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Gefährliche Blutung im Kopf: Ein zweites Leben für Mirjam Fend
Das Leben gab ihr eine zweite Chance
Mirjam Fend (59) platzte ein Aneurysma im Kopf.
TSCHAGGUNS Am 21. Juli 2016 schlug das Schicksal erbarmungslos zu. Im Rückblick spricht Mirjam Fend (59) vom „Crash“. Dieser kündigte sich ein halbes Jahr vorher an. „Ich litt unter extremer Müdigkeit und massiven Rückenschmerzen. Kein Arzt konnte mir sagen, was ich habe.“ Die zweifache Mutter spürte jedoch, dass etwas Schlimmes im Gange war. „Mit mir wird etwas
passieren“, dachte sie sich. Sie war sich dessen so sicher, dass sie bereits Fotos für ihre Todesanzeige aussuchte und zu ihrem Sohn sagte: „Genieße deine Mama. Du weißt nicht, wie lange du sie hast.“
Den Körper verlassen Am Abend des Schicksalstages telefonierte sie mit ihrem Chef. Während des Telefonats durchfuhr sie im Kopf ein Schmerz, der so heftig war, dass sie glaubte, jetzt und sofort sterben zu müssen. Mit letzter Kraft begab sie sich auf die Terrasse und rief nach ihrem Lebensgefährten Ludwig, der draußen am Arbeiten war. Dann brach sie zusammen und wurde bewusstlos. Ludwig erkannte den Ernst der Lage und alarmierte Rettung, Notarzt und Hubschrauber. Als die Rettungskräfte eintrafen und sich um die Notfallpatientin zu kümmern begannen, war Mirjam bereits aus ihrem Körper herausgetreten. „Meine Seele ging hinaus. Von außen habe ich zugesehen, wie die Rettungsleute sich um mich bemühten. Ich war ganz ruhig, fühlte keinen Schmerz
und dachte mir: ,Wieso haben die so einen Stress mit mir?“
Sechs Stunden wurde die Altenbetreuerin im Spital operiert. Als sie wieder zu sich kam, sagten ihr die Ärzte, dass es ein Wunder sei, dass sie noch am Leben sei, dass sie aber noch nicht über dem Berg ist. Die ersten zwölf Tage waren kritisch. „Ich ängstigte mich kein bisschen, obwohl man mir sagte, dass ich sterben könnte.“ Das lag daran, dass die Intensivpatientin am vierten Tag eine Vision hatte. „Ich lag entspannt im Bett. An der Decke sah ich einen Mann mit Bart, an seiner Seite waren Engel. Sie sagten zu mir: ,Mirjam, es ist alles gut.‘ Dann verschwand das Bild. Ab da wusste mein Inneres: Es wird alles gut.“ Zunächst jedoch plagten sie furchtbare Kopfschmerzen. Diese hielten zwei Jahre an. „Es war, als ob man mir die Schädeldecke heben würde.“ Der Kopfdruck war das eine, die Panikattacken und Weinanfälle das andere. „Das Geschehen am 21. Juli war so traumatisch für mich, dass ich eine posttraumatische Belastungsstörung entwickelte.“ Drei bis vier Jahre lang ging es Mirjam schlecht. „Am liebsten wäre ich gar nicht mehr da gewesen.“ Die Ärzte hatten sich nicht getäuscht. Es braucht viel Zeit für die Heilung, hatten sie zu der Überlebenden aus dem Montafon gesagt.
„Bin noch liebender geworden“ Heute, sechseinhalb Jahre nach dem „Crash“, geht es Mirjam sehr gut. „Ich stehe jetzt wieder voll im Leben, bin wieder in meiner Kraft, nicht zuletzt aufgrund der wunderbaren Begleitung meines Partners.“ Die 59-Jährige, die wie das blühende Leben aussieht, ist voll des Lobes für ihren Lebensgefährten: „Ludwig stand voll hinter mir, er schaute gut auf mich. Für mich ist er das größte Geschenk auf meinem Lebensweg.“ Mirjam ist überzeugt: „Durch unsere Liebe konnte ich schneller genesen. Liebe hat die höchste Heilungsenergie.“
Mittlerweile kann Mirjam dem Schicksalsschlag viel Positives abgewinnen. Denn: „Der Weg, den ich gehen durfte, hat mich noch liebender und demütiger gemacht. Jeder einzelne Augenblick war wichtig, auch die schmerzerfüllten Momente.“
Die attraktive Endfünfzigerin wacht jeden Morgen mit Dankbarkeit auf und freut sich, dass sie noch leben darf. „Es ist ein Wunder, dass ich überlebt habe. Mehr als die Hälfte der Menschen mit diesem Schicksal stirbt. Und von denen, die überleben, ist ein Drittel danach beeinträchtigt“, sagt sie und jetzt sind ihre Augen voller Tränen, weil sie innerlich so aufgewühlt ist.
DIE GUTE NACHRICHT
Mirjam Fend überlebte wie durch ein Wunder und trug keine Folgeschäden davon.
Mehrere leidvolle Jahre liegen hinter Mirjam Fend. Aber heute geht es der zweifachen Mutter wieder sehr gut. VN/STIPLOVSEK
MARTINA KUSTER martina.kuster@vn.at 05572 501-734
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Eva Fahlbusch engagiert sich stark für Geflüchtete – egal, woher sie kommen.
BREGENZ Im April 2013 gründete Eva Fahlbusch Vindex – Schutz und Asyl. Vor zwei Jahren stand der Verein aufgrund von finanziellen Problemen vor dem Aus. Gemeinsam mit dem Komitee „Rettet Vindex“ hat es Obfrau Eva Fahlbusch geschafft, dass Vindex im April 2023 sein zehnjähriges Bestehen feiern kann.
Die 63-jährige ausgebildete Tischlerin und Systemische Familientherapeutin aus Deutschland kam 2007 nach Vorarlberg. Sie war mehrere Jahre bei Dowas als betriebliche Sozialarbeiterin beschäftigt. Zudem ist sie Mitbegründerin der Vorarlberger Armutskonferenz und der Vorarlberger Plattform für Menschenrechte.
Vereinsgründung Über Dowas gelangte Eva Fahlbusch zu Integra. Dort war sie für Werkstätten zuständig, in denen Langzeitarbeitlose beschäftigt wurden, unter ihnen Geflüchtete aus Tschetschenien. Konfrontiert mit den traumatisierten Menschen, beschloss sie, ihnen zu helfen und gründete gemeinsam mit Geflüchteten Vindex – Schutz und Asyl. „Vindex ist ein interkultureller Zusammenschluss von Konventionsflüchtlingen, Asylsuchenden und Einheimischen und hilft Menschen, die in Österreich Schutz suchen. Egal, woher sie kommen“, informiert die Obfrau.
Zum finanziellen Engpass kam es vor knapp drei Jahren, nachdem die bisherige Förderin, die Stiftung Weitblick, neue Schwerpunkte setzte und Vindex keine Geldmittel mehr zur Verfügung stellen konnte. „Bis dahin hatte uns die Stiftung finanzielle Sicherheit gegeben. Dadurch konnten wir unser Beratungsprogramm und die integrativen Maßnahmen ausweiten.“ Nach deren Rückzug, und weil Vindex vom Land Vorarlberg zu einem Zeitpunkt Strukturförderung erhalten hat, schlitterte Vindex in eine schwere Krise. „Wir mussten personell runterfahren und Projekte aufgeben, um wenigstens unsere Basisarbeit weitermachen zu können“, erklärt Eva Fahlbusch.
Anfang 2021 schlossen sich mehr als ein Dutzend Personen unterschiedlichster Berufsgruppen zu einem Unterstützungskomitee zusammen, das Aktionen organisierte, um Vindex zu retten. Dem Komitee gehören unter anderem Sigi Ramoser, Hanno Loewy, Burkhard Walla, Ingrid Bertel und Konrad Lerch an.
Kunstauktion Als erste Rettungsaktion wurde ein Kalender 2021 gestaltet, der vom Fotografen Darko Todorovic porträtierte Menschen mit Flüchtlingsstatus beziehungsweise Migrationshintergrund und deren Geschichten darstellte. Der Kalender wurde restlos verkauft.
Die nächste Rettungsaktion war eine Kunstauktion. Vorarlberger Künstler(innen) spendeten zahlreiche Bilder und Skulpturen, die online versteigert wurden. Mit dem Erlös der Auktion, der unter den Künstler(inne)n und Vindex aufgeteilt wurde, konnte der Verein weitermachen. Und neulich erhielt Vindex eine Spende aus Liechtenstein, die es dem Verein ermöglicht, eine befristete Sozialpädagogin anzustellen. „Vindex bleibt“, stellt die Obfrau klar, wenn auch in abgespeckter Form. „Ein volles Programm wäre nur dann möglich, wenn uns die Landesregierung Strukturförderung gewähren würde.“
Die Verfechterin des in der österreichischen Verfassung verankerten Artikel 2, „Die Würde des Menschen ist unantastbar“, klagt, dass durch die aktuelle Flüchtlingspolitik die Würde des Menschen permanent missachtet wird. „Fakt ist, Krieg und Flucht wird es immer geben. Und wir sind dazu verpflichtet, die Menschen in Not aufzunehmen und ihnen zu helfen.“
Übrigens, im März 2022 wurde Eva Fahlbusch von der Landeshauptstadt Bregenz mit dem Agathe-Fessler-Frauenpreis ausgezeichnet. Für diese zum ersten Mal ausgeschriebene Ehrung nach der Begründerin der modernen Sozialarbeit in Vorarlberg wurden Frauen mit besonderen beruflichen oder ehrenamtlichen Leistungen, mit beispielgebendem Wirken für die Chancengleichheit von Frauen, nominiert. Eva Fahlbusch fühlt sich „geehrt und sehr berührt, dass die Wahl auf mich gefallen ist, obwohl ich keine Vorarlbergerin bin, sondern eine zugezogene Ausländerin. Vor allem freut mich, dass meine Arbeit mit Geflüchteten gewürdigt wird.“
Vindex konnte gerettet werden

Eva Fahlbusch freut sich, dass ihre Arbeit mit Geflüchteten gewürdigt wird.
HRJ