Die Ausgezeichneten 2025: Brigitte Walk wird mit dem Hauptpreis ausgezeichnet. Anerkennungspreise gehen an Christine Lederer und Martin Schelling. Hanno Loewy wird mit dem Sonderpreis der Jury gewürdigt.
Hauptpreis
Brigitte Walk
Anerkennungspreis Christine Lederer
Einsatz für Kunst und Kunstvermittlung
Mit diesem Preis werden herausragende Leistungen im Bereich von Kunst und Kultur in Vorarlberg gewürdigt.
Es brauchte die Initiative, es brauchte Partner der Vorarlberger Nachrichten sowie Unterstützer und es brauchte Jurorinnen und Juroren, um die Vergabe eines neuen Kunst- und Kulturpreises auszuloben und ihn zu vergeben. Mit dem Engagement mehrerer Unternehmen und dem Einsatz von im Kunstund Kulturbereich tätigen Experten ist dies im Jahr 2023 erstmals gelungen.
Umfangreiche Kriterien
Der Preis ist heuer wiederum Künstlerinnen und Künstlern aller Gattungen sowie Kunstvermittlerinnen und Kunstvermittlern gewidmet. Die Jurorinnen und Juroren hatten neben der Fokussierung auf spezielle Leistungen der in Vorarlberg tätigen Personen oder Gruppierungen nicht nur die hohe Qualität der Werke, der Produktionen und Projekte, sondern auch bestimmte Faktoren zu berücksichtigen. Zu diesen zählen etwa die Nachhaltigkeit und die thematische Relevanz der Arbeiten und Projekte. Im Besonderen beachtet wurden Arbeiten und Projekte, die einer prosperierenden Kulturszene dienen, die sich um Zugänglichkeit bemühen oder die Disziplinen miteinander verschränken.
Besetzung der Jury
In der Jury sind heuer neben der Projektleiterin und Kulturjournalistin Christa Dietrich die Regisseurin und Autorin Barbara Herold, der Komponist und Universitätsprofessor Richard Dünser, die Galeristin Lisi Hämmerle und die Kulturvermittlerin und Autorin Sabine Benzer. Barbara Herold war an verschiedenen Bühnen als Regisseurin tätig. Sie hat zudem mit zahlreichen Theaterarbeiten in der Freien Szene reüssiert und
wurde mehrfach ausgezeichnet. 2009 hat sie in Vorarlberg das Ensemble dieheroldfliri gegründet, für das sie Stücke entwickelt, verfasst und inszeniert hat. Die Werke des Komponisten Richard Dünser wurden von bedeutenden Interpreten und Orchestern weltweit aufgeführt und liegen umfassend dokumentiert auf. Neben seiner kompositorischen Tätigkeit ist Richard Dünser Professor an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Graz. Die Bregenzer Galeristin Lisi Hämmerle ist eine versierte Kennerin der Kunstszene sowie Kunstvermittlerin. Sie hat in den letzten Jahrzehnten gut 200 Einzel- und Gruppenausstellung organisiert und realisiert. Dazu kommen zahlreiche Messebeteiligungen im In- und Ausland, bei denen sie unter anderem viele Vorarlberger Künstlerinnen und Künstler bekannt gemacht hat.
Wertschätzender Umgang Zu den Publikationen von Sabine Benzer zählen „Kultur für alle. Gespräche über Verteilungsgerechtigkeit und Demokratie in Kunst und Kultur“ sowie der neue Band „(Kultur)Arbeit der Zukunft“, für den sie Gespräche mit Expertinnen und Experten wie Konrad Paul Liessmann, Lisa Herzog, Michael Hirsch und Sabine Kock geführt hat. Die Kunstvermittlerin und Autorin ist auch als Pädagogin tätig und ist als Geschäftsführerin im Feldkircher Theater am Saumarkt Beobachterin des Kulturgeschehens in der Region.
Die Jury hatte die Aufgabe, auszeichnungswürdige Persönlichkeiten und Gruppierungen zu nominieren. Dem wertschätzenden Umgang mit dem Kunstschaffen entsprechend, waren die weiteren Jurysitzungen so terminisiert, dass ausreichend Zeit für die eingehende Auseinandersetzung mit den Leistungen der Nominierten blieb, bevor eine Shortlist erstellt und eine Entscheidung gefällt wurde.
Anerkennungspreis Martin Schelling
Sonderpreis
„Es gibt so viele wichtige Kulturschaffende und Kultureinrichtungen in Vorarlberg, die man mit einer Auszeichnung bedenken möchte. Künstlerische Arbeit verdient neben Anerkennung auch angemessene Bezahlung. Wunderbar, wenn Preise hierzu beitragen. Die Politik darf aber deshalb nicht aus der Pflicht genommen werden.“
Barbara Herold, Jurorin
„Menschen, die ihre Energie der Kunst widmen, mit einem Preis auszuzeichnen, ist eine wichtige Sache. Gerade heute, in einer Zeit, in der immer noch und wieder ungeheuerliche Verbrechen geschehen, brauchen wir alle die Kunst als Gewissen der Zeit, als Mahnerin, als Ermutigung und als Wegweiser in eine bessere Welt.“
Richard Dünser, Juror
„Lange soll es sie geben, diese Kunst- und Kulturpreise. Ich gratuliere den Ausgezeichneten. Wir wissen nicht, wie nun alles nach dieser sogenannten politischen Zeitenwende weitergeht. Dreht sich gerade die Zeitmaschine retour und wir sitzen gemütlich auf dem Sofa?
Sehr viel Kunst-Kultur-Vitamine sind notwendig.“
Lisi Hämmerle, Jurorin
„Dieser Preis schafft Aufmerksamkeit für zeitgenössisches Kunstschaffen, lenkt den Blick aber auch darauf, was die Politik an Rahmenbedingungen gestalten muss, damit dies erst möglich wird. Aktuell warnt die Soziologin Monika De Frantz vor dem „Ausbluten“ des Sektors Kultur, das schwäche den demokratischen Zusammenhalt.“
Sabine Benzer, Jurorin
„Nach den Impulsen, die gute Kunst für die gesellschaftliche Entwicklung geliefert hat, ist es fatal, dass in der Politik nun Versuche laut werden, ihre hohe Bedeutung zu leugnen. Unser Sichtbarmachen und Feiern von Kunstschaffen, ist auch ein Mahnen an das Bekenntnis der Regierung zur entsprechenden Kunstförderung.“
Christa Dietrich, Jurorin, Projektleiterin
Loewy
Brigitte Walk hat gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen zahlreiche Produktionen für Kinder und Jugendliche realisiert. Sie hat auch im öffentlichen Raum gespielt, die Geschichte von Orten thematisiert, Biografien nachgespürt und Amateure in die Produktionen eingebunden.
Aus der Jurybegründung: Mit ihrem Walktanztheater hat Brigitte Walk aus dem Nichts eine Institution geschaffen. Mit Produktionen, für die sie trotz der prekären Situation von Gruppierungen der freien Szene, Aufträge an viele Künstlerinnen und Künstler diverser Genres vergibt, vermittelt sie nicht nur Literatur, sondern oft auch Landesgeschichte.
Kultur öffnet Potenziale der Menschen
Brigitte Walk, der Theaterleiterin, Initiatorin Regisseurin und Kunstvermittlerin, wird der Hauptpreis zuerkannt.
„Mich leitet nicht der pädagogische Impuls, sondern die Verfasstheit von Jugendlichen, die eine Neugierde haben, um etwas zu entdecken. Kulturarbeit öffnet Potenziale, ich will ihnen nicht lesen und schreiben beibringen, ich möchte ihre Wünsche kennen. Von Jugendlichen erfährt man sie ungefiltert, das berührt mich sehr.“ Brigitte Walk hat mit ihrem Walktanztheater Texte der Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek wie die „Prinzessinnendramen“ und erst jüngst „Sonne/Luft“ umgesetzt, sie hat Kompositions- und Stückaufträge vergeben, sie hat Biografien von Persönlichkeiten nachgespürt, die viel geleistet haben und denen Erschütterndes widerfahren ist, sie hat exzellente Künstlerinnen und Künstler engagiert, immer wieder aber auch mit Amateuren gearbeitet, mit Schülerinnen, Schülern und Lehrlingen.
Zu Bedenkendes
Ihre Bemerkung zur Arbeit mit Jugendlichen sollte zu denken geben. „Wir haben leider eine fragmentierte Gesellschaft, die Leute treffen sich nicht mehr. Jugendliche, die in die Schule gehen und Jugendliche, die eine Lehre machen, haben ge-
meinsam etwas geschaffen. Wir haben mehrere Schulen zusammengespannt. Das ist jetzt organisatorisch und auch finanziell nicht mehr möglich.“ Im Rahmen eines Projektes, das sie auf Basis einer Studie über leerstehende Häuser im Bregenzerwald realisierte, haben junge Menschen bekundet, wie sie sich ihr Leben in zehn Jahren vorstellen, unter welchen Bedingungen sie im Land bleiben würden. „So war zu erfahren, was sie wollen.“ Als Hanspeter Horner mit ihr ein Stück über Kafka machte und viele Mitwirkende wollte, die jeweils nur wenig Text zu sprechen hatten, fragte sie bei der Caritas an und somit begann bereits vor fast 20 Jahren ihre Zusammenarbeit mit Asylsuchenden. „Wir waren inspiriert von der Freude, die die Menschen einbrachten.“
„Bin noch in Tanger und darf nicht reisen“ über die 1910 in Feldkirch geborene Tänzerin Thérèse Zauser zählt zu jener Reihe ihrer Theaterstücke, deren Thema mit der Geschichte des Landes verknüpft ist. Zauser entschied sich im Alter von 19 Jahren Tänzerin zu werden, trat etwa in der Türkei, in Ägypten, Syrien, Malta, Portugal, in Marokko, im Iran und im Senegal auf. Wegen Äußerungen gegen das Nazi-Regime wurde sie denunziert und im KZ Ravensbrück ermordet.
Brigitte Walk ist mit der Pro -
duktion in zahlreiche Länder gereist bzw. den Spuren von Thérèse Zauser gefolgt. Den Text schrieb Nadine Kegele, die Musik Marcus Nigsch.
Vor zwei Jahren hat sie die an sich in Dunkelheit zu spielende Komposition „Solstices“ von Georg Friedrich Haas mit Tanz und dem Ensemble plus umgesetzt. Für einen ihrer Theaterspaziergänge, an denen auch viele Amateure mitwirken und in deren Rahmen Orte erkundet werden, hat Amos Postner beispielsweise den Text verfasst. Künstlerinnen und Künstler aus dem Bereich Literatur, Tanz, Video und Film arbeiten bei ihr mit.
Sozialrechtliche Fragen „Die erwiesene Ungleichbehandlung im Kulturbereich habe ich immer wieder aufgezeigt. Es ist zu belegen, dass Männer höher subventioniert werden als Frauen. Dabei geht es vor allem auch um sozialrechtliche Fragen, mitwirkende Künstlerinnen und Künstler sind entsprechend zu bezahlen.“ Brigitte Walk unterrichtet außerdem Schauspiel an der Musikhochschule in Feldkirch sowie im Bereich der Lehrerinnen- und Lehrerausbildung. „Man muss sich nicht hinunterbeugen und etwas Einfaches machen, damit ein Stück zugänglich wird“, heißt ihr Ansatz. „Jugendliche fanden Inszenierungen, die
„Mit vielen Menschen, die bei uns in den offenen Projekten mitgewirkt haben, sind wir noch verbunden. Das ist Basiskulturarbeit, die einfach toll ist.“
Brigitte Walk
kompliziert waren, besonders klasse, weil natürlich auch der Laie Qualität erkennt.“
Brigitte Walk hat früh gespürt, dass sie gerne mit Menschen arbeitet und während des Lehramtsstudiums den Tanz für sich entdeckt. Sie hat sich stets auch politisch gegen Unrecht engagiert. Die Ausbildung und der Beruf im Bereich Tanz und Theater führten sie nach Wien, in deutsche Städte und nach London, als Schauspielerin und Theater-
pädagogin (am Landestheater) kam sie zurück. Die Gründung des Walktanztheaters erfolgte vor knapp 25 Jahren. Ihr nächstes Projekt thematisiert die Arbeit rumänischer Pflegerinnen. Übrigens: Wer heute das Alte Hallenbad in Feldkirch als so großartigen Veranstaltungsort bewundert, sollte wissen, dass sie einst gemeinsam mit Dietmar Nigsch vom Projekttheater den Anstoß dazu gab, in dem damals völlig heruntergekommenen Gebäude Kunst zu etablieren.
Auch Züge konnten zu Theaterschauplätzen werden. Zu den literarischen Texten, die umgesetzt wurden, zählen etwa jene von Marlen Haushofer, von José Saramago, von Euripides, von Sibylle Berg und zuletzt „Sonne/Luft“ von Elfriede Jelinek.
Sorg für Kultur.
Kultur ist systemrelevant. Darum fördert die Wiener Städtische künstlerische Vielfalt und den kulturellen Dialog mit Künstler:innen, Kund:innen und Unternehmen.
Wir unterstützen das.
Verbindend und vermittelnd zu wichtigen Debatten beitragen
Dem Gremium ist es ein Anliegen, Hanno Loewy, Direktor des Jüdischen Museum Hohenems, mit einem Sonderpreis der Jury zu würdigen.
Tag für Tag ist hier vielen Menschen zu begegnen, die sich mit Fragen beschäftigen, zu denen sie noch keine Meinung haben und die bereit sind, sich mit Themen auseinanderzusetzen, die nicht ihre Vorurteile bestätigen. Der Ort ist das Jüdische Museum Hohenems und diese Beobachtung ist das, was gegen Resignation angesichts momentaner politischer und gesellschaftspolitischer Zustände hilft. Hanno Loewy spricht in
diesem Zusammenhang von der wahrzunehmenden „Verächtlichmachung von Realität“, die sich in den Äußerungen populistischer Politiker zeigt. „Wir erleben heute, dass sich Politiker auf die Bühne stellen und den Leuten Lügen erzählen, von denen jeder weiß oder wissen muss, dass es Lügen sind. Die Frage, die mich beschäftigt, ist, ob es das ist, was die Leute wollen.“ In der Konsequenz hieße das nämlich, dass Macht darin besteht, sich von der Realität nicht beirren zu lassen.
Prozesse ausgelöst Hanno Loewy ist Literatur- und Medienwissenschaftler, Publizist und seit dem Jahr 2004 Di-
„Eine gute Ausstellung muss eine Frage enthalten, die die Menschen beschäftigt, auf die es verschiedene Antworten gibt, über die diskutiert wird.“
Hanno Loewy
rektor des Jüdischen Museum in Hohenems. Dieses Museum hat Prozesse ausgelöst und löst sie weiterhin aus – „um Wahrheit, Würde und Gerechtigkeit ringend“. Wer diese Worte in der Rede des damaligen Landeshauptmanns Martin Purtscher zur Eröffnung des Museums im April 1991 nachliest, erkennt, dass den Verantwortlichen bewusst war, dass hier auch ein politischer Ort entsteht.
„Yalla“. Arabisch-jüdische Berührungen“ lautet der Titel der derzeitigen Sonderausstellung. Verbindungen zwischen der jüdischen und der arabischen Welt werden aufgezeigt. Immer wieder thematisiert Hanno Loewy als Publizist und mit der mit seinem Team umgesetzten Museumsarbeit, dass Kunst und Kultur zu wichtigen öffentlichen Debatten beitragen. Das nächste große Ausstellungsprojekt ist eine Weiterführung des Themas. Behandelt wird der Orientalismus, deren Romantisierung, der Kolonialismus
einem offenen Haus für den Diskurs entwickelt hat.
bzw. die westliche Welt, die ihre Machtansprüche damit legitimieren wollte, dass die arabische Welt als zurückgeblieben dargestellt wurde. Zur Entwicklung der Orientwissenschaften im mitteleuropäischen Raum haben, wie Hanno Loewy erläutert, jüdische Wissenschaftler entschieden beigetragen. „Jüdische Wissenschaftler waren die ersten, die sich mit dem Islam beschäftigt haben, sie repräsentieren einen historisch-kritischen Zugang zur eigenen Religion und haben Sprachen studiert, um die Quellen lesen zu können.“ Es wird Dokumente und auch spannende archäologische Objekte zu sehen geben.
Räumliche Erweiterung
Das Ausstellungsprojekt verdeutlicht das internationale
Bedeutsames und Wesentliches aufgezeigt
Das sind die großartigen Preisträgerinnen und Preisträger der Jahre 2023 und 2024.
Vor zwei Jahren ging der Hauptpreis an das Frauenmuseum Hittisau. Im von Stefania Pitscheider Soraperra geleiteten einzigen Frauenmuseum Österreichs werden wichtige Projekte realisiert und vermittelt, es zeigt neue Sichtweisen auf Werte für eine funktionierende Gesellschaft, die lange unterbewertet waren. Die Jury war in den ersten zwei Jahren mit der Kulturwissenschaftlerin Anika Reichwald, der Regisseurin Brigitta Soraperra, dem Kunsthistoriker Rudolf Sagmeister, dem Musikpädagogen Peter Heiler sowie der Kulturjournalistin und Projektleiterin Christa Dietrich besetzt. Die Anerkennungspreise gingen an das von
Guy Speyers geleitete Ensemble plus für seine konsequente Auseinandersetzung mit zeitgenössischer Musik und an die vielseitig tätige Schauspielerin Vivienne Causemann.
Im Vorjahr wurde der Hauptpreis der Schriftstellerin, Dramatikerin und Kunstvermittlerin Daniela Egger zuerkannt. Sie ist eine Künstlerin, die mit ihren verschiedentlichen Projekten
die Menschen verbindet sowie die Ressourcen, aber auch Versäumnisse in der Gesellschaft aufzeigt. In ihren Prosatexten und Theaterstücken versteht sie es vortrefflich, relevante Themen zu verdichten.
Orte der Kunst
Die Anerkennungspreise gingen an das Museum Kunst im Rohnerhaus in Lauterach, in dem Werke von Künstlerinnen und Künstlern aus der Region gesichert und zugänglich gemacht werden und an den Jazzclub Lustenau. In der nun seit 50 Jahren bestehenden Einrichtung treffen sich Weltstars und hier werden Standards für die lokale Szenen entwickelt. Für die Etablierung von Orten der Kunst, Begegnung und Vermittlung wurde die Bregenzer Galeristin Lisi Hämmerle 2024 mit einem Sonderpreis der Jury gewürdigt.
Netzwerk, das sich das Jüdische Museum aufbauen konnte, es verdeutlicht die Zusammenarbeit mit international tätigen Wissenschaftlerinnen wie Felicitas Heimann-Jelinek und es verdeutlicht auch eine philosophische Grundhaltung, die das Zusammenleben fokussiert. „Eine gute Ausstellung muss eine Frage enthalten, die die Menschen beschäftigt, auf die es verschiedene Antworten gibt, über die diskutiert wird“, hält Hanno Loewy fest. Jüngst waren Fachleute nach Hohenems geladen, um über die grundsätzliche Bedeutung von Museen zu diskutieren. Das Jüdische Museum ist ein Ort, an dem sich viele bzw. immer mehr Menschen mit Fragen auseinandersetzen. Die räumliche Erweiterung ist eines der nächsten Themen.
Kunstpreis mit hoher Dotierung
Das Preisgeld in der Gesamthöhe von 20.000 Euro markiert einen der höchstdotierten Kunstpreise im Land. Aufgeteilt wird die Summe in einen Hauptpreis zu 12.000 Euro und in zwei Anerkennungspreise zu je 4000 Euro. Partner der VN ist die Wiener Städtische Versicherung Vorarlberg. Unterstützer sind die Hollfelder Juwelier und Optik GmbH und das Porsche Zentrum Vorarlberg – Rudi Lins sowie das Seehotel am Kaiserstrand.
Preisgeld: 20.000 Euro
Hauptpreis: 12.000 Euro
Anerkennungspreise: je 4000 Euro Vergabe: jährlich
Hanno Loewy ist seit 2004 Direktor des Jüdischen Museum, das er zu
Das Ensemble plus wurde 2023 ausgezeichnet, zwei der Mitglieder, Guy Speyers und Nikolaus Feinig, boten die Musik zum Festakt im Jahr 2024.
2023 erhielten Thomas Gertner (Ensemble plus), Vivienne Causemann und Stefania Pitscheider Sorraperra (Frauenmuseum Hittisau) die Urkunden.
2024 waren es Martha Bösch und Walter Weber für den Jazzclub Lustenau, sowie Daniela Egger, Lisi Hämmerle und Alwin Rohner.
Christine Lederer lebt und arbeitet in Bludenz. Ihr Werk umfasst Zeichnungen, Malerei, Objekte, Performances und Bildhauerei.
Aus der Jurybegründung: Christine Lederer ist als Künstlerin kompromisslos, direkt, präsent, sie ist politisch engagiert, macht Mut und lässt sich nicht entmutigen, obwohl ein Bereich ihrer vielfältigen Kunst nicht marktfähig ist. Aus tief empfundener Menschlichkeit versteht sie zu provozieren und sie zeigt dabei einen sehr feinen Humor.
Soziales und politisches Engagement
Die bildende Künstlerin
Christine Lederer wird mit einem Anerkennungspreis ausgezeichnet.
Die Erwartungshaltung der Bevölkerung in Vorarlberg an das Bild einer Künstlerin sei sehr groß, erklärt Christine Lederer. „Zudem ist es ohnehin eher das Bild eines Künstlers.“ Immer noch? In ihren Arbeiten, in ihren Objekten, Installationen und Performances thematisiert
Lederer patriarchale Strukturen, politisches und soziales Engagement kommt zum Ausdruck. Unweigerlich kommen
wir auf die österreichisch-liechtensteinische Künstlerin Annemarie Jehle (1937–2000) zu sprechen, die sich intensiv mit Macht und Rollenbildern auseinandersetzte, deren Werk aber bis vor einem guten Jahrzehnt kaum präsent war. Sie habe nun mehr Freiheiten, Frauen konnten mittlerweile erfolgreich für ihre Rechte kämpfen, aber die Themen, die sie beschäftigen müssen, sind immer noch dieselben, hält Lederer fest: „Es hat sich in der Gesellschaft einiges verändert, es ist ein Bewusstsein da, dass es Feminismus braucht, aber es gibt auch jene,
„Frauen konnten erfolgreich für ihre Rechte kämpfen, aber die Themen, die sie beschäftigen müssen, sind immer noch dieselben wie vor Jahrzehnten.“
Christine Lederer
die meinen, dass man ihn nun nicht mehr brauche.“ In den Arbeiten von Annemarie Jehle habe sie Resignation erkannt, sie selbst kämpft dagegen an. „Ich mache Performances und meine Arbeiten sind unter anderem in der Konzeptkunst angesiedelt, für die es wenig Sammlerinnen und Sammler gibt.“ Erschwerend komme hinzu, dass ihre Kunst feministisch und politisch ist.
Ein harter Kampf
Christine Lederer ist nicht nur stets mit der Härte des Kunstmarktes konfrontiert, sie hatte viel auf sich genommen, um den Weg, den sie gehen wollte, überhaupt einschlagen zu können. Schon als Schülerin hatte sie den Wunsch gehabt, einen künstlerischen Beruf zu ergreifen. Ein Studium zu beginnen, war aber erst einmal keine Option, es musste gearbeitet werden, um das Auskommen bzw.
Geld für die Ausbildung zu haben. Schließlich konnte sie in Augsburg Kommunikationsdesign und dann in München Bildhauerei studieren. Sie lebt und arbeitet in Bludenz und hat in Deutschland und Österreich (darunter auch im Kunsthaus Bregenz) Werkpräsentationen und Performances realisiert und auch selbst Ausstellungen kuratiert. Ihre Arbeiten befinden sich unter anderem in öffentlichen Sammlungen in Vorarlberg, vor wenigen Jahren wurde sie mit dem HypoKunstpreis ausgezeichnet.
Interaktion und Reflexion „Bitte leise putzen“, geschrieben mit dem Malpinsel, ist auf einem Küchenkarotuch zu lesen, das gerade auf ihrem Arbeitstisch legt. Das Werk ist nicht so groß wie der Schriftzug „Reiß dein Maul auf“, mit denen sie Besucher in Kunsträumen und Museen konfrontier-
te, die Themen, die hier zum Ausdruck kommen, sind jedoch komplex: es geht um Geschlechterrollen, tradierte Frauenbilder, um Arbeit, die zwar unbedingt getan werden muss, aber im Stillen erfolgt und oft gering bezahlt wird.
Im Rahmen ihrer Aktion „Sprechstunde mit Christine Lederer“, die sie jüngst in Bregenz realisierte, sind Menschen mit berührenden und auch erschütternden Anliegen auf sie zugekommen. Dabei sind viele Zeichnungen entstanden. Gerne würde sie ein derartiges Projekt einmal außerhalb von Kunsträumen umsetzen. Dieses Interagieren interessiere sie ebenfalls wie die Reflexion. Ihre Gedanken hält Christine Lederer seit Jahren schriftlich fest. Die Texte liefern Anhaltspunkte für Recherchen, inspirieren und sind Grundlagen für ihre Entscheidungen.
Musikalische Exzellenz, die verbindet
Ein Anerkennungspreis geht an den Musiker, Komponisten, Arrangeur, Kapellmeister, Vermittler und Musikpädagogen Martin Schelling.
Auch im Raum, dem Probelokal der Bürgermusik Lauterach, in dem wir uns zum Gespräch treffen, ist es spürbar: Um Musik erfahrbar zu machen, um Spaß daran zu haben, um in neue Gefühlswelten einzutauchen, ist erst einmal viel Arbeit zu leisten. Martin Schelling erzählt, wie sehr ihn Erfolge seiner einstigen Schüler freuen. Paul Moosbrugger hat beispielsweise jüngst das Probespiel für die Stelle als Solo-Klarinettist bei der Sächsischen Staatskapelle gewonnen und Alex Ladstätter ist Mitglied der Wiener Philharmoniker. Als Pädagoge habe er etwas angestoßen, aber letztlich brauche es das Durchhaltevermögen der Kinder und Jugendlichen und vor allem auch viel Unterstützung durch die Eltern, betont er.
Martin Schelling, der Klarinettist, der herausragende Interpret, Kapellmeister, Pädagoge, Musikvermittler, Komponist und Arrangeur ist der Klarinette einst durch Zufall begegnet, denn in seiner Musikschule gab es keine Tuba für Kinder. Dass es eine Verbindung fürs Leben wurde, daran hatte auch der Musikpädagoge Rudolf Hoch großen Anteil, der seine Schützlinge oft zu Konzerten mitnahm und der ihn dem renommierten Klarinettisten Alois Brandhofer empfahl. Der
Martin Schelling hat Musiktheater für Kinder geschaffen und etwa für das erfolgreiche Ensemble Die Schurken komponiert, in dem er auch mitwirkt.
Aus der Jurybegründung: Damit gute zeitgenössische Kompositionen erfahrbar werden, braucht es exzellente Interpretinnen und Interpreten. Das ist der Klarinettist Martin Schelling. Der Solist in namhaften Orchestern und Ensembles ist aber auch selbst Komponist und Arrangeur. Als Pädagoge und Kapellmeister verbindet er Musikgenres und Menschen.
Sieg beim Bundeswettbewerb von Prima la Musica bestärkte schließlich seinen Wunsch, die Musik zum Beruf zu machen.
Kompositionsaufträge
Während des Studiums in Wien landete Martin Schelling rasch als Substitut im Orchester der Staatsoper. Bekanntermaßen sind das die Wiener Philharmoniker, die vor allem für die Zeit ihrer Auslandstourneen auf Aushilfen angewiesen sind. „Es gab keine Proben und man hat dann zwei, drei Stunden geschwitzt, dass alles gut geht, aber es ist
„Zu erfahren, wie positiv sich Kunst und Kultur auf das Leben der Menschen auswirken, ist und bleibt für mich ein wichtiges Thema.“
Martin Schelling
immer alles gut gegangen.“ Als er einmal viel mehr als die üblichen knapp 50 Schilling für einen Opernabend auf dem Konto hatte, weil den Musikern auch die Anteile für Plattenrechte ausbezahlt wurden, vergab er einen Auftrag an einen jungen Komponisten. Das war der Start jenes Teils im Schaffen von Martin Schelling, der in seiner Vita als Interpretation neuer Musik angeführt ist. Auf Tonträgern festgehalten sind unter anderem Werke von Gerald Futscher, Richard Dünser, Herbert Willi und Rudi Spring. Dass er selbst viele Stücke komponierte und zudem zahlreiche Arrangements schuf, das weiß auch jenes Publikum sehr zu schätzen, das sich etwa vom Projekt „Zirkus Luft-i-Kuss“ bei den Bregenzer Festspielen oder bei den Auftritten mit dem Ensemble Die Schurken begeistern ließ. Mit den Schurken-Kollegen Stefan
Dünser, Goran Kovacevic und Martin Deuring hat er zahlreiche Musikvermittlungsprojekte, das heißt, Musiktheaterprojekte für Kinder und Jugendliche realisiert, die mit jeweils höchst anspruchsvollen, neu arrangierten oder eigenen Kompositionen konzipiert wurden. Ob die Musiker, die hier auch exzellente Schauspieler sind, in Österreich, Deutschland oder gar im fremdsprachigen Ausland aufgetreten sind – ihrem jungen und ihrem älteren Publikum konnten sie immer viel vermitteln, man hat sich sozusagen gegenseitig beschenkt. „Man merkt es auf der Bühne sofort, wenn die Kinder fokussiert sind und es ist wunderschön zu erleben, wenn sie anschließend mit leuchtenden Augen auf uns zukommen.“
Musik wirkt
Martin Schelling ist bei der Schubertiade aufgetreten, er war
Mitglied im Ensemble plus und Soloklarinettist beim Symphonieorchester Vorarlberg. Er hat die Aufbaujahre erlebt, in denen die Begeisterung immer groß, aber das Budget stets knapp war. „Finanziell war es nie interessant, aber es war fantastisch, mit so tollen Kollegen wie etwa Eugen Bertel, Allen Smith oder Heidrun Pflüger gemeinsam Musik zu machen.“ Wie positiv sich Kunst- und Kultur auf das Leben der Menschen auswirken, sei für ihn als Musiker wie als Pädagoge und Leiter der Jugendkapelle der Bürgermusik in Lauterach ein zentrales Thema. „Kunst verlangt Konzentration und viel Arbeit, sie ist wichtig, weil sie unsere Gefühlswelt berührt und Empathie erzeugen kann. Wenn ich mit meiner Jugendkapelle arbeite, ist mir eine interessante Komposition ebenso wichtig wie zu erfahren, dass ich die Jugendlichen Schritt für Schritt weiterbringe.“ Sorge bereitet Martin Schelling die Budgetkonsolidierung in Vorarlberg. „Das Kulturbudget ist ohnehin schon so niedrig, Einsparungen wären hier fatal.“
Der Klarinettist hat auch zahlreiche Werke Vorarlberger Komponisten uraufgeführt.
Die Wiener Städtische Versicherung, eines der führenden Versicherungsunternehmen in Vorarlberg, ist seit vielen Jahrzehnten verlässliche Partnerin der Menschen in allen Fragen rund um Themen wie Sicherheit und Vorsorge. Über das Kernge-
Kunstförderung hat wichtigen Stellenwert
schäft hinaus, nimmt aber auch die Förderung von Kunst und Kultur einen wichtigen Stellenwert im Unternehmen ein. Daher liegt es für uns auch nahe, dass wir als Mitinitiatorin des Kunst- und Kulturpreises diese wichtige Initiative auch heuer wieder unterstützen. Denn wir sehen es auch als ein Gebot der gesellschaftlichen Verantwortung, den Menschen in jenen Regionen, wo wir erfolgreich tätig sind, Anerkennung und Wertschätzung entgegenzubringen. Kunst und Kultur bieten hierzu eine hervorragende
Möglichkeit, weil sie unser aller Leben in besonderer Weise bereichern und unsere Gesellschaft bunter, vielfältiger und lebenswerter machen. Als engagierter Partner und Förderer dieser regionalen Initiative blicke ich mit großer Erwartung auf die zahlreichen kreativen Beiträge unserer Künstlerinnen und Künstler und wünsche allen Beteiligten eine inspirierende und bereichernde Zeit.
Alexander Meier, Landesdirektor der Wiener Städtischen Versicherung Vorarlberg
„Es liegt in unserem Interesse, die Kunstszene zu fördern und dazu beizutragen, die Werke und Projekte sichtbarer zu machen. Dass hier Großartiges entsteht, ist vielen Menschen vielleicht gar nicht bewusst. Die Marke Porsche steht in einem Nahverhältnis zu Kunst und Design. Dies kommt auch bei Kooperationen mit Künstlerinnen und Künstlern zum Ausdruck.“
Rudi Lins, Geschäftsführer Porsche Zentrum Vorarlberg
„Künstlerische Vielfalt und kreative Projekte machen unsere Region lebendig – und finden Ausdruck in unserer Arbeit: Jedes Schmuckstück aus unserer Goldschmiede erzählt von Präzision, Leidenschaft und nachhaltigem Handwerk. Juwelier Hollfelder unterstützt den Kunst- und Kulturpreis als Teil unserer Philosophie, Nachhaltiges zu fördern und Inspiration zu schaffen.“ AnnaLena Hollfelder, GF Hollfelder Juwelier und Optik GmbH
„Es freut uns sehr, auch dieses Jahr erneut Gastgeber der Verleihung des Kunst- und Kulturpreises zu sein. Das Seehotel am Kaiserstrand ist stolz, Raum für Inspiration und kulturellen Austausch zu bieten. Wir gratulieren den Preisträgern herzlich und feiern gemeinsam diesen besonderen Moment!.“
Michael Kreipp, General Manager, Seehotel am Kaiserstrand
Carmen Pfanner mit einem ihrer „Baupläne“ in ihrem Atelier. Sie hat heuer die Urkundengestaltung entworfen. In diesem Sommer sind ihre Arbeiten im Bregenzer Künstlerhaus zu sehen.
Dritter Auftrag an eine Künstlerin
Künstlerinnen entwarfen jeweils die Urkundengestaltung für die Preisträgerinnen und Preisträger.
Das Transferieren von einer Technik in eine andere, von einem künstlerischen Aggregatzustand in den nächsten bestimmt unter anderem den Umgang von Carmen Pfanner mit ihren eigenen Objekten. Ein Detail aus einer Abbildung eines ihrer Objekte kann in neuer Anordnung somit wieder zum Objekt werden. Wer sich mit dem umfangreichen Werk der Vorarlberger Textil- und Objektkünstlerin sowie Zeichnerin über die Jahre auseinandersetzte, konnte dies ebenso erkennen wie eine Konstante in ihrem Werk – das Verbindende. Die Künstlerin wurde von der Jury beauftragt, in diesem Jahr die Urkunden für die Preisträgerinnen und Preisträger zu gestalten.
Die Kunst des Gastgebens auf Vorarlberger Art.
Verbindendes als Motiv Verbindung ist das Thema, das Carmen Pfanner aufgegriffen hat. Das Verbindende als Motiv bestimmte die Überlegungen für ihr Gestaltungskonzept. Ausgangswerk ist einer der vielen dreidimensionalen, reliefartigen „Baupläne“, die sie jeweils parallel zu ihren Ausstellungen gefertigt hat. Diese Pläne sind keine Entwurfsobjekte, sondern eigenständige Arbeiten, die Mittel, Wege oder alternative Kombinationen der einzelnen Details und Motive im Werk aufzeigen. Der Entwurf von Carmen Pfanner ist so konzipiert, dass die Preisträgerinnen und Preisträger heuer Urkunden erhalten, die mit ausgesuchten Teilen aus einem einzigen dieser Baupläne gestaltet sind. Arbeiten der an der Textilschule Dornbirn ausgebildeten und seit Jahrzehnten freischaffenden Künstlerin befinden sich in öffentlichen Sammlungen in Österreich und waren in zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen im In- und Ausland zu sehen.
Für die Urkunden der Preisträgerinnen und Preisträger in den Jahren 2023 und 2024 wurden Entwürfe und Arbeiten der Vorarlberger Künstlerinnen Gabriele Bösch und Alexandra Wacker umgesetzt. Beide haben dabei den Aspekt der Vermittlung thematisiert.
Fotos: Marlene Froehlich, Frederick Sams, Marcel Mayer, Christa Dietrich