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polit:zeit
08/2018
Freie Liste: «Das Vertrauen in die Politik schwindet» Wir setzen heute unsere Interview-Reihe mit den Präsidenten/Innen der liechtensteinischen politischen Parteien fort. Was bewegt die Menschen, wo sehen sie Handlungsbedarf, steht es in den entscheidenden Spektren unserer Politik wirklich so gut, wie immer von den Koalitionsparteien behauptet wird? Wir befragten die Freie Liste, resp. das FL-Präsidium mit Frau Conny Büchel-Brühwiler und Pepo Frick. Interview: Herbert Oehri Die Freie Liste (FL) hat im Februar dieses Jahr eine online-Umfrage lanciert und teils interessante Antworten bekommen. Daraus haben wir einige Fragen zusammengestellt. Wie wird die aktuelle politische Stimmung im Land beurteilt? Conny Büchel Brühwiler: Menschen in Liechtenstein beobachten einen Mangel an klar ersichtlichen Denkansätzen für die zukünftige Entwicklung Liechtensteins. Das Vertrauen in die Politik und wohl auch in die grosse Koalition leidet. Die Menschen machen sich Sorgen um ihre Zukunft. Die Koalition agiert zu sehr im Bann der Wirtschaft und oft an den Bedürfnissen der Menschen vorbei, Sparen und Verwalten dominieren. Die Freie Liste hält mit ihrer politischen Arbeit dagegen. Die Antworten aus der Umfrage bestätigen, dass neue Ansätze gefordert sind. Ein Grossteil der befragten Personen hat klare politische Vorstellungen und findet sich auf unserer Parteilinie mit ihrer sozialen, ökologischen und demokratischen Ausrichtung wieder. An was stören sich Einwohnerinnen und Einwohner am meisten? Pepo Frick: Dauerthema sind die immer höheren Gesundheitskosten, auch die völlig verfahrene Spitaldiskussion verunsichert. Manche fürchten sogar, dass sie möglicherweise nicht oder nicht mehr so behandelt werden, wie es ihre Erkrankung erfordert. Viele spüren die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich – oft ganz konkret in ihrem Le-
bensbereich. Die zunehmend ungerechtere und ungerechtfertigte Verteilung von Gütern und die wachsende Altersarmut, das alles hat Konsequenzen für den einzelnen bzw. die einzelne. Viele sehnen sich nach einer Wende, nach einem Umdenken. Wie steht die FL zum Thema Gesundheitskosten? Conny Büchel Brühwiler: Die Gesundheitskosten drücken vor allem auf die Familienbudgets. Der Staat hat, genötigt durch das neue Steuersystem, das Reiche und Unternehmen entlastet hat, den Staatsbeitrag an die Krankenkassenprämien massiv reduziert. Die Prämien sind im Moment zwar stabil, durch die unsoziale KVG-Reform wurden
die Franchise und der Selbstbehalt erhöht, was übersetzt ganz einfach heisst, dass wer krank ist, seine Kosten sehr häufig einfach selber bezahlen muss- und das nicht zu knapp! Die unfairen KK-Kopfprämien bedeuten eben, dass wir alle, unabhängig vom jeweiligen Erwerb, gleich viel bezahlen. Sie belasten vor allem Teilzeitarbeitende, Alleinerziehende und insbesondere den Mittelstand, der in der Regel kein Anrecht auf Prämienverbilligung hat. Wie stehen Sie zur Spitaldiskussion? – Was schlägt die FL vor? Pepo Frick: Wir halten die Konkurrenzstrategie mit Grabs für ruinös. Unser Landesspital mit
seiner beschränkten Einwohnerzahl wird nie entsprechende Fallzahlen im Akutbereich erreichen, welche einen qualitativ verantwortbaren Service bieten können. Und die Einwohnerinnen und Einwohner wollen vor allem etwas: Qualität! Die FL sieht die Lösung darin, sich vom 24-Stunden Akut-Angebot zu verabschieden, das können die umliegenden Spitäler qualitativ besser. Im Verbund mit der Spitalregion Werdenberg-Sarganserland sollte sich das Landesspital zu einem Spital für Altersmedizin entwickeln, welches die zunehmende demographische Herausforderung aufnimmt und regional einen Pfeiler setzt. Von Patientenseite gefragt sind heute im nicht-akuten Krankheitsfall: