DER DEMOGRAFISCHE WANDEL UND SEINE BEDEUTUNG FÜR DEN TOURISMUS In den meisten westlichen Industrieländern ist der demografische Wandel eines der zentralen Themen, das die Gesellschaft beschäftigt. Die Frage, nach den Umständen, unter denen wir morgen leben, wirtschaften und unsere Freizeit verbringen, bewegt die Menschen. Das Institut für Tourismusund Freizeitforschung der Hochschule für Technik und Wirtschaft – HTW Chur hat sich in den letzten Jahren im Rahmen eines Forschungsprojektes intensiv mit diesem Thema befasst. Der Hauptfokus lag dabei auf der Betrachtung der Schweiz, einem der wichtigsten Herkunftsmärkte für touristische Anbieter in Westösterreich, wobei sich die Situation in vielen europäischen Ländern ähnlich darstellt. Nachfolgend werden einige der wesentlichsten Ergebnisse der Untersuchung zusammen gefasst.
Niedrige Geburtenrate und sinkende Sterblichkeit Nach Prognosen der Vereinten Nationen wird im Jahr 2050 rund ein Fünftel der Weltbevölkerung 65 und mehr Jahre alt sein. Für die Schweiz prognostiziert das Bundesamt für Statistik für das Jahr 2050, dass rund ein Viertel der Schweizerinnen 65 Jahre oder älter sein werden. In Österreich erwartet die Statistik Austria für 2050, dass mehr als ein Drittel der Bevölkerung über 60 Jahre alt sein wird. Verantwortlich für diese Entwicklung ist die so genannte „doppelte demografische Alterung“. Darunter wird die Alterung der Bevölkerung verstanden, indem die Menschen einerseits ein höheres durchschnittliches Lebensalter erreichen und andererseits die Gesamtbevölkerung abnimmt, sodass der Anteil der Älteren noch stärker ins Gewicht fällt. Auf jeden Fall ist die Alterung der Gesellschaft der – auf absehbare Zeit – dynamischste Veränderungstrend, auf den wir uns einstellen müssen.
Von der Werbefahrt zur Luxusreise Die durchschnittlich relativ hohe Kaufkraft und die Reiseintensität führen bis zum Jahr 2050 zu einem starken Anwachsen der touristischen Nachfrage der über 65-Jährigen. Ältere Bevölkerungsgruppen sind somit auch aus Marketinggesichtspunkten nicht mehr die Randgruppe, als die sie oft gesehen und behandelt wurden. Allerdings lauern gerade im Marketing Gefahren und Fallen, wenn es um die gezielte Ansprache älterer Menschen sowie die entsprechende Angebotsentwicklung geht: Wir müssen kritisch mit der Frage auseinander setzen, ob die als 65+", "Senior", "Golden Ager", "Snowbird" oder "Grey Nomad" Titulierten auch wirklich so angesprochen werden möchten. Außerdem ist das Alter allein kein zulässiges Segmentierungskriterium, es ist weder wissenschaftlich noch im touristischen Alltag haltbar, keine andere Altersgruppe ist so heterogen wie diese. Je nach Lebensstil, Biografie, Familienverhältnissen, Einkommen, Bildung und Gesundheitszustand sind die Reisemotive und Ansprüche des Einzelnen an einen Urlaubsaufenthalt völlig unterschiedlich, das Reisespektrum reicht dabei von der kostengünstigen Werbefahrt mit Verkaufsschau oder einem ärztlich verordneten dreiwöchigen Kuraufenthalt über die Luxureise mit Trüffel und Wein ins Piemont bis hin zur organisierten Motorradtour für Junggebliebene durch die Pyrenäen. Die Babyboomer, also jene geburtenstarken Jahrgänge, die in der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg geboren wurden, sind heute bereits teilweise im Ruhestand, besitzen vielfach ein relativ hohes, frei verfügbares Einkommen, da die laufenden finanziellen Verpflichtungen gering sind. Zusätzlich erfreuen sie sich im Vergleich zu früheren Generationen oft relativ guter Gesundheit. Sie stellen also in vielerlei Hinsicht eine neue Lebensstilelite mit frei verfügbarem Einkommen und ebenso frei verfügbarer Zeit dar. Dies resultiert – bei aller Heterogenität der Altersgruppe - teilweise in Lust- und Impulskäufen, die sich die Tourismuswirtschaft zu Nutze machen kann.
Die Babyboomers werden älter – Revival der Sommerfrische? Was aber bedeutet all dies für den heimischen touristischen Anbieter? Die ökonomischen Impulse der älter werdenden Gesellschaft werden den Tourismus nachhaltig prägen und die Tourismusindustrie in den kommenden Jahrzehnten zu einer Veränderung ihrer Angebote zwingen. Dies muss vor dem Hintergrund und mit dem Wissen geschehen, dass jede Generation ihre Reiseerfahrungen unter anderen sozialen und gesellschaftlichen Umständen macht und wertet.