polit:zeit
08/2018
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KAISER
Thomas Lageder
Johannes Kaiser, parteifrei
Harry Quaderer
Das Gesundheitswesen krankt tatsächlich. Die Regierung, allen voran Gesundheitsminister Pedrazzini, setzt in Sachen Spitalversorgung auf eine teure und qualitativ zweifelhafte Konkurrenzstrategie mit Grabs. Angestrebt wird anscheinend eine unwirtschaftliche und versorgungstechnisch unsinnige Zentralisierung der Leistungen von Hausärzten im Notfall in Vaduz. Gefragt ist das Gegenteil. Die Hausärzte kennen ihre Patienten, erbringen die gleiche oder bessere Leistung als ein Spital in ihrem Feld zu einem viel günstigeren Preis. Prävention, die Kosten und Leid verhindern würde, wird sträflich vernachlässigt, weil der Erfolg nicht mit einem Excel-Sheet berechnet werden kann.
Die Vorgänger im Gesundheitsministerium der heutigen Regierung stellten die Weichen auf eine Stärkung des Gesundheitsstandortes Liechtenstein. Stärkung im Sinne einer sehr guten Gesundheitsversorgung der liechtensteinischen Bevölkerung und Stärkung des Gesundheitsmarktes im Sinne eines volkswirtschaftlichen Standortvorteils für Liechtenstein. Nach der grossen Finanzkrise sowie den Turbulenzen auf dem Finanzplatz Liechtenstein war dies auch eine erstrebenswerte und wichtige Ausrichtung des liechtensteinischen Gesundheitswesens. Unter der Regierung Adrian Hasler und dem zuständigen Gesundheits-Regierungsrat Mauro Pedrazzini sieht die Situation heute ziemlich düster aus. Das Prädikat «starker Gesundheitsstandort Liechtenstein» sieht anders aus. Gespannt erwarten wir die Interpellationsbeantwortung der Regierung betr. die «Geldflüsse im Gesundheitswesen ins Ausland». Der Geldexport aus Liechtenstein hinaus bewegt sich unter der Führung von Regierungschef Hasler und Gesundheitsminister Pedrazzini im Bereich von rund 100 Mio. Franken. Umgekehrt fliessen im Gesundheitswesen von der Schweiz Richtung Liechtenstein magere CHF 8 – 10 Mio. Da dürfte es niemand wundern, wenn die Menschen bzw. Prämienzahler immer mehr zur Kasse gebeten werden.
Ich würde dies mal anders formulieren Das Krankheitswesen brummt und dies nicht nur in Liechtenstein. Warum? Ich denke, wenn man dieser Frage auch nur annähernd auf den Grund ginge, müsste man mal wohl Haus-, Spezialärzte, Ernährungsspezialisten, «kranke» und «gesunde» Leute, Fachpersonal aus den Krankenversicherungen, Politiker aus Regierung und Landtag, Fachleute aus Ethik, Statistiker, Umweltdenker, Pflegespezialisten und Bürger und Bürgerinnen unseres Landes einladen, um ihre Sicht der Dinge in einem Fragenkomplex zu beantworten, wobei nicht nur ein Ja, Nein oder Vielleicht anzukreuzen wäre.
Generell werden die Kosten immer mehr vom Staat auf die einzelnen verlagert. Trotz Erhöhung der Franchisen und Selbstbehalte kam es zu keiner Reduktion der bezogenen Leistungen. Wer krank ist, bezahlt stattdessen mehr und mehr selbst. Dies belastet vor allem den Mittelstand, der von keiner Prämienverbilligung profitiert. Die Lösung heisst weg von den Kopfprämien und hin zu einer erwerbsabhängigen Finanzierung. Heute zahlen Millionär und Bauarbeiter gleich viel, schon jetzt ist das für viele nicht mehr finanzierbar. Als Folge des neuen neoliberalen Steuergesetzes sind die Staatseinnahmen eingebrochen, und der Staat spart beim Gesundheitssystem auf Kosten der Allgemeinheit. Beides gilt es zeitnah zu korrigieren.
Vielleicht liesse sich durch die Auswertung erkennen, wo denn die Ursachen des kränkelnden Gesundheitswesens liegen und wer nun wen in eine Sackgasse manövriert hat. Gerade in einem kleinen Land wie Liechtenstein müsste es doch möglich sein, einen solch komplexen Themenbereich aus diversen Blickwinkeln zu analysieren und zu «kurieren». Und mit «kurieren» meine ich nicht, dass man ein Gesundheitswesen besser macht, indem man mehr und mehr Geld in ein krankes System steckt. Gesund sein oder auch gesund werden sollte kein Dilemma sein. Dem sollten wir uns widmen.