CME-Fortbildung
Diabetes und Sport
Es gilt, das Potenzial der Bewegungstherapie besser zu nutzen PETER ZIMMER, PETER BORCHERT, WOLF-RÜDIGER KLARE, MARTIN KORNMANN
Zusammenfassung
erzielt wird, der über dem Ruhegrundumsatz oder der Alltagsaktivität liegt [7]. Entscheidend für den Therapieerfolg bei Menschen mit Typ-2-Diabetes sind Regelmäßigkeit und Intensität [8]. Günstige metabolische Auswirkungen einer erhöhten körperlichen Aktivität schwächen sich innerhalb von 72 Stunden nach dem körperlichem Training wieder ab [8]. Daher ist eine regelmäßige körperliche Betätigung mit dem Ziel von ca. 1000 kcal kumulativen Mehrverbrauchs pro Woche in der Basistherapie des Typ-2-Diabetes angeraten. Soll darüber hinaus die kardiopulmonale Fitness, ein wichtiger Prädiktor vor allem für die Mortalität, verbessert werden, ist eine Anpassung (Erhöhung) der Trainingsintensität an die durch das Training gesteigerte Leistungsfähigkeit notwendig [9].
Trotz Entwicklung neuer Antidiabetika und trotz enormer medialer Präventionsarbeit hat die Prävalenz des Typ-2Diabetes in den letzten Jahren weiter zugenommen: Die Zahl der Diabetiker in Deutschland hat die 8%-Marke erreicht [1]. Bewegungsmangel und eine hyperkalorische Ernährung bringen unsere Energiebilanz aus dem Gleichgewicht. Kommt eine genetische Vorbelastung hinzu, ist der Entstehung des Typ-2-Diabetes Tür und Tor geöffnet [2]. Auch wenn in letzter Zeit viele neue Erkenntnisse über die zentrale Steuerung von Hunger und Sättigung gewonnen wurden [3], hat sich am Grundprinzip der Behandlung nichts geändert: Das richtige Maß an Bewegung und Ernährung kann den „Teufelskreis“ durchbrechen, der zu einer zunehmenden Verschlechterung der Glukosetoleranz und zum manifesten Typ-2-Diabetes führt [4].
Dr. med. Peter Zimmer
Auswirkungen von Muskelarbeit
Unbewegte Gesellschaft
Die Auswirkungen körperlicher Mehrarbeit auf den Stoffwechsel von Diabetikern sind multifaktoriell [10, 11]. Im Kern kann folgender Grundmechanismus zusammengefasst werden: Bei Muskelarbeit steigt der Energiebedarf akut und wird anfangs vorrangig durch Glukose gedeckt. Diese wird zunächst aus muskulären Glykogenreserven, später aus hepatischer Glykogenolyse bzw. Glukoneogenese bereitgestellt. Unter aeroben Verhältnissen werden bei längerer körperlicher Betätigung zunehmend Triglyzeride bzw. freie Fettsäuren zur Energiegewinnung herangezogen.
Die Veränderung der Arbeitswelt mit verminderter körperlicher Beanspruchung und der ungebrochene Trend zu verstärktem TV- und Computerkonsum haben dazu geführt, dass Menschen oft nur noch 700 Meter/Tag aus eigener Kraft zurücklegen. Das für eine normale Gewichtsentwicklung nötige Maß an Bewegung wird im Schnitt schon bei 13-Jährigen unterschritten [5]. Auch wenn die mittlere Kalorienaufnahme seit den 1970erJahren tendenziell rückläufig ist, kompensiert das nicht den fehlenden Kalorienverbrauch. Die Folgen der ständig positiven Energiebilanz kennen wir: Übergewicht und metabolisches Syndrom. Laut Schätzungen sind davon ca. 23% der deutschen Bevölkerung betroffen [6]. Ist der Diabetes manifest, gilt es vorrangig, die Entstehung makro- und mikrovaskulärer Spätschäden zu verhindern. Körperliche Betätigung wirkt dabei über eine Verbesserung des Stoffwechsels, der Fitness und der Beeinflussung der kardiovaskulären Risikofaktoren. Deshalb muss die Bewegungsintervention als eine kausale Therapieform bezeichnet werden. Von körperlicher Aktivität reden wir dann, wenn durch Bewegung (Muskelaktivität) ein Energieverbrauch Abb. 1: Körperliche Aktivität ist das ideale „Diabetes-Typ2-Medikament“ und wird in der DDG-Leitlinie neben Ernährungsumstellung und Metformin als Erstlinientherapie empfohlen. Und: In der Gruppe macht‘s mehr Spaß.
IN|FO|Diabetologie
2012; Vol. 6, Nr. 4
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Bewegung als Kausaltherapie
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