FRISCH VERLIEBT ZUR GEBURTSSTUNDE DER FESTSPIELE
Die 95-Jährige Lydia Häfele erinnert sich an den ersten Besuch bei den Bregenzer Festspielen. „Ein Festgewand hatte man damals nicht“, sagt sie. Lydia Häfele gehörte zu den Ersten, diee V Verdis Rigoletto dieses Jahr auf der Bregenzer Seebühne erlebt haben. Und höchstwahrscheinlich war sie an diesem Abend die Einzige im Publikum, die schon bei der Geburtsstunde der Bregenzer Festspiele 1946 dabei war. Ihr späterer Mann Herbert hatte sie zu Bastien und Bastienne eingeladen. Die 95-Jährige begibt sich in ihrem Zuhause in Hohenems auf Zeitreise. Beim allerersten Spiel auf dem See war sie 20. „Für uns war alles unbekannt und neu. Ein Erlebnis!“, strahlt sie und sinniert: „Scho so lang her!“ Bei Details zur Aufführung lässt sie die Erinnerung im Stich, aber sie kann noch sehr gut
Lydia Häfel äf e erinnert sich an ihren ersten äfel Besuch bei den Festspielen. Foto: Arno Miller 6
nachvollziehen, wie außergewöhnlich diese Festwoche war, so kurz nach dem Krieg. Festgewand? Hatten sie nicht. „Das hätte man auch nicht kaufen uf oder machen können, es hat ufen ja keine Stoffe ffe und so gegeben.“ Die ff „Sonntagskleidung“ musste für den Anlass genügen. Herbert Häfel äf e hatte äfel seinen Anzug auf Bezugsmarken bekommen, das weiß Lydia noch ganz genau: „Wei „W l in der Realschule war er einer von den Kleineren und als er aus dem Krieg heimkam, war er gewachsen und hatte nichts, was ihm gepasst hätte“. HUNGER NACH KULTUR Die Geschichte erzählt aber auch vom Hunger nach h K Kultur. Herbert Häfele, der vor sechs Jahren gestorben ist, kam aus einer musikbegeisterten Familie und liebte Klassik. Wie viel die Karten für Bastien und Bastienne kosteten und ob er schon einen Job und eigenes Geld hatte, weiß Lydia nicht mehr genau. Fest steht: „Das Spiel auf dem See hat ihn interessiert, obwohl es Mozart war – sein Favo Fa rit war Beethoven.“ Die stürmische Musik, die habe auch besser zu ihrem Mann gepasst. MEHRERE BESUCHE Später haben die Häfeles noch mehrere Male die Bregenzer Festspiele besucht. Carmen und Porgy and Bess fallen Lydia spontan ein und natürlich 1995 Fidelio. Für ihren Mann, mittlerweile ein hoher Finanzbeamter, ein Muss. Herbert Häfele hat mit Leidenschaft fotografiert und das getan, was die wenigsten tun: Die Fotos chronologisch in Alben geklebt und penibel mit Informationen versehen. So war es leicht, nach dem Hinweis
Festspielzeitung :: Kultur und Freizeit während der Bregenzer Festspiele
auf Fidelio unter einem beeindruckenden Stapel das betreffende Album zu finden.. K Kurzes Blättern … Auf Seite 166 wird sie fündig. Hier sind eine Glückwunsch- und eine Eintrittskarte eingeklebt. Dazu hat Herbert Häfele äf äfele notiert: „8. 8. 1995: Als Beethoven-Vere -V hrer hat mich -Vere das Geburtstagsgeschenk für die Fidelio-Aufführung bei den Bregenzer Festspielen für zwei Personen am 8. 8. 95 besonders gefreut. Mit viel Glück (kurzer Regenschauer) er) konnte er die – teils umstrittene – Aufführung durchgespielt werden. Für uns war es ein Erlebnis! “ AUF KLAPPBAREN GARTENSESSELN Eine Zeitung hat damals offen ff sichtffen lich auch über die erste Festwoche von 1946 berichtet. Herbert Häfele hat den Fidelio-Eintrag im Album mit zwei Zeitungsausschnitten und folgender Erinnerung ergänzt: „Auch beim ersten Spiel auf dem See gehörten wir zu den Besuchern … auf klappbaren Gartensesseln ,genossen‘ wir damals Bastien und Bastienne!“ Warum ihr Herbert „genossen“ in Gänsefüßchen setzte, kann Lydia Häfele heute nicht mehr sagen. Gar wegen Mozart? Eher, meint sie, waren die Sessel hart und unbequem. AUF ZEITREISE Für ihr hohes Alter ist Lydia Häfele noch ungemein rüstig.. V Vor wenigen Tagen hat sie ihr Sohn Winfried zu Rigoletto ausgeführt.. „„Wunderschöness W Wetter!““ W Wie hat es Ihnen gefallen? „Gut!“, sagt sie wie aus der Pistole geschossen. Und im Kopf geht sie auf Zeitreise:: „„Wenn man vergleicht … die Technik, was man jetzt alles machen kann!! V Verrückt!“