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business:zeit
08/2018
«DIE LGT TUT, WAS SIE SAGT» Bei der Verwaltung von Vermögen stützt sich die LGT auf festverankerte Grundüberzeugungen. Der Anlagestratege Thomas Wille über Interessenkongruenz, Anlagegrundsätze und warum es sinnvoll sein kann, auch einmal davon abzuweichen. Text: Sidi Staub • Fotos: Nadia Schärli
lie:zeit: Thomas Wille, was genau ist Ihre Aufgabe als Verantwortlicher Anlagestrategie? Thomas Wille: Als Vorsitzender unseres Anlage-Komitees ist es meine Aufgabe, für die LGT Privat-banken in Europa die taktische Vermögensallokation bzw. Anlagestrategie festzulegen. «Vermögensallokation» heisst: Wie sollen die Portfolios unserer Privatkunden auf die verschiedenen Anlageklassen, Länder, Branchen und Währungen aufgeteilt werden? Wo sehen wir Chancen und wo die Risiken? Welche Segmente, beispielsweise Unternehmensanleihen USA oder Aktien Deutschland, möchten wir über- und welche untergewichten? Und was bedeutet «taktisch»? Ausgangspunkt ist die auf die Bedürfnisse unserer Privatkunden ausgerichtete, langfristig gültige strategische Vermögensallokation. Diese erarbeiten wir gemeinsam mit unseren Kollegen von LGT Capital Partners, unter anderem mit Hilfe der sogenannten Szenario-Technik. Diese strategische Allokation passen wir monatlich an unsere Markteinschätzung an, das heisst, wir gewichten taktisch einzelne Märkte und Segmente stärker oder schwächer als in der strategischen Vermögensallokation vorgesehen, um so von kurzfristigen Marktbewegungen profitieren zu können. Wie wichtig ist denn die Anlagestrategie? Verschiedene Studien zeigen, dass die Vermögensallokation für etwa 80 Prozent der Rendite eines Portfolios verantwortlich ist. Meine zweite Hauptaufgabe
besteht deshalb darin, die Strategie zu kommunizieren – unseren Kundenberatern, unseren Portfolio-Managern, aber auch unseren Kunden. Unser Ziel ist, dass die taktische Vermögensallokation möglichst zeitnah und effizient in den Portfolios und in der Anlageberatung umgesetzt wird. Welche Rolle spielen bei Ihrer Tätigkeit die Grundüberzeugungen der LGT? Sie sind gewissermassen die DNA unserer Strategie. Dies kommt darin zum Ausdruck, dass wir innerhalb der Branche zu denjenigen Privatbanken gehören, die alternative Anlagen, wie beispielsweise Private Equity oder versicherungsbasierte Anleihen, am stärksten gewichten. Deren langfristige Gewichtung in einem typischen ausgewogenen Portfolio beträgt rund 20 Prozent – ein vergleichsweise hoher Wert. Natürlich können wir nach unten oder oben davon abweichen, wenn wir sehr positiv oder negativ zu alternativen Anlagen eingestellt sind. Dies ändert aber nichts an unserer Grundüberzeugung, dass diese Anlagen einen gewichtigen Platz in einem Portfolio verdienen. Eine andere Anlagekategorie, die bei uns überdurchschnittlich hoch gewichtet wird, sind Aktien und Anleihen aus Schwellenländern. Sie haben in Ihrer Karriere für verschiedene Banken gearbeitet, unter anderem als Fondsmanager und Anlagestratege. Wie unterscheidet sich die LGT bezüglich ihrer Grundüberzeugungen? Die LGT zeichnet sich dadurch aus, dass sie tut, was sie sagt –
und zwar nicht nur mit dem Geld ihrer Kunden, sondern auch mit ihrem eigenen Geld. Wir nennen das Co-Investment. Das heisst einerseits, dass Mitarbeitende, die für Kunden Geld investieren, mit ihrem eigenen Vermögen an den entsprechenden Anlagen beteiligt sind. Das Gleiche verlangen wir von externen Portfolio-Managern, denen wir ein Vermögensverwaltungs-Mandat erteilen. Nicht zuletzt heisst es auch, dass Kunden in die gleiche Strategie wie die Fürstliche Familie inves-
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Richtung des Anstiegs, sondern auch den Zeitpunkt – präzise vorhersagen zu können, dann sollte man das tun. Erfahrungsgemäss gelingt dies aber nur den wenigsten Anlegern, wenn überhaupt. Jeder, der solche Analysen durchführt, weiss, dass die Analyse zwar stimmen mag, man aber nie sicher sein kann, wie stark die Resultate bereits im Kurs eskomptiert sind oder wie lange es geht, bis sich eine richtige Erkenntnis im Markt durchsetzt.
Es ist meine Aufgabe, für die LGT Privatbanken in Europa die taktische Vermögensallokation bzw. Anlagestrategie festzulegen.
tieren können. Letztlich sitzen somit alle im gleichen Boot, sowohl bei Entwicklungen nach oben als auch nach unten. Die daraus resultierende direkte Übereinstimmung der Interessen findet man im Private Banking sonst eher selten. Eines der meistgenannten Anlageprinzipien dürfte wohl sein, dass man sein Vermögen breit auf verschiedene Anlagen diversifizieren soll. Wenn man aber überzeugt davon ist, dass beispielsweise eine bestimmte Aktie im Wert stark steigen wird, sollte man dann nicht im Gegenteil sein Vermögen auf diese Aktie konzentrieren? Wenn man sich sicher ist, den künftigen Kursverlauf einer Aktie – und zwar nicht nur die
Und wenn das zu lange dauert, können sich in der Zwischenzeit neue Ereignisse ergeben, die man in der Analyse noch gar nicht berücksichtigen konnte. Wer dennoch sein Geld nur auf eine Karte setzt, sollte sich bewusst sein, dass seinem potenziellen Gewinn ein grosses Verlustrisiko gegenübersteht, wenn sich die Aktie entgegen den Erwartungen entwickelt. Im Gegensatz dazu basiert Diversifikation auf dem Prinzip, dass sich verschiedene Titel unterschiedlich entwickeln und Verluste auf einem Titel durch Gewinne auf anderen Titeln kompensiert werden können. Wenn man diesen Effekt systematisch ausnützt, erzielt man ein besseres Verhältnis von Gewinn und Risiko im Portfolio.