gehörten schon immer zum Namen Würzburgs. Wir fahren mainabwärts weiter. Von Würzburg an müssen wir die schon fertigen 15 Staustufen mit Kraftwerken durch die Kammerschleusen umgehen. An Veitshöchheim mit Das farbige Lesezeichen „Raiffeisen 1949“ war sehr seinem herrlichen Schlosspark und begehrt.

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seiner „Staatlichen Lehranstalt für Wein-Obst-und Gartenbau“ vorbei geht die Fahrt.

Weinberge begleiten uns bis Karlstadt. Das Muschelkalkgebiet hört hier auf. Wir nähern uns dem Spessart.“ Es folgen Ausführungen über die Gegend bis Aschaffenburg.

Das Fach Singen bleibt mir besonders in Erinnerung. Von Mühlbach musste extra Lehrer Emil Falgner nach Karlburg zur Schulstunde kommen. Das war ihm wohl nicht so recht. Wenn wir nicht gleich beim Liedanfang den richtigen Ton fanden, den er uns mit seiner kleinen Mundharmonika vorgab, konnte er recht wütend werden.

Und so passierte es schon mal, dass er, tief Luft holend, das Fenster aufriss. Uns gefiel das. So klappte es öfter mal nicht so mit dem Gesang. Wir lernten trotzdem sehr viele deutsche Volkslieder und haben sie gern gesungen.

Lachen ist gesund; im siebten und achten Schuljahr begegneten mir im Lesebuch folgende „Nahrhafte Sprüche“ von Walter Schmidkunz: Gell, des tat dir aa schmeckn: a Trumm Speck, fingerbreit Butter drauf und in Schmalz eintunkt!

Von die Bettelleut muaß man’s Kochen lernen und von die reichen Leut ’s Geld zsammhalten.

Was geit’s heut z’Mittag, hat scho der Adam die Eva gfragt.

Unner Herrgott verläßt koan Deutschen net: Hungerts’n net, na dürschts’n wenigstens.

Es gibt nix Besseres als eppas Guats.

Dem Magen seind auch die Festtäg lieber als die Fasttäg.

Wenig, aber guat, hat der Bär gsagt, wie er d’ Muckn gfressn ghabt hat.

Die Erdäpfel schmecken am besten, wenn ma’s erst der Sau gibt und nacha die Sau ißt.

Mit ungelegte Oar is net guat Schmarrn kochen.

Ja freili – der derfat grad „Haferl“ schrein und die Würst sollten aa schon drin sein!

Auweh, jetzt hab i mir mit’n Essen den ganzen Appetit verdorbn!

Schülerstreich mit Hasenpfote Hasenpfötchen waren in der Schule sehr gefragt, weil sie zum Abwischen der Radiergummirückstände sehr gut geeignet und als Tauschobjekt für Hefte und Bleistifte beliebt waren. Eines Tages brachte ein Schüler neben Hasenpfötchen auch ein schönes Hasenschwänzchen mit in die Klasse. Dieses Prachtstück war eigentlich zu schade, um mit ihm Staub zu wischen. Ein pfiffiger Mitschüler wollte sich damit einen Scherz erlauben und dem Oberlehrer Leo Leippert das Hasenschwänzchen an den Kittel hängen. Er selbst traute sich das nicht zu, und so wurde unser Ernst Buberl überredet.

Während einer Erdkundestunde ging der Lehrer langsam durch das Klassenzimmer, um unvermittelt einen Schüler zu einem Thema abzufragen. Das sollte die Gelegenheit sein, dem Lehrer das mit einem Häkchen versehene Hasenschwänzchen an den Kittel zu hängen. Es klappte nicht beim ersten Mal, aber als der Lehrer sich bei der letzten Schulbank umdrehte, war der Ernst so schnell und hakte es bei ihm ein.

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Einige Mädchen fingen an zu lachen, was der Lehrer als eine positive Reaktion auf seine Erzählungen vom Urlaub auf Korsika münzte. Als er aber zurück am Pult war und die ganze Klasse lachte, war ihm klar: Hier stimmt was nicht. „Herr Lehrer, an Ihrem Kittel hängt was“, tönte es im Klassenzimmer. Das Gesicht unseres Lehrers verfinsterte sich. Er griff nach hinten und riss das Stück Hasenschwänzchen von seiner Jacke. Es war ganz ruhig im Klassenzimmer. „Wer war das? Sofort melden“, bellte der Lehrer. Stille im Raum. Leo Leippert drohte der ganzen Klasse mit Strafarbeit. Nun bekannte sich unser Ernst zu dieser Tat. Wütend haute Lehrer Leippert den Zeigestock auf das Pult, so dass er zerbrach. Gerade der Ernst war Leipperts Lieblingsschüler. Zur Strafe musste Ernst von der letzten Schulbank nach vorne in die erste Reihe. Wir alle hatten in den nächsten Tagen nichts zu lachen. Der Vater von Ernst war natürlich über alles informiert worden und schnitzte über das Wochenende aus Haselnussstecken einen neuen Zeigestab. Reumütig stand Ernst am Morgen vor dem Lehrer und fragte, ob er wieder nach hinten in seine Bank dürfe, er habe auch einen neuen Zeigestab dabei, den sein Vater gefertigt habe. Oberlehrer Leo Leippert konnte nicht umhin, dem zuzustimmen. Wir waren froh, dass Ruhe eingekehrt war und der Ernst wieder der Lieblingsschüler sein durfte.

Unsere Gedächtnisübung, sinngemäß übertragbar in die heutige Zeit zu Energie und Atom; aus dem Lesebuch 7. und 8. Schuljahr, wie alle Schüler mussten wir das Lied der Glocke auswendig lernen, Auszug: „Wohltätig ist des Feuers Macht Wenn sie der Mensch bezähmt, bewacht Und was er bildet, was er schafft, Das dankt er dieser Himmelskraft.

Doch furchtbar wird die Himmelskraft, Wenn sie der Fessel sich entrafft, Einhertritt auf der eignen Spur Die freie Tochter der Natur.

Wehe, wenn sie losgelassen Wachsend ohne Widerstand Durch die volkbelebten Gassen Wälzt den ungeheuren Brand.

Denn die Elemente hassen Das Gebild der Menschenhand.“

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Karlburg im Jahre 2010 Von Werner Kübert Einwohner: Geburten Eheschließungen Sterbefälle

2015 ( weiblich 975, männlich 1040; mit Hauptwohnung1948, Nebenwohnung 67; Ausländer 49 = 2,4 %) 13 8 10

Januar 08.01.: Grünes Licht für Gespräche mit dem FV 1920 Karlstadt über eine gemeinsame Zukunft gibt die Mitgliederversammlung des TSV Karlburg mehrheitlich dem Vorstand. Ergebnisoffen sollen solche Gespräche sein. An der bisherigen Strategie des TSV, hochklassigen Amateurfußball in der Bezirksoberliga oder in der Landesliga zu spielen, soll festgehalten werden. Dazu gehört laut Vorsitzendem Gerd Spengler auch, dass die erste Mannschaft nicht nur mit Karlburger Spielern besetzt ist, was in Karlburg durchaus bemängelt wird. Er werde für die romantische Vorstellung einer mehrere Klassen darunter spielenden Mannschaft mit nur Spielern aus Karlburg nicht zur Verfügung stehen. Bei der gemeinsamen Zukunft gehe es darum, Kräfte zu bündeln zu gemeinsamer Vereinsführung und für die Bandenwerbung. Wichtig wäre die weitere Nutzung der Karolingerhalle. Der TSV betreibe nicht wie der FV nur Fußball, sondern habe auch Abteilungen für Turnen, Gymnastik, Volleyball, Judo und Schach. Daran will der TSV festhalten. Im Übrigen bestehen noch keine genauen Vorstellungen für eine gemeinsame Zukunft beider Vereine. Entscheiden soll später eine außerordentliche Mitgliederversammlung.

Auf seiner Jahreshauptversammlung im Februar behandelt auch der FV 1920 Karlstadt das Thema „Zusammenschluss der beiden Vereine“.

29. und 30.01.: Wahrlich bunt geht es zu am Bunten Abend des Männergesangvereins in der Karolingerhalle mit spritzigen Redebeiträgen, kabarettistischen Gesangseinlagen und einer Vielfalt an Tanzdarbietungen. Als Büttenredner treten auf: Franz Fretschner, Georg Rosenberger sowie Anita Kühl und Petra Stahl. Fünf Tanzensembles begeistern: die „Wilden Hühner“, die „Girls of the 90s“, „Boney M“, die „Karlburger Tanzknaben“ und das „MGV-Damenballett“. Auch zwei Gesangsensembles erfreuen das Publikum: „Kalle un sei Mädli“ und die „MGV Oktavia“. Gekonnt moderiert wie seit Jahren Roman Mühleck. „Die Wiesenfelder“ unterhalten mit schmissigen aktuellen Hits und Schunkelliedern.

30.01.: Bürgermeister Dr. Paul Kruck zeichnet Peter Hartmann, den Vorsitzenden des MGV Karlburg 1895, am Bunten Abend mit der Kulturehrennadel der Stadt Karlstadt aus. Der Veranstaltung entsprechend hält Kruck seine Laudatio gekonnt in wohlgereimten Versen. Seit 40 Jahren steht Peter Hartmann regelmäßig in der 104 Karlburg

Fastnachtszeit auf der Bühne, ob als Moderator, Büttenredner oder auch im Männerballett. Vor allem aber plant und organisiert er die Bunten Abende. Vorsitzender des MGV ist er seit 15. März 1993.

Februar 28.02.MP*: Einen Kaffeevollautomaten zu einem Preis von 649 Euro hat ein Karlburger übers Internet bei einer Firma auf der Insel Hiddensee geordert und im Voraus bezahlt, aber nicht erhalten. Unter der eingetragenen Adresse besteht auf der Insel diese Firma gar nicht. Es wird wegen Betrugs ermittelt.

März 03.03.MP: Zwei Düker sollen im Norden Karlburgs unter dem Main das Wasser aus dem Werntal über Karlburg nach Gambach und das Abwasser von Gambach über Karlburg in die Kläranlage von Karlstadt führen.

04.03.: In der Hauptversammlung der Bund-Naturschutz-Ortsgruppe Karlburg appelliert Vorsitzender Heinz Scheid an die Mitglieder, jeder solle im Rahmen seiner Möglichkeiten zum Kampf gegen die Westumgehung Würzburg B 26n beitragen.

Auch der Widerstand gegen Gentechnik in der Landwirtschaft nimmt im Bund Naturschutz breiten Raum ein. Beim Artenschutz ist die seltene Baumart Speierling ein wichtiges Thema. Die Speierlinge entlang von Gräben in der Karlburger Flur hat die Ortsgruppe im Zusammenwirken mit der Stadt Karlstadt mit blauen Ringen gekennzeichnet. Arbeitseinsätze für Grünflächen- und Biotoppflege und Betreuung von Nistkästen stehen auf dem Programm, aber auch Exkursionen in Naturschutzgebiete und in das Freilandmuseum Fladungen, ebenso wie gesellige Veranstaltungen.

Schließlich will die Ortsgruppe ein Insektenhotel bauen.

14.03.: Die Pfarrgemeindebücherei feiert ihr 45-jähriges Bestehen. Mit einem Bücherflohmarkt und einem Glücksrad lockt sie Besucher an. Für die Kleinen gibt es eine Bastelecke und den Zauberer Zappalott. Büchereileiterin Waltraud Herzog ist stolz auf registrierte 510 Benutzer mit über 8000 Ausleihen im Jahr, vor allem durch Kinder und Jugendliche. Die Leiterin fördert dies mit einem monatlichen Kindergarten-Büchereitag. Die freitags geöffnete Bücherei führt außer Büchern auch Zeitschriften, CDs, Kassetten und Spiele. Für betagte oder behinderte Leser wird ein Heimlieferdienst angeboten. Aus dem Dorfleben ist die Bücherei nicht wegzudenken.

Seit dem 29. Januar 2004 ist die damalige Filiale der Stadtbücherei in die Hände der katholischen Kirchenstiftung St. Johannes der Täufer Karlburg übergegangen.

Früher war sie Gemeindebücherei. Untergebracht ist sie seit Jahrzehnten im früheren Gemeinde- und Feuerwehrhaus.

16.03. MBK**: Der Bau-, Umwelt-, Land- und Forstwirtschaftsausschuss der Stadt beschließt eine dritte Änderung des Bebauungsplanes „Am Brücklein“ in Karlburg.

18.03.: In ihren Gesundheitsveranstaltungen führt die Wasserwacht-Ortsgruppe einen Karlburg 105

Vortragsabend im Bürgersaal der Karolingerhalle durch. Margarete Braun, Inhaberin der Glauber-Apotheke in Karlstadt, stellt in einem Dia-Vortrag Heilkräuter vor mit ihren Wirkungen auf die Gesundheit und erklärt ihre richtige Anwendung.

19.03.: Der Bauausschuss der Stadt Karlstadt stimmt den Änderungen des Bebauungsplanes „Am Heßheimer Weg II“ zu. Dort soll es nun keine öffentliche Erschließungsstraße mit Wendehammer geben, sondern nur eine interne Betriebsstraße der im Baugebiet gelegenen Firmen. Dafür sollen Grunddienstbarkeiten eingetragen werden.

Der geänderte Plan wird erneut den Trägern öffentlicher Belange zur Stellungnahme zugesandt. Stadtrat Edgar Ehrenfels stellt wiederholt den Bau eines Gehweges aus den nördlichen Baugebieten zum Altdorf zur Diskussion. Vor allem aus dem Baugebiet „Am Brücklein“ sollten die Kinder einen sicheren Weg zur Schule im Dorf haben.

19.03.: Über Aktivitäten für Jung und Alt berichten bei der Jahresversammlung der Wasserwacht-Ortsgruppe die Leiter der verschiedenen Abteilungen. Taucheinsätze der Schnelleinsatzgruppe, eine Weinprobe im Wasserwachtheim, zwei Arzt- und Gesundheitsvorträge im Bürgersaal der Karolingerhalle, eine Weihnachtsfeier für die Senioren, wöchentliches Schwimmtraining im Hallenbad der Realschule Karlstadt für Kinder, Jugendliche, aber auch für Senioren, beweisen die Vielfalt der Aktivitäten in der Ortsgruppe. Ausgebucht sind immer die Schwimmkurse im Frühjahr und im Herbst, wofür keinerlei Werbung notwendig ist, so bekannt und beliebt sind sie weit über die Grenzen Karlstadts hinaus. Viele Anfänger schaffen das „Seepferdchen“.

Für Fortgeschrittene gibt es die Möglichkeit, einen Kurs für Rettungsschwimmen zu besuchen. Angeboten wird auch ein Erste-Hilfe-Kurs. Vorsitzender Reiner Messerer freut sich über konstante Mitgliederzahlen. Zusammen mit Werner Warwock, dem Kreisvorsitzenden der Wasserwacht, überreicht er für 40 Jahre im Dienst der Wasserwacht im Bayerischen Roten Kreuz an Brigitte Adelmann und Jakob Heimberger die goldene Ehrennadel. Die silberne Ehrennadel für 25 Dienstjahre erhalten Erika Brückler, Nicole Brückler, Anni Ehrenfels, Harald Endrich, Erich Renk, Johanna Messerer, Wilhelm Messerer, Georg Rauwolf und Andreas Rösch. Alle Geehrten bekommen außerdem eine Urkunde und ein Präsent.

21.03.: Eine Frau führt den Gesangverein: Seit der Generalversammlung des Männergesangvereins 1895 Karlburg ist Siglinde Ehrenfels Vorsitzende des Vereins als Nachfolgerin von Peter Hartmann. Gewählt werden außerdem: Helmut Köhler zum zweiten Vorsitzenden, Anita Möhres zur Kassenwartin, Gernod Scheid zum Schriftführer, Sieglinde Mühleck zur Notenwartin, Monika Pfeuffer und Stefan Kübert zu Vergnügungswarten, Peter Hartmann und Ruthard Schrauth zu Ausschussmitgliedern. Peter Hartmann gibt einen Rückblick auf seine 16 Jahre Amtszeit und nennt als wichtige Ereignisse den Zusammenschluss des Männergesangvereins mit dem Kirchenchor, das 100- und das 110-jährige Vereinsjubiläum sowie die Verleihung der Zelter-Plakette an den Verein. Als Höhepunkte des vergangenen Jahres zählt er 106 Karlburg

das Pfingstochsenfest auf dem „Roten Platz“, einen Liederabend in der Alten Kirche Wernfeld und das offene Wirtshaussingen auf. Für 40 Jahre Mitgliedschaft im MGV wird Heinz Schrauth geehrt.

24.03.MP: Der Vorsitzende der Sektion Main-Spessart des Deutschen Alpenvereins, Hans-Rolf Brückler aus Karlburg, berichtet in der Hauptversammlung des Vereins über Gespräche mit Denkmalschutzbehörden über den Kletterpfeiler bei Gräfendorf sowie über die verbesserte Situation der Sylvanhütte im Spessart.

25.03.: In der Pfarrkirche findet ein Gottesdienst mit Krankensalbung statt. Anschließend sind alle Gottesdienstbesucher zu Kaffee oder Tee in das Pfarrheim eingeladen.

April 03.04.MP: Maria Schneider aus Karlburg geht nach 23 Jahren am Kreiskrankenhaus Karlstadt in Altersteilzeit. Schon nach kurzer Zeit hatte sie die Belegschaft zur Personalratsvorsitzenden gewählt. Später kam sie in das Sekretariat des Geschäftsleiters, war dann dessen Stellvertreterin und schließlich bis zuletzt die Geschäftsleiterin des Krankenhauses.

17.04.: Einen Taekwondo-Kurs bucht die Kolpingfamilie Karlburg, um Kinder und Jugendliche in ihrem Selbstbewusstsein zu stärken. Sie sollen in bestimmten Situationen gezielt auf Belästigungen und Angriffe reagieren können. Geleitet wird der Kurs von Thomas und Christian Rüppel.

22.04. MP: Der Sportanglerklub beschließt auf seiner Jahresversammlung, sich einen neuen Mäher für sein Gelände am See zu kaufen. Vorsitzender Bruno Kohlmann teilt mit, dass der Verein 41 Mitglieder hat, darunter drei Jugendliche. Über die Ereignisse 2009 und die Termine 2010 berichtet Schriftführer Heinz Scheid.

23.04.: Auf der Karolingerbrücke werden schwerbewaffnete, schwarzgekleidete Gestalten gesichtet. Diese Meldung löst einen größeren Polizeieinsatz aus. Mit mehreren Streifenwagen rückt die Polizei zu der Brücke aus, um dort festzustellen, dass es sich bei den bewaffneten Gestalten um Bundeswehrsoldaten bei einer Übung handelt. Nach Auskunft des Karlstadter Polizeichefs Thomas Miebach weiß die Polizei zwar von der Bundeswehrübung, aber nicht, dass auch bewaffnete Soldaten in Zivil beteiligt sind.

Damit hat die Polizei nicht gerechnet und kommt daher nicht gleich darauf, dass es sich um die besagte Übung handelt. Hauptmann Nils-Alexander Simon, Presseoffizier der Infanterieschule Hammelburg, entschuldigt sich und bedauert, dass Bürger beunruhigt wurden. Die Übung sei „ans afghanische Einsatzszenario angelehnt“. Die schwarzgekleideten Rollenspieler stellten talibanische Kräfte an einem Grenzposten dar. Als Grenzlinie sei die Mitte der Karolingerbrücke angenommen.

29.04.: Klemens Kübert wird vom Bundespräsidenten für Verdienste um das Gemeinwohl mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. Bayerns Staatssekretär Gerhard Eck überreicht zusammen mit Regierungspräsident Dr. Paul Beinhofer den Verdienstorden im Fürstensaal der Karlburg 107

Residenz Würzburg. In der Laudatio führt der Regierungspräsident aus, Klemens Kübert habe sich zeitlebens für seine Heimat engagiert. Im „Verein der bayerischen Notariatsbeamten“, als Schützenmeister im Kleinkaliberschützenverein Karlburg, als Jagdvorsteher, ehrenamtlicher Beisitzer im Prüfungsausschuss für Kriegsdienstverweigerer habe er sich ebenso um das Gemeinwohl verdient gemacht wie in drei Jahrzehnten in der Kommunalpolitik. So sei er Gemeinderat in Karlburg, Stadtrat und dritter Bürgermeister in Karlstadt und 18 Jahre Mitglied im Kreistag MainSpessart gewesen.

Mai 14.05.: Katharina Kübert zieht ein sehr positives Resümee ihrer 742 Tage dauernden Amtszeit als Weinprinzessin von Karlburg. Sie freut sich, viele interessante Persönlichkeiten getroffen zu haben, und über zahlreiche neue Freundschaften. Ganz besonders liegen ihr die Freundschaften mit amtierenden oder ehemaligen Weinprinzessinnen der umliegenden Gemeinden am Herzen. Durch den ständigen Kontakt mit fremden Menschen hat sie ein gesundes Selbstvertrauen gewonnen. 147 Termine nahm sie wahr, unterstützt von ihren Eltern als Begleitservice und Fahrdienst. Im Gedächtnis haften bleiben Veranstaltungen wie die Wahl der Fränkischen Weinkönigin, das Barockfest und die Weingala in Würzburg, der Besuch zahlreicher Weinfeste, Weinproben, Weinwanderungen und Krönungsfeiern in nah und fern.

15.05.: Johanna Kreuzer ist die 11. Weinprinzessin von Karlburg. Gerade mal 19 Jahre jung ist sie bei ihrer Krönung in der Karolingerhalle durch Bürgermeister Dr. Paul Kruck und Konrad Gold, den Vorsitzenden des Winzervereins Karlburg.

Bürgermeister Kruck und Landrat Thomas Schiebel loben die scheidende Weinprinzessin Katharina Kübert für ihre vorzügliche Regentschaft und freuen sich auf die kommenden Auftritte der neuen Weinprinzessin Johanna Kreuzer, nicht zuletzt bei der anstehenden Wahl des Landratsschoppens. Zu fünf verschiedenen Tropfen Frankenweins lädt anschließend der Winzerverein ein. Für die musikalische Untermalung bei der Abholung der alten und der neuen Weinprinzessin und während der Inthronisierung sorgt der Musikverein Karlburg unter der Leitung von Stabführerin Michaela Strohmenger.

17.05.: Bei der Wahlversammlung des Dekanats Karlstadt im Pfarrheim Retzbach wird Pfarrer Leo Brand zum Dekan gewählt. Diözesanbischof Friedhelm Hofmann bestätigt ihn später formell in diesem Amt. Leo Brand ist Pfarrer der Pfarreiengemeinschaft Karlburg – Wiesenfeld – Rohrbach – Halsbach – Harrbach. Bisher war er stellvertretender Dekan.

Juni 01.06.: Eine Massagepraxis eröffnet Volker Lawrenz in Karlburg. Behandeln darf der staatlich geprüfte Masseur aber nur privat Versicherte, keine Kassenpatienten.

Spezialisieren möchte er sich auf Sportverletzungen, weil ihm dies als langjährigem Fußballtrainer eine Herzensangelegenheit ist.

108 Karlburg

01.06.: „Zum Linsenspitzer“ heißt seit kurzem die TSV-Sportgaststätte. Die neue Pächterin Andrea Deingruber benannte das Lokal nach dem Karlburger Spitznamen um. Der Biergarten für 52 Personen ist neu gestaltet, auf dem Rasen ein gemütlicher Lounge-Bereich eingerichtet. Für die Küche ist ihr Lebensgefährte Patrick Grimm zuständig, der professionelles Kochen bei Jürgen Seyda erlernt hat. Seyda war bisher Pächter des Sportheims. Eine gutbürgerliche Küche mit Zutaten aus der Region soll die Gäste verwöhnen mit fränkischen und bayerischen Speisen, angeboten auf einer Wochenkarte zugleich mit einer Kinderkarte. Kinder sollen sich im Lokal nicht langweilen: Sie bekommen Mal-Utensilien, bis Ende Juli wird noch ein Spielbereich mit Sandkasten eingerichtet. Andrea Deingruber ist erst seit kurzem in der Gastronomie tätig. Sie hat ein halbes Jahr bereits im Sportheim mitgearbeitet. Von Beruf ist sie heilpädagogische Erzieherin. Geöffnet ist das Lokal in den Sommermonaten unter der Woche ab 16 Uhr, samstags ab 15 Uhr und sonntags ab 10 Uhr. Dienstag ist Ruhetag.

11.06.: Eine außerordentliche Mitgliederversammlung findet im Vereinsheim des Musikvereins statt, weil bei der vorangegangenen Jahresversammlung weder der Kassenbericht für das Jahr 2009 vorgelegen hatte noch der Vorsitzende für Finanzen erschienen war. Wegen Veruntreuung von Vereinsvermögen wurden, wie der stellvertretende Vorstandssprecher Georg Seifert der Versammlung mitteilt, gegen den Finanzvorsitzenden juristische Schritte eingeleitet.

Inzwischen hat Hildegund Kübert im Auftrag des Vorstands den Kassenabschluss gefertigt, den sie bei der Versammlung vorträgt. Nun wird der Vorstand mit Ausnahme des Finanzvorsitzenden entlastet, die ausstehenden Neuwahlen werden durchgeführt.

Dem Team gehören neu an: Hildegund Kübert (Finanzen), Horst Stahl (Musikbetrieb) und Claudia Ehrenfels (stellvertretende Vorsitzende für Festbetrieb). In ihren Ämtern bestätigt werden Michaela Srohmenger (stellvertretende Vorsitzende Musikbetrieb), Petra Köhler (stellvertretende Vorsitzende Finanzen), Sabine Schäfer (Vorsitzende Festbetrieb), Karin Sponner (Vorsitzende für Vereinsverwaltung) und Sigrid Lang (stellvertretende Vorsitzende für Vereinsverwaltung). Aus dem Vorstand scheidet Georg Seifert aus. Er wünscht der neuen Führungsriege alles Gute und viel Erfolg.

20.06.: Die Pfarrei St. Johannes der Täufer feiert ihr Kindergarten- und Pfarrfamilienfest. Beginn ist in der Kirche um 10 Uhr mit einem Familiengottesdienst unter dem Motto: „Ein Schiff, das sich Gemeinde nennt“. Dabei werden die neuen Ministranten vorgestellt. Anschließend ist Festbetrieb im Pfarrhof. Zu Mittag gibt es Spießbraten mit Salat, danach ist die Kaffeebar im Pfarrheim geöffnet, reichlich mit gespendetem selbst gebackenem Kuchen ausgestattet. Unter Anleitung des Kindergartenpersonals führen Kinder Lieder und Singspiele auf und vergnügen sich mit Schminken und Basteln. Begeistert sind die Kinder auch beim Kasperltheater dabei. Eine Reihe weiterer Angebote sorgt im Pfarrhof und in der Kirche für Kurzweil.

Karlburg 109

Juli 02.07.MP: Die Jagdgenossenschaft Karlburg saniert nach und nach die Bildstöcke in der Karlburger Flur. Mehrere sind schon mit einem Dach vor Witterungseinflüssen geschützt. Unter der Regie von Leo Gold wird bei der Flurbereinigung der vorher an der Staatsstraße 2435 stehende Kreuzschlepper – im Volksmund „Kreuzschleifer“ geheißen – an eine vom Straßenverkehr nicht berührte Stelle unweit der Rohrbacher Steige versetzt und restauriert sowie mit einem Dach versehen. Eine Bank daneben lädt zum Verweilen ein. Man hat von hier einen herrlichen Blick nach Karlburg. Blechabdeckungen ließ die Jagdgenossenschaft bereits am Antonius-Bildstock am Pfadweg, am Sankt-Gertrauden-Bildstock in der Geisgrube und am Sankt-Georg-Bildstock am Hohen Kreuz anbringen. Eine besondere Herausforderung ist die Renovierung des sogenannten „Zweiten Bildstocks“ an dem rückgebauten ehemaligen Teilstück der Staatsstraße 2435. Diese Feldkapelle war im 19. Jahrhundert von der Familie Rosenberger an der Straße nach Wiesenfeld errichtet worden. Nach dem Bau der Umgehungsstraße steht sie nun an einem Feldweg auf einem eigens in der Flurbereinigung dafür geschaffenen Plätzchen. Die Jagdgenossenschaft hat das Bildhäuschen zusammen mit der Familie Größler, der letzten Besitzerin, und der Malerfirma Horst Köhler unentgeltlich restauriert und die Rundbogennische mit einem Eisengitter versehen. Pfarrer Karl Mann spendet für die Nische eine Josefsfigur. Der ehemalige Bürgermeister Rudolf Lamprecht, über 40 Jahre lang Vertrauensmann für die Erhaltung der Bildstöcke in Karlburg, spendet eine Sitzbank und drei Speierlingsbäumchen, die Manfred Schmitt pflegen will.

09. - 11.07.: Der Männergesangverein feiert sein 115-jähriges Bestehen mit einem Open-Air-Chorfestival auf dem „Roten Platz“. Am Freitagabend sind zunächst Kinder-und Jugendchöre zu hören. Das Vokal-Ensemble der Musikschule Karlstadt überrascht das zahlreiche Publikum unter der Leitung von Gesangslehrerin Julia Frank mit bekannten Songs aus der Pop- und Rockmusik. Der Kinderchor aus Karbach zeigt, wie aktuell gemeinsames Singen ist. Über ein vielseitiges Repertoire verfügt auch die Gräfendorfer Gesangsgruppe „Ma so ma so“. Nach der Pause treten Stimmakrobaten in Aktion: Die A-cappella-Gruppe „aMuSing“ aus München gibt feinsten A-cappellaPop zum Besten.

Das eigentliche Jubiläumskonzert am Samstag vereinigt acht Chöre zu fröhlichem Chorgesang: Vom Jubelverein sind der Gemischte Chor (Dirigent: Matthias Rudolph), die Männergruppe „Oktavia“ und der Chor „Allegro Cantare“ (Leiter: jeweils Andreas Kübert) zu hören. Gastchöre kommen aus Margetshöchheim (Leitung: Susanne Mutterer), Burgsinn (Leitung: Harald Hofbauer) und aus Laudenbach mit gleich drei Chören, nämlich einem Frauenchor, einem Männerchor und einem Gemischten Chor, jeweils dirigiert von Günter Novakowski. Trotz sehr heißen Wetters und eines Länderspiels der deutschen Fußballnationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft in Südafrika ist das Konzert gut besucht.

110 Karlburg

15.07.MP: Zu Hundefriseurin Claudia Kübert reisen Hundebesitzer bis aus Hamburg an. Sie hat vor fünf Jahren ihren Hundesalon eröffnet, anfangs belächelt, inzwischen aber mit einem festen Kundenstamm von rund 500 Hundebesitzern aus nah und fern. Und das, obwohl nur zwei Kilometer weiter der nächste Hundesalon besteht.

Gepflegt werden von Claudia Kübert Fell, Augen, Pfoten und Ohren. Zum Schluss gibt es eine Dusche mit einem speziellen französischen Shampoo. Dann wird noch geföhnt und eventuell ein wenig Haargel aufgebracht.

19.07.MP: Bei einer Spaßveranstaltung für die Trainingsjugend der Wasserwacht mit Bootsfahren und Grillen überreicht das „Basarteam Karlburg“ eine Spende von 300 Euro. Das Geld wird dazu verwendet, neue Schwimmflossen für die Wasserwachtjugend zu beschaffen.

19.07.MP: Beim Kindergarten und Pfarrfest hatten die Karlburger Ministranten ein Glücksrad organisiert. Den Erlös von 200 Euro spenden sie nun der Kirchenstiftung für die geplante Kirchenrenovierung und die Anschaffung einer neuen Orgel. Debora Herzog und Julia Gerhard überreichen den Betrag der Kirchenpflegerin Luzia Gundlach und Dekan Leo Brand.

31.07. MP: Karlburg ist Endpunkt der Infoveranstaltungen des Vereins gegen den Bau einer Westumgehung Würzburg/ B 26n. Der Verein weist darauf hin, dass auch Karlburg mit mehr Verkehr auf der Karolingerbrücke durch die beabsichtigte vierspurige Straße betroffen wäre.

August 06.08.: Reiner Messerer aus Karlburg erläutert als Leiter des Netzbetriebs Unterfranken zusammen mit Ludwig Schiebler von der Geschäftsleitung der E.ON Bayern AG auf einer Pressekonferenz im Netzcenter Marktheidenfeld die Investitionen des Energieversorgers in Unterfranken. Rund 21 Millionen Euro steckt die Firma dieses Jahr in ihr Strom- und Gasnetz. Auslöser für Ausbau und Erneuerung des Stromnetzes sind vor allem Stromeinspeisungen durch Photovoltaik- und Windkraftanlagen. Auch werden Freileitungen durch Erdkabel ersetzt.

09.08.MP: Feierlich freigesprochen werden 63 Gesellen aus fünf Innungen in der Laudenbacher Festhalle. Aus Karlburg erhält Simon Ehrenfels seinen Gesellenbrief.

Die Ausbildung zum Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik hat er im Betrieb seines Vaters Rainer Ehrenfels absolviert. Als Prüfungsbester seines Faches darf er sich über eine Einladung für einen Tag im Signal-Iduna-Park in Dortmund freuen.

14.08. MP: Messer, Gabeln und Löffel bleiben bei einer Ferienspaßaktion der Pfarrbücherei in der Schublade. Unter Anleitung von Annika und Debora Herzog bereiten vier Mädchen und zwei Jungen „Fingerfood“ zu. Begeistert schnippeln die kleinen Köche Gemüse, kneten Teig und dekorieren Gerichte. Ihre Erzeugnisse dürfen sie dann auch selbst essen, Besteck brauchen sie dazu nicht.

Karlburg 111

September 08.09.MP: Eine Ferienspaßaktion hat sich auch die Bund-Naturschutz-Ortsgruppe vorgenommen. Unter Anleitung von Günter Zagrabinski und dem Obersfelder Imker Georg Biernoth entsteht ein „Insektenhotel“, das später bei der Karolingerbrücke aufgestellt werden soll.

08.09.MP: Erzieherin Brigitte Lang tritt nach 36 Jahren Dienst im Karlburger Kindergarten in den Ruhestand. 1974 hat sie noch im früheren Kindergartengebäude in der Karolingerstraße, das die Schreinerei Martin übernahm, ihren Dienst angetreten.

Schon ein Jahr später zog sie mit dem Kindergarten in das neue Gebäude am Pfadweg um. Ihre „Sonnengruppe“ übernimmt nun Anja Schrauth.

09.09.MP: Anni Kühl-Johannes vertritt zwei Wochen lang als zweite Bürgermeisterin den urlaubenden ersten Bürgermeister Dr. Paul Kruck. Jubilaren zu runden Geburts- oder Hochzeitstagen zu gratulieren, reicht ihr allerdings nicht. Sie hat genügend Themen wie Kindergarten-, Spielplatz-, Friedhofs- oder Schulbesichtigungen in einzelnen Stadtteilen, führt ein intensives Informationsgespräch mit der neuen städtischen Integrationsbeauftragten Sakine Azodanlou und holt sich Anregungen für die seit langem anstehende Freibadsanierung.

12.09.: Ein Schwerpunkt der Veranstaltung „Jetzt red i – Europa“ in der Sendereihe des Bayerischen Fernsehens im historischen Rathaussaal Karlstadt ist die Herstellung von Formschinken aus Fleischresten, zusammengeklebt mit Bioklebern. Der Karlburger Metzgermeister Peter Hartmann prangert dies an und fordert die EU auf, den Begriff Schinken zu schützen. Der österreichische EU-Regionalkommissar Johannes Hahn, der SPD-Europaabgeordnete Wolfgang Kreissl-Dörfler und die Landtagspräsidentin Barbara Stamm sprechen von eklatanter Verbrauchertäuschung.

20.09.: Einen Leibgardisten des Herzogs von Buckingham spielt Edgar Langguth aus Karlburg in dem Kinospektakel „Die drei Musketiere“, das zurzeit in Würzburg gedreht wird.

21.09.: Marco Amrhein vom städtischen Bauamt begründet in der Sitzung des Ausschusses Bau-, Umwelt-, Land- und Forstwirtschaft die Änderung des Bebauungsplanes „Am Heßheimer Weg II“. Die Abstandsfläche zwischen den Gebäuden und der früheren Kreisstraße 11 ist von 15 auf 3,50 Meter verringert, entlang des Feldweges sogar auf 1,50 Meter. Anlass für die Behandlung des Themas ist eine Anfrage von Stadtrat Edgar Ehrenfels, der die getroffenen Festsetzungen überprüfen lassen will. Er beklagt, dass inzwischen zwar zehn Kinder in dem Gewerbegebiet wohnten, aber kein Fußweg vorhanden sei. Dazu meint Bürgermeister Paul Kruck, es sei nicht Aufgabe der Anlieger, für Gehwegflächen zu sorgen. Die Abstandsflächen können, führt Marco Amrhein aus, verringert werden, weil das Teilstück der Straße nicht mehr Kreisstraße ist.

23.09.MP: Unter dem Motto „Herbstlich willkommen“ startet heuer der Bayerische Gärtnereiverband seine Aktionswoche. Tonja und Ralf Plawky eröffnen in ihrer 112 Karlburg

Gärtnerei in Karlburg die Herbstsaison. Die Auftaktveranstaltung bietet zahlreichen Besuchern die neuen Herbsttrends, eine Betriebsführung und eine Ausstellung über Grabschmuck an. Regierungspräsident Dr. Paul Beinhofer spricht über die zweieinhalb Millionen Hobbygärtner in Bayern. Diese seien auf die Kompetenz der Gärtner und Floristen angewiesen. Er freue sich auf ein „blühendes Unterfranken“. Landrat Thomas Schiebel lobt die Freude am Garten mit dem Spruch: „Willst du Glück ein Leben lang, so leg‘ dir einen Garten an“. Weitere Ehrengäste sind die Landtagsabgeordneten Harald Schneider und Eberhard Sinner und Bürgermeister Dr. Paul Kruck.

Als Kräuterkönigin präsentiert sich Hermine (Kabarettistin Gerlinde Heßler), die zusammen mit ihrem Hermann (Werner Hofmann) das Benefiz-Kräuterkörble vorstellt.

Zehn Prozent aus dem Erlös für solche Körbchen werden für das Festival „Umsonst & Draußen“ in Karlstadt gespendet. Bei der Führung durch das Produktionshaus erläutert Ralf Plawky das Energiesparkonzept des Betriebes.

24.09.MP: Philipp Kümmert aus Karlburg, Mitarbeiter am Bauhof Würzburg des Wasser- und Schifffahrtsamtes Schweinfurt, hat für einen Leukämiekranken Stammzellen gespendet und dadurch einem Patienten die Chance auf ein zweites Leben ermöglicht. Der Dienststellenleiter des Amtes, Heinrich Schoppmann, übergibt ihm dafür eine Dankurkunde der Deutschen Knochenmarkspenderdatei.

28.09.MP: Eigene Kartoffeln können die Karlburger Kindergartenkinder gemäß ihrem Jahresmotto „Karlburg, das Dorf, in dem wir leben“ auf dem Kartoffelhof von Martin Keller ernten. Im Frühjahr hatten sie dort auf einem eigens zur Verfügung gestellten Ackerstück Saatkartoffeln gelegt und jeweils durch einen Stab, versehen mit einem Namensschild, die Stelle gekennzeichnet, an der die eigene Kartoffel heranwachsen und sich vermehren sollte. Zusammen mit Bäuerin Monika Keller dürfen sie nun ihre eigenen Kartoffeln ausgraben und in ein Säckchen einfüllen. Eine stattliche Anzahl von Kartoffeln kommt da zusammen, sodass es im Kindergarten mehrmals ein Kartoffelgericht geben kann.

28.09.MP: 115 Jahre alt ist der TSV Karlburg geworden. Karl-Heinz Hübner, Kreisvorsitzender des Bayerischen Landessportverbandes, führt in seiner Ansprache aus, der größte Schatz eines Vereins seien die Menschen, die dort gemeinsam mit Freude durch dick und dünn gehen. Der Vorsitzende Gerd Spengler betont in seiner Festrede, mit Spiel, Spaß und Freude, aber auch einer Packung Disziplin würden schon die Kleinsten an sportliche Leistungen herangeführt, es werde integriert, wer integriert werden wolle. Allein durch Eigennützigkeit und auf Erfolg für den Einzelnen abzielend, sei ein gutes Miteinander nicht zu haben. Spengler fordert ein Zurückkehren zur Vereinstreue, wie es in früheren Jahren gewesen sei. Bürgermeister Dr. Paul Kruck gratuliert und führt aus, früher hätten die Eltern durch ihre Vereinsmitgliedschaft die Basis für ihre Kinder gelegt. Das habe sich geändert, Vereinstreue sei leider heute nicht mehr gegeben.

Das Jubiläum gibt Anlass zur Ehrung zahlreicher verdienter Mitglieder für 20, 30, Karlburg 113

40 und 60 Jahre Treue zum Verein. Seit mindestens 60 Jahren gehören dem TSV an: Werner Gold, Herbert Hlawatsch, Erhard Köhler, Herbert Köhler, Bruno Kübert, Joachim Kübert, Helmut Kühl, Norbert Kühl, Meinfried Ludwig, Horst Plawky, Karl Renk, Meinrad Rüppel, Erwin Schmitt, Walter Storch. Zu Ehrenmitgliedern werden ernannt: Otto Kühl, Wolfgang Kühl, Meinrad Rüppel, Berthold Steffan. Alle Mitglieder des Vereins freuen sich über eine besondere Auszeichnung: Der TSV erhält nämlich die Silberne Raute des Deutschen Fußballbundes (DFB) für hervorragende Leistungen in der Jugendarbeit und -förderung, der ehrenamtlichen Tätigkeiten und des Breitensports. Ludwig Bauer, Kreisehrenamtsbeauftragter des DFB, würdigt die vielen Tätigkeiten des Vorstands, der Eltern und aller Mitglieder, die sich um den Verein verdient gemacht haben. All das ist ein gemeinsam erreichtes Qualitätssiegel.

Ludwig Bauer überreicht auch ein Dankesschreiben des DFB an Leo Gold, der in seiner 59-jährigen Mitgliedschaft im TSV viele Aufgaben übernommen hat. So gehört er schon 48 Jahre in verschiedenen Funktionen dem Vorstand an, war Sportleiter, ist seit langem Schiedsrichterbetreuer und Leiter des Ordnungsdienstes.

Oktober 04.10.: Etwa 50 Ministranten, ihre Eltern, Geschwister und Großeltern wallen zum ersten Mal nach Mariabuchen. Treffpunkt ist das Kirchlein in Erlenbach, von dem aus man bei herrlichem Herbstwetter aufbricht. Drei Stationen mit Gebeten und Liedern liegen auf dem rund einstündigen Weg ins Buchental. Pater Paul empfängt die Gruppe mit einem Lied, das er auf der Gitarre begleitet. Interessantes weiß er über den Wallfahrtsort, das Gnadenbild und die vielen Votivtafeln zu erzählen. Nach Einkehr im Buchenstüble machen sich die Wallfahrer auf den Rückweg.

02., 03.10.: Ein „Bibelrad“ hat die Kolpingfamilie geschaffen und in einem Infostand auf dem zweiten Engagiertentreffen des Kolpingwerks Deutschland in Fulda vorgestellt. Das Bibelrad hat drei Segmente mit 72 Fragen zum Alten und Neuen Testament und zu Pflanzen der Bibel. Es kann jetzt bei der Kolpingfamilie Karlburg ausgeliehen werden.

19.10.MBK: Bedingt durch beide Umgehungsstraßen in Karlburg muss die Stadt neue Wegflächen, Gräben und Wasserrückhaltebecken in ihr Eigentum und in ihre Unterhaltungspflicht übernehmen. Der Bauausschuss erklärt sich damit einverstanden und unterbreitet dem Stadtrat einen Vorschlag.

November 02.11.MP: Im Kloster Himmelspforten erhält Hugo Gold aus Karlburg den Goldenen Meisterbrief aus der Hand von Handwerkskammerpräsident Hugo Neugebauer.

Seit 40 Jahren treffen sich die damals zu Meistern ernannten Kollegen, fast immer vollzählig.

03.11.MP: Neuer Schützenkönig des Kleinkaliberschützenvereins ist Eberhard 114 Karlburg

Sellmann, Jugendschützenkönig Nicolai Turnage. Zweiter Schützenmeister Werner Schrauth zeichnet für den Gau Würzburg verdiente Mitglieder des Vereins aus. Die Ehrennadel in Bronze erhalten Eberhard Sellmann und Reiner Zink, die Ehrennadel in Silber Anja Ehrenfels, Thomas Kübert, Alfons Ruppert, Ralf Gehret und Wolfgang Kübert.

14.11.: Mehrere Jugendliche richten nach Polizeiangaben erheblichen Schaden an Kunststofftanks eines Landwirts an. Der Schaden bewegt sich im fünfstelligen Bereich.

25.11.MBK: Den Bebauungsplan „Östlich des Friedhofs“ in Karlburg ändert der Stadtrat dahin gehend, dass die bisherigen Reserveflächen für den Friedhof wieder für die Wohnbebauung freigegeben werden.

25.11.MBK: Das Wasserwirtschaftsamt Aschaffenburg informiert den Stadtrat über eine Studie zu Hochwasserschutzmaßnahmen. Nach einem einheitlichen Verfahren sind darin Schadenspotenziale ermittelt, den Investitionskosten gegenübergestellt und in Prioritätenklassen eingeteilt. Für Karlburg ist eine Prioritätenstufe drei ermittelt, die eine Umsetzung erforderlicher Schutzmaßnahmen innerhalb der nächsten zehn Jahre vorsieht. Ein 3,80 Meter hoher Deich soll die 89 bedrohten Anwesen schützen.

Dies und die gesamten Vorstellungen der Studie für die Stadt sollen im Bauausschuss und im Stadtrat behandelt werden.

27., 28.11.: Der Kleinkaliberschützenverein führt zum 44. Mal das jährliche Vereinspokalschießen durch. 140 Schützen, die nicht aktiv im Verein schießen, aus acht Vereinen mit 35 Mannschaften beteiligen sich. Der Musikverein stellt mit zehn Mannschaften das größte Kontingent und darf sich dafür über 20 Liter Bier freuen.

Folgende Sieger sind zu vermelden: erste Mannschaft des Musikvereins (Herrenwanderpokal der Stadt), erste Damenmannschaft des Musikvereins (Damenwanderpokal der Sparkasse Mainfranken), erste Jugendmannschaft des Musikvereins (Jugendwanderpokal des Vereinsforums), Seniorenmannschaft des MGV (Seniorenpokal der Jagdgenossenschaft), dritte Mannschaft des Musikvereins (KKS-Pokal). Beste Einzelschützen sind Michaela Strohmenger bei den Damen, Edgar Ehrenfels bei den Herren, Anna und Maria Lamprecht bei den Jugendschützen, Armin Schmitt bei den Senioren. Maximilian Sponner ist bester Tiefschütze.

30.11.: Der Bund Naturschutz hat mit Kindern im Hof von Günter Zagrabinsky unter seiner Anleitung seit den Sommerferien ein Insektenhotel gebastelt. Es hat nun seinen Standort südlich der Karolingerbrücke am Radweg erhalten. Bei der Aufstellung freut sich Vorsitzender Heinz Scheid über das Insektenhotel und darüber, dass die Stadt Karlstadt den Standort zur Verfügung stellt. Das Hotel wird Wildbienen der verschiedenen Arten Gelegenheiten zur Eiablage bieten.

Dezember 02.12.MP: Leo Gold erhält von Dr. Gerhard Strick, früherer Bundesligatorwart, und Rolf Eppelein, Bezirksvorsitzender und stellvertretender Vorsitzender des BayKarlburg 115

erischen Fußball-Verbandes, eine Sonderehrung des Deutschen Fußballbundes für langjährige ehrenamtliche Mitarbeit im TSV Karlburg. Im Rittersaal des Schlosses Grumbach der Marktgemeinde Rimpar findet ein Festakt statt, bei dem 21 ehrenamtlich tätige Funktionäre unterfränkischer Sportvereine ausgezeichnet werden.

03.12.: Agnes Breidenbach ist 100 Jahre alt. Sie ist damit die älteste Bürgerin der Stadt Karlstadt. Erstaunlich rüstig ist sie, nur ihre Beine machen nicht mehr mit, sodass sie auf den Rollstuhl angewiesen ist. Bei gutem Wetter lässt sie sich gerne ins Dorf fahren. Alle paar Schritte muss dabei angehalten werden zu einem Plausch mit Bekannten. Sie ist immer fröhlich und an vielem interessiert. So liest sie täglich ihre Main-Post, außerdem das Sonntagsblatt und die Stadt Gottes. Besondere Wünsche hat sie nicht zu ihrem Geburtstag, nur Gesundheit soll ihr noch lange bleiben. Viele Gratulanten finden sich ein, so auch Landrat Thomas Schiebel und Bürgermeister Dr. Paul Kruck, der eine Geburtstagstorte und eine gerahmte Urkunde mit den Glückwünschen des bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer überreicht.

04.12.: Pfarrgemeinde und Kirchenverwaltung gestalten in der Karolingerhalle einen gut besuchten unterhaltsamen Seniorennachmittag. Bei Kaffee und Kuchen spielen und musizieren die Vorschulkinder des Kindergartens, die Flötengruppe des Musikvereins, die Ministranten, das Büchereiteam und Bob Emsden. Auch der Nikolaus kommt zu Besuch.

04.12.MP: Die Grundschule Wiesenfeld-Karlburg widmet sich dem Thema Umweltschutzpapier. In beiden Schulorten werden Schülerfirmen gegründet, die sich für den Vertrieb von Umweltschutzheften einsetzen. Über 140 Schüler treffen sich in der Turnhalle in Wiesenfeld zu einem Tag der Umwelt mit vielen Informationen und praktischen Arbeiten zu dem Thema Umweltschutzpapier.

05.12.: Eine musikalische Vesper findet in der Pfarrkirche St. Johannes der Täufer statt. Gestaltet wird er vom Kirchenchor Himmelstadt unter der Leitung von Martin Karle. Lektorin ist Benedikta Gold, Julia Kleinwechter und Julia Gerhard spielen Flöte, Debora Herzog Orgel, Martin Karle Cembalo. Auf dem Schulpausenhof gibt es anschließend Glühwein, Tee, heiße Würstchen und Weihnachtsschnitten.

MP: 15869 „Süße Päckchen“ für Kinder kommen in Rumänien an. Die Kolpingfamilie hat zusammen mit dem Katholischen Frauenbund solche süßen Überraschungen zusammengestellt, verpackt und auf den Weg gebracht.

17.12. MP: Auf schneeglatter Fahrbahn überschlägt sich ein Auto mit zwei Kindern, gelenkt von ihrer Mutter auf der Staatsstraße zwischen Wiesenfeld und Karlburg.

30.12.: „Oh, diese Künstler“ heißt das Theaterstück, das die Linsenspitzer-Theatergruppe Ende Dezember und Anfang Januar insgesamt acht Mal aufführt. Malermeister Ernst Pinsel fühlt sich zu Höherem berufen. Es gibt allerlei komische Irrungen und Wirrungen, bis alles entwirrt ist. *MP = Erscheinungstag in der Main-Post **MBK = Mitteilungsblatt der Stadt Karlstadt

116 Karlburg

Die verrückten Gründerjahre der KAKAGE „Die Schwedenmännli“ Von Barbara Wolf

Motivwagen: Cäsar lässt grüßen.

Die Erfolgsgeschichte Fastnacht mit der Karlstadter Karnevalsgesellschaft „Die Schwedenmännli e.V.“ wäre nicht geschrieben worden, hätte sich nicht weit nach Mitternacht des 23. Dezember 1967 eine ungewöhnliche Vereinsgründung im Gasthof „Goldener Anker“ vollzogen. Sieben junge Burschen saßen beim Gastwirt Albin Glassen zusammen und unterzeichneten das Gründungspapier des Junggesellenclubs (JGC). Die Mitglieder gaben sich gleich einen Vorstand: Vorsitzender Karl Krenzer, zweiter Vorsitzender Heinz Lummel, Schriftführer Günther Maier, Kassier Rudi Wannowsky, Vergnügungswart Fritz Arndt und Reinhold Heßdörfer sowie Geräteund Kostümverwalter Heinz Staab. Bald schlossen sich weitere Junggesellen an, die Freitagabend in einer Gaststätte ihr gemeinsames Wochenende einläuteten. Bei einem Kappenabend stellten sich die engagierten Herren der Karlstadter Damenwelt vor.

Laut Protokoll ist der gelungene Abend sowohl der Musik als auch den herzhaften Vorträgen einiger Kollegen zu verdanken. Aus dem Festerlös kauften sie Material für ihren ersten Fastnachtswagen.

Karlstadt 117

Am Faschingssonntag 1968 war am Vormittag ein Fußballspiel gegen Karlburg angesetzt. Danach war noch Zeit für den Umzug. Als Motto wählten die JGC-Mitglieder „Heut`dreh mer durch“. Neben der Spenglerwerkstatt ihres zweiten Vorsitzenden Heinz Lummel hatten sie zwei Motivwagen für einen Umzug zusammengezimmert, mit denen sie vor staunendem Publikum durch die Straßen fuhren, um die Fastnachtstradition früherer Jahrzehnte wieder aufleben zu lassen. Für die kleinsten Narren wurde ein Kinderfaschingszug organisiert. In der letzten Stunde vor Aschermittwoch ging die Fastnachtsbeerdigung beim Anker-Wirt unter großer Anteilnahme aller Junggesellen über die Bühne.

Der nächste Faschingszug 1969 sollte „Regt sich was in Karlstadts Mauern?“ heißen.

Den Motivwagen mit Türmen und Mauern hatten die Mitglieder in der Halle von Günter Landgraf gebaut. Einem Appell an das närrische Volk richtete Zugmarschall Walter Landgraf in einem Zeitungsartikel: Zum Faschingszug soll alles auf die Straße. Besonders am Marktplatz soll Stimmung verbreitet werden, denn dort gibt es Kognak, Schnäpse und Bratwürste.

Dies war auch nötig, denn an diesem Sonntag war es bitterkalt. Den Umzug begleitete die Musikkapelle von Alban Sauer aus Stetten. Allerdings sind ihnen die Musikinstrumente eingefroren, sodass kaum musiziert, aber umso lauter Helau gerufen wurde.

Dass die Bevölkerung trotzdem begeistert war, zeigt sich an einem Gedicht von Betty Ramsch, das in der Zeitung veröffentlicht wurde: Helau! Helau! – Den Junggesellen möchte ich reichen meine Hand / und möchte sagen: Herzlichen Dank! / Die Bürger waren alle hocherfreut, / daß nach langer Ruhezeit / der Fasching wieder kam zu Ehren. / Miesmacher tun uns gar nicht scheren! / Der Faschingszug war, wie er soll / mit einem Helau – einfach toll! / Dank allen, die mit Geld und Spenden halfen, / den Karschter Fasching zu gestalten! / Habt herzlichen Dank für Eure Schau! / Für heut noch mal kräftig: Helau! Helau!

Für 1970 lautete das Motto „Start in die 70er Jahre“. Der Einladung des JGC folgten: FV Karlstadt, Sportschützen, Vogelschutzverein, Ruderclub, Feuerwehr, Sportangler, Club der Vegetarier, das Rote Kreuz, die Mühlbacher Narren und andere. Eine Genehmigung für den Fastnachtszug musste beantragt werden. Der Veröffentlichung eines Karneval-Plakats zur Werbung im Fränkischen Volksblatt wurde nur kulanterweise „zur Unterstützung der von Idealisten geleisteten Arbeit im Dienste des fränkischen Fasenacht-Brauchtums“ entsprochen.

1970 kosteten die Kapellen 80 bis 100 DM, für Süßigkeiten hatte der JGC etwa 1000 DM ausgegeben. Dafür wurde mit einem Bettelbrief an die Geschäftswelt um Spenden gebeten. Zugmarschall Walter Landgraf verteilte einen großen Teil der zehn Zentner Bonbons an die Vereine zum Auswerfen.

Mit vier Musikkapellen (damals gab es noch eine Stadtkapelle und den Jugendbläserchor der Pfarrei „Zur Hl. Familie“) und 18 Wagen, deren Motive bis dahin geheim gehalten wurden, zogen die Narren von der Bodelschwinghstraße, Johann118 Karlstadt

Motivwagen 1973: Der Kreissitz muss nach Spirkebach.

Korb-Straße, Bundesstraße 26, Brückenausfahrt, Oberes Tor zum Marktplatz, dann über Alte Bahnhofstraße, Ringstraße, Neue Bahnhofstraße, Hauptstraße zum Oberen Tor. Hunderte von Zuschauern säumten die Straßen. TSV-Vorsitzender Gerd Flindt kommentierte den Zug von der Freitreppe des Rathauses herab. „Danach gab der TSV im Rathaus ein großes Kinderfaschingstreiben mit netten Einlagen“, berichtete Alfred Biehle in der Main-Post. „Über 500 Kinder und Erwachsene bevölkerten den Saal in drangvoller Enge, was der Fröhlichkeit jedoch keineswegs Abbruch tat“.

Am Kinderfasching zog auch ein Kinderprinzenpaar in den Saal ein. Für die Organisation zeichneten Erhard Glänzel, Willi Brühler sowie die Geschwister Brotzer und Penz verantwortlich (Bericht: Schmied-Pohl im Fränkischen Volksblatt). Die Lokalpresse bestätigte dem JGC „..,daß er den Grundstein zu einer neuen Faschingsepoche in Karlstadt gelegt hat“.

Doch hinter den Kulissen lief nicht alles reibungslos. Während des Zuges kam es zu einem Schaden an einem Ausleger. Außerdem floss der zugesagte Zuschuss von 500 DM aus der Stadtkasse erst nach einer Erinnerung.

Im Oktober 1970 zeigte der Junggesellenclub den geladenen Vereinen die Filmaufzeichnung über den Faschingszug. Zudem stellte er die Gründung eines KarnevalClubs zur Diskussion. Die Mitglieder wollten nicht auf Dauer die Verantwortung für einen rechtlich abgesicherten Umzug übernehmen.

Karlstadt 119

Gründung der KA-KA-GE Nach anfänglichen Schwierigkeiten fanden sich einige Narren um Heinz Lummel zur Gründung einer Karnevalsgesellschaft. Lummel überredete Heiner Hesse und Detlef Wagenthaler, die beide beim Elferrat Würzburg engagiert waren, im Vorstand in Karlstadt mitzuarbeiten. Am 14. November 1970 im Hotel Post (heute Zeitlos) formierte sich im Beisein von Ernst Dillmann, Bezirkspräsident im Bund Deutscher Karneval und Sitzungspräsident des Zellinger Fastnachtvereins, der Karlstadter Karnevalsverein KA-KA-GE (so schrieb er sich in den Anfangsjahren) mit dem Zusatz „Die Schwedenmännli“. Kommissarischer Gesellschaftspräsident für ein Jahr wurde Oskar Leckert.

Unter Leitung des 22-jährigen Sitzungspräsidenten Detlef Wagenthaler wurde die erste große Prunksitzung 1971 im Rathaussaal ein so mitreißender Erfolg, dass sie wiederholt werden musste. Das Gelingen der Sitzungen ist originellen Büttenrednern, die des Publikums Lachmuskeln strapazierten, Solisten, die die Stimmung im Saal anheizten, der Tanzgarde, die in kürzester Zeit Tänze einstudierte, und Heinrich Hesse, der ein großartiges Bühnenbild- und den Ordensentwurf geschaffen hatte, zu verdanken. Das Motto 1971 lautete „Invasion der Schwedenmännli“. Die Narren sollten wie 1631 die Schweden in Karlstadt einfallen. Zugmarschall blieb Walter Landgraf, der die Musikkapellen engagierte, die Zuganmeldung und -aufstellung vornahm und für die Genehmigung und die Sicherheit verantwortlich war. Am Fastnachtszug beteiligten sich 1971 schon 30 Wagen, zehn Fußgruppen und acht Kapellen. Die Narren warfen während des Umzuges 22 Zentner Bonbons aus. Am Marktplatz spulte ein Tonbandgerät die Höhepunkte der Prunksitzungen ab, um das Warten auf den Gaudiwurm zu verkürzen.

Der Elferrat 1972: (vorne) Franz Sikora, Albin Glassen, Rudi Winkler, Walter Landgraf, Heinz Lummel, Detlef Wagenthaler, Winfried Schmidt, Heinrich Lang; (hinten) Armin Wehrmann, Alfred Biehle, Armin Bernard, Willi Kießner, Peter Wendel, Albert Sendelbach, Kilian Strohmenger und Fritz Daumberger 120 Karlstadt

Die Schwedengardisten: (hinten von links) Reinhold Heßdörfer („Cowboy“), Franz-Josef Fröhling („Kipo“) und Fritz Arndt; (vorn) Gerhard Knoth, Leonhard („Bu“) Lerke, Karl Mehler, Heinz Wilsenach, Obrist Georg Büttner

Böllerschüsse am Marktplatz mit den Schwedengardisten

Bei der ersten Generalversammlung im Herbst 1971 erklärten spontan 43 Karlstadter ihren Beitritt. Heinz Lummel wurde zum Gesellschaftspräsidenten gewählt. Ihm stand der Obrist Georg Büttner mit den Schwedengardisten zur Seite. Sie sollten bei der Inthronisierung am Marktplatz Böller abschießen, den Bürgermeister gefangen nehmen, die Büttenredner auf die Bühne geleiten sowie beim Saalaufbau und Wagenbau für den Faschingsumzug mithelfen. Unter den Gardisten der ersten Stunde waren viele JGC-Mitglieder.

Das Elektrogeschäft Kurt Hofmann und das Radio-Fernseh-Geschäft Hans Kramer sorgten für Beleuchtung und Ton bei den Prunksitzungen.

Mit einer Fastnachtsbroschüre informierte die KA-KA-GE „Die Schwedenmännli“ im Olympiajahr 1972 zum Motto „Olympiade der Freude“. In der kurzen Chronik von Heiner Hesse heißt es: „Der Wunsch der KA-KA-GE „Die Schwedenmännli“ ist, Karlstadt 121

dass der Fastnachtsgedanke zur Förderung des kulturellen Lebens und zur Erhaltung des Brauchtums fränkischer Fastnacht in Karlstadt noch stärker Fuß fasst.“ Mit Wolfgang I. (Kunz) und Waltraut I. (Koch) regierte das erste Prinzenpaar, dem zweiter Bürgermeister Werner Hofmann frohe und sorgenfreie Tage wünschte.

Er war zugleich zweiter Gesellschaftspräsident und wurde im Jahr darauf erster Bürgermeister.

Zu den vortragenden Räten gehörten Heiner Hesse (Alter Germane), der auch Inspizient war, Zur ersten Tanzgarde 1970 gehörten von links: Erika Riedmann, Hannelore Röder, Margret Ehehalt, Jutta Franz-Josef („Oki“) Keller als Penz, Erika Gold, Ute Mackenbach, Waltraud Wendel und Batzenärrle mit seinem Ruf „BruGabriele Penz. uueder“, Franzi Schmied (Marketenderin) mit Volker Schmied (Schwedenmännle) sowie Kilian Strohmenger (Politiker der blauen Partei) aus Eußenheim. Helmut Kitz versetzte mit Texten, Schunkelmelodien und mit den Musikerkollegen Franz Krumpschmied und Hans Heidenfelder den Saal in eine närrische Stimmung. Sie sangen die heute noch regional bekannten Kitz-Lieder: Mei Klößerle, Mei Tante Klara und Die Kartenspieler mit dem Refrain Malouche.

Den Marschtanz und den Schautanz studierten Sieglinde und Peter Vierheilig aus Würzburg mit den Gardemädchen ein. Die KA-KA-GE beschloss, drei Verdienstorden pro Session zu vergeben. Der Veranstaltungskalender im KAKA-GE-Heft listete die zwölf Vereine auf, die große Faschingsbälle ausrichteten. In dieser Broschüre wies Archivpfleger Franz Schwarz auch auf den geschichtlichen Hintergrund des Namens „Die Schwedenmännli“ hin.

Etwas Besonderes ließ sich Sitzungspräsident Detlef Wagenthaler für das Finale in den Prunksitzungen einfallen. Alle Aktiven und Gruppen wurden nacheinander mit einem Lied auf die Bühne gebeten. Gemeinsam mit dem Publikum

Marketenderin (Franzi Schmied), 122 Karlstadt

wurde sein umgetextetes Lied: „Der Mond hält seine Wacht . . .“ gesungen. Dazu schwenkten die Elferräte beleuchtete Lampion-Monde. Mit dem temperamentvollen „Humba Negra“ wurde die Sitzung beendet.

Zum Ausklang spielte die Trachtenkapelle Stetten mit Alban Sauer oder die Stadtkapelle unter Leitung von Wolfgang Wolf noch einige Tanzrunden.

Einmalig in Unterfranken: Auf Wunsch der Bevölkerung wurde nach dem Faschingsumzug ab 15 Uhr eine Miniprunksitzung mit den Höhepunkten am Marktplatz abgehalten. Die drei besten Wagen oder Fußgruppen prämierte eine Jury, die aus lokalen Persönlichkeiten Batzenärrle Franz-Josef („Oki“) Keller bestand.

Karlstadter Singkreis: Mit einem gesanglich exzellenten Auftritt begeisterte der Singkreis Karlstadt unter Leitung von Winfried Hain (vorn rechts) das Publikum.

Karlstadt 123

Die „Karschter Originale“ Hans Heidenfelder, Helmut Kitz und Franz Krumpschmied (rechts im Hintergrund Schwedengardist Werner Ebert)

Randnotiz: Heinz Lummel war unermüdlich unterwegs, um Mitglieder zu werben.

In einigen Gasthäusern zeigte er Filme von den Prunksitzungen, um die Leute zu begeistern. Sobald sich jemand bereit erklärte, der KAKAGE beizutreten, spendierte er im Lokal eine Runde Schnaps. An manchen Abenden zahlte er sechs bis sieben Runden.

Die Stimmungs- und Trachtenkapelle Alban Sauer aus Stetten.

124 Karlstadt

Hitparade 1973 mit Detlef Wagenthaler als Moderator

Spielmannszug wird gegründet Nachdem die ersten drei Kampagnen mit auswärtigen Spielmannszügen eröffnet wurden, schlug Heinz Lummel der KAKAGE 1973 vor, einen eigenen Spielmannszug zu gründen. Zur Finanzierung wurde der „Große Bunte Abend“ unter dem Motto „Live im Studio KAKAGE“ veranstaltet. Als Chronist schwärmte Detlef Wagenthaler von der Illusion einer Fernsehshow, wie ihn der Rathaussaal noch nie erlebt habe. Mit Studiodekoration, Fernsehkameras und Monitoren parodierten sie damalige Sendungen von „Tagesschau – Nachrichten“ über „Königlich-Bayerisches Amtsgericht“ und „Was bin ich?“ bis zur „Hitparade“. Der Erlös legte den Grundstock für die Anschaffung der Musikinstrumente. Ende des Jahres erschütterte die Nachricht über das einsturzgefährdete Rathaus die Karnevalisten. Dank der schnellen Abstimmung des Stadtrates wurde der Rathaussaal mit einer Absicherung vorläufig nutzbar gemacht.

Im KAKAGE-Programmheft findet sich ein Lied mit der Musik von Hans Heidenfelder und dem Text von Karl-Heinz Keller mit dem Refrain: „Unner Karscht geht im Staub niemals unter / unsre Mauern, die bleiben immer stehn / und geht die Sonne am Schlößle drüben unter / wird se um fünfe früh am Gäßberg wieder stehn.“ Das Publikum kam zu fünf ausverkauften Prunksitzungen.

1974 lud das Präsidium zum Auftakt der Kampagne den neuen Ehrenrat ins Mühlbacher Schloss ein, wo sie Schlossherr Franz Forster als eiserner Ritter begrüßte.

Alfred Biehle (ehemals Prinz Ali) wurde Präsident des Ehrenrates mit zehn Männern aus dem Karlstadter Politik- und Wirtschaftsleben. Im Rittersaal begann Fritz Arndt seine langjährige Laufbahn als Büttenredner. Als erstes Mitglied erhielt 1974 HeinKarlstadt 125

„Eiserner Ritter“ Franz Forster. „Kipo“ Fröhling richtet ihm das Mikrofon.

Heinrich („Heiner“) Hesse wurde mit dem „Till von Franken“ ausgezeichnet.

126 Karlstadt

rich Hesse die höchste fränkische Fastnachtsauszeichnung, den Orden „Till von Franken“. Er bedankte sich mit einem Epilog auf die vier ausverkauften Prunksitzungen. Im letzten Vers heißt es: „Ihre Treue, Ihr Dabeisein / macht uns Freude, bringt uns Kraft. / Wir gaben Ihnen alles – und auch Frohsein, / geben Sie uns ihre Mitgliedschaft.“ Hesse oblag von Anbeginn an auch die grafische Gestaltung des KAKAGE-Programmheftes.

Die ersten Ehrensenatoren waren Alfred Biehle, Hans Köberlein, Alois Frieser, Walter Sonntag, Hermann Liebstückel, Werner Hofmann, Erwin Ammann, Julius Weck, Heinz Fleischmann, Erwin Maier.

Mit den „Drei Hainis“ lösten Winfried Hain, Bruno Gold und Horst Schmucker den Singkreis ab. Sie begannen in ihrem zweiten Kostüm als „Bachsinger“ in Frack und mit Zylinder eine beispielslose Karriere. Ergänzt wurde die Gruppe von Oskar Amersbach und Hans-Jürgen Döll-Kade am Klavier. Ihren Erfolg setzten sie später vor Fernsehpublikum bei der Fastnachtssitzung in Franken in Veitshöchheim fort.

An die ursprünglich vier Sitzungen wurde wegen der großen Nachfrage eine fünfte angehängt. Insgesamt besuchten 3.000 Gäste die Sitzungen.

Winfried Schmidt löste Zugmarschall Walter Landgraf ab. 1974 zählte die KAKAGE 240 Mitglieder.

Zur Volksfesteröffnung im Juni 1974 präsentierte sich der KAKAGE-Spielmannszug mit einem Standkonzert am Marktplatz. Am 15. November beim „Großen Bunten Abend“ in der Musikhalle Gambach (das alte Karlstadt Rathaus musste generalsaniert werden) und am 11. Januar 1975 bei der Inthronisierung wurde der Musikzug mit 78 Musikern, vom Kind bis Erster Senatspräsident Alfred Biehle (Mitte) auf dem zum Erwachsenen, vorgestellt. Motivwagen mit Albert Wermuth und Albert Sendelbach (links) Der erste Tambourmajor war sowie Armin Wehrmann und Armin Bernard (rechts) Georg Hartmann aus Gerbrunn. Später (1977/78) übernahm Georg Schneider die Stabführung. Elferrat Fritz Daumberger hatte sich in Schweden über historische Kleidung informiert. Er entwarf die Uniform der Schwedengarde und des Spielmannszugs. Die Einkleidung, Instrumente und Ausbildung kosteten 60.000 DM. Der Sprecher des Spielmannszuges war Edi Wilhelm. Den zweiten „Till von Franken“ erhielt 1975 Detlef Wagenthaler, der 1976 in das Ordenskapitel des Landesverbandes Franken berufen wurde.

Schwedengardisten am Marktplatz: (hinten von links) Jürgen Duhnke, Gert Hofmann, Gerhard Knoth, Peter Wendel jun., Helmut Kitz, Norbert Götz, Adolf Funk; (vorn) Fritz Arndt, Walter Beller, Herbert Ehehalt und Obrist Franz-Josef Fröhling.

Karlstadt 127

Randnotiz: Die Mitglieder des Spielmannszuges durften jährlich im Sommer auf einem Grundstück von Heinz Lummel am Aschbach ihr Bachfest abhalten. Dort wurde gezeltet und gespielt, gegrillt und gekocht. Am Abend kamen weitere aktive KAKAGEler dazu. Vom beliebten Bachfest gibt es so manche Anekdote, hauptsächlich, wer wie in den Bach gefallen ist.

Ab 1976 führte Obrist Franz Fröhling die Schwedengarde. Den Posten des Mundschenks hatte schon im Vorjahr Gardist und JGC-Mitglied Norbert Götz übernommen.

Heinz Weiglein (ebenfalls JGC-Mitglied), das Fotoatelier Steuer und Foto Müller hielten das närrische Geschehen in Film und Bild fest. Und die Vereine luden zum Faschingstanz. Allein im Pfarrzentrum „Zur Hl. Familie“ waren vier Faschingsbälle angekündigt.

Mit dem fränkischen Motto „Karschter Narrenauslese“ begann 1977 die letzte Session in Gambach, denn das historische Rathaus sollte nach der Generalsanierung 1978 wieder bezugsfertig sein. Die singenden Kellermeister mit Helmut Kitz, Hans Heidenfelder, Adam Wingenfeld und Franz Krumpschmied ließen die Sitzungsgäste zu selbst verfassten Liedern schunkeln und mitsingen. Albin Dürr und Fritz Arndt, Franz-Josef Keller („Oki“) und das Ehepaar Schmied gehörten zum Stammpersonal der Bütt. Erstmals wagte sich auch ein Männerballett auf Initiative von Walter Landgraf auf die Bühne.

Zurück ins Karlstadter Rathaus Die Rückkehr der KAKAGE 1978 nach vier Jahren ins historische Rathaus enttäuschte das Publikum wegen des verkleinerten Saales, der durch die zwei Treppenaufgänge viele Sitzplätze verloren hatte. Das Programm der vier Prunksitzungen war dennoch ein spritziges Feuerwerk der Unterhaltung. Die Trachtenkapelle von Alban Sauer wurde zur alleinigen Showkapelle bei den Karnevalssitzungen.

Die „Bachsinger“ mit Winfried Hain, Bruno Gold, Oskar Amersbach und Horst Schmucker.

128 Karlstadt

Im Bild hintere Reihe von links: Wolfgang Hock („Zwockel“), Joachim Kraft, Raimund Horstmann, Gert Hofmann, Matthias Dippold, Raimund Weidner, vordere Reihe: Klaus Hofmann, Jürgen Thoma, Werner Hofmann, Jürgen Duhnke, Rüdiger Hombach und vorne Herbert Ehehalt.

Die „Bachsingers“ rissen das Publikum zu begeisterten Raketen hin. Treue Helfer waren Inspizient Karl-Heinz Pfeiffer und Kameramann Heinz Weiglein, der den überdimensionierten jährlichen Orden gestaltete, den man als Dekoration auf der Bühne und am Mottowagen beim Fastnachtsumzug verwendete. Gründungsmitglied Kilian Strohmenger verabschiedete sich von der KAKAGE und gründete in Eußenheim den Karnevalsverein „Die Lorbser“. Von Anbeginn unterstützten sie mit einem Elferratswagen und ihrer Prinzengarde den Faschingszug in Karlstadt.

In Anspielung auf die Eingemeindungen wurde 1979 das Motto „Eintracht Karscht V.V.“ (Viele Vereine) gewählt. Erstmals wurde an eine Seniorenprunksitzung mit der Trachtenkapelle Stetten unter Leitung von Alban Sauer gedacht. Zur Blau-weißen Garde gesellte sich die mittlere Weiß-blaue Garde unter der Leitung von Waltraud Raudenkolb, Ute Mackenbach und Erika Gold. Der Vorstand hoffte, mit der jüngeren Garde werde automatisch der Nachwuchs gesichert.

Ein Höhepunkt war der Besuch des Präsidenten des Bundes Deutscher Karneval Heinz Wacker mit seiner Gesellschaft KG „Au Ülle“(Alte Eulen) aus Würselen. Im Jahr darauf folgte der Gegenbesuch, den die Teilnehmer nicht in bester Erinnerung halten. Ein paar Geschehnisse auch in den eigenen Reihen führte zu der Erkenntnis, dass Karscht mit seinem Fasching, seiner Fastnacht und seinem Karneval besser in der eigenen Region bleiben sollte.

Karlstadt 129

Die Kleine Garde kam 1980 dazu. Sie hieß „Weiße Garde“ wegen ihrer weißen Kostüme. Hanna Heine, Balletttrainerin aus Himmelstadt, unterstützt von Gardistin Jutta Biehle, trainierte die drei Gruppen Gardemädchen. Das bedurfte schon eines Garde-Managers, wie Werner Hofmann im Jahresheft tituliert wird. Er und einige aus dem neuen Männerballett sowie Gerlinde Büttner (später verheiratete Heßler) präsentierten außerdem eine brillante Revue-Show „Cabaret“. In diesem Jahr wurde wieder ein Männerballett, diesmal unter Leitung von Petra Thoma, zusammengestellt, das begeisterte Applausstürme und Raketen erntete. Trainerinnen waren Petra Thoma und Gabi Kraft, die im Jahr zuvor mit Werner Hofmann als Prinzenpaar regiert hatte.

In der Jubiläumskampagne 1981 „Das gibt’s nur elf mal“ verfasste Detlef Wagenthaler einen ausführlichen Bericht im Faschingsheft. Der Besuch im Seniorenheim der Ottound-Anna-Herold-Stiftung wird in der jährlichen Broschüre als fester Bestandteil im Terminplan bezeichnet. Den Jubiläums-Fasnachtszug organisierte erstmals Jürgen Duhnke als Zugmarschall.

Nach langem Engagement verließ zweiter Gesellschaftspräsident Peter Wendel sen. den engeren Vorstand. Sein Nachfolger wurde Elferrat und Ehrensenator Hans Köberlein. Auch der Sprecher des Spielmannszuges wechselte. Den Posten übernahm Karlheinz Schirm. Dem langjährigen Fahrer des Komitee- und Prinzenwagens Helmut Kitz wurde der Verdienstorden der KaKaGe verliehen. Der Landwirt stellte neben seinem Traktor auch einen Teil seiner Scheune zur Aufbewahrung der Requisiten zur Verfügung. Da viele Aktive ihre Posten in diesem Jahr zur Verfügung stellten und die Mitarbeit aufkündigten, sorgten sich die Verantwortlichen um die Karschter Fastnacht.

Randnotiz: Wahre Idealisten wie Heinz Lummel und Detlef Wagenthaler gaben nicht auf, sondern starteten durch. Um die Kontakte zu den Karnevalsgesellschaften, die Generalprobe und die Musik während der Sitzungen und zum Finale kümmerte sich Detlef Wagenthaler. Der Spielmannszug, die Schwedengarde und der Bau des Fastnachtswagens waren das Metier von Heinz Lummel.

Bei den Tanzgarden gab es 1982 Trainerinnenwechsel. Die Großen, die Marsch- und Schautanz aufführten, übernahm Barbara Wolf. Die Weiß-blaue Garde trainierte Birgit Müller mit einem Marschtanz, und mit den Kleinsten wurde von Monika Rinder ein Schautanz eingeübt. Der Nachwuchs in der Großen Garde bereitete jedoch Sorgen.

Chronist Detlef Wagenthaler bezeichnet den Fasnachtszug als einen der schönsten und buntesten Gaudiwürmer der letzten Jahre.

Am 15. Mai 1982 richtete die KAKAGE die Haupttagung des Landesverbandes Franken im Bund Deutscher Karneval im Historischen Rathaus aus. Nach den umfangreichen Wahlen wurde der Präsident des Landesverbandes Albert Erhard bestätigt. Für Unterfranken stellte sich Georg Holzinger aus Würzburg vor. Der Prä130 Karlstadt

sident des Bundes Deutscher Karneval Heinz Wacker zeichnete den Karlstadter Senatspräsidenten Alfred Biehle aus.

Der Beginn der Kampagne 1982/83 startete mit einer „Fahrt in die Fastnacht“, die besonders festlich gestaltet war.

Die Narren landeten im „Jagdschloss Seewiese“ bei Gräfendorf. Im Schein brennender Fackeln erklangen Trommel- und Fanfarenklänge vom Spielmannszug, der die Gäste musikalisch willkommen hieß.

Zur Session 1983 kamen die Gesellschaften Windshemia aus Bad Windsheim, der Hofheimer Carnevalsclub HCC und der Veitshöchheimer VCC. Kleine Garde 1983: (vorn) Sonja Wolf, Nina Jäger, Die Prunksitzungen hatten ein hohes (zweite Reihe) Petra Edlinger, Ute Adelmann, Niveau und wurden mit dem musika- Simone Fehn, Bettina Leutner, (hinten) Anja lischen Beitrag von „Die Meebankert“ Mehling, Heike Gensheimer, Heike Reuter, Tanja und der Klavierbegleitung durch Dieter Gerhard, Birgit Kübert, Andrea Keller.

Cyran enorm bereichert Bis 1983 kamen weitere Senatoren dazu : Dr. Günter Hirsch, Walter Zeißner, Albin Koch, Franz Stockleb, Ernst Dotzauer, Heiner Hesse, Willi Abb, Albrecht Braun, Waldemar Adelmann, Armin Wehrmann, Peter Luppa und Hermann Niggemann.

Die KAKAGE begrüßte Gäste aus Würselen mit Präsident Heinz Wacker (von links) Alois Frieser, Peter Wendel sen., Senatspräsident Alfred Biehle, die Senatoren Walter Zeißner, Erwin Ammann und Bürgermeister Werner Hofmann, rechts von Gesellschaftspräsident Heinz Georg Lummel stehen Volker H. Schmied, Sitzungspräsident Detlef Wagenthaler und der Präsident von Unterfranken im Landesverband Franken, Georg Finger.

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Die „Meebankert“ Ottmar Röckl, Helmut Borst, Werner Goldkuhle, Wolfgang Scheid, verdeckt Wolfgang Ludwig, am Mikrofon Werner Hofmann

Zur Wertung begaben sich die Senatoren in die Kreissparkasse am Marktplatz und vergaben nach einem umfassenden Schema ihre Punkte wie: Größe der Gruppe, Einheitlichkeit, optischer Eindruck usw..

Nach dem Gaudiwurm herrschte buntes Treiben im Rathaussaal, in dem die Platzierung der drei besten Wägen oder Gruppen bekannt gegeben wurde.

Zum Auftakt der Session 1983/84 veranstaltete die KAKAGE am 11.11.83 in der Musikhalle Gambach „Ein Abend in Nostalgie“. Obwohl die Halle erst gedämmt worden war und nur mit Heizstrahlern einigermaßen angenehme Temperaturen erreicht wurden, begeisterten die Darbietungen das Publikum.

Erstmals lud die Gesellschaft 1984 zum Rosenmontagsball ins Rathaus ein. Die Bar war in eine Zirkuskuppel mit viel Deko verwandelt worden. Bis in die frühen Morgenstunden wurde sie von den Gästen umlagert. Das KAKAGE-Präsidium war sich einig, dass diese Veranstaltung beibehalten wird. Verbindungsmann zum Spielmannszug Hardy Endres und Inge Huber gaben ihr Debüt in der Bütt.

132 Karlstadt

wurde Hans Wolf. Deutlich ließ der Fasnachtsumzug den Trend erkennen, dass die Anzahl der bauaufwendigen Wagen rückläufiger und die der Fußgruppen stärker wurde.

1985 wählten „Die Schwedenmännli“ Werner Hofmann (Retuscheatelier) zum zweiten Gesellschaftspräsidenten.

Franz-Josef („Kipo“) Fröhling wurde der Till von Franken unter anderem für seine Arbeit als Obrist der Schweden- Die „Zwä vom Spätzeck“ Karl Schneider und Toni garde überreicht. Für die Orden und Wittmann das Zubehör für die Elferratsmontur war Hans Wolf zuständig.

Randnotiz: Eine Elferratsmontur bestand aus dem weißen Frackhemd mit separaten Perlmuttknöpfen, einer weißen Frackweste, der weißen Fliege, einer schwarzen Hose und schwarzen Schuhen, dem roten Elferratsfrack mit weißem Revers und der mit goldenen Litzen verzierten Narrenkappe mit goldener Bommel. Später kam noch ein weiter roter Mantel dazu. Wer die Elferratsmütze nach dem nächtlichen Umtrunk liegen ließ, musste sie mit 50 DM auslösen.

Die „Zwä vom Spätzeck“ begeisterten mit dieser Nummer zum zweiten Mal das närrische Publikum. Werner Hofmann, Arno Ludwig und Raimund Weidner feierten als Clowns umwerfende Erfolge.

Die Auftaktveranstaltung am 11. Januar 1986 mit dem Motto „Karscht wie im Märchen“ begann mit dem Anmarsch der Ehrensenatoren zum Marktplatz. Dort war ein kleines Schwedenlager aufgebaut. Die Schwedengarde feuerte Böllerschüsse ab.

Unterstützt von den „Lorbsern“ aus Eußenheim und vom CCS aus Stetten erlebten die Zuschauer ein großartig inszeniertes karnevalistisch-historisches Spektakel. Die Prunksitzung eröffnete das „Schwedenmännle“ Martin Plötz mit der Trompete und „Vom Barette schwankt die Feder“.

Das Prinzenpaar, Froschkönig Friedrich I. (Fritz Arndt) und Inge I. (Huber) stiegen sogar in ihrer Regentenzeit in die Bütt. Das Training der Blau-weißen Garde übernahm Jutta Biehle. Die Jüngsten mit ihrem Schautanz wurden von Marion Hauser trainiert. Karin Muth drillte das Männerballett. Ton und Technik steuerten jetzt Ralph Mahlo und Martin Kütt im Rathaussaal. Mundschenke wurden Marianne Fröhling und Wolfgang Ehehalt. Zugmarschall Harald Schneider organisierte mit Unterstützung anderer Mitstreiter den Gaudiwurm.

1987: In der KAKAGE-Broschüre waren wie jedes Jahr die Grußworte der „Fastnachtsgrößen“ abgedruckt. Detlef Wagenthaler war der reimende Dichter unter ihnen. Ein Auszug: Wenn bunte Fasnachtsfahnen weh’n, kann’s Narrenschiff nicht Karlstadt 133

untergeh’n / Anker gelichtet – Hoch das Tau! Ich grüß „Ahoi“ und „Karscht Helau“!

Den Landesverbandsorden bekamen der langjährige Sprecher des Spielmannszuges Georg Schneider, der Karschter Lieder-Dichter Helmut Kitz und der Landwirt Helmut Kitz, der mit seinem Traktor Jahr für Jahr den Elferratswagen durch Karlstadts Straßen zog. Ursprünglich sollte nur ein Helmut Kitz geehrt werden. Der andere aber sprang schnell auf die Bühne. So bekamen beide den Orden.

Schatzmeisterin Waltraud Raudenkolb wurde im Frühjahr in der Generalversammlung 1987 nach sechs Jahren von Harry Leopold abgelöst. Nachfolger von Schriftführer Albert Wermuth wurde Heinz Steuer.

Im Juli 1987 beteiligte sich die KAKAGE am großen Fest „Karlstadt feiert neue Altstadt“. Das Schwedenlager mit lebenden Tieren, Lagerleben Pagen waren Inge Huber und Diethelm mit historischen Kostümen, der „Schwedenfraß“ Doll, Elferrat, Senator, Inhaber des Michel-Drucks, der die KAKAGE- (Schupfnudel mit Kraut und Speck), Most und Schnaps war ein Glanzpunkt der vielfältigen VerHefte druckte. anstaltungen.

Ab 1988 organisierte Hans Wolf den Kartenvorverkauf für die Sitzungen im Foyer des Historischen Rathauses zur Zufriedenheit des stundenlang nach Karten anstehenden Publikums. Es wurden immer nur bis zu zehn Karten an eine anwesende Person abgegeben. Nur die Ehrensenatoren hatten das Recht, vorweg vier Sitzungskarten zu bestellen. Restkarten verkaufte in den Anfangsjahren Schuhhaus Wendel, später Büro Betz am Kübelmarkt. Die Nachwuchsgarde mit 14 Kindern, die einen Schautanz aufführten, trainierte seit 1987 Linda Freund. Sie wurde ab 1991 von ihrer Tochter Jennifer Freund unterstützt, da es mittlerweile 19 Kinder waren.

In der Prunksitzung übertraf Vizepräsident Werner Hofmann mit einer Playback-Show „Cabaret“ sogar den Erfolg von 1981. Unterstützt wurde er von Gerlinde Heßler, Barbara Eisenmann, Arno Ludwig und Raimund Weidner.

Fritz Arndt als Schulbub.

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Im Bild Landrat Armin Grein, Stadtrat Herbert Weidner, Bürgermeister Werner Hofmann, Senatspräsident Alfred Biehle, Schwedengardist Fritz Arndt, Obrist Franz-Josef Fröhling und KAKAGE-Gesellschaftspräsident Heinz Lummel.

Neu in der Bütt war Harry Leopold, er trat als Nachtwächter auf, um die Leute aufzurütteln. Die Bar im Foyer des Historischen Rathauses war 1988 nach dem Motto „Früchtli, Blüten und Gewächse“ dekoriert. Die Gäste sahen sich auf einen Marktplatz versetzt mit Laternen, Springbrunnen und Marktständen, mit Obst und Gemüse üppig ausgestattet. Verantwortlicher Zugmarschall wurde Jürgen Duhnke.

Karlstadts Sitzungspräsident Detlef Wagenthaler wurde am 7. Mai 1988 zum Vizepräsident des Fastnachtsverbandes Franken gewählt und 1989 zum Vorsitzenden der Veranstaltungsgesellschaft „Fastnacht in Franken“. Die BR-Fernsehsendung wurde mittlerweile in den Mainfrankensälen in Veitshöchheim produziert.

Ein neuer Gesangstar eroberte 1989 die Narrenbühne: Georg Schneider trat zum ersten Mal als „Mister Evergreen“ auf. Sein Markenzeichen wurde der weiße Schal. Die „Familie Flaak“ mit Michael Gehrsitz, Georg Schneider, Karl Schneider und Toni Wittmann hatten die Lacher mit spitzfindigem Lokalkolorit auf ihrer Seite. Zwei Hunde Fips und Mops alias Werner Hofmann und Gerlinde Heßler schnüffelten zum Vergnü- Die Elferräte Heinz Steuer und Hans Wolf brutzeln Schupfnudeln.

Karlstadt 135

gen der Gäste in der Karschter Gerüchteküche.

Als Dr. Hofmann las 1990 Werner Hofmann auf einem überdimensionalen Stuhl mit einem brillanten Vortrag und passendem Kostüm den umgetexteten Struwwelpeter vor. Es präsentierte sich eine neue Gesangsgruppe „Die Fünftakter“ mit Georg Schneider, Toni Wittmann, Karl Schneider, Herbert Fella und Albert Korn. Mit ihren umgetexteten Liedern begeisterten sie das Narrenvolk. Erstmals besuchte eine Abordnung des CC Querolina aus der neuen Partnerstadt Querfurt in Sachsen-Anhalt eine Prunksitzung.

Heinz Steuer gab sein Amt als Schriftführer an Stefan Heßler ab. Das Männerballett riss oft als letzte Nummer das Publikum von den Stühlen, es wurde von Katja Manger trainiert. Helga Scheiner bildete die Mittlere Garde mit ihrem Gardetanz Nachtwächter Harry Leopold aus. Mit glitzernden Dekorationen schmückten seit Jahren Wolfgang und Jutta Hock den Rathaussaal und die Bühne sowie das Foyer als Cocktail-Bar. Nach dem Ordenskommers 1990 arbeiteten folgende Mitglieder für die KAKAGE: Elferrat: Egon Scheiner, Dr. Klaus Bieräugel, Diethelm Doll, Hans Wolf, Gert Hofmann, Siegbert Wagner, Josef Geißler, Werner Hofmann, Heinz Lummel, Michael Kanth, Wolfgang Hock, Heinz Steuer, Toni Wittmann und Peter König.

Beiräte: Heinz Weiglein, Jutta Schmid, Herbert Ehehalt, Georg Büttner. Schatzmeister Harry Leopold, Schriftführer Stefan Heßler, Obrist FranzJosef Fröhling, Sprecher des Spielmannszuges Karl-Heinz Schirm. Hermann Hannes wurde neuer Zugmarschall mit eigener Uniform.

Senatoren: Senatspräsident Alfred Biehle (MdB), Walter Zeißner (MdL), Erwin Ammann (Landrat a.D.), Werner Hofmann (Bürgermeister), Erwin Maier (Direktor Zementwerk), Hermann Eberlein (Direktor a.D. der Sparkasse), Hans Köberlein (Direktor Volksbank Karlstadt), Albin Koch (Besitzer Textilhaus Koch), Franz Stockleb (Besitzer Turmkaufhaus), Josef Dotzauer (InstrumentenfabBesorgt ums Muttersöhnchen: Barbara rikant), Heiner Hesse (Vermessungstechniker), Eisenmann (verheiratete Hubrich).

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Albrecht Braun (Direktor Kreissparkasse), Waldemar Adelmann (Geschäftsführer Firma Adelmann), Armin Wehrmann (Direktor Raiffeisenbank), Peter Luppa (Kaufmann, Brennstoff Spies), Hermann Niggemann (Geschäftsführer Eisenwerke F. W. Düker), Wolfgang Triebel (Direktor Zementwerk), Armin Grein (Landrat Main-Spessart), Gerd Thiele (Geschäftsführer BTZ), Peter Wendel (Besitzer Schuhhaus Wendel), Karl Kraft (Besitzer LederKraft), Heinz Steuer (Augen-Optikermeister).

Fips (Gerlinde Heßler) und Mops Den Faschingszug moderierte vom Marktplatz (Werner Hofmann) waren Betrachter erstmals der im selben Jahr gewählte Karlstadter des Karlstadt Geschehens auf vier Bürgermeister Karl-Heinz Keller, der die einzelnen Beinen.

Gruppen und Wagen mit humorigen Worten ankündigte.

Absage wegen Golfkrieg Große Karnevalsgesellschaften im Rheinland sagten 1991 wegen des Golfkriegs ihre närrischen Veranstaltungen ab. In Karlstadt entschied man „Saalfastnacht ja, Fasnachtszug nein“. Das Sitzungspublikum tolerierte dies, die Stimmung und die Beiträge waren durchweg gut. Nachwuchstalent Markus Leutner feierte sein Debüt. Die große Tanzgarde wurde von Anja Wilhelm und Ilona Jelitte trainiert, die selbst mittanzten. Mit ausgefallenen Kostümen zauberten sie viele Jahre gelungene Schautänze auf die Bühne. Da Schulen und Kindergärten jegliches Faschingstreiben unterließen, lud die KAKAGE erstmals auf Wunsch vieler Eltern am Rosenmontag zu einem Kinderfasching ins Historische Rathaus ein.

Da die Narren bekanntlich die Elferzahlen feiern, hieß das Motto im Jubiläumsjahr 1992 „22 Jahre Trumpf“. Es sollte zugleich der Abschied für Gesellschaftspräsident Heinz Lummel von der KAKAGE-Bühne werden. Heinz Lummel hatte einstmals von Heimatdichter, Chronisten und Redakteur Hanns Meder gehört: „I möcht e mal so viel Gald ho, damit I für alle Wei’ aus dem Glauberbrunnen lauf lass ko.“ Diese Vision wollte Lummel bei seinem Abschied Wirklichkeit werden lassen. Er lud die Bevölkerung zum Auftakt der Jubiläumskampagne ein, mit einem Trinkglas von 0,25 Liter zum Kübelmarkt zu kommen und von 12.12 bis 13.13 Uhr kostenlos Wein zu schöpfen. Die Meldung über diese Aktion wurde über die Deutsche Presseagentur veröffentlicht und so in ganz Deutschland bekannt.

Nach dem Kartenvorverkauf, an dem die vier Sitzungen ausverkauft wurden, gab die Schwedengarde wie in jedem Jahr mit Böllerschüssen den Startschuss zur Inthronisierung. Das Prinzenpaar Sigrid I. (Köhler) und Peter II. (Heßler) verlas nach der Gefangennahme des Bürgermeisters Karl-Heinz Keller seine Regierungserklärung.

Die Musikkapelle Sauer begleitete mit flotten Schunkelliedern die Weinaktion. Dicht Karlstadt 137

gedrängt standen die Gäste und hielten ihre Gläser unter die vier Hähne, aus denen immerzu Wein sprudelte, bis die 400 Liter ausgeschöpft waren.

Im Bürgersaal des Historischen Rathauses vollzog Franz (Mecki) Binder, Präsident des Fastnachtsverbandes Franken, die Ordensverleihung mit dem „Goldenen Till von Franken“ an Detlef Wagenthaler und mit dem Verdienstorden an Heinz Georg Lummel.

22 Jahre KAKAGE rafften Hermann und Hermine (Werner Hofmann und Gelinde Heßler) in elf Minuten zusammen. Besonders die „Glanzlichter“ wie Knödelwurf in Bad Windsheim, Tortenwurf beim Carneval-Club Stetten, FeuerlöschspritDer Fasching brachte sie zusammen: Zugmarschall zen in Würselen und den Transport eines Hermann Hannes aus Karlstadt und seine Frau Klaviers, das vom Pritschenwagen rutschElionore („Elle“) aus Querfurt, 1993. te, hoben sie hervor. Die „Gebrüder Narr“ brachten mit ihrem Lied „Kein größ’rer Narr in dieser Zeit . . .“ und der treffenden Formulierung „. . . er hat gegeben Geld, Herz und Leben“ das Engagement Heinz Lummels auf den Punkt.

Einziger Wermutstropfen war „Die Anmerkung“, eine Berichterstattung in der MainPost von Harald Schneider über die Ordensverleihung des „Goldenen Till von Franken“. Dort hieß es: „Nicht dass Detlef Wagenthaler die Auszeichnung (Goldener Till) nicht verdient hätte. Gerade er ist oftmals das Salz in der Suppe bei den Prunksitzungen, ob es nun seine geschliffenen Büttenreden oder seine brillante Sitzungsführung betrifft. Aber der Goldene Till hätte an diesem Tag Heinz Lummel gebührt, der 22 Jahre Herz und Motor der Karlstadter Fastnacht war . . . Es ehrt Detlef Wagenthaler, dass ihm sichtlich Hermann (Werner Hofmann) und Hermine (Gerlinde Heßler) mit Gesellschaftspräsident Heinz Lummel.

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unwohl in seiner Haut wurde.“ Detlef Wagenthaler schickte eine Pressemitteilung zurück: „Ich finde es beschämend, dass ich mich für meine Verdienste rechtfertigen muss.“ Und weiter: „ ...habe ich dem geschäftsführenden Präsidium meinen sofortigen Rücktritt vom Amt des Sitzungspräsidenten erklärt.“ Nur der Appell in aller Öffentlichkeit an Detlef Wagenthaler „seine Mitwirkung als Sitzungspräsident im Interesse nicht nur Drei Präsidenten der KAKAGE: Sitzungspräsident Detlef Wagenthaler, Senatspräsident Alfred Biehle, der Karlstadter Fasenacht, son- Gesellschaftspräsident Heinz Georg Lummel. dern auch unserer gemeinsamen Heimatstadt Karlstadt fortzusetzen“ brachte ihn dazu, umzudenken und die Sitzungen weiter zu moderieren. Sein Entschluss, ebenfalls bei der KAKAGE aufzuhören, stand jedoch fest.

In dieser Session wurde erstmals ein Besuch bei der Wasunger Karnevalsgesellschaft, einer der ältesten Fastnachtshochburgen der neuen Bundesländer, mit dem Prinzenpaar und der Garde verwirklicht.

Randnotiz: Die Ehrensenatoren sammelten Jahr für Jahr Geldspenden in den eigenen Reihen, deren Höhe in den Sitzungen verkündet wurde. Vorrangig wurde das Geld für die prächtigen Kostüme der Gardemädchen, die Schautanzkostüme und für den Spielmannszug verwendet.

Nach vier erfolgreichen Jubiläumssitzungen und zahlreichen Ehrungen kam die unvermeidliche Stunde des Abschieds. Durch den abgedunkelten Saal trugen die KAKAGE-Aktiven Kuchen mit glitzernden Wunderkerzen auf die Bühne. Zweiter Gesellschaftspräsident Werner Hofmann verabschiedete nach 22 Jahren das Narrengespann Detlef und Heinz – die „Sitting-Bulls“, wie sie von den „Hainis“ Winfried Hain, Horst Schmucker, Oskar Amersbach und Bruno Gold genannt wurden.

Randnotiz: Unvergessen sind die Texte, die von den „Hainis“ alias „Bachsingers“ dem närrischen Publikum vorgesungen wurden. Auf den Schlager „Mama Leone“ texteten sie: „Mama geh ohne, zieh doch mal gar nichts an, zieh deinen Schmuck nur an“. Viele dieser Lieder verwendeten sie später auch in den TV-Sendungen „Fastnacht in Franken“.

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Die „Fünftakter“ mit Georg Schneider, Herbert Fella, Albert Korn, Karl Schneider und Toni Wittmann.

Die „Fünftakter“ sangen voll Überzeugung: „Was ist die KAKAGE ohne Dich, die Fastnacht hast Du geprägt. Wer liegt uns jetzt in den Ohren?“ Heinz Lummel kämpfte mit seiner Fassung: „Dies ist der wahnsinnigste Moment meines Lebens, ein richtiger Abgang. Aber vielleicht stehe ich ja wieder auf.“ Detlef Wagenthaler konterte in gewohnter Manier: „So was kann nur eine Drohung sein.“ Den letzten Orden zum Abschied bekam Heinz Lummel von Vincent James („Jimmy“) Boxall, und zwar einen goldenen Wagen-Taler. Das KAKAGE-Präsidium ernannte Heinz Lummel zum Ehrenpräsidenten und Ehrensenator. In der letzten Prunksitzung der Jubiläumskampagne, die erst 3.15 Uhr beendet wurde, spürte jeder, gerade ging eine großartige Ära im Karschter Fasching zu Ende.

Moderator des Mammut-Fastnachtszuges 1992 war wieder Bürgermeister Karl-Heinz Keller, der am Marktplatz die farbenprächtigen Gruppen bei strahlendem Sonnenschein vorstellte. Über 80 Wagen und Fußgruppen wälzten sich durch die Helau rufende und winkende Menschenmasse. Der älteste närrische Zugteilnehmer Johann Maier war 94 Jahre alt und saß winkend auf einem hohen Thron, den ihm seine MaierSippe gebaut hatte. Mittlerweile kamen viele Karnevalsvereine aus den Stadtteilen und umliegenden Dörfern. Mehrmals gewannen die „Himmelstadter Göcker“ den ersten Platz bei der Prämierung. Es hagelte Konfetti, Bonbons und Schokoriegel in die fröhlichen Menschenketten. Am Ende waren alle, auch Zugmarschall Hermann Hannes, glücklich und zufrieden, dass alles so gut über die Bühne gegangen war.

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Weinbrunnen mit Organisator und Gesellschaftspräsident Heinz Lummel sowie dem Prinzenpaar Sigrid I. (Köhler) und Peter I. (Heßler) auf dem Kübelmarkt.

Bilder: Fotoatelier Steuer, Fotostudio Müller und vormals Paul Meder, Harald Schneider, Martina Amkreutz-Götz, Michael Schrauth, Kurt Raudenkolb.

Quellen: Schriftverkehr des Junggesellenclubs, Jahreshefte der KAKAGE, Zeitungsausschnitte von Main-Post, Fränkisches Volksblatt und Monatsrundschau.

Postkarte: Sammlung Claus Dürr Karlstadt 141

Kriegswitwen und Mütter brachten ihre Kinder durch Von Klara Eckstein In dem Glauben, dass der Krieg sicher nicht lange dauern würde, verabschiedete sich mein Onkel Karl Schirm von seiner Frau Rosa, um in den Krieg zu ziehen. Eines Tages nach vielen Jahren erhielt sie Post von der Wehrmacht, dass ihr Mann vermisst wäre. Sie aber hoffte noch immer, dass er vielleicht in Gefangenschaft in Russland geraten sein könnte und keine Möglichkeit zum Schreiben hätte.

Als der Krieg zu Ende war und nach Jahren ihr Mann für tot erklärt wurde, stand sie vor der Tatsache, dass sie nun ihre drei Kinder ohne Mann durchbringen musste.

In den ersten fünf Jahren nach 1945 bekamen die Rentner und die Witwen keine Rente. Sie mussten sehen, wie sie sich durchbrachten. In Karlstadt gab es keine große Auswahl an Arbeit. Stundenweise als Reinemachefrau in der Buchbinderei zu putzen, die Karlstadter Zeitung auszutragen und im Kino als Platzanweiserin zu arbeiten, waren kleine Möglichkeiten für eine Frau. Das wenige, das meine Tante Rosa verdiente, reichte nicht für sie und die Kinder. Auch der Garten steuerte zu wenig zum Essen bei.

So verdingte sie sich stundenweise bei den Bauern in Karlstadt. Die brauchten Helfer, da viele Männer aus der Kriegsgefangenschaft noch nicht zu Hause waren.

Sie erntete Rüben und Kartoffeln. Das war noch Handarbeit. Das Heu, das auf den Böcken stand, musste eingefahren, das Korn gedroschen werden.

Auf die müde Frau warteten am Abend der Haushalt und drei hungrige Kinder. Die größeren versuchten, die Mutter zu unterstützen. Karl, der Jüngste, hatte spitz gekriegt, dass die Amerikaner in der Würzburger Straße in eine Sandgrube ihre Brotabfälle warfen. Überglücklich, sich endlich satt essen zu können, hielt die Familie diese Quelle geheim. Leider dauerte ihr Glück nicht lange. Eines Tages erwischten sie die Amis und verscheuchten sie. Als sie anderntags wieder Brot holen wollten, war Benzin auf das schöne Brot gegossen und angezündet worden.

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St. Andreas und der alte Friedhof – Ausgrabungen auf dem Kirchplatz Von Ulrich Müller Die geschichtlichen Quellen erwähnen für Karlstadt kein exaktes Gründungsdatum, jedoch lässt sich der Zeitraum relativ genau eingrenzen.

Laut einer Urkunde der bischöflichen Kanzlei Würzburg aus der Amtszeit Ottos I. von Lobdeburg (1207 bis 1223), die den Ausbau der Stadtbefestigung erwähnt, erfolgte die Gründung Karlstadts durch Bischof Konrad von Querfurt, der sein Episkopat zwischen 1198 und 1202 ausübte.

Der für die Stadtgründung sorgfältig ausgewählte Platz am Main lag gegenüber der Höhenburg Karlsburg und der bedeutenden Karolingersiedlung Karlburg, die über einen Hafen und ein Kloster verfügte.

Ein Konflikt zwischen dem Hochstift Würzburg und den Grafen von Rieneck, die so genannte Rienecker Fehde von 1236, führte zur Zerstörung der Siedlung. Spätestens mit diesem Ereignis musste das neu gegründete Karlstadt auf seine Rolle Bereits 2008 wurde das ehemalige Mesnerhaus archäologisch untersucht. An der Rückwand des weitgehend als Stützpunkt gegen die das Bistum intakten Kellerraums war zu erkennen, dass das Gebäude Würzburg bedrohenden Grafen von nachträglich in die bereits bestehende Friedhofsmauer Rieneck mit einer systematischen eingebunden wurde.

Foto: Jochen Scherbaum Befestigung der planmäßig angelegten Stadtanlage vorbereitet werden. Die Bestrebungen der Bischöfe führten dazu, dass die Siedlung bereits um die Mitte des 13. Jahrhunderts das Stadtrecht erlangte.

Darauf verweist die um 1262 erstmalige Bezeichnung der Bürger als cives sowie vor allem die Bezeichnung der Stadt selbst als civitas um 1277.

Karlstadt 143

Das Kellergewölbe des Kirchner-Häusleins war noch erhalten. Aus dem verfüllten Keller wurde eine beträchtliche Menge an menschlichen Skeletten geborgen. Das Knochenmaterial stammt wohl aus dem ehemaligen Beinhaus, dessen Lage archäologisch jedoch nicht erfasst werden konnte.

Foto: Ulrich Müller

Der regelhafte Stadtausbau auf dem weiten, zum Main hin leicht abfallenden Areal erschließt sich dem Besucher im rasterartigen Verlauf der Straßen und Gassen. Die beiden Hauptachsen bilden die durch ein nördliches und ein südliches Tor verlaufende Hauptstraße sowie die Maingasse, die an der Flussseite durch ein drittes Tor und am östlichen Ende durch die Stadtmauer begrenzt wird. Diese zieht sich annähernd halbkreisförmig um die Altstadt und bildet zum Main hin eine 400 Meter lange lineare Front.

Im Schnittpunkt der genannten Straßenzüge liegt der Marktplatz mit dem Rathaus an seiner Ostseite. Hinter diesem erstreckt sich der Kübelmarkt, nordöstlich daran schließt sich der Kirchplatz mit der Pfarrkirche St. Andreas im Zentrum an. Diese beiden letztgenannten Platzbereiche waren in der Altstadtsanierung 2009 Ort umfangreicher Baumaßnahmen, in deren Verlauf der Untergrund mit Schotter gefestigt, Versorgungsleitungen verlegt und die Plätze insgesamt neu konzeptioniert und gestaltet wurden.

Wegen der zu erwartenden Funde wurden bereits im Herbst 2008 Sondageschnitte * angelegt und schließlich von März bis August 2009 im Auftrag der Stadt Karlstadt eine groß angelegte Grabungskampagne der Grabungsfirma Archäologische Doku144 Karlstadt

Auf dem Grabungsplan sind der achteckige Grundriss des Kirchhofs und die an den diagonal zum Straßenverlauf liegenden Gebäude gut zu erkennen. Während der Grabungen wurde an der Nordseite des Friedhofs der Schwellenkranz eines zurückversetzten Hauses freigelegt. Die Lage entspricht dem auf dem Katasterplan nicht näher bezeichneten Gebäude mit der Nummer 98. Die schematisch dargestellten Bestattungen konzentrieren sich vor allem auf den südlichen Kirchplatz, der bis zu einer Tiefe von einem Meter untersucht wurde. Auf der Nordseite liegen unter der Grabungstiefe von lediglich 60 Zentimetern noch weitere Gräber. Dass der eigentliche Friedhof älter als die Ummauerung ist, belegt der Befund 436. Dieses Grab lag unter und teilweise außerhalb der Umfriedung.

Grafik: Ulrich Müller

mentation Scherbaum, Bamberg, durchgeführt. Die Grabungsleitung hatte nach der von Jochen Scherbaum geleiteten Voruntersuchung 2008 im Jahre 2009 der Verfasser dieses Beitrags inne. Über die ursprüngliche Bebauung der von der Grabung betroffenen Flächen gibt ein Katasterplan aus dem 19. Jahrhundert Auskunft. In diesem 1835 entstandenen Plan sind auf dem Kirchhof rings um die Pfarrkirche St. Andreas einige Gebäude eingetragen, von denen nur die Deutsche Schule, heute „Arche“ genannt, den baulichen Karlstadt 145

Wandel der Altstadt überstanden hat. Die verzeichneten Bauten wollen auf den ersten Blick nicht recht in das wohlstrukturierte Ortsbild der schachbrettartig angelegten Altstadt passen. Die Ursache für diese Abweichung findet sich im Baubefund, den dieser Plan nicht zeigt, nämlich der alten Friedhofsmauer, die den gesamten Kirchhof umgab und in deren Verlauf die Gebäude eingebunden waren.

Da die Baumaßnahmen den gesamten Kirchplatz betrafen, lag die Untersuchung dieses Friedhofs im Fokus der Grabung. Seine Anfänge reichen vermutlich bis in die Zeit der Stadtgründung an der Wende vom 12. zum 13. Jahrhundert zurück, seine Belegung endete erst 1806. Der Abbruch der Friedhofsmauer und die Einebnung des Areals erfolgten um 1820. Als Folge dessen endete auch nach und nach die Nutzung eines Teils der umliegenden Gebäude, die noch im Kataster verzeichnet sind.

Durch die Grabungsmaßnahmen bestand zudem die Hoffnung, neue Hinweise auf den romanischen Vorgängerbau der Pfarrkirche St. Andreas zu erhalten. Die ursprüngliche Konzeption des Kirchenbaus mit Seitenturm, der heute in Form eines Turmstumpfes an der südlichen Chorseite die Alte Sakristei bildet, wurde zugunsten der moderneren Variante mit dominierendem Westturm an der Eingangsfront abgelöst. Turm und Hauptportal bilden noch heute die ältesten sichtbaren romanischen Bauteile der Pfarrkirche, die in der Zeit von 1370 bis 1515 zu der beeindruckenden gotischen Ausführung umgebaut wurde.

Die unteren Lagen der Kirchhofmauer waren in weiten Teilen erhalten geblieben.

Aus den untersuchten Abschnitten ließ sich ein oktogonaler (achteckiger) Grundriss rekonstruieren, wobei die West-Ost und die Nord-Süd verlaufenden Seiten sich an der Ausrichtung der umgebenden Straßenzüge orientierten. Aus den gesicherten und den rekonstruierten Baustrukturen ergab sich eine Gesamtlänge der Friedhofsmauer von etwa 200 Metern, und sie umfasste eine Fläche von ziemlich genau 3000 Quadratmetern.

Die Höhe der untersuchten Abschnitte variierte zwischen 40 und 60 Zentimetern, die Breite betrug 70 bis 80 Zentimeter. An wenigen Stellen erreichte sie bis zu einem Meter. Die Mauer bestand aus durchschnittlich zwei bis vier Lagen Muschelkalk und teilweise Buntsandstein. In fast allen Baubefunden – einschließlich denen der Pfarrkirche St. Andreas – wurde die Verwendung solcher Materialien nachgewiesen.

Beide Triasgesteine ** waren leicht verfügbar, da deren Kontaktbereich nördlich von Karlstadt bei Gambach liegt. Auffällig war die Vermauerung teils recht grober Quader, die in dieser Menge vom Abbau der im Bauernkrieg 1525 zerstörten Karlsburg stammen können.

Aus dem Friedhofsareal wurden etwa 450 Bestattungen geborgen und dokumentiert.

Da nur bis zu der Tiefe untersucht wurde, die für den Aufbau des Schotterpaketes not146 Karlstadt

wendig war, dürfte die tatsächliche Zahl der Gräber allerdings um ein Vielfaches höher sein.

Auf dem nördlichen Kirchplatz war die Grabungstiefe geringer als im Süden, dort liegt nach wie vor ein Großteil der Bestattungen.

Die Gebeine der auf dem Areal Bestatteten wurden im Zuge der Grabung dokumentiert, geborgen und in die Anthropologische Staatssammlung nach München überführt. Die dort lagernden Gebeine sollen naturwissenschaftlich untersucht und können anschließend auch für eine Wiederbestattung zurückgeführt Die Bestattungen kamen an manchen Stellen bereits ab werden. einer Tiefe von 30 bis 40 Zentimeter unter dem Asphalt zutage. Sie lagen teilweise in dichter Belegung in mehreren Schichten übereinander. Umgedrehte Schüsseln markieren die Lage der meist zuerst freigelegten Schädelknochen.

Foto: Ulrich Müller

Bei der Untersuchung der Gräber kamen in mehreren Fällen auch materielle Hinterlassenschaften zutage. Im Zuge der Christianisierung verlor sich zwar der Brauch, die Verstorbenen mit reichen Grabbeigaben auszustatten. Jedoch fanden sich in den Gräbern noch vereinzelt Trachtbestandteile oder Kleidungsrückstände sowie christlich motivierter Schmuck, der die Glaubenstradition sowie auch die Ausübung des Pilgerwesens belegt.

Aus den Gräbern wurden eine Vielzahl von Beigaben wie Rosenkränze, Kruzifixe, Medaillons, Pilgerzeichen und andere Zeugnisse des christlichen Volksglaubens geborgen. Besonders vielfältig waren die unterschiedlichen Ausführungen der Rosenkränze aus verschiedenen Materialien wie Holz, Glas, Knochen, Buntmetall und Gagat, einem schwarzen, glänzenden Schmuckstein. Aus dem leicht zu bearbeitenden Stein wurden seit dem Mittelalter Rosenkränze und Trauerschmuck hergestellt, sodass der Fund in Karlstadt nicht ungewöhnlich erscheint. Allerdings stellt er doch eine Ausnahme dar, da das wertvolle Material nicht jedermann zur Verfügung stand und daher Rückschlüsse auf einen höheren sozialen Stand des Besitzers zulässt.

Ein mehrfach wiederkehrendes Element bildeten die Einhänger des sogenannten Fünf-Wunden-Rosenkranzes, einer Variante, die sowohl im süddeutschen als auch südeuropäischen Raum verbreitet war. Mehrfach fanden sich aus Knochen geschnitzte Schädel, Hände, Füße und Herzen, die teils mit Wundmalen versehen oder bemalt Karlstadt 147

Außergewöhnlich gut hat sich dieser hinter Glas gesetzte Stich in einem Buntmetallrähmchen erhalten. Er zeigt den gegeißelten Christus an einer Martersäule. alle Fotos: Ulrich Müller

In einer Fassung aus Buntmetall hat sich ein Holzkreuz mit Perlmutteinlagen erhalten. Die Korrosionsprodukte von Metall sorgten für ein für Mikroorganismen ungünstiges Bodenmilieu und hinderten diese an der Zersetzung organischer Reste, wie in diesem Fall das Holz.

Aus zahlreichen Gräbern wurden Rosenkränze geborgen, die die Verstorbenen meist in den Händen, vor der Brust oder im Gürtelbereich hielten. Im Laufe des 18. Jahrhunderts wurden die Perlen des Rosenkranzes zunehmend aus Glas gefertigt. Zuvor waren Holz und Knochen die hauptsächlich verwendeten Materialien.

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Ein besonders gelungenes Beispiel filigraner Knochenschnitzerei ist diese etwa drei Zentimeter große Christusfigur. Die fein gearbeiteten Arme waren abgebrochen, auch von dem vermutlich aus Holz gearbeiteten Kreuz hatten sich keine Reste erhalten.

In drei Gräbern wurden Anhänger des sogenannten Fünf-Wunden-Rosenkranzes gefunden. Bei diesem Exemplar sind ein Schädel sowie Hände, Füße und das Herz Christi mit roten Wundmalen zu erkennen.

Weitere Bestandteile sind die Martersäule, ein Abendmahlskelch und ein Bündel der Kreuznägel.

Ein beliebtes Material zur Herstellung von Rosenkränzen war der tiefschwarze Gagat.

Es handelt sich dabei um eine Art versteinerter Holzkohle, die sich sehr gut bearbeiten lässt. Die seltenen Belege für die Verwendung des Materials auf dem Karlstadter Friedhof blieben vermutlich gesellschaftlich besser gestellten Personen vorbehalten.

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waren. Funde von stilisierten Kreuznägeln oder Martersäulen, die diese Thematik ergänzen, wurden ebenfalls nachgewiesen.

Darüber hinaus hatten sich viele Kruzifixe – teils in Metall gefasste Holzkreuze mit Perlmutteinlagen, Caravacakreuze *** und Christusfiguren erhalten. Einige der geschnitzten Knochenfunde belegen Sinn für Details und Kunstfertigkeit. Neben diesen, den Rosenkränzen zugeordneten Die Ergebnisse der vorläufigen anthropologischen Fundstücken, fanden sich auch GeBeurteilung zeigen die typischen Verhältnisse genstände, die der Verstorbene wohl vorindustrieller Gesellschaften. Etwa ein Drittel der Individuen starb bereits im frühen Kindesalter von einer Pilgerreise mitgebracht bis etwa sechs Jahre, während rund die Hälfte das hatte. Der Fund einer Jakobsmuschel Erwachsenenalter erreichte. Nur ein Prozent der oder eines Medaillons mit der Ansicht Individuen wurde über 60 Jahre alt.

Augsburgs bezeugen solche PilgerGrafik: Ulrich Müller oder Wallfahrten.

In mehreren Gräbern überdauerten auch Reste von Trachtbestandteilen in Form von Gewandhaken, Schnallen, Schließen und Knöpfen. Des Weiteren und ausschließlich in Kindergräbern fanden sich einige Totenkronen aus zartem Buntmetallgeflecht.

Der Brauch, Kleinkindern oder jungen, nicht verheirateten Erwachsenen eine solche filigrane Beigabe mit in das Grab zu legen, ist seit dem 16. Jahrhundert bekannt.

Demografische Struktur und Krankheiten Die Untersuchung der Grabstätten und die Dokumentation der gefundenen Gebeine erlaubten erste Aussagen zur demografischen Struktur der Bevölkerung Demnach waren über ein Viertel der Individuen Säuglinge oder Kleinkinder bis sechs Jahre.

Annähernd die Hälfte erreichte das Erwachsenenalter, während etwa 30 Prozent die Altersstufe matur I, also 40 Jahre und älter, überschritten. Etwa 60 Prozent der Individuen waren weiblichen und etwa 40 Prozent männlichen Geschlechts.

Auch konnten anhand der Befunde verschiedene Krankheitsbilder und Verletzungen dokumentiert werden. Besonders häufig waren neben den üblichen Zahnerkrankungen vor allem arthritische Missbildungen in Folge von Gicht oder auch das Auftreten des Bechterew-Syndroms. Auch verschieden ausgeprägte Formen von Skoliosen und Spuren von Knochenentzündungen, möglicherweise als eine Folge von Tuberkulose, wurden nachgewiesen.

Keramikfunde aus der Friedhofsverfüllung, die ein zeitliches Spektrum vom 13. bis in das frühe 19. Jahrhundert umfassen, zeigen, dass die Belegungsdauer des Friedhofs bis in die Zeit der Stadtgründung zurückreicht.

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Das sogenannte Ulrichskreuz mit einer Darstellung Augsburgs stammt vermutlich von einem Pilgergang in jene Stadt. Zur Zeit der Ungarneinfälle im 10. Jahrhundert führte Bischof Ulrich von Augsburg das Heer der Verteidiger und hielt der Überlieferung nach den Angreifern symbolisch das Christuskreuz entgegen.

Foto: Ulrich Müller

Friedhofsmauer erst erbaut nach 1525 Die Reste der Friedhofsmauer datieren jedoch nicht so weit zurück. Vermutlich wurde sie nach der Zerstörung der gegenüberliegenden Karlsburg im Bauernkrieg errichtet, als sich in Karlstadt eine rege Bautätigkeit entfaltete. Diese Bautätigkeit ist an den vielen Inschriften und Datumsangaben der erhaltenen Gebäude zu erkennen, die noch heute das Stadtbild prägen. Dass die Nutzung des Areals als Friedhof zeitlich weiter zurückreicht als seine Ummauerung, wird auch durch Befunde hinreichend belegt.

Besonders anschaulich zeigt diesen Umstand der Fund einer Bestattung (Bild 1, Nr. 436) im südlichen Kirchhof, die sowohl unterhalb als auch teilweise außerhalb der Friedhofsmauer lag.

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Die Skelette zeigten zahlreiche Krankheitsbilder auf.

Auffällig waren solche Wirbelsäulenverkrümmungen (Skoliosen). Im Beckenbereich dieser Bestattung ist ein hölzernes Kruzifix mit einer Christusfigur aus Buntmetall zu erkennen.

Foto: Ulrich Müller

Zu den ältesten Gräbern innerhalb der Einfassung zählt eine unmittelbar am Fundament des Langschiffes auf der Südseite der Kirche gelegene Bestattung, die durch nachfolgende Baubefunde gestört wurde. Sie war von drei Buntsandsteinquadern flankiert, die offensichtlich zur Einfassung des Grabes gehörten. Bei dieser als Steinkistengräber bezeichneten Form handelt es sich um eine seit dem frühen Mittelalter übliche Bestattungsart. Beispiele für diese Art der Grabeinfassung fanden sich auch auf dem ehemaligen Würzburger Friedhof zwischen Neumünsterkirche und Dom, die in das 11./12. Jahrhundert datiert wurden.

Im Nordwesten des Kirchhofs fanden Untersuchungen am sogenannten „Kirchner-Häuslein“ statt, das an die Nordost-Südwest verlaufende Mauer angebaut war. Erkennbar war der Schwellenkranz eines Fachwerkhauses mit den Außenmaßen 10,70 mal 4,35 bis 6,90 Meter. Die Fundamentstärke betrug 50 bis 70 Zentimeter.

Eine der ältesten Bestattungen des Friedhofs lag unmittelbar an der Mauer des Langschiffes der Pfarrkirche. Die Bestattung wird beidseitig durch zwei bauliche Konstruktionen gestört und ist folglich älter als diese. Neben der Bestattung sind die Reste einer Grabeinfassung aus Buntsandsteinquadern zu erkennen.

Foto: Ulrich Müller 152 Karlstadt

Im Nordwesten des Kirchhofs wurde das Fundament des Kirchner-Häusleins mit einem an die Friedhofsmauer angebauten Kellergewölbe freigelegt.

Foto: Ulrich Müller

Innerhalb dieser Struktur fand sich ein intaktes Kellergewölbe, aus dessen Verfüllung große Mengen menschlicher Gebeine geborgen wurden, die über Siedlungsschutt des 16. bis 18. Jahrhunderts lagen. Mit der Entnahme offenbarte sich die konstruktive Verbindung des Gebäudes mit der Friedhofsmauer, welche die Rückwand des Kellers bildete und nur an dieser Stelle bis zu einer Tiefe von 1,90 Metern reicht. Wie schon 2008 an der Südwestseite beim Mesnerhaus beobachtet, war beim Bau des Kellers die Friedhofsmauer unterfangen worden. Im Scheitelpunkt des Gewölbes wurde gleichzeitig eine Nische (Karner) eingearbeitet, durch die Material in den Keller gefüllt werden konnte. Möglicherweise gelangten in diesen Keller Knochen des ehemaligen Beinhauses, als der Friedhof zu Beginn des 19. Jahrhunderts aufgelassen wurde.

Reste eines Brunnens Unmittelbar nordöstlich dieses Gebäudes kamen die Reste eines Brunnens zum Vorschein. Er bestand aus bis zu sechs Lagen grober Quader aus Muschelkalk. Die Form dieser Quader war teilweise sehr unregelmäßig, die geraden Kanten wiesen jedoch stets zur Brunneninnenseite. Die gesamte Konstruktion war ohne Bindemittel Karlstadt 153

in die umgebende Erde gesetzt. Den Vorgaben entsprechend wurde die Brunnenfüllung lediglich einen Meter tief ausgeräumt. In dieser vergleichsweise geringen Tiefe wurden keine Funde geborgen.

Ein anderer, 60 bis 70 Zentimeter breiter und etwa 50 Zentimeter hoher Schwellenkranz bildete einen rechteckigen Grundriss von etwa 14 mal 8,50 Metern. Die Lage entspricht dem auf dem Katasterplan nicht näher bezeichneten Gebäude mit der Nummer 98 an der Nordseite des Friedhofs (Bild 1 oben). Mehrere Bestattungen innerhalb des Schwellenkranzes belegen, dass dieses Gebäude erst nachträglich in den Verlauf der Friedhofsmauer eingebunden wurde. Dabei musste das Haus relativ weit in das Friedhofsareal gesetzt werden um die Durchfahrt nicht zu behindern.

Nur wenige Befunde standen im Kontext mit der Errichtung der Pfarrkirche. Sie brachten jedoch keine neuen Erkenntnisse bezüglich ihrer Baugeschichte.

An der Südseite des Langschiffes wurde ein Mauerfortsatz freigelegt, dessen Funktion trotz eingehender Untersuchung nicht geklärt werden konnte. Fraglich bleibt, ob das Kirchenfundament über diesen Fortsatz hinweg gebaut wurde oder ob es sich lediglich um einen später angefügten Maueransatz handelt. Denkbar wäre auch eine Fehlplanung während des Bauvorhabens, sodass dieses Rudiment ungenutzt verblieb.

Ein anderer Baubefund bildet, ausgehend von zwei Strebepfeilerfundamenten, einen rechteckigen Bereich im südwestlichen Zwickel zwischen Lang- und Querschiff. In dem unsorgfältig ausgeführten Mauerwerk waren Spolien **** von gotischen Maßwerkfenstern verbaut, die an dieser Stelle erst nach dem abgeschlossenen Umbau von St. Andreas im 16. Jahrhundert verwendet worden sein können. * Sondageschnitt: „Suchschnitt“; zur Beurteilung der archäologischen Fundsituation und besseren Planung des Bauvorhabens werden im Vorfeld Sondageschnitte, das heißt kleine Ausgrabungsschnitte und -flächen, angelegt. ** Triasgestein: (griech.: Dreiheit), älteste Formation des Erdmittelalters mit Buntsandstein, Muschelkalk und Keuper. *** Caravaca-Kreuz: Das zweiarmige Kreuz wurde als Haussegen, zum Schutz vor der Pest und als allgemeines Schutzamulett verwendet. Caravaca de la Cruz ist eine Stadt im Südosten Spaniens, in der Region Murcia. **** Spolien (lat.: spolium: „Beute, Raub, dem Feind Abgenommenes“) sind Bauteile und andere Überreste wie Teile von Reliefs oder Skulpturen und Friese, Säulen- oder Kapitellreste, die aus Bauten älterer Kulturen stammen und in neuen Bauwerken wiederverwendet werden.

Quellen: Literatur Werner Zapotetzky, Karlstadt – Geschichte einer Stadt in Franken (Ochsenfurt 1980); U. B. Frei/F. Bühler, Der Rosenkranz: Andacht – Geschichte – Kunst (Bern 2003); M. Hoppe, Arch. Jahr Bayern 2007, 148-150.

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Karlstadter Flurnamen - Zwischen Burräh, Lausbaam und Schtėiterwaach Teil 4 (Letzter Teil) Manfred Schneider Flurnamen entstanden mit der Sesshaftwerdung des Menschen und dem damit verbundenen Feldbau. Namen verschiedenster Art und Bedeutung machten die Flur übersichtlich und den Ort des Grundbesitzes für Obrigkeit und Bauer greifbar. Die ältesten Nachweise über Flurbezeichnungen finden sich in Urkunden und Niederschriften aus der Zeit unmittelbar nach der Stadtgründung und der damit verbundenen Aufteilung der Flur an die Neubürger. Viele Flurnamen von damals haben sich bis heute fast unverändert erhalten, andere fanden durch die unterschiedlichen Einflüsse und Veränderungen der Sprache eine neue Schreib- und Ausdrucksweise und eine Reihe von Namen sind im Lauf der Zeit aus dem Sprachgebrauch und der Erinnerung der Stadtbewohner verschwunden.

Neben der Erschließung von Siedlungsgebieten war es vor allem die aufkommende Flurbereinigung, welche eine Erfassung der Flurnamen sinnvoll machte. Für die Gemarkung Karlstadt (ohne Stadtteile) hat Franz Schwarz zwischen 1953 und März 1955 auf Anregung des Verbandes für Flurnamenforschung eine ausführliche Flurnamensammlung zusammengestellt. Als Quellen dienten ihm das Grundbuchsachregister im Amtsgericht Karlstadt, die Steuerkataster im Finanzamt (Rentamt) Karlstadt und der Flurplan der Steuergemeinde Karlstadt. Des Weiteren half ihm der Volksmund – in seinem Fall die alteingesessenen Landwirte – bei seinen Forschungen weiter. Wesentliche Hilfen waren aber die Aufzeichnungen der Feldgeschworenen (Siebener) ab 1670, das Gotteshaus-Zinsbuch von 1475, die „Alt Regel über Karlstadt“ von 1453, das Salbuch von 1593 sowie die Beth- und Schatzungsbücher ab 1638. Franz Schwarz hat anhand dieser Archivalien 82 Flurnamen mit den dazugehörigen Flurnummern zusammengestellt und beschrieben – eine aufwendige Arbeit von heute unschätzbaren Wert. Seitdem sind über 50 Jahre vergangen. Die Stadt hat sich weit über die Mauern der Altstadt hinaus entwickelt. In dieser Zeit haben sich die Grenzen der einstmals genau definierten Flur durch die Siedlungsbebauung verwischt, andere erinnern in Straßennamen an die einstige Bedeutung.

Das vorliegende Flurnamenverzeichnis, erstmals in den Jahrbüchern 2007 bis 2010 in vier Teilen veröffentlicht, wurde in dieser Zeit aus den unterschiedlichsten Aufzeichnungen von Franz Schwarz zusammengestellt und dabei vorsichtig überarbeitet und wo es sinnvoll erschien, mit neueren Erkenntnissen der Flurnamenforschung ergänzt.

Dabei bleibt nicht aus, dass sich eine größere Anzahl von Flurbezeichnungen einer Erklärung und Deutung entzieht und somit weiterhin Rätsel über ihr Entstehen aufgeben.

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Das Panorama der südlichen Karlstadter Flur zeigt die Flurbezeichnungen (bis auf das Areal der Zementfabrik) außerhalb der städtischen Bebauung. Die mit Bäumen 156 Karlstadt

durchsetzte Fl채che unterhalb der Zementfabrik ist der Bagerts und das S채ndlein.

Foto: Manfred Schneider Karlstadt 157

Lfd. Nr.: Kartennummer: Name: Mundartform: Kulturart: Richtung: Alte Schreibweise: Fundstelle: Erläuterung:

Herkunft:

Beschreibung:

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1 49 Am Algengraben Ålchegråwe Wassergraben, Weg SO Im Alchenthal Salbuch 1593 Das Grundbuch führt unter dieser Bezeichnung nur einige Plannummern am Auslauf des fast einen Kilometer langen, sich vom Stettener Berg bis ins Maintal hinunterziehenden tief einschneidenden Algentales auf. Volkstümlich wurde jedoch unter der Bezeichnung „Algengraben“ der gesamte Einschnitt, also auch Sommer- und Winteralge sowie der auf dem Grund der Rinne verlaufende Weg verstanden.

Bevor das Gelände landwirtschaftlich genutzt wurde, dürfte es dem alten Namen nach eine mit Gras bewachsene Fläche und eingezäunte gewesen sein den.

Bis zum Bau des Kapuzinerklosters 1670 befand sich auf diesem Gelände die Schießhütte der Geschworenen Schützen, die dort ihre sonntäglichen Schießübungen abhielten.

Da man aus der Stadt nur auf großem Umweg durch das Obere oder Untere Tor zum Kloster gelangen konnte, wurde 1678 gegenüber dem Kloster die Stadtmauer durchbrochen und durch diesen „Schneller“ den Stadtbewohnern ein direkter Zugang zum Kloster geschaffen.

2 41, 47, 48 An der Sommeralgen Summerålche Weinberg, Acker, Ödland, Wald SO In der Alchen Salbuch 1593 Nordhang (nach Süden zur Sonne hin geneigter Hang des Algengrabens) des cirka einen Kilometer langen, vom Stettener Berg zum Main gehenden Tals, steinig und lehmig.

Lfd. Nr.: Kartennummer: Name: Mundartform: Kulturart: Richtung: Alte Schreibweise: Fundstelle: Erläuterung:

3 47, 48 An der Winteralgen, Winteralgen beim Rosstal Winterålche Wald, Ődland, früher Ődland SO In der Alchen Salbuch 1593 Südhang (nach Norden hin geneigter Hang des Algengrabens), steinig

Lfd. Nr.: Kartennummer: Name: Mundartform: Kulturart: Richtung: Alte Schreibweise: Fundstellen: Erläuterung:

8 54, 55 Im Bardental Bardetål Acker, früher Weinberg SO Bartenthal, Bardenthal Salbuch; Beth 1638 Ebenes und lehmiges Gelände entlang der Straße nach Würzburg unterhalb der steilen Felswände

Lfd. Nr.: Kartennummer: Name:

10 40, 47 Am Purrain , Purrain beim Speierweg, der Purrainund Sommeralgenweg Burräh Acker, Weinberg SO Burreyn, Buchrain 1741, Burrein, Burrayn Regelbuch 1453; Salbuch; Beth 1638 Hang am Kalvarienberg, zieht sich vom Tannenwäldchen hinauf zum Stadtwal gemischter Boden, Bildstock,

Mundartform: Kulturart: Richtung: Alte Schreibweise: Fundstellen: Erläuterung:

Lfd. Nr.: Kartennummer: Name: Mundartform: Kulturart: Richtung:

13 38, 40 An (in) der Trift Drift Wassergraben, Weg, früher Weideplatz SO Karlstadt 159

Alte Schreibweise: Fundstelle: Erläuterung: Herkunft:

--Wassergraben, vom Kalvarienberg zum Wurzgrund hinunterziehend Etwas ungewöhnlich ist die Bezeichnung „Trift“ für diesen Teil der Flur. Sie bezieht sich auf den „Trieb“ des Viehs auf eine Weide oder Weideplatz. Es ist anzunehmen, dass das Weidevieh beim Trieb vom oder zum Geisberg am hinteren Ende des Weges in den Wurzgrund an einem Wasserloch zur Tränke geführt wurde.

Lfd. Nr.: Kartennummer: Name: Mundartform: Kulturart: Richtung: Alte Schreibweise: Fundstelle: Erläuterung:

14 51, 52 An (in) der Erdgrube, in den Erdgrubenäckern Ardegrüėbe Acker SO Erdengrüben Beth 1638 Steinige Hochfläche auf dem Stettener Berg; Markungsstein von 1588 gegen Stetten hin.

Lfd. Nr.: Kartennummer: Name: Mundartform: Kulturart: Richtung: Alte Schreibweise: Fundstelle: Erläuterung:

15 51 Am Erdloch Ardelouch Acker SO -Beth 1638 Steinige Hochfläche auf dem Stettener Berg

Lfd. Nr.: Kartennummer: Name: Mundartform: Kulturart: Richtung: Alte Schreibweise: Fundstelle:

31 47 Am Guckenmürrlein Guggemärrle, Guggemörle Weinberg, Ödung SO Guckenmürrlein Beth 1638

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Erläuterung: Herkunft:

Kleines, steiniges Gelände auf der Höhe eines Ausläufers des Kalvarienberges zum Maintal und den Alchen hin.

Als Gucken bezeichnete man die Herbstzeitlosen und/oder Küchenschellen. In der Tierwelt war der Kuckuck auch der Gucker oder Gugger. Wer nun Pate für den Karlstadter Flurnamen stand bleibt offen. Möglich sind die Küchenschellen, die auch heute noch auf den östlichen Hängen zu finden sind aber auch der Kuckuck, dessen Ruf rund um die Stationen des Kreuzweges

Lfd. Nr.: Kartennummer: Name: Mundartform: Kulturart: Richtung: Alte Schreibweise: Fundstelle: Erläuterung:

39 40, 41 Am Kalvarienberg Kalvariėberch Wald, Acker, früher Weinberg SO Nikolausberg Ratsprotokoll 1682 Bewaldete Bergkuppe mit den Stationen des Kreuzweges; auf den Höhen des Nikolausberges/Kalvarienberges um 1900 „Hünengräber“ ausgegraben.

Lfd. Nr.: Kartennummer: Name: Mundartform: Kulturart: Richtung: Alte Schreibweise: Fundstellen: Erläuterung:

43 32, 33, 34, 36 Am Laudenbacher Weg Laudebåcher Waach Industrie, Acker, Wiese S Laudenbacher Weg, Lauderweg Gotteshaus-Zinsbuch 1475; Beth 1663 Ebenes Gelände entlang des Mains vom Oberen Tor (Centh) bis zur ehemaligen Laudenbacher Querfahr (Laudenbacher Fähre); Bildstock.

Lfd. Nr.: Kartennummer: Name: Mundartform: Kulturart:

44 44, 45, 46 Am Lausbaum Lausbaam Industrie, Acker, früher Weinberg Karlstadt 161

Richtung: Alte Schreibweise: Fundstelle: Erläuterung:

SO Lausbaum Regelbuch 1453 Ebenes Gelände, verbaut durch Zement- und Eisenwerk, Sägewerk und Bahngleis; sandiger Boden.

Lfd. Nr.: Kartennummer: Name: Mundartform: Kulturart: Richtung: Alte Schreibweise: Fundstelle: Erläuterung:

46 47 An der Leisten Leiste Acker, früher Weinberg SO --Kleine Hochfläche vor dem Kalvarienberg, zum Main und den „Algen“ hin; steinig.

Lfd. Nr.: Kartennummer: Name: Mundartform: Kulturart: Richtung: Alte Schreibweise: Fundstelle: Erläuterung:

48 44, 45, 46 In der Lichtenau Lichtenaa Acker, Wiese SO Lichtenau Gotteshaus-Zinsbuch 1475 Große Wiesenflächen am Main und Laudenbacher Weg. Am Lichtenauweg befand sich die Landwehr

Lfd. Nr.: Kartennummer: Name:

51 49 Am Maxbrunnen; am Maxbrunnen im Strohweg

Mundartform: Kulturart: Richtung: Alte Schreibweise: Fundstellen: Erläuterung:

Maxbrunne Acker SO Am Arztbronn (?); Maxbronn Beth 1638 (Arztbronn); Beth 1800 (Maxbronn) Sandige, kleine Ackerfläche zwischen „Algengraben“ und Main.

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Lfd. Nr.: Kartennummer: Name: Mundartform: Kulturart: Richtung: Alte Schreibweise: Fundstellen: Erläuterung:

56 50, 52 Vorm Ross(ß)tal Rossel Wald, Acker, Weinberg SO Roßdal, Roßthal Gotteshaus-Zinsbuch 1475, Regelbuch 1493 Gelände über dem Prallhangfelsen gegen den Stettener Berg; Boden mittelmäßig und steinig.

Lfd. Nr.: Kartennummer: Name: Mundartform: Kulturart: Richtung: Alte Schreibweise: Fundstellen:

64 40, 47 Am Speierweg; am Speierweg beim Purrain Speierwaach Acker, früher Weinberg SO Spyrweg, Speyerweg, Speierweg, Speiersberg Urkunde 1342, Gotteshaus-Zinsbuch 1475, Salbuch 1593, Beth 1663 Ansteigendes und steiniges Gelände am Kalvarienberg.

Erläuterung: Lfd. Nr.: Kartennummer: Name: Mundartform: Kulturart: Richtung: Alte Schreibweise: Fundstelle: Erläuterung:

66 53, 54 An den Spitzäckern Spitzäcker Acker SO --Spitz-dreieckige Grundstücke zwischen Eisenbahn und Main am Rand der Markung gegen Himmelstadt; kiesig.

Lfd. Nr.: Kartennummer: Name: Mundartform: Kulturart: Richtung: Alte Schreibweise:

67 47, 49, 50, 52, 53 Am Stein Schtee Weinberg, Ödung SO Stein Karlstadt 163

Fundstellen: Erläuterung: Herkunft:

Lfd. Nr.: Kartennummer: Name: Mundartform: Kulturart: Richtung: Alte Schreibweise: Fundstellen: Erläuterung:

Herkunft:

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Herkunft:

Lfd. Nr.: Kartennummer: Name: Mundartform: 164 Karlstadt

Urkunde 1248, Salbuch 1593 Steinige und ebene Fläche entlang des Steilfelsens oberhalb der Weinlage „Stettener Stein“ Die Art und die Beschaffenheit des Bodens und die Felsen gaben diesem Flurstück den Namen.

68 37, 40 Am Steinlein Schteele Acker, früher Weinberg SO Steinle, Steinlein Salbuch 1593, Beth 1638 Steiniges Gelände am westlichen Hang des Kalvarienberges unterhalb des Tannenwäldchens und des Schützenhauses; Zehntkuffe auf Plannummer 5723.

Der karge Boden ist durchsetzt von unzähligen Steinchen als Reste von Kalkbändern.

69 49 An den Steinwiesen Schteewiese Wiese, Acker, früher Weinberg SO --Wiesengelände am Main unter dem Stettener Stein; sandig.

Die Steinwiesen werden durch die Bahnlinie Würzburg – Gemünden teilweise geteilt.

Durch Verwitterungsprozesse wurde das feine Steingeröll vom Steinlein und den Steilhängen zum Main hin versetzt.

Dies und die nahe Lage zum Steinlein und den Steilfelsen waren namensgebend.

70 39, 41-43, 48, 50, 51 Auf dem Stettnerberg Schtėiterberch

Kulturart: Richtung: Alte Schreibweise: Fundstelle: Erläuterung:

Wald, Acker, Weinberg SO --Hochfläche auf dem Stettener Berg, steinig.

Lfd. Nr.: Kartennummer: Name:

71 52, 53 Oberm Stett(n)erloch; Stettner Loch hinterm Rosstal

Mundartform: Kulturart: Richtung: Alte Schreibweise: Fundstellen: Erläuterung:

Schtėiterlouch Weinberg, Acker SO Steterloch, Stetterloch Urkunde 1248, Regelbuch 1453 Zum Steinberg ansteigendes Gelände auf dem Steilfelsen; steinig.

Lfd. Nr.: Kartennummer: Name: Mundartform: Kulturart: Richtung: Alte Schreibweise: Fundstelle: Erläuterung:

72 35, 40 Am Stett(n)erweg Schtėiterwaach Acker, früher Weinberg SO Stetterweg Gotteshaus-Zinsbuch 1475 Direkte Verbindung zwischen Karlstadt und Stetten, ausgehend vom Stationsweg, Viehweg, Wurzgrund, vorbei am Geisberg und dem Purrain.

Lfd. Nr.: Kartennummer: Name: Mundartform: Kulturart: Richtung: Alte Schreibweise: Fundstelle: Erläuterung:

74 47 Am Strohberg Schtroėberch Acker, früher Weinberge SO --Kleine Parzelle auf der Höhe eines Ausläufers des Kalvarienberges zum Main hin.

Karlstadt 165

Lfd. Nr.: Kartennummer: Name: Mundartform: Kulturart: Richtung: Alte Schreibweise: Fundstelle: Erläuterung:

75 45, 46, 47, 49 Am Strohweg; Strohweg beim Steinlein, Strohweg beim Guckenmürrlein; der krumme Weg Schtroėwaach Acker, Sandgruben, früher Weinberg SO Stroweg, Stroeweg Salbuch 1593 Unterster mainseitiger Hang des Kalvarienberges bis zur halben Höhe hinaufziehend, sandig; an den Sandgruben wurden früher öfters Knochen und um 1920 Stücke eines verkreideten Stoßzahns gefunden.

Lfd. Nr.: Kartennummer: Name: Mundartform: Kulturart: Richtung: Alte Schreibweise: Fundstelle: Erläuterung:

75 47 An der Strohwegwiese Schroėwaachswiese Wiese SO --Wiesenfläche nahe dem Main gegenüber dem Strohweg; sandig

Lfd. Nr.: Kartennummer: Name:

76 37 Am Überheinlein; Überheinlein beim Galgen; Überheinlein beim Steinlein; Überheinlein beim Stetter Weg Überhöėle Acker, früher Weinberg SO Uberhow, Uberhawe, Uberheinle, Urkunde 1248, Gotteshaus-Zinsbuch 1475, Salbuch 1593, Beth 1638 Der Flurteil Würzburger Weg liegt flach während das daran anschließende Überheinlein etwas erhöht lieg. In einer Urkunde von 1248 wird das Flurstück mit „Vberhov“ bezeichnet. Daher kommt wohl der 1475 verwendete Namen „Uberhawe“, der sich schon 1593 in „Überheinle“ und 1638 in „Überheinlein“ geändert hatte.

Mundartform: Kulturart: Richtung: Alte Schreibweise: Fundstellen: Erläuterung:

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Lfd. Nr.: Kartennummer: Name: Mundartform: Kulturart: Richtung: Alte Schreibweise: Fundstellen: Erläuterung:

80 34, 36, 37, 45 Am Würzburger Weg Wörzburcher Waach Industrie, Gebäude, Acker, früher Weinberg SO Am Würtzpurger Weg Regelbuch 1453, Salbuch 1593 Gelände um den Würzburger Weg vom südlichen Stadtausgang (Würzburger Weg beim Galgen) vorbei am Überheinlein und den Sandgruben.

Anmerkung::

Lfd. Nr.: Kartennummer:

Name:

Aufzählung der Flurnamen in alphabetischer Reihenfolge.

Die Kartennummern beziehen sich auf die von Franz Schwarz erstellte Flurkarte, die zur besseren Übersicht in einzelne Felder unterteilt wurde und eine fortlaufende Nummerierung erhielt.

Flurnamenbezeichnung in der heutigen Umgangssprache.

Karlstadt 167

Süße Amerikaner Von Klara Eckstein Die runden süßen Kuchenteilchen waren bei uns Kindern sehr beliebt. Auf der Unterseite waren Amerikaner mit Schokoladenguss oder mit Zuckerguss und Zitrone bestrichen.

So ein Stückchen gab es nicht einfach so. Meine Eltern und ich wohnten damals in der Hans-Schem-Straße, heute Langgasse. Einmal in der Woche musste ich unser Stück Straße kehren. Das wurde mit einem Fünfer (fünf Pfennigen) belohnt, den ich beim Bäcker Gößwald gleich in einen Amerikaner tauschte. 1940, als der Krieg auch in Karlstadt spürbar wurde und es Lebensmittelkarten gab, ließen die knappen Brotkarten keine Leckerei mehr zu.

Die Amerikaner haben bis heute überlebt. Sie schmecken mir immer noch – die runden süßen Kuchenteilchen.

Feldsalat war etwas Besonderes Von Klara Eckstein Feldsalat, so wie man ihn heute in jedem Geschäft kaufen kann, gab es vor 70 Jahren nicht. Er wuchs in Karlstadt wild, fast auf jedem Acker. Es war selbstverständlich, dass man seinen Salat erst suchen musste, das dauerte im Schnitt eineinhalb Stunden und dann wurde er noch handverlesen und geputzt. In meiner Kindheit verkauften ihn die kleinen Leute und sicherten sich so ein paar Groschen. Also Feldsalat war schon was Besonderes.

Er war im Geschmack viel würziger als heute. Ich habe mich in der jüngeren Vergangenheit hin und wieder umgesehen und fand nur hier und da mal ein Pflänzchen.

Für einen Salat reichte es nicht. Ich nehme an, dass die Unkrautvertilgungsmittel, die auf die Felder gesprüht wurden, schuld sind, dass es heute keinen mehr gibt.

168 Karlstadt

Ha-li, ha-lo, wir fahren, wir fahren nie nach Karscht Von Gustav Eichler Prolog Wozu ein Schoppen gut sein kann. „Wo geht’s denn heute hin?“ So beginnt jeden Donnerstag – hohe kirchliche Feiertage im Jahr natürlich ausgenommen – die traditionelle Begrüßung der rüstigen Rentnerband in der Echter-Straße in Karlstadt beim Horst. Eigentlich ist diese Frage so überflüssig wie nur was. Denn jeder ist sich im Klaren, was darauf meistens geantwortet wird: „Wenn’s geht, in die nächste Heckewirtschaft.“ So war es auch im November 2010. „Ich bin für den Konrad in Laudenbach, der hat offen“, schlug Mercedesklaus, der ehemalige Mercedes-Mitarbeiter, vor. Es gab keine Diskussion. Die Rucksäcke wurden geschultert. Horst packte wie immer seinen Riesenschirm, und die Gruppe setzte sich in rentnergemäßem Tempo in Bewegung. Gott sei Dank kamen wir noch vor den Zellingern, den Veitshöchheimern und vor allem vor den Karlburgern an.

Der runde Stammtisch mit den weich gepolsterten Sitzen war noch frei.

Der erste Schoppen war getrunken, ein zweiter folgte, die Zungen waren gelockert.

Nachdem nun die Themen Krankheiten und neuester Karschter Tratsch durchgehechelt waren, trat Stille ein. Die Unterhaltung brach für eine Weile ab. „Hört mal zu. Ich war letzte Woche wieder in Lohr. Dort ist man einfach willkommen bei Freunden. Lohr ist eine schöne Stadt“, begann ich vorsichtig ein neues Thema. „Postklaus“, der ehemalige Post-Mitarbeiter, merkte auf : „Na, na, jetzt mal langsam.

Hast du schon vergessen, was damals bei der Landkreisreform war? Wie böse die Lohrer über uns hergezogen sind?“ Ich entgegnete: „Aber das ist ja schon längst vergessen und vorbei, liegt beinahe 40 Jahre zurück.“ Klaus schüttelte den Kopf: „Für heute ist es genug. Aber du wirst dich wundern, was ich das nächste Mal dabeihabe.“ Postklaus hielt Wort. Eine Woche später, dieselbe Heckenwirtschaft, dieselben Wanderer, derselbe Stammtisch. Klaus kramte ein leicht vergilbtes Blatt hervor, überreichte mir das Blatt, und ich begann meinen Vortrag: Ha-li, ha-lo, wir fahren,wir fahren nie nach Karscht Kennt ihr die grauen Mauern, die neue Kreisstadt Karscht?

Da wohnen die Zementbauern in diesem Drecknest Karscht.

Die sind ja nicht ganz sauber, die ham Zement gehascht.

Ha-li, ha-lo, wir fahren, wir fahren nie nach Karscht Der Ammann, dieser Landrat, der hat uns gleich gekascht.

Karlstadt 169

Er hat uns schwer beschisse mit diesem Kreissitz Karscht.

Ha-li, ha-lo.....

Doch Lohr ist doch viel schöner als diese öde Karscht, und wenn sie das nicht glauben wer’n se gleich vernascht.

Ha-li, ha-lo ….

In München ham sie abgestimmt, was sind sie da gerennt.

Für jede Stimme gegen uns einen Sack Zement.

Ha-li, ha-lo....

Wer wirklich Kreissitz werden wird, das bestimmen wir demokratisch. und wenn’s nicht anders geht, dann geht’s mit „Lohrer Bier“ Ha-li, ha-lo...

Als der Vortrag beendet war, mussten meine Wanderfreunde schmunzeln. Keine Betroffenheit oder gar Empörung. Dann die Reaktionen: „Da waren die Lohrer aber ganz schön grantig . . . Ich kann es ihnen aber nicht verdenken . . . Eigentlich hätten sie ja den Kreissitz verdient gehabt . . . Karscht war ja zu dieser Zeit wirklich hinten dran, das muss man einfach so sagen.“ Mein Beitrag zeigt einen bestimmten Aspekt der Gebietsreform auf, nämlich das Zusammenwachsen der Geschichtsvereine im Landkreis Main-Spessart. Fragen zu dem politischen Entscheidungsprozess bleiben außen vor. Es geht ausschließlich um den gemeinsamen Beitrag des Karlstadter Historischen Vereins und des Lohrer Geschichts- und Museumsvereins mit dem Spessartmuseum, den diese zur Integration des Landkreises Main-Spessart geleistet haben.

Erstes Treffen in Karlstadt Der Historische Verein Karlstadt hatte am 19. Oktober 1981 ins Hotel „Weißes Lamm“ in der Alten Bahnhofstraße eingeladen. Die Anregung kam 1980 von Werner Loibl, dem damaligen Leiter des Spessartmuseums in Lohr. Bei einem Besuch der Ausstellung „Glück und Glas“ riet er mir: „Geben Sie doch den Anstoß für ein Treffen der Geschichtsvereine auf Landkreisbasis. Hier ist Kooperation, nicht Konfrontation angesagt. Davon wird jeder profitieren. Wenn ich das vorschlage, dann heißt es: In alles müssen die Oberbayern sich wieder einmischen. Sie wissen ja Bayern und Franken . . .”

170 Karlstadt

Mit einer gewissen Nervosität sahen wir dem Treffen entgegen. Kamen Lohrer, die noch offen Abneigung gegen Karlstadt zeigten? Wir waren angenehm überrascht, als Dr. Karlheinz Bartels, der Vorsitzende des Lohrer Geschichts- und Museumsvereins spontan auf mich zukam und sich freute, dass Karlstadt die Initiative für ein erstes Treffen ergriffen hatte. Das Eis war gebrochen.

Eine gute Arbeitssitzung begann. Der gegenseitige Schriftenaustausch und die Information der Mitglieder über Vorträge und Exkursionen wurden vereinbart. Ein wichtiges Anliegen war schon damals die Zusammenarbeit auf Museumsebene. Im Jahresbericht des Historischen Vereins Karlstadt 1983 heißt es: Abschließend zum Thema Museum wurde darauf hingewiesen, dass man sich gegenseitig keine Konkurrenz machen sollte.

Hierbei war die wohltuende Beratung von Werner Loibl in der Aufbauphase des Karlstadt Museums wichtig. Sein Vorschlag: Auf dem engen Raum des Kreises Main-Spessart sollte abgesprochen werden, dass jede ehemalige Kreisstadt ihren Eine wertvolle Leihgabe aus Lohr für die eigenen Schwerpunkt findet. Gemünden sollte Abteilung Weinbau im StadtgeschichteMuseum ist der Grabstein des Lohrer sich dem Thema Verkehr zu Wasser, zu Land und Schiffmanns Caspar Brönner (1604). auf der Schiene widmen, das künftige Markthei- Der Steinmetz gestaltete sie nach dem denfelder Museum die Landwirtschaft in den Bibelwort: „Ich bin der Weinstock, ihr Foto: Alfred Dill Mittelpunkt stellen. Das Lohrer Museum – das seid die Reben.“ älteste in unserer Region – hatte schon die Schwerpunkte „der Mensch und der Wald“ sowie die „Glas- und Spiegelproduktion“. Das Stadtgeschichtliche Museum in Karlstadt sollte die Entwicklung einer planmäßig gegründeten Stadt darstellen mit den Schwerpunkten Weinbau und Entwicklung des Bildstocks. Loibl sah mit geübtem Blick, wo sinnvolle Ergänzungen nötig waren, und vermittelte dann gezielt Leihgaben aus Lohr: Den Abguss des Dildey-Bildstocks (Abteilung Bildstöcke und Frömmigkeit), den Grabstein des Lohrer Schiffmanns Caspar Brönner (Weinbau) und die Küche aus Lohrhaupten (Abteilung Bürgerliches Wohnen).

1985 wurde das Stadtgeschichtliche Museum eröffnet. Im Historischen Rathaus hielt Werner Loibl die Festrede.

Karlstadt 171

Die Kontakte werden weiter vertieft Zum gegenseitigen Kennenlernen trug auch der Austausch der Referenten bei. Werner Zapotetzky, Heimatforscher, Archivpfleger und Autor des geschichtlichen Standardwerks „Karlstadt – Geschichte einer Stadt in Werner Loibl (rechts), Leiter des Spessartmuseums Franken“, hielt mehrmals Vorträge in Lohr, und Kreisheimatpfleger Peter Wehner trafen sich Lohr, ebenso der Gambacher Archäo- bei der Eröffnung des Stadtgeschichtlichen Museums loge Ralf Obst. In bester Erinnerung 1985 in Karlstadt. sind in Karlstadt die glänzenden Vorträge, die Werner Loibl gehalten hat, Vorträge zu „Die verborgenen Residenzen Ludwigs II.“, „Die Lohrer Spiegelmanufaktur“ und „Rückblick auf die Ausstellung ,Glück und Glas’“.

Viele Jahre war der Austausch der Museumsobjekte eine Einbahnstraße von Lohr nach Karlstadt. Das änderte sich, als unser archäologischer Mitarbeiter Michael Möbius einen Lohrer Pfennig zur Ausstellung „Die Rienecker“ zur Verfügung stellte, den er in der Flur bei Rohrbach gefunden hatte. Auch für die noch 2011 im Spessartmuseum zu besichtigende Ausstellung „Stimmung, Rausch, Heilung – zur Kulturgeschichte der Genussmittel und Drogen im Spessart“ gaben wir als Leihgaben ein Kaffeeservice und eine größere Anzahl von Objekten aus der Abteilung Weinbau.

Ursprünglich war nur das jährliche Treffen der Vorsitzenden aus den vier Geschichtsvereinen mit den zuständigen Kreisheimatpflegern vorgesehen.Wir erweiterten diesen Kreis um die Leiter der Museen und Mitglieder der Geschichtsvereine. Denn es lohnt sich, im ganzen Landkreis geschichtlich bedeutsame Stätten aufzusuchen und dort kompetente Führungen zu erhalten. Bei einem Treffen in Mühlbach 2006 übernahm ich die Führung zur Ruine Karlsburg. Armin Kraft, Vorsitzender des Geschichts- und Heimatvereins 1987, erklärte bei einem kleinen Weinumtrunk am Main die Geschichte Mühlbachs, und Stadtrat Michael Hombach aus Mühlbach ging auf die wirtschaftliche Struktur des Karlstadter Stadtteils ein.

Ein interessantes Treffen war 2001 auf der Homburg, wo Geschichtsfreunde aus dem ganzen Landkreis durch die Burganlage geführt wurden. Und 2009 waren wir Gäste beim 50-jährigen Bestehen des Geschichts- und Museumsvereins Lohr. Im Mai 2011 lernten wir bei einer Fahrt der Geschichtsvereine den bedeutsamen Handelsort Seligenstadt kennen.

2010 bildete sich zum MSP-Museumstag eine Kooperation mit dem Regionalmanagement des Landkreises – Martina Baur und Anja Soodt – und den Raiffeisenbanken.

Die Museen im Landkreis von Aschfeld bis Kreuzwertheim hatten geöffnet und boten Führungen an. Im Stadtgeschichte- Museum Karlstadt führte der Schultheiß mit 172 Karlstadt

seinen Schrötern das Eichen der Fässer dem Publikum vor. Über 4000 Besucher, auch aus dem angrenzenden hessischen Raum, strömten in die Museen. Ein Prospekt aller Museen und Sammlungen ist in der Planungsphase. Beide Geschichtsvereine, aus Karlstadt und aus Lohr, blicken mit Stolz auf 30 Jahre gemeinsames Wirken.

Zwei Lohrer werden in Karlstadt „eingebürgert“.

Die Museumsnacht im Stadtgeschichte-Museum am 31. Juli 2009 fand regen Zuspruch in der näheren und ferneren Umgebung. Unsere Lohrer Freunde Hannelore und Klaus Burk traten in die Amtsstube und beantragten wie zahlreiche andere Besucher auch eine Bürgerrechtsurkunde. Die umstehenden Karlstadter staunten nicht schlecht, als ich in der Funktion als Bürgermeister Fehmel verkündete: „Zwei Lohrer wollen in Karlstadt eingebürgert werden.“ Epilog Gehen wir zum Abschluss noch einmal zurück in die Zeit nach der Gebietsreform. Es erschien damals ein Artikel in der Frankfurter Rundschau vom 9. Juli 1977 mit dem Titel „Eine Idylle mit Knacks – In Karlstadt blättert die Romantik - die Gastronomie liegt im Argen“, wurde Bürgermeister Werner Hofmann zitiert. „Die Arrivierten gehen nach Marktheidenfeld oder nach Lohr, um gepflegt zu speisen. In Lohr entwickelt sich an warmen Sommerabenden ein reges Leben wie auf einer italienischen

Dr. Karlheinz Bartels (links), Lohr, und Erwin Weit, Karlstadt, betreten das neue Stadtgeschichtliche Museum in der Hauptstraße 11.

Foto: Gustav Eichler

Michael Hombach (Mitte), Stadtrat und Vorsitzender des Vereinsrings Mühlbach, hatte beim Geschichtsvereinstreffen 2009 aufmerksame Zuhörer aus Lohr: Karl Anderlohr (links), Klaus Burk (Zweiter von links), Josef Gossmann (Vierter von links) und Hans-Joachim Wirthmann (Fünfter von links).

Foto: Gustav Eichler Karlstadt 173

Bei der Stadtführung in Seligenstadt am Main trägt Gustav Eichler den Geleitslöffel um den Hals.

Er erinnert an den „Hänselbrauch“ unter Kaufleuten im Mittelalter. Neulinge mussten den einen Liter fassenden Geleitslöffel in einem Zug austrinken. Andernfalls war die Zeche der ganzen Gilde zu bezahlen.

Foto: Manfred Kleinwechter

Plaza“, stand da geschrieben. Inzwischen haben sich die Verhältnisse grundlegend geändert. Wir Karlstadter fahren gerne nach Lohr ins sehenswerte Spessartmuseum, zur Main-Spessart-Festwoche oder zur beeindruckenden Karfreitagsprozession. Die Lohrer kommen gern zu uns, genießen das Flair in der vorbildlich sanierten Altstadt, besuchen die Theatervorstellungen in der Gerbergasse oder nehmen an Stadtführungen teil.

So bleibt festzustellen: In Lohr und Karlstadt sind sich Menschen begegnet, die vorurteilsfrei und aufgeschlossen aufeinander zugingen. Daher kann es zum Schluss nur heißen (der unbekannte Autor des Lohrer Lieds wird mir die Umschreibung nachsehen): Halli, hallo, wir fahren gern nach Karscht und Lohr. Das bestätigen viele Meinungsäußerungen in Karlstadt und Lohr. Werner Loibl im Februar 2011: „Generell bin ich dankbar, dass meine Arbeitszeit in Lohr die Integration des Landkreises fördern konnte.

Als Außenstehender und Zuzügler durfte ich völlig neutral die angebliche Problematik der Landkreisbildung bewerten und meine Intention auf eine wünschenswerte Zusammenarbeit der Geschichtsfreunde in den Altlandkreisen ausrichten. Denn die ideellen Ziele der jeweiligen Personen und Vereine waren im Prinzip die gleichen.

Meine Ideen waren jedoch nur zu realisieren, weil ich mit Gustav Eichler und Dr. 174 Karlstadt

Karlheinz Bartels zwei verständige und hilfsbereite Partner in Karlstadt und Lohr fand, die beide nicht von engstirniger Lokalpolitik eingenommen waren, sondern die künftige Kooperation als sinnvolle Aufgabe erkannten. Ohne diese grundlegende Unterstützung wäre mein Projekt unausführbar gewesen.“ Klaus Burk und Dr. Karlheinz Bartels im März 2011: „Die Anregung für eine Zusammenarbeit der Geschichts- und Historischen Ver- Besiegelt von Bürgermeister Fehmel 1923: Klaus (und eine im Landkreis Main-Spessart seine Ehefrau Hannelore) Burk aus Lohr erwerben die Bürgerrechte in Karlstadt.

Foto: Klaus Burk stammte aus Lohr vom damaligen Leiter des Spessart-Museums Werner Loibl. Die ersten Treffen fanden in Karlstadt statt mit den Vorständen aus den alten Kreisstädten Lohr, Marktheidenfeld und Karlstadt.

Später kamen die Vorstände aus Gemünden und weitere Geschichtsvereine sowie die Leiter der Sammlungen und bei den sommerlichen Treffen auch die Mitglieder der Heimat- und Geschichtsvereine im Kreis Main-Spessart hinzu.

Im Gegensatz zu den länger anhaltenden Ressentiments der alten Kreisstädte gegeneinander fanden die Geschichtsvereine bald ein freundschaftliches Verhältnis zueinander.

Zwei Treffen pro Jahr, Austausch von Programmen, Austausch der Veröffentlichungen und von Referenten, gemeinsame Exkursionen und Projekte, wie zur Ruine Homburg, zur Ruine Schönrain und in neuester Zeit die gemeinsame Fahrt nach Seligenstadt.

Die Zusammengehörigkeit der beiden Geschichtsvereine fand ihre Bestätigung in der Teilnahme am Festakt zum 50-jährigen Bestehen des Geschichts- und Museumsvereins Lohr durch den Karlstadter Vorstand und eine Rede von Gustav Eichler. Die Zusammenarbeit der Geschichtsvereine erwies sich als äußerst gedeihlich für alle Vereine.

Das Ehepaar Hannelore und Klaus Burk übernahm im Wesentlichen die Verbindung zwischen den Vereinen: In Karlstadt bei den Ausstellungseröffnungen des Museums, bei verschiedenen Vorträgen sowie bei dem jährlichen Back- und Mühlenfest.“ Kreisheimatpfleger Georg Büttner, Karlstadt, im Juni 2011: „Auf fast vier Jahrzehnte zurückliegende, enge gegenseitige Kontakte blicken der Geschichts- und Museumsverein Lohr und der Historische Verein Karlstadt. Bei einer Vielzahl von Gelegenheiten, gegenseitiger Besuche, Teilnahme an überregionalen Veranstaltungen und geselligen Zusammenkünften etc. ergaben sich dabei kollegiale, ja freundschaftliche Verbindungen, die sich auch auf private Begegnungen erstrecken. Die alljährlichen Treffen Karlstadt 175

der Vereinsvorstände um den Buß- und Bettag und die seit einer Reihe von Jahren durchgeführten Besuche der Vereinsmitglieder bei den Geschichts- und Heimatvereinen in Main-Spessart reihum tragen zur weiteren Festigung dieser Verbindungen bei.

Die dadurch entstandenen kollegialen Beziehungen führten im Wesentlichen dazu, dass eine Missstimmung bei den Geschichtsvereinen, die im Zuge der Landkreisreform und der Kreissitzentscheidung hätte entstehen können, erst gar nicht aufkam. Hinzu kommt, dass die Museen und Sammlungen im Landkreis Main-Spessart auf Vermittlung von Werner Loibl, dem damaligen Leiter des Spessartmuseums, seit über 30 Jahren enge Kontakte pflegen.

Lange Jahre im Bäckerhandwerk und damit auch in den berufsständischen Organisationen im Landkreis tätig, habe ich die Entwicklung der kollegialen Verbindungen seit über 40 Jahren verfolgen können. Die guten Beziehungen zu den Kollegen vor Ort, die sich beim Zusammenschluss der einzelnen Innungen ergaben, und die sachliche Art der Auseinandersetzung führten auch hier über viele Jahrzehnte zu engen Kontakten mit den Berufskollegen in Lohr.

Seit einer Reihe von Jahren drückt sich dies auch an der Teilnahme von aktiven und ehemaligen Kollegen des Bäckerhandwerks bei der alljährlichen Karfreitagsprozession in Lohr aus.“

* Das Lohrer Lied wurde nach Angaben von Hans-Joachim Wirthmann (Stadtarchiv Lohr, Mai 2010) in den Sonderzügen gesungen, mit denen 4000 Lohrer Bürger im Februar 1973 nach München fuhren, um gegen die Kreissitzentscheidung für Karlstadt zu protestieren. Der Texter des Liedes ist nicht bekannt.

Quellen: Für die Unterstützung danke ich den Herren Georg Büttner, Dr. Karlheinz Bartels, Karl Anderlohr, Klaus Burk und vor allem Herrn Werner Loibl, dem schöpferischen Geist („spiritus rector“).

Anonymes Lohrer Liedtextblatt - als handschriftliche Kopie im Umlauf - Entstehungszeit 1972/1973; Lohrer Zeitung Februar 1973; Archiv Historischer Verein Karlstadt (Einladung zum ersten Treffen der Geschichtsvereine am 19.Oktober 1981 in Karlstadt); „Eine Idylle mit Knacks – In Karlstadt blättert die Romantik“ (Frankfurter Rundschau, Ausgabe 9.

Juli 1977); „Karlstadter Chronologie“ von Manfred Schneider, Stadtarchiv Karlstadt, 2010; „Bürgerrechtsurkunde“ – künstlerische Ausfertigung des Kalligrafen Gosbert Stark, 2009, für die Museumsnacht in Karlstadt, im Archiv Historischer Verein; Originale Bürgerrechts-Urkunde für Gustav Eichler, unterzeichnet am 23.Oktober 1923 von Bürgermeister Anton Fehmel im Privatarchiv G. Eichler Main- Post, Lokalteil Lohr, Ausgaben Februar 1993.

176 Karlstadt

Karlstadt im Jahre 2010 Von Georg Büttner Januar Die Fastnachtssession wird mit der Inthronisierung des Prinzenpaares Alex I. und Christina I., dem Ehepaar Hofmann, auf dem Marktplatz und im Historischen Rathaus gestartet.

Mit Sakine Azodanlou hat die Stadt Karlstadt erstmals eine Person türkischer Herkunft eingestellt. Sie ist seit 4. Januar als Integrationsbeauftragte unter anderem für die interkulturelle Jugendarbeit zuständig.

Um dem Hausärztemangel entgegenzuwirken, eröffnet Michael Jovnerovski eine neue Praxis für Innere und Allgemeinmedizin in der Schützengasse. Das Ärzteehepaar Dr. Hildegunde und Dr. Thomas Cleven ist noch bis 30. Juni bei ihm angestellt.

Im Historischen Rathaus wird Kreisbrandinspektor Manfred Brust aus Karlstadt von den 123 Kommandanten der Feuerwehren zum Kreisbrandrat des Landkreises Main-Spessart gewählt.

In der Firma KMB „Karlstadter Maschinen- und Anlagenbau GmbH“ wird für einen Auftraggeber aus Mumbai (Bombay) in Westindien eine Maschine zur Herstellung von Lkw-Reifen fertiggestellt und per Container nach Indien verschickt.

Februar Die Pfarreiengemeinschaft St. Georg mit den Karlstadter Pfarreien St. Andreas und „Zur Hl. Familie“ sowie den Pfarreien St. Bartholomäus in Gambach, St. Ägidius in Laudenbach, Vierzehnheiligen in Mühlbach und Maria Himmelfahrt in Stadelhofen wird mit der Übergabe der Kooperationsurkunde des Bischofs von Domvikar Christoph Warmuth auf den Weg gebracht. Die anspruchsvolle musikalische Gestaltung des Festgottesdienstes übernehmen mehrere Chöre und Musikgruppen aus den beteiligten Pfarreien.

März In einer eigens angesetzten Dienstversammlung der Freiwilligen Feuerwehr, wird der bisherige Stellvertreter Jürgen Brust zum Kommandanten der Feuerwehr gewählt.

Peter Heßler, sein Vorgänger im Amt, trat aus beruflichen Gründen von seinem Kommandantenamt zurück.

In einer Bürgerversammlung im Historischen Rathaus stellt das Staatliche Bauamt Würzburg das Ergebnis der Umweltverträglichkeitsstudie zur B 26n vor.

Eine Mädchenmannschaft des Johann-Schöner-Gymnasiums holt sich in Roth bei Nürnberg den bayerischen Meistertitel im Schulschach.

Karlstadt 177

Mit Anton Imhof stirbt ein erfolgreicher und sozial eingestellter Unternehmer.

Bei der Jahresversammlung des Luftsportclubs Karlstadt wird Uli Streich zum neuen Vorsitzenden gewählt.

April Für seine über 30-jährige Tätigkeit bei der Freiwilligen Feuerwehr, davon acht Jahre als Jugendwart und 16 Jahre als Kommandant der Stützpunktwehr Karlstadt wird Peter Heßler mit dem Silbernen Ehrenkreuz der Feuerwehren ausgezeichnet.

Mai Die Stadträtin Silvia Meintzinger-Gaul (CSU) legt wegen des Wegzugs aus Stetten ihr Stadtratsmandat nieder. Als Nachrücker wird Egon Scheiner vereidigt. Die Bürger des Stadtteils Stetten wählen Florian Burkard zum Ortssprecher.

Der Rotary Club Karlstadt-Arnstein veranstaltet im Europäischen Klempner- und Kupferschmiedemuseum eine Benefiz-Auktion mit edlen Weinen für das Projekt „Brennpunkt Hauptschule“.

Mit dem Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland wird die Vorsitzende des Hospizvereins Main-Spessart, Rosemarie Mieruschewsky aus Karlstadt, von Bundespräsident Christian Wulff ausgezeichnet, Ministerpräsident Horst Seehofer überreicht ihr die hohe Auszeichnung in München.

In Anwesenheit von Regierungspräsident Dr. Paul Beinhofer wird die neue TouristInformation in der Hauptstraße 9 eröffnet. Gleichzeitig dient das Büro als neu geschaffene Anlaufstelle für das daneben liegende Stadtgeschichte-Museum im Landrichterhaus.

Der evangelische Kindergarten St. Johannis erhält das Zertifikat zum Abschluss einer 18-monatígen Sprachberatung und feiert das Ergebnis mit einem internationalen Familienfest.

Juni Der neu gestaltete Kirchplatz rund um die Pfarrkirche wird bei einem Festakt im Historischen Rathaus und einer gemeinsamen Feierstunde in der Stadtpfarrkirche seiner Bestimmung übergeben. Pfarrer Dr. Mariusz Falk von St. Andreas und Pfarrer Paul Häberlein von der evangelischen Gemeinde St. Johannis segnen gemeinsam den Kirchplatz und beten mit dem Imam der Ditib-Moschee, Yakup Yayla, für den Frieden in der Stadt und in der Welt. Bei der Übergabe des sanierten Kirchplatzes musizierte das Auswahlorchester Karlstadt unter der Leitung von Katharina Fischer.

Bürgermeister Dr. Paul Kruck überreicht dem ehemaligen Dirigenten Dieter Baier aus Gambach den Kulturehrenbrief der Stadt Karlstadt.

178 Karlstadt

Die Abteilung Vor- und Frühgeschichte im Stadtgeschichtlichen Museum im Landrichterhaus ist neugestaltet. In einem Modellprojekt zum Thema „Archäologie und Ehrenamt“ wird unter Leitung von Dr. Ralf Obst, dem Betreuer für die ehrenamtlichen Mitarbeiter der Bodendenkmalpflege Nordbayerns, die Neukonzeption von Ulrich Müller, dem Grabungsleiter am Kirchplatz in Karlstadt, vorgenommen. Mit Hilfe von Sponsoren und dem Landesamt für Denkmalpflege investiert der Historische Verein hierbei allein für die Neuanschaffung von einbruchsicheren Vitrinen 22.000 Euro.

Die Caritas-Sozialstation St. Sebastian in der Rudolph-Glauber-Straße in Karlstadt feiert ihr 30-jähriges Bestehen. Derzeit sind 31 Frauen mit acht Fahrzeugen mit der Pflege von täglich rund 200 Patienten befasst.

Mit einer Bürgerfahrt nach Querfurt in Sachsen-Anhalt wird das 20-jährige Bestehen der Partnerschaft zwischen Querfurt und Karlstadt gefeiert. Aus diesem Anlass begibt sich eine Delegation von Stadträten, Mitgliedern diverser Vereine und Arbeitskreise sowie interessierter Bürger in die Partnerstadt.

Juli Die Reihe „Musik in historischen Häusern und Höfen“ feiert ihr 20-jähriges Bestehen unter anderem mit einem Konzert auf der Ruine Karlsburg.

Als neue Attraktion für die Gäste des Freibades wird mit Unterstützung der Sparkasse Mainfranken, des städtischen Bauhofes und vieler freiwilliger Helfer eine Boulebahn gebaut.

In seiner Glaswerkstatt im Gewerbegebiet „Am Steinlein“ stellt der Kunstglasermeister Wolfgang Feige ein von ihm entwickeltes und patentiertes Spezialglas vor, das wertvolle Kirchenfenster schützen soll.

Nach 40-jährigem Schuldienst geht der Leiter der Rudolph-Glauber-Realschule, Rektor Georg Rödel, in den Ruhestand.

In München stirbt Pater Dr. Martin Geißlreiter, letzter Guardian der Kapuziner in Karlstadt, die sich im September 1976 von der Pfarrei „Zur Heiligen Familie“ verabschiedeten.

In der Spitalkirche „St. Jakobus d. Ä.“ segnet in einem festlichen Gottesdienst zum Patrozinium Weihbischof em. Helmut Bauer die neue Orgel, die Orgelbaumeister i.

R. Norbert Krieger aus Retzbach zu einem besonders günstigen Preis lieferte. Das Geld hierfür hat in einer Sonderaktion der Förderkreis St. Andreas aufgebracht.

Nach 47 Jahren Dienstzeit verlässt Maria Hettrich, eine „Institution im Landratsamt Main-Spessart“ und Sekretärin von drei Landräten, ihren Arbeitsplatz und geht in den Ruhestand.

Karlstadt 179

August Der Vogelschutzverein Karlstadt feiert mit einer Ehrung langjähriger Mitglieder sein 40-jähriges Bestehen auf dem Vereinsgelände an der Arnsteiner Straße.

In der Alten Bahnhofstraße beginnt der Abriss des ehemaligen Hotels „Weißes Lamm“. Auf dem Gelände mitten in der Altstadt entsteht der Bau eines kombinierten Wohn- und Geschäftshauses des Bauträgers AAA.-Realestate aus Schwaig bei Nürnberg.

Die wahlberechtigten Karlstadter Bürger stimmen am 22. August über zwei Bürgerentscheide zum Bau der B 26n ab. Bei einer Wahlbeteiligung von 45,31 Prozent stimmen 72,19 Prozent dem Bürgerbegehren „Für den Erhalt unsrer Heimat – Gegen den Bau der B 26n“ zu.

September Das Karlstadter Architekturbüro Werner Haase erhält in Hüttenheim den „Knauf Diamant Award“, den Oscar des Trockenbaus für die Sanierung des Gymnasiums in Sonthofen. Das 25 Mitarbeiter umfassende Büro ist spezialisiert auf energieeffiziente Sanierungen von Schulen und anderen öffentlichen Gebäuden.

Als neue Schulleiterin der Rudolph-Glauber-Realschule wird die gebürtige Oberpfälzerin Birgit Wedl in ihr Amt eingeführt.

Im Historischen Rathaus wird die Bürgersendung „Jetzt red i – Europa“ vom Bayerischen Rundfunk für das Fernsehen aufgezeichnet. Als Gäste stehen der Europaabgeordnete Wolfgang Kreissl-Dörfler und die Präsidentin des bayerischen Landtages Barbara Stamm den Besuchern Rede und Antwort.

Zum dritten Mal ist der Heimat- und Volkstrachtenverein Karlstadt zu Gast in dem Städtchen Pont-L´Evêque im Calvados. Die partnerschaftlichen Beziehungen werden vom Bezirk Unterfranken gefördert. Im nächsten Jahr soll wieder ein Besuch der französischen Tanzgruppe in Karlstadt erfolgen.

Mit einer Reihe von Sonderveranstaltungen feiert die Volkshochschule 60 Jahre der Wiedergründung nach dem Kriege im Jahre 1950. Eine Volks- und Erwachsenenbildung in Karlstadt gab es allerdings bereits seit 1919.

Oktober Das Stadtgeschichte-Museum Karlstadt beteiligt sich beim ersten Museumstag im Landkreis Main-Spessart mit einer besonderen Aktion. Beim Eichen von Butten mit dem historischen Eichmaßstein von 1466 wird den Besuchern im Weinkeller des Museums das verbindliche Richtmaß für Käufer und Verkäufer im Weinhandel vorgestellt.

180 Karlstadt

Beim Oktobermarkt startet die Stadtmarketing GmbH mit dem Gewerbe- und Tourismusverein und der Agenda 21 ein neues Marktkonzept in Karlstadt. Erstmals geht der Oktobermarkt über zwei Tage. Auf dem Kirchplatz wird in Anwesenheit der bayerischen Kartoffelkönigin Manuela I., ein Bauernmarkt mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen aus dem Landkreis Main-Spessart eröffnet.

Mit einem Ehrenabend im Historischen Rathaus und einer Sonderausstellung in der Schalterhalle der Sparkasse Mainfranken feiert der FV 1920 seinen 90.Geburtstag.

Bei einem Festgottesdienst in der Pfarrkirche St. Andreas wird Kaplan Klaus Weber den Gläubigen der Pfarreiengemeinschaft St. Georg in Karlstadt vorgestellt.

November Mit einem Festakt in der Kapelle St. Lukas im Altenheim der Otto-und Anna-Herold Stiftung wird das 20-jährige Bestehen des Freundeskreises der Stiftung gefeiert.

Mitglieder des Historischen Vereins Karlstadt stellen sich als besondere Gästeführer vor. Sie werden künftig in historischen Gewändern Gäste durch die Stadt begleiten.

Das Orchester der Kantorei St. Andreas feierte mit einem gut besuchten Konzert in der Stadtpfarrkirche sein 25-jähriges Bestehen.

Im Alter von fast 75 Jahren verstirbt Konditormeister Helmut Schrödl, der mit dem seit 1964 hier von seiner Familie betriebenen Cafe weit über Karlstadt hinaus bekannt war.

Vertreter sozialer und politischer Verbände, Schulen, Kindertagesstätten, Stadtjugendpflege, Kirchen und der lokalen Wirtschaft gründen das „Karlstadter Bündnis für Familie“.

Dezember Im Alter von 80 Jahren stirbt Pfarrer i. R. Berhard Haaf, der von 1976 bis 1985 als Nachfolger der Kapuziner die Pfarrei „Zur Hl. Familie“ leitete. Von 1980 bis 1985 war Haaf auch Dekan des Dekanats Karlstadt.

Die generalsanierte Südbrücke wird nach rund siebenmonatiger Sanierung wieder dem Verkehr übergeben.

Der in Karlstadt geborene Stefan Bernhard Eirich wird in das Amt des Geistlichen Rektors des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken in Bonn-Bad Godesberg berufen.

Quellen: Lokalausgaben der Main-Post, Redaktion Karlstadt, 2010.

Karlstadt 181

Jüdische Traditionen und Bräuche in Laudenbach Von Georg Schnabel Reich ist der Festkalender an Traditionen und Bräuchen innerhalb des jüdischen Jahreskreises. Freude und Trauer, die schmerzliche Erinnerung an die Shoa, auch die messianische Erwartung sind im jüdischen Volk fest verwurzelt. Für Juden haben weltweit die Feste und Gedenktage eine ganz besondere Bedeutung der Verbundenheit. Es heißt: Im Judentum hat jeder Feiertag seine eigene Melodie, seine eigenen Speisen, seinen eigenen Geruch, seine eigene Atmosphäre. Das vermittelt selbst einem Nichtjuden ein Gefühl der Geborgenheit und Lebensfreude. Im Judentum beginnen die Feiertage immer am Vorabend und enden am Abend des Festtages. An den Feiertagen achtet man besonders auf die Einhaltung der Speisegesetze. Höhepunkte des gelebten Glaubens ist der Schabbat. Er steht an erster Stelle. Der gebotene Ruhetag beginnt mit dem Sonnenuntergang am Freitagabend und endet mit Anbruch der Nacht am Samstag. Jeden Freitag ist es Brauch, den von Gott gegebenen Ruhetag zu feiern. Es heißt im Gesetz, am siebten Tage sollst du ruhen und den Schöpfer heiligen und ihm huldigen. Am Schabbat sind die alltäglichen Arbeiten verboten. Die Ausnahme: Bei lebensbedrohlichen Situationen ist jede Hilfe erlaubt. Die Laudenbacher Judenschaft feierten die Gedenk- und Feiertage nach den gesetzlichen Vorgaben. Mein Freund Rudolf Adler seligen Andenkens, geboren 1897 in Laudenbach, war bis 1939 mit seinen seligen Eltern, später mit seiner Frau und Tochter hier ansässig. Lassen wir Rudolf Adler erzählen, wie seine Familie, aber auch die übrigen Mitglieder der Kultusgemeinde Laudenbach den Schabbat begangen haben.

Am Freitag beschränkten sich der Viehhandel so wie das allgemeine Geschäftsleben im nahen Umkreis der Gemeinde, so dass man rechtzeitig zu Beginn des Schabbat wieder zu Hause war. Reisen am Schabbat ist verboten. Wenn ich geschäftlich länger unterwegs war, suchte ich mir immer eine Bleibe bei einer jüdischen Familie, um dort den Ruhetag einhalten zu können. Jeder gläubige Jude versucht, am Schabbat bei seiner Familie oder innerhalb einer jüdischen Gemeinschaft zu sein.

Meine selige Mutter bereitete schon am Vormittag das Schabbatessen und weitere Speisen für den Ruhetag am Samstag vor. Beim jüdischen Bäckermeister Hirschenberger konnte man das mit Mohnsamen bestreute Schabbatbrot Barches am Freitag kaufen. Meine selige Mutter backte beide als Zopf geflochtene Brote selbst, sie war stolz, wenn die Barches schneeweiß und gleichmäßig gebacken aus dem Ofen kamen. Nach dem Mittagsmahl wurden die christlichen Dienstboten entlohnt und über Schabbat nach Hause geschickt. Nachdem gemeinsam alle Vorbereitungen zu Schabbat geschehen waren, kehrte im Hause Ruhe ein. Der lange Tisch in der groß182 Laudenbach

Schabbatsegen: Mutter und Tochter nach dem traditionellen Anz端nden der beiden Schabbatkerzen Foto: Rudolf Adler Laudenbach 183

en Stube war mit viel Liebe und festlichem Geschirr gedeckt. Wir hatten gebadet und uns elegant gekleidet. Die ganze Familie freute sich auf den ersehnten Ruhetag.

Bei uns begann der Schabbat pünktlich nach den vorgegebenen Zeiten, im Sommer später, im Winter früher. Es ist die religiöse Pflicht der Frau, die Schabbatlichter anzuzünden, die sie mit der Hochzeit auf sich genommen hat. Heute sehe ich meine selige Mutter noch vor mir, wie sie die zwei Schabbatkerzen entzündete und den Lichtersegen mit geschlossenen Augen sprach: „Baruch ata adonai elohenu melech haolm ascher kiduschanu bemitzwotaw weziwanu lehadlik ner schel Schabbat.“ (Gelobt seist du Ewiger, unser Gott, König der Welt, der du uns geheiligt durch deine Gebote und uns befohlen, das Schabbatlicht anzuzünden.) Nach dem Segen wünschten wir uns gegenseitig Schabbat Schalom, einen friedvollen und frohen Ruhetag. Nachdem meine selige Mutter den Schabbatsegen im Haus symbolisch verteilte, ging ich mit meinem seligen Vater und Bruder zum Gottesdienst in die Synagoge. Frauen sind nicht verpflichtet, in die Synagoge zu gehen, sie sprechen zu Hause die Gebete. Man kann auch im Hause beten, doch der Geist des Schabbat wirkte mehr auf uns ein, wenn wir uns als Mitglieder der jüdischen Gemeinde in der Synagoge versammelten. In Eile und Freude zugleich kamen die frommen Beter, Jung und Alt, zur Synagoge, die wir Landjuden einfach Schul nannten. Der Gottesdienst am Freitagabend dauerte eine Stunde und begann mit dem Anzünden der Schabbatkerzen und dem Lied Kabbalat Schabbat, Empfang des Schabbat. Unser Vorbeter und Lehrer Oppenheimer, der oberhalb der Synagoge wohnte, sprach die feierlichen Gebete zum Einzug der Königin Schabbat. „Lecha Dodi likrat Kalah, penei Schabbat nekabla.“ ( Komm, mein Geliebter, die Braut zu grüßen, das Angesicht des Schabbat laßt uns empfangen.) Es folgte der Kiddusch, der feierliche Segen über dem Wein, womit der Schabbat eingeweiht war. Den Abschluss bildete das Schma Israel (Höre Israel) und dem Kaddisch, dem Gebet für die Letztverstorbenen der Kultusgemeide. Am Gottesdienst konnten die Frauen und Mädchen von der Frauenempore teilnehmen, unsere Synagoge war orthodox ausgerichtet.

Das bedeutete, Männer und Frauen waren getrennt. Die Männer beteten im Erdgeschoß, die Frauen nahmen von der Frauenempore im ersten Stock an den Gebeten teil. Nach dem Gottesdienst wünschten wir uns im Eingangsbereich der Synagoge Schabbat Schalom, einen friedvollen Ruhetag oder auf gut jiddisch: „Gut Schabbes“. Es herrschte immer große Freude. Man war gesund und zufrieden, hatte eine erfolgreiche Woche hinter sich. Die Schul, unser Bethaus, war der religiöse Mittelpunkt unserer Kultusgemeinde. Hier kamen die Männer zum Morgen- und Abendgebet zusammen, die ganze Gemeinde begann hier die hohen Feiertage: Pessach, der Versöhnungstag, das Laubhüttenfest und das Neujahrsfest und jeden Freitag den heiligen Schabbat. Rudolf Adler und ich gingen mit fünf Jahren zum hebräischen Unterricht in einen kleinen Nebenraum der Synagoge. Hier über dem Betsaal lehrte 184 Laudenbach

Gedeckter Schabbattisch: Zwei Kerzen, Kidduschgläser mit süßem Schabbatwein, zwei besondere Schabbatbrote (Challoth), in Zöpfe geflochten und Dattelkuchen Foto: Georg Schnabel

uns der jüdische Lehrer die täglichen Gebete, Gebote und Verbote. Hier wurden auch Liebschaften geschlossen und alle Dinge des täglichen Lebens hinterfragt. Es gab auch arme Leute, meistens ältere Alleinstehende in unserer Gemeinde, die von den wohlhabenden Familien im Ort versorgt wurden. Sie bekamen den Wein für den Kiddusch von den jüdischen Nachbarn, das Schabbatbrot von der Bäckerei Hirschenberger. Es war für uns Juden wichtig, dass unsere Brüder und Schwestern den heiligen Schabbat in Ruhe und Geborgenheit feiern können. Wenn wir uns nach dem Schabbatgottesdienst auf den Nachhauseweg begaben, begleiteten uns schon die ersten christlichen Kinder. Andere standen schon vor den Judenhäusern und warteten auf die Beter. Nach dem Gesetz ist mit dem Beginn des Schabbat jegliche Arbeit verboten. Die Nachbarskinder wussten, wo der Hausschlüssel zu finden war.

Sie öffneten uns die Haustüre, schalteten das Licht an und machten im Winter Feuer. Da wir einen Viehhandel besaßen, schauten unsere Nachbarn nach dem Vieh im Stall. Sie fütterten und melkten die Kühe. Die Milch durften sie behalten. Für die christlichen Kinder war es immer eine willkommene Gelegenheit, Süßigkeiten und ein paar Kreuzer zu bekommen. Das nachbarliche Verhältnis war mit Ausnahmen bis zur Machtergreifung der Nazis gut. Danach trauten sich nur noch wenige Laudenbacher, den jüdischen Nachbarn zu helfen.

Laudenbach 185

Nach dem feierlichen Synagogenbesuch zu Hause angekommen, versammelte sich unsere ganze Familie an der festlichen Tafel. Mein seliger Vater sprach die ersten Gebete zu Schabbat. Danach kam, was mich immer sehr berührte, ein besonderer Segen. Mein Vater legte dabei meinem Bruder und mir die Hand auf und sprach: Gott lasse dich werden wie Efraim und Manasse. Für Mädchen lautete der Segensspruch: Gott lasse dich werden wie Sarah, Riwkah, Rachel und Leah. Am Tischende stehend, sprach mein seliger Vater jeden Freitagabend das Hohelied auf meine liebe Mutter, die gute Hausfrau: Eine tüchtige Frau, wer findet sie. Auch geht ihr Wert weit über Korallen. Auf sie vertraut ihr Gatte von Herzen und es fehlt ihm nicht an Gewinn. Sie tut ihm Gutes, nie Böses alle Tage ihres Lebens. Nun folgte der Kiddusch, der Segen über Wein und Brot. Vater schnitt den Barcheszopf in Stücke, bestreut sie mit Salz, gab das erste Stück meiner seligen Mutter, dann uns Kindern.

Es heißt, die jüdische Mamme (Mutter) achtet stets auf die Einhaltung der Gesetze.

So war es besonders beim Zubereiten der Mahlzeiten zu Schabbat. Traditionell gab es immer einen Eintopf, bestehend aus Gemüse, Früchten und Fleisch. Auch am nächsten Tag war es unsere Speise, auf einem vorgeheizten Ofen wurde das Essen solange warm gehalten. Nach dem Schabbatmahl sprachen wir gemeinsam das Dankgebet, sangen zum Abschluss alte jüdische Weisen. So gegen 23 Uhr kehrte im Hause Ruhe ein. Wir gingen zu Bett, zwei Lampen brannten im ganzen Haus, um in der Nacht kein Licht anmachen zu müssen. Heute geschieht das alles mit Schaltuhren. Am Samstagmorgen nach dem gemeinsamen Morgengebet ging ich mit meinen seligen Vater und Bruder zum Schabbatgottesdienst in die Synagoge.

Der vorgegebenen Thora-Abschnitt wurde von der Bima, dem Lesepult inmitten der Synagoge, vorgelesen. Rechts und links begleiteten den Vorbeter zwei Männer. Beide lasen die Texte mit, wobei einer mit dem Yad, einer kleinen silbernen Hand, die jeweilige Zeile andeutete. Es wurden ausgewählte Gemeindemitglieder zur Thora aufgerufen. Thora, übersetzt: die Lehre, beinhaltet die fünf Bücher Mose.

Nach der Wochenabschnittlesung brachte man die heilige Thorarolle wieder feierlich in den Thoraschrein. Nach dem Besuch der Synagoge trennte man sich ohne Eile, denn dieser Tag gab uns die ersehnte Ruhe, die an den Werktagen nicht möglich war. Unser Mittagessen begann wieder mit dem Segen über den Wein. Das Essen aus dem Warmhalteofen nahmen wir gemeinsam ein. Den Nachmittag verbrachten wir im Haus. Mein seliger Vater las uns Buben aus der heiligen Thora vor.

Wir besuchten auch Kranke in unserer Gemeinde, an diesem Tage soll man einfach etwas Gutes tun. Wenn am späten Nachmittag die ersten drei Sterne gut sichtbar am Himmel zu sehen waren und die Nacht hereinbrach, ging der heilige Schabbat dem Ende zu. Mit Wehmut vollzog mein seliger Vater die Trennung Hawdala vom Ruhetag zum gewöhnlichen Wochentag. Er nahm den Becher Wein in die Hand und sprach den Segen: „Gelobt seist du Ewiger, unser Gott, König der Welt, der die Frucht des Weinstocks erschafft.“ Bevor die Hawdalakerze mit einen Rest Wein 186 Laudenbach

gelöscht wurde, war es bei uns Brauch, mit dem Finger zur Flamme zu gehen, um das Licht noch einmal einzufangen. Wir wünschten uns Schawua tow, eine gute Woche. Mit dem Kiddusch am Freitagabend wird der Schabbat eingeleitet. Sein feierlicher Abschluss geht am Samstagabend zu dem gewöhnlichen Wochentag über. Ein jüdisches Volkslied lautet: „Freitag zu Nacht ist jeder Jud ein König“.

Die rabbinische Tradition sagt: „Der Schabbat ist euch gegeben und nicht ihr dem Schabbat.“ Rudolf Adler schließt seine Erzählungen mit den Worten: „Nicht alle Juden halten den Schabbat. Sie haben den Ruhetag verloren, aber sie können sich an seinen stillen Glanz erinnern wie nach einem verlorenen Paradies.“ Der von Gott für das jüdische Volk geschaffene Ruhetag wurde vom Christentum und Islam übernommen und auf den Sonntag und Freitag verlegt. Dieser Ruhetag ist heute ein anerkannter Bestandteil der gesamten Welt geworden. Dank der jüdischen Gesetzgebung.

Rudolf Adler, meine Bar Mitzwah Ein Minjam besteht aus zehn erwachsenen Männern ab dem 13. Lebensjahr.

Am 26. August 1910, ein Schabbat feierte ich in der Synagoge Laudenbach meinen 13. Geburtstag und wurde so in die Gemeinschaft als Bar Mitzwah, Sohn der Pflicht, aufgenommen. Es war ein großes Fest, an diesem Tag wurde ich feierlich das erste Mal zur Thora aufgerufen. Ein Jahr zuvor habe ich mit unserem jüdischen Lehrer begonnen, einen besonderen Wochenabschnitt aus der Thora zu lernen. An meinem Ehrentag habe ich den Abschnitt fehlerfrei vorgetragen, meine seligen Eltern waren sehr stolz auf mich. Zum Dank bekam ich als Erinnerung eine silberne Taschenuhr geschenkt. Wir feierten, wie es Brauch war, mit den Verwandten und Freunden zu Hause ein schönes Fest. Eine große Aufregung begleitete mich an diesem Tag, nach dem religiösen Gesetz bin ich jetzt volljährig und selbst für mich verantwortlich. Von diesem Tag an zählte ich zu den Erwachsenen, denen ich mit Respekt begegnete. Übrigens: auch die Mädchen feierten Bat Mitzwah, übersetzt Tochter der Pflicht, und das schon mit zwölf Jahren.

Die Hohen Feiertage Die Feste des jüdischen Jahres sind ein durch die Jahrtausende erprobtes Mittel, das Geschichtsbewusstsein wieder zu wecken und den Zusammenhang der Generationen Israels einzubinden. Gott gebot dem jüdischen Volk: Dreimal im Jahr sollst du mir ein Fest feiern. Die drei Gelegenheiten, zu denen eine Wallfahrt zum Tempel in Jerusalem unternommen wurde, waren Pessach, Schawuot, die Gesetzgebung der zehn Gebote, Sukkot das Laubhüttenfest. Daher wurden die Feiertage auch Wallfahrtsfeste genannt. Pessach ist das erste Fest im Frühjahr. Im Gebetbuch wird dieser Feiertag die Zeit unserer Freiheit genannt. Pessach wird zur Erinnerung Laudenbach 187

Sederabend in einer Familie 1970: Der Sohn spricht zu Beginn des Sederabends Kiddusch, den Segen über den Wein. Der Tisch ist gedeckt mit Wein, den sieben Speisen der Erinnerung und Matze.

Foto: Rudolf Adler

an den wunderbaren Auszug aus Ägypten acht Tage lang gefeiert. Rudolf Adler erzählte, wie seine Familie und auch die anderen jüdischen Mitbürger in Laudenbach Pessach, das Fest der Erinnerung, begangen haben: Jedes Jahr wurden schon Tage vorher die Vorbereitungen für Pessach eingeleitet. Meine selige Mutter begann den großen Frühjahrsputz mit dem Gebot, alles Chamez (Gesäuertes) hinauszuschaffen.

Das führte dazu, dass das ganze Haus vom Keller bis zum Dach gesäubert wurde.

Für die christlichen Dienstboten war die Vorbereitung auf Pessach eine zusätzliche Arbeit. Alle Beteiligten mussten die gesetzlichen Vorgaben erfüllen, bis das Haus koscher (rein) war. Gemeinsam mit meinem Bruder Bernhard halfen wir unserer Mutter beim Hausputz. Unsere Aufgabe war wie bei den meisten jüdischen Kindern, nach Chamez (Gesäuertes) zu suchen, das am Vorabend zu Pessach nicht mehr im Hause sein durfte. Ganze Brote wurden den Dienstboten gegeben, die Reste wurden nach Vorschrift am nächsten Morgen feierlich im Ofen verbrannt. Meine seligen Eltern achteten sehr auf diesen Brauch. Mein Vater ging am Abend mit einer Kerze durch das ganze Haus, um Gewissheit zu haben, dass er kein Chamez mehr findet.

Er fand erst keine Krümel, doch unsere Mutter hatte heimlich welche versteckt, die wir dann später fanden. Es war für uns jedes Mal das gleiche Spiel, nach der Suche bekamen wir Süßigkeiten. Nun war der ganze Haushalt für Pessach gerüstet.

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Die vorgeschriebenen koscheren Speisen und Getränke waren reichlich im Hause.

Das vorgeschriebene ungesäuerte Fladenbrot, im Hebräischen Matze, wurde beim Matzebäcker Strauss, später Hirschenberger, unterhalb der Kirche gekauft. Hier halfen bis zu acht christliche Saisonkräfte aus Laudenbach bei der Herstellung der Matzoth. Im fünften Buch Moses heißt es: „Du sollst sieben Tage ungesäuertes Brot (Matze) aus Mehl und Wasser essen, auf dass du des Tages deines Auszugs aus dem Ägyptenland gedenkst dein Leben lang.

Rudolf Adler erzählte, Pessach ist ein Familienfest. Es beginnt mit dem Seder, übersetzt Ordnung, der bis zu vier Stunden dauern kann: Wir hatten ein eigenes wunderschönes Pessachgeschirr, das meine selige Mutter mit in die Ehe gebracht hatte. Jeden Pessach war sie sehr stolz und glücklich darüber. Wir lebten damals in einer guten Zeit. Keiner ahnte, dass wir einmal um unser Leben hier in Laudenbach fürchten müssen.

Jedes Jahr am Abend des 14. Nissan der jüdischen Zeitrechnung (18.April) begann für uns Juden weltweit das achttägige Pessachfest mit dem Sederabend. Meine seligen Eltern legten großen Wert auf die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben. Der Seder (Ordnung) findet am ersten und zweiten Tag der achttägigen Feiertage statt.

Am ersten Abend waren immer nahe Verwandten bei uns zu Gast. Auf dem Tisch standen die vorgeschriebenen Speisen, die eine symbolische Bedeutung zu Pessach hatten. Zuerst die Matze aus Mehl und Wasser sollen uns erinnern an den schnellen Auszug aus Ägypten. Der Brotteig konnte in der Eile nicht gären. So blieb keine Zeit, beim Auszug aus Ägypten Brot zu backen. Damals waren die Matzoth rund, nicht wie heute viereckig. Meine seligen Eltern haben zum Seder auch Arme eingeladen, um die Gemeinschaft zu erhalten. Mein Bruder und ich haben neben meinem Vater Platz genommen, vor jedem am Tisch stand ein Kidduschbecher mit gutem Wein gefüllt. Es heißt: Jeder soll am Sederabend vier Gläser Wein nach Mose 6 Vers 6 trinken. Das erste Glas: Wir wurden herausgeführt. Das zweite Glas: Wir wurden errettet. Das dritte Glas: Wir wurden erlöst. Das vierte Glas: Wir wurden angenommen. Ein fünftes Gefäß, ein prächtiger Kelch, ist für den Propheten Elia, den Ehrengast an der Sedertafel. Er wird das Kommen des Messias ankündigen.

Denn in dieser Nacht wird er besonders erwartet.

Auf dem Sedertisch standen vor dem Essen die sieben Speisen der Erinnerung.

Die Bitterkräuter symbolisieren die bittere Zeit, die die Israeliten in Ägypten leiden mussten. Charosset, ein Fruchtmus aus Äpfeln, Walnüssen, Wein und Zimt ist Sinnbild für den Mörtel, den die Israeliten herstellten, als sie Städte bauen mussten.

Karpas ist ein Gemüse, das an den Frühling und den Geist der Hoffnung erinnern soll. Ein hart gekochtes Ei erinnert an die Zerstörung des Tempels in Jerusalem.

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Sieben Sederspeisen: Erdfrüchte, Bitterkräuter, Mus, gebratener Knochen, ein gekochtes Ei, ein Becher Salzwasser und Matze Foto: Georg Schnabel

Das Ei ist traditionell das jüdisches Symbol der Trauer. Ein gebratener Unterschenkelknochen ist die symbolische Opfergabe, die bis zur Zerstörung des Tempels zum Heiligtum in Jerusalem gebracht wurde. Eine Schale Salzwasser symbolisiert die Tränen der Kinder Israels, die sie in der Zeit der Sklaverei vergossen haben. Mein seliger Vater leitete den Seder, er sprach den Segen über den Wein und die Speisen.

Feierlich sagte er die Gebete mit dem ersten Eintauchen der Speisen ins Salzwasser.

Mein Bruder und ich hatten am Sederabend eine Aufgabe vor uns. Nach dem Kiddusch stellten mein jüngerer Bruder und ich die vier Fragen an die Versammlung: „Ma nischtana halaila hase me kol haleilot.“ (Was unterscheidet diese Nacht von allen anderen Nächten?) In allen anderen Nächten essen wir Gesäuertes und Ungesäuertes, in dieser Nacht nur Ungesäuertes. In allen anderen Nächten können wir allerlei Kräuter essen, in dieser Nacht nur bittere Kräuter. In allen anderen Nächten müssen wir kein einziges Mal eintunken, in dieser Nacht zweimal. In allen anderen Nächten können wir frei sitzend oder angelehnt essen, in dieser Nacht sitzen wir alle angelehnt.

Wie jedes Jahr sangen wir die altvertrauten Lieder zu Pessach. Der Gesang sollte uns Kinder bis zum Vorlesen der Haggada, übersetzt die Erzählung vom Auszug 190 Laudenbach

Eine Sonderausgabe der Haggada mit der Erzählung vom Auszug aus Ägypten. Die Haggada ist nach der Bibel das meist gedruckte Buch der jüdischen Welt.

Foto: Georg Schnabel

aus Ägypten, wach halten. Mein seliger Vater begann zu lesen, gespannt hörten wir die Geschichte, gleichzeitig verfolgten wir in einer einfachen Ausgabe der Haggada welch ein großes Wunder damals geschah. Nach dem Dankgebet tranken wir unser letztes Glas Wein. Das Sedermahl war zu Ende. Nun war es Zeit für Elia.

Den ganzen Abend standen ein besonderer Stuhl und ein silberner Becher Wein für den Prophet Elia bereit. Wir Kinder öffneten weit die Haustüre, denn an diesem Abend erwartete man besonders sein Erscheinen als Vorbote des Messias. Der Sederabend endete mit dem Leeren des letzten Glases Wein und dem ewigen Wunsch unserer Väter: „Leschana Haba be‚ Jeruscholajim.“ (Nächstes Jahr in Jerusalem).

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Rudolf Adler seligen Andenkens schloß seine Erzählung zu Pessach mit den Worten: „Jeden Pessach haben unsere seligen Eltern uns deutlich gemacht, auf unseren Glauben zu vertrauen. Mein Bruder und ich haben zu allen Zeiten dies beherzigt, so auch den schrecklichen Naziterror überlebt. Wir Juden haben in größter Not und Bedrängnis immer an die Errettung unseres Volkes geglaubt.

Zum Gedenken meiner seligen Eltern Isaak und Janette Adler, umgekommen 1942 im KZ-Theresienstadt.“ Rudolf Adler, seligen Andenkens Die Matzoth kommen heute von Großbäckereien aus Israel und Holland.

Jedem Juden ist geboten, am Sederabend Matze zu verzehren. Eine Zeitzeugin erzählte mir: In den zwanziger Jahren hatten wir eine jüdische Mitschülerin in der Volksschule Laudenbach. Das Mädchen brachte Matze in die Schule mit, verteilte sie in der Schulklasse. Auch der Lehrer soll die Matze probiert haben. Die Matze, nur aus Mehl und Wasser hergestellt, schmeckte uns Kindern damals so gut, als wäre es Schokolade. Es war in der sogenannten guten alten Zeit, in der für uns Kinder Süßigkeiten ein Fremdwort war.

Es gibt unterschiedliche Schreibweisen im Hebräischen. Die von Rudolf Adler gegebenen Aussagen, der auch jiddisch gesprochen hat und so eine eigene Satzbildung in diesem Beitrag geschaffen hat, werden respektiert. * Vergleiche Jahrbuch 2008/2009: „Die Matzebäckerei von Jakob Hirschenberger“ und Jahrbuch 2010/2011: „Verzeihen ja – vergessen nein, Rudolf Adler überlebte das KZ“, beide Beiträge von Georg Schnabel.

Postkarte: Sammlung Claus Dürr 192 Laudenbach

Laudenbach im Jahre 2010 Von Karl-Heinz Stumpf Januar 01.01.: Zum Stichtag 1. Juli 2009 hatte Laudenbach 1315 Einwohner (Karlstadt insgesamt 15.980). Der Ausländeranteil von 879 Menschen entspricht 5,5 Prozent.

02.01.: Die Feuerwehren aus Karlstadt, Laudenbach, Mühlbach und Himmelstadt müssen im Dachstuhl eines Hauses in Kleinlaudenbach einen Glimmbrand löschen.

Verletzt wird niemand.

31.01.: Mit einem feierlichen Festgottesdienst in der Stadtpfarrkirche St. Andreas in Karlstadt feiert die Pfarreiengemeinschaft St. Georg Karlstadt ihre Erweiterung.

Künftig gehören ihr folgende Pfarreien an: St. Andreas Karlstadt, „Zur Hl. Familie“ Karlstadt, St. Bartholomäus Gambach, St. Ägidius Laudenbach, Vierzehnheiligen Mühlbach und Maria Himmelfahrt Stadelhofen. Damit umfasst sie rund 7600 Katholiken, die von zunächst drei – später nach dem Weggang von Pfarrer Hans Schwarz – von den Priestern Dr. Mariusz Falk und Heinrich Busch betreut werden.

Domkapitular Christoph Warmuth überreicht den Vertretern der Pfarrgemeinderäte und den Kirchenverwaltungen die Urkunden über die Kooperationsvereinbarung.

Februar 09.02.: Der Bau-, Umwelt-, Land- und Forstwirtschaftsausschuss berät die Änderung des Flächennutzungsplans und Aufstellung eines Bebauungsplans für den geplanten „Solarpark Laudenbach Südwest“.

24.02.: Der Verein Bürger und Kommunen gegen die Westumgehung Würzburg/B26n, die Laudenbach stark belasten würde, hält parallel zur Vorstellung der Umweltverträglichkeitsstudie im Historischen Rathaus von Karlstadt eine Mahnwache. Die nun vom Straßenbauamt vorgestellte Variante müsste der Stadtrat Karlstadt eigentlich ablehnen, weil sie von der im Herbst vorgestellten Tunnelvariante abweicht, die der Rat als „gerade noch hinnehmbar“ bezeichnet hatte. Durch die andere Linienführung rückt die Trasse näher an den Wurzgrund und Laudenbach heran.

27.02. MP: Der Stadtrat gibt seine Zustimmung zu einem kommunalen Projekt einer 5,2 Hektar großen Freiflächen-Photovoltaikanlage in Laudenbach, bestehend aus knapp 12.000 Modulen, an dem sich auch die Bürger mit Anteilen ab 5000 Euro in einer Genossenschaft beteiligen können. Bis 30. Juni 2010 muss die Anlage laufen, denn ab 1. Juli kürzt die Bundesregierung die Einspeisevergütung von Freiflächenanlagen. Zur Finanzierung bringen die Stadtwerke 2,5 Millionen Euro ein, die Raiffeisenbank vier Millionen Euro und eine Million Euro private Bürger. Die restliche Million Euro übernehmen Einzelinvestoren mit einer Einlage ab 100.000 Euro. Dabei geht die federführende Raiffeisenbank von einer jährlichen Dividende für Privatanleger/Genossenschaftsmitglieder zwischen vier und sechs Prozent aus.

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März 06.03. MP: Der Kreistag lässt sich von Bauamtsvertretern über den geplanten Verlauf der B 26n informieren. Entgegen früheren Aussagen favorisieren die Straßenplaner jetzt die Nordtrasse, jedoch mit Tunnel, was mit dem Bund abgestimmt sei. Auf einer Fotomontage zeigen die Straßenplaner, wie die Brücke mit dem Tunnel ihrer Vorstellung nach aussehen wird. Nachdenklich stimmt allerdings, dass diese nicht zum Abdruck für die Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt wird.

Prognostiziert werden für das Jahr 2025 zwischen Himmelstadt und Laudenbach: 3800 Autos ohne B 26n, 1900 Fahrzeuge mit B 26n, aber ohne Autobahnauffahrt Karlstadt-West (zwischen Laudenbach und Himmelstadt), 5100 Autos dagegen mit einer Autobahnauffahrt an dieser Stelle.

11.03.: Haushaltsberatung im Stadtrat: Die Bauinvestitionen in der Finanzplanung von 2009 bis 2013 kürzt die Karlstadter Verwaltung wegen der angespannten Haushaltslage um 1,8 Millionen auf 7,3 Millionen Euro. Auf Laudenbach entfallen für die Sanierung der Friedhofsmauer ganze 7000 Euro, die neue Versorgungsleitung in der Heldstraße wird nach 2012 verschoben.

13.03.: Premiere der Komödie in drei Akten von Martina Röhrich „Ich glaub, hier spukt‘s“, die die Laienspielgruppe Laudenbach im alten Rathaus von Laudenbach unter der Regie von Karl-Heinz Stumpf in fünf Vorstellungen präsentiert.

14.03.: Die Grünen-Stadträte Gerhard Kraft und Horst Wittstadt zeigen bei einer Trassenbegehung der interessierten Bevölkerung, wo die geplante Trasse der B 26n nur knapp 450 Meter vom südöstlichen Ortsrand Laudenbachs entfernt verlaufen soll.

16.03.: Der Bauausschuss des Karlstadter Stadtrats beschließt die Änderung des Flächennutzungsplans und Aufstellung des Bebauungsplanes für den „Solarpark Laudenbach Südwest“.

17.03.: Gründung der GenoEnergie Karlstadt eG, einer Bürgergenossenschaft für Errichtung und Betrieb des Solarparks in Laudenbach 24.03.: Bürgerversammlung zur B 26n – Das Straßenbauamt stellt die favorisierte Planung, die ehemalige Nordvariante jetzt mit Tunnel vor. Die vierspurige Bundesstraße B 26n quert die Staatsstraße von Laudenbach nach Himmelstadt etwa 400 bis 450 Meter entfernt vom südöstlichen Laudenbacher Ortsrand. Dort wird – eventuell – eine Anschlussstelle Karlstadt-West/Himmelstadt gebaut. Die neue Straße geht dann in die 30 Meter hohe Brücke über, die auf einer Länge von 700 Metern über den Main führt. Jenseits der B 27 endet die Brücke am Kalvarienberg, ohne dort ein FFH-Gebiet zu tangieren. Sie verläuft etwa 200 Meter in einem 15 Meter tiefen Einschnitt, bis der 600 Meter lange Tunnel beginnt. Denkbar wäre, dass der Tunnel bereits ab der Brücke beginnt und dann 800 Meter lang würde.

26.03. MP: Domenico Salvatore eröffnet die schon seit längerer Zeit geschlossene Gaststätte an der Mehrzweckhalle in Laudenbach neu als Centro Sportivo mit italienischen Spezialitäten und deutscher Küche.

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April 12.04.: Die jüngst gegründete GenoEnergie Karlstadt eG präsentiert das Projekt Solarpark Laudenbach knapp 200 Interessierten und informiert über Chancen und Risiken einer Beteiligung an dem Projekt. Bürger können Anteile von jeweils 5000 Euro erwerben. Das Gesamtvolumen des Projektes beträgt 6,7 Millionen Euro.

24.04. MP: Der Bauausschuss diskutiert, wie Dorfkerne wieder attraktiver gestaltet werden. Die Dorfsanierung in Laudenbach ist seit über 20 Jahren regelmäßig ein Thema, besonders natürlich vor Wahlen. Danach verschwindet das Vorhaben immer wieder in der Versenkung mangels finanzieller Mittel. So auch dieses Mal. Tenor: Erst wenn Wiesenfeld und Rohrbach abgeschlossen sind, sollen Laudenbach und Mühlbach an die Reihe kommen.

25.04.: Frühlingskonzert der zwei Jahre alten Jugendkapelle der Blaskapelle 1848 Laudenbach und des Chores des Männergesangvereins in der Mehrzweckhalle Laudenbach 29.04. MP: Mit Einrammen eines Konstruktionspfahls am Bürgersolarpark in Laudenbach signalisiert Karlstadts Bürgermeister Dr. Paul Kruck den symbolischen Baubeginn für das Projekt.

Mai 02.05.: Wallgang der Pfarrei St. Ägidius Laudenbach nach Mariabuchen 08.05.: Ohne Namens- und genaue Ortsangabe berichtet die Main-Post erstmals von Ermittlungen der Würzburger Staatsanwaltschaft gegen einen katholischen Priester aus dem Landkreis Main-Spessart (der später als der Ortspfarrer Hans Schwarz identifiziert wird) wegen mutmaßlicher finanzieller Unregelmäßigkeiten. Die Recherchen gegen den 76-jährigen Priester seien durch das Finanzamt ins Rollen gebracht worden. Der unbestätigte Verdacht der Veruntreuung von Kirchengeldern steht im Raum.

11.05.: Das Pfarrhaus wird durchsucht und Pfarrer Schwarz in Untersuchungshaft genommen. Der Oberstaatsanwalt bestätigt in einer Pressemitteilung, dass der Verdacht bestehe, dass der Beschuldigte Kirchen- und Spendengelder in Höhe von rund einer Million Euro unberechtigt einbehalten oder für sich verwendet habe. Außerdem werden etwa 130.000 Euro Bargeld im Pfarrhaus zwischen Wäschestapeln gefunden und beschlagnahmt.

15.05.: Liederabend unter dem Motto „Lieder – immer wieder gern gehört“ des MGV Laudenbach 1886 mit Kinderchor, Frauenchor, Männerchor und gemischtem Chor, der Singgruppe aus Stadelhofen, dem Kirchenchor Retzbach und der MGV Uettingen mit Frauenchor, Männerchor und gemischtem Chor bei freiem Eintritt.

16.05.: Maiandacht an der Frauenquelle mit anschließendem gemütlichen Beisammensein.

18.05.: Öffentliche Stadtratssitzung zur Haltung der Stadt Karlstadt zur Westumgehung Würzburg/B 26 n im historischen Rathaus in Karlstadt - Die notwendige Anzahl von Unterschriften für ein Bürgerbegehren gegen den Bau (neun Prozent der Wahlberechtigten der Stadt Karlstadt mit Stadtteilen) ist zu dieser Zeit bereits erreicht. Seit dem 1. Mai hatten die Mitglieder der Ortsgruppe des Vereins Bürger und Kommunen gegen die Westumgehung Würzburg/B26n e.V. in der Bevölkerung und bei Veranstaltungen Laudenbach 195

Unterschriften gesammelt. Allein aus Laudenbach kommen über 300 Eintragungen.

Auf Empfehlung der Bürgerversammlung vom 24. März spricht Armin Beck, der Sprecher der Ortsgruppe Karlstadt der Bürgerinitiative, zu den Stadträten, aber nur einer von ihnen schwenkt um, weil er die nun vom Staatlichen Baumt favorisierte Nordtrasse nicht mehr für zumutbar hält. Der Großteil des Rates lässt sich weder von der Argumentation Becks, der erstmals öffentlich präsentierten Karte, die die Lärmimmissionen darstellt und die bisher quasi unterschlagen worden war, noch von Demonstranten vor dem Rathaus überzeugen.

20.05. MP: Mit Erschrecken, Entsetzen und Betroffenheit, aber auch mit einer gewissen Verunsicherung ob der Vorwürfe der Staatsanwaltschaft gegen ihren Pfarrer reagieren die Pfarrgemeinderatsvorsitzenden in Laudenbach, Mühlbach und Stadelhofen. Dem 76-jährigen Ruhestandspfarrer, der bis zu seiner Festnahme noch Gottesdienste hielt, wirft die Staatsanwaltschaft vor, eine Million Euro veruntreut zu haben.

20.05.: Domkapitular Christoph Warmuth kommt zum Gottesdienst am Donnerstagabend, um einen Brief von Generalvikar Karl Hillenbrand an die Gemeinden Laudenbach und Mühlbach zu verlesen, der sich mit den Vorwürfen gegen den in Untersuchungshaft sitzenden Laudenbacher Pfarrer befasst. Er ruft bis zur endgültigen Feststellung der Tatsachen zu Zurückhaltung und Besonnenheit auf und betont das Interesse der Diözese an einer lückenlosen Aufklärung. In der anschließenden Sitzung der Mitglieder der Pfarrgemeinderäte und Kirchenverwaltungen Laudenbach und Mühlbach mit Domkapitular Warmuth und Albrecht Siedler, dem stellvertretenden bischöflichen Finanzdirektor, war der einheitliche Tenor, die Ermittlungen abzuwarten und sich nicht zu einer Vorverurteilung des Pfarrers hinreißen zu lassen.

Juni 19.06. MP: Mitten in den Ferien, am Sonntag, 22. August, sollen die Karlstadter über den Bürgerentscheid ihre Meinung zur geplanten B 26n bekunden, die Laudenbach stark belasten würde. Dem Bürgerbegehren will der Stadtrat zugleich ein Ratsbegehren gegenüberstellen. Ursprünglich geplant war der Abstimmungstermin am 26. September. Anfragen beim Bauamt in Würzburg brachten jedoch die Kehrtwende, weil es das Raumordnungsverfahren schnellstmöglich einleiten und abschließen wolle, ohne Rücksicht auf den Termin des Bürgerentscheids.

30.06.: Der Bürgersolarpark in Laudenbach geht pünktlich zum Stichtag ans Netz, was wichtig für die Höhe der Einspeisevergütung ist. Keines der fast 12.000 Module aus Indien war defekt.

Juli 01.07.: Zum Stichtag 1. Juli 2010 hat Laudenbach 1289 Einwohner (Karlstadt insgesamt 15 883, bei einem Ausländeranteil von 849 Menschen = 5,4 Prozent).

02.07.: Grillfest des Männerkochklubs Karlstadt in Laudenbach an der Ecke Bandwörthstraße und Wirtsgasse zum Thema: „Bratwurst – Leckerei aus allen Regionen Deutschlands“.

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03.07.: Eröffnung des 25. Laudenbacher Weinfests „An der Hollerecke“ (Ende: Montag, 5. Juli) des Männergesangvereins Laudenbach 16.07.: Infoabend der Initiatoren des Bürgerbegehrens gegen die B 26n in Laudenbach August 22.08.: Der Bürgerentscheid zur B 26n wird von mehr als 1700 Karlstadtern durchgesetzt. Er besteht aus einem Bürgerbegehren (gegen die B 26n), einem Ratsbegehren (pro B 26n) und einer Stichfrage. Die Abstimmungsbeteiligung liegt bei 45,31 Prozent. Die Karlstadter Wähler stimmen ab: 58,56 Prozent der Wähler votieren in der Stichfrage für den Bürgerentscheid 1, das Bürgerbegehren „Für den Erhalt unserer Heimat – Gegen den Bau der B 26n“. 41,44 Prozent unterstützen den Bürgerentscheid 2, das Ratsbegehren, „B 26n – Für unsere Zukunft durch eine aktive Vertretung der Bürgerinteressen“. Die Entscheidung fällt in der Stichfrage, da beide Bürgerentscheide mehrheitlich mit Ja beantwortet wurden. Das Bürgerbegehren 1 erhielt 72,19 Prozent Ja- und 27,81 Prozent NeinStimmen. Beim Ratsbegehren stimmten 50,97 Prozent für Ja und 49,03 Prozent für Nein.

Deutliches Ergebnis in Laudenbach: Bürgerentscheid 1: Ja 92,0 Prozent, Nein 8,0 Prozent, Bürgerentscheid 2: Ja 21,9 Prozent, Nein 78,1 Prozent, Stichfrage: Bürgerentscheid 1: 86,6 Prozent Bürgerentscheid 2: 13,4 Prozent.

25.08.: Schuppenbrand in der Heldstraße 49: Die Feuerwehren aus Laudenbach, Mühlbach, Himmelstadt und Karlstadt verhindern das Übergreifen auf ein benachbartes Wohnhaus, nur das Tor und Gebälk der benachbarten Scheune werden in Mitleidenschaft gezogen.

28.08.: Bergfest des Schützenvereins Alpenrose Laudenbach und seiner neuen Abteilung „Heimat und Kultur für Laudenbach“ unter dem Motto „Dicke Dure in Flammen“ im Schützenhaus mit Berggottesdienst, Lagerfeuer, angestrahlter Turmruine und fränkischen Spezialitäten.

29.08.: Patrozinium der Pfarrgemeinde St. Ägidius Laudenbach mit feierlichem Hochamt und anschließender Prozession durch den Ort. 30.08. MP: Die Ermittlungen gegen den 76-jährigen früheren katholischen Pfarrer von Laudenbach, Mühlbach und Stadelhofen, Hans Schwarz, wegen angeblicher Veruntreuung von Kirchen- und Spendengeldern sind noch nicht abgeschlossen. Der Priester hält sich seit seiner Entlassung aus der Untersuchungshaft Mitte Juni in Münsterschwarzach auf.

September 07.09. MP: Die Firma Schwenk möchte (nach 75 Hektar für 14 Millionen D-Mark im Jahr 1995, die den Bestand der Firma auf 100 Jahre garantieren sollten) erneut 80 Hektar in den Waldabteilungen „Dürrling“ und „Echter-Wald“ von der Stadt kaufen.

Grenzen sind im Norden die Staatsstraße 2438 nach Stadelhofen und im Süden der Verbindungsweg von Laudenbach nach Stadelhofen. Inzwischen ist die erste große Hürde genommen: Der Regionale Planungsverband wandelt im Regionalplan 80 Hektar Vorbehaltsfläche für den Kalkabbau in Vorrangfläche um. Laut Landesplanungsbehörde in der Regierung ist im weiteren Prozedere ein Anhörungsverfahren unter Einbezug der Laudenbach 197

Öffentlichkeit vorgesehen, dessen Ergebnisse vom Planungsausschuss beraten werden.

11.09. MP: Nach dem Baubeginn im Mai wird Richtfest gefeiert beim Neubau des Kinderfamilienhauses der Weltweiten Kinderhilfe e.V. in Laudenbach. Das Kinderfamilienhaus ist eine heilpädagogische Einrichtung, in der acht Mädchen und Jungen wohnen können. Die Baukosten betragen etwa 840 000 Euro.

Oktober 19.10.: Der Karlstadter Bau-, Umwelt-, Land- und Forstwirtschaftsausschuss berät die Änderung des Flächennutzungsplanes und Aufstellung eines Bebauungsplanes zur Errichtung einer Photovoltaikanlage an der ICE-Bahnstrecke in der Gemarkung Laudenbach durch die Firma Sunpowerparc.

22.10.: MP: Der Bauausschuss hat nichts gegen die Ausweitung des Vorranggebietes zur Rohstoffsicherung zwischen Mühlbach, Laudenbach und Stadelhofen, in dem die Firma Schwenk Muschelkalk abbauen möchte. 51 Hektar der insgesamt 75 Hektar großen Abbaufläche sind (städtischer) Wald (etwa ein Viertel des Laudenbacher Waldes) zwischen Staatsstraße 2438 und dem Gemeindeverbindungsweg LaudenbachStadelhofen. Als Argument dient unter anderem, der Verkauf komme auch den Laudenbachern zugute, beispielsweise bei der anstehenden Dorferneuerung. (Die hätte man allerdings mit den 14 Millionen D-Mark beim Verkauf 1995 längst realisieren können.) Nur Stadtrat Horst Wittstadt stimmt mit Blick auf die Belange der Laudenbacher Bürger dagegen.

30.10. MP: Der Stadtrat stimmt der Erweiterung der Photovoltaikanlage um eine fünf Hektar großen Solarfläche bei Laudenbach durch die Firma Sunpowerparc GmbH, zu.

November 09.11. MP: Der Abriss eines alten und unbewohnten Hauses in der Mühlbacher Straße, das dem Freistaat gehörte, erfolgt wegen Baufälligkeit, bedeutet aber nicht den Beginn des Ausbaus der engen Ortsdurchfahrt Laudenbach, wie das Staatliche Bauamt betont.

14.11.: Einen Kleiderbasar für Erwachsenen- und Kinderkleidung und Spielzeug in der Mehrzweckhalle veranstaltet die Kindertanzgarde Laudenbach.

Dezember 05.12.: Nikolausfeier auf dem Langhirts-Hof in Laudenbach mit Wortgottesdienst, Nikolausbescherung, Verkaufsausstellung „Hobby und Handwerk im Kuhstall“ (selbst gemachte Weihnachtskrippen, Weihnachtsgestecke, Filzhüte und Weihnachtskarten) und Bewirtung 12.12.: Besinnliche Lieder zum Advent und zur Weihnachtszeit bietet der Männergesangverein 1886 Laudenbach bei seinem traditionellen Weihnachtskonzert in St. Ägidius mit dem Kinderchor, dem Frauenchor, dem Männerchor, dem gemischten Chor und der Jugendkapelle. * MP = Datum der Veröffentlichung in der Main-Post 198 Laudenbach

Holzstrich im Wald: Wer bietet mehr?

Von Erich Götz Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg war das Brennholz knapp. Es wurde zugeteilt. Dann fanden von 1950 bis 1958 Holzversteigerungen im Wald statt. Es waren immer schöne Samstagnachmittage. Treffpunkt war meist am Gutsberger Weg, an der Ruh oder am Steinfeldweg, je nachdem, wo das Holz geschlagen worden war. Meist waren es zwei Schläge. So nennt man die Abteilung, in der das Holz gefällt wurde. Der Termin wurde im Aushang bekannt gegeben und zehn Tage vorher im Dorf von Gemeindearbeiter Johann Handel ausgeschellt.

Der Ster Holz* war zuvor vom Förster oder Waldhüter taxiert worden. Tax war der Aufruf-Preis. Unter Tax wurde kein Holz abgegeben. Das Brennholz war in Klassen taxiert: erste Klasse Scheit glatt und astrein; zweite Klasse gedreht, astig, mindestens 18 Zentimeter im Durchschnitt, Die Holzhauer stellten der Gemeinde ihre Dienab 22 Zentimeter Durchschnitt musste es ste in Rechnung. Diese Rechnung zeigt die Menge gepalten sein. Erste Klasse Rollen 16 bis und den Stückpreis des Holzeinschlags für die 22 Zentimeter Durchmesser, glatt und Jahre 1959 und 1960, der im Akkord vorgenomastrein; zweite Klasse Rollen zwölf bis 22 men wurde.

Zentimeter, gebogen, astig und gedreht. Unter zwölf Zentimetern war Astholz. So ein Samstagnachmittag hatte seine festen Regeln. Von der Gemeinde anwesend waren der Bürgermeister, der Gemeindeschreiber und der Waldhüter. Der Bürgermeister begrüßte die Bürger und gab die Bedingungen der Versteigerung bekannt. Er leitete die Versteigerung und gab den Zuschlag. Der Gemeindeschreiber und der Waldhüter notierten Namen und Preis. Zum Beispiel rief der Bürgermeister: „Ein Ster Buchenscheit erster Klasse, Tax 22 DM, Nummer eins. Wer bietet mehr?“ Geboten wurde durch Zuruf 50-Pfennig-weise – also 50 Pfennige, eine Mark, 1.50 Mark und so weiter. Es kam vor, dass ein schöner Ster, also sehr gutes Brennholz, fünf bis acht DM über der Tax lag. Und es kam vor, dass ein Teilnehmer den Preis mit Zuruf extra in die Höhe Mühlbach 199

trieb, wenn er merkte, dass ein anderer diesen Ster unbedingt ersteigern wollte.

Mitunter haben sich zwei Anbieter auch gestritten. Mancher schlechte Ster bekam kein Gebot – zum Beispiel Eichenast. Es wurden auch Reisigwellen verstrichen. Ein Reisighaufen wurde gesetzt wie eine Pyramide: 6.5.4.4.3.2.1.

Nach der Hälfte des Weges im Wald zum aufgesetzten Holz legte die kleine Karawane eine Pause ein. Es gab Bier, Wasser und Knackwurst mit Brötchen. Die Knackwürste wurden in einer 20-Liter-Milchkanne mit warmem Wasser mitgeführt. Einen Kasten Bier zahlte die Gemeinde. Der Holzstrich entbehrte manchmal nicht einer gewissen Komik, obwohl er eine ernsthafte Handlung war. Wenn mit den etwa 40 Männern auch noch ein paar Frauen und Kinder mit in den Wald hingen, gab es oft viel zu lachen.

Nach zwei Wochen, wieder an einem Samstag, wurden im Gemeindezimmer nach dem Bezahlen des ersteigerten Holzes die Abfuhrscheine an die neuen Besitzer ausgegeben.

1958 war der letzte Holzstrich im Wald. Er wurde in die beiden Gasthäuser verlegt, jährlich abwechselnd bei Leo Gehret und Alfred Rüb. So lustig wie im Wald war es nicht mehr, und es gab auch kein Freibier. Die Holzinteressenten begutachteten tags zuvor das im Wald aufgeschichtete Holz und notierten sich die Nummern. 1959 wurde in Mühlbach sogar dreimal Brennholz verstrichen. Grund war die Erschließung des neuen Baugebiets Johann-Schönmann-Straße und Josef-Zöller-Straße. Die Gemeinde brauchte Geld und wollte das Holz zu einem guten Preis verkaufen. So beantragte sie beim Forstamt einen Sonderhieb links des Steinfelder Wegs.

1962 wurden die Holzstriche ganz eingestellt. Die Nachfrage nach Brennholz war mit dem Einzug von Gas und Heizöl in den Haushalten stark gesunken. Die beiden Holzhauer schlugen nur noch die Menge, die Mühlbacher Bewohner bestellt hatten.

Was nach dem Forstwirtschaftsplan als Brennholz galt, wurde nun in Lose verteilt.

Dazu bestimmte der Förster eine Fläche mit Brennholz, in der die Interessenten selbst Holzhaufen aufsetzten, deren Preis der Förster festsetzte. Übrigens: Es gab ein paar Herrschaften im Ort, die neben ihrem Salär noch Brennholz bekamen: je ein Ster für den Bürgermeister, den Gemeindeschreiber, den Organisten und den Küster fürs Läuten, drei Ster für den Wald- und Feldhüter und fünf Ster für den Pfarrer. * Ster ist ein Raummeter, beispielsweise für Losholz (= ein zugeteilter Waldholzanteil, meist Brennholz) an Privataufkäufer. Ein Ster sind 0,7 Festmeter. Ein Festmeter sind ein Kubikmeter reine Holzmasse, während beim Ster die Luft zwischen dem geschlichteten Holz in die Masse eingerechnet wird. Zum bildlichen Verständnis: Ein Festmeter ist ein reiner Holzstamm von acht Metern Länge und 40 Zentimetern Durchmesser ohne Rinde (aus der Main-Post).

200 Mühlbach

Johann Sohn – letzter Postillon und Burgwächter Von Martina Amkreutz-Götz Johann Sohn aus Mühlbach am Main schrieb einen Tag lang in Bayern Geschichte als der letzte Postillon im Freistaat. Am 16. Januar 1919 vermeldete die Karlstadter Zeitung: „Gestern fuhr die Urspringer Pferdepost zum letzten Mal auf der Strecke Urspringen-Karlstadt. Nun muss sie als Zeuge der guten alten Zeit einem modernen Autobus endgültig weichen. Dem ältesten ehemaligen Lenker des historischen Gefährts war es ein Bedürfnis, noch einmal auf dem Bock der Postkutsche zu sitzen und in seiner schmucken Postillonstracht das Posthorn zu blasen. Bewundernd sah die Einwohnerschaft der Orte zu dem wackeren Altpostillon Johann Sohn aus Mühlbach auf, der sich um keinen Preis der Welt davon abhalten ließ, die Urspringer Postkutsche zum letzten Male zu fahren. Die Pferdepost bestand seit 1910. Damals wurde hier ein Poststall geschaffen und die Postlinie Gottfried Ehehalt übertragen. Es wurden täglich zwei Fahrten übernommen. Die erste begann um 5.40 Uhr morgens und berührte die Orte Duttenbrunn, Stadelhofen, Mühlbach

Johann Franz Sohn schrieb einmal in seinem Leben bayerische Geschichte als letzter Postillon.

Foto: Albin Spies

Johann Franz Sohn gehörte zu den 16 Postillonen, die zu Pferd am 20. April 1894 in Darmstadt die Braut des Großherzogs von Hessen zur Hochzeit geleiteten.

Foto: Familienbesitz Giller Mühlbach 201

und Karlstadt. Die zweite Fahrt begann um 12.45 Uhr mittags mit dem gleichen Kurs.“ Am 12. Januar 1919 erhielt Johann Sohn dieses Zeugnis: „Es wird hiermit bestätigt, dass der Johann Sohn aus Mühlbach im hiesigen Poststalle seit Kriegsausbruch 1914 als Postillon tätig war. Derselbe hat seinen Dienst mit der größten Gewissenhaftigkeit versehen, war treu und ehrlich, so dass ich ihn auch weiter empfehlen kann. Sein Austritt erfolgte durch Wiedereintritt des vom Felde zurückgekehrten Postillons. – Urspringen, 12. 1. 1919, Leonhard Ehehalt, L.S. KöniglichBayerischer Poststall Urspringen.“ Bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges 1914 hatte Johann Franz Sohn freiwillig für den ins Feld gerückten Urspringer Postillon Gottfried Ehehalt dessen Dienst übernommen und erfreute die Reisenden mit Melodien auf seinem Posthorn. Bis zum Schluss 1919 fuhr Johann Sohn nur Johann Franz Sohn, geboren am 8. März 1866 in Arnstein, besuchte in Mühlbach die Werktagschule vom noch einmal täglich diese Strecke.

1. Mai 1872 bis 30. April 1879. Das Abschlusszeugnis Als nach der Währungsreform 1948 der Sonntagschule bescheinigt ihm gute Noten und dass zwischen Karlstadt und Urspringen er am Religionsunterricht vom 1. Mai 1979 bis 30. April eine Privatomnibuslinie (Schäfer aus 1882 teilgenommen hat. Foto: Familienbesitz Giller Urspringen) eingerichtet wurde, soll der letzte bayerische Postillon bei der ersten Fahrt neben dem Busfahrer gesessen haben. Von seinem Horn wollte sich Johann Sohn auch nach dieser letzten Fahrt nicht trennen.

Er war das älteste Mitglied der Feuerwehr Mühlbach und blies sein Horn bei jeder Übung und jedem Einsatz zusammen mit dem Sattler Kaspar Hombach. Seine Kommandos an die Mannschaft blies Johann Sohn ins Signalhorn, und dem Nachwuchs brachte er die Bedeutung verschiedener Alarmrufe bei. Von der Ruine Karlsburg ertönte Oster- und Pfingstsonntag um 6 Uhr früh sein Horn über das Maintal.

Geboren wurde Johann Franz Sohn am 8. März 1866 in Arnstein. Sein Vater Franz 202 Mühlbach

Josef, 1832 in Arnstein geboren, ernährte als Schuhmacher die sechsköpfige Familie. Am 13. April 1890 erhielt Franz Josef Sohn das Bürgerrecht in Mühlbach. Er hatte mit seiner Frau Anna Gehret, 1828 in Mühlbach geboren, vier Kinder, die alle in Arnstein das Licht der Welt erblickten. Michael Adam und seine Schwester Katharina wanderten nach Amerika aus. Anton Leonhard war Schuhmacher und trat in die Fußstapfen seines Vaters. Er blieb mit seinem Bruder Johann in Mühlbach. Am 1. Juli 1903 meldete Vater Franz Josef Sohn seinen Schuhmacher-Betrieb in Mühlbach ab. Er wurde gemeindlicher Feld- und Waldhüter. Seine Frau Anna starb am 1. Mai 1908. Franz Josef Sohn heiratete am 14. Oktober 1910 in zweiter Ehe Eva Bayer, eine Dienstmagd in Karlstadt, die als Eva Schnackig 1844 in Würzburg geboren worden war. Franz Josef und Eva Sohn starben innerhalb eines Jahres 1916/17.

Dass die Familie vor 1890, dem Jahr der Verleihung des Bürgerrechts, in Mühlbach gewohnt haben muss,

In zweiter Ehe war Johann Franz Sohn seit 17. Februar 1928 mit Pauline Karl aus Zimmern verheiratet.

Sie schenkte ihrem Mann Tochter Lieselotte.

Postkutsche mit Johann Franz Sohn vor dem Gasthaus „Würzburger Hof“ in der Alten Bahnhofstraße in Karlstadt: Seine letzte Fahrt war am 15. Januar 1919. Aus dem Fenster schaut Auguste Schimmer, Gasthof-Eigentümerin. Sie starb am 12. März 1960.

Foto: Familienbesitz Giller Mühlbach 203

zeigt das Abschlusszeugnis des Zöglings Johann Sohn. Am 29. April 1882 erhielt er es von der Sonntagsschule in Mühlbach. Sein Lehrer hieß Andreas Warmuth, selbst Vater von vier Kindern. Der heranwachsende Johann verdingte sich als Hausknecht in einem Frankfurter Hotel. Nach einem Rohrbruch im Gebäude musste Sohn, bis zu den Hüften im Nass stehend, stundenlang Wasser aus dem Keller schöpfen. Die Folge waren Rheumatismus, das ihn sein langes Leben lang plagte, und die Aufgabe der Stellung im Hotel.

Johann Sohn zog zu einem Posthalter nach Bad Nauheim. Hier stieg er schnell vom Pferdeburschen zum Postillon auf. Kost und Montur waren frei, sein Sold betrug drei Taler. Nicht viel, doch auf seiner Tour mit dem Dreispänner zwischen Bad Homburg und Friedberg gab es Gasthäuser, die auch Poststationen waren, in denen er Bier und Wein eingeschenkt bekam. Außer den Paketen durfte er noch sechs Reisende mitnehmen, was ihm zusätzlich Trinkgeld einbrachte.

Bad Homburg genoss zu seiner Zeit einen guten Ruf unter den wohlhabenden, Sommerfrische suchenden und kurenden Europäern. Besonders zahlreich waren unter seinen Fahrgästen die Engländer vertreten. Er habe aber in der ganzen Zeit, so ist von ihm überliefert, kein schönes Mädle unter den Engländerinnen gesehen.

Dagegen schwärmte er von der Braut des Großherzogs von Hessen. Hoch zu Ross war Johann Sohn an jenem 20. April 1894 in Darmstadt dabei, als der Großherzog seine Braut zur Hochzeit abholte.

Lassen wir ihn selbst erzählen: „An der Spitze des Zuges – so hatte es sich der Zeremonienmeister ausgedacht – sollte diesmal keine Regimentskapelle, auch nicht die des Leibregiments des Herzogs stehen, sondern 16 reitende Postillone, die mit ihren Liedern auf den Posthörnern den Festzug eröffnen. Auf unserer Posthalterei war ich mit 18 Jahren der Jüngste und hatte eigentlich keine Aussicht, in die engere Wahl zu kommen. Aber als der Dragonerkapellmeister, der die Einstudierung des vierstimmigen Liedes vornehmen sollte, sich von uns vorspielen ließ, wählte er mich als Ersten aus. Die Woche in Darmstadt kann ich mein Leben nicht vergessen. Wir bekamen eine Extramontur, die 600 Mark kostete. Wo wir uns auch sehen ließen, wurden wir freigehalten. Das Schönste war natürlich das Fest am 20. April, als wir die junge Braut zum Schloss hinaufgeleiteten. Doch in all dem Jubel kam mir einen Augenblick lang ganz unbewusst der Gedanke, dass diese Ehe nicht glücklich werden würde. Denn gerade, als wir durch das Schlossportal fuhren, verhielten die Pferde der Brautkutsche plötzlich und mussten erst noch einmal angetrieben werden. Die Braut, eine geborene Coburg-Gotha, war ein junges, schmächtiges Ding und passte eigentlich rein äußerlich nicht zu dem Großherzog. Wie ich später erfuhr, hatte sie etwas mit einem Leutnant. Ihr einziges Kind verschwand nach zwölf Jahren spurlos, und auch sie verließ das Schloss darauf still und heimlich.“ Im Sommer 1895 vertauschte Johann Sohn den Kutschbock mit der Plattform der neu erbauten Friedberger Pferdebahn. Sein Posthorn hatte erst einmal ausgedient.

204 Mühlbach

Wann Johann Sohn nach Mühlbach zurückkam, ist nicht bekannt.

Seine zwei ersten Kinder Anna Hilda und Karl Georg Josef waren 1897 und 1899 noch in Friedberg geboren worden, die Tochter Anna Barbara aber 1901 in Mühlbach. Am 1. Mai 1904 gewährte ihm die Gemeinde Mühlbach das Bürgerrecht. Er zog in das Haus 35 ½, einem hinteren Anbau des Doppelhauses alte Hausnummer 35 und 36 (heute Stadelhofer Straße 15). Sein lediger Bruder Anton Leonhard führte in seinem Haus Nummer 41 (heute Stadelhofer Straße 2) eine Schuhmacherei. Johann Sohn wurde 1914 als Postillon zwischen Urspringen und Karlstadt angestellt und blieb es bis 1919. Mit der Einstellung der Pferdepost 1919 musste er eine neue Arbeit suchen. Er fand sie in der Portland Cementfabrik als Johann Franz Sohn Arbeiter im Fabrikhäusle am Brünnlesgraben zwischen Mühlbach und sein Hor n . und Klein-Laudenbach. Zudem war er im Wald tätig, in dem er Bis ins hohe Alter Stockholz machte. Das morsche Gehölz zerkleinerte er, indem er blieben beide eine Holzkeile hineintrieb. Auf dem Handwagen zog er es zum Heizen Einheit.

Foto: Humke ins Haus Stadelhofer Straße 15. Mit seiner ersten Frau Theresia Rübsam aus Gänheim hatte Johann Sohn acht Kinder: die Töchter Anna Hilda, Anna Barbara (sie folgt ihrer Tante Katharina und ihrem Onkel Michael Adam Sohn nach Amerika), Augusta Maria, Theresia Katharina, Margareta Theresia und Anna Paulina sowie die beiden Söhne Karl Georg Josef und Sebastian Adam, genannt Addel. Er war Kraftfahrer, kam am 10. August 1948 aus russischer Gefangenschaft heim nach Mühlbach und zog am 25. Februar 1949 nach Würzburg. Sein Bruder Karl Georg Josef heiratete Christine Weber aus Wasserlosen und war später Gemeinderat in Mühlbach.

Johann Sohns Ehefrau Theresia wählte den Freitod. Am 17. Februar 1928 heiratete Johann Sohn in zweiter Ehe Eva Pauline Karl. Sie bekamen am 24. Mai 1932 Tochter Lieselotte, die 1951 Julius Giller heiratete, einen gelernten Bäcker aus Karlstadt. Sie bekamen vier Kinder: Siegfried, Bruno, Norbert und Martina.

Am 3. Juli 1936 verkaufte der „Invalidenrentner“ Johann Sohn an die Gemeinde Mühlbach auf der Winterleite zwei Äcker, Flurnummern 433 (0,154 Hektar) und 434 (0,149 Hektar) für 800 Reichsmark. Hypotheken waren im Grundbuch eingetragen zugunsten der Gastwirtswitwe Auguste Schimmer in Karlstadt (Gasthof „Würzburger Hof“) und deren Kinder Josefine Philippine und Regine Auguste Schimmer in Erbengemeinschaft. Erbteile gingen an die Sohn-Kinder Anna Hahn („Fakrikarbeiters Ehefrau“), Karl (Arbeiter), Theresia und Pauline, alle in Mühlbach. Am 31. Oktober 1936 erfolgte der Eintrag ins Grundbuch. Bürgermeister Leo Gehret gab an, dass auf den Grundstücken „gesunde Kleinwohnungen für Minderbemittelte“ gebaut werden sollen. Mit den Grundstücksverkäufen legte Johann Sohn den Grundstein für die kleinen Wohnhäuser, die die Gemeinde in der Folgezeit in der Stadelhofer Mühlbach 205

Straße errichtete. Er selbst kaufte aus dem Erlös das Anwesen Hausnummer 34, heute Stadelhofer Straße 13. Nach dem Tod seines ledigen Bruders Anton Leonhard 1948 soll noch einmal ein schönes Erbsümmchen dazugekommen sein.

Die Wasserleitung im Haus Stadelhofer Straße 13 war im harten Winter 1929 – wie auch in anderen Häusern – eingefroren. Die Bewohner mussten jahrelang mit einer Butte Trinkwasser am benachbarten öffentlichen Brunnen schöpfen. Oben im Haus waren der Schweine- und Hühnerstall. Wurde eine Sau verwurstelt, wurde sie oben im Haus getötet, nach unten transportiert, dort gebrüht und zerlegt und oben gekocht.

Ab 1946 verbrachte Johann Sohn als Burgwächter viele Stunden auf dem Gelände der Ruine Karlsburg, die der Schlossbesitzerin Luzie Broili gehörte. Dazu musste der über 80-Jährige zu Fuß den Burgweg emporsteigen. Er saß am Eingang zum Burggelände und öffnete den Besuchern das Tor. Von seinem Verdienst kaufte er Draht und flickte die Löcher im Zaun. Überliefert ist eine Geschichte des trinkfreudigen Johann Sohn mit seinem Freund Georg „Schorsch“ Herrmann vor dem Gasthaus von Alfred Rüb. Sohn tönte: „Jetzt gehe ich hinein und schmeiße alle raus, die noch drinsitzen, und du, Schorsch, zählst sie.“ Als der Erste durch die Tür flog, hob der Schorsch den Daumen und zählte „eins“. „Sei ruhig“, kam es kleinlaut vom Johann zurück: „Ich bin`s.“ Auch wenn er viel Zeit in der Gastwirtschaft verbrachte, war Johann Sohn schon frühmorgens auf den Beinen. Er galt im Dorf als hilfsbereit und sich für keine Arbeit zu schade.

1951 verkauften Tochter Lieselotte und Schwiegersohn Julius Giller das Haus Stadelhofer Straße 13 und zogen ein ins neu erworbene Wohnhaus Martellstraße 9. Denn am 2. Juli 1951 war Johann Sohn, 85-jährig, an einem Krebsleiden gestorben. Er war der Erste, der in der neuen Aussegnungshalle auf dem Friedhof aufgebahrt wurde.

Stammbaum: Franz Josef Sohn, Schuhmachermeister (14. April 1832 in Arnstein bis 1. Januar 1916), verheiratet mit Anna Gehret (28. März 1828 in Mühlbach bis 1. Mai 1908) Kinder: Michael Adam (*30. Oktober 1859) wanderte nach Amerika aus, Katharina (*8. August 1861) wanderte nach Amerika aus, Anton Leonhard (*1. November 1863 bis 18. April 1948), Johann Franz (*8. März 1866 in Arnstein bis 2. Juli 1951 in Mühlbach), Franz Josef Sohn heiratete in zweiter Ehe Eva Bayer, geborene Schnackig (*25. April 1844 in Würzburg bis 20. Februar 1917).

Johann Franz Sohn (8. März 1866 in Arnstein bis 2. Juli 1951 in Mühlbach, verheiratet in erster Ehe mit Theresia Rübsam (*24. März 1872 in Gänheim)

206 Mühlbach

Kinder: Anna Hilda (*25. Oktober 1897 in Friedberg), Karl Georg Josef (*2. Juli 1899 in Friedberg bis 6. Dezember 1977 in Karlstadt), Anna Barbara (*1. Februar 1901 in Mühlbach), Augusta „Gustl“ Maria (*25. Dezember 1905 in Mühlbach, Sebastian Adam „Addel“ (*25. März 1907), heiratete 1944 Lotte Bärwald im Standesamt Nordenburg.

Theresia Katharina (*29. Juni 1908 in Mühlbach), Margareta Theresia (*8. November 1909 bis 13. September 1910), Maria Pauline Elisabeth (*8. Mai 1911 bis 26. Januar 1912), Anna Margareta (*8. August 1912 bis 25. März 1913), Anna Paulina (*26. August 1914).

Johann Sohn heiratete in zweiter Eva Pauline Karl (*27. Juli 1887 in Zimmern, bis 6. November 1972 in Mühlbach) Tochter Lieselotte (*24. Mai 1932 bis 28. Februar 2008).

Quellen: Main-Post 15.10.1971, Willibald Hock, Julius und Lieselotte Giller; Stadtarchiv Karlstadt: Mühlbach 022/4 und 022/5, 1833 bis 1919; Grundbuch Band 9, Blatt 767, Seite 84; Verkaufs-Urkunde Gesch.-Reg. 802 beim Karlstadter Notar Josef Rupp.

Postkarte: Sammlung Claus Dürr Mühlbach 207

Mühlbach im Jahre 2010 Von Armin Kraft Einwohner (Stand 1. Juli ): 459 mit erstem und zweitem Wohnsitz, 417 Einwohner mit erstem Wohnsitz.

Januar 01.01.: Die Pfarreiengemeinschaft St. Georg tritt in Kraft. Ihr gehören an: Karlstadt mit „Zur Hl. Familie“ und St. Andreas, Gambach, Mühlbach, Stadelhofen und Laudenbach.

21.01.: MdL Dr. jur. Heinz Rosenbauer aus Gemünden stirbt 71-jährig im Landkreis Rosenheim. Er war Schirmherr bei der 700-Jahr-Feier Mühlbachs 1986.

31.01.: Domvikar Christoph Warmuth übergibt im Namen von Bischof Friedhelm Hofmann die Kooperationsurkunden für die Pfarreiengemeinschaft St. Georg, der auch Mühlbach/Vierzehnheiligen angehört.

Februar 09.02.: Der Geschichts- und Heimatverein 1987 mit Schriftführerin Martina Götz überreicht das alte Signalhorn von Kaspar und Benno Hombach an den Vorstand der Feuerwehr. Diese Überraschung gelingt bei der Jahresversammlung. Elisabeth Hombach und ihr Sohn Stefan haben das Horn aus Familienbesitz zurückgegeben.

Das Instrument hatte die Gemeinde Mühlbach angeschafft.

März 07.03.: Bei den Pfarrgemeinderatswahlen erreicht Martha Kraft mit 107 die höchste Stimmenanzahl. Zweiter wird Michael Hombach mit 99 Stimmen. Gerhard Breidenbach (75 Stimmen) und Matthias Schobert (71) werden gewählt.

Mai Gegen Pfarrer Hans Schwarz, seit 1. Januar im Ruhestand, ermittelt die Staatsanwaltschaft auf Vorlage des Finanzamts. Er wird in Untersuchungshaft genommen.

Angeblich soll er in 40 Jahren Priesterschaft 1,5 Millionen Euro veruntreut haben.

In seiner Pfarrwohnung werden 131.000 Euro gefunden. Die Mühlbacher Gläubigen reagieren geschockt und wollen die Vorwürfe gegen den bescheiden auftretenden Seelsorger nicht glauben. Hans Schwarz war seit 1969 Priester in Laudenbach und seit 1993 auch für Mühlbach, Stadelhofen und Himmelstadt zuständig.

17.05.: Bei der Wahlversammlung der Priester im Dekanat Karlstadt (im Retzbacher Pfarrheim) wird Leo Brand neuer Dekan. Brand ist Pfarrer von Karlburg, Wiesenfeld, Rohrbach, Harrbach und Halsbach. Bis 1954 besetzte die Dekanstelle immer der Mühlbacher Pfarrer.

208 Mühlbach

Juni 08. 06.: Die Feuerwehr Mühlbach ist nun eingetragener Verein e.V. Vier Monate zuvor war die neue Satzung verabschiedet worden.

19./20.: Die Feuerwehr reist nach München. Ziele sind: Stadtführung, Allianz-Arena (Bayern München) und Bavaria-Filmstudios.

August 22.08.: Alle Karlstadter Bürger können ihre Stimmen abgeben in einem Bürgerentscheid für oder gegen die B 26n, eine geplante vierspurige Bundesstraße 26 neu. Dem Bürgerbegehren der Initiative gegen den Bau (Bürgerentscheid 1) hat der Stadtrat Karlstadt ein Ratsbegehren (Bürgerentscheid 2) für die Beteiligung der Stadt an einer bürger- und umweltfreundlichen Umsetzung im Raumordnungsverfahren entgegengesetzt. Mühlbach stimmte so ab: Bürgerentscheid 1: 69,7 Prozent Ja, 30,3 Prozent Nein, Bürgerentscheid 2: 61,2 Prozent Ja, 38,8 Prozent Nein. Da beide das Quorum von 20 Prozent erreichen, soll eine endgültige Entscheidung über die Stichfrage erfolgen: Bürgerentscheid 1: 51,5 Prozent, Bürgerentscheid 2: 48,5 Prozent. In Karlstadt stimmten 45,3 Prozent der 11.709 Wahlberechtigten so ab: Bürgerbegehren 1: 72,91 Prozent Ja und 27,81 Prozent Nein. Bürgerbegehren 2: 50,97 Prozent Ja, 49,03 Prozent Nein. Der Stadtrat ist genau ein Jahr, bis 22. August 2011, an die die B 26n ablehnende Entscheidung gebunden.

September 01.09: Klaus Weber aus Bischofsheim wird Kaplan in der Pfarreiengemeinschaft St. Georg, zu der auch Vierzehnheiligen in Mühlbach gehört.

11. 09.: Der Musikanten-Dampfer der ARD mit Maxl Arland fährt an Karlstadt vorbei. Von der Ruine Karlsburg singen die „Ladiners“ aus Italien.

Oktober 08.10.: Der CSU-Stadtverband tagt im Mühlbacher Pfarr- und Gemeindezentrum.

Referent ist Staatssekretär im Innenministerium und Mitglied des Landtags, Gerhard Eck. Dezember 03.12.: Mühlbach ist schneebedeckt. In den deutschen Hochlagen hatte es schon Mitte Oktober geschneit. Es wird ein langer Winter, der Mühlbach bis auf wenige Unterbrechungen bis Januar 2011 in eine dicke weiße Schneedecke hüllt.

08.12.: Die Burg-Lichtspiele Mühlbach mit Kinobesitzer Wilfried und Milagros Dunst wird vom Film-Fernseh-Fonds (FFF) Bayern als eines von 60 bayerischen Programmkinos ausgezeichnet.

Mühlbach 209

Jahrestage: 1860, vor 150 Jahren: Mühlbacher Bürger im Maria-Hilf-Verein errichten eine Marien-Kapelle aus Holz in der S-Kurve Richtung Stadelhofen (heute Nähe AntoniusBildstock) mit einem Kreuzweg aus 14 Holzreliefs. Auf Veranlassung des Bezirksamtes (und wahrscheinlich auf Druck des Mühlbacher Pfarrers, der keine Parallel-Kirche wollte) muss der Verein die nicht genehmigte Kapelle wieder einreißen.

1880, vor 130 Jahren: Die Karlstadt bauen die erste Mainbrücke, die sie mit den linksmainischen Gemeinden wie Mühlbach verbindet. Sie heißt Karlsbrücke, ein Name, der kaum benutzt wird. Sie macht den Fährverkehr, der vor allem die Arbeiter in den aufstrebenden Industriestandort Karlstadt zur Arbeit brachte, sinnlos und damit die Mühlbacher Fährleute arbeitslos.

10. Mai 1910: Dechantpfarrer Alois Hauck (23. März 1871 bis 8. Mai 1946) tritt sein Seelsorgeramt in Mühlbach an. Er bleibt bis 1940.

August 1950: Die Friedhofskapelle mit Aussegnungshalle wird gebaut. Zuvor stand hier nur ein Steinkreuz mit Ehrentafel für die Gefallenen in beiden Weltkriegen.

Postkarte: Sammlung Claus Dürr 210 Mühlbach

Dr. Ferdinand Ulrich, zu Höherem berufen, bewarb sich um Landpfarrei Von Josef Riedmann Geistlicher Rat Dr. Ferdinand Ulrich war 38 Jahre lang vom 28. April 1873 bis zum 30. Mai 1911 Pfarrer in Rohrbach. Sein Todestag jährt sich 2011 zum 100. Mal und sein Geburtstag zum 180. Mal. Der Priester mit der zweitlängsten Amtszeit aller Pfarrer in Rohrbach bleibt als Initiator der Kirchenweihe der Pfarrkirche St. Valentin am 4. August 1885 in Erinnerung.

Ferdinand wurde am 24. Juli 1831 als Sohn des Schiffers Bernard Ulrich und seiner Ehefrau M. Anna, geborene Stahl, in Stadtprozelten geboren. Am Tag darauf wurde er getauft (*1). Zu seiner Jugendzeit, Besuch eines Gymnasiums und Studium ist nichts Näheres bekannt.

Sein Theologiestudium wird er teilweise in Rom absolviert haben, denn dort wurde er am 6. Juni 1857 im Alter von knapp 26 Jahren zum Priester geweiht. Die Priesterweihe empfing er in der Lateranbasilika. Etwa Pfarrer Dr. Ferdinand Ulrich 15 Monate später befand sich Pfarrer Ulrich wieder Von der Photographischen Anim Bistum Würzburg. In dieser Zeit könnte er seinen stalt Jannik Borre in Eutin ließ Pfarrer Ulrich selbstbewusst ein Doktortitel in Theologie erworben haben.

Am 21. September 1958 trat Pfarrer Ulrich seine erste Erinnerungsbild in mehreren und einzige Kaplanstelle an, die ihn nach Hammelburg Kopien unter dem Titel „Wie lieblich sind deine Wohnungen führte (*2). Der dortige Pfarrer Vitus Ernst Seufert, erst Herr Zebaoth!“ anfertigen, auf seit dreieinhalb Jahren auf der Pfarrstelle, erkrankte dem zwischen Jugendstilverziebald nach Ulrichs Ankunft und starb am 17. Dezember rungen ein Bild der Rohrbacher 1858. Im Dezember 1858 und Januar 1859 übernahm Kirche von außen und innen und der junge Kaplan die Pfarrverwaltung. Am 31. Januar das eigene Konterfei in einem 1859 wurde Georg Michael Rappert zunächst als Pfarr- ovalen Rahmen zu sehen ist.

Repro: Josef Riedmann vikar nach Hammelburg gesandt, ab April als Pfarrer eingesetzt und am 17. Juni 1860 installiert. Unter dem neuen Pfarrer blieb Kaplan Ulrich noch bis 1861 in Hammelburg (*3). Im Laufe des Jahres 1861 erfolgte seine Berufung zum bischöflichen Sekretär des Würzburger Bischofs Georg Anton von Stahl (1840 bis 1870) (*4). Hierfür waren wohl verwandtschaftliche Gründe ausschlaggebend, denn Dr. Ferdinand Ulrich war ein Neffe des Bischofs. Auch Bischof von Stahl, der erste bürgerliche Würzburger Bischof (*5), wurde am 13. April 1805 in Stadtprozelten geboren (*6). Der Onkel im bischöflichen Amt wollte seinen Neffen sicherlich fördern und für höhere Ämter vorbereiten. Auch ein weiterer Neffe, Dr. Rohrbach 211

Ignaz Stahl, war nach Ulrich einige Zeit Sekretär bei seinem „Oheim“ (*7). Eine weitere Stufe auf der kirchlichen Karriereleiter Pfarrer Ulrichs war die Ernennung zum Domvikar. Durch die Berufung von Domvikar Dr. Nikolaus Renninger zum Domkapitular war eine Stelle eines Domvikars frei geworden. Dr. Ferdinand Ulrich wurde am 11. Februar 1864 ernannt und präbendiert (mit einer kirchlichen Pfründe versehen). Dieses Amt gab er 1865 bereits wieder auf (*8), da neue Aufgaben auf den inzwischen 34-jährigen Priester warteten.

Seit dem 6. Mai 1865 wirkte Pfarrer Ulrich als Subregens im Priesterseminar der Diözese Würzburg in der Ausbildung des Priesternachwuchses. Dieses Amt des stellvertretenden Seminarleiters übte er fast acht Jahre bis zum 28. April 1873 aus (*9). Ulrich hatte sich inzwischen auf die kleine Pfarrei Rohrbach beworben. Warum der vielversprechend begonnene Aufstieg der Priesters in der kirchlichen Hierarchie plötzlich ein Ende fand, ist nicht bekannt. Der große Förderer, Bischof von Stahl, war zwischenzeitlich am 13. Juli 1870 während seiner Teilnahme am ersten Vatikanischen Konzil in Rom gestorben (*10). Oder waren gesundheitliche Aspekte ausschlaggebend, sich für eine ruhige Landgemeinde zu entscheiden? 38 Jahre später wird ein Nachfolger Pfarrer Ulrichs als Subregens, Pfarrer Dr. Valentin Schmitt, eine ähnliche Entscheidung treffen und vom Amt des Subregens am Priesterseminar die Nachfolge von Pfarrer Ulrich im September 1911 in Rohrbach antreten (*11). Es ist denkbar, dass Pfarrer Ulrich bei einem seiner Besuche in Würzburg den Subregens Valentin Schmitt als einen seiner Nachfolger kennenlernte und dabei von seiner Pfarrei Rohrbach erzählt hat.

Bewerbung für Landpfarrei Am 9. April 1873 wurde Ferdinand Ulrich zum Pfarrer von Rohrbach ernannt. Am 28.

April schied er aus dem Amt des Subregens aus (*12). Laut seinem Sterbebildchen war er ab 28. April 1873 Pfarrer in Rohrbach, Anfang Mai hatte der neue Ortsgeistliche mit knapp 42 Jahren das Pfarrhaus in Rohrbach bezogen. Sein Vorgänger, Pfarrer Franz Michael Stenger, geboren 1805, hatte im Herbst 1871 die Pfarrei übernommen und war am 29. Oktober 1871 als Pfarrer von Rohrbach installiert worden. Nach nur eineinviertel Jahren „als Pfarrer dahier“, wie es auf seinem schmiedeeisernen Grabkreuz auf dem Rohrbacher Priestergrab heißt, starb Pfarrer Stenger mit 68 Jahren im ersten Quartal des Jahres 1873 (*13). Am Sonntag, 18. Mai 1873, morgens 8 Uhr wurde Pfarrer Dr. Ferdinand Ulrich als Pfarrer von Rohrbach installiert. Anwesend waren der Regierungsrat Wiedenmann vom königlichen Bezirksamt in Karlstadt, Pfarrvikar Konrad, Dechant Georg Christian Uhrig von Wiesenfeld als bischöflicher Kommissär des Dekanats Gemünden, Rohrbachs Bürgermeister Endres mit seinen Gemeinderäten, Gemeindeschreiber und Lehrer Faulstich, Kirchenpfleger Jonas Eirich mit den Kirchenverwaltungsmitgliedern und Armenpflegschaftsrat Nikolaus Brückner. Nachdem Rohrbach seine erste Pfarrstelle war, legte Pfarrer Ulrich auch den Eid auf den bayerischen König Ludwig II. ab. Auch ein Gang in die Schule, in der die Schüler vollzählig versammelt waren, gehörte zu diesem Einführungsakt (*14).

212 Rohrbach

Das Bild zeigt die Innenansicht der Rohrbacher Kirche nach der Renovierung mit Altar- und Kirchweihe 1885. Die Kirche war im Stil des Historismus ausgemalt, vor der Retabel des Wagner’schen Hochaltars ist der neuromanische Altaraufsatz der Gebrüder Goß zu erkennen.

Repro: Josef Riedmann

Elf Jahre nach seinem Dienstantritt beantragte Pfarrer Ulrich eine turnusmäßige Kirchenrenovierung, die sich zu einer umfassenden Neugestaltung ausweitete. Im Juni 1882 teilte er dem Bezirksamt in Karlstadt mit, „die Kirche bedarf eines neuen inneren Anstrichs“. Er benannte die bereits ausgewählte, ausführende Firma, „und zwar die in kirchlichen Restaurationsarbeiten anerkannten Meister Gebrüder Goß aus Stadtamhof, welche gegenwärtig die Restaurationsarbeiten in der Franziskanerkirche zu Würzburg ausführen“. Im Februar 1883 wurden die Malerarbeiten durch das Bezirksamt zum Kostenvoranschlag von 1.710 Mark genehmigt. Die Gebrüder Goß malten die Kirche im damals aktuellen Stil des Historismus insgesamt recht dunkel aus. Die Wände wurden bis zum Ansatz der Fenster mit Ornamentmalerei versehen, die Fensterlaibungen und der Chorbogen erhielten Ziermalereien und die gesamte Hohlkehle der Spiegeldecke wurde mit einem Fries mit auskragenden Akanthusblättern verziert. Im Chor verlegte man den Zugang von der Sakristei zum Rohrbach 213

Kirchenraum zirka zwei Meter in Richtung Altar. Die Kommunionbank erhielt ihren Platz unmittelbar vor dem Hochaltar. Damit konnten zusätzlich Kinderbänke im Eingangsbereich des Chorraumes aufgestellt werden.

Im April 1884 beschloss die Kirchenverwaltung Rohrbach eine Ausdehnung der Restaurationsarbeiten mit der Herstellung neuer farbiger Fenster, der farblichen Fassung der Altäre und der Herstellung eines neuen Tabernakelaufsatzes mit neuem Altarunterbau. Die Anschaffung von Buntglasfenstern rechtfertigte man „wegen des höheren Schmucks, dann aber auch wegen der Notwendigkeit einer Dämpfung des Hallenlichtes, damit nicht die Farben der Wände, auch der Fahnen und des Tragehimmels, allzu schnell verblassen“. Als Gründe für einen neuen Altaraufbau wurde die Unzulänglichkeit des vorhandenen Drehtabernakels in dem Altaraufbau des Würzburger Hofbildhauers Johann Peter Wagner vorgebracht, der nicht die gebotene Sicherheit für das Allerheiligste und die dazu verwendeten heiligen Gefäße gewährleistete. Als mahnendes Beispiel führte Pfarrer Ulrich „den im vorigen Jahr in nächster Nähe von hier – in Mühlbach – verübten sacrilegischen Frevel“ an. Die Kosten für die Arbeiten sollten sich auf 4.131Mark belaufen und teilweise durch Darlehensaufnahme finanziert werden (*15). Pfarrer Ulrich hatte zudem festgestellt, dass die Rohrbacher Kirche noch nicht über einen gemauerten Altar verfügte. Der Hochaltar von Johann Peter Wagner war bis dahin, wie Pfarrer Ulrich gegenüber den Genehmigungsbehörden argumentierte, ein sogenannter „altare portatile“, ein beweglicher Altar, wahrscheinlich ein hölzerner Altaraufbau, in dem in einer entsprechenden Vertiefung der Altarstein mit der Reliquienkapsel eingelassen war. Die 1778 erbaute Kirche hatte in den 106 Jahren nach ihrer Fertigstellung noch keine gemauerte Altarmensa erhalten, die von einem Bischof geweiht worden wäre, und das Gotteshaus hatte auch noch keine Kirchweihe erhalten.

Altar war kunsthistorischer Stilbruch Im Herbst 1884 stellten die Gebrüder Goß, Atelier für kirchliche Kunst- & Dekorationsmalerei, Stadtamhof - Regensburg, den neuen Altaraufsatz auf die zuvor von Bildhauer Seibold aus Karlstadt errichtete, gemauerte Altarmensa. Der Altar in neuromanischem Stil war neu und entsprach dem Sicherheitsbedürfnis des Priesters, er war kunsthistorisch jedoch ein völliger Stilbruch. Mit der Entfernung des Wagner’schen Hochaltares war die einheitliche Innenausstattung der Rohrbacher Kirche im Stil des frühen Klassizismus zerstört. Das Vorhandensein der Kreuzkapelle auf dem Eichelberg bewahrte den Altar vor dem Verkauf, denn er erhielt seinen neuen Platz in der kleinen Kapelle am Waldrand westlich von Rohrbach. Am 4. August 1885 segnete Würzburgs Bischof Franz Josef von Stein (1878 bis 1898, danach Erzbischof von München und Freising) die neu gemauerte Altarmensa zum neuen Altaraufsatz der Gebrüder Goß. Dabei erhielt auch das gesamte Gotteshaus 107 Jahre nach der Erbauung seine Kirchweihe.

1898 erfolgte eine Außenre-novierung der Pfarrkirche zum Kostenvoranschlag von 2.100 Mark. Nach dem Einrüsten der Kirche stellte der Distrikts-techniker des Be214 Rohrbach

zirksamtes Karlstadt fest, dass von der Figurenausstattung des Westgiebels von Johann Peter Wagner aus dem Jahr 1778 vier Ziervasen und zwei anbetende Engel „vom Steinfraß stark in Mitleidenschaft gezogen und verwittert“ seien.

Die Kirchenverwaltung erteilte den Bildhauern Josef und Peter Feile mit Werkstatt in Würzburg den Auftrag, für 1.625 Mark Kopien der Sandsteinfiguren anzufertigen und auf dem Dreiecksgiebel neu aufzustellen. Am 8. Oktober 1898 waren diese Renovierungsarbeiten abgeschlossen.

Am 18. September 1902 wurde auch das über dem Haupteingang befindliche Wappen des Fürstbischofs Adam Friedrich von Seinsheim (1757 bis 1779), der den Kirchenbau genehmigt und gefördert hat, Von dem „Atelier für kirchl. Kunst- & Dekorationsmalerei, durch eine Kopie ersetzt, die Stadtamhof - Regensburg, Gebrüder Goss“ wurde der Altar der Karlstadter Bildhauer im neuromanischen Stil entworfen und gefertigt. Er stand von Josef Winterich zum Preis 1884 bis 1916 in der Rohrbacher Kirche. Heute ziert er die von 230 Mark angefertigt hat Kreuzkapelle auf dem Eichelberg und dokumentiert mit der Kanzel und der Ausmalung die Stilrichtung des Historismus. (*16).

Foto: Josef Riedmann Mit Verpflichtung vom 16.

November 1898 stiftete der damals 80-jährige Witwer Joseph Heilgenthal, ein früheres Mitglied der Kirchenverwaltung, auf der Anhöhe des Kapellenberges einen Kreuzweg. Pfarrer Ulrich und Lehrer Johann Kirchner sollten sich als Zeugen der Stiftung um die Umsetzung kümmern. „Den Leidensweg unseres Herrn Jesus Christus oder die 14 Stationen“ sollten die ebenfalls bei dem Stiftungsakt anwesenden Gebrüder Feile zu Würzburg zum Preis von 5.900 Mark ausführen und aufstellen. Zeitgleich wurde der Werkvertrag unterzeichnet.

Heilgenthal hat die Künstler wohl bei ihren Arbeiten an der Pfarrkirche kennengelernt und mit ihnen den Auftrag ausgehandelt. Rohrbacher Grundstückseigner stellten Flächen für einen Geländestreifen zur Kreuzkapelle zur Verfügung. 1899 entstanden anschließend an eine ebenfalls als Station dargestellte Ölberggruppe die Rohrbach 215

14 Kreuzwegstationen, die am 2. September 1899 vollendet waren. Ein Jahr später ließ Heilgenthal aus Anlass der Jahrhundertwende noch eine Kreuzigungsgruppe an der Chorseite der Kapelle als Abschluss seines Leidensweges ebenfalls von den Gebrüdern Feile aufstellen, die Pfarrer Ulrich am 30. September 1900 weihte (*17).

Kreuzkapelle wird restauriert Auch in der Kreuzkapelle erfolgten unter Pfarrer Ulrich immer wieder Restaurierungsarbeiten. Der Wagner-Altar erhielt 1887 eine neue Fassung und ein weiteres Mal im Jahr 1904. Ein Riemenschneider-Experte, Professor Anton Weber aus Regensburg, erkannte in den zwei ehemals in einen Altar integrierten Holzfiguren der Heiligen Kilian und Burkard, die achtlos auf dem Dachboden der Kapelle lagerten, Werke aus der Werkstatt Tilman Riemenschneiders. Die beiden Figuren und die vorhandene Pieta aus dem 16. Jahrhundert erhielten daraufhin neue Wandsockel, wurden neu gefasst und vergoldet und in der Kapelle aufgestellt. 1900 erfolgte eine Innenrenovierung mit Herstellung einer neuen Rohrdecke, die 1886 erstmals erfolgte Ausmalung der Wände im Stil des Historismus erneuerten bzw. erweiterten Franz Keller aus Karlstadt und Franz Spiegel aus Würzburg. 1904 erhielt der Altar ein neues Antependium und die Figuren der Heiligen Valentin und Wendelin wurden neu gefasst.

Im Sommer 1907 befasste sich Pfarrer Ulrich mit einem neuen Großprojekt. Da die Kirche für die Zahl der Katholiken zu klein geworden war, dachten der Pfarrer und seine Kirchenverwaltung über eine Verlängerung des Langhauses um eine Fensterachse nach Westen nach. Zur Wahrung der Proportionen sollte auch der Kirchturm erhöht werden. Der Grundstücksnachbar und Kirchenpfleger Joseph Brückner war bereit, hierfür einen Teil seines Hofgrundstückes zu verkaufen. Mit den Planungen war der Würzburger Architekt Rudolf Hofmann betraut. Nach zwei Jahren Planung legte Pfarrer Ulrich dem Bezirksamt in Karlstadt acht Pläne für diese Maßnahme vor und bat darum, den Architekten für seine bisherige Tätigkeit auszahlen zu dürfen.

In seinem Schreiben führte er aus: „Mittlerweise gestalten sich die Gesundheitsverhältnisse des unterzeichneten Vorstandes der Kirchenverwaltung derart, dass er an die Weiterführung dieses Unternehmens nicht denken kann und die Sache seinem Nachfolger wird überlassen müssen“ (*18). Der Nachfolger, Pfarrer Dr. Valentin Schmitt, befasste sich zwar noch mit diesen Erweiterungsgedanken. Da ihm selbst jedoch eine umfassende Innenrenovierung der Kirche vorschwebte und ihm geeignete bauliche Maßnahmen mit geringeren Eingriffen möglich schienen, ließ er den Erweiterungsplan im November 1913 endgültig fallen. Nüchtern stellte er abschließend fest, „der Plan zur Erweiterung entsprang mehr einem Wunsche als einem wirklich vorhandenen Bedürfnis“ (*19).

Auf gesundheitliche Probleme könnte auch die Nachricht von 1894 hinweisen: „Pfarrer Ulrich zu Rohrbach übergibt Herrn Pfarrer Hofmann zu Steinfeld die Obsorge für seine Pfarrei unter Mitteilung aller Fakultäten anlässlich einer Kurreise nach Mergentheim“ (*20). Persönliches ist ansonsten von Pfarrer Ulrich nicht überliefert.

Interesse an einer größeren Pfarrei, ein Weiterkommen auf der Karriereleiter inner216 Rohrbach

halb der kirchlichen Hierarchie schien Pfarrer Ulrich seit seinem Amtsantritt in Rohrbach nicht verfolgt zu haben.

Er hat in seiner Pfarrgemeinde Rohrbach am 6. Juni 1882 sein silbernes Priesterjubiläum, 40 Jahre Priester 1897 und sogar noch sein goldenes Priesterjubiläum am 6. Juni 1907 feiern können. Pfarrer Dr. Ferdinand Ulrich starb am 31.

Mai 1911 in Rohrbach und wurde auf dem Friedhof im Priestergrab neben dem großen Friedhofskreuz beigesetzt.

Quellen: * 1) Pfarrmatrikel von Stadtprozelten, Taufregister 1831, lfd. Nr. 351 2) Zahlreiche der in dieser Abhandlung verwendeten Fundstellen zu den biographischen Angaben entstammen der Klerikerdatenbank des Diözesanarchivs Würzburg.

3) Hammelburg, Bausteine zur Pfarrgeschichte, Festschrift zum Jahr der Jubiläen 1989, herausgegeben von Johannes Merz 1988, Pfarr- Pfarrer Dr. Ferdinand Ulrich geschichte im Spiegel priesterlichen Wirkens: Hammelburger Pfarrer auf seinem Sterbebildchen Repro: Josef Riedmann seit 1818, S. 75/76 4) Schematismus der Diözese Würzburg 5) Das Adelsprädikat „von“ war ein lebenslänglicher, nicht vererbbarer Personal- oder Amtsadel, der bis 1924 für die Würzburger Bischöfe galt, (Wikipedia) 6) Homepage der Stadt Stadtprozelten, berühmte Persönlichkeiten 7) „Die natürliche Gotteserkenntnis aus der Lehre der Väter“, Buchveröffentlichung 1869, Dr. Ignaz Stahl, bischöflicher Sekretär, „Gewidmet an Georg Anton, Bischof von Würzburg, seinem verehrten Oheime der dankbare Neffe“.

8) Würzburger Geschichtsblätter (Würzburger Diözesangeschichtsverein), 16./17. Jahrgang 1954/55, S. 58, Reihenfolge der Mitglieder des Würzburger Domkapitels seit 1821 - Domvikare 9) Karl Hillenbrand / Rudolf Weigand, „Mit der Kirche auf dem Weg“, 400 Jahre Priesterseminar Würzburg 1589 - 1989, Auflistung der Subregenten, S. 471 10) Deutschlands Episcopat in Lebensbildern, VI. Heft, Georg Anton von Stahl, Bischof von Würzburg, von Dr. Ignaz Stahl, Curatus und Privatdozent, 1873 11) zu Pfarrer Dr. Valentin Schmitt siehe Veröffentlichung im Jahrbuch 2010/11, S. 251 ff 12) Hillenbrand / Weigand, a.a.O 13) Grabkreuz auf Rohrbacher Friedhof, Personalunterlagen im Pfarrarchiv Rohrbach 14) Pfarrarchiv Rohrbach, Personalakten Priester 15) Innere Restauration der Pfarrkirche zu Rohrbach 1882-1896, Staatsarchiv Würzburg, Akten des Bezirksamtes Karlstadt, Find-Nr. 254 16) Restauration der Pfarrkirche zu Rohrbach 1897 -1919, Staatsarchiv Würzburg, Akten des Bezirksamtes Karlstadt, Find-Nr. 334 17) Pfarrarchiv Rohrbach; Staatsarchiv Würzburg, Akten des Bezirksamtes Karlstadt; Josef Riedmann „Stiftung nach Schicksalsschlägen“, Main-Post vom 2. September 1999 und „Feile-Brüder verewigten sich in Rohrbach“, Main-Post vom 9. September 1999 18) Staatsarchiv Würzburg, Akten des Bezirksamtes Karlstadt 19) Staatsarchiv Würzburg, a. a. O.; Josef Riedmann, „Ehrenbürger Valentin Schmitt wirkte 47 Jahre lang als Pfarrer“, Jahrbuch 2010/11, S. 251 ff 20) Karl Josef Barthels, Steinfeld bei Lohr am Main, Heft III / 101 Rohrbach 217

Postkarte: Sammlung Claus D端rr

218 Rohrbach

Rohrbach im Jahre 2010 Von Josef Riedmann Januar Theresia Endres stirbt am 30. im Alter von 84 Jahren.

Februar Pfarrer i.R. Otto Pfeifroth gedenkt am 17. im Juliusspital-Seniorenstift Würzburg seiner Priesterweihe vor 70 Jahren. Am Dankgottesdienst nimmt eine Abordnung aus Rohrbach teil. Von 1993 bis 2002 wirkte der Priester als Ruhestandsgeistlicher in der Pfarrei Rohrbach.

Die Rohrbacher Winzerstube von Reinhard Endres in der Dorfstraße 7a besteht am 24. seit zehn Jahren.

Im Anschluss an ihre Jahresversammlung wird die Freiwillige Feuerwehr Rohrbach am 27. gegen 23 Uhr für eine Hilfeleistung an der Neubaustrecke der Deutschen Bahn alarmiert. Die Feuerwehr unterstützt den Umstieg von etwa 60 Fahrgästen aus einem liegen gebliebenen Zug in einen Ersatzzug durch Ausleuchtung und Hilfeleistung.

März In der Jahresversammlung des Obst- und Gartenbauvereins Rohrbach mit Neuwahlen im Gasthaus „Am Dorfweiher“ am 6. wird Michael Riedmann als Vorsitzender bestätigt. Stellvertretender Vorsitzender ist künftig Michael Marschall. Wiedergewählt werden Schriftführer Wolfgang Gräf und Kassier Günther Rauch. Beisitzer sind Erich Endrich, Gerda Seufert und Reinhold Röder. Die Kasse prüfen Leo Brückner und Helmut Interwies. Durch die Reduzierung der Vorstandsmitglieder auf sieben Personen scheiden als Beisitzer Klara Brückner, Gabi Schick und Peter Seufert aus.

Urkunde und Blumenstrauß erhalten Gabi Schick für acht Jahre Mitarbeit als Beisitzerin und Klara Brückner, die zwölf Jahre als Schriftführerin und vier Jahre als Beisitzerin fungierte. Gerhard Keß, der von 1998 bis 2010 drei Amtsperioden zweiter Vorsitzender war und nicht mehr für den Vorstand kandidiert, erhält die bronzene Nadel des Bayerischen Landesverbandes für Gartenbau und Landespflege. Mit der goldenen Nadel des Landesverbandes wird Franz Netrval für 24 Jahre Mitarbeit in der Vereinsführung ausgezeichnet (1986 bis 1990 zweiter Vorsitzender, 1990 bis 2006 Vorsitzender und 2006 bis 2010 Beisitzer).

Bei einer sehr hohen Wahlbeteiligung von 74,64 Prozent werden bei der Pfarrgemeinderatswahl am 7. folgende Mitglieder gewählt: Gabi Schick, Günther Rauch, Markus Riedmann. Andreas Riedmann, Rosemarie Endres und Gabriele Keß. In der Rohrbach 219

konstituierenden Sitzung des Pfarrgemeinderats am 23. im Pfarrhaus werden noch hinzuberufen: Ulrike Link, Ulrike Riedmann und Thomas Riedmann (Jugend). Zur Vorsitzenden wird Gabi Schick gewählt, zum zweiten Vorsitzenden Andreas Riedmann, zum Schriftführer Markus Riedmann und zur Seniorenbeauftragten Rosemarie Endres.

Am 16. beschließt der Ausschuss für Bau, Umwelt, Land- und Forstwirtschaft des Stadtrats Karlstadt den Bebauungsplan „Hinter der Hofscheune“ in Rohrbach. Der Bebauungsplan erhält im Jahr 2010 Rechtskraft. Die Baulandumlegung wird eingeleitet und dem Vermessungsamt Lohr zur Abwicklung übertragen. Nach voraussichtlichem Abschluss dieses Verfahrens Mitte 2011 soll ein erster Bauabschnitt für sieben Wohngebäude erschlossen werden.

Die Versammlung der Jagdgenossen Rohrbach stiftet am 26. den Jagdschilling von 2.400 Euro der Kirchenstiftung Rohrbach zur Abfinanzierung der Darlehen zur Innenrenovierung der Pfarrkirche St. Valentin.

April Der Sportverein Hausen-Rohrbach feiert am 17. sein 60-jähriges Bestehen mit einem Kommersabend in der Sporthalle in Hausen.

Mai Die Pfarreiengemeinschaft Hl. Jakobus trifft sich am 9. zu ihrer alljährlichen Sternwallfahrt an der Kreuzkapelle in Rohrbach zum gemeinsamen Gottesdienst. Bei diesem Anlass wird der bisherige Pfarrgemeinderatsvorsitzende Ralf Polifke für 16-jährige Mitgliedschaft in diesem Gremium, davon drei Wahlperioden als Vorsitzender, von Dekan Leo Brand geehrt. Für 28 Jahre Engagement in den Pfarrgemeinderäten in Karlburg und später in Rohrbach erhält Gunhilde Stockinger eine Dankurkunde.

Juni Bereits zum zweiten Mal hat der Schützenverein Rohrbach am 2. den Kabarettisten Michel Müller aus Bad Kissingen-Garitz mit seinem aktuellen Programm im Schützenhaus zu Gast.

Bei einem Brand von Reifenteilen in einer Halle im Zementwerk Schwenk in Karlstadt am 16. beteiligt sich die Freiwillige Feuerwehr Rohrbach an den Löscharbeiten.

Juli Bei einem Flächenbrand am 11. am Bahndamm der Neubaustrecke Würzburg - Hannover zwischen dem Umspannwerk Wiesenfeld und der Bahnbrücke über die Staatsstraße kommt die Freiwillige Feuerwehr Rohrbach bei den Löscharbeiten mit zum Einsatz.

Mit einem Fest am 17. und 18. nimmt der Obst- und Gartenbauverein Rohrbach sein 220 Rohrbach

Die von der Stadt Karlstadt als Wasserschutzgebiet aufgelassene Brunnengalerie am Kapellenweg mit dem dazugehörigen Pumpenhaus hat der Obst- und Gartenbauverein Rohrbach zu einem Freizeitgelände für die Öffentlichkeit umgestaltet, das Wasserwerk aus dem Jahr 1927 baulich renoviert und die Technikausstattung im Inneren restauriert, sowie für eigene Zwecke eine Gerätehalle aus Holz errichtet.

Foto: Josef Riedmann

neu gestaltetes Domizil im Kapellenweg am Wasserwerk Rohrbach aus dem Jahre 1927 in Besitz. Zahlreiche Vereinsmitglieder haben das frühere Pumphaus mit seiner alten Technik restauriert, den 15 Meter tiefen handgegrabenen Brunnen gefasst, eine hölzerne Gerätehalle errichtet und ein mit Holzlattenzaun eingefriedetes Gartengelände gestaltet. Finanzielle Unterstützung kommt von der Stadt Karlstadt, dem Amt für Ländliche Entwicklung und einigen Unternehmern mit Sachspenden. Am Sonntag zelebriert Dekan Leo Brand einen Gottesdienst am Vereinsgelände und segnet den Platz. Mehrere geladene Gäste äußern sich in Grußworten voll des Lobes über das gelungene Werk.

Im Anschluss an den Gottesdienst segnet Dekan Brand die abgeschlossene Straßenbaumaßnahme Dorfstraße und Kapellenweg. Im Zuge der Dorferneuerung wurde die Straße neu ausgebaut und an den Rändern begrünt. Dabei wurde auch der Bildstock mit Umgriff zu Beginn des Kapellenweges neu gestaltet. Die Straßenbaumaßnahme haben die Architekten Gruber und Hettiger im Jahr 2004 geplant. Die Genehmigung erfolgte 2008, der Baubeginn war 2009. 2010 wurden die Randbereiche fertiggeRohrbach 221

stellt und Freiflächen vor den Häusern bepflanzt. Rund 400.000 Euro wurden in die Maßnahme investiert, wovon jeweils die Hälfte das Amt für Ländliche Entwicklung und die Stadt Karlstadt trugen. Mit dieser von der Teilnehmergemeinschaft Rohrbach und der Stadt Karlstadt durchgeführten Maßnahme ist das Straßenausbauprogramm im Rahmen der Dorferneuerung Rohrbach beendet.

Oktober Der Schützenverein Rohrbach gibt an seinem Jahrtag am 24. seine Bogenkönige bekannt. Bei den Jugendlichen ist Teresa Endres Bogenkönigin, bei den Damen Kerstin Interwies. Den Titel des Bogenkönigs trägt Michael Interwies. Bei der Schützenkönigsproklamation am 30. wird Friedolin Riedmann zum Schützenkönig gekürt, Birgit Interwies wird Schützenkönigin der Damen und Kerstin Interwies trägt die Königswürde bei den Jugendlichen.

November Im Gasthaus „Zum Adler“ in Eußenheim verleiht Landrat Thomas Schiebel am 12. diverse Ehrenzeichen des Bayerischen Staatministeriums des Innern für langjährige aktive Tätigkeit an Feuerwehrleute im Bereich Karlstadt. Aus Rohrbach werden geehrt für 40 Jahre: Gerhard Endres, Erwin Brückner, Günther Rauch, Elmar Eirich, Manfred Endres, Werner Endres und Franz-Josef Riedmann. Das Ehrenzeichen für 25 Jahre erhalten: Markus Riedmann, Christine Endres und Ulrike Riedmann.

Dezember Rohrbach zählt am 31. Dezember 457 Einwohner mit Hauptwohnungen und 25 Einwohner mit Nebenwohnsitz, insgesamt somit 482 Einwohner. Die Einwohnerzahl ist dank der Nebenwohnungen um drei Personen gegenüber dem Vorjahr gestiegen.

Von den Einwohnern sind 235 weiblich und 247 männlich. Kinder und Jugendliche bis 18 Jahren machen 21,6 Prozent aus. Die Erwachsenen bis 65 Jahren stellen 60,2 Prozent. 66 Jahre und älter sind 18,2 Prozent. Zwei Ortsbewohner haben nicht die deutsche Staatsangehörigkeit.

222 Rohrbach

Christliche Zeugnisse an Häusern und in Vorgärten Von Monika Kraft Die Vielzahl von Bildstöcken ist eines der Merkmale in fränkischen Fluren. Anders in Stadelhofen. Hier findet man nur zwei Bildstöcke und ein Sandsteinkreuz in der ganzen Gemarkung. Dafür zieren aber überraschend viele Nischen und Grotten mit Heiligenfiguren Häuser, Mauern und Vorgärten. Vor allem die Gottesmutter Maria scheint bei den Vorfahren als Fürsprecherin und Beschützerin gegolten zu haben.

Vielleicht deshalb, weil sie auch die Patronin der Pfarrkirche „Mariä Himmelfahrt“ ist. Ein kleiner Rundgang durch das Dorf zeigt die oft versteckten und unauffälligen Zeichen dörflicher Frömmigkeit.

Mutter Gottes mit dem Jesuskind auf dem Arm an der Giebelseite des Hauses von Bruno und Doris Götz, Sickingerstraße 8. Beim Bau des Hauses im Jahre 1952 wurde die Nische eingearbeitet, die Statue 1954 von Oskar Götz gekauft und aufgestellt. Bei der Renovierung des Hauses 2009 wurde die Mutter-GottesStatue restauriert und der Holzrahmen der Nische erneuert.

Lourdes-Madonna im Vorgarten von Josef und Gisela Kraft, Sickingerstraße 9.

Die Figur steht in einer efeuumwachsenen Grotte aus Kalksteinfindlingen.

Die Grotte wurde von Altbürgermeister Vinzenz Kraft im Jahre 1988 eigenhändig errichtet.Die Madonna stammt ebenfalls aus diesem Jahr.

Stadelhofen 223

Herz Jesu in einem Bildstock aus rotem Sandstein am Eingang zum Hof von Erich und Monika Kraft, Sickingerstraße 10. Der Bildstock wurde erbaut 1984. Die Inschrift auf dem Sockel lautet: „Herz Jesu schütze unser Haus“. Die Statue stammt aus dem Jahre 1960. Sie wurde 1984 restauriert.

Mariengrotte an der Ecke Sickingerstraße – Am Dorfplatz, zwischen Heinrichsgraben und der ehemaligen Milchsammelstelle. Eigentümer sind Erich und Monika Kraft, Sickingerstraße 10. Mutter Gottes mit Jesuskind auf dem Arm in einer Grotte aus Kalksteinfindlingen.

Erbaut 1960 von Otto Kraft.

Eingemauerter Bildstockaufsatz aus rotem Sandstein an der Scheunenmauer des Anwesens von Irmgard Loschert, Sickingerstraße 14, aus dem Jahre 1913.

An der Rückseite eine Bildplatte mit dem bunten Bild der Darstellung „Maria Krönung“. Dieses Bild ist eine nahezu identische Nachzeichnung des Hochaltares in der Pfarrkirche Stadelhofen. Die dort von Hofbildhauer Peter Wagner geschaffenen Figuren zeigen in gleicher Anordnung ebenfalls die „Krönung Mariens“.

224 Stadelhofen

Heiliger Josef mit dem Jesuskind auf dem Arm und einer weißer Lilie in der rechten Hand in einer Nische an der Straßenseite des Hauses von Gerhard und Gertrud Gerling, Sickingerstraße 21. Die Nische ist mit einer Steinfassung aus hellem Sandstein umrahmt und wurde beim Bau des Hauses um etwa 1900 angebracht.

Aus dieser Zeit stammt auch die Statue des Heiligen Josef.

Mutter Gottes mit Jesuskind und Rosenkranz in einer Nische an der Giebelseite des Hauses der Familie Rüb, Sickingerstraße 18. Das Haus wurde um 1900 erbaut. Seit dieser Zeit befindet sich die Mutter-Gottes-Statue in dieser Nische.

Gemauerte leere Nische in der Scheunenwand des Anwesens von Otmar Gerling, Sickingerstraße 28. An der Rückseite befand sich früher vermutlich eine Bildtafel. Die Löcher für die Halterungen sind noch erkennbar.

Stadelhofen 225

Figur „Herz Mariä“ an der Giebelseite des Hauses von Otto und Maria Liebler, Mittelhof 4. Die Nische ist leicht vorgemauert, mit einer Holzumrandung und einem Türchen versehen. Sie wurde 1953 errichtet. Die Statue stammt ebenfalls aus diesem Jahr.

Ein kleiner Engel aus rotem Sandstein am Eingang zum Pfarrhaus, Am Dorfplatz 8, soll wohl alle, die hier ein und aus gehen, beschützen. Er wurde im Jahre 1990 von Franz Schäflein geschaffen.

„Heiliger Hubertus“ im Innenhof des Pfarrhauses, Am Dorfplatz 8.

Die Statue des Schutzpatrons der Jäger wurde ebenfalls von Franz Schäflein im Jahre 1990 gefertigt. Er wohnte von 1989 bis 2009 im Pfarrhaus, war Marmorstuckateur von Beruf und passionierter Jäger.

226 Stadelhofen

Stadelhofen im Jahre 2010 Von Monika Kraft Januar Pfarrer Dr. Mariusz Falk, der Leiter der Pfarreiengemeinschaft „St. Georg Karlstadt“, kommt zu einem Pfarrfamiliennachmittag am 3. Januar nach Stadelhofen. Er stellt sich als neuer Seelsorger der Pfarrgemeinde vor und erläutert die Änderungen, die durch den Zusammenschluss der sechs Pfarreien „Zur Hl. Familie“ und St. Andreas in Karlstadt, St. Bartholomäus Gambach, St. Ägidius Laudenbach, Vierzehnheiligen Mühlbach und Maria Himmelfahrt Stadelhofen notwendig sein werden.

Am 6. Januar feiern Maria und Otto Liebler das seltene Fest der Eisernen Hochzeit.

Die offizielle Errichtung der Pfarreiengemeinschaft „St. Georg Karlstadt“ wird am 31. Januar mit einem Festgottesdienst in Karlstadt gefeiert. Domvikar Christoph Warmuth übergibt die Kooperationsurkunden an die Vertreter der einzelnen Pfarreien.

März Am 7. März wird ein neuer Pfarrgemeinderat gewählt. Es sind: Sonja Gerling, Sabine Horn, Monika Kraft, Hildegard Leimeister, Stefanie Rüb und Barbara Seufert.

Die Wahl bei der konstituierenden Sitzung bringt folgendes Ergebnis: Vorsitzende bleibt Monika Kraft, deren Stellvertreterin Hildegard Leimeister und Schriftführerin Barbara Seufert.

Der traditionelle Josefstag wird am 19. März mit einem von der Singgruppe gestalteten Festgottesdienst eröffnet. Bei herrlichem Wetter kommen viele Wanderer bereits zu diesem Gottesdienst. Die feucht-fröhliche Feier in der „Alten Schule“ bei Salvator und zünftiger Brotzeit dauert bis in die frühen Morgenstunden.

Bei der Jahresversammlung der Feuerwehr am 26. März werden Feuerwehrkameraden geehrt. Für 40 Jahre aktiven Dienst: Siegfried Bykowski, Alexander Gerling, Werner Keupp, Karl Scheiner, Stefan Kraft und Josef Kraft.

Aus dem Vorstand verabschiedet werden: Barbara Seufert, Roswitha Sendelbach und Bernd Seufert.

Ein heftiges Gewitter mit schweren Sturmböen fegt am 30. März über das Dorf.

Ziegel fliegen von den Dächern und dicke Äste werden von Bäumen abgebrochen.

Schon am 26. März war am Nachmittag ein für diese Jahreszeit ungewöhnlich heftiges Gewitter über das Dorf gezogen.

Stadelhofen 227

Wolfgang Seufert eröffnet in den Nebengebäuden des ehemaligen Pfarrhauses seine Hausbrauerei, die „Pfarrbräu“. Neben den gängigen Sorten „Kellerbier hell“, „Kellerbier dunkel“ und Weißbier, die es ganzjährig gibt, werden auch Spezialbiere wie Mehrkornbier, Roggenbier, Dinkelbier, Doppelbock und vieles mehr saisonal eingebraut.

April In der Kirche wird eine Lautsprecheranlage installiert.

Am 19. April findet zwischen dem Vorstand des Radfahrvereines, Bürgermeister Dr. Paul Kruck und dem ehemaligen Ortssprecher Erich Kraft ein kurzfristig anberaumtes Treffen am Grillplatz statt. Dabei geht es um die Unstimmigkeiten über die vom Vorstand vorgenommenen Veränderungen im Grillplatz.

Bei einer Kreistierschau auf der Expo in Lohr erhält der Stadelhöfer Landwirt Edgar Hämmelmann den ersten Preis für seine Gelbviehkuh „Isett“, und Julia Horn erringt beim Jungzüchterwettbewerb in der Alterskategorie 16 bis 17 Jahre ebenfalls einen ersten Preis.

Mai Am 16. Mai begeht die Pfarrei ihre Flurprozession. Der Weg führt von der Kirche durch die Flur zum Grillplatz. Dort wird vor dem aufgebauten Maialtar eine Maiandacht abgehalten. Unter den Klängen der Mühlbacher Musikanten, die auch schon die Prozession und die Andacht begleitet hatten, klingt der Abend aus.

Am 23. Mai feiert Pater Heinrich Busch sein 40-jähriges Priesterjubiläum. Der Marianhillerpater ist als Pfarrvikar in der Pfarreiengemeinschaft „St. Georg Karlstadt“ tätig und in Stadelhofen als stellvertretender Vorsitzender der Kirchenverwaltung eingesetzt.

Zwölf Feuerwehrleute, das sind 25 Prozent der aktiven Mitglieder, legen am 29. Mai Leistungsabzeichen erfolgreich ab. Leistungsprüfung Stufe 1 (Bronze): Julia Horn und Katharina Rüb; Leistungsstufe 2 (Silber): Patrick Götz; Leistungsstufe 3 (Gold I): Frank Scheiner, Kerstin Sendelbach, Ute Bykowski; Leistungsstufe 4 (Gold II): Sabine Sendelbach, Peter Kraft, Martin Scheiner, Markus Mertel, Volker Knorr.

Am 30. Mai findet die Fronleichnamsprozession statt. Der zweite Altar wird erstmals vor dem Anwesen Helmut und Bernhard Rüb aufgebaut und geschmückt. Bisher befand sich dieser Altar am Anwesen Loschert. Der erste Altar ist nach wie vor am Bildstock vor dem Anwesen Kraft in der Sickingerstraße, der dritte Altar bei Liebler im Mittelhof und der vierte Altar am Dorfplatz vor der Kirche.

228 Stadelhofen

Juni Der Obst- und Gartenbauverein entzündet am Abend des 18. Juni am Grillplatz das Johannisfeuer.

Juli Nach Unstimmigkeiten innerhalb des Radfahrvereines und bei der Pflege des Grillplatzes, für die der Verein zuständig ist, wird der Vorstand in einer außergewöhnlichen Sitzung aufgelöst. Zur Vorbereitung einer ordentlichen Mitgliederversammlung werden Udo Becker und Ute Bykowski als „Übergangs-Vorsitzende“ eingesetzt.

Zusätzlich werden sie beauftragt, bis dorthin für die notwendigen Pflegemaßnahmen am Grillplatz zu sorgen.

August Zu den Prüfungsbesten der Handwerker-Innung Main-Spessart zählt beim Beruf der Fleischer Sebastian Kraft. Er hat seinen Beruf bei Metzgermeister Michael Loschert in Steinfeld gelernt.

Am 15. August feiert die Pfarrgemeinde Maria Himmelfahrt ihren „Dicken Tag“.

Beim Festgottesdienst am Vormittag stellen die Ministranten ihre neuen liturgischen Gewänder vor. Nach der Andacht am Abend trifft man sich traditionsgemäß zu einem gemütlichen Dämmerschoppen.

September Am 29. September findet eine Mitgliederversammlung des Radfahrvereins „Concordia 1922“ statt. Die Wahl des neuen Vorstandes bringt folgendes Ergebnis: Vorsitzender wird Udo Becker, sein Stellvertreter Marco Keupp. Die Kasse führt Ute Bykowski, die Schriftführung übernimmt Heike Becker. Für die Pflege des Grillplatzes stellen sich Walter Rüb und Werner Keupp zur Verfügung.

Bei der Bürgerfahrt einer Delegation in die Karlstadter Partnerstadt St. Brice wird erstmals das Stadelhofer Bier „Pfarrbräu“ als Gastgeschenk und regionale Spezialität mit nach Frankreich genommen und dort verkostet.

Oktober Das Erntedankfest feiert die Pfarrgemeinde am 3. Oktober mit einer Dankandacht und einem Federweißenabend in der Halle von Erich Kraft.

Am öffentlichen Weg zur Kirche wird die Schwarzdecke entfernt und der Platz mit Pflaster versehen.

Auf dem Friedhof wird der erneuerte Glockenturm wieder errichtet.

Stadelhofen 229

Kaplan Klaus Weber wird am 17. Oktober in die Pfarreiengemeinschaft eingeführt.

Er wird auch in Stadelhofen seelsorgerisch eingesetzt werden.

Am 21. Oktober feiert die älteste Bürgerin Elsa Gerling ihren 95. Geburtstag .

Am 26. Oktober feiern Pfarrer Dr. Mariusz Falk und Kaplan Klaus Weber in der „Alten Schule“ einen Gottesdienst mit Krankensalbung. Dieser wird vor allem von älteren Bürgern sehr gut angenommen.

November Für 40 Jahre aktiven Dienst in der Feuerwehr Stadelhofen zeichnen Landrat Thomas Schiebel und Kreisbrandinspektor Georg Rumpel beim Ehrenabend am 12. November in Eußenheim sechs Feuerwehrmänner mit dem Feuerwehrehrenzeichen aus: Siegfried Bykowski, Alexander Gerling, Werner Keupp, Josef Kraft, Stefan Kraft und Karl Scheiner.

Eine Bürgerversammlung findet am 18. November erstmals seit 2005 statt. Themenschwerpunkte sind wieder die Ortsdurchfahrt und die fehlenden Gehsteige.

Bürgermeister Dr. Paul Kruck macht deutlich, dass trotz der 3000 Fahrzeuge die durchschnittlich an den Werktagen durch den Ort fahren, für das Staatliche Bauamt, das für diese Ortsdurchfahrt zuständig ist, der Ausbau nicht an erster Stelle steht.

Zusammen mit der Flurbereinigungs-Teilnehmergemeinschaft soll nun nach Lösungen für provisorische Gehwege gesucht werden. Bürger bemängeln die unnütz lange Brennzeit der Straßenlampen, die Schäden an Wegen, die die Bahn mit dem Abtransport des ausgewechselten Schotters verursacht hat, und fehlende Stoppschilder an der Steinfelder Straße.

Beim Nostalgischen Adventsmarkt am 21. November in der Herold-AltenheimStiftung in Karlstadt gestaltet die Singgruppe Stadelhofen eine besinnliche Stunde mit Liedern und Texten zur beginnenden Adventszeit in der Kapelle.

Nach einer Adventsandacht am 28. November lädt die Pfarrei zu Glühwein und Christstollen auf dem Dorfplatz ein.

Dezember Der Pfarrgemeinderat gestaltet wieder einen Kalender für das Jahr 2011. Er enthält Fotos aus alten Zeiten, Dorfansichten, Klassenfotos und Bilder von landwirtschaftlichen Arbeiten.

In der Mitgliederversammlung der Flurbereinigungsgenossenschaft am 29. Dezember wird ein neuer Vorstand gewählt. Vorsitzender bleibt Otmar Gerling. Dem erweiterten 230 Stadelhofen

Vorstand gehören an: Siegfried Bykowski, Friedhelm Duscha, Edgar Hämmelmann, Erich Kraft, Stefan Kraft und Karl Scheiner.

31. Dezember 2010 Die Einwohnerzahlen von Stadelhofen: 183. Davon sind 95 Frauen und 88 Männer.

Es bestehen 176 Hauptwohnungen und sieben Nebenwohnungen.

Aufteilung der Altersstruktur: 0 bis 3 Jahre 5,47 Prozent, 4 bis 6 Jahr 2,73 Prozent 7 bis 15 Jahre 7,10 Prozent 16 bis 18 Jahre 3,28 Prozent 19 bis 65 Jahre 69,40 Prozent 66 Jahre und älter 12,02 Prozent

Postkarte: Sammlung Claus Dürr Stadelhofen 231

Es Förschtla, d’r Straulino und die Kathinka Von Vinzenz Krebs

Das linke Mühlrad gehörte zur Schrauts Mühle, das rechte Mühlrad zu der Gipsmühle von Johann Försch.

Seit 1554 bestand die Neumühle. 1830 gab es eine Getreidemühle im Haus Nummer 37a und eine Gipsmühle in Nummer 37b an der Wern in Stetten. Heute ist dort der Wohnblock von Siegfried Hohenwarter. Der Müllergeselle Johann Försch aus Heugrumbach übernahm 1860 die Gipssteinmühle in Stetten. Sie wurde mit dem zweiten Mühlrad betrieben, das vom gleichen Wehr wie die Getreidemühle die Wasserkraft bezog. Johann Försch, geboren 1830, heiratete 1860 Maria, eine geborene Landgraf. Maria war in erster Ehe mit dem Steinmüller Wilhelm Burkard von Obersfeld verheiratet gewesen.

Valtin Försch, der Sohn von Johann Försch, geboren am 8. August 1872, heiratete 1910 Maria Schneider aus Zellingen. Er übernahm die Mühle, als sein Vater an Tuberkulose-Staublunge starb. Auch er hatte einen Mahlbetrieb für Kalksteine, die er im Steinbruch am Glaub, rechts der Straße nach Eußenheim, brechen ließ. Der gemahlene Gipskalk war Dünger für die sauren Wiesen. Bei einem Unfall beim Mahlen verlor seine Frau ein Bein. Sie bekam ein Holzbein und war stark gehbehindert. An einem Haken am Holzbein bewahrte sie ihre Hausschlüssel auf.

232 Stetten

Valtin Försch hatte auch eine Landwirtschaft mit meist geringen Äckern. Mit der Bezeichnung „Jüdekirfi“ (Judenkirchhof) wurde sein schlechtester Acker benannt.

Trotzdem hatte er eine Pferdezucht und jährlich ein junges Fohlen, das beim Ausfahren mit lustigen Sprüngen die Zugpferde begleitete. Im Ersten Weltkrieg wurden bei ihm Vieh und Schweine „schwarz“ geschlachtet und bis nach Frankfurt verschachert. Dadurch hatte er viel Geld und lieh einem Schneidmühlenbesitzer eine größere Summe. Als er das Geld zurückbekam, war die Inflation. Da sein Mühlengeschäft auch nicht viel einbrachte, blieb er ein armer Müller. Trotzdem spielte er öfters Schifferklavier für die jungen Burschen zum Feierabend.

Valtin besorgte für seine behinderte Frau alles, was sie vom Dorf brauchte. Dabei trug er immer Reitstiefel und eine sportliche Ledermütze. Er konnte freihändig Rad fahren und trug dabei einen großen runden Kuchen auf dem Kopf. So fuhr er von der Bäckerei zur Mühle auf einem langen, schlechten Weg. Da er fast immer allein auf dem Feld war, fuhr er oft als Letzter bei Dunkelheit nach Hause. Als er eine Getreidefuhre alleine auflud, überraschte ihn ein schweres Gewitter. Es geschah bei der Buchenhöll’, wo ein sehr steiler Weg zum Dorf führt.

Seine Pferde folgten ihm auf Zuruf und trabten jeweils bis zum nächsten Getreidehaufen. Doch in dem Moment, als er sie mit seinem „Hüa“ zum Weitergehen aufforderte, kam der erste Donnerschlag.

Die erschreckten Pferde rasten los. Er konnte die Zügel nicht mehr ergreifen. So ging es auf dem steilen Weg hinab. Plötzlich raste dem Förschtla sein Fuhrwerk mit den Pferden führerlos ins Dorf die Bergstraße hinunter. In der gepflasterten Kannl fielen die letzten Garben vom Wagen. Durch diese schräge Flusskannl schleuderte der Wagen gegen den großen Eckstein der Sternwirtschaft und die Pferde waren gestoppt. Einige junge Burschen unter Anleitung des Schmieds Andreas Bock hielten die wild gewordenen Pferde. Am Wagen waren die Deichsel und die Zugwaage gebrochen, sonst wären sie im Galopp zu ihrem Stall gerannt. Ganz aufgeregt kam jetzt auch der Förschtla mit Schimpfen und Fluchen angerannt. Da sagte der Schmieds Andreas zu den Burschen: „Seid ruhig. Der bat (betet) das hölzerne Vaterunser“. Das war eine Litanei an Schimpfwörtern. „Sonst wird er noch hitziger, als seine Gäul schon sind“, brachte der Schmied seinen Satz zu Ende.

Als er sich beruhigt hatte, sagte Valtin Försch: „Beim ersten Donnerschlag sind die Verrecker abgehaut, aber heut kriegen sie nichts mehr zum Fressen.“ Seinen Wagen ließ er gleich beim Schmied zur Reparatur.

Schon in den 1930er Jahren gab Valtin Försch seinen Mühlbetrieb auf. Seine Pferde behielt er und übergab 1946 seinem Neffen Alfred Straulino, dem Sohn seiner Schwester Maria. Sie war verheiratet mit Johann Straulino, einem Tabakwarenhändler aus Italien. Beide waren schon 1920 gestorben. Ihr Sohn Alfred Straulino, geboren 1906 und wegen seiner Haarfarbe der „Schwarz“ genannt, kam 1945 mit einem Maulesel aus den Kriegswirren von Jugoslawien zurück.

Stetten 233

Alfred Straulino (rechts) mit seinem Pferdefuhrwerk und Esel als Vorspann bei der Weinlese im Roßtal im Jahre 1948. Auf dem Wagen sitzen links Ludwig Gerhard und rechts Herr Mäusel.

Als sein Onkel Valtin Försch im Jahre 1946 starb, erbte Alfred Straulino die Mühle, das Feld und auch den Fuhrbetrieb mit den Pferden. Dazu gehörte ein großer Brückenwagen, mit dem 1928 die neuen Glocken vom Thüngener Bahnhof abgeholt worden waren. Die Glocken waren das wertvollste Gut, das je mit dem geschmückten Wagen von vier Pferden gezogen wurde. Alfred war abergläubisch, vor allem die Hexen wollte er vertreiben, die seine Pferde angeblich krank machten.

So glaubte er, wenn er während des Ave-Maria-Läutens dreimal auf die Kirchturmkugel schießt und dabei drei Ave Maria betet, ist die Hex’, die um die Kugel tanzt, erledigt. Dass sein Esel bei jeder Gelegenheit nach hinten ausschlug, schrieb er auch der Hex’ zu. Dabei war die Ursache für seine Bockigkeit, dass die Buben dem Esel auf der Weide mit der Steinschleuder auf den Hintern schossen. Seine Hunde hatte Alfred Straulino gut abgerichtet. Sie legten ihm öfter mal einen Sonntagsbraten vor die Füße.

Alfred Straulino war mit Maria Wenisch verheiratet. Sie hatten keine Kinder. Die Mühlen wurden in den 1960er Jahren abgerissen.

Seine Stiefschwester hieß Barbara Försch und war 1892 geboren. Sie heiratete 1919 Hermann Dittmann aus Heigenbrücken. Beide übernahmen die Gastwirtschaft „Zur goldenen Traube“. Doch Barbaras Glück währte nicht lange. Schon 1925 starb ihr Mann Hermann an einer Vergiftung, und ihr einziger Sohn Alfred fiel als Soldat im Zweiten Weltkrieg.

234 Stetten

Das Gasthaus „Zur goldenen Traube“ im Jahre 1930 nach einem Farbgemälde von Kilian Krebs

1926 heiratete die Witwe Franz Kaufmann. Er war Barbier, ein Friseur aus Kirchzell bei Miltenberg. Die Gastwirtin Barbara wurde von allen nur Kathinka genannt.

Woher der Spitzname kam, wusste keiner, aber er passte gut zu ihrer rundlichen Figur. Die Wirtin redete gern freundlich mit den Gästen, und wenn sie nur nach dem guten Stöffle des Sonntagsanzugs fragte. In ihrer Wirtschaft kamen vor allem die jüngeren Burschen zusammen.

Auch ihr Mann Franz war ein freundlicher Wirt, der manchem Stettener noch Sonntagfrüh die Haare schnitt. Viele Kartbrüder blieben am Sonntagabend länger, weil Kathinka spät am Abend ihren Stammgästen warme Fleischwurst servierte, obwohl es während des Krieges nur mit Marken Wurst zu kaufen gab. Sie hatte besondere Beziehungen zum Schweinemetzgerle in Thüngen. Als ihr Mann Franz Kaufmann 1953 überraschend an einem Hirnschlag starb, verpachtete sie die Wirtschaft an einen Mann namens Wingenfeld. Von 1959 bis 1964 führte sie die Wirtschaft alleine weiter.

1964 verpachtete Kathinka ihre Gastwirtschaft an Hermine Schneider.

Die kinderlose Barbara „Kathinka“ hat vor ihrem Tod am 23. Juli 1972 den halben Teil der Gastwirtschaft der Kirchenstiftung in Stetten testamentarisch vermacht und Stetten 235

den anderen Teil der Benediktinerabtei Münsterschwarzach. Die Abtei verkaufte einige Jahre später ihren Teil an die Kirchenstiftung Stetten. Die Gastwirtschaft „Zur goldene Traube“ wurde 2006 an den Griechen Michael Divannes verkauft, der sie noch heute betreibt.

Die Wirte der „Goldenen Traube“ Als Begründer des Gasthauses „Zur goldenen Traube“ wird Adam Burkard („Hansadel“ genannt) ab 1876. Es folgten 1885 der Bierwirt Anton Pfeuffer, ab 1888 Johann Georg Vogel, ab 1891 Philipp Burkard, ein Jahr später Edmund Schäfer aus Habichsthal mit Bäckerei und Wirtschaft. 1896 ist der Bäcker Georg Clemens Feser genannt, ab 1914 Cecilie Hümmer aus Röttingen, dann ab 1919 Hermann Dittmann aus Heigenbrücken mit Ehefrau Barbara „Kathinka“ Försch. Es folgten ab 1924 Josef Gerhard, 1929 Eugen Gerhard, ab 1934 Franz Kaufmann und seine Frau Barbara „Kathinka“ Försch, die nach dem Tod ihres Mannes 1953 an einen Wingenfeld verpachtete. Von 1959 bis 1964 führte Barbara „Kathinka“ ihre Gastwirtschaft.

Weitere Pächter waren Hermine Schneider, von 1970 bis 1973 Willi und Karin Amthor, Traudl Mutors bis 1983, Jordanis Athanasiadis von 1984 bis 1992, Alex Aslanidis von 1992 bis 2006. Seitdem ist Michael Divannes Besitzer.

Georg Clemens Feser war von 1896 bis 1914 Pächter der Restauration, der Gastwirtschaft „Zur goldenen Traube“ (Haus rechts). Er betrieb auch eine Bäckerei.

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Neunmal Stetten beim Stetten-Turnier Von Günter Roth

Vorbereitung tut not: Im November 2010 trafen sich die Vertreter der neun Stettener zur Vorbereitung des Turniers 2011 an der Wern.

Foto: Günter Roth

„Heute sind wir alle Stettener!“ Das war das umfassende Wir-Gefühl der Teilnehmer des ersten Stetten-Turniers im Jahr 1975 in Stetten-Remstal. Seitdem gibt es in jedem Jahr an Pfingsten ein Treffen, das im Wechsel von einer der beteiligten Ortschaften organisiert wird.

Eigentlich gibt es viele Hundert Orte im deutschsprachigen Raum mit dem Namensteil Stetten, denn er bedeutet nichts anderes als Stadt oder Wohnstätte. Vornehmlich ist der Name im süddeutschen Raum verbreiteter als im nördlichen – sogar in der Nähe der österreichischen Hauptstadt Wien gibt es ein Stetten. Der nächste Namensvetter liegt keine 70 Kilometer entfernt in der Rhön. Neun Orte aber

Einmal mehr ging der Wanderpokal nach Stetten/ Karlstadt. Helga (rechts) und Hermann Jäger (links) nahmen ihn 1988 beim Stetten-Turnier in Mindelheim in Empfang.

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Zur Vorbereitung des Stetten-Turniers 2011 trafen sich im November auch die Veteranen der Veranstaltung: Dieter Binder (Remstal), Edwin Henn (Pfalz), Wilhelm Bausinaer (Hechingen) und Hermann Jäger (Karlstadt).

Foto: Günter Roth

haben eine gemeinsame Besonderheit: Stetten Pfalz, Stetten Hohentengen, Stetten Rhön, Stetten Remstal, Stetten Mindelheim, Stetten Mühlheim, Stetten Hechingen, Stetten Haigerloch und natürlich Stetten Karlstadt. Seit 36 Jahren treffen sich fußballbegeisterte Menschen aus diesen Gemeinden an Pfingsten zu einem großen Sportfest, dem Stetten-Turnier. Für vier Tage sind die Freude am Fußballsport und die gelebte Gemeinschaft die Kernpunkte der Treffen.

Hermann Jäger, langjähriger Vorsitzender der Spielvereinigung Stetten und „Mann der ersten Stunde“, erinnert sich an 1975: Ein Brief aus Stetten/Remstal hatte hier in Franken zunächst einiges Kopfzerbrechen und kontroverse Diskussionen bereitet. Hat die Idee Zukunft, gemeinsam mit anderen Stetten-Gemeinden regelmäßige Treffen mit sportlichem Anspruch, aber auch Geselligkeit auszurichten? Ist das nicht nur eine „spinnerte“ Idee? Wie soll man so ein großes Ereignis stemmen? Nach eingehenden Beratungen entschloss sich der Vorstand der Spielvereinigung, das Wagnis einzugehen. Das erste Treffen in Stetten/Remstal war nicht nur ein voller Erfolg, sondern der Beginn einer beispiellosen 35-jährigen Geschichte.

Helga und Hermann Jäger sind nicht nur das „Paar der ersten Stunde“, sie waren auch in all den Jahren bei jedem Treffen mit dabei. Zum Beispiel bei der ersten Veranstaltung.

In Remstal waren die Gäste in Zelten untergebracht, der Boden des Festplatzes war zur Befestigung mit Stroh aufgeschüttet und nach einem fürchterlichen Wolkenbruch stand der Sportplatz zehn Zentimeter unter Wasser. Das aber focht die Sportler nicht an, das Turnier wurde trotzdem weitergespielt. Heute wohnen die Besucher nicht nur in Zelten, für die Anspruchsvolleren werden Privatquartiere und Schlafplätze in den Turnhallen angeboten, ganz besonders edle Besucher reisen in Wohnmobilen oder Caravans an.

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Traditionell treffen sich die Vertreter der Gastgeber und der Gäste bei jedem Stetten-Turnier zu einem politischen Empfang. Dieser fand heuer im Winzerkeller statt. Als heimische Vertreter waren der Karlstadter Bürgermeister Dr. Paul Kruck (links) und der Landrat Thomas Schiebel (rechts) dabei.

Vierter von rechts ist Markus Weißenberger, der Vorsitzende der Spielvereinigung Stetten/Karlstadt Foto: Ingrid Kneitz

In den 35 Jahren ist nicht nur viel Interessantes geschehen, es hatten sich vielmehr auch eine ganze Zahl enger und dauerhafter Freundschaften gebildet, berichten Helga und Hermann. In zwei Fällen wurden aus diesen Freundschaften sogar Ehen.

In diesem Jahr hat sich auch der erste Inter-Stetten-Nachwuchs eingestellt, sodass der Fortbestand dieser einzigartigen Treffen gewährleistet erscheint. Ansonsten sind neben vielen privaten Freundschaften auch Beziehungen unter Vereinen entstanden, weiß er zu berichten. So treffen sich der Obst- und Gartenbauverein, die Feuerwehr und auch der Faschingsverein Stetten-Karlstadt immer wieder mit ihren „Kollegen“ aus Stetten in der Rhön und pflegen so jahrelange Verbindungen.

Ein Stetten-Turnier steht traditionsgemäß auf zwei Beinen: Im sportlichen Teil geht es um den Wanderpokal, den jeweils die acht Gastmannschaften untereinander austragen. Die Gastgeber sind grundsätzlich sportlich nur Zuschauer. Die Vorrundenspiele beginnen am Samstagvormittag und dauern gewöhnlich den ganzen Tag an. Am Sonntagvormittag geht es mit den Vorausscheidungen weiter, nachmittags gibt es Einlagespiele, zum Beispiel mit Jugend- oder Damenteams. Am späten Nachmittag sind dann die Spiele um den dritten Platz und letztendlich das Endspiel. Am Abend wird im Festzelt der Turniersieger geehrt. Für die Karlstadter Stettener hat sich die Reihe „Stetten-Turnier“ auch als sehr erfolgreich erwiesen. In den meisten der zahllosen Treffen schafften es die schwarz-gelben Kicker zumindest ins Finale.

Oft haben sie den Siegespokal mit nach Hause gebracht.

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Das zweite Standbein ist die Gemeinschaft, die Begegnung. Neben offiziellen Empfängen mit den Menschen des öffentlichen Lebens der Gemeinden und gemeinsamen Gottesdienstfeiern steppt abends grundsätzlich der Bär im Festzelt.

In diesem Jahr feierten in Stetten-Karlstadt mehr als 1000 Leute drei Tage – oder besser gesagt – Nächte lang. Bands mit Rang und Namen heizen in der Regel bis zu den frühen Morgenstunden ein. Stetten-Turnier-Veteran Hermann Jäger weiß von einem Torwart zu berichten, der im Anschluss an eine lange Partynacht so fertig und erschöpft war, dass er glatt während des Fußballspiels am frühen Morgen unter der Torlatte eingeschlafen ist und durch keine Tricks mehr zum Weiterspielen Ist der Korb zu schwer oder genießt Karlstadts Bürgermeister Paul Kruck zu bewegen war. An seiner Stelle musste sein Abteilungsleiter aushilfsweise ins Tor. schon im Geiste dessen Inhalt?

Foto: Ingrid Kneitz Das 37. Stetten-Turnier fand 2011 in StettenKarlstadt statt, für den Werntalort war es das fünfte Mal als Gastgeber. Den begehrten Wanderpokal durfte diesmal die Mannschaft von Stetten Haigerloch mit nach Hause nehmen, im nächsten Jahr darf die heimische Spielvereinigung in Stetten Hochtengen dann wieder aktiv versuchen, den Pokal mit an die Wern zu holen.

In den vier Pfingsttagen war die Einwohnerzahl durch den Besuch auf fast das Doppelte gewachsen. Trotz des organisatorischen Aufwands und der Menschenmassen war das Ereignis ein harmonisches und friedliches Fest ohne besondere Störungen. Als „legendär“ bezeichnete Karlstadts Bürgermeister Dr. Paul Kruck das Turnier und die damit verbundene Gemeinschaft der Vereine und Gemeinden und begrüßte so die „Stettenfamilie“ beim politiSport und Gemeinschaft sind der Mittelpunkt der schen Empfang im Winzerkeller in Stetten-Turniere.

Foto: Ingrid Kneitz Stetten. Aus einer genialen Idee, die immer wieder durch neue Inspirationen mit Leben erfüllt werde, so Kruck in seiner Ansprache, sei inzwischen ein großes Event geworden, das nun schon zum fünften Mal im heimischen Stetten stattfindet. Da stelle sich schon für manche die Frage, was passiert, wenn 1000 Stettener für vier Tage nach Stetten kommen, die selbst nur 1055 Einwohner haben.

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Rumäniendeutsche büßten für Kriegsschuld Von Anna Rampelt Bearbeitet von Adolf Amthor Oft denke ich darüber nach, wieso es nach über 65 Jahren noch möglich ist, sich an Einzelheiten über unsere Verschleppung nach Russland zu erinnern. Dieser Lebensabschnitt hat in meinem Gedächtnis bleibende, einschneidende Spuren hinterlassen.

Und trotzdem kann ich aus der Vielfalt der Erlebnisse, „als wäre es erst vor kurzem geschehen“, nur einige wiedergeben. Als sich im Herbst 1944 die politischen Ereignisse überstürzten und nach dem Zusammenbruch der deutsch-rumänischen Front die Rote Armee in Rumänien einmarschierte, waren wir Deutsche zutiefst erschrocken. Rumänien löste das Bündnis mit Deutschland auf und trat auf der Seite der Russen in den Krieg gegen Deutschland ein. Dann hieß es Ende des Jahres: „Alle Volksdeutschen aus Rumänien werden nach Russland verschleppt.“ Aushebung und Abtransport Unter den Deutschen begann die Aushebung* am 2. und 3. Januar sowie am 10. und 11. Januar 1945. Sie wurde bis Ende des Monats größtenteils abgeschlossen. Die deutschen Ortschaften wie Schweischer, Reps, Radeln, Bodendorf, Meeburg oder Akeden wurden von Militär und Polizeieinheiten abgeriegelt. Telefon, Telegraf und Eisenbahnverkehr wurden unterbrochen, sodass eine Flucht nur begrenzt möglich war. In den Orten gingen gemischt rumänisch-sowjetische Patrouillen von Haus zu Haus, um die Einwohner aufgrund der schon im Herbst erstellten Listen zu registrieren. Für solche, die sich versteckt hielten, wurden ersatzweise Familienangehörige oder andere Personen gefasst, sodass die meisten sich stellten. So traf die deutschen Rumänen das schwere Los, Ruinen des Zweiten Weltkrieges in der Sowjetunion wegzuräumen und beim Wiederaufbau des Landes mithelfen zu müssen.

Etliche Zehntausende Volksdeutsche aus Rumänien, Frauen und Männer, erlitten durch den Zweiten Weltkrieg ein grausames Schicksal. Frauen von 18 bis 30 und Männer von 17 bis 45 Jahren – viele andere noch wurden im Januar 1945 für fünf Jahre zur Zwangsarbeit verschleppt.

In Viehwaggons nach Petrowka Ich war damals 23 Jahre alt. Mitten im Winter, Januar 1945, machte ich die schreckliche Viehwaggonreise nach Russland. Wir waren 80 Personen, Frauen und Männer in einem Waggon. Die Schuhe mussten wir ausziehen und unsere Füße in warmen Decken von daheim einwickeln, sonst wären sie erfroren. Wir hatten genug LebensStetten 241

mittel mitgenommen, doch wir konnten davon nicht viel essen, weil alles gefroren war. Zu trinken hatten wir überhaupt nichts, das Wasser wäre sowieso gefroren.

Deshalb mussten wir auch selten austreten. Unsere Notdurft verrichteten wir in ein Loch, umhängt von Leinentüchern, in der Mitte des Waggons.

Am 2. Februar kamen wir in Petrowka in der Ukraine an. Hier wurden wir einer strengen Kontrolle unterzogen, wobei es an Einschüchterungen nicht fehlte. Dazu mussten wir einen Tag im Schnee stehen. Abends ging es dann in die Baracke. Auch dort erwartete uns nichts Warmes. Nicht einmal die Pritschen waren fertig. Die Bretter, aus denen sie später gemacht wurden, lagen noch voller Schnee und Eis im Lager herum. Also saßen und schliefen wir auf dem Gepäck, bis die Pritschen fertig waren. Dann teilten mich die Russen zur Arbeit ein. Ich musste im Sägewerk zusammen mit russischen Frauen dicke Holzstämme zum Gatter tragen. Von der schweren ungewohnten Arbeit trat meine Halsschlagader fingerdick hervor. Da schickten sie mich zum Schuttwegräumen.

Später kam ich zum Einundzwanziger-Schacht. Dort arbeitete ich in drei Arbeitsschichten oben auf dem „Parodaberg“, der Gesteinshalde. Wir schaufelten die verbrannte Schlacke in einen großen trichterförmigen Behälter, welcher an einer Rinne befestigt war und in die Betonfabrik führte. Im Winter war alles gefroren. Dann mussten wir mit Krampen und Brecheisen die Schlacke frei brechen, die Schubkarren damit auffüllen und zum Trichter schaffen. Wenn sich der trichterförmige Behälter verstopfte oder zufror, mussten wir ihn unter Lebensgefahr mit Brecheisen frei brechen. Dann sauste der Inhalt an uns vorbei in die Tiefe. Die gefrorenen Steine flogen nach alle Richtungen an unseren Köpfen vorbei. Ein Mädchen aus Radeln wurde so von der Schlacke tödlich getroffen.

Der Wind blies uns fast vom Berg hinunter, doch wir mussten ununterbrochen arbeiten. Ein Sachse, „ein Rumäne“, trieb uns immer wieder an und ließ uns nicht rasten.

Dafür lobten und bezahlten ihn die Russen. Manchmal musste ich auch unten bei der Rinne arbeiten und die Schlacke in Waggonetel (Loren) schaufeln und sie in die Betonfabrik schieben. Auch da hieß es ständig „dawai“ (schnell). Oft musste ich in der Betonfabrik arbeiten. Dort schleppten wir die schweren Betonziegel in die Trockenkammer. Einer wog ungebrannt bis zu 18 Kilogramm. Es war eine schreckliche Plackerei. Ich wurde immer schwächer.

1947 bekam ich eine Rippenfellentzündung mit Wasser. Ich musste weiter zur Arbeit gehen, weil ich am Morgen nicht über 37 Grad Fieber hatte. Am Ostertag zog mir der Arzt dann 120 Spritzen Wasser. Nun glaubte mir der Arzt, dass ich krank war. Er schrieb mich invalid. Doch als die Schwachen und Kranken heimgeschickt wurden, hieß es über mich: „Die arbeitet nicht im Schacht, die erholt sich schon wieder.“ Ich musste in Russland bleiben. Zu essen gab es als Invalide fast nichts: 300 Gramm Brot und eine dünne Krautsuppe.

Ich wollte nicht mehr leben. Wenn ich sowieso verhungern muss, dann beginne ich 242 Stetten

gleich damit, dachte ich. Ich erinnerte mich an meine Eltern und an den Spruch: „Leben wir, so leben wir dem Herrn“, und „Unser Leben steht in Gottes Hand“. Da durfte ich mir nicht selbst das Leben nehmen. Ich wollte noch einmal heimfahren zu meinen Lieben. Ich bemühte mich, weiter zu leben.

Die schwersten Zeiten in Russland waren die Hungernotjahre 1946 und 1947. Sie forderten viele Opfer unter den Lagerinsassen. Durch den großen Hunger und schlechte hygienische Bedingungen brach im Lager die Hungerruhr aus. Typhus, Furunkulose, Krätze und Dystrophie*** dezimierten in schrecklicher Weise die Lagerinsassen.

Anna Rampelt (links) mit zwei Lagerfreundinnen Grete Göllner und Rose Schmidt

Auf der Kolchose bei der Tomatenernte Im Sommer 1947 verständigte man alle Invaliden des Lagers, sich fertig zu machen, sie sollten auf einer Kolchose Tomaten ernten. Wir fuhren in die Nähe der Halbinsel Krim auf eine Kolchose. Einer war schwächer als der andere. Allen 25 Personen, Frauen und Männern, wurde ein leerer Viehstall zum Schlafen zugewiesen. Tagsüber ernteten wir die schönen dicken Tomaten. Den ganzen Tag aßen wir Tomaten und wurden nicht satt. Die Russinnen baten uns, nicht so viele Tomaten zu essen, wir würden davon krank werden. Dann aßen wir eine Weile heimlich. Als wir nach einem Monat gut erholt die 100 Kilometer ins Lager zurückfuhren, waren wir traurig, dass die Zeit so schnell vergangen war.

Wieder begann die schwere Arbeit. Diesmal arbeitete ich beim Aufbau der zerbombten Ruinen. Mit noch einer Frau trugen wir den Maurern das nötige Material zu, Steine, Ziegel, Mörtel oder was sonst beim Bau benötigt wurde. Im Winter mussten wir unter einem großen Blech Feuer machen, darauf den gefrorenen Sand schaufeln und ihn erwärmen. In einem Mörtelkasten bereiteten wir dann mit dem erwärmten Sand, Kalk und warmem Wasser Schlipa (Mörtel) zu. Doch bis wir mit dem Mörtel die Treppe hochgestiegen waren und die Maurer ihn auf die Steine zum Bauen verteilen wollten, war er wieder gefroren. „Nicewo“(es macht nichts), „robota nada“ (weiter arbeiten), sagten die Maurer. Ja, arbeiten mussten wir. Einen geringen Lohn sahen wir nur in den letzten Jahren. Fast immer hatten wir Schulden bei der Lagerverwaltung, vom Arbeiten bei der „Streukantora“, dem Bauunternehmen.

Einmal bauten wir im Sägewerk mit dicken Betonziegeln eine Trockenkammer.

Als wir einen Maurer nach einigen Tagen fragten, wie man denn die Bretter zum Trocknen in diese Trockenkammer bekomme, schüttelte er den Kopf: „Nesnaiu“ (Ich Stetten 243

weiß nicht). Er mauerte nach dem ihm ausgehändigten Plan. Doch dann brachen wir auf Geheiß des Ingenieurs mit Brecheisen Löcher in die betonierte Mauer für die notwendigen Türen. Auch das gab es in Russland.

Schwere Arbeit verrichtete ich auch, als ich bei „Transport“ arbeitete. Wir reparierten die Eisenbahnlinie nach Petrowka. Oft mussten wir die langen, schweren Eisenbahnschienen ein langes Stück tragen. Ich zerbrach fast dabei. Am Ende trugen die kräftigen Russinnen und vorne ich mit noch einer schwachen Lagerinsassin. Immer hieß es „dawai, dawai“, schnell, schnell – ob es Sommer oder Winter war.

Mein Freund Ich kam im November 1948 von einem Besuch aus dem Lager Cikovka 1027 zurück, wo meine jüngere Schwester interniert war. Ich hatte vorher nicht gewusst, dass meine jüngere Schwester im Lager war.

Hochzeitsbild der Eheleute Anna und Ich wähnte sie noch in der Heimat, weil sie noch Michael Rampelt keine 18 Jahre alt war. Da saß er, der mir bis dahin unbekannte Mann, in der Baracke in unserem Zimmer. Im Gespräch erfuhr ich, dass er bis jetzt auf der Kolchose gearbeitet hatte und nun ins Lager gebracht wurde, um im Schacht zu arbeiten. Wir freundeten uns an. In seiner freien Zeit besuchte er mich immer öfter. Ich schloss ihn ins Herz. Doch dann verriet sein guter Freund, der ein Spitzel war, der Lagerleitung und dem NKWD-Offizier**, dass er bei der deutschen Armee gedient hatte. Man führte ihn und noch zwei Männer aus unserem Lager ins Kriegsgefangenenlager Gigant. Dort besuchte ich ihn unter großer Gefahr und großen Schwierigkeiten einige Male, denn es war uns nicht erlaubt, ohne „propus“ (Bewilligung) in ein anderes Lager zu gehen.

Im Dezember 1949 kam ich aus Russland heim zu meinen Eltern. Tagelang weinte meine Mutter vor Freude. Uns Sachsen (so wurden wir genannt) hatte man in Rumänien alles weggenommen, denn so begann der Kommunismus.

Ich wartete auf meinen Freund Michael Rampelt, der ein Jahr später im Mai 1951 aus russischer Kriegsgefangenschaft entlassen wurde. Im September 1951 heirateten wir. Uns wurden zwei Kinder geboren: Inge und der ein Jahr jüngere Bruder Michael.

Wir wohnten in Hamrude, Kreis Kronstadt. Mein Mann Michael war von Beruf Landwirt und Winzer. Wir beide mussten auf den Feldern der Kollektivwirtschaft neben Rumänen und Zigeunern arbeiten. Während der Arbeit erzählten wir Russ244 Stetten

landerlebnisse und sangen die schönen Volks- und Heimatlieder. „Nie mehr fort von zu Hause“, sagten wir immer wieder, doch im Leben kommt es oft anders, als man denkt, und anders, als man will.

Eine neue Zeit bricht an Seit Beginn der 1980er Jahre verschlechterte sich die Lage der deutschen Minderheit in Rumänien in erheblichem Maße. Infolge der Wirtschafts- und Finanzkrise im Lande sank der Lebensstandard der gesamten Bevölkerung auf das niedrigste Niveau nach Kriegsende. Seitdem die rumänische Führung den Nationalismus der Mehrheitsbevölkerung zur Staatsideologie erhoben hatte, wuchs der Assimilationsdruck auf die Minderheiten. Der Gebrauch der Muttersprache in der Öffentlichkeit wurde eingeschränkt, und viele der begrenzten Liberalisierungsmaßnamen der 1960er Jahre im kulturellen und schulischen Bereich wurden zurückgenommen. Die wachsenden Aussiedlerzahlen hatten einen verhängnisvollen Rückkopplungseffekt zur Folge: Die örtlichen Gemeinschaften zerfielen, und sinkende Lehrer- und Schülerzahlen an den deutschen Schulen führten zu einem verschlechterten Unterrichts- und Bildungsangebot. Als sich der „Eiserne Vorhang“ nach dem Zusammenbruch des kommunistischen Ceaucescu-Regimes am 22. Dezember 1989 öffnete, verließen 111.150 Deutsche in sechs Monaten Rumänien.

Nachdem meine Schwester Katharina Umling schon im Jahre 1981 durch die Familienzusammenführung in die Bundesrepublik Deutschland kam und die wirtschaftliche Situation in Deutschland schilderte, empfahl sie auch mir und meinem Ehemann Michael Rampelt nach Deutschland zu übersiedeln.

Nach langer und reiflicher Überlegung beantragte auch unsere Familie 1990 die Auswanderung nach Deutschland. Wir standen wieder vor einer ungewisse Zukunft.

Nach Abwicklung der Formalitäten und einer Wartezeit von über einem Jahr bekamen wir im Frühjahr 1991 die Auswanderungsbewilligung. Im Gegensatz zu den Russlanddeutschen, die nur 20 Kilogramm pro Person an Gepäck mitnehmen durften, konnten wir drei große, extra vom Handwerker hergestellte Holzkisten mit Bettzeug, Geschirr, Kleidung mitnehmen. Leider mussten wir unser Elternhaus mit einem Garten und der Landwirtschaft einer rumänischen Familie überlassen. Von dem ausgehandelten Kaufpreis bekamen wir als Vorschuss umgerechnet 2000 Euro.

Der Rest steht noch offen.

Mit dem Zug fuhren wir über Ungarn und Österreich und kamen im Frühjahr 1991 in der Durchgangsstelle Nürnberg an. Nach der Erledigung der Einreiseformulare wurden wir mit dem Zug nach Bernbeuren bei Weilheim gebracht. Dort lebten wir etwa ein Jahr. Da unser Sohn Michael schon ein Jahr vorher in die Bundesrepublik Deutschland ausgereist war und eine Arbeitsstelle in Schweinfurt bei der Telekom als Mechatroniker hatte, holte er uns im Frühjahr 1993 von Bernbeuren nach Schweinfurt.

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Im April 1992 bekamen meine Tochter Inge mit Schwiegersohn Joan (Johann) Rampelt (er nahm den Familiennamen seiner Frau an) und mit dessen Sohn Christian ebenfalls ihre Ausreisebewilligung in die Bundesrepublik Deutschland. Nach dem Aufenthalt in der Durchgangsstelle Nürnberg wurden sie mit dem Zug nach Gemünden am Main zur Verteilerstelle gebracht. Von Gemünden ging es mit dem Bus nach Gänheim. Dort wohnten sie vom Mai 1992 bis Oktober 1993 mit mehreren Aussiedlerfamilien im Gasthaus Mohr.

Durch die Vermittlung des Landratsamtes Main-Spessart wurde ihnen eine Neubauwohnung in der Pfannstraße 13 in Karlstadt-Stetten zugewiesen.

Nach dem Tod meines Mannes Michael Rampelt, mit dem ich in Schweinfurt gewohnt hatte, konnte ich mich nicht mehr alleine versorgen. Seit Mai 2010 wohne ich nun bei meiner Tochter Inge und Schwiegersohn Joan in Stetten, die mich liebevoll aufgenommen haben.

Es ist nicht leicht, die Heimat zu verlassen. Schöne und traurige Erinnerungen begleiteten mich, in die neue, deutsche Heimat. Ich sang oft dieses Lied über das Erlebte in Russland: Tief in Russland in Petrovka steht ein Lager schwer bewacht, drinnen wohnen deutsche Menschen, die man aus Siebenbürgen gebracht.

Und die Herzen dieser Menschen schlagen traurig, ernst und schwer, möchten wieder in die Heimat, sehnen sich nach ihr so sehr.

Ihre Gedanken aber eilen nach der Heimat immerdar, wo sie ihre Lieben haben, wo es schön und herrlich war.

Und wenn sie von ihnen sprechen und von längst vergangenem Glück, Ihre Herzen beinah’ brechen, sehnen sich so sehr zurück.

Und die Lieben in der Heimat sind schon lange so allein.

Die Kinder haben keinen Vater und jetzt auch kein Mütterlein.

Sollten sie dann leise fragen, 246 Stetten

wo sind unsere Eltern hin?

Wird man ihnen leise sagen: Mussten all‘ nach Russland zieh’n.

Für sie gibt es nur noch Arbeit, oft im kalten eisgen Wind.

Müssen so viel Leid ertragen, weil sie eben Deutsche sind.

Kennen nur noch Müh und Plage, niemals eine Herzensfreud’.

Tragen Not und Sorgen schweigend und ein schweres bitteres Leid.

Es vergehen Tag und Nächte, Monate und auch fünf Jahr.

Und im fernen, fremden Lande färbte sich mein blondes Haar.

Sollt‘ ich da in Russland sterben, sollt‘ ich da begraben sein, grüßt mir noch mal die Heimat und die Lieben all daheim.

Anna Rampelt (89 Jahre alt), geborene Hellwig, hatte noch drei Geschwister: Johann Hellwig, geboren 1920, Andreas Hellwig, geboren 1925, war bei der Reichswehr und fiel mit 18 Jahren in Leningrad, Russland. Katharina Hellwig ist 83 Jahre alt und lebt in einem Altenheim in Heilsbronn bei Nürnberg.

*Aushebung bedeutet Auswahl und Zuteilung zum Abtransport. ** NKWD war zuständig für politische Überwachung. *** Dystrophie ist die medizinische Bezeichnung für durch mangelhafte oder ungenügende Ernährung verursachte Veränderung von Geweben, Organen oder des Organismus.

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Franz, bleib da – man weiß nicht, wie’s Wetter wird Von Vinzenz Krebs

Die Familie Krebs (von links stehend) die Geschwister Hedwig, Edmund, Zita, Vinzenz, Oswald und Mali; sitzend die Eltern Elisabeth und Johann Krebs

Im November 1943 kam mein Bruder Oswald zum ersten Mal von Frankreich für zwei Wochen auf Urlaub. Es war sein erster nach zwei Jahren Kriegsdienst.

Wir freuten uns alle, da auch mein älterer Bruder Edmund gerade Genesungsurlaub hatte. Er war an der Ostfront gewesen und hatte eine schwere Verwundung am Oberarm. Aus dieser Zeit ist auch unser einziges Familienfoto. Meine Eltern und meine zwei jüngeren Schwestern fuhren mit der Pferdekutsche zum Fotografen nach Karlstadt. Wir älteren Geschwister radelten. Es war das letzte Mal, dass sich die ganze Familie traf.

Ganz überraschend bekam Oswalds Freund Hugo Gerhard auch Urlaub. So wurde am Abend bei ihm Wiedersehen gefeiert. Der gute 43er Wein, der nach dem ersten Abstich klar im Glase stand, war der Begrüßungstrunk. Nach drei Missernten wegen starker Winterfröste gab es 1943 eine Rekordernte. Trotz der Wiedersehensfreude und des guten Tropfens war die Stimmung gedrückt, da Hugos Stiefvater Franz Staab und der Nachbar Hans Lambrecht als Vierzigjährige ihren Einberufungsbefehl 248 Stetten

erhalten hatten. Alle saßen beisammen in der Stube beim Staabs Franz. Die jüngeren Frontsoldaten machten den älteren Einberufenen Mut, obwohl sie selbst Zuspruch nötig hatten.

Bald sangen sie Lieder, in denen Hoffnung mitklang: „Es geht alles vorüber – es geht alles vorbei – nach jedem Dezember folgt wieder ein Mai“. Als dann Nachbar Hans einen Bartel Silvanermost, es war der erste Ertrag von seinem jungen Wengert, brachte, wurde gescherzt und erzählt: Von den außerordentlich guten Öchslegraden – im Stein wurden erstmals über 90 Grad gemessen – und dass die Trauben in den Kufen gestampft werden mussten, die Fässer nicht ausreichten und deshalb auch kein Apfelmost gekeltert wurde, weil schon alle Fässer mit Traubenmost gefüllt waren.

Es wurde erzählt, dass gerade während der Weinlese die amerikanischen Bomber zu einem Angriff in Richtung Schweinfurt brummten und wie wir beobachteten, wie ein amerikanisches Flugzeug über dem Gramschatzer Wald abgeschossen wurde. Hugo Gerhard, der an der Ostfront eingesetzt war, wollte wissen, was im Dorf passiert ist, aber immer wieder kamen die Gespräche auf die Kriegsereignisse. Wer jetzt gerade Urlaub hatte, wollte er wissen, um sich mit ihnen zu treffen. Aber vor allem auch, wie sie die Arbeit in Feld und Weinberg bewältigen. Inzwischen hatte ich als 14-jähriger Bub für meinen Bruder Oswald auch einen Bartel guten Most aus unserem Keller geholt.

Jeder Nachbar in der Neuen Gasse, jetzt Urbanusstraße, wollte an dem Abend seinen eigenen Wein präsentieren. Er schmeckte mit jedem Glas besser. Die Männer wurden weinselig und sangen Lieder. „Am Brunnen vor dem Tore“ machte traurig, denn die Koffer der zwei Einberufenen waren schon gepackt. Hugo Gerhard gab den Ratschlag, unbedingt warme Socken mitzunehmen. Sein Vater Franz und Hans Lambrecht verabschiedeten sich bald, da sie früh morgens zum Bahnhof nach Thüngen laufen mussten. Die beiden jungen Urlauber gingen später auf die Straße und sangen vor dem Fenster des Nachbarn Franz: „Franz, bleib da, du wäßt ja nit, wie’s Wetter wird. Franz, bleib da, du wäßt ja nicht, wie’s wird. Sei lieber dahöm racht fleißi und schnitz fest Basareisi“. Das Lied klang durch die sternenklare Nacht wie ein lautes Bittgebet. Es war ja der größte Wunsch aller, nach vier Jahren Krieg nicht mehr fort zu müssen, sondern friedlich seiner Arbeit nachzugehen.

Doch der Krieg ging unerbittlich weiter und forderte seine Opfer. Im Sommer 1944 fiel Hugo Gerhard durch einen Schuss in den Rücken in Russland. Sein Stiefvater Franz Staab war im Lazarett und wurde 1945 entlassen. Hans Lambrecht geriet 1945 in russische Gefangenschaft und kam erst 1948 nach Hause. Mein Bruder Oswald ist seit dem 6. Juni 1944 vermisst. Es war der Tag der Landung der Alliierten in der Normandie.

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Die ehemalige Neue Gasse ist heute die Urbanusstraße.

In den 1980er Jahren habe ich mit meinen Schwestern Mali Krebs und Hedwig Schneider den Ort gesucht, den der Suchdienst uns als den letzten Einsatz seiner Kompanie mitgeteilt hatte. In der guten Begegnung mit französischen Dorfbewohnern und Dank ihrer Schilderungen über den Militäreinsatz der deutschen Soldaten fanden wir den kleinen Ort, an dem mein Bruder Oswald als 20-Jähriger wahrscheinlich sein Leben lassen musste. Es war beim Ort Mathieu, zehn Kilometer westlich von Caen, der heutigen Partnerstadt Würzburgs.

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Das Lumpenmariela und ihre Himbeerleckerli Von Vinzenz Krebs und Adolf Amthor Adam Lambrecht, der Vater des Matthäus Lambrecht, war Bauer im Hof Nummer 30 in der Hauptstraße. Matthäus war dieser Hof zu klein. Deshalb richtete er im Kuhstall für seine Frau Anna Eva einen Krämerladen ein. Anna Eva, eine geborene Burkard und Wirtstochter, führte den Laden vortrefflich.

Sie war eine Tochter des Sternwirts Friedrich Burkard. Maria Lambrecht, das fünfte Kind von Matthäus und Anna Eva Lambrecht, wurde am 6. Januar 1873 geboren.

Sie blieb ledig und führte den Krämerladen ihrer Mutter als das allseits beliebte „Lumpenmariela“. Sie hatte als Zuerwerb auch alte Kleider und Lumpen gesammelt. Es wurde damals alles gesammelt, was noch verwertbar war. Wegen dieser Tätigkeit wurde sie das Lumpenmariela genannt. Das Haus mit Krämerladen der „Lumpenmariele“ war zwischen den zwei größeren Sie hatte auch verschiedene Stoffe für die Häusern mit einer Steinbank davor. Wer in den Werktagskleidung der Stettener im Angebot. Laden wollte, musste durch die Tortüre in den Für uns Kinder waren aber ihre Fosenochts- hinteren Teil, also in den Hof gehen.

Foto: Vinzenz Krebs rollen, Masken und Pülverli viel wichtiger.

Beim Einkauf bekamen wir Himbeerleckerli, weshalb wir besonders gerne zu der Frau gingen, die immer recht freundlich zu uns Kindern war. Während ihr lediger Bruder Friedrich, der nur Lumpenfritzle genannt wurde, uns Buben schon mal kräftig schimpfte.

Friedrich Lambrecht saß nämlich oft auf der Steinbank vorm Haus und schnupfte, wobei er ziemlich laute Nieser losließ, die in der ganzen Hauptstraße zu hören waren. Wir Buben machten dann in sicherer Entfernung von ihm die lauten Nieser in vielstimmigem Chor nach. Das hat ihn saumäßig geärgert. Mit einem großen Reisigbesen vertrieb er die freche Bande, während er fürchterlich schimpfte und seine Schnurre sich spreizte. Natürlich konnten wir uns eine Zeit lang nicht vor dem Laden sehen lassen, sonst hätte es saftige Ohrfeigen gegeben. In jungen Jahren ging Fritz nach Frankfurt und wurde dort Pferdekutscher. Im Rentenalter war er wieder Stetten 251

in Stetten und half seiner Schwester beim Lumpensammeln.

Er starb im gesegneten Alter von 80 Jahren.

Seine Schwester Maria wurde 81 Jahre alt.

Bis in die 50er Jahre war der damalige Krämerladen, wie wir heute sagen würden, ein Tante-Emma-Laden, nicht nur der Ort, wo man sich mit Lebensmitteln und Kurzwaren wie Hosengummi, Nähfaden und Nadeln, Sockenwolle, Zwickerli und vieles mehr, versorgte. Es gab für die Kinder auch Ausschneidbildli. Hier erfuhr man auch, wie es dem kranken Opa aus der Nachbarschaft ging. Hier wurde nicht nur eingekauft, da wurde auch mit den Kunden über alles gesprochen, denn jeder kannte jeden. Die Leute hatten mehr Zeit. Die Waren wurden auf der Theke zusammengestellt. Man ließ häufig anschreiben und bezahlte erst, wenn Die beiden Geschwister Friedrich „Fritz“ und eine bestimmte Summe zusammengekomMariele Lambrecht Foto: Kilian Krebs men war.

Von den Waren sind viele Markennamen noch heute bekannt. „Sil“ „Persil“ und „IMI“ haben ebenso wie „Dr. Oetker“ und „Maggi“ eine lange Tradition. Außerdem wurden Mausefallen und Fliegenfänger, Schnupftabak und Kräutertees, Peitschenstiele, Safran, Stiefelwichse, Kommunionkerzen, Taschentücher, Totenhemden und vieles andere angeboten. Die meisten Produkte wurden „lose“ verkauft, waren also nicht abgepackt. Wollte man Öl kaufen, musste man eine Flasche mitbringen und bekam die gewünschte Menge direkt aus dem Salat- und Speiseölbehälter abgezapft.

Heringe, Gewürzgurken und Sauerkraut gab es aus Fässern oder Steingutbehältern.

Der Seiler kam mit dem Motorrad aus Karlstadt. Er brachte Hinter- und Vorderseile für den Heubaum, Stränge zum Pferdeeinschirren, Pferde- und Wäscheleinen.

Im Laden ging auch die Treppe hinauf zum Boden. Das Geländer hatte von Hand gedrehte Sprossen. Neben der Schlafkammer war das Warenlager. Dort standen Säcke mit Zucker und Salz. Außerdem gab es Sensen und Sicheln mit einem Wetzstein zum Schärfen dazu, Harken und Schaufeln, Besen und Bürsten, Schüsseln, Töpfe und Pfannen, Kaffeekannen, Tassen, Teller und Becher, alles konnte man dort finden.

In der kleinen Wohnstube von etwa zwölf Quadratmetern standen noch ein kleiner Geldschrank, ein Sofa, ein ovaler Tisch, zwei Stühle und ein Kachelofen.

252 Stetten

Ein Krämerladen, auch Tante-Emma-Laden genannt, bot auf engstem Raum alles, was die Bewohner eines Dorfes benötigten.

Es „ Mariele“ war eine freundliche Frau. Sie hatte keine Nachkommen und gab ihren Tante-Emma-Laden an ihre Nachbarin Anna Keller, geborene Sauer, ab.

Anna Keller wohnte mit ihrem Mann Hermann und ihren Kindern im Haus und sorgte für Maria, als sie pflegebedürftig war. Am 23. September 1954 starb Maria Lambrecht. Anna Keller führte das Geschäft bis etwa 1962 weiter. Anna und Hermann Keller bauten dann in der Pointstraße ein Wohnhaus mit einem geräumigen Laden mit größerem Angebot im Erdgeschoss. Anna führte dort ihr Geschäft bis etwa 1970. Die Zeiten änderten sich. Die Menschen kauften lieber im Supermarkt ein. Anna Keller musste ihren Laden schließen.

Quelle: Pfarreichronik der Pfarrgemeinde Stetten und mündliche Aussagen von Rosa Schwager und Kilian Krebs

Stetten 253

Stetten im Jahre 2010 Von Günter Roth Januar 01.01. Die Pfarrgemeinde lädt zum Neujahrsempfang ins Pfarrheim ein.

02. und 03.01. Beim 31. Volkswandertag kommen viele Hundert Wanderer nach Stetten. Die neue Weinprinzessin Melanie Winkler begrüßt als eine ihrer ersten offiziellen Amtshandlungen die Gäste und ehrt die teilnehmerstärksten Wandergruppen.

26.01. Bei der Jahresversammlung des Gesangsvereins „Edelweiß“ gibt Dirigent Edgar Burkard bekannt, dass er nach seinem 60. Geburtstag im Sommer von seinem Amt als Chorleiter zurücktreten wird.

23.01. und 06.02. Wegen der sehr kurzen Faschingskampagne finden die Prunksitzungen des Carneval-Clubs Stetten früh statt.

29.01. Die Spielvereinigung trifft sich zu ihrer 65. Jahresversammlung.

Februar 28.02. Die Mannschaften der Stettener Schachler der Spielvereinigung erringen zahlreiche Meisterschaften in den verschiedenen Klassen. Die erste Mannschaft spielt erfolgreich in der Unterfrankenliga.

März 01.03. Die Erzieherinnen im Stettener Kindergarten führen für die Kinder und Eltern ein Puppenspiel auf. Der Erlös von 550 Euro kommt dem Kinderhilfswerk UNICEF nach dem Erdbeben in Haiti zugute.

07.03. Nach den Wahlen zum Pfarrgemeinderat wird Klaus Riedmann zum Vorsitzenden gewählt.

20.03. Jungweinprobe im Winzerkeller 27.03. Der Winzerverein „St. Urban“ feiert mit einem stilvollen Ehrenabend seinen 25. Geburtstag.

April 21.04. Florian Burkard wird zum Ortssprecher von Stetten gewählt. Nach dem Wegzug der bisherigen Stadträtin Silvia Gaul wird die Wahl notwendig.

25.04. Stetten ist Ausgangspunkt der diesjährigen „Radl-Spaß-Aktion“ des Landkreises.

Mai 21. bis 25.05. Das Stetten-Turnier findet in Stetten/Rhön statt.

22.05 Spitzenplätze erreichen die jungen Schachspieler der Spielvereinigung Stetten 254 Stetten

bei den Deutschen Jugendeinzelmeisterschaften in den Pfingstferien im thüringischen Oberhof. Franziska Mehling erringt in der Mädchenklasse den dritten Rang und Alexander Wurm den sechsten Platz. Die Spielvereinigung Stetten ist mit 15 Personen vertreten.

30.05. Die Weinlagenwanderung ist zum festen Bestandteil des Jahreskalenders geworden.

Juli 17. bis 19.07. Zum Weinfest stellen wieder Stettener Künstler im Pfarrheim aus.

Erstmals zeigt Edwin Heßdörfer, der „Hüter der Schätze“ einiges aus seiner Schatzkammer: alte Nähmaschinen und Fossilien aus der Stettener Flur.

24. und 25.07. Die Firma Gerald Schneider weiht ihre neuen Betriebsräume in der Bergstraße mit einem Fest und einer Hausmesse ein.

August 14. und 15.08. Die Freiwillige Feuerwehr feiert ihr 135-jähriges Bestehen und den 50. Jahrestag der Fahnenweihe.

Oktober 02./03.10. Schoppentage im Winzerkeller November 02.11. Der absolute Wanderkönig in Stetten ist Edgar Amthor: Auf 2.750 Wandertagen war er schon und hat dabei eine Gesamtstrecke zurückgelegt, die ihn rund um den Erdball geführt hätte. Die Wanderabteilung der Spielvereinigung ehrt ihn dafür.

13.11. Der CCS inthronisiert sein Prinzenpaar für die Kampagne 2010/11: Jeffrey I. und Birgit II. regieren das Narrenvolk.

20.11. Zu ihrem 45-jährigen Bestehen lädt die Schachabteilung der Spielvereinigung Stetten zu einem Ehrenabend mit Weinprobe ein.

Dezember 03.12. Die Theatergruppe führt das Stück „Was ist los, Herr Doktor?“ in der Mehrzweckhalle auf.

05.12. Nach 21 Jahren als Chorleiter des gemischten Chors im Stettener Gesangverein Edelweiß gibt Edgar Burkard endgültig den Dirigentenstab an seine Nachfolgerin Clementina Culzoni ab und wird zum Ehrenchorleiter ernannt.

Stetten 255

Jiddische Wörter im Wiesenfelder Dialekt Von Björn Kohlhepp Jahrhundertelang wohnten Juden in Wiesenfeld. Sie sprachen ein ganz besonderes Deutsch: Jiddisch, genauer Westjiddisch. Jiddisch ist ein unter Juden ungefähr zwischen 800 und 1000 n. Chr. im Rheinland – etwa zwischen Köln und Straßburg – entstandener deutscher Dialekt, der auch Wörter aus dem Hebräischen, der Sprache der jüdischen Religion und Kultur, enthält. Da das Hebräische den Juden geläufig war, haben sie viele hebräische Wörter auch in ihrer Alltagssprache verwendet. Schätzungen über den Anteil der hebräischen Wörter im Jiddischen schwanken zwischen fünf und 40 Prozent, wobei fünf Prozent wohl näher an der Wahrheit ist. Das in Osteuropa gesprochene Ostjiddisch enthält zudem eine große Anzahl slawischer Wörter.

Da über unzählige Generationen Juden unter uns gelebt haben, ist es nicht verwunderlich, dass sich ein Teil ihrer Sprache im Dialekt bewahrt hat. Aber natürlich nicht nur im Dialekt. Auch das Hochdeutsche ist voll von Wörtern aus dem Jiddischen.

Beispiele dafür sind: betucht, Ganove, Gauner, Kaff, Kies (Geld), Kluft, Knast, Macke, malochen, mies, mogeln, Moos (Geld), Pleite, Ramsch, Reibach, schachern, Schlamassel, schnorren, schmusen, schummeln, Stuss, verkohlen oder Zoff. Da diese Wörter auch ins Hochdeutsche Eingang gefunden haben, sollen sie hier nicht weiter behandelt werden. Interessanter fürs Wiesenfelderische sind die Wörter, die es im Hochdeutschen nicht gibt, oder die vielleicht im Duden stehen, aber dort eine andere Bedeutung haben.

Die Tatsache, dass Jiddisch auf der Basis deutscher Dialekte entstand, macht es schwierig, den tatsächlichen Einfluss des Jiddischen auf den Wiesenfelder oder irgendeinen anderen Dialekt zu bestimmen. Ein Wort wie borwes für barfuß beispielsweise oder Arwes für Erbsen kommt sowohl im Jiddischen als auch im Wiesenfelderischen vor. Hat hier nun eine Beeinflussung von irgendeiner Seite stattgefunden oder kommen die Wörter einfach in beiden Dialekten vor? Solche Fälle müsste ein Sprachwissenschaftler untersuchen, der sich mit Sprachgeschichte sowie Besonderheiten in den beiden und angrenzenden Dialekten auskennt. Einfacher ist es mit jiddischen Wörtern, deren Ursprung im Hebräischen liegen. Diese lassen sich vergleichsweise leicht als solche identifizieren. Bei manchen Wörtern hebräischen Ursprungs ist es allerdings nicht oder schwer nachzuvollziehen, ob sie nun direkt aus dem Jiddischen ins Wiesenfelderische kamen oder über den Umweg beispielsweise des Rotwelschen, der sogenannten Gaunersprache.

256 Wiesenfeld

Viele Wörter aus dem Jiddischen finden sich natürlich im Bereich Handel und Viehzucht. Juden waren nun einmal häufig im Handel, besonders im Viehhandel tätig.

Meist blieb ihnen aufgrund gewisser Verbote der deutschen, christlichen Obrigkeiten nichts anderes übrig. Das Jiddische fungierte dabei auch als eine Art geheimer Geschäftssprache. Findige christliche Viehhändler beherrschten diese Geschäftssprache natürlich, und manche Wörter gingen eben auch ins Wiesenfelderische ein. Auffällig ist auch, dass viele jiddische Lehnwörter eine negative Bedeutung oder zumindest einen negativen Beiklang haben.

In dem Maße, wie der Wiesenfelder Dialekt nicht mehr an die nächste Generation weitergegeben wird, gehen leider auch die jiddischen Spuren in Wiesenfeld immer mehr verloren. Aber auch so sind allein durch den zeitlichen Abstand zu den letzten Jiddischsprechern in Wiesenfeld sicher schon viele Wörter verloren gegangen, die man vielleicht vor ein paar Jahrzehnten noch verstanden und gebraucht hat, wie auch viele der im Folgenden aufgeführten Wörter heute nur noch von wenigen verstanden, geschweige denn aktiv gebraucht werden.

Manche Wörter sind mir, da sie noch gebraucht werden, geläufig oder mehr oder weniger zugefallen, andere durch Erzählungen darüber, welche Wörter die Juden verwendeten. Eine andere Methode war, als jiddisch identifizierbare Wörter aus angrenzenden Dialekten oder gleich schon vorhandene Aufstellungen von Lehnwörtern aus dem Jiddischen in verschiedenen Dialekten auf deren Vorkommen im Wiesenfelderischen hin zu überprüfen.

Die Schreibweise der Wörter folgt so weit wie möglich der Aussprache im Dialekt und nicht hochdeutschen Konventionen. Die Abkürzung wj. steht für Westjiddisch.

Mutmaßlich nur von Juden verwendete, aber verstandene Wörter sind als solche gekennzeichnet.

Die jiddischen Lehnwörter im Wiesenfelderischen: achl (neiachl): kräftig essen, schlingen; aus wj. achel(e)n „essen“; hebräisch achal „essen, fressen“ baddisch: trächtig, schwanger; aus wj. pattersch/pattesch „schwanger“; hebräisch patar „entweichen, befreien“ Bajes: altes, heruntergekommenes Haus; aus wj. bajes „Haus“; hebräisch bayit „Haus, Dynastie“ Behejme: alte Kuh; aus wj. behejme „Vieh, Kuh“; hebräisch behema „Vieh, einfältiger Mensch“ blejde giä: weggehen, durchgehen; aus wj. pleite/plejte „bankrott, fort; Bankrott”; hebräisch pleta „Entrinnen, Rettung; Entronnener“ Bore: alte Kuh; aus wj. poro/pore „Kuh“; hebräisch para „Kuh“ Dallesurm: jüdischer Name für Adelsberg (nur von Juden verwendet); vielleicht aus wj. dalles „Armut, Elend“; hebräisch dal „arm“ Wiesenfeld 257

diewer: heimlich tun, flüstern, immerzu reden; aus wj. dibbern/dabbern „sprechen“; hebräisch dibber „sprechen, verheißen, befehlen“ Doud: Taufpate; evtl. aus hebräisch dod „geliebter Mensch, Oheim, Onkel“ dräifer: unrein, Gegenteil von kouscher; aus wj. trefe „unrein, nicht rituell geschlachtet“; hebräisch trephah „unrein, nicht rituell geschlachtet“ Ejgele: Kalb; aus wj. ejgel „Kalb“; hebräisch egel „Jungrind, Jungtier“ Gediewer: heimlich reden (s. diewer) Gemouschl: Betrug, Gepansche; Durcheinander; aus wj. mauscheln „jüdischdeutsch reden, schwer verständlich reden, reden wie ein Jude“; entweder von hebräisch masal „Gleichnis/Spottverse sagen“ oder vom jiddischen Namen Mausche (Mose; reden wie Mausche); in der Bedeutung „Durcheinander“ vielleicht von wj. mauschew/meschowes „Dreck, schlechte Ware, Durcheinander“ (s. Mousche) Geschd: Lump, nicht vertrauenswürdiger Mensch, geringe, arme Leute, Taugenichts, frühreifes Mädchen, gewitzter Bursche; über das Jiddische vom deutschen Gast Giedele: unscheinbares Mädchen, auch einfältiges, eingebildetes Mädchen; wohl vom jüdischen Mädchennamen Gidel Gojems: Christen, Nichtjuden (nur von Juden verwendet); aus wj. goi (Mehrzahl gojim) „Christen, Nichtjuden“; hebräisch goy „Volk, Nation; Heiden; Leute“ Großmoukum: Frankfurt (nur von Juden verwendet); aus wj. mokaum/moukem „Ort, Stadt“; hebräisch makom „Platz, Ort“ Gschmuos: Unsinn, Geschwätz; aus wj. schmus/schmues „Unsinn, Gerüchte“; hebräisch schmua „Gerüchte, Botschaft, Nachricht“ Hagglebaasch: Siebensachen, ganzes Zeug; aus Rotwelsch Hackelpackel, jiddisch hakol bakol „alles miteinander“; hebräisch hakkol labajit „alles/das Ganze, das zum Haus gehört“; „baasch“ eventuell beeinflusst vom französischen bagage (Gepäck) Hubbe: liederliches Weibsbild; vielleicht aus hebräisch hupa „Decke, Baldachin, Brautgemach“, davon deutsch Haube „unter die Haube kommen, Heiratszeremonie, Baldachin für Brautpaar“ Hurg/Horg: Mensch oder Tier, der/das klein bleibt, nichts wird, nicht gedeiht; aus wj. harugej „die Erschlagenen“; hebräisch hereg „das Töten“ Ische: Frau; aus wj. ische „Frau“; hebräisch ischa „Ehefrau“ jougr: teuer; aus wj. joker „teuer“; hebräisch yaqar „kostbar“ nid ganz jougr: nicht ganz sauber/echt (s. jougr) Jüdemalouche: Sprücheklopferei; aus wj. maloche „Arbeit“; hebräisch melaka „Arbeit, Sache“ Jüdemenggenggeles (s. Menggenggeles) kabores: kaputt, müde; aus wj. kapores „kaputt, erledigt“; hebräisch kapporet „Sühneleistung“ Kafruse: Bande, unliebsame Gesellschaft; aus wj. chawruse „Gemeinschaft, Genossenschaft“ Kalef: Messer (nur von Juden verwendet); aus wj. chalef „Messer“; hebräisch chalaf „schneiden“ 258 Wiesenfeld

Karoude: Angst, Respekt; aus hebräisch charada „Beben, Angst“ Katzef: Metzger (nur von Juden verwendet); aus wj. kazef „Fleischer“; hebräisch katsaw „Fleischhauer“ Kejlef: schwarzer Hund, unverschämter Mensch; aus wj. kejlew „Hund, gemeine Person“; hebräisch kelew „Hund“ Kolmes: unflätiger, barbarischer Mensch; vielleicht aus hebr. klimmut „Schimpf“ oder wj. cholom (Mehrzahl chalomes) „Traum“; hebräisch chalom „Traum“ Koufes: Schulden; aus wj. chauwaus „Pflichten“; hebräisch chow „Schuld“ Kuachm/Koachm: gescheiter, pfiffiger Mensch, neunmalkluger Mensch; aus wj. chochem „weiser, kluger Mensch (auch in Bezug auf jüdisches Wissen)“; hebräisch chacham „weise; Weiser, Gelehrter“ machulle maoch: bankrott machen, Pleite gehen; aus wj. mechulle „bankrott“; hebräisch mechulle „vollendet werden“ Malouche, alde: etwas Altes, Heruntergekommenes (s. Jüdemalouche) Masemadde: Handel, Geschäfte; aus wj. massematten „Handel, Geschäfte“; hebräisch massa umattan „Handel“ Massig: Gauner; widerspenstiges Pferd; aus wj. massik „Schädling, gefährlicher Mensch, schlagendes Pferd“; jüdisch-aramäisch mazziqa „böser Geist“ Menggenggeles: Unsinn, Dummheit; aus Rotwelsch Menkenke „leere Einwände“; hebräisch mehannek „einweihend (Partizip Präsens von einweihen)“ Meschores: Knecht, Helfer, Diener; aus wj. meschores „Diener, Untergebener“; hebräisch mescharet „Diener“ mischoufel: schäbig, lumpig; aus wj. schofel „gemein, niedrig, schlecht“; hebräisch schafel „niedrig, gering sein“; mischoufel eigentlich mittelschofel?

Mores: Angst, Respekt; aus wj. more „Furcht“; hebr. mora „(Ehr-)Furcht“; nicht zu verwechseln mit Mores lehren „Anstand, Benehmen beibringen“ (von lateinisch mos, Mehrzahl mores „Sitte, Anstand, Moral“) Mousche: Durcheinander, Dreck, schlechte Ware; aus wj. mauschew/meschowes „Dreck, schlechte Ware, Durcheinander“; hebräisch moschaw „(Wohn-)Sitz“ Mouschele: ungepflegte Person (s. Gemouschel) Naffga: schlechte, liederliche Frau; aus wj. nafke „Prostituierte“; jüdisch-aramäisch nafaqetta „Prostituierte“ näwl blädr: nobel gestelzt daherreden; evtl. aus wj. nebel/newel „Narr, Tor“; hebräisch nabal „Narr“; blädr = plaudern? nu: beliebtes jiddisches Füllwort (nur von Juden verwendet); eventuell vom deutschen nun schasger: trinken (nur von Juden verwendet); aus wj. schasgenen „trinken“; hebräisch schata „trinken“ schiäwes giä: misslingen, den Bach runter gehen, bankrott gehen; aus wj. schiwe sitzen (siebentägiger jüdischer Trauerbrauch); hebräisch schibah „sieben“ Schigger/schigger: Rausch; betrunken; aus wj. schicker „betrunken, Trinker“; hebräisch schikkor „Betrunkener, Trunkenbold“ Schiggs: aufgetakelte oder schöne Frau; aus wj. schickse „Christenmädchen, DienstWiesenfeld 259

mädchen“; hebräisch scheqetz „Abscheuliches“ Schduss: Schweigen; dummes Zeug; aus wj. schtuss „Torheit, Unsinn“; hebräisch schtut „Torheit, Wahnsinn, Sinnlosigkeit“ Schdussboug/Schdusser: einer, der nichts redet (s. Schduss) Schliach: schlauer, gewitzter Mensch; Faulenzer, Taugenichts, Tolpatsch; aus wj. schliach „Knecht, Viehtreiber, Bote“; hebräisch schaliach „Bevollmächtiger“ Schlimihl: Gewitzter, mit allen Wassern Gewaschener; aus wj. schlemiel „Pechvogel, ungeschickte Person“; hebräisch schälomoil „der nichts taugt“ Schmenggenggeles (wie Menggengeles) Schmu: Gaunerei (siehe Gschmuos) Schmuoser: Vermittler, Unterhändler (s. Gschmuos); aus wj. schmuser „einer, der viel redet“ Schoudl/Schoud: Dummschwätzer; Hanswurst; nervöse Person, die planlos arbeitet; aus wj. schaute/schote „Narr“; hebräisch schote „Tor“ Schugg: Mark (gimmel/hej/meo Schugg – drei/fünf/hundert Mark; nur von Juden verwendet); aus wj. schuck „Mark“; hebräisch schuq „Straße, Gasse, Marktplatz“ Schoawes: Sabbat, Samstag, Feierabend; aus wj. schabbes „Sabbat, Ruhetag, Samstag“; hebräisch schabbat „Sabbat, Woche“ Schöbbedejgel: moderner Hut; Hut, der krumm (schäbs/schöbb) sitzt; wohl Umdeutung von Schabbesdeckel (Sabbat-/Sonntagshut; s. Schoawes) Sechgiedel (s. Giedele) verkimmel: verkaufen; aus rotwelsch verkimmern „verkaufen“ (unter dem Einfluss von deutsch Kümmel); evtl. aus wj. verkinjen „verkaufen“ vermouschld: zerzaust, unordentlich (s. Gemouschl) Zurres/Zorres: Suff, Rausch; Ärger (maoch mr kenn Zorres – mach mir keinen Ärger; Zorres hao – Ärger haben); aus wj. zores „Sorgen“; hebräisch scharot (Mehrzahl) „Not“ Mein Dank gilt Robert Rauch, der sich viel Zeit nahm und als Gewährsmann für viele der jiddischen Lehnwörter zur Verfügung stand, genauso wie Herbert Wolf und seine Frau Elisabeth, weiterhin Heinrich Kohlhepp, Karl-Heinz und Brigitte Kohlhepp und Agnes Schaub.

Quellen: Althaus, Hans Peter: Jüdisch-hessische Sprachbeziehungen. In: Zeitschrift für Mundartforschung, 30. Jg., S. 104-156.

Khateeb, Ganim: Geschichte der Juden in Franken. Die jiddischen Lehnwörter im Ostfränkischen Dialekt. Erlangen 1988 (Universitätsschrift).

Klepsch, Alfred: Aussterben und Fortleben des Jiddischen in Franken. Erlangen 2007 (Vortrag).

Klepsch, Alfred: Westjiddisches Wörterbuch. Erlangen 2002.

Post, Rudolf: Jüdisches Sprachgut in den pfälzischen und südhessischen Mundarten. In: Kuby, Alfred (Hg.): Pfälzisches Judentum gestern und heute. Beiträge zur Regionalgeschichte des 19. und 20.

Jahrhunderts. Neustadt/Weinstraße 1992, S. 177–258.

Stern, Heidi: Wörterbuch zum jiddischen Lehnwortschatz in den deutschen Dialekten. Tübingen 2000.

260 Wiesenfeld

Als die erste Filzkugel durch die Luft flog Von Werner Johannes Angefangen hat alles, wie es sich so häufig im Leben zuträgt, rein zufällig. Auf Urlaubsreisen in die Tschechoslowakei und nach Jugoslawien kamen Konrad Eirich, Wolfgang Ott, Wolfgang Pröstler, Peter Rauch, um nur einige zu nennen, erstmals mit dem Tennisspiel in Berührung. Dieses Erlebnis hinterließ bei ihnen einen so positiven, tiefen und nachhaltigen Eindruck, dass der Entschluss aufkeimte, auch daheim in Wiesenfeld Tennis zu spielen. Und so nahm die Erfolgsgeschichte „Tennis“ vor 35 Jahren auf der mainfränkischen Platte ihren unaufhaltsamen Lauf.

Anfang 1975 reifte der Gedanke, einen Tennisclub zu gründen und als sich immer mehr sportbegeisterte Frauen und Männer für den „Weißen Sport“ interessierten, riefen im Juli in der Gaststätte „Schaub“ Peter Rauch, Konrad Eirich, Hermann Keller, Wolfgang Ott, Toni Kohlhepp, Bruno Knoblauch, Christl Plawky, Inge Scheblein, Christa Marschall, Gunter Scherkl und Gabi Klein einen Tennisverein ins Leben.

Diese Gründungsversammlung wählte ein Dreiergremium mit den Vorsitzenden Peter Rauch, Konrad Eirich, Stellvertreter, und Hermann Keller, zweiter Stellvertreter. Der erste Schritt war getan. Jetzt stand die Umsetzung in die Praxis bevor. Als Spielfeld bot sich der Allwetterplatz neben der Schulturnhalle an. Der Vorstand wandte sich an die damals noch selbstständige Gemeinde und bat Bürgermeister Eugen Werthmann um die Nutzung dieser Sportanlage. Am 29. Oktober 1975 genehmigte der Gemeinderat dem TC die Nutzung des Allwetterplatzes und der Schulturnhalle. Pfosten und Netz wurden angeschafft, die Markierung des Tennisfeldes wurde aufgezeichnet, und im Dezember waren die Arbeiten abgeschlossen. Der Spielbetrieb wurde aufgenommen.

Am Ende des Gründungsjahres waren im Deutschen Tennis Bund (DTB) etwa eine Million Mitglieder registriert, von ihnen kamen jetzt auch 15 aus Wiesenfeld. Heute ist der DTB der mitgliederstärkste Tennisverband der Welt mit 1.569.641 Mitgliedern. 9730 Tennisvereinen im ganzen Bundesgebiet stehen 43.918 Tennisplätze zur Verfügung. Der unterfränkische Tennisbezirk mit seinen rund 230 Vereinen hat etwa 31.000 Mitglieder. Der Tennisclub Wiesenfeld ist hierbei mit vier Frei- und zwei Hallenplätzen und mit etwa 170 Mitgliedern, davon 50 Jugendlichen, vertreten. Ob sich die Gründungsmitglieder damals in ihren kühnsten Träumen diesen Verlauf vorstellten?

1976 nahm der Spielbetrieb auf dem Hartplatz neben der Schule richtig Fahrt auf.

Die Mitgliederzahl wuchs auf 21. Die Generalversammlung beschloss eine Geschäftsordnung und entwarf eine Vereinssatzung. 50 DM Aufnahmegebühr und ein jährlicher Mitgliedsbeitrag von 24 DM wurden festgelegt. Wegen der ständigen Wiesenfeld 261

steigenden Nachfrage entwickelte sich im darauf folgenden Jahr aus der einstmals kleinen Interessengemeinschaft ein rechtsfähiger Verein. Eine Satzung wurde erarbeitet, beschlossen und dem Bayerischen Landes-Sportverband zur Genehmigung vorgelegt. Zeitgleich erfolgte die Aufnahme in den Bayerischen Tennisverband und der Eintrag in das Vereinsregister beim Amtsgericht Gemünden. Der erste Tennisverein auf der mainfränkischen Platte war formaljuristisch existent.

Die Sieger der ersten Clubmeisterschaft des TC Wiesenfeld im Jahre 1977. Günter Scholz (von links) von der Kreissparkasse überreichte den Wanderpokal an den Sieger des Turniers Hermann Keller. Auf dem zweiten Platz folgte Reinhold Ebert und auf dem dritten Peter Rauch. Rechts: Sportwart Bruno Knoblauch

Es gab kein Halten mehr. Die rasante Entwicklung setzte sich unvermindert fort. Die Mitgliederzahl stieg zwischenzeitlich auf 50 Personen an. Der eine Allwetterplatz war hilflos überlastet. Zudem wollten die Mitglieder sich an offiziellen Punktespielen des Tennisverbandes beteiligen. Das wiederum setzte das Vorhandensein von Sandplätzen voraus. Der Bau einer Tennisanlage war die logische Konsequenz.

Ein Bauausschuss wurde gebildet, die Suche nach einem geeigneten Sportgelände begann. Mehrere Örtlichkeiten nahm man in Augenschein, prüfte und verwarf. Die Gemeinde bot das Grundstück „Am Berg“ (ehemaliger Sportplatz) an. Jedoch das Schicksal meinte es ein weiteres Mal gut mit dem TC. Eine Anfrage über die Pfarrbeziehungsweise Kirchenverwaltung an das Bischöfliche Ordinariat bescherte dem Verein das Grundstück im „Oberen Tal“, das heutige Vereinsgelände Mühlweg 9, in Erbbaugrundbesitz. Mit der Umsetzung des Vorhabens Bau einer Tennisanlage konnte begonnen werden.

Vereinsmeisterschaft 1978 mit erstmaliger Damenbeteiligung. Nach langem und verbissenem Kampf wurde die Clubmeisterschaft entschieden. Stadträtin Paula Werthmann überreichte der glücklichen Siegerin Maria Rauch den Pokal. Dahinter der Zweite bei den Herren, Toni Kohlhepp. Dritter wurde Reinhold Ebert, Dritte Elfriede Ebert. Sieger im Herreneinzel wurde Hermann Keller, Zweite bei den Damen Gabi Keller. Rechts: Vorsitzender Peter Rauch 262 Wiesenfeld

Das dritte Jahr nach der Vereinsgründung stand deshalb ganz im Zeichen des Anlagebaus. Es mussten Kostenvoranschläge von Sportstättenbaufirmen eingeholt, der Plan für die Tennisanlage angefertigt, diverse Anträge bei Behörden und Verbänden (Regierung von Unterfranken, Landratsamt, Gemeinde Wiesenfeld beziehungsweise Stadt Karlstadt, Landessportverband, Tennisverband, Wasserwirtschaftsamt) auf den Weg gebracht und ein Finanzierungsplan aufgestellt werden. Die sportlichen Aktivitäten auf dem Allwetterplatz reduzierten sich nahezu auf die Vereinsmeisterschaft mit erstmaliger Damenbeteiligung. Am Jahresende 1978 verzeichnete der Verein 68 Mitglieder.

Tennis ist der Weiße Sport. Wie zu allen Zeiten war auch in Wiesenfeld die Tenniskleidung weiß. Warum weiß, ist nur zu vermuten. Viele der vor Jahrhunderten gebauten Ballhäuser waren innen schwarz gestrichen. Aus Kontrastgründen und weil Weiß aufs Auge wohltuend wirkt, trugen die Spieler weiße Kleidung und schlugen weiße Bälle. Erst vor einigen Jahren hielt farbige Tenniskleidung weltweit –mit Ausnahme von Wimbledon – Einzug auf der Bühne des Tennissports. Ähnlich zäh verlief es bei der Entwicklung der Kleiderordnung. Bei den Damen wurden die Röcke kürzer und kürzer. So gab es zuerst lange Kleider. Dann kamen die Fußknöchel zum Vorschein.

Es folgten Blusen und überlange Röcke, kürzere Röcke, Hosenröcke und schließlich kurze Minikleider und -röcke oder Hot Pants. Bei den Herren gab es nur fünf Stufen: lange Hosen, kürzere, superkurze, hautenge und nun wieder längere Beinkleider.

Am 6. Mai 1979 war es dann endlich soweit. Ein lang gehegter Wunschtraum ging für die Gründungsmitglieder in Erfüllung. Die beiden ersten Sandplätze waren bespielbar.

Der Spielbetrieb konnte am 19. Mai aufgenommen werden. Eine kleine Anekdote am Rande: Weil das erste Pflichtrundenspiel am 1. Mai angesetzt, die Anlage aber erst am 6. Mai bespielbar war, musste das erste Heimspiel auswärts in Mainaschaff ausgetragen werden. Mit einem 7:2 Erfolg startete der TC Wiesenfeld in seine sportliche Laufbahn.

Nachdem nun für Frauen und Männer die Möglichkeit des Tennisspiels gegeben war, widmete sich der Verein verstärkt der Jugendarbeit. Eine Jugendabteilung wurde gegründet und ein Jugendwart im Vorstand installiert.

Obwohl die beiden Plätze erst mit einem Kostenvolumen von 85.000 DM erstellt waren, waren weitere Begehrlichkeiten geweckt. Ein Vereinsheim mit Aufenthaltsraum, Umkleide, WC und Duschen sollte errichtet werden. Dies war auch zwingend erforderlich, weil sich die Spieler und Spielerinnen in der kleinen Schulturnhalle umziehen und duschen mussten. Zum 31. Dezember 1979 war der Mitgliederstand auf 102 Personen angewachsen.

1980 wurde der Rohbau des Vereinsheimes errichtet.

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Also ging der TC 1980 den Bau des Vereinsheimes mit einem geschätzten Kostenvolumen von 30.000 DM an.

Im November wurde bereits das Dach gedeckt. Außerdem wurden eine Tribüne und ein Wall um die Anlage errichtet. Erwähnenswert ist, dass mit 2000 Arbeitsstunden als Eigenleistung beim Die Anlage des TC Anfang der 1980er Jahre Platz- und Vereinsheimbau einige 10.000 DM eingespart wurden. Sportlich bewegte sich der TC in ruhigem Fahrwasser. So belegten die Herrenmannschaft in der C-Klasse und die Teilnehmer an der Main-Spessart-Meisterschaft Mittelplätze. Am Jahresende zählte der Club 112 Mitglieder.

Zu Beginn des Jahres 1981 gab es einen Wechsel im Vorstand. Aus beruflichen und persönlichen Gründen kandidierte der „Mann der ersten Stunde“, Peter Rauch, nicht mehr für den Vorsitz. Der Rechtsanwalt Günter Hiederer trat die Nachfolge an. Der nahm im Juli nach einjähriger Bauzeit die Übergabe des Clubheimes vor. Erstmals hatte der TC in diesem Jahr auch den Vorsitz im Vereinsring Wiesenfeld zu bekleiden.

So standen alle größeren Veranstaltungen unter der Leitung des Tennisclubs. Um eine bessere und gerechtere Verteilung der zu leisteten Arbeitsstunden vorzunehmen, musste den Mitgliedern die Ableistung von Arbeitsstunden, nämlich zehn für Männer und fünf für Frauen, vorgeschrieben werden. Ferner sind Clubausweise ausgegeben und deren Gebrauch eingeführt worden.

Der Ansturm auf die Tennisvereine hielt bundesweit unvermindert an. Auch der TC lag voll im Trend. Der ehemals elitäre „weiße Sport“ wandelte sich zum Breitensport.

Alle Gesellschaftsschichten und Altersklassen strömten ihm zu. Nur die Farbe und das Bunte in der Tennismode ließen noch eine Weile auf sich warten. Zum Jahresende 1982 hatte der TC 120 Mitglieder und damit sein satzungsmäßig festgelegtes Aufnahmekontingent ausgeschöpft, und die Interessenten standen noch immer Schlange.

Eine weitere Begehrlichkeit begann zu wachsen und allmählich Gestalt anzunehmen.

Bei der Jahresversammlung Anfang 1983 wurden nicht nur die seit 1978 bestehenden Mitgliedsbeiträge von 70 auf 100 DM für Einzelpersonen und von 110 auf 160 DM für Ehepaare angehoben worden, nein, es entstand auch der Plan, zwei weitere Plätze, eine Vergrößerung des Vereinsheimes und durch Zukauf eines Grundstückes das Zufahrtsproblem zur Anlage zu lösen. Gestählt durch die vielen erfolgten Baumaßnahmen ging der Verein erneut den mühevollen Weg durch Behörden, Verbände und 264 Wiesenfeld

Firmen guten Mutes an. Bereits im Juli hatte Karl-Heinz Ullrich, der auch für die Entstehung der ersten Plätze und des Clubhauses planerisch verantwortlich war, die Erweiterungspläne vorgelegt. Der Kostenaufwand der neuen Baumaßnahme war mit etwa 100.000 DM veranschlagt. Wieder wurde mit Zuschüssen und Eigenleistungen der Kostenaufwand gemindert – um 30.000 DM. Sportlich ging es ebenfalls unaufhaltsam voran. So nahmen erstmals eine Jugend-, Damen- und eine zweite Herrenmannschaft am Spielbetrieb des Tennisverbandes teilnehmen. Französische Austauschschüler reisten auf Vermittlung der Eurosprachschule für drei Wochen nach Karlstadt und erhielten täglich drei Stunden Tennisunterricht auf der Anlage in Wiesenfeld.

1984 begann der Erdaushub für zwei weitere Tennisplätze. Die Baumaßnahme musste jedoch wegen Widersprüchen von Grundstücksnachbarn gestoppt und konnte erst 1985 weitergeführt werden.

Deutschland stand vor dem Boris-Becker-Boom. Tennis erlebte in den 1980er und 1990er Jahren nach den Erfolgen der Deutschen Boris Becker, Michael Stich und Steffi Graf einen unglaublichen Auftrieb. Das war eine Entwicklung, die man bereits über mehrere Jahre verfolgen konnte: Tennisbegeisterung überall, Tennisplätze schossen wie Pilze aus dem Boden, neue Vereine wurden gegründet und Tennisabteilungen in bestehenden Vereinen installiert. Rückblickend muss man erkennen, dass dieser Boom zwischenzeitlich nachgelassen hat, was auch mit den weniger großen sportlichen Erfolgen deutscher Spieler auf internationalen Tennisturnieren zu tun hat.

Aber halten wir noch etwas in dieser Zeit inne. Der 7. Juli 1985 war wohl der wichtigste Tag in der Geschichte des deutschen Tennis. Boris Becker landete mit 17 Jahren als erster ungesetzter Deutscher und jüngster Spieler aller Zeiten seinen ersten Sieg in Wimbledon gegen Kevin Curren. 1988 war der erste Sieg der Daviscup-Mannschaft gegen Schweden. Am 9. Juli1989 hatte die deutsche Tennisgeschichte ihren Höhepunkt erreicht. An diesem Tag gewannen sowohl Boris Becker gegen Stefan Edberg als auch Steffi Graf gegen Martina Navratilova ihre Einzelfinale in Wimbledon. Zwei Jahre später war es an gleicher Stelle wieder so weit. Michael Stich siegte im deutschdeutschen Finale gegen Boris Becker und Steffi Graf erneut gegen Navratilova.

1988 schrieb Steffi Graf 1985 wurde die Anlage um zwei Freiplätze erweitert.

Wiesenfeld 265

eine einmalige, bisher noch nie da gewesene Erfolgsstory. Sie gewann nicht nur den Grand Slam (Melbourne, Paris, Wimbledon und die US Open), sondern im selben Jahr die Goldmedaille bei den Olympischen Spielen in Seoul. Sie erreichte als erste Spielerin in der Geschichte den Golden Slam innerhalb eines Jahres.

Aber wie ging es im Jubiläumsjahr beim TC Wiesenfeld weiter? 1985 kandidierte Vorsitzender Günter Hiederer aus beruflichen Gründen nicht mehr. Die Mitglieder wählten Burkhard Rickert zum Nachfolger. Nach Zugeständnissen hinsichtlich der Errichtung von Schallschutzmaßnahmen zogen die Nachbarn die Einsprüche gegen die Baugenehmigung zurück. Der TC vollbrachte den Bau der zwei weiteren Spielfelder. Rechtzeitig zum zehnjährigen Vereinsjubiläum wurden Ende Juli 1985 die Plätze von Pfarrer Leo Katzenberger gesegnet und ihrer Bestimmung übergeben.

Drei Tage lang, in denen ein Tennisturnier um den Jubiläumspokal, Einlagespiele, Tanzveranstaltungen, Preisschafkopf, Ehrungen der Gründungsmitglieder, Festgottesdienst und vieles mehr stattfanden, feierte der Tennisclub sein Jubiläum. In den darauffolgenden Jahren kehrte etwas Ruhe und Stabilität in den doch jungen Verein ein. So wurde 1986 ein Trainingsplatz mit Ballwand errichtet, 1988 mit der Erweiterung des Vereinsheimes (Duschen, Umkleiden, überdachte Terrasse, Wirtschaftsräume) begonnen und 1989 fertiggestellt.

Sportlich etablierte sich der Verein sowohl im Tennisbezirk Unterfranken als auch im Landkreis Main- Spessart und der Stadt Karlstadt. Es werden bis zum heutigen Tag Mannschaften in allen Bereichen und Spielklassen, sei es im Damen-, Herrenoder Jugendbereich, in Kreisklassen oder Bezirksligen gemeldet. Der TC richtete von 1985 bis 1996 zwölf Mal das Main-Spessart-Doppelturnier aus. Turnusmäßig findet die Stadtmeisterschaft der Tennisjugend in Wiesenfeld statt. Auch bei größeren Turnieren in Karlstadt, Lohr und Marktheidenfeld stellt Wiesenfeld für die Vorrunden seine Plätze zur Verfügung. Im Namen und Auftrag des unterfränkischen Tennisverbandes werden Jugendturniere veranstaltet. Neben der jährlichen Vereinsmeisterschaft werden im Laufe eines Tennisjahres zahlreiche Turniere, Wettkämpfe und Freundschaftsspiele auf der Tennisanlage ausgetragen. Im Jugendbereich ging man Spielgemeinschaften mit Nachbarvereinen ein.

Auch im gesellschaftlichen Bereich ist der TC ein fester Bestandteil im Ortsgeschehen und prägt es aktiv mit. So war er von 1982 bis 1990 Mitglied im Vereinsring und hatte 1982 dessen Vorsitz inne.

Es fanden Beatabende in der Waldsassenhalle statt. Bei Ortsfesten und Umzügen ist der TC stets vertreten. Neben dem Tennisspiel werden Skifreizeiten, Wanderungen, Radtouren, Grillfeste, Faschingsbälle, Jugendzeltlager, Ferienaktivitäten, Weihnachtsfeiern und Besuche von Tennisturnieren organisiert.

Aber das Vereinsleben und die schlechten Trainings- und Spielmöglichkeiten in den Wintermonaten bereiteten dem Vorstand begründete Sorgen, denn es fehlte der 266 Wiesenfeld

ganzjährige gute Spielbetrieb für Jung und Alt. So wurde all die Jahre einmal wöchentlich im Erwachsenen- und Jugendbereich in der kleinen Schulturnhalle und in der Waldsassenhalle Tennis gespielt und Kondition trainiert. Ordentliches Tennis konnte jedoch aufgrund der begrenzten Hallenbenutzung, des ungeeigneten Bodenbelages und der baulichen Gegebenheiten nicht Start des Hallenbaus gespielt werden. Jahrelang wichen die Wiesenfelder in die Tennishalle nach Karlstadt aus. Als sich die Freiluftsaison 1989 ihrem Ende zuneigte, blickte der TC wieder mit Sorge auf den bevorstehenden Spielbetrieb in den Wintermonaten. Argumente wie, „das Vereinsleben in den Wintermonaten ist tot“ oder „keine guten Trainingsmöglichkeiten für Aktive und Jugendliche“ oder „Kinder verlieren die Lust am Tennis“ oder „es fehlt die ganzjährige Spielmöglichkeit“ machten wie jeden Herbst die Runde. Der Vorstand führte deshalb bei den eigenen Mitgliedern, bei den umliegenden Tennisvereinen und bei Hobbyspielern eine Bedarfsumfrage durch, und da Die Tennishalle steht im Rohbau. eine ausreichende Nachfrage nach Spielmöglichkeiten für die Wintermonate bestand, befasste sich die Vereinsführung erstmals ernsthaft mit dem Bau einer Tennishalle.

Die Diskussionen über Für und Wider sollte in den nächsten Wochen und Monaten das Vereinsleben bis zur Zerreißprobe bestimmen. So sei nur am Rande vermerkt, dass neben dem alles überlagernden Hallenthema 1990 auch noch eine Partnerschaft mit dem Tennisverein aus Zella-Mehlis, Thüringen, eingegangen wurde, neun Mannschaften am Verband-Spielbetrieb teilnahmen und die Mitgliederzahl auf über 200 angestiegen war.

In der Jahresversammlung im Februar 1991 stellte sich Vorsitzender Burkhard Rickert aus gesundheitlichen Gründen für eine Wiederwahl nicht mehr zur Verfügung, Josef Schäfer wurde sein Nachfolger. Die Versammlung beschloss einstimmig den Bau einer Tennishalle. In einer für ein Bauwerk dieser Größenordnung mit über 1,1 Millionen DM atemberaubenden Schnelligkeit wurde die Zweifeldhalle mit Wiesenfeld 267

Betriebsgebäude errichtet. Dies erforderte eine ausgezeichnete und solide Vorbereitung und Logistik, Bau- und exakte Finanzierungsplanung und daneben viel organisatorisches Geschick bei der Abwicklung der Baumaßnahme. So wurde am 11. Juli 1991 mit dem Aushub des Mutterbodens begonnen, am 3. August der Grundstein gelegt, am 6. August das Fundament und in nur drei Tagen der Rohbau der Im Vordergrund sieht man die vier Freiplätze, unten Tennishalle erstellt, am 7. Oktober links steht das Vereinsheim, daneben der Trainingsplatz der Boden verlegt, und am 13.Okmit Ballwand. Im oberen Teil des Bildes steht die tober spielten die Helfer erstmals zweite Feldtennishalle und rechts davon liegen die zwei in der neuen Halle. Die Mitglieder Beachvolleyballfelder. erbrachten 3103 Stunden an reinen Bauarbeiten in Eigenleistung. Stellvertretend für die vielen Helfer ist Georg Neudecker besonders hervorzuheben, weil er auch schon maßgeblich am Bau aller vier Freiplätze, und des Vereinsheimes beteiligt war. Am Ende dieses turbulenten Jahres zählte der Verein 240 Mitglieder, darunter 80 Jugendliche.

1992 stand ganz im Zeichen der Freigabe der Tennishalle, die vom 18. bis 20. September mit Segnung, Gruß- und Festreden, Showvorführungen, Gesang und Musik, der vierten Main-Spessart-Doppelmeisterschaft, einem „Tag der offenen Tür“, einem Tennisturnier und mit Festbetrieb gebührend gefeiert wurde.

Nach nur 17 Jahren hatte der Verein seinen bis heute gültigen Standard erreicht und nennt vier Freiplätze, eine Zweifeldtennishalle, zwei Vereinsheime mit allen sanitären Einrichtungen und einen Trainingsplatz mit Ballwand sein Eigen. Der TC Wiesenfeld war und ist somit der am frühesten bestausgestattete Tennisverein auf der mainfränkischen Platte.

Blick in die Geschichte Es lohnt ein kleiner Ausflug in die Vergangenheit, in die Geschichte des Tennis. Bis heute wird über den Ursprung der Sportart gestritten. Schon zu Zeiten des Odysseus wird ein Spiel mit Ball und Schläger in einigen Schriften erwähnt. Die derzeitige Meinung ordnet das Spiel dem 14. Jahrhundert in Frankreich zu. So wird im französischen „Jeu de Paume“, ein Spiel mit dem Schlagen des Balls (bestehend aus Leder, Stein, Kork oder Leinen) mit der flachen Hand und mit Leder geschütztem Arm und später mit Raquettes (mit Darm- oder Lederschnüren bespannten Schlägern) als Vorläufer des heutigen Tennisspiels gesehen. Diese Spielart wurde zunächst in Klöstern 268 Wiesenfeld

und an königlichen Höfen und später in Ballspielhäusern ausgetragen. Das Wort Tennis leitet sich von dem Ausruf „Tenez“ ab, was so viel bedeutet wie „da nehmen Sie, haltet den Ball “.

Dieser Ausruf war vermutlich als Warnung für den Mitspieler gedacht.

Auch bedarf die seltsame Zählweise einiger Erklärungen. Meist wird vermutet, dass die damalige Zählweise auf Geldeinsätze und Spielwetten der Höflinge herrührt. Das Spiel bestand Wettkampftreiben beim can-cup. aus vier Punkten. Der einzelne Punkt kostete die Könige, Grafen, Herzöge und Prinzen 15 Sous also: 15 – 30 – 45 – 60 Sous. Diese Zählweise wurde bald zu umständlich. So ersetzte man die Zahl 60 mit „Jeu“ (Spiel). Die Engländer wiederum nahmen weitere Vereinfachungen der Zählweise vor. Das Spiel um Geld verschwand und aus „Fortyfive“ wurde wegen der langen Aussprache einfachheitshalber 40. Damit bei ausgeglichenem Kampf nicht bis 90:90 gezählt werden musste, wurde „Vorteil Aufschläger“ und „Vorteil Rückschläger“ eingeführt. Und so wird seit weit über 100 Jahren nach den auch heute noch gültigen Regeln gezählt.

Sportler im Einsatz beim can-cup.

Ins neue Jahrtausend Der Tennisclub Wiesenfeld hatte sich nach der regen Bautätigkeit ein Durchatmen verdient. Die nächsten Ereignisse waren das 25jährige Vereinsjubiläum im Jahr 2000, und das zehnjährige Bestehen der Tennishalle 2001.

2004 erschütterte ein Verkehrsunfall die Mitglieder des Vereins. Christina Neudecker, Andrea Rottenbacher und Nina Amthor verunglückten bei einem Autounfall am 16.

Januar und starben in der darauffolgenden Woche mit nur 20 Jahren. Zum Andenken und in Würdigung an Christina, Andrea und Nina wird seit Sommer 2004 jährlich ein can-cup-Gedächtnisturnier mit einem Tennis-Doppel und einem Beach-VolleyballTurnier abgehalten. Aus diesem Grund haben die Familien, Freunde und Bekannte der drei Mädchen eine wundervolle Beachvolleyball-Anlage errichtet.

2005 fanden das 30. Jubiläum und 2010 das 35. Vereinsjubiläum statt. Im gleichen Jahr ist auf dem Dach der Tennishalle eine vereinseigene Photovoltaikanlage instalWiesenfeld 269

liert und mit dem Einspeisen des erzeugten Stromes in das öffentliche Netz begonnen worden. In all den 35 Jahren ging der Verein voll und ganz seiner Hauptaufgabe, der Ausübung und Pflege des Tennissports, nach. Jährlich werden zwischen zehn und 15 Mannschaften in den verschiedenen Kategorien, Ligen und Altersklassen gemeldet.

Das Spektrum reicht von Kleinfeld, Bambino, allen Altersklassen der Jugendlichen bis hin zu Damen, Herren und den Senioren/Seniorinnen. Das Hauptaugenmerk des TC Wiesenfeld liegt jedoch nach wie vor auf der Jugendarbeit. So ist es ein erklärtes Ziel des Vorstands, dass noch viele Jahre nach einem gewonnenen Spiel beim ältesten Tennisverein auf der mainfränkischen Platte das Kommando erschallt: „Spiel, Satz und Sieg für den TC Wiesenfeld“.

Quellen: Protokolle über Vorstandssitzungen und Jahresversammlungen des TC Wiesenfeld; Festschriften von1985 Burkhard Rickert; 1992 Burkhard Rickert und Josef Schäfer; 2000 Werner Johannes; W. Lencer und D. Koditek: Tennis- Regeln und Ratschläge 1986 München; P. Scholl: Richtig Tennisspielen 1989 München

Postkarte: Sammlung Claus Dürr 270 Wiesenfeld

Geschichte der jüdischen Gemeinde in Wiesenfeld Von Hermann Schaub Es ist nicht bekannt, wann sich die ersten Juden in Wiesenfeld ansiedelten. Nachdem um 1560 Bischof Friedrich von Wirsberg die Juden aus dem Gebiet des Hochstifts Würzburg vertrieben hatte und sein Nachfolger Julius Echter nach 1573 diese Politik weiterführte, dürften sich bereits um diese Zeit Juden in Wiesenfeld niedergelassen haben. Erste schriftliche Hinweise auf jüdisches Leben in Wiesenfeld liefert uns ein Protokoll des Wiesenfelder Dorfgerichts vom 16. Januar 1630, in dem ein Jude Aaron und sein Sohn Isaac genannt werden. Aus einem weiteren Protokoll vom 3.

September 1652 erfahren wir, dass zu dieser Zeit bereits ein jüdischer Kramladen am Ort war1. Gürtel von Thorarollen aus dem Jahr 1652, die in der Synagoge des Dorfes aufbewahrt waren, bezeugen, dass damals schon eine jüdische Gemeinde in Wiesenfeld vorhanden war. Im 18. Jahrhundert war „die Gegend Wiesefeld“, wie Wiesenfeld in den jüdischen Quellen genannt wurde, das Zentrum der umgebenden Gemeinden als Teil des Rabbinats Würzburg2.

Die jüdischen Familien standen unter dem Schutz der ansässigen Adeligen. Das waren die Gopp von Moritzeck, die Voite von Rieneck und vor allem die Freiherren von Hutten zu Stolzenberg aus Steinbach. Dieser Schutz war allerdings nicht kostenlos.

Für die Aufnahme in den Schutz zahlte Mayer Salomon 1793 genau 25 Gulden, dazu kamen jährlich sechs Gulden Schutzgeld und 54 Kreuzer Neujahrgeld. Bei Oscher Frank belief sich 1838 das jährliche Schutzgeld auf 15 Gulden. Für den jährlichen Hauszins fielen zum Beispiel bei Mayer Salomon 1793 vier Gulden an. Außerdem musste er „seiner gnädigsten Herrschaft jederzeit in Gebott- und Verbotten treu und gehorsam seyn“, dazu noch „die vorkommenden herrschaftlichen Botengänge und Treibjagen, sooft solche geboten werden, gleich anderen dasigen Schutzjuden verrichten“.3 Die Juden wohnten anfangs fast ausnahmslos in den Häusern ihrer Schutzherrschaft, ab 1727 waren dies allein die Freiherren von Hutten. Um 1800 werden in einem Nebengebäude des sogenannten unteren Huttenhofes drei Judenwohnungen erwähnt, fünf weitere werden in einem huttischen Anwesen am Kirchberg genannt4.

Die übrigen Judenfamilien wohnten um diese Zeit zu beiden Seiten der Kirchgasse (heute Kirchberg) und im „alten Judenhof“ im Umfeld der ersten Synagoge (heute Karlstadter Straße 1 bis 5).

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Sebastian Eugen Schaub, Abschrift Dorfgerichtsprotokolle Baruch Ophir: Pinkas Hakehillot, Übersetzung Freddy Sapir, Netanya/Israel Bayerisches Staatsarchiv Würzburg, G 1372 Grund- und Lagerbuch für Wiesenfeld, Stadtarchiv Karlstadt 912/1a Wiesenfeld 271

Das Haus der Familie Hugo Stern, Hausnummer 77, heute Schätzleinsgasse 1, aufgenommen um 1960 Repro: Erika Sammeth

Gemäß dem Judenedikt vom 10. Juni 1813 wurden am 23. Juni 1817 auch die Wiesenfelder Juden in die Matrikel eingetragen. Voraussetzung war, dass sie den Untertaneneid leisteten und sich einen bürgerlichen Familiennamen zulegten. Bis dahin hatten sie nur ihren Vornamen und den Namen ihres Vaters. Sie durften aber nicht Namen von bekannten Familien oder besonders häufig vorkommende wählen.

(Namen siehe Abschnitt Berufe und Gewerbe). Auf 25 Matrikelstellen wurden 100 Personen eingetragen, was 13,3 Prozent der Einwohnerschaft entsprach. Bis 1822 waren es 23 Familien mit 120 Personen5, 1834 wurden 22 Familien mit 113 Personen gezählt6. Bis 1867 stieg die Zahl der Familien auf 25 mit 128 Personen, das waren 11,5 Prozent der Gesamtbevölkerung7. Bedingt durch die nach der Aufhebung des Matrikeledikts 1861 einsetzende Abwanderung in die Städte und auch ins Ausland ging der Anteil der jüdischen Einwohner in Wiesenfeld kontinuierlich zurück, im Jahre 1900 waren es noch 66 Personen (sechs Prozent) und 1933 lebten noch 13 jüdische Familien mit 55 Mitgliedern (fünf Prozent) in Wiesenfeld8.

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Bayerisches Staatsarchiv Würzburg, RA 8432 Bayerisches Staatsarchiv Würzburg, St. Slg. 279 Stadtarchiv Karlstadt, Wiesenfeld 022/28 Stadtarchiv Karlstadt, Wiesenfeld

272 Wiesenfeld

Das Haus der Familie David Bamberger, Hausnummer 145, heute Lohrer Straße 4 Foto: Hermann Schaub

Die Toten der jüdischen Gemeinde wurden auf dem israelitischen Distriktsfriedhof in Laudenbach beigesetzt, an dem die Kultusgemeinde Wiesenfeld Miteigentümerin war. Bei der Erweiterung des Friedhofs im Jahre 1870 hatten die Wiesenfelder Juden einen Anteil von 266 Gulden 51 Kreuzer zu tragen. Auf jede der damals 28 Familien trafen somit 9 Gulden 31 Kreuzer9.

Auf eine Anfrage des Bezirksamtes Karlstadt erklärte der Kultusvorstand am 6. Januar 1889, dass sich das Gemeindevermögen wie folgt zusammensetze: 1. Die Synagoge mit Inventar, Gesetzesrollen und sonstigen Utensilien 2. Das Schulhaus 3. Das Frauentauchbad 4. Das rentierliche Vermögen der Wohltätigkeitsstiftung mit einem Kapital von 3500 Mark 5. 1200 Mark Kultusstiftung, deren Zinsen zur Beschaffung von Wachs- und Talgkerzen zur Synagogenbeleuchtung verwendet werden 6. 1200 Mark Kultusstiftung, deren Zinsen zur Bestreitung der Kultusbeiträge für die vier mindestbemittelten Gemeindemitglieder bestimmt sind 9

Bayerisches Staatsarchiv Würzburg, RA 7121 Wiesenfeld 273

7. 300 Mark rentierliches Vermögen der Bruderschaftskasse, deren Zinsen dem jeweiligen Religionslehrer zufließen 8. 1200 Mark Lehrerbesoldungsfond, dessen Zinsen zur Besoldung des Religionslehrers verwendet werden sollen 9.Verschiedene Legate, deren Zinsgewinne ebenfalls dem Religionslehrer zufließen Um ihre Ausgaben finanzieren zu können, erhob die Kultusgemeinde von ihren Mitgliedern Steuern. Die verschiedenen Steuern waren: 1. Die Verehelichungssteuer 2. Die Erbschaftssteuer 3. Die Synagogenstände-Taxe 4. Die Abzugs- und Austrittssteuer 5. Die Heimsteuer-Abgabe Am 23. Mai 1886 beschloss die Kultusgemeinde, dass jeder neu ansässige oder sich verehelichende Israelit 100 Mark für Synagogenplätze (für Mann und Frau) und 50 Mark für den Anteil an den rituellen Einrichtungen und am Gemeindevermögen zu zahlen hatte10. Bei diesem Beschluss waren von den 22 stimmberechtigten Mitgliedern 19 anwesend, 16 stimmten dafür, der Vater eines Heiratskandidaten war dagegen.

Die Steuern und Abgaben waren eine dauernde Quelle des Ärgernisses für den Vorstand der Kultusgemeinde, denn es gab immer Mitglieder, die nicht zahlen konnten, und ebenso welche, die nicht zahlen wollten. So weigerte sich ein wohlhabendes Mitglied, seinen Beitrag zum Synagogenbau zu leisten. Er bestritt, dass die Kultusgemeinde das Recht habe, einen für ihn bindenden Beschluss zu fassen11. In solchen Fällen wandte sich der Kultusvorstand zuerst an den Bürgermeister, der zunächst versuchte, den Schuldner zur Zahlung zu bewegen. Als nächste Instanz war das Landgericht beziehungsweise das Bezirksamt zuständig, wo dann meist die Sache entschieden wurde. Nur selten ging es soweit wie bei Jette Rosenberger, die sich 1897 weigerte, eine Forderung von 48,21 Mark zu bezahlen. Der Rechtsstreit zog sich über acht Jahre hin, bis schließlich am 29. März 1905 der II. Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes entschied, dass Rosenberger die inzwischen auf 130,28 Mark angewachsene Forderung zu zahlen hatte. Nachdem die Schuldnerin immer noch nicht zahlte, wurde die Zwangsvollstreckung angeordnet. Rosenberger bat das Bezirksamt um Aufhebung der Vollstreckung, worauf dieses bei der Kultusgemeinde anregte, der Schuldnerin wenigstens einen teilweisen Nachlass zu gewähren. Der Kultusvorstand wollte davon jedoch nichts wissen und schrieb an das Bezirksamt, dass Rosenberger „eine wohlhabende Frau ist, aber nicht gerne bezahlt.“ Er hatte keine Bedenken, die Zwangsvollstreckung durchführen zu lassen12.

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Bayerisches Staatsarchiv Würzburg, LRA KAR 4270 Bayerisches Staatsarchiv Würzburg, LRA KAR 4249 Bayerisches Staatsarchiv Würzburg, LRA KAR 4279

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Wie unterschiedlich die Vermögenslage der Gemeindemitglieder war, zeigt das folgende Verzeichnis der Steueranlage.

Verzeichnis der Steueranlage vom 11. November 1860 Taler: 5500 1300 2100 1200 3000 1300 300 75 150 600 5500 250 300 2200 2350 1900 2200 3800 1150 1300

Feidel Hanauer I Seppa Bamberger M. Schloß Wittib Löb Hecht (750 + 450) Markus Braunold Menlein Rosenberger Abraham Heilmann Moses Steigerwald Süß Stern Samuel Stern Abraham Kahn Jakob Steigerwald F. Baum Wittib Feidel Hanauer II Baruch Schild Kallmann Grün(e)baum Kaufmann Lichtenstädter Isaak Schloßmann B. (Bendet) Hanauer A. Bamberger Götz Steigerwald Moses Baum Abraham Steigerwald Theile Rosenberger „mit einem ganzen Roschabbajis“ J. Braunold Herz Leisinger „ein halbes Roschabbajis“13

Die Inflation von 1923 vernichtete auch das Kapital der verschiedenen Stiftungen und Fonds der Kultusgemeinde. Als 1933 die Nationalsozialisten an die Macht kamen, 13

Bayerisches Staatsarchiv Würzburg, LRA KAR 4249 Wiesenfeld 275

unterstand die Kultusgemeinde dem Bezirksrabbinat Würzburg. Sie besaß die 1863 neu erbaute und 1929 renovierte Synagoge, ein Schulhaus mit Lehrerwohnung und ein Ritualbad. In der Gemeinde wurde ein Gemeindeprotokoll von 1879 aufbewahrt.

Im Schuljahr 1932/33 erhielten acht Kinder Religionsunterricht. Die Toten wurden auf dem jüdischen Bezirksfriedhof in Laudenbach bestattet. Das Gemeindebudget betrug 1930 etwa 2100 Reichsmark, von denen 1620 Reichsmark für Unterricht, 100 für religiöse und 25 für soziale Zwecke ausgegeben wurden. Die Gemeinde unterhielt auch eine Wohltätigkeitskasse.

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde die Lage der Juden auch in Wiesenfeld schwieriger. Am 14. September 1933 wurde „das Aufhalten der jüdischen Einwohner an den Samstagen auf der Adolf-Hitler-Straße hauptsächlich an der Brücke …verboten, da die Einwohner hieran Ärgernis genommen haben“14.

Die Lehrerin Maria Schindling, die vom 16. April 1933 bis zum 1. Januar 1937 in Wiesenfeld tätig war, war nicht Mitglied der NSDAP und trat auch sonst politisch nicht in Erscheinung. Sie war mit der Jüdin Frieda Stern, geboren 1921, befreundet.

Deshalb drohten ihr der damalige Wiesenfelder Bürgermeister Mähler und der Laudenbacher Ortsgruppenleiter mit Anzeige bei der Kreisleitung. Gezwungenermaßen übernahm Schindling daraufhin für kurze Zeit eine Jungmädchenschaft und die Sing- und Handarbeitsabende bei sechs Frauen.15 Der Holocaust Am 27. September 1938 zerschmetterten Rowdies die Fensterscheiben von zwei jüdischen Häusern. Der Pogrom brach am frühen Morgen des 10. November 1938 aus, als eine Gruppe von etwa 30 uniformierten SA-Männern aus Karlstadt in Wiesenfeld eintraf. Verstärkt durch Ortsbewohner drangen sie in die jüdischen Häuser ein und zerschmetterten die Fenster, die Möbel und die Haushaltsgeräte. Sie zerrissen Kleider und warfen sie auf die Straße, ebenso den zerstörten Hausrat. Aus einem Geschäft holten sie sämtliche Stoffe und Textilien heraus und verbrannten diese außerhalb des Dorfes. Einem Juden wurde ein Pferd gestohlen, das er später auf Anordnung des Bayerischen Innenministeriums wieder zurückerhielt.

In der Synagoge zerstörten die Gewalttäter alle Geräte, Möbel und religiösen Gebrauchsgegenstände. Sie schleppten alle sieben Thorarollen aus der Synagoge und verbrannten sie auf der Straße. Alle jüdischen Männer wurden von der örtlichen Polizei verhaftet. Sie wurden nach Karlstadt ins Gefängnis gebracht und dort bis zu sechs Wochen lang festgehalten.16 Die drei Söhne von Moses Hanauer kamen in Konzentrationslager, Benno nach Dachau, Lothar nach Weimar-Buchenwald und 14 15 16

„Wiesenfeld im Waldsassengau“, Adolf Link, Seite 367 Stadtarchiv Karlstadt, Gem. Wiesenfeld, Bescheinigung des Bürgermeisters vom 27.2.1946 Baruch Ophir: Pinkas Hakehillot, Übersetzung Freddy Sapir, Netanya/Israel

276 Wiesenfeld

Das Haus der Familie Moses Hanauer, Hausnummer 161, heute Eckartshofer Straße 7. In diesem Hause wurde 1928 Ruth Karola Westheimer als Karola Siegel geboren. Foto: Hermann Schaub

Max nach Sachsenhausen-Oranienburg. Sie wurden Anfang 1939 wieder entlassen und konnten noch auswandern, Benno nach England, Lothar nach Israel und Max nach USA17. Da infolge des Pogroms die Synagoge nicht mehr zu benutzen war, hielten die elf jüdischen Familien ab Februar 1939 mit Erlaubnis der Gestapo ihre Gottesdienste in einem jüdischen Privathaus ab.

Zwischen 1933 und 1940 verließen 26 Gemeindemitglieder Wiesenfeld. Zwölf wanderten in die USA aus, sieben nach Palästina, zwei nach England, je einer in die Schweiz und nach Bolivien. Zwei Juden zogen nach Karlstadt und einer nach Frankfurt. Drei Wiesenfelder Juden starben in den Jahren 1936 und 1937 im Ort. Anfang Februar lebten noch 25 vorwiegend ältere Juden in Wiesenfeld. 19 von ihnen wurden am 24. März 1942 über Würzburg und Kitzingen nach Izbica bei Lublin deportiert. Gustav und Selma Steigerwald wurden 1942 in eine Gemeinschaftsunterkunft in Würzburg, Dürerstraße 20, gebracht und am 10. September 1942 nach Theresienstadt deportiert. Kurz zuvor, am 27. August, hatten sie mit der „Reichsvereinigung der Juden in Deutschland, Bezirksstelle Bayern“ einen „Heimeinkaufsvertrag“ für das „Altenheim der Juden in Deutschland“ abgeschlossen. Die Laufzeit des 17

BStAW, Gestapo-Akte 349 und Stadtarchiv Karlstadt/Wiesenfeld, Aufstellung der 1933 in Wiesenfeld wohnenden Juden Wiesenfeld 277

Vertrages begann am 1. September 1942, der Ort des Altenheimes wurde nicht genannt. Als Einkaufsbetrag wurden 2100 Reichsmark genannt. In Abschnitt 4b des Vertrages hieß es: „Die Reichsvereinigung behält sich das Recht zur Unterbringung in einem anderen Heim … auch außerhalb des Altreiches vor18.“ Am 9. und 10. Juni 1942 wurden die letzten noch am Ort verbliebenen Juden, Olga Baumann, Rosa Hanauer sowie Moses und Pauline Hanauer nach Würzburg gebracht. Von dort wurden sie am 23. September nach Theresienstadt deportiert.

Olga Baumann überlebte das Theresienstadter Ghetto.

Sie übersiedelte nach dem Krieg nach New York, wo ihr Neffe Carl Adler lebte. Dort starb sie am 10. Juli 195019. Gustav und Selma Steigerwald kehrten nach Benno Hanauer, Hausnummer 161, Kriegsende nach Wiesenfeld zurück und wohnten dort geboren 1904, ausgewandert 1939 im Haus der Familie Baum, Nummer 41. Selma starb nach England. am 12. Juli 1946 im Krankenhaus in Lohr am Main.

Repro: Staatsarchiv Würzburg Nach einem Sturz über die Treppe starb dort auch ihr Mann Gustav am 30. September 1959.

Im Mai 1949 wurden 15 Teilnehmer des Wiesenfelder Pogroms vom 10. November 1938 in Würzburg vor Gericht gestellt. Zehn von ihnen erhielten Gefängnisstrafen von drei Monaten bis zu einem Jahr und zwei Monaten, die übrigen wurden freigesprochen. Heute leben keine Juden mehr in Wiesenfeld.

Die jüdische Schule Bevor am 10. Juni 1813 vom bayerischen König Max Joseph I. das sogenannte Judenedikt erlassen wurde, gab es für die jüdischen Kinder keine allgemeine Schulpflicht. Es blieb den Eltern beziehungsweise den jüdischen Gemeinden überlassen, selbst für die nötige Unterrichtung zu sorgen. Das Edikt, das in Franken erst 1817 in Kraft trat, regelte nun auch den Schulbesuch für die jüdischen Kinder wie folgt: Paragraf 32 Die Juden-Kinder beider Geschlechter sind gleich jener Unserer übrigen Unterthanen zum öffentlichen Schulbesuche in Städten und auf dem Lande verbunden, und sie erhalten, mit Ausnahme der Religionslehre, gleichen Unterricht mit denselben, unter Beobachtung aller über das Schul- und Erziehungswesen bestehenden Verordnungen; der Zutritt zu höheren Lehranstalten ist ihnen gestattet.

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BStAW, Gestapo-Akte 15067 Information von Robert Rauch, dem späteren Käufer des Baumannschen Anwesens

278 Wiesenfeld

Das ehemalige jüdische Schulhaus mit Lehrerwohnung, Hausnummer 135, heute Kirchberg 3, links daneben das ehemalige Ritualbad.

Foto: Hermann Schaub

Paragraf 33 Den Juden ist bewilligt, eigene Schulen zu errichten, wenn sie vorschriftsmäßig gebildete und geprüfte Schullehrer aufstellen, welche königliche Unterthanen sind, und denen ein Gehalt von wenigstens 300 Gulden gesichert ist. Dieselben sind an den allgemeinen Lehrplan gebunden. Die Aufnahme von Hauslehrern richtet sich nach den allgemeinen Bestimmungen.

Für die jüdischen Lehrer war also nun die Erteilung von Religionsunterricht die Hauptaufgabe neben den Tätigkeiten als Vorsinger und Schochet.

Ein Bericht des Landgerichts Karlstadt vom 25. April 1817 schildert die Situation in Wiesenfeld so: „Wiesenfeld hat einen Privatlehrer ohne die vorgeschriebene Prüfung, versieht das Schächten und Vorsingen und erhält für alles zusammen 180 bis 190 Gulden. Die Judenkinder hätten schon in die Ortsschule gehen sollen, das Pfarramt stellte das als unmöglich dar, weil schon kein Raum für die Christenkinder sei.“ Ab wann schließlich die Judenkinder die örtliche Schule besuchten, ist nicht bekannt, zum 1. Januar 1822 werden jedenfalls 14 jüdische Schüler in der Ortsschule gemeldet20.

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Bayerisches Staatsarchiv Würzburg, RA 8432 Wiesenfeld 279

Am 28. März 1829 berichtete das Landgericht Karlstadt an die Regierung von Unterfranken, dass in Wiesenfeld nach der Erklärung der Judenschaft ein geprüfter Religionslehrer aufgestellt werden würde. Gleichzeitig würde er die Vorsängerdienste versehen und auch das Schächten, das rituelle Schlachten, besorgen. „Die Verhältnisse des dermaligen Vorsängers: Desselben Verrichtungen werden von dem Religionslehrer Moses Hirsch Grünbaum aus Reckendorf besorgt. Er ist 74 Jahre alt, hat 6 Kinder und soll 900 Gulden Vermögen besitzen. Er erhält als Vorsänger, Lehrer und Schächter 60 Gulden jährlich. (Anmerkung: Die Höhe des Gehaltes muss bezweifelt werden, da schon 1817 als Gehalt 180 bis 190 Gulden genannt werden). Wegen hohen Alters hat er seit acht Jahren seinen Sohn Joseph subordiniert. Letzterer hat als Vorsänger ein Befähigungszeugnis des Oberrabbiners.

Seine Aufführung ist gut21“.

In der Hauptübersicht über die Unterrichtsverhältnisse der Israeliten im Untermainkreis am Schluss des Jahres 1834 war für Wiesenfeld angegeben, dass neun Schüler neben der christlichen Volksschule unterrichtet werden. Der ungeprüfte Lehrer erhielt 150 Gulden Gehalt, die Schule war gemietet (von den Freiherrn von Hutten).

Die Real- und Personalkosten waren mit 190 Gulden angegeben, die durch Beiträge gedeckt wurden22.

Die israelitische Kultusgemeinde stellte 1841 mit Abraham Rosenbaum erstmals einen geprüften Lehrer an. Durch landgerichtlichen Beschluss vom 4. Oktober 1841 und mit Einverständnis des Wiesenfelder Armenpflegschaftsrates erhielt Rosenbaum die Erlaubnis zur Ansässigmachung und zur Verehelichung23. Er sollte fast 40 Jahre in Wiesenfeld wirken.

Im gleichen Jahr kaufte die jüdische Gemeinde das bis dahin gemietete Schulhaus, in dem auch die Lehrerwohnung untergebracht war. Das Haus scheint nicht in bestem baulichen Zustand gewesen zu sein, denn im August 1867 bewegte sich die westliche Giebelwand und die Decke stürzte herab. Zum Glück wurden weder Lehrer noch Schüler verletzt. Die Giebelwand wurde daraufhin abgesprießt und die Decke durch längere Verschalungshölzer wieder hergestellt.

Am 4. März 1868 erschien Kaufmann Lichtenstädter, Kultusvorsitzender von Wiesenfeld, mit einem Bauplan vom Dezember 1867 von Maurermeister Müller aus Karlburg beim Bezirksamt und erklärte, dass die israelitische Gemeinde ihr Schulhaus erweitern wolle. Die Kosten wurden auf 700 Gulden geschätzt. Die Kultusgemeinde stellte einen Antrag auf Genehmigung einer Kollekte bei den israelitischen Gemeinden in Bayern. Die Regierung von Unterfranken genehmigte am 19. Juni 1868 die Pläne und legte den Kostenvoranschlag auf 800 Gulden fest. Das Weitere sollte das 21 22 23

Bayerisches Staatsarchiv Würzburg, RA 8610 Bayerisches Staatsarchiv Würzburg, St. Slg. 279 Bayerisches Staatsarchiv Würzburg, LRA KAR 3717

280 Wiesenfeld

Bezirksamt verfügen. Dieses regte am 27. Juni bei der Kultusgemeinde den Bau einer eigenen Schule an, da der Raum für die christlichen Schüler zu klein sei24.

Am 31. Mai 1869 war wieder eine Übersicht über die Verhältnisse des israelitischen Kultus und Unterrichts gefordert. Kultusvorsitzender Kaufmann Lichtenstädter meldete, dass die Gemeinde Wiesenfeld 119 Israeliten zähle und der Religionslehrer Abraham Rosenbaum 204 Gulden Gehalt und 24 Gulden an Nebenbezügen erhalte.

Dazu kamen noch zwei bayerische Klafter Buchenholz, 200 Buchenwellen und circa 20 Gulden bar. Das Stiftungskapital zu 550 Gulden zu Unterrichtszwecken war laut Stiftungsurkunde als Renumeration für besondere Leistungen des Religionslehrers bestimmt, wurde aber bei der Feststellung der Schulfassion im Januar 1861 mit dem Zinsertrag von 21 Gulden pro anno in das Minimalgehalt eingerechnet25.

Am 30. September 1869 berichtete das Bezirksamt an die Regierung von Unterfranken, dass die Local- und Distriktsschulinspection die Judenkinder wegen Raummangels aus der Volksschule in Wiesenfeld ausschulen möchten. Die israelitische Kultusgemeinde war gegen eine Ausschulung. Das Bezirksamt bat die Regierung um Abweisung des Antrages, obwohl es noch im Vorjahr bei der jüdischen Gemeinde angeregt hatte, ein eigenes Schulhaus zu bauen. Wie nicht anders zu erwarten, lehnte die Regierung am 6. Oktober 1869 den Antrag ab.

Die geplante Umbaumaßnahme des Schulhauses hatte den Widerspruch des Nachbarn Feidel Hanauer hervorgerufen, da er sich durch die vorgesehenen Abortanlagen beeinträchtigt sah. Nach mehreren Ortsterminen gelang es dem Kultusvorsitzenden Bendet Hanauer am 20. September 1871, eine Einigung herbeizuführen. Nun stellte die Kultusgemeinde erneut einen Antrag auf Bewilligung einer Kollekte für die Herstellung des Schulhauses bei den israelitischen Gemeinden in Bayern, den das Bezirksamt Karlstadt am 10. Februar 1872 an die Regierung von Unterfranken weiterleitete. Die Regierung gab den Antrag an das bayerische Staatsministerium des Innern weiter und verwies dabei auf den Kollektenantrag von 1862 zum Synagogenbau, der auf später vertröstet wurde, und erwähnte dabei auch, dass die Synagogenbaukosten bis auf 1200 Gulden bereits aufgebracht seien. Abschließend bemerkte die Regierung, dass die Gemeinde die Maßnahme wohl auch aus eigener Kraft bewältigen könne.

Nach diesem Kommentar verwundert es wohl nicht, dass das Innenministerium den Kollektenantrag „in Erwägung gleicher Gesuche ärmerer Gemeinden“ am 21.

Februar 1872 ablehnte26.

Aus der Akte im Staatsarchiv Würzburg geht leider nicht hervor, wann die geplante Baumaßnahme durchgeführt wurde.

24 25 26

Bayerisches Staatsarchiv Würzburg, LRA KAR 4283 Bayerisches Staatsarchiv Würzburg, LRA KAR 4284 Bayerisches Staatsarchiv Würzburg, RA 7121 Wiesenfeld 281

Abraham Rosenbaum, der seit 1841 in Wiesenfeld gewirkt hatte, starb am 14. Juni 1880. Anscheinend wurde seine Stelle nicht sofort neu besetzt. Am 21. Juli 1884 erschien in der Zeitschrift „Der Israelit“ folgende Anzeige: „Offene Lehrerstelle. Die hiesige Religionslehrer-, Vorbeter- und Schächterstelle ist in Erledigung gekommen und soll sofort besetzt werden. Fester Gehalt M. 725 – außer Nebenverdienst der Schechitah usw. und ist Gelegenheit zur Erteilung von Privatunterricht geboten. Freie Wohnung und Heizung. Seminaristisch gebildete Bewerber wollen sich längstens innerhalb 14 Tagen unter Vorlage ihrer Zeugnisse an den Unterzeichneten wenden. Wiesenfeld, Bayern, 17. Juli 1884. B. Hanauer, Cultusvorstand“.

Es scheint, dass die Religionslehrerstelle nicht sofort besetzt werden konnte, da der Nachfolger Moses Nußbaum erst 1886 sein Amt antrat. Als er 1895 nach Maßbach bei Bad Kissingen wechselte, inserierte die Kultusgemeinde wieder in der Zeitschrift „Der Israelit“ vom 11. März 1895: „Offene Lehrerstelle. Die hiesige Religionslehrer-, Vorbeter- und Schächterstelle ist in Erledigung gekommen. Mit derselben ist bei freier Wohnung und Beheizung ein festes Gehalt und Stiftungsbezüge von M. 642,85 und beiläufigen Schächtergebühren und Nebenverdiensten von M. 350.- verbunden. Seminaristisch gebildete Bewerber wollen sich baldigst unter Beilage ihrer Zeugnisse an den Unterzeichneten wenden.

Wiesenfeld, 6. März 1895. Die israelitische Cultusverwaltung: A. Bamberger jr., Vorstand“.

Der nächste und zugleich letzte Religionslehrer in Wiesenfeld war Hermann Reich, der bis 1906 im Amt war. Dann übernahm Jakob Weichselbaum aus Adelsberg diese Aufgabe. Um 1924 wirkte Hirsch Oppenheimer von Laudenbach als Lehrer, Kantor und Schochet. Nach dessen Wegzug 1932 übernahm S. Strauß seine Aufgabe.27 Anschließend wurde Theodor Rosenfelder von Laudenbach ab 1. Januar 1933 auch mit dem Religionsunterricht in Wiesenfeld betraut.

Im Juli 1938 beantragten die Kultusgemeinden Karbach und Urspringen die Einrichtung einer jüdischen Sonderklasse in Urspringen, da die jüdischen Kinder vom Lehrer Hans Weigand in Urspringen unterdrückt und diskriminiert wurden. Diese Sonderklasse sollte auch von den Kindern aus Karlstadt, Laudenbach und Wiesenfeld besucht werden. Wiesenfeld hatte zu diesem Zeitpunkt nur drei jüdische schulpflichtige Kinder, nämlich Berta Steigerwald, geboren 7. August 1923, 9. Jahrgang, Marga Baumann, geboren 27. Oktober 1924, 8. Jahrgang, Betty Stern, geboren 06. April 1926, 7. Jahrgang.

27

Alemannia judaica/Internet

282 Wiesenfeld

Die Pläne scheiterten am Geldmangel der jüdischen Gemeinden. Der Lehrer der Wiesenfelder Volksschule, Ludwig Hofmann, schrieb am 20. Juli und am 12. August 1938: „Die Erziehungsberechtigten bitten, dass die Kinder weiterhin die Schule in Wiesenfeld besuchen dürfen, da sie die Kosten für die Verbringung ihrer Kinder nach Urspringen nicht aufbringen können28“.

Während des Krieges diente das jüdische Lehrerwohnhaus als Unterkunft für die im Ort beschäftigten Kriegsgefangenen beziehungsweise Zwangsarbeiter.

Die Lehrer Moses Hirsch Grünbaum (andere Schreibweise Grünebaum) war am 3. Dezember 1755 in Reckendorf geboren und verheiratet mit Vögele, geboren 1756. Die Kinder waren Seligmann, Abraham (geboren 4. August 1786, dessen Sohn Kallmann 1861 Vorsitzender der Kultusgemeinde war), Hanna (geboren 1789, gestorben 24. April 1831), Kallmann (geboren 4. August 1794, gestorben 20. Oktober 1851), David (geboren 31. August 1798, verheiratet in Greußenheim) und Joseph (geboren 15.

September 1801), der seinen Vater als Lehrer, Vorsänger und Schochet unterstützte.

Moses Grünbaum starb am 12. Februar 1838, seine Frau Vögele war bereits am 23.

Februar 1823 verstorben.

Joseph Grünbaum, der das Amt seines Vaters weiterführte, überlebte ihn nur um wenige Jahre. Er starb unverheiratet am 25. Mai 1842 in Wiesenfeld29.

Abraham Rosenbaum wurde am 10. Juli 1810 in Burgpreppach geboren. 1841 kam er nach Wiesenfeld und erhielt hier das Bürgerrecht. Am 29. November des gleichen Jahres heiratete er Sara Josepha Strauß, geboren am 27. Februar 1816 in Geldersheim. Die Ehe blieb kinderlos. Nach Abrahams Tod am 14. Juni 1880 zog seine Witwe wieder nach Geldersheim.

Moses Nußbaum wirkte in Wiesenfeld von 1886 bis 1895. Nach seinem Wechsel nach Maßbach 1895 war er dort noch 15 Jahre als Volksschullehrer tätig. 1910 gab er mit 45 Jahren aus gesundheitlichen Gründen seinen Lehrerberuf auf. Nach überstandener Krankheit baute er sich eine neue Existenz als Kaufmann in Bad Kissingen auf. Er starb 1930 im Alter von 65 Jahren30.

Hermann Reich war der letzte Religionslehrer der Wiesenfelder Kultusgemeinde.

Er übte sein Amt bis 1906 aus31. Von ihm ist lediglich bekannt, dass er mit Sara Stern, geboren am 4. September 1879 in Wiesenfeld, verheiratet und zur Zeit der Eheschließung Lehrer in Bingen war.

28 29 30 31

Bayerisches Staatsarchiv Würzburg, LRA KAR 4284 Diözesanarchiv Würzburg, Familienbuch der Juden von Wiesenfeld, B6, Fiche 46, S.10 Bayerische Israelitische Gemeindezeitung vom 1. Oktober 1930 „Wiesenfeld, das alte Pfarrdorf in Franken, Beiträge zu einer Dorfgeschichte“ von Sebastian Eugen Schaub, Seite 320 und spätere Aufzeichnungen Wiesenfeld 283

Das Ritualbad Über die Mikwe, das jüdische Ritualbad in Wiesenfeld, findet man nur eine einzige Aktennotiz vom 3. September 1829. In einem Schreiben an die Regierung des Untermainkreises beanstandete Physikus Dr. Schmitt die Frauenbäder, die durch ihren Zustand der Gesundheit nachteilig sein müssten. Nach wiederholten mündlichen Vorstellungen hätten Laudenbach, Thüngen und Wiesenfeld Plätze angekauft und zweckmäßig zu warmen Bädern eingerichtet. Es ist anzunehmen, dass dies bereits das gleiche Gebäude war, das neben dem ehemaligen Lehrerwohnhaus stand und auch heute noch zu diesem Anwesen Kirchberg 3 gehört. Man kann vermuten, dass sich die Mikwe auch schon vor 1829 am gleichen Ort befand, da der Grund, auf dem sie stand, wie bei allen jüdischen Häusern Eigentum der Freiherrn von Hutten war.

Sebastian Eugen Schaub beschreibt das Ritualbad so: „Sein Inneres war in zwei Räume geteilt, den Heizraum und den Baderaum. Im ersteren befand sich ein eingemauerter Kessel, der zur Heißwasserbereitung und zum Heizen der beiden Räume diente; der letztere war der eigentliche Baderaum. Eine steinerne Treppe führte hinab zur tiefen Quelle, in welcher die Bäder genommen wurden, nachdem vorher das überschüssige Wasser mittels einer Handpumpe entleert und aus dem Kessel das erforderliche Heißwasser zugeführt worden war“32. Leider war nicht mehr mit Sicherheit zu erfahren, wer aus der jüdischen Gemeinde sich um den Baderaum kümmerte. Vermutlich waren es Mathilde Stern und ihre Schwägerin Flora Stern.

Berufe und Gewerbe der Wiesenfelder Juden „Tabelle über die Angaben und Erklärungen der Juden zu Wiesenfeld Königlichen Patrimonialgerichts Steinbach zufolge des allerhöchsten Königlichen Edikts, die Verhältnisse der jüdischen Glaubensgenossen betreffend Alter Name

Neuer Name

Erwerb

Fam.Stand

Schutzbrief

Mayer Salomon

Rosenberger

50J. vh.,3S., 4T.

1793

Moises Abraham

Hanauer

58J. vh.,1S., 2T.

1780

Abraham Moises

Hanauer

33J. vh., 2T.

1810

Samuel Löb

Schloß

26J. vh.

1814

Abraham Jös

Bamberger

60J. vh., 3 S.

1783

Jöß Abraham

Bamberger

28J. vh, 1T.

1814

Jacob Abraham

Gutmann

Viehschlachten, Viehhandel Viehhandel Viehschlachten Viehhandel und Ellenwaren Spezereihandel und Ellenwaren Handel mit Vieh, Spezerei und Ellenw.

Viehhandel und gelegentl. Schlachten Viehhandel und gelegentl. Schlachten

48J. vh.

1795

32

„Wiesenfeld, das alte Pfarrdorf in Franken“, Seite 322/323

284 Wiesenfeld

Nosen Jacob

Löwenthal

Jacob Süß

Löwenthal

Hayum Abraham

Heilmann

Löb Salomon Oscher Kallma

Steigerwald Frank

Kallma Kaufmann Frank Abraham Hirsch

Grünbaum

Brenn, Linjenthal Samuel Abrahams Witwe Santilla Braunold Götz Jöß Witwe Moises Salomon Brenner Seligmann Süß Stern Wolf Seligmann Stern Abraham Löser Leisinger Mayer Löb Isaak Meyer

Leisinger Hecht

Marx Alexander

Baum

Moises Alexander

Grünewald

Nim Jacob

Haas

Handel mit Vieh und Ellenwaren Zinsen (ist bei Sohn Nosen im Haus) Schlachten und Viehmakeln Viehhandel Viehmakeln und gelegentl. Schlachten ohne (wird von Sohn Oscher ernährt) Handel mit Kramwaren Handel mit Ellenwaren u. Tüchern Handel mit Ellenwaren u. Tüchern Lumpensammeln Viehhandel Viehhandel ohne, wird vom Sohn Herz ernährt Viehmakeln Viehmakeln und Botengehen Viehmakeln und Handel Viehmakeln und gelegentl. Schlachten Viehhandel durch seine zwei Söhne

32J. vh.

1811

75J. Witwer

1767

61J. vh., 2S., 1T

1788

52J. vh., 5S., 1T 34J. vh., 1S., 4T

1799 1806

66J. vh.

1777

30J. ledig

1817

68J. Witwe, 1S.

1768

64J. Witwe, 2S.

1784

40J. vh., 3S., 1T 70J. vh.

39J. vh., 3S., 2T 79J. vh., 1S., 2T

1802 1774 1804 1767

36J. vh., 1S. 50J. vh., 1S., 1T.

1808 1793

50J. vh., 2S., 2T.

1794

48J. vh.

1793

100J.Witwer, 2S., 1T.

1765

Steinbach, den 16. Juni 1817 Königliches Patrimonialgericht des Freiherrn von Hutten“33 Wie aus der vorstehenden Tabelle hervorgeht, ernährten sich die Wiesenfelder Judenfamilien um das Jahr 1817 in erster Linie vom Handel, in der Hauptsache mit Vieh, da ihnen ja die Ausübung eines zünftigen Handwerks ebenso wie der Betrieb einer Landwirtschaft nicht erlaubt war. Durch das Judenedikt sollte diese Situation geändert werden, wie der Paragraph 15 des Edikts aussagt: „Um die Juden von ihren bisherigen ebenso unzureichenden als gemeinschädlichen Erwerbsarten abzuleiten, und ihnen jede erlaubte, mit ihrem gegenwärtigen Zustande vereinbare Erwerbsquelle zu eröffnen, sollen dieselben zu allen bürgerlichen Nahrungszweigen, als Feldbau, Handwerken, Treibung von Fabriken und Manufakturen und des ordentlichen Handels, 33

Stadtarchiv Karlstadt Wiesenfeld 285

unter den nachfolgenden Bestimmungen zugelassen, dagegen der gegenwärtig bestehende Schächerhandel allmählich, jedoch sobald immer möglich, ganz abgestellt werden.“ Es wurden jedoch auch Ausnahmen gemacht, um Härtefälle zu vermeiden. So war den Brüdern Faust, Löw und Abraham Haas vom Landgericht Karlstadt das Schmusen (Makeln) untersagt worden.

Auf ihren Einspruch hin erklärte die Regierung von Unterfranken, dass „Faust Hier wohnte bis 1942 die Familie Bernhard Baumann, Haus- und Löw die Ausübung auf nummer 104, heute Kirchberg 2.

Foto: Hermann Schaub Grund ihres Alters zu gestatten“ sei. Abraham (41 Jahre) „sei anzuhalten, sich einem ordentlich gebilligten Erwerb zu widmen, wenn ihm auch bei seinem Alter die Erlernung einer Profession nicht auferlegt werden kann“.34 Am 2. Februar 1823 berichtete die Gemeinde Wiesenfeld an das Landgericht in Karlstadt: „Es befinden sich dahier 23 Judenfamilien, die 108 Köpfe zählen. Davon treibt einer, nämlich Abraham Grünbaum, Hausierhandel….Bis jetzt hat sich noch kein Jude dazu verstanden, irgend ein bürgerliches Gewerbe zu erlernen.“35 Das änderte sich allmählich, nach und nach begannen verschiedene jüdische Heranwachsende einen handwerklichen Beruf zu erlernen. So erklärte am 11. Mai 1823 der Jude Mayer Rosenberger beim Pflegschaftsrat, dass sein Sohn Männle, der bereits 20 Jahre alt war, das Metzgerhandwerk bei Jakob Feser in Gemünden erlernen wolle. Er bat deshalb beim Armenpflegschaftsrat um das erforderliche Attest. Dieses wurde ihm erteilt: „Er hat zwar keine öffentliche Schule besucht, hat aber durch Privatunterricht Lesen, Schreiben und Rechnen gelernt und hat sich seither gut betragen.“36 Männles Bruder Salomon beantragte am 20. Februar 1929 als 34-jähriger ebenfalls ein Attest, weil auch er das Metzgerhandwerk erlernen wollte und zwar beim Metz34 35 36

Bayerisches Staatsarchiv Würzburg, RA 8610 „Wiesenfeld, das alte Pfarrdorf in Franken“, Seite 342 „Wiesenfeld, das alte Pfarrdorf in Franken“, Seite 325

286 Wiesenfeld

Links das Haus von Rebekka Steigerwald mit der Hausnummer 132, es wurde 1904 an Magdalena Grus verkauft, rechts das Anwesen von Mina Kahn mit der Hausnummer 133. Das Foto stammt etwa von 1988. Heute steht anstelle der beiden Häuser das Haus Kirchberg 4.

Foto: Adolf Link

germeister Wolf Bamberger in Heßdorf. Auch ihm wurde es erteilt. Schon zwei Jahre später suchte er um das Meisterrecht nach. Das Protokoll vom 7. November 1831 besagt: „Er ist laut Lehrbrief in die Metzgerzunft des Landgerichts Gemünden eingeschrieben, ist angeblich von den Wanderjahren dispensiert…….Es sind bereits zwei Schlächterfamilien im jüdischen Matrikel eingetragen, ist aber noch kein Metzgermeister hier. Die Konzession wird weder für nützlich, noch nothwendig erachtet, weil bereits zwei Schlächterfamilien hier sind. Gegen sein Betragen kann hier nichts sonderlich eingewendet werden, er war einmal bei einer Sauf- und Schlägerey, wobei er angeblich Frieden zu machen suchte. Er ist sonst fleißig, sparsam und folgsam gegen Eltern und Vorgesetzte. Vorstehendes Gesuch kann hierorts nicht begutachtet werden, weil die Mutter ihr Schlächterrecht nicht abtritt und mehrere (weitere) Metzger unnöthig sind und sich in dem Nahrungsstand einander entgegen sind.“ Die Entscheidung über das Meistergesuch lag nun beim Landgericht Karlstadt.

Wahrscheinlich wurde es auch hier abgewiesen.37 Am 15. Juni 1823 stellte Löw Steigerwald beim Pflegschaftsrat den Antrag auf ein 37

„Wiesenfeld, das alte Pfarrdorf in Franken“, Seite 326 Wiesenfeld 287

Attest für seinen 13-jährigen Sohn Moises, der bei dem Schuhmacher Jakob Binau das Schuhmacherhandwerk lernen wollte. Das Attest wurde erteilt, „da der Vater fünf Söhne und eine Tochter hat, als lahmer Mann nur geringen Verdienst beibringen kann und in Ausschatzung (=: Konkurs) gekommen ist. Pflegschaftsrat setzt noch die Bitte bey, dass er der höchsten Gnade des unentgeltlichen Aufdingens für würdig erachtet werde.“38 Am 22. Mai 1826 bat Moises nach Ablauf seiner Lehrzeit um die Ledigsprechung, die ihm auch erteilt wurde. Am 12. März 1833 beantragte Moises Steigerwald die Schuhmacher-Gewerbskonzession. Die Gemeinde lehnte ab, weil „kein zureichender Nahrungsstand von diesem bloßen Gewerb für eine Familie erzielt wird. Die Leute kaufen ihre Schuh größtenteils auf den Märkten und flicken sie selbst, wenn sie beschädigt sind; oft haben die zwei Meister, die hier sind, keinen Verdienst.“39 Moises wiederholte im September 1834 seinen Antrag, diesmal befürwortete ihn die Gemeinde, das Landgericht lehnte jedoch ab. Am 13. Juli 1835 wurde der Antrag erneut gestellt, diesmal verbunden mit der Bitte um Genehmigung der Verehelichung mit Frommet Schaafheimer aus Lohrhaupten. Die Braut sollte zur Aussteuer 700 Gulden an barem Geld von ihrem Vater erhalten, damit war der Nahrungsstand der Familie wohl gesichert und der Genehmigung stand nichts mehr im Weg. Die Hochzeit war am 1. Mai 1836, die Familie wohnte in Hausnummer 152 im „Alten Judenhof“ (heute Karlstadter Straße 1) und bekam bis 1852 neun Kinder.

Am 30. August 1826 erklärte Moises Brenner vor dem Armenpflegschaftsrat, sein Sohn Lemmo, 14 Jahre alt, wolle das Schuhmacherhandwerk bei Jacob Binau erlernen und bat deshalb um das erforderliche Attest. Weil Lemmo vermögenslos war, stellte der „Pflegschaftsrat die gehorsamste Bitte, er möchte der höchsten Gnade der freyen Aufdingung würdig erkannt werden.“ Lemmos Bruder Joseph wollte im Juli 1829 das Schneiderhandwerk bei dem Meister Augustin Braun in Steinbach lernen. Auch er sollte unentgeltlich aufgedungen werden, „welche höchste Gnade derselbe seiner Armut wegen würdig ist“.40 Das Schreinerhandwerk wollte Samuel Stern bei Schreinermeister Michael Tripp erlernen. Deshalb stellte er am 27. April 1826 beim Pflegschaftsrat einen entsprechenden Antrag. Es ist jedoch nicht sicher, dass er sein Vorhaben ausgeführt hat, denn als er 1836 heiraten wollte, wurden bei seinem Vermögen zehneinhalb Tagwerk Grundstücke genannt. Auch wurde im folgenden Jahr von der Gemeinde erklärt, dass er „den Feldbau selbst betrieben hat und auch denselben fernerhin betreiben will“.

Von Samuel Sterns Bruder Hajum ist nur bekannt, dass er als Wollenwebergeselle in Wiesenfeld die Gewerbskonzession beantragte, aber nicht erhielt. Wo er seine Lehre gemacht hatte, ist nicht überliefert.

38 39 40

„Wiesenfeld, das alte Pfarrdorf in Franken“, Seite 328 „Wiesenfeld, das alte Pfarrdorf in Franken“, Seite 328 „Wiesenfeld, das alte Pfarrdorf in Franken“, Seite 331

288 Wiesenfeld

Das Seifensiederhandwerk hatte Abraham Hecht in Bibergau bei Dettelbach bei dem Meister Wolf Rosenheim erlernt. Er bat am 17. Februar 1829 um das gemeindeamtliche Attest, um die Meisterprobe ablegen zu können.41 Doch neben dem Seifensieden betrieb Hecht offensichtlich noch eine Landwirtschaft, denn am 21. Oktober 1836 berichtete die Gemeinde an das Landgericht: „Abraham Hecht besitzt 40 Feldgrundstücke in einer Fläche von zwölf Morgen (1 Morgen = 20 ar) acht Ruthen Acker und 17 Ruthen Wiesen.“ (Eine bayerische Quadratruthe = 8,5182 Quadratmeter, eine preußische Quadratruthe = 14,185 Quadratmeter) Schon 1823 war in einem Schreiben der Gemeinde von drei jüdischen Bauern die Rede, die ihre Feldarbeit von christlichen Dienstboten verrichten ließen.

Abraham Bamberger besaß 1823 in Rettersbach, Hausnummer 8, einen Bauernhof, zu dem neben den Gebäulichkeiten 32 ¼ Tagwerk Ackerland, dreieinviertel Tagwerk Wiesen und neuneinviertel Tagwerk Wald gehörten. Diesen Hof sollte sein Sohn Marx erhalten. Nachdem jedoch dessen geplante Ehe mit Veigel Kahn aus Remlingen nicht zustande kam, ging der Hof an den anderen Sohn David Bamberger. Dieser verkaufte das Gut 1836 für 3000 Gulden an Georg Schmitt aus Thüngen. Beim Verkauf umfasste der Hof 25 Tagwerk Ackerland, fünfeinhalb Tagwerk Wiesen und zwölf Tagwerk Erbholz.42 Nach dem Bericht von 1823 betrieb zu dieser Zeit nur ein Wiesenfelder Jude den Hausierhandel. Zuvor waren es wesentlich mehr: Am 7. September 1819 beantragten sieben Juden das Hausierpatent und in den Jahren 1820/21 waren 21 Patente für den Hausierhandel erteilt worden.43 Auch 1823 gab es weitere Anträge für ein Hausierpatent: Hirsch Grünbaum für den Distrikt Karlstadt mit Schnittwaren, persönlich auszuüben durch seinen Sohn Kallmann Grünbaum.

Abraham Grünbaum ebenfalls mit Schnittwaren für den Distrikt Karlstadt, persönlich auszuüben. Als Argument gab die Gemeinde noch an: „Hat keinen anderen Nahrungsstand.“ Samuel Schloß für Schnittwaren im Distrikt Karlstadt, auch ihm wurde das Fehlen einer anderen Einnahmequelle bescheinigt.44 Weitere derartige Anträge wurden 1825 von Samuel Lay (oder Levy) und von Joachim Braunold gestellt. Dann fehlen entsprechende Einträge in den Protokollbüchern.

Erst wieder 1838 beantragte Oscher Frank für seine Tochter Jette, 23 Jahre alt, ein Hausierhandelspatent für Ellenwaren. Die Gemeinde befürwortete den Antrag und erwähnte dabei auch, dass „hierorts kein Individuum mehr mit Hausieren sich abgibt,

41 42 43 44

„Wiesenfeld, das alte Pfarrdorf in Franken“, Seite 332 „Wiesenfeld, das alte Pfarrdorf in Franken“, Seite 335/336 Adolf Link: „Wiesenfeld im Waldsassengau“, Seite 355 „Wiesenfeld, das alte Pfarrdorf in Franken“, Seite 342 Wiesenfeld 289

indem Abraham Grünbaum das Geschäft aufgegeben hat“.45 Anscheinend war um diese Zeit der jüdische Hausierhandel im Ort zum Erliegen gekommen.

Eine weitere Erwerbsart oder zumindest ein Nebenerwerb waren der Betrieb einer Garküche und Koscherweinausschank. Ein großer Verdienst war daraus wohl nicht zu erwarten, da als Gäste ja nur die als sparsam bekannten Juden in Frage kamen.

Der Metzgergeselle Abraham Heilmann, dessen Vater Heyum Heilmann in Hausnummer 133 eine Metzgerei betrieb, stellte am 1. Dezember 1833 den Antrag auf Erteilung einer Metzger- und Garküchenkonzession. Die Gemeinde befürwortete den Antrag, ob das Landgericht seine Zustimmung gab, ist aus den Unterlagen nicht zu ersehen.

Im Januar 1837 beantragt Sender Baum, „Eigenzimmer und Viehunterkäufer“, die Genehmigung zur Ansässigmachung auf einem Garküchenbetrieb. Die Gemeinde lehnt ab, „weil der Nahrungsstand für eine Familie auf so geringfügige Art, wie die des Bittstellers nicht erzielt werden kann“.46 Fast gleichzeitig, am 18. Januar 1837, bemüht sich Jacob Gutmann, 70 Jahre alt, um einen Weinausschank für die Juden und erklärt dabei, dass er bereits 18 Jahre lang Wein ausgeschenkt habe. Die Gemeinde hatte nichts dagegen einzuwenden.

Nur drei Tage später beantragte der Schuhmachermeister Moses Steigerwald die Genehmigung für eine jüdische Garküche und den Ausschank von Koscherwein.

Die Gemeinde lehnte jedoch ab, weil eine Garküche nicht zu seinem Schuhmachergewerbe passe und eine solche weder für nützlich noch notwendig erachtet wurde.

Am 6. Juni 1838 erklärte Kallmann Grünbaum, dass er die Witwe von Jacob Gutmann, der am 10. Dezember 1837 gestorben war, heiraten wolle und wollte dabei den Weinauschank von Gutmann übernehmen. Am 1. Juli erweitert er seinen Antrag um die Genehmigung für eine Garküche. Die Gemeinde gab ihre Zustimmung. Die Ehe kam offensichtlich nicht zustande, denn Biegel Gutmann heiratete im Oktober 1842 Löw Stern aus Heßdorf. Damit hatten sich auch die Garküchen- und Weinausschankpläne von Kallmann Grünbaum erledigt. Mit der Inbetriebnahme der Eisenbahnstrecke Würzburg – Aschaffenburg am 1. Oktober 1854 verschwanden auch die durchreisenden Handelsjuden von den Straßen und die Garküchen und Koscherweinschenken verloren ihre Existenzgrundlage.

Der Einstieg in handwerkliche Berufe um 1820 und 1830 war aber nur eine vorübergehende Episode. Die nachfolgenden Generationen kehrten fast alle wieder zum Handel zurück. Auch wer die Landwirtschaft ausübte, handelte meist nebenher noch mit Vieh oder anderen Waren. Der Auszug aus dem Gewerberegister zeigt das ganz deutlich.

45 46

„Wiesenfeld, das alte Pfarrdorf in Franken“, Seite 344 „Wiesenfeld, das alte Pfarrdorf in Franken“, Seite 348

290 Wiesenfeld

Gewerberegister Wiesenfeld 1882 bis 193847 27.06.1882 27.06.1882 17.07.1882 05.03.1883 04.05.1883 21.08.1883 07.07.1884 22.01.1885 24.06.1885 26.03.1886 27.01.1887 20.04.1887 12.10.1887 30.01.1888 08.02.1888 19.05.1888 01.07.1889 28.02.1889 11.07.1890 28.07.1890

10.03.1896

Bamberger, Abraham Viehhandel; Haus Nr. 37 Stern, Seligmann Viehhandel; Haus Nr. 38 Kahn, Sigmund Schafwollenhandel im Kleinen; Haus Nr. 91 Hanauer, Löb Getreidehandel für die Monate März, April Hanauer, Löb Handel mit Kleie auf die Zeit von zwei Monaten Kahn, Sigmund Schafhändler; Haus Nr. 91 Hanauer, Löb Metzger ohne Verkaufsladen Hanauer, Bendet Viehhandel, Haus Nr. 161 Hanauer, Löb Wollenverkauf auf die Dauer von vier Wochen Lichtenstädter, Moses Land…..handel mit gemischten …….schaft Hanauer, Bendet Viehhandel, Haus Nr. 161 Hanauer, Löb Handel mit ….

Kahn, Sigmund Schafwollenhandel Kahn, Sigmund Handel mit Kleinvieh Hanauer, Hirsch Viehhandel Hanauer, Löb Handel mit Landesprodukten Stern, Seligmann Viehhandel Lichtenstätter, Moses Stehender Viehhandel im Kleinbetrieb Bamberger, Baruch Viehhandel im Kleinbetrieb Kahn, Salomon Metzgerei, weiterer Eintrag: „Ich betreibe die Metzgerei in dem v. Maier Heilmann früher eingerichteten Schlachthaus in Haus Nr. 133.

Bamberger, Baruch Viehhandel Hanauer, Löb Metzgerei Baumann, Löb Stehender Pferdehandel im Kleinbetrieb Hanauer, Abraham Stehender Pferdehandel im Kleinbetrieb Stern, Seligmann Stehender Viehhandel Baumann, Löb Stehender Pferdehandel im Kleinbetrieb Bamberger, Baruch Unterhändler Lichtenstätter, Moses Handel mit Vieh im Kleinbetrieb; Haus Nr. 104 Hanauer, Löb Stehender Viehhdl im Kleinbetrieb; Haus Nr. 146 Rosenberger, Salomon Handel mit Kleinvieh im Kleinbetrieb; Haus Nr. 147 Hanauer, Löb Verkauf von Wildfrüchten und Fruchthandel Hanauer, Löb Produktion und Handel in geringem Maßstab sowie Wollhdl. im Kleinbetrieb; Haus Nr. 146 Kahn, Salomon Unterkäufer, Haus Nr. 133

06.01.1897

Baum, Jakob

06.01.1897 10.01.1897 27.01.1897

Stern, Seligmann Hanauer, Hirsch Hanauer, Löb

25.08.1891 07.09.1892 03.02.1893 08.02.1893 16.02.1893 01.02.1894 08.03.1894 08.05.1894 24.07.1894 13.09.1894 31.03.1895 17.02.1896

47

Handel mit Groß- und Kleinvieh; mitgeführt wird Sohn Max Baum, 17 Jahre alt Handel mit Vieh; Haus Nr. 77 Handel mit Groß- und Kleinvieh; Haus Nr. 105 Handel mit Rindvieh und Pferden

Stadtarchiv Karlstadt/Wies. 822/8 Wiesenfeld 291

11.02.1897 10.03.1897 113 15.04.1897 19.04.1897 09.06.1897 02.12.1897 01.07.1898 24.03.1898 02.01.1899 18.01.1899 23.06.1899 24.09.1899 17.01.1905 28.03.1900 28.01.1901 04.03.1903 04.03.1903 30.03.1903 15.04.1903 20.03.1905 28.11.1906 01.04.1907 15.01.1908 28.09.1908 15.03.1909 14.04.1909 03.07.1910 Jan. 1911 25.01.1911 19.02.1911 19.10.1911 27.12.1911 02.05.1913

Bamberger Abraham Hanauer, Abraham

Handel mit Rindvieh; Haus Nr. 37 Handel mit Rindvieh mit Sohn Sali (15); Haus Nr.

Bamberger, Abraham Braunold, Joseph

Handel mit Rindvieh; Haus Nr. 145 Handel mit fertigen Herrenkleidern im Kleinbetrieb im Hause und auf Bestellung Hanauer, Löb Handel mit Rindvieh im Kleinbetrieb;Haus Nr. 146 Hanauer, Löb Metzgerei, Haus Nr. 146 Hanauer, Hirsch Getreidehandel; Haus Nr. 105 Hanauer, Löb Handel mit Landesprodukten o. Lager; Haus Nr. 146 Bamberger, Max Pferdehandel, stehendes Gewerbe; Haus Nr. 72 Rosenberger, Salomon Viehhandel; Haus Nr. 147 Adler, Louis Essighandel in der Gemeinde Wiesenfeld Adler, Louis Spezerei- und Kurzwaren; Haus Nr. 104 Adler, Louis Zigarrenhandel in der Gemeinde Wiesenfeld Bamberger, Ferdinand Schnittwaren auf Musterkarte; Haus Nr. 38 Bamberger, Ferdinand Gemischtwarengeschäft; Haus Nr. 38 Hanauer, Moses Viehhandel mit Kleinvieh; Haus Nr. 161 Adler, Louis Viehhandel mit Kleinvieh; Haus Nr. 104 Steigerwald, Joseph Viehhandel; Haus Nr. 137 Baum, Jakob Viehhandel; Haus Nr. 41 Hanauer, Moses Viehhandel mit Kleinvieh; Haus Nr. 105 Hanauer, Salli Viehhandel in geringem Maßstab; Haus Nr. 113 Adler, Louis Zigarrenhandel im Kleinbetrieb; Haus Nr. 104 Hanauer, Philipp Pferdehändler Steigerwald, Jakob Schuhwarenhandel Steigerwald, Jakob Handel mit Kleinvieh im Kleinstbetrieb Steigerwald, Jakob Schuhwarenhandel in ganz kleinem Betrieb; Filiale in Steinfeld Bamberger, Abraham jg. Viehhandel im Kleinbetrieb; Haus Nr. 145 Rosenberger, Emanuel Metzgerei Hanauer, Philipp Essighandel im Kleinbetrieb; Haus Nr. 146 Steigerwald, Gustav Viehhandel; Haus Nr. 137 Stern, …….

Viehhandel; Haus Nr. 77 Hanauer, Sally Viehhandel Rosenberger Emanuel Viehhandel; Haus Nr. 147

Hier enden die Einträge und beginnen erst wieder am 1. Juni 1919.

15.09.1919 Steigerwald, Jakob Viehhandel im eingeschränkten Umfang; Haus Nr. 34 03.10.1919 Stern, Hugo Viehhandel; Haus Nr. 77 07.05.1920 Stern, Hugo Manufakturen 05.04.1922 Bamberger, David Schuhhandel 21.05.1922 Steigerwald, Eugenie Kurz- und Wollwaren 30.04.1923 Kahn, Salomon Aufkauf von Häuten und Fellen 292 Wiesenfeld

29.05.1923 03.06.1923 13.07.1923 14.09.1923 28.04.1924 02.09.1924 09.01.1925

Adler, Louis Braunold, Josef Bamberger, David Hanauer, Salli Bamberger, Louis Hanauer, Philipp Hanauer, Salli

22.09.1925 01.10.1925 10.03.1926 25.05.1926 06.09.1926

Bamberger, Siegfried Bamberger, David Baumann, Baruch Baum, Max Baum, Babette

30.12.1927 31.10.1928

Aufkauf von Häuten und Fellen Handel mit gemischten Waren Vertreter für Nähmaschinen Handel mit Schafen Steinkohlenhandlung Viehhandel im Kleinen Pferdehandel, stehendes Gewerbe in kleinem Maßstab Viehhandel in kleinem Maßstab Viehhandel in kleinem Maßstab, stehendes Gewerbe Pferdehandel Unterhändler Viehhandel; durch den Sohn Max Baum wird der Viehhandel ausgeführt Aufkauf von Vieh auf Provision Viehhandel; das Gewerbe wird von Max Baum ausgeführt

Hanauer, Salli Die Geschwister Ernestina Baum Hedwig Baum Moses Baum 28.01.1930 Stern, Eugen Pferdehandel 18.11.1930 Bamberger, Max Manufaktur- und Kolonialwaren 23.12.1931 Hanauer, Sali Pferdehandel 09.05.1932 Baum, Max Viehhandel 05.07.1932 Rosenberger, Emanuel Viehhandel 15.10.1932 Bamberger, Meta Gemischtwarengeschäft 04.01.1933 Bamberger, Siegfried Pferde- und Viehhandel als stehendes Gewerbe 29.05.1934 Rosenberger, Siegfried Versicherungsagentur 02.01.1935 Rosenberger, Emanuel Handel mit Pferden als stehendes Gewerbe 02.01.1935 Rosenberger, Emanuel Handel mit Rauchwaren 25.02.1935 Rosenberger, Emanuel Handel mit Vieh, Pferden und Rauchwaren; (Siegfried Rosenberger unterzeichnet für Emanuel Rosenberger) 03.07.1935 Hanauer, Philipp Vieh- und Pferdehandel 07.01.1936 Baum, Max Handel mit Pferden 18.01.1938 Hanauer, Leo Handel mit Rindvieh und Pferden Um 1900 betrieben von den jüdischen Haushaltungsvorständen elf den Viehhandel, sechs den Kramwaren-, Schnittwaren- und sonstigen Handel und zwei einen Fleischerladen.48 Aufschlussreich ist auch das Adressbuch von 1928, in dem neben Anschrift und Telefonnummer auch die Berufe angegeben sind.

Name Adler Louis Bamberger David 48

Hausnummer Beruf 104 Kaufmann und Unterhändler 145 Manufakturwarenhandlung

„Wiesenfeld, das alte Pfarrdorf in Franken“, Seite 324 Wiesenfeld 293

Bamberger Ferdinand Bamberger Louis Bamberger Max Bamberger Siegfried Baum Max Baumann Bernhard Braunold Josef Hanauer Moses Hanauer Philipp Hanauer Salli Kahn Salomon Rosenberger Emanuel Steigerwald Gustav Stern Hugo

38 37 72 72 41 104 151 161 146 113 133 147 137 77

Manufaktur- u. Kolonialwarenhandlung Kohlen- Öl- und Fetthandel Pferdehandel Pferdehandel Viehhändler Viehhändler Versicherungsagent Landwirt Landwirt und Pferdehandel Landwirt und Pferdehandel Unterhändler Metzgerei Viehhändler Viehhändler

Jüdischer Grundstückshandel In den 1840er Jahren wurden verhältnismäßig viele jüdische Grundstücksverkäufe von der Gemeinde beurkundet. Vermutlich hatten die Besitzer diese Grundstücke als Konkursgläubiger an sich gebracht und waren nun bestrebt, sie gewinnbringend weiterzuveräußern. Unter anderen wurden folgende Verkäufe bei der Gemeinde dokumentiert: 22. November 1841 Süß Stern verkauft an den Schäfer Sebastian Keller von hier zweieinhalb Morgen Acker am hohen Buch, neben Michel Werthmann und Johann Georg Rüb von Rettersbach unter folgenden Bedingungen: Für den Flächeninhalt wird keine Gewähr übernommen.

Der Kaufpreis beträgt 252 Gulden 30 Kreuzer, zahlbar in sechs Martinifristen von 1842 bis 1847 mit einer Verzinsung von fünf Prozent (Martini = 11. November).

Käufer trägt ab 1. Oktober 1841 alle Lasten.

Der Acker bleibt dem Verkäufer bis zur gänzlichen Bezahlung verpfändet.

22. März 1843: Hayum Stern verkauft an Johann Schuhmann von Steinfeld einen Acker mit ein Viertel Morgen 18einhalb Ruthen Fläche im Erlashub auf Steinfelder Markung um 93 Gulden 24 Kreuzer, zu zahlen in vier Weihnachtsfristen 1843 bis 1846, verzinslich zu fünf Prozent.

14. November 1845: Süß Stern verkauft an Sebastian Roth von Hausen einen Acker am Eichelberg mit 64 Ruthen um 45 Gulden, zahlbar in vier Martinifristen von 1846 bis 1849 mit einer Verzinsung von fünf Prozent.

9. Oktober 1846: Süß Stern verkauft an Valtin Breitenbach einviertel Morgen 18einhalb Ruthen im Seufen für 60 Gulden, zahlbar in vier Weihnachtsfristen von 1847 bis 1850 und mit fünf Prozent zu verzinsen.

294 Wiesenfeld

Mit dieser Quittung bescheinigt Bendet Hanauer, dass Adam Herrmann von Erlenbach für seinen Schwager, den Jägersmüller Anton Welzenbach, 50 Gulden bezahlt hat.

Foto: Hermann Schaub

10. Dezember 1846: Süß Stern verkauft an Sebastian Zimmermann, Schneider von hier, zwei Ackergrundstücke an der Stendelbach mit einer Gesamtfläche von 45einhalb Ruthen um 24 Gulden, zahlbar in vier Martinifristen von 1847 bis 1850 mit einer Verzinsung von fünf Prozent.

Auch Mietverträge wurden zwischen Juden und Nichtjuden abgeschlossen und vom Gemeindeschreiber beurkundet: 29. Mai 1844: Männle Rosenberger vermietet auf die Dauer eines Jahres sein von Adam Öhring ersteigertes Wohnhaus mit Scheuer, Viehstall, Hofrieth und Garten an Joseph Heim um die jährliche Mietsumme von 16 Gulden, zahlbar in vierteljährlichen Raten zu folgenden Bedingungen: 1. Rosenberger behält sich in der Scheuer die zwei oberen Gerüste zum eigenen Gebrauch vor.

2. Heim muß bei seinem Abzug die Gebäulichkeiten in gleichem Zustand übergeben.49 Auch Viehgeschäfte sind in den Gemeindebüchern verzeichnet: 29. Juli 1828: „Verkauft Sebastian Korn von Maßenbuch ein paar gelbrote Stiere.

Gehörn aufgeworfen an Bamberger von hier… um 99 Gulden bar bezahlt…

9. August 1828: Verkauft Abraham Hanauer eine rote Kuh gegen eine andere rote Kuh an Valtin Rauchalles jung von hier. Valtin Rauchalles verspricht Zugabe acht Gulden zwei Metz Korn zu bezahlen in einem Jahr vom obigen Datum an. Beide gewähren nach Landesbrauch.

28. Januar 1829 Verkauft Moses Hanauer von hier eine rote blasse Kuh mit aufgeworfenem Gehörn an Michel Keller von Massenbuch für 36 Gulden, zu bezahlen 49

„Wiesenfeld, das alte Pfarrdorf in Franken“, Seite 369 bis 372 Wiesenfeld 295

auf drei Ziele: nämlich ein Drittel bis Pfingsten 1829, ein Drittel Martini 1829, ein Drittel Ostern 1830. Gewährschaft nach Landesbrauch und bis Patenstag ein Kalb.“50 Die Armen unter der Judenschaft Das Verzeichnis der Steueranlage vom 11. November 1860 zeigt, dass es neben recht gut situierten Juden auch solche gab, die in bescheidenen Verhältnissen lebten. Die israelitische Kultusgemeinde hatte zwar 1889 eine mit 1200 Mark dotierte Kultusstiftung, deren Zinsen zur Bestreitung der Kultusbeiträge für die vier mindestbemittelten Gemeindemitglieder bestimmt waren. Es ist jedoch nicht bekannt, ab wann diese Stiftung existierte.

Aber manchmal fehlten die Mittel schon für die Dinge des täglichen Lebens. Kam dann noch eine Krankheit dazu, wurde es besonders schlimm. So bat der Vorsänger Hirsch Grünbaum am 27. Juli 1824 den Pflegeausschuss um ein Zeugnis, das ihm die unentgeltliche Aufnahme ins Juliusspital ermöglichen sollte. Er hatte sich durch einen Sturz am Oberschenkel verletzt und konnte aus eigenem Vermögen die Kosten zu seiner vollständigen Wiederherstellung nicht bestreiten. Der Ausschuss stellte ihm folgendes Zeugnis aus: „Moises Hirsch Grünbaum, Juden Vorsänger, ist 67 Jahre alt. Derselbe hat eine sehr beschwerliche Haushaltung, indem er mit seinem geringen Dienstertrag noch drei ledige Kinder (zwei andere sind verheiratet) zu ernähren hat, wovon das eine noch contract (gelähmt) ist, also durch die besondere Pflege noch mehr Auslagen voraussetzt. Bey diesen Verhältnissen ist er außer Stand, die Kosten zu seiner gänzlichen Herstellung zu bestreiten und da er in der Gemeinde als ein redlicher, rechtschaffener Mann bekannt ist, so verdient er auch zur gnädigsten Aufnahme ins Julius Spital empfohlen zu werden.“51 Die beiden ledigen Geschwister Wolf und Fradche Lilienthal (andere Schreibweise: Linienthal) erklärten am 6. Januar 1826 dem Pflegschaftsrat, dass sie für Schutzgeld und Hausbestandsgeld zehn Gulden schuldeten. Sie baten um ein Bedürftigkeitszeugnis, um die Schulden erlassen zu bekommen. Das Zeugnis wurde ihnen ausgestellt: „Da die Geschwister Wolf und Fradche Lilienthal kein eigenes Vermögen besitzen, auch kein Gewerb haben, von dem sie leben könnten, so haben sie sehr zu kämpfen, sich nur nothdürftig ihren täglichen Unterhalt zu verschaffen, wie dies allgemein dahier bekannt ist, sodaß sie nichts erübrigen können, um anderweitige Auslagen zu bestreiten.“52 Sebastian Eugen Schaub berichtet in seinen Aufzeichnungen noch von Hayum Heilmann, der am 26. Mai 1839 in Wiesenfeld geboren war und den er in seiner Kinderzeit noch erlebte. Er war alleinstehend, gänzlich mittellos und gebrechlich und lebte bei 50 51 52

Adolf Link: „Wiesenfeld im Waldsassengau“, Seite 355 „Wiesenfeld, das alte Pfarrdorf in Franken“, Seite 356/357 „Wiesenfeld, das alte Pfarrdorf in Franken“, Seite 373

296 Wiesenfeld

der verwitweten Rebekka Steigerwald in Hausnummer 132 am Kirchberg.

Er wurde in den jüdischen Haushaltungen „rumgehalten“, das heißt er bekam täglich in einem anderen Haus sein Essen. Als Gegenleistung musste er den Frauen seiner Gastgeber das zum Feueranschüren benötigte Reisig zurechtmachen. Seine einzige Freude war das Spielen auf der Mundharmonika, die er immer bei sich trug.

Hayum Heilmann starb am 8. Mai 1900.

Die Wehrpflicht der Juden Seit wann die Wiesenfelder Juden Wehrdienst zu leisten hatten, lässt sich aus den Gemeindeakten nicht Die Tafel für die Kriegsteilnehmer von 1870/71 an der Pfarrkirche genau feststellen. Da aber enthält auch die Namen der jüdischen Soldaten Markus Baum und das Judenedikt hier erst Michael Rosenberger.

Foto: Hermann Schaub 1817 in Kraft trat, ist mit Sicherheit davon auszugehen, dass auch die Wehrpflicht erst danach einsetzte. Die ersten Aufzeichnungen in den Wiesenfelder Gemeindeakten über jüdische Konskribierte stammen von 1823. Für die Jahre von 1823 bis 1832 werden hier genannt: Abraham Hecht, Menla Rosenberger, Jüdle Rosenberger, Süß Stern, Aaron Frank, Jakob Steigerwald, Moises Baum und Götz Steigerwald. Ob einer von den Genannten auch tatsächlich Wehrdienst geleistet hat, ist aber nicht sicher. Die Truppenstärke Bayerns war nämlich damals sehr niedrig und dadurch der jährliche Ersatzbedarf gering. Zudem wurde bei der Musterung ein sehr strenger Maßstab angelegt. Wenn dann der Gemusterte für tauglich befunden worden war, bedeutete das noch nicht, dass er tatsächlich zum Militärdienst eingezogen wurde. Darüber entschied damals das Los.53 53

„Wiesenfeld, das alte Pfarrdorf in Franken“, Seite 378 Wiesenfeld 297

Die Liste der konskribierten Juden von Wiesenfeld für den Zeitraum von1823 bis 1832.

Foto: Hermann Schaub

Sicher ist jedoch, dass Michael Rosenberger, der Sohn des Menla Rosenberger, im Deutschen Bruderkrieg von 1866 wie auch im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 gekämpft hat.54 Markus Baum war ebenfalls 1870/71 im Einsatz. Die Namen der beiden sind auf der Gedenktafel an der Pfarrkirche für die Kriegsteilnehmer von 1870/71 aufgeführt.

Wie viele der Wiesenfelder Juden im Ersten Weltkrieg eingezogen waren, ist nicht genau bekannt. Sebastian Eugen Schaub schätzte ihre Zahl auf etwa zehn Teilnehmer.

Namentlich bekannt sind Gustav Steigerwald, er kehrte als Invalide zurück, und Hugo Stern, der mit dem Eisernen Kreuz II und dem Bayerischen Verdienstkreuz ausgezeichnet und zum Sergeant befördert wurde.55 Philipp Hanauer nahm vom 2.

August 1914 bis zum 6. Januar 1919 am Weltkrieg teil und wurde mit dem Eisernen Kreuz II ausgezeichnet.56 Auch Sally Hanauer, Hausnummer 113, hatte beim 9.

Infanterie-Regiment in Würzburg gedient und den Weltkrieg mitgemacht,57ebenso wie sein Bruder Alfred, der dem 8. Infanterieregiment angehörte, 1915 schwer ver54 55 56 57

Bayerisches Staatsarchiv Würzburg, Bayerisches Staatsarchiv Würzburg, Bayerisches Staatsarchiv Würzburg, Bayerisches Staatsarchiv Würzburg,

298 Wiesenfeld

LRA KAR 4279 Gestapoakte 15295 Gestapoakte 18874/359 Gestapoakte 362

wundet wurde und mehrere Auszeichnungen erhalten hatte.58 Friedrich Hanauer, geboren 11. April.1893 in Wiesenfeld, (Hausnummer 105), vor 1914 in Würzburg wohnhaft, fiel am 30. August 1915.

Das Zusammenleben der Juden mit ihren Mitbürgern Aus einem alten Protokollbuch der Gemeinde Wiesenfeld: „Geschehen den 25ten März 1819 Präs. Sämtl. Gemeindausschuß.

Wird folgender Antrag gestellt: Mehr als Zweidrittheil der hiesigen Gemeinde hängt so hinter den Juden, dass zu befürchten steht, es möge bald dieser oder jener von ihnen zusammen gerissen werden. Das schnelle Bereichern der Juden und häuffiges Verarmen Philipp Hanauer, Hausnummer 146, geboren der meisten Ortsnachbarn hat einzig seinen am 29. Dezember 1883, deportiert am 24.

Grund im Viehborgen. So gibt der Jud z.B. März 1942 Repro: Staatsarchiv Würzburg, den Bauern ein Paar Stiere für 16 – 18 Ka- Gestapo 359 rolin (Erläuterung: ein Paar Jungochsen als Einspann für 288 bis 324 Mark, 1 Karolin = 18 Mark) und in einem Jahr (wenn es anderst so lange dauert) nimmt der Jud solche den Bauern um 10 Karolin wieder ab.

Lobt dabey das Hauswesen des Bauern, seine vielen guten Güter etc. Der Mann will nicht als Schuldenmacher am Tage kommen und zuletzt holt der Geyer den Vogel.

Es wird demnach der bittliche Antrag gestellt: Das Verborgen des Viehes ganz und mit Verlust des verborgten Viehes den Juden und Bauern zu untersagen. Sollte ein Mann in Noth kommen und kein Geld gelehnt erhalten können, so soll er lieber gleich den besten Acker verkaufen, damit nicht zuletzt Viehe, Haus und Güter den Juden zufällt.“ Es ist nicht bekannt, ob auf diesen Antrag eine Reaktion erfolgte. Das gewünschte Verbot wurde sicher nicht ausgesprochen. Die Tatsache aber, dass die Mehrheit der Bevölkerung finanziell so stark von einer Minderheit abhängig war, war sicher nicht die beste Voraussetzung für ein gutes Zusammenleben. Zwar wurden die Juden durch das Edikt von 1813 ihren Mitbürgern annähernd gleichgestellt, doch dauerte es noch Jahrzehnte, bis sich die neuen Judengesetze überall durchgesetzt hatten. So wurde 1826 noch Schutzgeld erhoben, obwohl es doch schon per Gesetz 1817 abgeschafft worden war. Das Rentamt Karlstadt listete in einer Zusammenstellung zum Ende des Etatjahres 1831/1832 noch folgende Abgaben der Juden auf: 58

Bayerisches Staatsarchiv Würzburg, Gestapoakte 346 Wiesenfeld 299

Schutzgeld Neujahrsgeld Aktuariatsgebühren Schutzgeld von mittelbaren Summe:

155 Gulden 30 Kreuzer 7 Gulden 3 Gulden 14 Kreuzer 212 Gulden 377 Gulden 44 Kreuzer59

Die Juden hatten nicht nur ihre eigenen Religionsvorschriften einzuhalten, sie mussten auch die Vorschriften der Katholiken beachten. So musste 1745 „Jud Schmul, Hochadlich Huttischer Schutz Verwander“ eine Kirchenstrafe von einem Gulden elf Kreuzer bezahlen, „weillen er den 24. Sondach nach Pfingsten als auff das Fest Maria Opferung zur offentlichen Ergernuß Krauth über die Gassen getragen und eingemacht“ hatte.60 In einer Leopold Hanauer, Hausnummer späteren Kirchenrechnung heißt es: „Drei Pfund zehn 146, geboren am 12. Februar1920, Pfennig erlegen die allhiesigen Judenschafft, weilen sie Sohn von Philipp Hanauer, ausgewandert nach New York/USA am den Palm-Sontag entheiliget haben. (Worin die Enthei18. Mai 1940. Repro: Staatsarchiv ligung bestand, ist nicht angegeben).61 Zwei Pfund 14 Würzburg, Gestapo 354 Pfennig „erlegt ein Laudenbacher Jüd, da derselbe auff Sontag eine Schuld bey Hans Petter eingefordert hat“.62 Am 4. Februar 1850 kam es zu einem Kapitalverbrechen in Wiesenfeld. Heinrich Schuhmann aus Steinfeld erschlug die Witwe des 1847 verstorbenen Viehhändlers Nathan Löwenthal, Hevel Löwenthal, geborene Bamberger, und ihre Magd Marianne Rosenfeld mit einem Dengelhammer, weil er seine Schulden nicht bezahlen konnte.

Schuhmann wurde am 6. September 1850 vom Schwurgericht in Würzburg zum Tode verurteilt und am 2. November 1850 öffentlich enthauptet.63 Als 1851 die Gemeinde für die gemeindeeigenen Brunnen eine Wassergebühr erheben wollte, sollten die Judenfamilien mit 24 Kreuzer jährlich das Doppelte bezahlen wie die „wirklichen Ortsnachbarn“. Diese Wasserabgabe wurde aber aus rechtlichen Gründen nicht eingeführt.

In den Gemeindeakten finden wir mehrfach Hinweise auf nicht näher bezeichnete „Neckereien“, die den Juden zugefügt wurden.64 Wahrscheinlich muss man sich darunter mehr oder weniger derbe Streiche vorstellen.

Als 1861 das Matrikeledikt abgeschafft wurde, drängten die jüdischen Haushaltsvorstände nun verstärkt auf die Rechte, die ihnen laut Gesetz schon lange zustanden. Vor allem stritt man sich um die so genannten Gemeindenutzungen. Dies waren der ko59 60 61 62 63 64

Staatsarchiv Würzburg, Statistische Sammlung 279 S.E. Schaub, Abschrift Gotteshausrechnung 1745/46 S.E. Schaub, Abschrift Gotteshausrechnung 1751/52 S.E. Schaub, Abschrift Gotteshausrechnung 1782/83 Diözesanarchiv Würzburg/Wiesenfeld, Familienbuch der Juden Stadtarchiv Karlstadt/Wiesenfeld 131/4

300 Wiesenfeld

stenlose Bezug von Brennholz und im Bedarfsfall auch Bauholz aus dem Gemeindewald, die Streugewinnung im Wald, die Nutzung des Schafpferches und besonders die kostenlose Nutzung der Gemeindegrundstücke.

Diese Gemeindegrundstücke waren durch die gemeinschaftliche Rodung von Gemeindewald entstanden und an die Inhaber der Nachbarrechte zur kostenlosen Nutzung verteilt worden. An den Rodungsarbeiten waren die jüdischen Einwohner nicht beteiligt gewesen.

Auseinandersetzungen wegen Gemeinderechten Moses und Jakob Steigerwald hatten bereits 1862 eine Regierungsentschließung erwirkt, die durch höchste Sally Hanauer, Hausnummer 113, Ministeriale Entschließung vom 7. Juni 1862 bestätigt geboren am 21. August1881, wurde und ihnen das Recht auf die Teilnahme an den gestorben am 24.November 1940 Gemeindenutzungen bestätigte. Daraufhin beanspruch- im Konzentrationslager Dachau ten alle jüdischen Haushaltsvorstände die Teilnahme an Repro: Staatsarchiv Würzburg, Gestapo 362 den Gemeinderechten und begründeten diesen Anspruch damit, dass die Befugnis zur Teilnahme lediglich durch die Eigenschaft eines ansässigen Gemeindemitgliedes bedingt sei und die Religionszugehörigkeit keinen Unterschied begründen dürfe. Die Gemeinde wies die Ansprüche zurück, weil die israelitischen Gemeindeglieder durch örtliches Herkommen von jeher von den Nutzungen ausgeschlossen waren und von allen Antragstellern bei ihrer Ansässigmachung in Wiesenfeld der Verzicht auf die Gemeindenutzungen erklärt worden sei.

Das Bezirksamt erklärte am 23. März 1864, dass das örtliche Herkommen keine rechtliche Gültigkeit habe und verwies auf den Paragraf 22 des Judenedikts vom 10. Juni1813, wonach die Juden mit den übrigen Bewohnern eine Gemeinde bilden und mit ihnen die Gemeinderechte und Verbindlichkeiten teilen. Es wies allerdings auch den Antrag der Juden ab, die Gemeinderechtsgrundstücke neu an alle Gemeindemitglieder zu verteilen, was wohl zu erheblichen Unruhen geführt hätte. Vielmehr sollten freiwerdende Anteile nach und nach an die Juden abgegeben werden.65 Die Spannungen, die sich wohl ab 1862 aufgebaut hatten, entluden sich in der Nacht nach der Einweihung der Synagoge am 25. Februar 1863, als an mehreren jüdischen Häusern Fensterscheiben eingeworfen wurden. Auslöser war das lautstarke Feiern der einheimischen und auswärtigen Juden mit Musik im Gasthaus Hagenauer, was die christliche Bevölkerung störte, da dies ja in der Fastenzeit war, in der Musik nicht erlaubt war. Das Bezirksamt rügte die Gemeinde wegen der Verletzung ihrer ortspolizeilichen Pflichten und verlangte entsprechende Maßnahmen.

Trotzdem wurden in der Nacht vom 14. auf 15. Juni 1863 gegen die Wohnung des 65

Stadtarchiv Karlstadt/Wiesenfeld, 913/4 Wiesenfeld 301

israelitischen Religionslehrers Rosenbaum wieder Steine geworfen. Das Bezirksamt Karlstadt ordnete daraufhin an, die nächtlichen Schleichwachen auf vier Personen zu verstärken, die über 25 Jahre alt sein mussten. Die Vorfälle beschäftigten auch die Regierung von Unterfranken, die androhte, im Wiederholungsfall eine Gendarmeriestation mit zwei Mann auf Kosten der Gemeinde nach Wiesenfeld zu verlegen. Am 3. Juli 1865 zeigte Jakob Steigerwald beim Bezirksamt an, dass ihm in der vergangenen Nacht mehrere Fenster eingeworfen worden seien.

Das Bezirksamt ordnete eine Verdoppelung der Schleichwache an und drohte wieder mit der Verlegung einer Gendarmeriestation nach Wiesenfeld. 66 Inzwischen hatten Moses Steigerwald und sein BruAlfred Hanauer, Hausnummer 113, der Jakob in den Jahren 1864, 1865 und 1866 aus dem geboren am 17. November 1893, Gemeindewald Holz bezogen. Den anderen Israeliten jüngster Bruder von Sally Hanauer, wurde ab 1866 der gleiche Holzbezug eingeräumt. deportiert am 29. November 1941 Ferner erhielten die Brüder Steigerwald die freigeRepro: Staatsarchiv Würzburg, wordenen Nachbarrechte von Sebastian Schäfer, Gestapo 346 Nummer 26, und Johann Amend, Nummer 1.

Dies gab Anlass zu neuem Ärger. In den Nächten vom 16. auf 17. Mai und 21. auf 22.

Mai 1866 wurden wieder an mehreren jüdischen Häusern Fensterscheiben eingeworfen.67 Anschließend versuchte man, die Juden zu einer förmlichen Verzichtserklärung auf ihre Nachbarrechte zu drängen.

Im Stadtarchiv Karlstadt finden sich mehrere Entwürfe, einmal mit dem Titel: Vertrag zwischen der israelitischen und christlichen Einwohnerschaft, dann mit dem Betreff „Verzicht der Israeliten dahier auf die Gemeinderechte“.68 In einem weiteren Entwurf verpflichtete sich die Gemeindeverwaltung, „von heute an für immer und ewig für die Sicherheit und Ruhe gegen Person und Eigentum der israelitischen Mitbürger“ zu sorgen, wenn diese im Gegenzug auf ihre Rechte verzichteten.69 Ob diese Erklärung unterzeichnet wurde und wie vorgesehen an das Bezirksamt abgeschickt wurde, ist nicht bekannt.

Zu den Vorgängen im Mai 1866 schrieb die Zeitschrift „Der Israelit“ vom 6. Juni 1866: Wiesenfeld. Dieser Tage hatten auch wir eine Art Judenexzess durchzumachen.

Lärmend und tobend durchzog ein aufgeregter Volkshaufen die Straßen und wurden dabei sieben Israeliten die Fenster eingeworfen. Was die Ursache dieses Aufruhrs war, stellte sich Tags darauf heraus, wo die Exzedenten von den Juden verlangten, sie sollten den Anteil an den Gemeinderechten schriftlich abtreten. Es war nämlich 66 67 68 69

Stadtarchiv Karlstadt/Wiesenfeld, 131/4 Stadtarchiv Karlstadt/Wiesenfeld, 022/27 Stadtarchiv Karlstadt/Wiesenfeld, 022/27 Stadtarchiv Karlstadt/Wiesenfeld, 131/4

302 Wiesenfeld

dieser Punkt schon seit Jahren ein Zankapfel zwischen den jüdischen und christlichen Einwohnern Wiesenfelds. Als jedoch das Gericht zu Gunsten der Juden entschied, mussten sich die Unzufriedenen in das Unvermeidliche ergeben. Bei dieser aufgeregten Zeit nun glaubten die guten Wiesenfelder, das Recht des Stärkeren handhaben zu dürfen, und zwangen also die Juden förmlich, die betreffende Verzichtleistung auszustellen. Wahrscheinlich haben die guten Leute übersehen, dass das Gesetz einen solchen Akt nicht anerkennt und dass die Beteiligten einer strengen Strafe zu gewärtigen haben.“ Damit waren die Diskussionen um die Gemeinderechte sicher noch nicht beendet. Im Staatsarchiv Würzburg finden sich noch bis 1870 Akten über Arthur Hanauer, Hausnummer 113, diesen Streitpunkt.

Zu den Abgaben, die die Juden zu entrichten hatten, geboren am 9. Dezember1913, Sohn gehörte auch das Neujahrsgeld, das in Wiesenfeld von Sally Hanauer, am 25. Januar.1939 der Pfarrer erhielt. Anscheinend wurde 1868 die nach Luzern verzogen, später nach Bolivien ausgewandert R e p ro : Zahlung verweigert, denn am 15. Januar 1868 klagte Staatsarchiv Würzburg, Gestapo 348 das Pfarramt die Zahlung des Neujahrsgeldes beim Bezirksamt ein. Am 4. März legte Kultusvorsitzender Lichtenstädter die Quittung über die erfolgte Zahlung dem Bezirksamt vor.70 Die Regierung von Unterfranken verfügte am 24. August 1875 eine Erhebung über Neujahrsgelder und ähnliche Abgaben der Israeliten mit dem Ziel, diese abzuschaffen. Pfarrer Uhrig präsentierte ein Dokument, in dem es hieß: „Daß die Judenschaft zu Wiesenfeld dem jedesmaligen Pfarrer daselbst als Neujahrsgeld jährlich nach einem Herkommen zwei Gulden 30 Kreuzer (umgerechnet 4,29 Mark) zu entrichten habe, wird hiermit durch Unterschrift des Deputierten der Judenschaft bezeugt.

Wiesenfeld, den 5. Februar 1827 Oscher Frank Peter, Gemeindevorsteher“ Beglaubigt war das Dokument vom Königlichen Landgericht. Begründet wurde das Neujahrsgeld am 30. September 1875 von der Gemeinde wie folgt: „Der Pfarrer ist Vorstand des Armenpflegschaftsrates, dem auch die Israeliten untergeben sind.

Derselbe ist zugleich Lokalschulinspektor über die auch von den Israeliten benützten Schulen und ihre besondere Religionsschule. Die Christen reichen ihm einschließlich auch für diese Funktionen das Pfarreinkommen, die Juden nichts. Eine kleine Compensation dafür und für den Entgang von Stolgebühren ( = Vergütung für kirchliche Handlungen) sollte das Neujahrsgeld sein, dieses ist deshalb auch nicht strittig, 70

Bayerisches Staatsarchiv Würzburg, LRA KAR 4258 Wiesenfeld 303

sondern liquid.“ Das Bezirksamt gab jedoch auf seiner Zusammenstellung „ohne Gegenleistung“ an.

Als Rechtstitel nannte die Gemeinde „Herkommen seit unvordenklicher Zeit“.71 Zum Ende des 19. Jahrhunderts scheint das Verhältnis zwischen Juden und Christen besser gewesen zu sein. Beim Begräbnis des am 3. Oktober 1903 verstorbenen Pfarrers Adam Philipp Metzler (1887 bis 1903 Pfarrer in Wiesenfeld.) auf dem Friedhof hielt auch der Vorsitzende der israelitischen Kultusgemeinde, Abraham Bamberger, eine offizielle Grabrede, worin er besonders hervorhob, dass der Verstorbene es verstanden habe, „Friede zwischen Moses Hanauer, Hausnummer 105, den beiden Konfessionen zu erhalten“. Er legte geboren am 7. Mai1875, deportiert einen Kranz am Grabe nieder und schloss seine am 15. Juni 1942 Repro: Staatsarchiv Grabrede mit den Worten: „Er möge eingehen in Würzburg, Gestapo 362 himmlische Gefilde, in das Reich der Frommen.“72 In seinen Aufzeichnungen schreibt Sebastian Eugen Schaub (1889 bis 1975): Das nachbarliche Verhältnis zwischen der christlichen und jüdischen Bevölkerung des Ortes war, mindestens bis in die Hitlerzeit hinein, im Allgemeinen gut, wenn auch oft zurückhaltend. Man betrieb Handelsgeschäfte, besonders im Viehhandel, miteinander.

Die christliche Bevölkerung kaufte auch in den jüdischen Kramwaren-, Schnittwaren-, Schuhwaren- und Metzgerläden ein, obwohl es auch christliche Geschäfte am Orte gab. Die Juden machten – vereinzelt – Besuche in christlichen Häusern und verschenkten dort an ihrem Osterfest ihren Matzen, tranken auch abends im Wirtshaus ihren Schoppen zusammen mit den Bauern und spielten Karten mit ihnen.“

Bekannte jüdische Persönlichkeiten aus Wiesenfeld Abraham Grünbaum,

geboren am 15. Februar 1855 in Wiesenfeld gestorben 1921 in Jerusalem

Im „Frankfurter Israelitischen Familienblatt“ vom 25. März und vom 31. März 1921 erschien ein umfangreicher, rühmender Nachruf auf ihn: „Die bayrische Judenheit, insbesondere die Orthodoxie, hat einen ihrer bedeutendsten Män71 72

Bayerisches Staatsarchiv Würzburg, LRA KAR 4262 Aufzeichnungen von Sebastian Eugen Schaub

304 Wiesenfeld

ner verloren. Man ist fast versucht zu sagen, dass sie verwaist und führerlos dasteht durch den Tod des Herrn Abraham Grünbaum, Nürnberg. Tragik und wunderbarer Abschluss seines reichen Lebens bildet sein Tod in Jerusalem, wo er mit seiner Gattin auf einer Studienreise durch Erez Israel weilte.

Gerade seine Liebe und Arbeit für Erez Israel bildet die Quintessenz seines grossen Schaffens und Wirkens, sie war der Zentralpunkt seines großen Schaffens und Wirkens, sie war der Zentralpunkt seines jüdischen Denkens und Empfindens, mit Erez Israel war er zeitlebens innerlich verbunden durch seelische Bande und in einer Hingebung von ganz ungewöhnlicher Kraft und Tiefe. Außerordentlich und ungewöhnlich war überhaupt die ganze Persönlichkeit, vielseitig, originell, schöpferisch, wie es nur wenigen Menschen beschieden ist.“ Abraham Grünbaum, ein Urenkel des Religionslehrers und Vorsängers Moyses Hirsch Grünbaum, besuchte die Volksschule in Wiesenfeld, anschließend die Realschule in Würzburg. Nach einer kaufmännischen Ausbildung wirkte er in Schwabach, mit 21 Jahren heiratete er Leah Goldschmidt aus Zell bei Würzburg. Um 1890 zog er nach Nürnberg, übernahm die Leitung des orthodox-jüdischen Vereins „Adas Israel“, schuf eine Religionsschule, eine Synagoge mit allen Einrichtungen und ein Rabbinat.

Grünbaum wirkte neben vielen anderen Ehrenämtern als Vorsitzender des Kuratoriums der Talmud-Thora-Schule in Schwabach und als Mitglied des Kuratoriums der Israelitischen Lehrerbildungsanstalt in Würzburg.

Joseph Schloßmann,

geboren am 17. April 1860 in Wiesenfeld gestorben am 4. Januar 1943 in Theresienstadt

Sein Vater Isaak Schloßmann, geboren am 1. Juni 1825 in Euerbach bei Schweinfurt, hatte 1854 Babette Bamberger, geboren am 13. September 1828 in Wiesenfeld, geheiratet. 1855 wurde die älteste Tochter Sophie geboren, ihr folgte 1856 die zweite Tochter Fanny. Die Familie Schloßmann zog im Frühjahr 1864 nach Lohr, wo sie eine Lederhandlung betrieb und wo der Sohn Joseph aufwuchs. Er machte eine kaufmännische Ausbildung und war schon in jungen Jahren auch im Ausland tätig. In Landshut eröffnete er einen Handel mit Textilien. Dort kam 1881 auch sein ältester Sohn Ludwig zur Welt, 1882 folgten Bernhard und 1884 der dritte Sohn Arthur. In Berlin gründete Joseph Schloßmann sein eigenes Unternehmen in der Textilbranche, ihm gehörte auch die „Hansa – Mechanische Trikotwarenfabrik Berlin – Reutlingen“.

1912 wurde ihm der Ehrentitel „Geheimer Kommerzienrat“ verliehen, auch war er Träger zahlreicher Orden und Auszeichnungen.

Bei all seinen Erfolgen vergaß Schloßmann seine Heimat nicht. Mit großzügigen Spenden unterstützte er in Lohr sowohl die israelitische als auch die katholische und evangelische Gemeinde. Auch in Wiesenfeld engagierte er sich, unter anderem ließ er sein Geburtshaus neu herrichten und die Straße davor befestigen. Am 16.

Wiesenfeld 305

Januar 1930 verlieh ihm der Lohrer Stadtrat wegen seiner Verdienste einstimmig die Ehrenbürgerwürde der Stadt Lohr. Die Übergabe der Urkunde erfolgte am 10. Mai 1930 in Lohr. Tags darauf wurde an seinem Geburtshaus in Wiesenfeld eine Gedenktafel enthüllt.

Die Inschrift lautete: „In diesem Hause wurde am 17.

April 1860 Joseph Schloßmann, Berlin, Geheimer Kommerzienrat, Ehrenbürger der Stadt Lohr, geboren“. Die Straße vor seinem Geburtshaus mit der Hausnummer 72, heute Schloßmannsgasse 5, zwischen Büttnergasse und Erlenbacher Straße wurde ihm zu Ehren nach seinem Namen benannt.

Die Hitlerjugend stellte am 5. Februar 1934 den Antrag, Schloßmann die Ehrenbürgerwürde wieder abzuerkennen. Die NS-Stadtratsfraktion wies am 19. Februar das Joseph Schloßmann, Hausnummer Schreiben der HJ „in seiner Art des Vorbringens“ zu72, geboren am 17. April 1860, derück. Der Stadtrat richtete aber am 26. März 1934 das portiert 17. August 1942, gestorben Ersuchen an Joseph Schloßmann, die Ehrenbürgeruram 4. Januar 1943.

Repro: Stadt Lohr kunde wieder zurückzugeben, „nachdem es für den Stadtrat untragbar ist, einen Ehrenbürger nicht arischer Abstammung zu besitzen“. Unterzeichnet war das Schreiben von Bürgermeister Dr. A. Wolpert.

Schloßmann wies am 10 April das Ansinnen zurück, worauf der Stadtrat am 27. April 1934 in nichtöffentlicher Sitzung beschloss, ihn von der Liste der Ehrenbürger zu streichen.

Im Zuge der nationalsozialistischen Rassenpolitik verlor Schloßmann sein gesamtes Vermögen und musste seine Wohnung in der Claudiusstraße 5 verlassen. Am 17. August 1942 wurde er nach Theresienstadt deportiert. Dort starb er am 4. Januar 1943.

In der nationalsozialistischen Ära war auch der Straßenname „Schloßmannsgasse“ in Enthüllung der Ehrentafel für Joseph Wiesenfeld nicht mehr erwünscht. Erst Schloßmann an seinem Geburtshaus am 11.

Mai 1930

306 Wiesenfeld

Repro: Otto Knoblauch

nach der Eingemeindung Wiesenfelds nach Karlstadt im Jahr 1978 wurde die Straße wieder ihrem Namensgeber gewidmet.

Dr. Ruth K. Westheimer, geboren am 4. Juni 1928 in Wiesenfeld Als Karola Ruth Siegel wurde sie in Wiesenfeld im Haus ihrer Großeltern Moses und Pauline Hanauer in der Hausnummer 161, heute Eckartshofer Straße 7, geboren.

Die populäre Soziologin, Psychologin und Autorin zahlreicher Bücher trat in den USA mit Themen der menschlichen Sexualität, Familienplanung und Verhütung an die Öffentlichkeit. Als „Dr. Ruth“ ist sie in den USA ein Medienstar. Sie ist sicher die bekannteste jüdische Persönlichkeit aus Wiesenfeld. (Ihr Werdegang und ihre Leistungen wurden bereits ausführlich im Ruth Westheimer, geboren am 4. Juni 1928 in Hausnummer 161, Soziologin, Psychologin und Jahrbuch 2003 geschildert.).

Medienstar in den USA. Foto: Felix Hain Jüdische Häuser in Wiesenfeld 1867 Bei der Lage der jüdischen Häuser in Wiesenfeld 1867 fällt auf, dass vor allem am Kirchberg und im sogenannten alten Judenhof (heute Karlstadter Straße 1 bis 5) viele Juden wohnten. Das lag daran, dass dies früher Besitz der Freiherrn von Hutten war.

Die Bewohner hatten die Häuser anfangs gemietet, später konnten sie diese erwerben.

Die Hausbesitzer waren: 1 Abraham Kahn Nr. 90 2 Wolf Braunold Nr. 79 3 Baruch Schild Nr. 77 4 Kallmann Grünebaum Nr. 101 (Haus wurde 1905 abgebrochen) 5 Synagoge Nr. 100½ 6 Jüd. Schulhaus mit Lehrerwohnung und Mikwe Nr. 135 7 Feidel Hanauer jung Nr. 136 8 Jakob Steigerwald Nr. 137, Abraham Steigerwald Nr. 137 (hier standen zwei Häuser) 9 Götz Steigerwald Nr. 132, Abraham Heilmann Kinder Nr.133 Wiesenfeld 307

10 Abrah. Heilmann Kinder Nr.134 (Haus wurde um 1880 abgebrochen) 11 Bendet Hanauer Nr. 104 11 Kaufmann Lichtenstädter 104½ 12 Feidel Hanauer I Nr. 105 13 Moses Baum Nr. 107½ 14 Baruch Bamberger Nr. 72 15 Abraham Bamberger Nr. 37 16 Feil Stern, Witwe von Süß Stern 17 Theile Rosenberger Nr. 45 18 Abraham Hecht Nr. 41 19 Frommet Baum, Witwe von Sender Baum, Nr. 113 20 Männla Rosenberger Nr. 147 21 Alte Synagoge Nr. 148 22 Joachim Braunold Nr. 149 23 Herz Leisinger Nr. 150 24 Marx Braunold Nr. 151

Die Lage der jüdischen Häuser 1867 308 Wiesenfeld

25 Moses Steigerwald Nr. 152 26 (Leer) Feidel Hanauer Nr. 146 Jüdische Häuser in Wiesenfeld um 1890 Die Wohnsituation im alten Judenhof hatte sich geändert. Es gab nur noch zwei jüdische Wohnungen, Salomon Rosenberger, Nummer 147, und Götz Braunold, Nummer 151. Die alte Synagoge mit der Nummer 148 war an das Anwesen 147 angegliedert und wurde als Scheune genutzt. Am Kirchberg war das Haus mit der Nummer 134 abgebrochen worden.

Grafik: Hermann Schaub

Die Hausbesitzer waren: 1 Sigmund Kahn Nr. 91 2 Wolf Braunold Nr. 79 3 Seligmann Stern Nr. 77 4 Kallmann Grünebaum Nr. 101 (das Haus wurde 1905 abgebrochen) 5 Synagoge Nr. 100½ 6 Jüd. Schulhaus mit Lehrerwohnung und Mikwe Nr. 135 7 Abraham Hanauer Nr. 136 8 Josef Steigerwald Nr. 137 9 Rebekka Steigerwald Nr. 132 Salomon Kahn Nr. 133

Die Lage der jüdischen Häuser um 1890

10 Moses Lichtenstädter Nr.104 11 Hirsch Hanauer Nr. 105 12 Baruch Bamberger Nr. 72 13 Michael Rosenberger Nr. 33 14 Abraham Bamberger Nr. 37 15 Ferdinand Bamberger Nr. 38 16 Jakob Baum Nr. 41 17 Abraham Hanauer Nr. 113 18 Salomon Rosenberger Nr. 147 19 Götz Braunold Nr. 151 20 Abraham Bamberger Nr. 145 21 Löb Hanauer Nr. 146 22 Bendet Hanauer Nr. 161

Grafik: Hermann Schaub

1933 noch wohnende jüdische Familien und ihr Schicksal73 Hausnummer 37 – Nr.15 auf Ortsplan Bamberger Louis 73

* 19.05.1874

am 23.07.1939 ausgewandert nach New York

Stadtarchiv Karlstadt/Wiesenfeld: Aufstellung der Gemeinde Wiesenfeld über die 1933 im Ort wohnenden Juden, Transportliste der Gestapo vom 20.03.1942, weitere Angaben wurden aus verschiedenen Gestapo-Akten im Staatsarchiv Würzburg entnommen Wiesenfeld 309

Bamberger Kamilla

* 21.01.1879

am 23.07.1939 ausgewandert Nach New York

Hausnummer 38 – Nr. 14 auf Ortsplan Bamberger Ferdinand * 16.07.1868 Bamberger Max * 20.10.1902 Bamberger Gerta * 24.06.1906

am 13.02.1939 ausgewandert nach New York am 13.02.1939 ausgewandert nach New York am 13.02.1939 ausgewandert nach New York

Hausnummer 41 – Nr. 13 auf Ortsplan Baum Max * 28.12.1879 Baum Ernestine * 05.05.1881 Baum Moses * 02.07.1892

am 24.03.1942 deportiert nach Izbica am 24.03.1942 deportiert nach Izbica am 24.03.1942 deportiert nach Izbica

Hausnummer 72 – Nr. 5 auf Ortsplan Bamberger Max * 27.10.1865 Bamberger Ida * 19.10.1869 Bamberger Siegfried * 22.05.1896 Bamberger Meta, geborene Strauß

* 11.02.1909

Hausnummer 77 – Nr. 1 auf Ortsplan Stern Heinemann (Hugo)* 28.12.1881 Stern Mathilde, * 18.01.1887 geborene Sichel Stern Flora * 02.01.1891 Stern Irma * 10.04.1917 Stern Else

* 10.04.1917

Stern Frieda,

* 13.01.1921

Stern Betty,

* 06.04.1926

Stern Max

* 06.04.1926

am 16.01.1936 verstorben in Wiesenfeld am 27.09.1936 verstorben in Wiesenfeld am 08.09.1937 verzogen nach Karlstadt, am 29.11.1941 deportiert nach Riga/Ghetto am 08.09.1937 verzogen nach Karlstadt, am 29.11.1941 deportiert nach Riga/Ghetto

am 24.03.1942 deportiert nach Izbica am 24.03.1942 deportiert nach Izbica am 24.03.1942 deportiert nach Izbica ausgewandert nach Palästina, dort verheiratete Brenner ausgewandert nach Palästina, dort verheiratete Nussbaum am 21.02.1939 ausgewandert nach Palästina dort verheiratete Strauß am 12.11.1939 ausgewandert nach Palästina dort verheiratete Gutmann am 12.11.1939 ausgewandert nach Palästina

Hausnummer 104 – Nr. 6 auf Ortsplan Baumann Bernhard * 28.12.1892 am 24.03.1942 deportiert nach Izbica Baumann Selma, * 21.06.1896 am 24.03.1942 deportiert nach Izbica geborene Langgut Baumann Marga * 27.10.1924 am 24.03.1942 deportiert nach Izbica Baumann Julius * 16.11.1894 am 24.03.1942 deportiert nach Izbica Baumann Olga, * 08.08.1866 am 23.09.1942 deportiert nach Theresienstadt, geborene Hanauer nach dem Krieg ausgewandert nach New York, verstorben am 10.07.1950 in New York 310 Wiesenfeld

Jüdische Häuser 1933

Grafik: Hermann Schaub

Hausnummer 113 – Nr. 12 auf Ortsplan Hanauer Sally * 21.08.1881 am 23.05.1940 ins KZ Dachau eingeliefert, am 24.11.1940 in Dachau verstorben Hanauer Rosa, * 27.12.1874 am 09.06.1942 zwangsweise umgesiedelt nach geborene Goldschmidt Würzburg, Bibrastraße 6 (jüdische Gemeinschaftsunterkunft) am 23.09.1942 deportiert nach Theresienstadt am 20.12.1942 in Theresienstadt verstorben Hanauer Hilde * 03.06.1910 ausgewandert nach Palästina Hanauer Martha * 14.12.1911 am 05.12.1933 ausgewandert nach Luzern Hanauer Arthur * 09.12.1913 ausgewandert nach Bolivien Hanauer Leo * 04.10.1917 am 03.05.1938 verzogen nach Frankfurt/Main Hausnummer 133 – Nr. 7 auf Ortsplan Kahn Mina * 10.08.1892 am 24.03.1942 deportiert nach Izbica Kahn Elsa * 25.09.1893 ausgewandert nach St. Louis/USA Kahn Arnold * 20.12.1895 ausgewandert nach St. Louis/USA Hausnummer 137 – Nr. 4 auf Ortsplan Steigerwald Gustav * 10.10.1878

im Juni 1942 zwangsweise umgesiedelt nach Würzburg, Dürerstraße 20 (jüdische Gemeinschaftsunterkunft) Wiesenfeld 311

Steigerwald Selma, geborene Braunold

* 11.08.1885

Steigerwald Bertha

* 07.08.1923

Hausnummer 145 – Nr. 8 auf Ortsplan Bamberger David * 02.10.1889 Bamberger Jette, geborene Ring Bamberger Albert Bamberger Arthur Bamberger Therese, geborene Silbermann

* 01.04.1895 * 10.03.1921 * 21.03.1925 * 13.10.1853

Hausnummer 146 – Nr. 9 auf Ortsplan Hanauer Philipp * 29.12.1883 Hanauer Sali, * 08.02.1887 geborene Dillenberger Hanauer Liselotte * 23.03.1914 Hanauer Leopold * 12.02.1920

am 10.09.1942 deportiert nach Theresienstadt nach dem Krieg Rückkehr nach Wiesenfeld, Wohnung in Hausnummer 41 am 30.09.1959 verstorben in Lohr/Main im Juni 1942 zwangsweise umgesiedelt nach Würzburg, Dürerstraße 20 (jüdische Gemeinschaftsunterkunft) am 10.09.1942 deportiert nach Theresienstadt nach dem Krieg Rückkehr nach Wiesenfeld, Wohnung in Hausnummer 41 am 12.07.1946 verstorben in Lohr/Main am 28.11.1939 verzogen nach Hamburg am 24.03.1942 deportiert nach Izbica am 30.12.1938 verzogen nach Würzburg am 24.03.1942 deportiert nach Izbica am 30.12.1938 verzogen nach Würzburg am 24.03.1942 deportiert nach Izbica ausgewandert nach Baltimore/USA am 24.03.1942 deportiert nach Izbica sie feierte nach einem Bericht der Zeitschrift „Der Israelit“ am 14. Oktober 1933 ihren 80. Geburtstag in Wiesenfeld, ist aber in der Auflistung der Gemeinde nicht enthalten.

Am 3.12.1938 gestorben, Grab in Würzburg

am 24.03.1942 deportiert nach Izbica am 24.03.1942 deportiert nach Izbica ausgewandert nach New York am 14.04.1940 ausgewandert nach New York

Hausnummer 147 – Nr. 11 auf Ortsplan Rosenberger Emanuel * 23.09.1877 am 22.10.1937 verstorben in Wiesenfeld Rosenberger Emilie, * 11.01.1880 am 24.03.1942 deportiert nach Izbica geborene Löwentritt Rosenberger Siegfried * 15.04.1909 am 17.10.1939 ausgewandert nach New York Hausnummer 161 – Nr. 10 auf Ortsplan Hanauer Moses * 08.03.1875 am 10.06.1942 zwangsweise umgesiedelt nach Würzburg, Bibrastraße 6, (jüdische Gemeinschaftsunterkunft) am 23.09.1942 deportiert nach Theresienstadt verstorben am 10.02.1943 in Theresienstadt 312 Wiesenfeld

Hanauer Pauline, geborene Steinheimer

* 30.061874

Hanauer Benno

* 22.10.1904

Hanauer Lothar Hanauer Erna

* 30.03.1907 * 15.07.1910

Hanauer Max

* 21.04.1912

Hanauer Ida

* 07.01.1917

am 10.06.1942 zwangsweise umgesiedelt nach Würzburg, Bibrastraße 6, (jüdische Gemeinschaftsunterkunft) am 23.09.1942 deportiert nach Theresienstadt verstorben am 25.01.1943 in Theresienstadt am 19.06.1939 ausgewandert nach Dover/England, war im Januar 1942 in Ottawa interniert, verstorben in England ausgewandert nach Israel ausgewandert nach London, verheiratete Fingerhut, lebte 1984 in England am 31.07.1939 ausgewandert nach San Francisco, lebte 1984 in San Francisco am 05.01.1940 verzogen nach Berlin/ Steckelsdorf am 24.03.1942 deportiert nach Izbica

Stolpersteine Der Kölner Künstler Gunter Demnig verlegte am 23. Januar 2010 vor zehn Anwesen 22 Stolpersteine zum Gedenken an die jüdischen Opfer des Nationalsozialismus in Wiesenfeld. Die messing-glänzenden Steine, die vor der letzten frei gewählten Wohnung der vorgenannten Opfer in den Gehsteig eingelassen wurden, sollen die Erinnerung an die früheren Bewohner lebendig erhalten.

Außer den bereits genannten Opfern, die zuletzt in Wiesenfeld wohnten, gab es auch noch zahlreiche aus Wiesenfeld stammende Opfer, die aber zum Zeitpunkt ihrer Deportation nicht mehr am Ort wohnten. Auch sie sollen hier erwähnt werden.74 Bamberger Joseph

* 14. September 1871 in Wiesenfeld, (Hausnummer 37), wohnhaft in München, im Dezember 1937 emigriert in die Niederlande, deportiert am 28. August 1942 ins Vernichtungslager Auschwitz.

Baum Hedwig

* 17. Juli 1885 in Wiesenfeld, (Hausnummer 41), wohnhaft in Berlin, deportiert ab Frankfurt-Berlin am 24./26.September 1942 nach Raasiku (bei Reval), Tötungsstätte.

Blumenbaum Jenny, * 11. Mai 1878 in Wiesenfeld, (Hausnummer 146),wohnhaft in geborene Hanauer Northeim (Niedersachsen), deportiert am 23. Juli 1942 ab Hannover nach Theresienstadt, dort gestorben am 15. August 1942.

74

Gedenkbuch des Bundesarchivs und Unterlagen aus Stadtarchiv Karlstadt Wiesenfeld 313

Frank Frieda, geborene Hanauer

* 30. Juli 1882 in Wiesenfeld, (Hausnummer 105), wohnhaft in Würzburg, Laudenbach und Frankfurt am Main, deportiert am 20. Oktober 1941 ab Frankfurt nach Litzmannstadt (Lodz)

Frankenberg Paulina, * 18. September 1875 in Wiesenfeld, (Hausnummer 146), geborene Hanauer wohnhaft in Northeim (Niedersachsen), Freitod am 25. November 1941 Frankenfelder Laura Liane * 13. Oktober 1893 in Wiesenfeld, (Hausnummer 72), geborene Bamberger wohnhaft in Dettelbach und Würzburg, deportiert am 29. November 1941 ab Nürnberg nach Riga-Jungfernhof Hamburger Karolina, * 13. März 1879 in Wiesenfeld, (Hausnummer 147), geborene Rosenberger wohnhaft in Alzenau und Aschaffenburg, deportiert am 10. September 1942 nach Theresienstadt.

Hanauer Alfred * 17. November 1893 in Wiesenfeld, (Hausnummer 113), wohnhaft in Würzburg, deportiert am 29. November 1941 ab Nürnberg nach Riga-Jungfernhof.

Hanauer Felix * 3. Dezember 1882 in Wiesenfeld, (Hausnummer 113), wohnhaft in Würzburg, deportiert am 29. November 1941 ab Nürnberg nach Riga-Jungfernhof Hanauer Mira (Meriam) * 28. Februar 1882 in Wiesenfeld, (Hausnummer 161), wohnhaft in München, deportiert am 20.November 1941 ab München nach Kowno, dort gestorben am 25. November 1941 Hanauer Moses

314 Wiesenfeld

* 7. Mai1875 in Wiesenfeld, (Hausnummer 105), wohnhaft bis 1905 in Wiesenfeld, dann in Karlstadt, Würzburg, Laudenbach, Radinkendorf und Bendorf, inhaftiert vom 7. Mai 1938 bis 21. September 1938 im KZ Dachau, vom 21. September 1938 bis 8. Februar 1940 im KZ Buchenwald, am 8. Februar 1940 wegen geplanter Ausreise nach Palästina aus Buchenwald entlassen, Reise nach Palästina kam nicht zustande, am 26. August 1940 Abreise ins Umschulungslager Radinkendorf bei Berlin, deportiert am 15. Juni 1942 ab Koblenz ins Vernichtungslager Sobibor.

Heppenheimer Jette geborene Braunold * 21. Juni 1851 in Wiesenfeld, (Hausnummer 151), wohnhaft in Mannheim, deportiert 1940 ins Internierungslager Recebedou, gestorben am 9. September 1941.

Schloßmann Joseph * 17. April 1860 in Wiesenfeld, (Hausnummer 72), wohnhaft in Lohr, Landshut und Berlin, Ehrenbürger von Lohr, Geheimer Kommerzienrat, deportiert 17 August 1942 nach Theresienstadt, gestorben am 4. Januar 1943.

Siegel Irma, * 27. Oktober 1903 in Wiesenfeld, (Hausnummer 161), geborene Hanauer wohnhaft in Frankfurt am Main, deportiert am 20. Oktober 1941 ab Frankfurt Das Grab von Gustav Steigerwald, dem letzten Wiesenfelder Juden, im jüdischen Friedhof von Würzburg nach Litzmannstadt (Lodz).

Foto: Hermann Schaub

Steigerwald Julius

* 18. Dezember 1909 in Wiesenfeld, (Hausnummer 33), wohnhaft in Offenbach-Bürgel, deportiert 1943 ins Vernichtungslager Auschwitz.

Steigerwald Minna

* 14. November 1912 in Wiesenfeld, (Hausnummer 33), wohnhaft in Offenbach-Bürgel, deportiert am 30. September 1942 ab Darmstadt vermutlich nach Treblinka.

Strauss Amalie, geborene Bamberger

* 29. Dezember 1878 in Wiesenfeld, (Hausnummer 145), wohnhaft in Frankfurt am Main, deportiert am 15. September 1942 nach Theresienstadt, von dort am 16. Mai 1944 ins Vernichtungslager Auschwitz.

Stern Emanuel

* 15. März 1878 in Wiesenfeld, (Hausnummer 38), wohnhaft in Nürnberg, deportiert am 24. März 1942 ab Nürnberg nach Izbica.

Wiesenfeld 315

Wiesenfeld im Jahre 2010 Von Hermann Schaub Einwohnerzahl am 01.07.2010

Altersstruktur: 0 bis 3 Jahre 4 bis 6 Jahre 7 bis 15 Jahre 16 bis 18 Jahre 19 bis 65 Jahre 66 Jahre und älter

1201 mit Hauptwohnsitz 84 mit Nebenwohnsitz 1285 insgesamt, davon 614 weiblich, 671 männlich 2,49 Prozent 2,96 Prozent 7,94 Prozent 4,51 Prozent 64,67 Prozent 17,43 Prozent

Ausländer: 17 (= 1,32 Prozent) Januar Der Gesangverein Liederkranz wählt am 12. Peter Knöll zum neuen Vorsitzenden.

Roland Schreck wird zum Stellvertreter gewählt. Schriftführer Hans Zorn und Kassier Heinrich Schäfer werden in ihren Ämtern bestätigt.

Am 19. stirbt im Kloster Oberzell Schwester Romana Hartmann, die über 31 Jahre in Wiesenfeld gewirkt hatte. Von 1970 bis 1989 hatte sie die Leitung des Kindergartens, bis sie dieses Amt aus Altersgründen abgab. Anschließend übernahm sie die Küstertätigkeit in der Pfarrkirche und kümmerte sich um die Kirchenwäsche. Als die Wiesenfelder Schwesternstation aufgelöst wurde, ging Schwester Romana am 8. April 2002 ins Mutterhaus nach Oberzell zurück.

Der Stadtrat befasst sich in seiner Sitzung am 21. mit der geplanten Wiesenfelder Ortsumgehung. Ralf Elias, Leiter der Planungsabteilung im Staatlichen Bauamt, stellt dem Stadtrat den möglichen Verlauf der Umgehung vor. Die erwarteten Kosten liegen bei sechs Millionen Euro plus Mehrwertsteuer. Dazu kommen Kosten von 29.000 Euro für die „spezielle artenschutzrechtliche Prüfung“, die ein Jahr dauert und nur von März bis März gemacht werden kann. Weitere Kosten würden für die Verkehrs- und Baugrunduntersuchung entstehen. Eine Beschlussfassung ist für diese Sitzung nicht vorgesehen, die Stadtratsfraktionen sollen im Hinblick auf die anstehende Haushaltsdebatte die Maßnahme beraten.

316 Wiesenfeld

Der Kölner Künstler Gunter Demnig verlegt am 23. vor zehn Anwesen 22 Stolpersteine zum Gedenken an die jüdischen Opfer des Nationalsozialismus in Wiesenfeld.

Die messing-glänzenden Steine, die vor der letzten frei gewählten Wohnung der Opfer in den Gehsteig eingelassen werden, sollen die Erinnerung an die früheren Bewohner lebendig erhalten. Zur Verlegung spielen Elke und Anna Kulawik jiddische Trauerlieder auf Akkordeon und Klarinette. Auch Bürgermeister Dr. Paul Kruck und dritter Bürgermeister Theo Dittmaier sind bei der Aktion zugegen.

Die Grundschule Wiesenfeld/Karlburg wird von der Bayerischen Landesarbeitsgemeinschaft Zahngesundheit (LAGZ) mit einem Scheck über 400 Euro belohnt, weil jeder Schüler im vergangenen Jahr zweimal zur Vorsorgeuntersuchung beim Zahnarzt war.

Februar Unter dem Motto „Heckegatzer in Bütt und Show“ veranstaltet der TSV Wiesenfeld einen närrischen Abend in der Waldsassenhalle. In den Rollen der „Wetten, dass…?“ -Moderatoren Thomas Gottschalk und Michelle Hunziker führen Rainer Schäfer und Daniela Binner durch den vergnüglichen Abend.

Der Bau-, Umwelt-, Land- und Forstwirtschaftsausschuss des Stadtrates fasst auf seiner Sitzung am 9. folgenden Beschluss: Zur Erstellung des landschaftspflegerischen Begleitplanes mit spezieller artenschutzrechtlicher Prüfung und Kartierungen zur Erstellung des Vorentwurfsplanes für die Ortsumfahrung Wiesenfeld wird der Auftrag auf der Grundlage des Honorarangebotes vom 21.01.2010 mit einer Gesamtsumme von 29.045 Euro an das Büro für Stadt- und Umweltplanung ANUVA in Nürnberg vergeben. Damit werden alle Optionen auf den Bau der Umgehungsstraße offengehalten.

Klein, aber fein ist der Faschingszug, der mit vier großen Wagen und mehreren Fußgruppen am Faschingsdienstag, von der Musikkapelle angeführt, zur Waldsassenhalle zieht. Bei strahlendem Sonnenschein sind sowohl die Zugteilnehmer als auch die Zuschauer in prächtiger Stimmung.

März Am 7. wird ein neuer Pfarrgemeinderat gewählt. Von 981 Wahlberechtigten haben 541 gewählt, das entspricht einer Wahlbeteiligung von 55,15 Prozent. Zum Vorsitzenden wird Franz Breitenbach gewählt, Stellvertreterin ist Gertrud Bruder, Schriftführerin Birgit Riethmann.

Am 11. fasst der Stadtrat auf seiner Sitzung den Beschluss, dass Haushaltsmittel zur Gewährung eines Baukostenzuschusses für die Kindertageseinrichtung „Kindernest“ Wiesenfeld 317

in Karlstadt-Wiesenfeld – Umbau/Sanierung des Schwesternhauses mit Einbau einer Kinderkrippe – bereitgestellt werden.

In der Jahresversammlung des Tennisclubs gibt Vorsitzender Josef Schäfer einen Rückblick auf die Aktivitäten 2009 und einen Ausblick auf die kommende Saison, für die 13 Mannschaften gemeldet werden. Für Ende März/Anfang April ist die Installation und Inbetriebnahme einer zusätzlichen Photovoltaikanlage auf dem Dach der Tennishalle vorgesehen.

Am 16. nimmt der Bau-, Umwelt-, Land- und Forstwirtschaftsausschuss die vorgelegte endgültige Abrechnung der Straßenausbaubeiträge für die Gehwege entlang der Ortsdurchfahrt Wiesenfeld zur Kenntnis. Damit zahlen alle Anlieger von der Tankstelle bis zu Abzweigung nach Rohrbach einheitlich 3,88 Euro pro Quadratmeter Grundstücksfläche.

April Der Bau-, Umwelt-, Land- und Forstwirtschaftsausschuss empfiehlt auf seiner Sitzung am 20. dem Stadtrat den Aufstellungsbeschluss zur 17. Änderung des Flächennutzungsplanes und zur Erstellung eines Bebauungsplanes für die geplante Errichtung einer Photovoltaikanlage auf den Grundstücken Nr. 29.138 + 29.137 und 29.070 + 29.071 der Gemarkung Wiesenfeld. Grundstückseigentümer sind Edmund Röder sowie Helmut und Rosa Röder. Der Planbereich liegt zwischen der Ortsverbindungsstraße von Wiesenfeld nach Rohrbach und der DB-Neubaustrecke südlich des Grillplatzes von Wiesenfeld in der Flurbezeichnung „Habersgrund“.

Am 29. stimmt der Stadtrat dem Zuerwerb von landwirtschaftlichen Flächen im Zuge der Feldflurbereinigung Wiesenfeld in einem Umfang von 1,8 Hektar zu. Die Mehrflächen dienen den Schutzzonen des Wasserschutzgebietes der Brunnen Wiesenfeld (TBW II bis TBW IV), der Kläranlage, der Erweiterung der Sportplatzanlage und als Flächenbereitstellung für den eventuellen Bau der Südumgehung Wiesenfeld. Die Mehrzuteilung und die höhere Bonität der zugeteilten Grundstücke im Korridor der möglichen Südumgehung sind mit 142.325 Euro bewertet. Diese Kosten sind in gleichen Raten in den Haushaltsjahren 2010 bis 2012 zu berücksichtigen.

Der Stadtrat beschließt einstimmig, dass die Stadt bei der Flurbereinigung die öffentlichen Feld- und Waldwege übernimmt und unterhält. Sie übernimmt außerdem Eigentum und Unterhalt der Landschaftsschutzanlagen, der Anlagen zur Förderung der Freizeit und Erholung und der Gewässer dritter Ordnung und der Rohrleitungen.

Mai Beim Konzert des Auswahlorchesters Karlstadt am 2. wird den begeisterten Zuhörern 318 Wiesenfeld

ein Augen- und Ohrenschmaus geboten. Passend zum Motto „Zauber des Orients“ sind nicht nur die Kostüme der Musikerinnen und Musiker, auch die Ballettgruppe des TSV Lohr tanzt zu den orientalischen Klängen. Der Erlös der Veranstaltung geht an das Hilfsprojekt Ombei in Kenia, das von der Kolpingfamilie Wiesenfeld und Freunden aus Stetten getragen wird.

Juni Beim Schulfest der Grundschule Wiesenfeld/Karlburg löst Bürgermeister Dr. Paul Kruck seine Wettschuld mit der Übergabe des Erlöses einer Tombola in Höhe von 496,90 Euro aus der städtischen Weihnachtsfeier ein. Kruck hatte gewettet, dass die Schule mit ihrer Schulleiterin Gerda Hubrich es nicht schaffen würde, im Schuljahr 2008/2009 für das Projekt Eikwe in Ghana einen Spendenbetrag von einem Euro pro Bürger der Stadt Karlstadt, das sind 15.084 Euro, zu sammeln. Drei Tage vor Ablauf der Frist war der für den Wettgewinn erforderliche Betrag auf dem Spendenkonto eingegangen.

Die vom Turn- und Sportverein finanzierte Solaranlage auf dem Dach der Waldsassenhalle ist fertig und geht in den nächsten Tagen ans Netz. Der Verein hat dafür einen Kredit von 70.000 Euro aufgenommen. Die Kosten für die zuvor nötige Dachsanierung in Höhe von 32.000 Euro übernimmt die Stadt Karlstadt.

Bei der Aktion „Zeit für Helden“ gestaltet die Jugendgruppe des THW-Ortsverbandes Lohr den Sandspielbereich des Kindergartens Wiesenfeld neu. Die Einfassungen des Spielbereiches werden erneuert, ein Sandspieltisch und eine Sandbaustelle werden erstellt. Der Sinnespfad wird wieder aufpoliert, und die Rutsche bekommt einen neuen Aufgang. Zum Abschluss belohnt ein Grillfest die fleißigen Helfer.

Der Bau-, Umwelt-, Land- und Forstwirtschaftsausschuss beauftragt am 22. die Stadtverwaltung, mit der Immobilienverwaltung des Freistaates Bayern die notwendigen vertraglichen Vereinbarungen zur Errichtung eines Sendemastes für den digitalen Behördenfunk abzuschließen. Der geplante Standort des 40 Meter hohen Mastes liegt in der Gemarkung Wiesenfeld in der Nähe der ICE-Schnellbahntrasse.

Der Antrag der Firma Werthmann Transport GmbH, Am Götzberg 2, 97753 Karlstadt-Wiesenfeld, die Zufahrtsstraße „Am Götzberg“ als Ortsstraße zu widmen, wird aus finanziellen Gründen vom Bauausschuss abgelehnt.

Am 30. stellt Diplom-Ingenieurin Christine Konrad vom Büro Architekten für Stadtplanung Konrad und Burger, Dettelbach, im voll besetzten Pfarrheim einen Plan zur Innenentwicklung von Wiesenfeld und Rettersbach vor. Die Innenentwicklung soll ähnlich wie die Altstadtsanierung das Leben im Dorf und die Vitalität der Ortskerne erhalten und weiterbringen, erläutert Karl-Heinz Göpfert vom Amt für Ländliche Entwicklung, Würzburg.

Wiesenfeld 319

Juli Ein gut besuchter Diskussionsabend zum Thema „Was ist mit unserer Kirche los“ findet am 8. im Pfarrheim statt. Mit Pater Beda Zilch werden „heiße Eisen“ wie Zölibat, Frauenpriestertum, Missbrauch, Glaubensschwund, Priestermangel und vieles mehr lebhaft diskutiert.

Im Gottesdienst beim Pfarrfest am 18. überreicht Pfarrgemeinderatsvorsitzender Franz Breitenbach eine Spende von 5000 Euro an die aus dem Wiesenfelder Ortsteil Rettersbach stammende Ordensschwester Waltrudis Roth, die seit 52 Jahren in Indien wirkt.

Damit soll das Krankenhaus, das ihr Orden im ländlichen Bereich in Indien betreibt, erweitert werden.

Ebenfalls im Rahmen des Pfarrfestes wird der im Zuge der Dorferneuerung umgestaltete Kirchplatz der Wiesenfelder Bevölkerung übergeben. Pater Beda Zilch und Diakon Friedbert Fries erteilen dem neuen Platz den kirchlichen Segen. Mit mehr Grün als früher und weniger Versiegelung fügt sich der Platz mit dem erdbraunen Pflaster gut ins Ortsbild ein. Die Kosten, die sich auf rund 70.000 Euro belaufen, werden zu 55 Prozent über die Teilnehmergemeinschaft Wiesenfeld 2 aus Mitteln des Freistaats Bayern und der EU bezuschusst. 45 Prozent plus Nebenkosten trägt die Kirchenstiftung, die wiederum von der Stadt Karlstadt und der bischöflichen Finanzkammer jeweils 15.000 Euro erhält.

Der Tokushima-Jugendchor aus Japan gibt zusammen mit den Kinder- und Jugendchören aus Wiesenfeld und Halsbach ein beeindruckendes Konzert in der Pfarrkirche Wiesenfeld. Der japanische Chor, der von Dr. Ueda Shuho geleitet wird und dem 2003 der Titel „Ausgezeichneter Jugendchor der Nation Japan“ verliehen wurde, besteht aus 44 Mädchen im Alter von elf bis 16 Jahren. Der Chor ist zum zweiten Mal in Wiesenfeld, wo die jungen Sängerinnen bei Gasteltern untergebracht sind.

August An zwei Tagen finden die Endspiele der zwei Wochen dauernden Clubmeisterschaft des Tennisclubs statt. Die Siegerehrung übernehmen zweite Bürgermeisterin Anni Kühl-Johannes und dritter Bürgermeister Theo Dittmaier.

Vom 27. bis zum 29. findet auf dem Gelände des Tennisclubs zum Gedenken an Christina Neudecker aus Wiesenfeld, Andrea Rottenbacher aus Sendelbach und Nina Amthor aus Wiesenfeld, die 2004 tödlich verunglückten, der CAN-Cup statt. Pfarrer Georg Gierl zelebriert den Gedenkgottesdienst im Zelt, den die „Sunshine Band“ musikalisch begleitet. Der sportliche Teil hat unter dem schlechten Wetter zu leiden. Der Stimmung tut dies aber keinen Abbruch.

Zu seinem 35-jährigen Vereinsbestehen ehrt der Tennisclub eine große Anzahl langjähriger Mitglieder für 25, 30 und 35 Jahre Mitgliedschaft im Verein. In Würdigung 320 Wiesenfeld

der besonderen Verdienste und des unermüdlichen Einsatzes für den Tennisclub wird der Vorsitzende Josef Schäfer zum Ehrenmitglied ernannt.

September Am 19. findet auf Anregung des Pfarrgemeinderates der erste „Familienwallgang“ ins Tal statt. Dabei wird besonders für die Familien gebetet, die heute vielfach zerfallen oder bedroht sind.

Der Bau-, Umwelt-, Land- und Forstwirtschaftsausschuss empfiehlt auf seiner Sitzung vom 21. einstimmig dem Stadtrat, vorbehaltlich der Zustimmung des Wasserwirtschaftsamtes zur Ausweisung von Wohnbauflächen in der Innenentwicklung für den Bereich „östlich der Reckentalstraße/nördlich der Karlstadter Straße“ einen Bebauungsplan aufzustellen. Es handelt sich um eine Fläche von 0,8 Hektar, auf der etwa zehn Bauplätze entstehen sollen.

Oktober Erstmals veranstaltet der Pfarrgemeinderat vom 1. bis zum 9. eine Altmetallsammlung zugunsten der Kirche, die ein voller Erfolg wird. Siebzehn Tonnen Altmetall werden bei der Firma Werthmann angeliefert.

In der ehemaligen Synagoge eröffnet am 21. dritter Bürgermeister Theo Dittmaier die Ausstellung „Jerusalem lag in Franken“, die bis zum 7. November geöffnet ist.

Die Dokumentation der Nürnberger Fotografen Herbert Liedl und Helmut Dollhopf über die Geschichte der Synagogen und Friedhöfe im ländlichen Franken soll zum Nachdenken anregen.

Die Zweigstelle Wiesenfeld der Sparkasse Mainfranken feiert ihr 50-jähriges Bestehen.

Am 26. September 1960 als Zweigstelle der damaligen Kreissparkasse KarlstadtArnstein eröffnet, war sie zunächst im Rathaus untergebracht, bis gegenüber anstelle des Gasthauses „Adler“ das neue Sparkassengebäude entstand, das im Dezember 1986 bezogen wurde.

November Am Allerseelentag singt der Gemischte Chor erstmals das komplette Requiem in lateinischer Sprache Opus 49 des Komponisten Josef Renner. Bisher wurden stets nur Teile aus dem Requiem gesungen.

Am Gedenktag der Pogromnacht von 1938 und zur Erinnerung an die durch den Holocaust untergegangene jüdische Volksmusiktradition veranstaltet das Kulturamt der Stadt Karlstadt in der ehemaligen Synagoge ein Konzert mit Klezmermusik und jiddischen Liedern. Die Musiker der Würzburger Formation „Klez’amore“ begeistern mit ihrer mitreißenden Interpretation.

Wiesenfeld 321

Die beiden Wiesenfelder Brieftaubenvereine halten gemeinsam ihren Jahresrückblick im Gasthaus Koch und ehren ihre Sieger. Die Vorsitzenden Hermann Gopp und Roland Müller überreichen die Pokale, dritter Bürgermeister Theo Dittmaier dankt den Taubenzüchtern für ihr Engagement im Ort. Die Grundschule Wiesenfeld/Karlburg wird wieder als „Umweltschule in Europa – Internationale Agenda 21 Schule“ ausgezeichnet. Bei der Preisverleihung in Nürnberg erhalten die Grundschüler eine Urkunde und die Umweltfahne 2010 aus den Händen von Umweltminister Markus Söder.

Am 27. liest der Autor Walter Langohr in der ehemaligen Synagoge aus seinen Büchern „Hurra, wir haben einen Porsche“ und „Schlitzohren, Langohren, Traktoren“.

Seine heiteren und besinnlichen Geschichten über das fränkische Landleben im letzten Jahrhundert erfreuen die zahlreichen Besucher.

Dezember Am 7. stellen Diplom-Ingenieurin Christine Konrad vom Büro für Stadtplanung Konrad & Burger, Dettelbach, sowie Karl-Heinz Göpfert vom Amt für Ländliche Entwicklung in der Sitzung des Bauausschusses in Karlstadt das Konzept zur Innenentwicklung im Altort von Wiesenfeld vor. Begonnen werden soll mit einer möglichen Neuordnung im Viertel zwischen der Engen Gasse, der Büttnergasse, der Hausener Straße und dem Roten Rain.

Bei seiner Weihnachtsfeier ehrt der TSV Wiesenfeld seine verdienten Mitglieder, die 25 Jahre oder 40 Jahre dem Verein angehören. Im Rückblick auf das Jahr 2009 erklärt Vorstandsmitglied Rainer Schäfer: „Es war ein gutes und erfolgreiches Jahr für den TSV Wiesenfeld.“ Er zeichnet erfolgreiche Turnerinnen mit der Übergabe einer Urkunde aus. Die Feier wird vom Kinderchor „Happy Kids“ und von verschiedenen Turngruppen mitgestaltet.

In der Wiesenfelder Kläranlage tummelt sich ein Biber. In der kleinen Insel im Abwasserteich hat er seine Biberburg gebaut und droht den Ablauf des Schönungsteiches in den Ziegelbach zu verstopfen. Die Stadtwerke Karlstadt versuchen derzeit, eine verträgliche Lösung des Problems zu finden.

Berichtigung Im Jahrbuch 2010/11 steht im Beitrag „Wasserwerk Mühlbach ist seit 100 Jahren das Herz der Versorgung“ auf Seite 26, dass Werner Goldkuhle 1973 seinen Vater Heinrich Goldkuhle in der Leitung des Wasserwerks ablöste. Richtig ist aber das Jahr 1970.

322 Wiesenfeld

Autorenverzeichnis Martina Amkreutz-Götz, Mühlbach, geboren in Berlin, ist seit 1976 Redakteurin bei der Main-Post, Gründungs- und Vorstandsmitglied beim Geschichts-und Heimatverein 1987 Mühlbach e. V., Mitautorin des Buches „Karscht 800“ sowie Autorin und Herausgeberin des Buches „Die Kapuziner in Karlstadt“.

Adolf Amthor, Stetten, war langjähriger Mitarbeiter in der Kleiderfabrik Bauer, Vorstandsmitglied im CSU-Ortsverband, Gründungsmitglied und Kassier im Vereinsring Stetten und 30 Jahre lang Jugendtrainer bei der Spielvereinigung Stetten. Mitbegründer der Stettener Heimatstube.

Dr. Uwe Binner, Karlburg, geboren 1979, studierte an der Universität Würzburg Betriebswirtschaftslehre sowie Europäisches Recht und promovierte an der Universität Erlangen-Nürnberg. Er arbeitet bei einem süddeutschen Industrieunternehmen und engagiert sich ehrenamtlich im Vorstand des TSV Karlburg sowie im Kreisvorstand Main-Spessart des Bayerischen Landes-Sportverbandes.

Georg Büttner, Karlstadt, arbeitete im Bürger-Service-Center der Stadtverwaltung Karlstadt. Er ist Kreisheimatpfleger und Schriftführer beim Historischen Verein Karlstadt, für den er auch Ausstellungen organisiert. Veröffentlicht Artikel zur Stadtgeschichte in der Main-Post und ist Mitautor im Buch „Karscht 800“ sowie einer Schrift über das Bäckerhandwerk mit dem Historischen Verein Marktheidenfeld.

Klara Eckstein, Karlstadt, Ausbildung zur Rotkreuzhelferin und Krankenschwester mit Staatsexamen, Arbeitsstellen im Juliusspital, in einer Privatklinik in Bad Kissingen und im Luitpoldkrankenhaus in Würzburg. Autorin und Herausgeberin von 18 Gedichtbänden „Alltagsgedichte“. Sie schrieb Erlebnis- und Reiseberichte und fertigte Puppen. Bekannt als „Karlstadter Klärchen“.

Gustav Eichler, Karlstadt, geboren in Kolmar, aufgewachsen in den Werntalgemeinden Müdesheim und Binsfeld, Abitur am Gymnasium Münnerstadt und Studium an der Pädagogischen Hochschule in Würzburg , an der Grundschule in Karlstadt von 1973-2004, langjähriger zweiter bzw. erster Vorsitzender des Historischen Vereins, nunmehr als Beisitzer zuständig für die Museumspädagogik im Stadtgeschichte- Museum und Leiter des Arbeitskreises Querfurt im Partnerschaftsforum, Stadtführungen mit den Schwerpunkten: Auf jüdischen Spuren in Karlstadt - Erlebnisführungen mit Kindern.

Dieter Fenn, Gambach, als Jünger der „Schwarzen Kunst“ hat er noch Mitte der 60-Jahre in der „Karlstadter Zeitung“ als Schriftsetzer gearbeitet. Ist immer auf der Jagd nach alten Zeitdokumenten, Schriften oder Bildern. Mittlerweile 40 Jahre bei der Freiwilligen Feuerwehr Gambach, davon 22 Jahre als Schriftführer, erstellt u. a. seit 1999 die Vereinszeitung „Die Schlauchhaspel“ der Feuerwehr. Im Moment dabei, ein Bildarchiv von ca.

500 Aufnahmen zu digitalisieren und zu bearbeiten. Liebt es besonders, die altdeutsche Schrift in lateinische zu „übersetzen“.

Autoren 323

Erich Götz, Mühlbach, ist Feldgeschworenenobmann und aktiv im Geschichts- und Heimatverein 1987 Mühlbach.

Karl Heinz Hofmann, Karlburg, im Realgymnasium Würzburg bis 1945, dann Internat in Münsterschwarzach bis 1948, Flucht aus dem Kloster und Beginn der Lehre in der Metzgerei Hartmann in Karlburg, dann in Ostheim vor der Rhön. Es folgten zweieinhalb Jahre Gesellenzeit in Erlangen, Ostheim, Karlburg und Würzburg. Nach Berufsaufgabe erst Kraftfahrer in Karlstadt, dann 1956 Bewerbung zur Luftwaffe. Pensioniert als Major a.D. 1976. Seit 1961 mit einer Dänin verheiratet, eine Tochter. Wohnungen in Angeln, Nordfriesland, USA und Dänemark. Letzter Umzug nach Karlstadt 2011.

Werner Johannes, Karlburg, Diplom-Verwaltungswirt (FH) arbeitet an der Hochschule für angewandte Wissenschaften, Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt.

Karl Keupp, geboren in Heßlar. Nach Abitur am Humanistischen Gymnasium in Würzburg und Jura-Studium verließ er in jungen Jahren sein Heimatdorf. Er arbeitete bei einer Versicherung, wechselte als Jurist zur Bundespost nach Frankfurt und war zehn Jahre lang bis zur Pensionierung 1992 Ministerialrat beim Postministerium in Bonn. Mit seiner Ehefrau Inge Gehring aus Eußenheim und zwei Kindern lebte er in Kronberg im Taunus. Nach dem Tod seiner Frau zog er in einen Seniorenwohnpark nach Vaterstetten bei München. Die Erinnerung an seine Kindheit und Jugendzeit in Heßlar hat Keupp niedergeschrieben.

Björn Kohlhepp, Wiesenfeld, studierte an der Fachhochschule in Würzburg und an der Universität in Erlangen. Zurzeit volontiert er in der Main-Post.

Armin Kraft, Mühlbach, ist Heimatforscher, Gründungsmitglied und seit 1987 Vorsitzender des Geschichts- und Heimatvereins 1987 Mühlbach.

Monika Kraft, Stadelhofen, ist Hauswirtschafterin. Sie war Orts- und ist Ehrenkreisbäuerin und Leiterin der Singgruppe Stadelhofen.

Vinzenz Krebs, Stetten, ist Heimatforscher, Landwirt, Winzer, Feldgeschworener und aktives Mitglied beim Historischen Verein in Karlstadt.

324 Autoren

Werner Kübert, Karlburg, geboren in Würzburg, besuchte das dortige Alte Gymnasium, arbeitete als Beamter in der Abteilung Sozialwesen in den Landratsämtern Karlstadt und Gemünden sowie bei der Regierung von Unterfranken, Abteilungen Sozialwesen, Organisation, Wasserrecht. Seit 2002 im Ruhestand. Aktiv im Arbeitskreis zur Geschichte Karlburgs. Mitbegründer und 25 Jahre lang Vorsitzender des Vereinforums Karlburg e.V., Vorsitzender des Arbeitskreises 1250 Jahre Karlburg, 25 Jahre Dirigent des MGV Karlburg, 9 Jahre Dirigent des Chores der Regierung von Unterfranken, Träger des Bundesverdienstkreuzes am Bande. Er gehört den Freien Wählern an.

Edgar Manger, Gambach, ist Postbeamter a.D., Kassenwart bei der Karlstadter Tafel e.V., und Kirchenpfleger in der Pfarrei „Zur Heiligen Familie“ in Karlstadt.

Ulrich Müller, geboren in Treuchtlingen, ist Archäologe und lebt mit seiner Frau in Veitshöchheim. Von 1996 bis 2009 war er als Grabungsleiter an zahlreichen Ausgrabungen des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Halle/Saale beschäftigt.

Nach den Untersuchungen in Karlstadt hat er die Abteilung Archäologie und Geologie des Stadgeschichtlichen Museums neu konzeptioniert. Inzwischen arbeitet er für das Büro für Ausgrabungen und Dokumentationen Heyse in Schwarzach.

Josef Riedmann, Rohrbach, ist Diplom-Finanzwirt (FH) und stellvertretender Sachgebietsleiter Haupt- und Personalverwaltung im Landratsamt Main-Spessart. Er ist Kirchenpfleger der Kath. Kirchenstiftung Rohrbach, aktiver Musiker in der Musikkapelle „Rohrbacher Musikanten“, Mitglied im Obst- und Gartenbauverein Rohrbach und im Historischen Verein Karlstadt. Autor des St. Valentinus-Briefes, einer Beilage für Rohrbach zur Gottesdienstordnung. Er sammelt und archiviert Bilder und Dokumente über Rohrbach. Seit 1992 ist er als freier Mitarbeiter der Main-Post tätig, unter anderem mit heimatkundlichen Themen.

Karl Rohm, geboren in Wigstadt-Sudetenland, 1946 vertrieben, kam mit den Eltern nach Karlburg. Seit 1961 verheiratet, drei Kinder, mehrmals Elternbeiratsvorsitzender an der Hauptschule und an der Sing- und Musikschule. 1980 Initiator des ersten freiwilligen Berufspraktikums in Unterfranken in der Hauptschule Karlstadt. Mitglied der Kreisverkehrswacht Karlstadt und beim Roten Kreuz. Selbstständiger Immobilien- und Versicherungskaufmann.

Günter Roth, Stetten, ist Lehrer an der Verbandsschule Thüngen, freier Mitarbeiter bei der Main-Post, Mitautor des Buches „Karscht 800“ sowie Autor und Herausgeber des Buches „Das Schwedenmännle“.

Hermann Schaub, Wiesenfeld, ist Maschinenbautechniker im Ruhestand. Er ist Ehrenvorsitzender der Kolpingsfamilie, Kirchenpfleger der Pfarrgemeinde „Mariä Himmelfahrt“ in Wiesenfeld, Vorstandsmitglied beim Ortsverband der CSU und in der Teilnehmergemeinschaft der Flurbereinigung sowie Mitglied im Gesangverein.

Autoren 325

Heinz Scheid, Karlburg, arbeitet als Redakteur beim Main-Echo in Aschaffenburg.

Georg Schnabel, Mühlbach, geboren in Arnstein, Gründungsmitglied des Geschichtsund Heimatvereins 1987 Mühlbach, Gründungsmitglied des Förderkreises Synagoge Urspringen, Mitglied des Freundeskreises Yad Vashem Jerusalem, Mitglied von Ruf zur Versöhnung, Bad Homburg. Betreut den Judenfriedhof in Laudenbach und forscht in der jüdischen Geschichte. Mitglied in den Förderkreisen: KKL-Keren Kayemeth Leisrael, Teddy-Kolleck-Foundation in Jerusalem, Certificate of German Jewish Community History Council, Arthur S. Obermayer Foundation in New York seit 27. Januar 2005.

Manfred Schneider, Karlstadt, ist Fachoberlehrer a.D. Er ist ehrenamtlicher Archivpfleger der Stadt Karlstadt, Mitautor im Buch „Karscht 800“, Autor der Schriften „Die Post in Karlstadt“ und „Chronik der jüdischen Familien und Personen von 1901 bis 1939 in Karlstadt“ sowie der Chroniken „75 Jahre Ruder-Club Karlstadt“ ,„25 Jahre Hauptschule Karlstadt“. und “Karlstadter Chronologie - Nachschlagewerk zur Stadtgeschichte“.

Karl-Heinz Stumpf, Laudenbach. Er studierte in Würzburg Germanistik, Geschichte und Sozialkunde für Lehrtätigkeit an Gymnasien. Erstes und zweites Staatsexamen. Zulassungsarbeiten: Ansätze der Fontane-Forschung seit Beginn des 20. Jahrhunderts am Beispiel der Erzählung „Stine“ (1977) sowie Siegfried Lenz: Das Feuerschiff – eine Interpretation in der 9. Jahrgangsstufe. Seit 1988 EDV-Lehrer am Berufsförderungswerk für erwachsene Sehbehinderte und Blinde in Veitshöchheim. Schriftführer im Pfarrgemeinderat und Regisseur der Laienspielgruppe Laudenbach.

Herbert Weidner, Heßlar, geboren in Karlstadt, ist Landwirtschaftlicher Lehrmeister und war Berater im technischen Außendienst der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft.

Er war Vorsitzender beim FSV, bei der Feuerwehr und beim CSU-Ortsverband, den er mitgegründet hat. Über 25 Jahre leitete er den Obst- und Gartenbauverein. In allen Heßlarer Gremien war er aktiv tätig. Von 1978 bis 1990 Ortssprecher, dann bis 2002 Stadtrat.

Träger der Stadtplakette in Silber und in Bronze. Er ist Mitautor der Chronik und erstellte die Festschrift für die 1200-Jahr-Feier in Heßlar 1988.

Barbara Wolf, geboren in Zellingen, seit 1972 in Karlstadt verheiratet, drei Kinder.

Seit 20 Jahren ist sie Vorsitzende des Karlstadter Frauenzirkels „Zur Hl. Familie“.

Sie ist Gründungsmitglied des Fördervereins Johann-Rudolph-Glauber-Realschule Karlstadt und Initiatorin des Autorenkreises Main-Spessart. Veröffentlichungen von Kurzgeschichten in den Büchern: „Allerhand . . . und Gschichtli aus Main-Spessart“, „Allerhand und noch mehr Gschichtli aus Main-Spessart“, „Allerhand . . . Heiteres aus Mainfranken“, „WürzBuch“, „Von Cappuccino bis Sauerwein“. Konzept und Fotos für die beiden Bände „Vom Wern- und Maintal“.

326 Autoren

Wir danken unseren Inserenten f端r ihre Unterst端tzung

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Freiflächen-Photovoltaikanlage Laudenbach Ein Projekt der Stadtwerke Karlstadt Mit dem Photovoltaikpark Laudenbach wird seit Juni 2010 Strom regenerativ erzeugt und in das öffentliche Stromnetz eingespeist. Dazu haben sich drei der Region verbundene Unternehmen, wie die Geno-Energie Karlstadt eG, die Energieversorgung Lohr-Karlstadt und Umgebung GmbH und Co. KG und die Stadtwerke Karlstadt zusammengefunden. Eine Beteiligung von Bürgern ist über die Geno-Energie gebündelt.

Auf rund 5 Hektar sind 11.902 Solarmodule und 450 Tonnen verzinkter Stahl verbaut.

Zur Anlage gehören außerdem zwei Wechselrichter und zwei Transformatoren.

Bei 2,7 Megawatt Spitzenleistung erzeugt dieses Klimaschutzprojekt in den ersten 20 Jahren rund 50 Millionen KW Strom. Gegenüber Kraftwerken mit fossilen Brennstoffen spart das der Atmosphäre 26.000 Tonnen Kohlendioxid.

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