Bildung digital Die Schrittmacherin Die digitale Transformation der Schulen sei kein Sprint, sondern ein Marathon. Niemand weiß das besser als Verena Pausder. Sie ist das Gesicht der digitalen Bildung im deutschsprachigen Raum und unermüdliche Vorkämpferin für digitale Chancengleichheit.
Digitale Bildung schaffe mehr Teilhabe und soziale Gerechtigkeit, erklärt Verena Pausder, erfolgreiche Unternehmerin und Mutter dreier Kinder im Grundschulalter. „Wir brauchen eine starke, gemeinsame Stimme der Zivilgesellschaft. Das Thema Digitalisierung der Schulen ist so groß und komplex – da braucht es möglichst diverse Teams, um Lösungen für die Zukunft voranzutreiben“, so die Gründerin von Fox & Sheep und den HABA Digitalwerkstätten. Mit ihrem kürzlich erschienenen Buch „Das Neue Land“ und mit Kampagnen wie #stayonboard oder #wirfürschule, dem größten Bildungshackathon Deutschlands, möchte sie Menschen hinter Zukunftsideen versammeln und mit starker Stimme Richtung Politik sprechen. Was sind für Sie die wichtigsten Stellschrauben, um Kindern und Jugendlichen eine fundierte digitale Bildung zu ermöglichen? Zuallererst braucht es an den Schulen schnelles Internet und entsprechende Geräte. Parallel ist die Weiterbildung der Lehrkräfte essenziell, damit sie bestmöglich für digitale Bildung ausgerüstet sind. Dann braucht es eine Schnittstelle zur Schule, damit digitale Lernanwendungen, Plattformen und Softwarelösungen in der Schule nutzbar sind. Und damit digitale Bildung nicht analoge Bildung auf digitalen Geräten wird, brauchen wir mehr Freiraum im Lehrplan und Unterricht, um projektbasiert und fächerübergreifend lernen und experimentieren zu können. Das gilt aber nicht nur für den digitalen Unterricht, sondern allgemein für die Schule von morgen. 12
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Sie sagen, wir tänzeln bisher um die Digitalisierung nur herum. Damit sich wirklich etwas ändert, bräuchten wir kreatives Chaos. Wie meinen Sie das? Die Anforderungen und Herausforderungen, die die Digi-
Wir haben uns jetzt mit einer neuen Form des Unterrichts beschäftigt, die uns vorher vielleicht Angst gemacht hat. Und sehen, dass wir besser zurechtkommen als wir es uns zugetraut hätten. talisierung mit sich bringt, sind groß. Daher werden wir es nicht im ersten Wurf richtig machen, sondern wir müssen uns schrittweise den Lösungen nähern. Einfach mal ausprobieren, schauen was funktioniert, verbessern, iterativ weiterentwickeln. Kreatives Chaos ist zum Beispiel das, was wir im Bereich digitale Bildung dieses Jahr an den Schulen erlebt haben. Alle waren gezwungen, sich mit dem Thema Digitalisierung der Bildung zu beschäftigen. Wir haben gesehen, was klappt und wo wir noch nicht vorbereitet sind. Da müssen wir jetzt nachbessern. Aber genau dieses Ausprobieren und Experi-
mentieren braucht es, damit wir uns weiterentwickeln. Denn: Reines Theoretisieren und reden wird uns nicht weiterbringen. Passiert für digitale Bildung zu wenig auf europäischer Ebene? Auf jeden Fall! Gerade Themen wie die Entwicklung und Ausgestaltung einer Schul-Cloud und das Hosten dieser auf europäischen Servern muss eine europäische Aufgabe sein. Sie sprechen von einem „Dauerfeuer“, das nötig sei, um digitale Bildung voranzutreiben. Wie ist das gemeint? Die digitale Transformation der Schulen ist kein Sprint, sondern ein Marathon. Wir müssen da ein richtig dickes Brett durchbohren, um die digitale Ausstattung an den Schulen, die Weiterbildung der Lehrkräfte, das Ausmisten des Curriculums und das Neudenken des Unterrichts möglich zu machen. Folglich ist es wichtig, dass wir uns nach Corona nicht wieder zur Ruhe setzen, sondern anerkennen, dass wir uns erst am Anfang der digitalen Transformation der Schulen befinden.
>> Verena Pausder Alter: 41 Wohnort: Berlin Firma: Fox & Sheep, HABA Digitalwerkstätten, Gründerin Digitale Bildung für Alle e.V., Mitglied im Innovation Council der deutschen Digitalstaatsministerin sowie im Hochschulrat der CODE University Berlin