Laudatio für Michael Köhlmeier, anlässlich der Verleihung des Würdigungspreises im Juni 2008 in Wien Von Reinhold Bilgeri Dem Romancier ,dem Erzähler, dem Essayisten, dem Dramatiker ,dem Drehbuch und Hörspielautor, dem Librettisten , dem Singer/Songwriter Michael Köhlmeier wurde in unzähligen Hommagen Respekt gezollt , seine Arbeit mit Preisen geadelt. Eloquenteste Hochkaräter haben dies vor mir getan, er kennt diese schmeichelnde Melodie genau ,ich wage kaum mich einzureihen, obwohl ich bezweifle, dass er sich an ihr partout berauschen will . Lassen Sie mich deshalb für die heutige Würdigung auch intimere Winkel seines Lebens in den Blick nehmen, die frühen Jahre, seinen wuchernden Dschungel zwischen Herz und Hirn ,den er immer wieder zu Geschichten zähmt, zu Romanfiguren, die bei uns bleiben , weil sie sagen, was wir sind. Woran mästet sich eine Geschichte, wenn nicht an den Menschen, die uns über den Weg laufen. „Weil nämlich in dieser Welt keine andere Geschichte erzählt wird, als die über uns“.. In den Zwischenzeiten – Ungewissheit, Überschwang ,ein neuer Plot, ein neuer Plan , Eindrücke aus einer Garderobe vielleicht , Spaziergänge am alten Rhein, eine durchredete Nacht in der Küche, alles auf der Zunge, das Herz vor allem.. Wir sind Freunde oder besser Herzensbrüder,ja, mein Blick auf ihn ,den großen Bruder, den Michael ,meinen Mikki, kommt , parallel zu meiner Bewunderung für sein Werk, aus der Tiefe meines Herzens. Wir haben unsere Freundschaft nie hinterfragt, von Anfang an nicht, auch nicht im größten Gerangel unserer Eitelkeiten, als wäre sie festgeschrieben , bedingungslos und ohne Zweifel. Ein kleines merkwürdiges Indiz für diese Endgültigkeit, die sich schon am Anfang , 1955, abgezeichnet hat , ist mir dabei erst sehr spät bewusst geworden : Wir haben uns Nie einen Brief geschrieben, in all den Jahren nicht , nicht einen einzigen Brief. Nicht dass es mir schal aufstoßen würde, es schien mir im Gegenteil ein trockener Beweis für die Verwandtschaft unserer Seelen zu sein . Briefe werden geschrieben, um Dinge zu vertiefen, zu erklären, zu umschreiben, zu beichten ,um anzuklagen oder zu verzeihen. Aber, als ob das geschriebene Wort bereits zuviel Distanz zwischen uns brächte ,Hohenems, den 12.7. lieber Mikki, nein ....das könnte sperrig werden, oder gespreizt , Schrift ist ja bereits zweimal , mindesten zweimal bedachtes Wort ,also schon eine Art Performance. Keine Chance gegen die Wahrhaftigkeit einer Vier Augen Sitzung oder einer Umarmung . Aber Briefe werden auch geschrieben , um Haltungen und Gefühle offiziell zu machen , einem Bekenntnis gleich, ein für alle mal . Deshalb schreibe ich dir hier, nach 53 Jahren , geliebter Freund, meinen ersten Brief : Lieber Mikki. Das gute, alte Hohenems, weißt Du noch, damals in den Fünfzigern, den Sechzigern? Ich glaube dort liegen die Quellen, aus denen sich Deine Energietanks speisten, vielleicht bis zum heutigen Tag – in der hungrigen Aufregung unserer Jugend, als uns die Väter noch nicht ernst nehmen wollten , wir uns strecken mussten, größer machen zwischen den frühen Hänseleien und harscher Nachkriegspädagogik, als unser Zorn und unser Ehrgeiz sich erste Ziele suchten – aus Kränkung wurde Kraftwerk – wir werdens euch zeigen.