Martin Auer Magazin Vol. °15

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N O 15 2023
There are a lot of good people around.

In unserem Atelier begegnen sich HANDWERK und LEIDENSCHAFT.

Täglich erleben wir sie zu Dutzenden, Hunderten, ja sogar

Tausenden. Meist sind sie flüchtig und gehen nahezu spurlos an uns vorbei. Doch dann gibt es die, die uns ein Leben lang in Erinnerung bleiben. Die herzerwärmend, lehrreich oder gar wegweisend sind. Begegnungen zählen zu den spannendsten und schönsten Facetten unseres Menschseins.

Darum wollen wir genau davon erzählen: von Begegnungen mit besonderen Menschen, Tieren und Maschinen.

12 Wir sind so frei 24 Du bist die Butter auf meinem Brot 32 Bleibender Eindruck
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Wenn Frauen und Männer unterschiedlich behandelt werden, kann einem das nicht gleich sein.

Der Meinung ist Mari Lang. Deshalb produziert sie einen Podcast zum Thema Feminismus. Damit es künftig eben nicht mehr Geschlecht als Recht ist.

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Fotos MAX MANAVI-HUBER

Als Journalistin ist es Mari Lang gewohnt, Fragen zu stellen. Das war früher bei FM4 so, zuletzt als Moderatorin im ORF und bei Ö1, wo sie seit Neuestem arbeitet, ist es natürlich auch nicht anders. Irgendwann ist der gebürtigen Burgenländerin aufgefallen, dass Frauen in der Öffentlichkeit sehr oft andere Fragen gestellt werden als Männern. Schon schwierig, gell, mit Beruf und Familie? Das konnte die Feministin Mari bald nicht mehr hören. Nicht einmal in Interviews gibt’s Gleichberechtigung. Mann, oh Mann. Seit 2020 thematisiert sie das deshalb in ihrem Podcast „Frauenfragen“ – prominente Männer antworten darin auf das, was sonst nie jemand von ihnen wissen will – und stößt damit auf offene Ohren. „Frauenfragen“ gehört zu den erfolgreichsten Podcasts Österreichs und wurde 2022 zum zweitbesten Podcast des Landes gewählt. 2023 hat Mari bei den Minerva Awards in der Kategorie „Community“ den ersten Platz gemacht. Eine Motivation, weiterzumachen –und das ist auch gut so. Bis zur Gleichberechtigung ist es nämlich noch ein harter Weg. Mari zeigt aber, wo es langgeht. Sie weiß ja auch, wovon sie redet. Genau darüber wollen wir mit ihr sprechen. Wir treffen Mari im Dogenhof, einem Restaurant im 2. Bezirk in Wien. Dort hat sich Supersense eingemietet, ein Store mit dem Ziel, das Analoge zu bewahren. Es gibt hier viel Vinyl und plakative Polaroids an den Wänden. Es ist aber nicht nur der Charme der fast vergessenen Handwerke, der Martin immer wieder hierher kommen lässt …

MARTIN AUER Als ich diesen Ort zufällig entdeckt habe, bin ich mit Emanuel, einem der Mitarbeitenden hier, ins Gespräch gekommen. Auf einmal sagt er zu mir – ohne zu wissen, was mein Beruf ist –, dass seine eigentliche Leidenschaft das Brotbacken sei. Seither bekomme ich regelmäßig Kostproben von ihm. Dieser Zufall hat mich dann auch daran erinnert, dass mich Philosophie und Architektur interessiert haben, als ich jünger war. Mir fehlte damals aber der Mut, es zu studieren. Ähnlich wie Emanuel habe ich mich mit meiner Passion in meiner Freizeit beschäftigt. Wie ist das denn bei dir: Hast du deine Leidenschaft zum Beruf gemacht?

MARI LANG Ich wollte schon immer was mit Sprache machen und gerne schreiben. Nachdem ich aber aus einer klassischen Arbeiter:innenfamilie komme und meine Mutter gebürtige Ungarin ist, die als Hilfsarbeiterin begonnen hat, lag diese Option nicht am Tisch. Ich hätte gerne Schauspielerei probiert, aber das habe ich mich nicht einmal zu formulieren getraut. Denn der wichtigste Aspekt an einem Beruf ist, dass man davon leben kann – das jedenfalls wurde mir eingebläut. Mittlerweile sehe ich das anders. Ich hab dann also Publizistik studiert, was ein guter Kompromiss war.

MARTIN AUER Sprichst du Ungarisch?

MARI LANG Nicht mehr so gut, wie ich es mal konnte und wollen würde. Ich hab vor zehn Jahren wieder angefangen, es zu lernen, aber es gibt leider keinen richtigen Bedarf. Meine Mama ist Einzelkind, es gibt also keine Verwandten mehr, und Ungarisch nur zum Spaß zu lernen, dafür ist die Sprache ein bissl zu schwierig. In den Sommerferien war ich früher fast durchgängig bei meinen Großeltern in Budapest. Da konnte ich als Kind so gut Ungarisch, als wär ich Native Speaker.

MARTIN AUER Ist es also bei der Kindersprache geblieben?

MARI LANG Genau. Da gibt’s eine lustige Anekdote: Als ich vor 17 Jahren im Rahmen eines Journalist:innenstipendiums in Budapest war, war ich eines Tages mit einer Freundin und deren Freunden im Kaffeehaus. Diese Freunde wussten nicht, dass ich keine Ungarin bin, weil meine Aussprache so gut ist. Nach dem Treffen meinten sie, ich sei zwar eh ganz nett, aber auch ein bissl komisch. Die hatten über die ungarische Verfassung geredet, und ich hab gefragt, was Verfassung heißt – weil ich das Wort auf Ungarisch nicht kannte. Die dachten, ich wollte über Verfassung an sich philosophieren. So haben wir die ganze Zeit aneinander vorbeigeredet. Das hat mich viel gelehrt. Vor allem über Stereotype und dass man sehr schnell ein Bild von jemandem hat und sich in weiterer Folge schwertut, sich davon wieder zu lösen.

MARTIN AUER Dabei passieren diese Schubladisierungen oft unterbewusst, die hat man manchmal ja auch wider Willen.

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Journalistin, Moderatorin, Autorin, Familienmensch: Mari Lang hat alle Hände voll zu tun.

MARI LANG Da sind wir schon bei einem großen Thema meines Podcasts. Viele Vorurteile sind ja nicht böse gemeint. Wenn du gelernt hast, eine Frau aufgrund ihres Geschlechts so und so einzuordnen, ist das per se keine böswillige Unterstellung. Oder wenn du denkst, ich bin Ungarin, aber eben seltsam, weil ich anders reagiere, als du erwartest.

MARTIN AUER Wenn wir uns unsere Vorurteile bewusst machen, ist oft schon ein kleiner Schritt in die richtige Richtung getan. Passiert dir das eigentlich auch manchmal, dass du am Podcast arbeitest und damit konfrontiert wirst, dass du selbst voreingenommen bist, obwohl dir das Thema naheliegt?

MARI LANG Total! Das ist einer der ausschlaggebenden Gründe, warum es den Podcast überhaupt gibt. Ich bin im ersten Lockdown in Kurzarbeit geschickt geworden und daheim zu einer 50er-Jahre-Hausfrau mutiert. Mein Chef meinte noch zu mir, jetzt hätte ich Zeit, mich um meine Kinder zu kümmern, und was mache ich? Genau das! Ich hab drei Mal am Tag gekocht und wie eine Wilde geputzt. Wohlwissend, dass ich mich immer als Feministin gesehen habe und mir sicher war, dass ich nicht in solche alten Muster verfalle. Aber auch ich bin ja in dieser Gesellschaft groß geworden, und vieles klingt in der Theorie wesentlich einfacher, als es dann in der Praxis ist.

MARTIN AUER Was meinst du?

MARI LANG Zum Beispiel die unterschiedlichen Rollen, die man einnimmt und denen man gerecht werden will. Einerseits Mutter zu sein, in meinem Fall von zwei Kindern, andererseits Ehefrau und Partnerin zu sein und andererseits – eigentlich gehört das an den Anfang, weil mir das sehr wichtig ist – auch im Job eine Erfüllung zu finden. Irgendwas kommt dabei immer zu kurz. Dieses Modell von „alles, immer und überall“, das wir leben wollen, ist zum Scheitern verurteilt. Kein Wunder, dass sich so viele Paare scheiden lassen.

MARTIN AUER Wie könnte es vielleicht doch gehen?

MARI LANG Wir müssen offen über diese Dinge reden und aufhören, so zu tun, als wäre alles easy cheesy. Auf Social Media etwa schauen alle gut aus, sind im Job erfolgreich und haben nebenher noch supersüße überglückliche Kinder, für die sie täglich glutenfrei und bio kochen. Was dazwischen passiert, darüber spricht niemand. Dass Kinder öfter mal schlecht schlafen und krank sind und sehr häufig in der Früh überredet werden müssen, in den Kindergarten oder in die Schule zu

gehen. Ich glaube nicht, dass nur meine Kinder so sind. Wir glauben aber oft, na eh klar, bei allen anderen funktioniert es, nur ich bin so unfähig. Wenn wir aber ehrlich mit anderen sind, merken wir plötzlich, wir fühlen uns ja alle unfähig. Das bedeutet im Grunde aber, nicht wir sind unfähig, sondern die Strukturen sind das Problem.

MARTIN AUER Es braucht andere Rahmenbedingungen.

MARI LANG Wir müssen uns als Gesellschaft überlegen, wie wir Familien integrieren. Auch in die Berufswelt, wo Eltern bisher gar keinen Platz haben. Schön, dass wir davon reden, die Kinderbetreuung auszubauen und dass Frauen jetzt auch Karriere machen dürfen wie Männer. Solange ich nicht auch mit 20 Stunden eine Führungsposition einnehmen kann, etwa in einem Shared-Leadership-Modell, funktioniert das aber nicht. Denn das bedeutet in der heutigen Realität ganz einfach, dass Frauen eben doch nicht Karriere machen können. Weil Kinder nach wie vor als Frauensache gelten.

MARTIN AUER Ich kenne heute noch erfolgreiche Männer, die nicht möchten, dass ihre Frauen einer Arbeit nachgehen. Unpackbar.

MARI LANG Warum sollen Frauen nur die Erfüllung im Haushalt und bei den Kindern finden? Das ist ja absurd! Ich glaube generell, dass alle Menschen Begabungen und Fähigkeiten mitbringen, die für uns als Gesellschaft wertvoll sind. Die Aufgabe von Schule und Gesellschaft wäre es, diese zu erkennen und zu fördern. Stattdessen fokussieren wir uns auf Defizite und bringen Kinder dazu, leidenschaftslos völlig sinnlose Dinge, wie etwa Auswendiglernen, zu tun. Mittlerweile kann man so gut wie jedes Wissen im Internet abrufen. Warum also nicht anfangen, Menschen schon von klein auf kritisches Denken und Selbstwertgefühl beizubringen? Nehmen wir mal an, jemand hat Freude daran, Dinge zu ordnen und zu sortieren. Vielleicht ist diese Person dann super für die Abfallwirtschaft geeignet. Ein Job an vorderster Front bei der Müllabfuhr ist doch genauso wertvoll wie ein Manager:innenJob und kann vor allem sinnstiftend sein.

MARTIN AUER Für mich ist das Thema Selbstwert nicht nur groß, das ist riesig! Selbstwert ist vielleicht das höchste Gut, das wir haben. In unserem Unternehmen haben wir uns wahnsinnig viele Gedanken darüber gemacht, wie Führungskräfte den Umgang miteinander so gestalten können, dass sich unsere Kolleg:innen wertgeschätzt fühlen. Nicht nur im Verkauf oder in der Backstube – auch unsere

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„Ich habe gemerkt, dass ich viele Stereotype rund ums Muttersein hab, die mir oft nicht bewusst sind.“

Reinigungskräfte, die dafür sorgen, dass das Arbeitsumfeld immer sauber ist, sollen die Wertschätzung jeden Tag spüren.

MARI LANG Stell dir vor, es wäre nicht so. Wie wäre das Arbeitsklima, wenn’s nur dreckig wäre? Stell dir vor, du gehst hier auf die Toilette, und es ist nur grauslich. Den Unterschied merkst du sofort.

MARTIN AUER Genau darum geht es uns. Ohne die Mitarbeiter:innen – jede:n einzelne:n von ihnen – würde es nicht gehen. Ein junger Kollege meinte einmal zu mir, wir bräuchten eine:n Feelgoodmanager:in, den:die man aufsuchen kann, wenn man sich nicht wohlfühlt. Aber das wäre doch genau der falsche Schritt! Bei uns hast du schon eine:n Feelgoodmanager:in, deine:n Vorgesetzte:n. Der:die muss versuchen, zu erahnen, was du brauchst. Das gilt natürlich auch, wenn es darum geht, Frauen zu bestärken. Für uns ist ganz klar: Wir möchten Frauen im Unternehmen bei dem unterstützen, was sie erreichen wollen.

MARI LANG Du hast da gerade etwas Interessantes angesprochen: In unserer Gesellschaft kommen wir oft gar nicht dorthin, uns zu fragen, was wir überhaupt wollen. Wir sprechen uns das ab, etwas wollen zu dürfen und wenn doch, folgt darauf gleich: Wie stellst du dir das vor, das geht so nicht, was glaubst du, wer du bist? Anstatt groß zu träumen und darin Energie zu entwickeln, um alte Muster zu sprengen, nehmen wir uns von Vornherein die Chance auf Entwicklung.

MARTIN AUER Das möchten wir unbedingt anders machen. Als jemand, der eine Organisation prägen darf, frag ich mich, wie schaffe ich das?

MARI LANG Der erste Schritt ist, sich einer Sache bewusst zu werden, sie neu zu denken und dann ins Handeln zu kommen. Was ich merke, ist, dass oft der letzte Schritt fehlt. Es ist toll, Visionen zu haben, aber solange ich daraus keine Realität mache, bringt das niemandem was. Am Ende ist es doch nur frustrierend, wenn du weißt, was möglich wäre, aber nichts passiert. Wenn du im Arbeitsumfeld etwas anders haben willst, mache es selbst anders. Das ist wie mit Kindern: Wenn ich nicht „Bitte und Danke“ sage, warum sollten sie es machen? Weil ich die Chefin bin und das bestimme? Wir leben in einer Gemeinschaft, in der wir alle etwas beitragen können und uns gegenseitig darin bestärken sollten, selbstwirksam zu werden.

MARTIN AUER Das war auch unser Gedanke bei einem Prozess, den wir vor zwei Jahren im Unternehmen begonnen

haben. Dabei ging es darum, gemeinsam herauszufinden, welche Werte und Verhaltensweisen wir hochhalten wollen. Wie schaut unsere Unternehmenskultur aus? Da haben wir so viel Arbeit hineingesteckt, weil wir uns unserer Verantwortung bewusst sind. Wie sagt man so schön: Das Gegenteil von gut ist gut gemeint. Dein Vorgesetzter wird keine böse Absicht gehabt haben, als er dich in Kurzarbeit geschickt hat. Der dachte, der hilft dir.

MARI LANG Ganz sicher sogar. Der dachte, ich bin eine Frau, es ist schwierig für mich.

MARTIN AUER Solche blinden Flecken haben wir alle. Die können wir nicht selbst ausleuchten. Mithilfe von Feedback können wir aber an ihnen arbeiten. Unser Ziel muss es sein, immer besser zu werden. Ich denke mir zwar manchmal, wir können die Welt eh nicht ändern. Aber in unserer kleinen Welt, die 750 Menschen und deren Familien umfasst, können wir sehr wohl etwas bewirken!

MARI LANG Da geht es mir mit meinem Podcast ähnlich. Nach jeder Staffel sage ich, das war die letzte. Denn wenn ich so wie jetzt gerade eine Staffel produziere – recherchiere, Interviews führe, diese schneide –, zerreißt es mich fast. Ich würde mir wünschen, vom Podcasten leben zu können und das Publikum so weit sensibilisieren zu können, dass es für qualitativ hochwertigen Content im Netz bezahlt. Derzeit verdiene ich mit dem „Frauenfragen“-Podcast ja so gut wie kein Geld. Das möchte ich in Zukunft ändern. Aber auch wenn Geld natürlich eine wichtige Ressource ist, ist es nicht alles. Denn das regelmäßige Feedback der Hörer:innen zeigt mir, wie wichtig meine Arbeit ist. Letztens hat mir ein Mann geschrieben, dass er in einer Folge zum ersten Mal von Mental Load, von psychischer Belastung, die zumeist Frauen unsichtbar mit sich herumtragen, gehört hat. Danach hat er sich mit seiner Ex-Frau getroffen, um ihr zu sagen, dass er jetzt besser versteht, wie es ihr damals gegangen ist. Das berührt mich unglaublich. Da tun sich in zwischenmenschlichen Beziehungen plötzlich ganz wunderbare Dinge, nur weil ich darüber geredet habe. Oder wenn mir eine Frau schreibt, wegen mir habe sie sich bei der Gehaltsverhandlung zugetraut, für sich selber einzustehen. Wow! Da hab ich im Kleinen wirklich etwas ausgelöst! Ich war früher auch so: Was soll ich machen? Die Welt verändern, pffff. Aber im Grunde ist es doch so: Wenn wir alle im Kleinen die Welt verändern, verändern wir sie gemeinsam im Großen.

MARTIN AUER Da sind wir ganz einer Meinung. Danke für das Gespräch, Mari!

„In unserer Gesellschaft kommen wir oft gar nicht dorthin, uns zu fragen, was wir überhaupt wollen.“
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Abwarten und Tee trinken? Ist nicht so Maris Ding. Sie verändert die Welt lieber mit ihrem Podcast. Den Wunsch, Dinge anders zu machen, hat sie mit Martin gemeinsam.

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Wir sind so frei

Seit April backen wir alle unsere Brote ohne Beigabe von Hefe. Das bedeutet zwar mehr Arbeit, sorgt aber auch für eine noch höhere Qualität als bisher. Tja, da bleibt unseren Teigen wohl nur eins: Rise and shine!

Text SABRINA LUTTENBERGER Fotos MICHAEL KÖNIGSHOFER
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Die Hefe kann uns mal germ, äh, gern haben. Seit Neuestem sind alle unsere Brote nämlich hefefrei. Also zumindest frei von jener Hefe, die wir unseren Teigen zusätzlich zum Natursauerteig beigemengt haben. Ganz neu ist uns die hefefreie Teigführung nicht, schließlich kommen unser bio Franciscus und unser bio Italienisches Landbrot schon immer ohne Hefe aus. Nun war es an der Zeit, den Weg auch für alle anderen Brote hefefrei zu machen. Das hat natürlich gute Gründe: So bleiben die Brote noch länger frisch, der Geschmack wird noch intensiver und jedes Brot noch aromatischer. Bekömmlicher werden die Brote dadurch ebenfalls. Es stimmt also wirklich: Weniger ist yeah! Eigentlich hatten wir die Idee zur völligen Hefefreiheit schon länger, erst durch den Umzug in unser Atelier haben wir aber den Platz und auch sonst die besten Voraussetzungen, sie nun endlich zu verwirklichen. Eines hat sich schon bei unseren ersten Versuchen im vergangenen Jahr gezeigt: Ist der Sauerteig auf sich alleine gestellt, ohne Hilfe von zusätzlicher Hefe, müssen wir ihm noch mehr Zeit geben, sein Brotenzial zu entfalten. Das macht aber nichts. Wir nutzen derweil einfach die Gelegenheit und erzählen die ganze Geschichte von Anfang an.

Willst du mit mir aufgehen?

Gäbe es keine Hefe, würden wir Bäcker:innen zum Schwammerl. Die Hefe ist nämlich der Pilz, der dafür sorgt, dass unsere Teige zuverlässig aufgehen. Sie ist ein Triebmittel. Bei unserem selbst gezüchteten Natursauerteig, der bei der Gärung von Mehl und Wasser an der Luft entsteht, bilden sich Hefepilze sowie Milch- und Essigsäurebakterien auf ganz natürliche Weise. Sie sorgen neben dem Trieb auch für eine lockere, saftige Krume und den charakteristischen Geschmack. Bisher haben wir unseren Teigen neben Natursauerteig trotzdem zwischen 0,5 und zwei Prozent Hefe beigemengt. Zwei Prozent, das ist nicht viel. In der Praxis, also genau genommen in der Backstube, haben sie dennoch einen großen Unterschied gemacht. Durch die zusätzliche Hefe war eine stabilere Teigentwicklung möglich. Die wilden Hefen des Natursauerteigs, mit denen wir es jetzt exklusiv zu tun haben, können hingegen auch mal ungestüm werden. Das verstehen wir gut. Auch wir werden manchmal temperamentvoll, wenn es um unsere Natursauerteigbrote geht.

Die einzigen, die bei all dem eigentlich immer eine ruhige Kugel schieben, sind unsere Teige. Gut, das ist grundsätzlich nichts Neues. Die lange Teigführung machte unsere Brote ja schon immer besonders. Seit wir die Brote hefefrei backen, hat aber eine neue Zeitrechnung begonnen. Es gibt Teige, die lassen wir um bis zu vier Stunden länger gehen, bis sie backbereit sind. Mindestens eine:r unserer Bäcker:innen hat dabei immer ein Auge auf sie. Oder legt gar Hand an. Das Gespür unserer Bäcker:innen ist nämlich gefragter denn je. Hefefreie Teige verlangen noch mehr Aufmerksamkeit und Präzision. Ein Beispiel: Nur bei konstant gehaltener Temperatur in der Backstube wachsen sie über sich hinaus. Alles andere kann den Trieb stoppen. Das erklärt auch, warum einige unserer Bäcker:innen Thermometer mit sich herumtragen. Wir haben schon befürchtet, ihnen wird die Sache mit der Hefefreiheit langsam zu heiß. Dabei wollten sie nur auf Nummer sicher gehen. Wir dann übrigens auch. Wir haben nachgefragt: Für sie ist Bäcker:in nach wie vor der beste Brotjob. Ein Glück für uns!

Last but not yeast

Den Broten sieht man die Veränderung – zumindest von außen – nicht an. Sie zeigen sich völlig unbeeindruckt von ihren neuen Ruhezeiten. Sie scheinen auch die früher beigemengten Hefen nicht zu vermissen. Wahrscheinlich spüren sie, dass von Natur aus schon alles in ihnen steckt, was sie brauchen. Während äußerlich also alles gleich geblieben ist, schaut es von innen ein bisschen anders aus. Da sind durchaus Unterschiede erkennbar, zum Beispiel in der ungleichmäßigeren Bohrung des Teigs. Es könnte auch sein, dass einem die Schnittflächen saftiger vorkommen. Das ist wirklich so. Weil das Mehl nun mehr Zeit mit dem Wasser verbringt, kann es länger quellen und so mehr Feuchtigkeit binden. Das führt dazu, dass unsere Brote noch länger frisch bleiben. Für uns selbst spielt das allerdings keine Rolle. Wenn wir ein Brot anschneiden, bleibt keine Scheibe übrig. Wir denken bei dem, was wir tun, aber ja auch nicht an uns selbst, sondern ans große Ganze. Wobei das nichts mit tatsächlicher Größe zu tun hat, sondern damit, dass wir weiter in der Qualität wachsen möchten. Wir überlegen uns daher stets, wie wir es besonders und noch ein bisschen besser machen können. Die hefefreien Brote? Die sind das beste Beispiel dafür.

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Die einzigen, die bei all dem eigentlich immer eine ruhige Kugel schieben, sind unsere Teige.

Unsere bio Brote

von links oben

nach rechts unten

bio Landbrot Laib

bio Peter

bio Keinmehlbrot

bio Italienisches Landbrot

bio Alma

bio Franciscus

bio Rosegger

bio Naturbrot

bio Evi

bio Holzofen Bauernlaib

bio Rütting

bio Burgenländer

bio Roggen Pur

bio Alpenspitz

bio Landbrot Wecken

bio Dinkelvollkorn

bio Buchweizenbrot

bio Kartoffelmehlbrot

bio Low Carb Bread

Unseren Broten sieht man die Veränderung nicht an. Von außen schauen sie aus wie immer.
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Regenbogen-

Ich möchte ehrlich sein:

Vor mehr als 30 Jahren, zu Beginn der Vereinsgründung der RosaLila PantherInnen, hätte die Redaktion des MARTIN AUER Magazins einen Menschenrechtsaktivisten wie mich, der sich für die Rechte und Gleichstellung von queeren Menschen, also Bisexuellen, Lesben, Schwulen, trans- und intergeschlechtlich oder queer geborenen Menschen (LGBTIQ) einsetzt, vermutlich nicht um einen Gastkommentar gebeten. Damit möchte ich keine Kritik aussprechen, sondern meine Freude über die positiven Entwicklungen für die queere Community in unserer Gesellschaft während der letzten Jahre zum Ausdruck bringen.

Österreich als eines der queerfreundlichsten

Länder weltweit

In Österreich war es bis 1996 noch verboten, Vereine, die sich für die Rechte Homosexueller engagieren, zu gründen sowie gleichgeschlechtliche Beziehungsformen in der Werbung darzustellen. Dank des unermüdlichen Einsatzes für eine tolerante und offene Gesellschaft von so vielen einzelnen Mitmenschen befindet sich Österreich heute weltweit unter den Top-Ländern, wenn es um die Gleichstellung homo- und bisexueller Menschen geht. Laut dem jährlich erscheinenden Gay Travel Index befindet sich Österreich auf Platz 5 der queerfreundlichsten Länder weltweit. Darauf können wir stolz sein, obwohl noch viel Aufklärungsarbeit vor uns liegt, wie zum Beispiel beim Umsetzen des Verbots der nach wie vor praktizierten Konversionstherapie. Hierbei handelt es sich um eine Therapie, um Menschen von Homosexualität zu „heilen“, aber: Homosexualität ist keine Krankheit!

Forderung: Neue globale Kultur der Solidarität

Selten ist es möglich, bei Menschenrechtsfragen andere mit logischen Argumenten oder belehrend zu überzeugen. Geht es um Ideologien, so kann man sich nur mit offenem Herzen und Menschlichkeit treffen, um von einem toleranten Weg zu überzeugen. Die Welt ist voll von schrecklichen Grundrechtsverletzungen, denen wir gemeinsam als Gesellschaft – unabhängig von Geschlecht und sexueller Orientierung – entgegenwirken müssen. Wir müssen nicht weit blicken, um Unrecht zu finden: In Ungarn, Polen oder Russland werden Menschenrechte mit Füßen getreten. Erschreckenderweise wird die Homosexualität

nach wie vor in fast 70 Staaten strafrechtlich verfolgt und in 15 Ländern davon wird sogar noch die Todesstrafe angewendet. Wir brauchen eine neue globale Kultur der Solidarität. Jeder Mensch hat das Recht auf ein schönes, sicheres und glückliches Leben.

Regenbogenfamilien bereichern unsere Gesellschaft

Anders als in den meisten Ländern, setzte Österreich bei Regenbogenfamilien den zweiten vor dem ersten Schritt. Denn seit 2016 ist die Adoption für gleichgeschlechtliche Paare möglich, die Ehe wurde hingegen erst drei Jahre später für alle geöffnet. Zuvor war es ein langjähriger Kampf gegen die offensichtliche Diskriminierung, die bei der eingetragenen Partnerschaft für Homosexuelle stattfand. Die Anerkennung als Familie und die Möglichkeit, am Standesamt im Trauungssaal die eingetragene Partnerschaft einzugehen, waren nur einige Errungenschaften der geforderten Gleichstellungen im Rahmen der seit 2010 andauernden Proteste gegen die Missstände dieses eheähnlichen Konstrukts.

RosaLila PantherInnen als LGBTIQ -Interessenvertretung

War vor 30 Jahren nur die Rede von Schwulen und Lesben, leisten wir, die RosaLila PantherInnen, heute mit unserer Arbeit nicht nur Gesellschaftsarbeit für die queere Community, sondern auch für Regenbogenfamilien als neue Familienform, und auch die gesellschaftliche Anerkennung weiterer Geschlechtsidentitäten. Für viele ist das noch unbekanntes Terrain, und so gilt es, auch auf nicht-binäre Menschen, trans- und intergeschlechtliche Personen aufmerksam zu machen und zu informieren.

Queeres Community Center in Graz

In diesem Frühjahr ist ein weiterer Meilenstein für eine offene Begegnung geplant, und zwar die Eröffnung des ersten queeren Community Centers in der Annenstraße 27 in Graz. Es ist ein weiterer sicherer Ort, der allen zugänglich ist: queeren Menschen aller Altersgruppen und sozialer, ökonomischer, religiöser und kultureller Hintergründe. Das Community Center bietet ebenso offene Türen für die Angehörigen von

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Be gegnun gen

LGBTIQ-Personen sowie für alle, die gegenüber einer diversen Gesellschaft aufgeschlossen sind und für ein tolerantes Miteinander eintreten.

Menschliche Begegnungen und offene Gespräche

Gleichzeitig wissen wir, dass mit mehr Sichtbarkeit von queeren Personen auch der Hass und die Ablehnung ihnen gegenüber sichtbarer wird. Einerseits bietet Social Media oftmals die (anonyme) Möglichkeit, Abneigungen und Ablehnung gegenüber der LGBTIQ-Community auf eine menschenverachtende Weise online kundzutun. Auch durch ein Vernetzen mit anderen über digitale Wege nehmen Hassverbrechen in der Online- sowie Offline-Welt zu. Die Frage, ob sich diese Hater derzeit auch vermehren oder einige wenige sich nun stärker trauen, medial aktiv zu werden, beschäftigt mich sehr.

Bei meiner Arbeit als Vorsitzender der RosaLila PantherInnen und Menschenrechtsaktivist geht es mir darum, durch ein positives Vorleben und menschliche Begegnungen ein offenes Umfeld von Respekt sowie Toleranz zu schaffen. Der erhobene Zeigefinger ist das falsche Werkzeug. Oft ist es so, dass wir Menschen in Schubladen denken, dabei lernen wir am besten mit unseren Herzen.

Bei unterschiedlichen Weltanschauungen und Personen, die anderer Meinung sind als wir von der queeren Community, ist es oftmals zielführend, offene Gespräche zu führen, alle Argumente anzuhören und eine offene Basis für einen Austausch zu finden. Oftmals sind Beziehungen bereits zu verfahren und es besteht kaum mehr ehrliche Gesprächsbereitschaft. Es braucht Größe und Mut, um über den eigenen Schatten zu springen. Es ist einfach, sich eine Meinung zu bilden. Doch es ist eine große Leistung, bereit zu sein, die eigenen Standpunkte zu überdenken.

“Levelling up” für alle Lebensbereiche

Und dennoch ist unsere Gesellschaft noch immer nicht dort angekommen, wo wir frei von Hass, Vorurteilen und Gewalt gegen LGBTIQ-Personen ein friedliches Miteinander pflegen können. Denn solange es rechtlich noch keine Gleich-

stellung gibt, kann diese auch nicht gesellschaftlich erreicht werden. Bei der Forderung „Levelling up“ geht es zum Beispiel um den Diskriminierungsschutz im Privatrecht. Arbeitsrechtlich ist die Gleichbehandlung bereits verankert und in 6 Merkmale, aufgrund derer keine Person benachteiligt werden darf, unterteilt: Geschlecht, Herkunft, Alter, sexuelle Orientierung, Religion bzw. Weltanschauung und Behinderung. Doch zum Beispiel beim Wohnen, Einkaufen oder bei Freizeitaktivitäten dürfen Homo- und Bisexuelle, aber auch Heterosexuelle nach wie vor wegen Alter, sexueller Orientierung, Religion bzw. Weltanschauung diskriminiert werden. Es wäre nicht nur im Interesse der LGBTIQ-Community, dieses Gesetz anzugleichen.

Gehen wir die letzten Schritte der Gleichstellung gemeinsam

Die Vergangenheit zeigt: Alle bisherigen Errungenschaften wurden in Österreich nicht auf politischer Ebene vorangetrieben, sondern haben Gerichte aufgrund von eingebrachten Klagen entschieden. Mein Wunsch für die Zukunft ist daher, die letzten Schritte der Gleichstellung nicht ebenfalls über Gerichte einklagen zu müssen, sondern dass unsere Politik der Gesellschaft auf Augenhöhe begegnet und Gesetze im Sinne einer offeneren und toleranten Gesellschaft erlässt.

Joe Niedermayer ist Vorsitzender der RosaLila PantherInnen. Sein Wunsch: dass wir uns offen begegnen.

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Auf ein Brot mit Bernhard Rinner

Bei Bernhard Rinner, dem Geschäftsführer der Bühnen Graz, hat unser bio Franciscus jeden Morgen einen großen Auftritt. Sein Starpotenzial hat Bernhard schon früh erkannt. Die krosse Kruste beeindruckte ihn schon vor Jahren. Seither gehört der bio Franciscus beim Kulturmanager zum Frühstück einfach dazu. An dieser Stelle muss man nun auch den Honig der Bühnen Graz ins Rampenlicht rücken, denn der kommt bei Bernhard neben der Butter standardmäßig aufs Brot. Der Honig wird aus den Bienenstöcken gewonnen, die sich bei den Bühnenwerkstätten in Messendorf befinden. Die Initiative sorgte für viele gute Kritiken, daher gehören die Bienen seit der Saison 2018/2019 zum festen Ensemble. Und auch für Bernhard Rinner ist sein Job mehr als ein Gastspiel. Er leitet die Bienen, äh, Bühnen Graz jetzt nämlich schon seit fast zehn Jahren.

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In jeder Stadt gibt’s mindestens einen Platz, den alle kennen und an dem alle zusammenkommen. Wir haben uns vier solcher Orte ausgesucht, an denen sich irgendwie immer viele Menschen einfinden. Und das sogar, ohne sich davor zu verabreden. Hm, wahrscheinlich trifft es sich dort einfach gut.

Treffsicher

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Times Square

Am Times Square ist man immer am Puls der Zeit. Seinen Namen verdankt er allerdings der New York Times, die 1904 in das markante Gebäude am Ende des Platzes gezogen ist. Die weltberühmte Tageszeitung blieb nicht lange dort, die Bezeichnung für immer. Der Wolkenkratzer wechselte danach immer wieder mal den:die Besitzer:in, mittlerweile steht das Gebäude seit über 30 Jahren fast ganz leer. Von den insgesamt 25 Stockwerken werden nur die ersten drei genutzt. Eine Apotheke hat sich hier eingemietet. Das hat einen einfachen Grund: Mit den Werbetafeln, die an der Fassade angebracht sind, verdienen die Besitzer:innen an die 23 Millionen Dollar pro Jahr. Auf Mieter:innen sind sie also nicht angewiesen. Dass New York die Stadt ist, die niemals schläft, liegt übrigens unter anderem am Times Square und seiner beeindruckenden Beleuchtung. Es gilt hier nämlich das Gesetz, wonach jedes Gebäude bei Anbruch der Dunkelheit beleuchtet werden muss. Kein Witz. So viele Leuchtreklamen, das zieht nicht nur Insekten an, sondern auch Schaulustige. Man zählt hier an die 340.000 Fußgänger:innen pro Tag. Beziehungsweise Nacht.

Shibuya-Kreuzung

Wer „Lost in Translation” von Sofia Coppola geschaut hat, hat auch die Shibuya-Kreuzung im gleichnamigen Kreativviertel von Tokio schon einmal gesehen. Sie hat im Film einen kleinen Auftritt neben Hauptdarstellerin Scarlett Johansson. Sie, also die Shibuya-Kreuzung, ist aber nicht etwa deshalb weltberühmt. Sondern weil hier zu Spitzenzeiten 15.000 Menschen die Straße überqueren – pro Ampelphase! Das ist so, als würde ganz Bruck an der Mur oder Spittal an der Drau alle zwei Minuten die Straßenseite wechseln. Nirgendwo anders kreuzen sich die Wege so vieler Menschen auf einmal. Sie gehen, schlendern, laufen kreuz und quer, ein einziges Durcheinander. Zumindest für uns. Angeblich folgt auf der Kreuzung in Shibuya nämlich alles einer genauen Logik. Muss so sein. Sonst wären schon längst alle „Lost in Transit”

Tokio New York City
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The Place to Pee Sonnenfelsplatz

Wer in Graz am Jakominiplatz oder am Hauptplatz wartet, steht nie alleine da. Die beiden Verkehrsknotenpunkte sind ganz klar zwei der belebtesten Orte der Stadt. Uns fällt, wenn wir an einen Treffpunkt im Stadtgebiet denken, aber als erstes der Sonnenfelsplatz ein. Er ist immerhin eine ausgewiesene Begegnungszone. Ganz offiziell eine von der Behörde definierte Straße, in der alle Verkehrsteilnehmer:innen gleichberechtigt sind. Unweit der Uni sind das ganz schön viele Menschen. Am Sonnenfelsplatz verkehren pro Tag an die 15.000 Autos, 8.000 Radler:innen und 14.000 Fußgänger:innen – die vier städtischen Buslinien noch nicht mitgezählt. Ampeln, Kreisverkehre, das alles gibt es in der Begegnungszone nicht. Die Straßenverkehrsordnung gilt natürlich trotzdem. Auch wer sich als liberal bezeichnet, lässt hier rechts vor links walten. So viel Bewegungsfreiheit scheint gut zu tun. Die Grazer:innen treffen am Sonnenfelsplatz zwar Tag für Tag aufeinander, stoßen dabei aber so gut wie nie zusammen. Seit der Neugestaltung hat sich die Zahl der Unfälle hier um zwei Drittel verringert. Das liege daran, heißt es, dass die Menschen nun viel aufmerksamer seien. Apropos: Wer ganz genau aufgepasst hat, weiß, dass wir uns seit 2017 ebenfalls mit einer Filiale am Sonnenfelsplatz tummeln. Für uns ein Volltreffer!

Von wegen stilles Örtchen! Nirgends ist mehr los als am oder eigentlich vorm Klo. Kein Wunder, aufs Klo müssen wir irgendwann alle. Treffpunkt: Toilette. Das war schon im alten Rom so, wo man die ersten öffentlichen WCs baute. Räume, in denen bis zu 60 Personen gleichzeitig ihr Geschäft verrichteten! Da wurde dann auch gerne mal Business gemacht. Heute genießt man am Klo zum Glück mehr Privatsphäre – verbringt aber auch mehr Zeit in den Warteschlangen davor. Ganz schön blöd, wenn man es gerade eilig hat. In so einem Fall kann man eigentlich nur froh sein, dass man gerade nicht in Brüssel im Jahr 2009 ist. 756 Menschen stellten sich damals in der längsten WC-Warteschlange der Welt an. Nicht einmal am Klo in Rom war so viel Platz.

Vor allem in Städten ist das Meet-Angebot hoch.

Graz Around the world
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Du bist die Butter auf meinem Brot

Text SABRINA LUTTENBERGER Fotos VALERIE MALTSEVA 24
André und Lucas
Kirei und René 26
Du bist die Marmelade in meinem Croissant

Man muss alles in Relation sehen. Das gilt auch für die Beziehungen, die ein Unternehmen prägen. Wir haben mit Kolleg:innen gesprochen, die in der Arbeit Freund:innen fürs Leben gefunden haben. Und mit Soziologin Sabine HaringMosbacher, die uns erzählt hat, was die Forschung dazu sagt.

Bei uns arbeiten Menschen, die nicht nur ihr Handwerk verstehen, sondern auch gut mit ihren Kolleg:innen können. Wir pflegen hier also längst nicht nur Geschäftsbeziehungen. In der Backstube entstehen oft enge Freundschaften, die weit über das Backblech hinausgehen. Viele von uns verstehen sich so gut, dass sie sich nicht nur in der Filiale, sondern auch privat sehen. Das kommt in der Arbeitswelt anscheinend gar nicht so selten vor. Irgendwer hat sich daher sogar einmal einen Begriff für befreundete Kolleg:innen ausgedacht. Man nennt sie seither Frolleg:innen. Wir sagen zwar lieber BFF dazu – Baking Friends Forever –, finden aber auch, dass diese besondere Art von Beziehung Aufmerksamkeit verdient hat. So wie eigentlich unser ganzes Miteinander. Das hat in unserer Unternehmenskultur einen so hohen Stellenwert, dass der Umgang unter Kolleg:innen einer der fünf zentralen Werte ist, die wir gemeinsam für uns definiert haben und hochhalten. Freundlich und wohlwollend, offen und ehrlich – so möchten wir zueinander sein. Wie wir uns verhalten, beeinflusst das Wohlgefühl und prägt die Arbeit. Das heißt nicht, dass wir alle beste Freund:innen sein müssen. Wenn aber Freund-

schaft entsteht, umso schöner. Zugegeben, das Miteinander fällt leichter, wenn wir etwas füreinander übrighaben: Sympathie und Zuneigung zum Beispiel. Auch Sabine Haring-Mosbacher kann einem guten Betriebsklima viel abgewinnen. Sie ist Soziologin an der Uni Graz und forscht unter anderem zu Organisationen und ihren Strukturen. Eines ist für sie ganz klar: „Wir gehen einfach lieber zur Arbeit, wenn wir dort gute soziale Kontakte haben. Welche Bedeutung das soziale Umfeld am Arbeitsplatz hat, ist nicht zu unterschätzen.“ In einer Studie, die Haring-Mosbacher vor einigen Jahren durchgeführt hat, hat sie herausgefunden, dass für mehr als zwei Drittel der befragten Menschen soziale Kontakte im Job besonders wichtig sind. Eine größere Rolle spielt nur die Existenzsicherung durch den Beruf. Die Beziehung zu Kolleg:innen ist also ein entscheidender Faktor. Nicht nur für Unternehmen, die davon profitieren, wenn alle an einem Strang ziehen. Oder wie beim Striezel gleich an mehreren flechten. Gute Beziehungen am Arbeitsplatz machen vor allem Mitarbeiter:innen glücklich. Sie beeinflussen Wohlbefinden, Motivation und Effizienz –und sorgen so auch für Spaß in der Arbeit.

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Zwei, denen man das Vergnügen ansieht, sind André und Lucas. Sie haben immer was zu lachen. Wahrscheinlich, weil sie den gleichen Humor mitbringen. Auch sonst sind sich die beiden ziemlich ähnlich. Das fängt damit an, dass beide als regionale Verkaufsleiter arbeiten. André und Lucas gehen auch gemeinsam zum Sport, treffen sich aber auch außerhalb des Fitnessstudios. In der Arbeit sind sie sowieso unzertrennlich.

„Ich glaub, ich seh André öfter als meine Frau“, sagt Lucas. Sie können sich auch noch genau an den Beginn ihrer Freundschaft erinnern. Es war der 15. August 2022 – Andrés erster Arbeitstag bei uns. „Unsere Freundschaft wirkt sich auf alle Fälle positiv auf die Arbeit aus“, sagen André und Lucas. „Wir können uns austauschen, weil wir die gleichen Erfahrungen machen. Wir pushen uns auch gegenseitig.“ Auch HaringMosbacher sieht in der engen Zusammenarbeit einen großen Vorteil. „Prinzipiell unterstützt ein gutes soziales Klima die Produktivität, wie auch immer man sie in der jeweiligen Branche definiert“, so die Soziologin. Freundschaftliche Beziehungen steigern die Motivation von Mitarbeiter:innen, die sich auch verstärkt füreinander einsetzen. Sind wir mit unseren Kolleg:innen befreundet, geben wir uns in der Arbeit besondere Mühe. Wir wollen sie schließlich nicht hängen lassen. Und schon läuft es wie bei der Handsemmel: rund.

Gibt es doch einmal Konflikte innerhalb eines Unternehmens, sollten Verantwortliche unbedingt Gesprächsbereitschaft signalisieren und einen offenen Austausch ermöglichen. Sonst helfe laut Haring-Mosbacher oft auch eine außenstehende Person, die vermittelt. Die bringt die nötige Distanz mit. „Neid ist ein ganz großes Thema – das gilt ja überhaupt für alle zwischenmenschlichen Beziehungen“, so die Soziologin. „Unter Arbeitskolleg:innen sind Gerechtigkeitsvorstellungen und Fairnessgebote ganz besonders präsent.“ Da könne es schon einmal zu Streit kommen, wenn sich eine:r benachteiligt fühle. Es gibt auch Fälle, in denen sich Konflikte intern lösen oder gar vermeiden lassen. Laut Haring-Mosbacher ist das eigentlich recht einfach: „Das hat mit grundsätzlichen Verhaltensweisen zu tun. Etwa, dass man die schlechte Laune nicht an anderen auslässt oder sich schon ein Jahr im Vorhinein alle Fenstertage ohne Rücksprache mit den anderen Kolleg:innen freinimmt“. Zusammenarbeit funktioniert eben nur mit Kollegialität.

Mehr als Kolleg:innen sind Kirei und René. Streit gibt es bei ihnen nie. Sie setzen ihre Energie lieber dafür ein, sich zu unterstützen. Team work makes the cream work, heißt es bei ihnen in der Konditorei. Und so greift René seiner Lieblingskollegin ungefragt unter die Arme, wenn es etwas Schweres zu tragen gibt. Dafür sagt Kirei ihrem BFF die Rezepte an, die sie

auswendig kennt. Seit zweieinhalb Jahren arbeiten die beiden nun schon reibungslos zusammen, und wenn sie einmal unterschiedliche Dienste haben, treffen sie sich trotzdem. Dann eben zu Hause auf einen Kaffee. „Man kann nicht mit allen im Team so gut befreundet sein, wie wir es sind, das ist klar“, sind sich Kirei und René einig. „Aber zu wissen, da gibt es jemanden, mit dem man sich so gut versteht, ist schön. Das macht es leicht, sich in der Früh auf den Arbeitstag zu freuen.“ Ein gutes Klima unter Kolleg:innen stärkt laut Haring-Mosbacher auch die Bindung an das Unternehmen. Unternehmen können bei den BFF übrigens selbst ein bisschen nachhelfen, indem sie Beziehungen spielen lassen. „Am besten plant man Events, wo man sich in einem losen Setting trifft, klassischerweise sind das Sommerfeste und Weihnachtsfeiern“, so Haring-Mosbacher. „Es spricht aber nichts dagegen, auch unterm Jahr einmal zusammen kegeln zu gehen.“ Das ist nicht nur reinste Gaudi, das fördert auch den Teamgeist.

Wie ein Volltreffer hat es sich auch für Barbara und Gerti angefühlt, als sie sich kennengelernt haben. Das war so: Barbara war Stammkundin bei Gerti, die Filialleiterin in der Shoppingcity Seiersberg ist. Gerti fand sie als Person so beeindruckend, dass Barbara sie eines Tages auf einen Kaffee eingeladen hat. Das war vor sieben Jahren. Seither hat sich viel getan. Mittlerweile arbeitet auch Barbara als Filialleiterin bei MARTIN AUER, und zwar in Fernitz. Die Freundschaft der beiden ist geblieben. Wobei auch die sich – genau genommen – verändert hat, weil sie heute ja viel enger als damals ist. „Was wir aneinander schätzen, ist das Vertrauen, das wir füreinander haben. Das ist die Basis unserer Beziehung. Wir wissen, wir können uns aufeinander verlassen.“ Sie sind zwei Vertraute, die sich den Rücken freihalten. Barbara und Gerti helfen sich in den Filialen aus, wenn mal Not an der Frau ist. Sie gehen spazieren, um gemeinsam Zeit in der Natur zu verbringen. Sie besprechen, was im Unternehmen passiert. Ein Anruf genügt, und die andere ist da. Mindestens am Telefon, nicht selten in echt. Das überrascht Sabine Haring-Mosbacher nicht. Sie sagt, würde man sich anschauen, wie soziale Beziehungen ein Unternehmen prägen, würde sich zeigen, dass der wertvollste Kontakt auch heute noch das persönliche Aufeinandertreffen sei. Die Soziologin hat 2020 eine Studie dazu gemacht. Aus der ist unter anderem hervorgegangen, dass wir Menschen gar nicht Vollzeit im Homeoffice arbeiten wollen, auch wenn wir die Möglichkeit hätten. Zumindest die Hälfte unserer Arbeitswoche verbringen wir gerne mit Kolleg:innen. Da geht es uns übrigens allen gleich. Egal wie jung oder alt wir sind. Soziale Kontakte, zeigt sich da mal wieder, sind eben in jeder Beziehung bedeutend.

Unter Freund:innen 28
Barbara und Gerti 29
Du bist der Honig in meinem Reingerl

Khooking with Khoo

das gleichzeitig ein Bücherladen war, arbeitete sie schließlich eine Zeit lang als Konditorin. Dieses Umfeld schien sie zu inspirieren, denn jetzt ging es ans Eingemachte.

Schon 2010 veröffentlichte Rachel ihre ersten Kochbücher mit Rezepten zu Müsli und Pasteten. Das fanden schon einige Leute gut, der Durchbruch gelang Rachel aber mit dem dritten Buch: „The Little Paris Kitchen.“ Rachel lebte nun zwar in einer eigenen Wohnung, die gesamte Fläche belief sich aber auf nicht mehr als 20 Quadratmeter. Die Rezepte, darunter Bœuf Bourguignon mit Baguetteknödel sowie Madeleines mit Zitronentopfen, stammten also echt aus ihrer kleinen Pariser Küche. Sie hatte dort gerade einmal für einen Campingkocher Platz, die Arbeitsfläche daneben war so klein wie ein Geschirrtuch. Töpfe, Pfannen und Kräuter hatte sie an den Wänden befestigt, so waren sie beim Kochen nicht im Weg. Die Arbeit am Kochbuch finanzierte sich die mittlerweile 32-Jährige, indem sie ihr Appartement abends in ein Restaurant verwandelte. Jeweils zwei Gäst:innen kamen dabei in den Genuss eines Drei-GangMenüs. Auf Social Media, wo sie nach Interessierten suchte, sorgte das für unzählige Likes. Das Internet hatte Rachel, die so erfrischend unkonventionell war, zum Fressen gern.

Rachel Khoo kocht ihre Fans schon seit Jahren mit ihren unverwechselbaren Gerichten ein. Einheitsbrei war bei der sympathischen Britin noch nie dabei. Vielleicht liegt es ja daran, dass sie mehr als Köchin ist.

Den Geschmack von Abenteuer mochte Rachel Khoo schon immer. Darum kündigte sie 2006 ihren wenig aufregenden PR-Job in London und zog kurzerhand nach Paris. Sie sprach zwar kein Wort Französisch und hatte noch nie zuvor in einer Küche gearbeitet, trotzdem war genau das ihr Ziel. Ganz schön abgebrüht für eine 26-Jährige. Ihre Eltern meinten, sie sei verrückt. Rachel selbst dachte sich: Der Worst Case wäre, sie isst ein paar Croissants und fährt wieder nach Hause. Eigentlich halb so schlimm. Doch Rachel blieb. Insgesamt acht Jahre verbrachte sie in Paris. In dieser Zeit machte sie eine Ausbildung zur Konditorin, schrieb mehrere Kochbücher und verkaufte dem englischen Fernsehen eine Show. Rachel ist groß rausgekommen – und das liegt nicht zuletzt daran, dass sie in einer kleinen Küche angefangen hat. Dazu später mehr.

In Paris angekommen, absolvierte Rachel als erstes einen Patisserie-Kurs an der weltbekannten Kochschule Le Cordon Bleu. Um sich den Lehrgang zu finanzieren, arbeitete sie als Parfümverkäuferin und Au-pair. Sie bewohnte damals ein typisches Dienstmädchenzimmer, Kämmerchen trifft es aber wohl besser. Die Fähigkeit, sich auf wenig Platz zu arrangieren, sollte Rachel schon bald zugute kommen. Im Café La Cocotte,

Die Menschen online waren aber nicht die einzigen, die Gefallen an ihren Gerichten fanden. Kurz bevor Rachel die Arbeit am Kochbuch zu Ende gebracht hatte, kam ihr die Idee, daraus eine Fernsehsendung zu machen. Sie drehte eigenhändig eine Pilotfolge, backte ein paar Schokokekse und schickte beides an die BBC. Ehe sichs Rachel versah, sahen Millionen Brit:innen die daraus entstandene Kochshow im Fernsehen, die später auch in vielen anderen Ländern zu sehen war. Sie wollte damit, sagte sie einmal, zeigen, dass es keine riesige Küche mit teuren Geräten brauche, um köstliche Speisen zu kreieren. Nur der Spaß an der Sache sei ein Muss. Anfangs wurde sie aufgrund ihres jungen Alters und ihrer entspannten Herangehensweise oft mit Jamie Oliver verglichen, schon bald aber sprach ihr Name für sich. Rachel wurde fester Bestandteil der internationalen Kochszene. Nur die Pariser:innen mussten fortan auf sie verzichten.

Frankreich blieb sie aber erst einmal treu. Rachel reiste durchs Land, lernte Leute und traditionelle Speisen kennen. Daraus entstand „My Little French Kitchen.“ Für die BBC besuchte sie daraufhin verschiedene europäische Städte, um auch deren Kulturen zu erleben und davon inspirierte Gerichte zu entwickeln. Das haben fast alle Projekte gemeinsam: Rachel nimmt ihre Fans dabei mit auf Reisen und lässt sie hautnah an ihren Entdeckungen teilhaben. Die Serie dokumentiert nicht nur Erlebnisse, sondern auch Rachels persönliche Entwicklung. Rachel ist einem ganz nah, auch wenn sie gerade in Australien dreht. Überall begeistert sie die Menschen mit ihrer zwanglosen Art. Auch in der Küche scheint ihr alles immer locker von der Hand zu gehen. Geht doch einmal was daneben, lacht sie. Die heute 42-Jährige hat die Dinge nie so

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eng gesehen, nicht einmal in ihrer Pariser Puppenküche. Auch kreativ war Rachel schon immer. Das belegt ihr abgeschlossenes Kunststudium, selbst wenn ihr Einfallsreichtum nicht auf Gemälden, sondern in Fernsehbildern sichtbar wird.

Für Essen interessierte sich Rachel ebenfalls schon als Kind. Ihr Aufwachsen war von den unterschiedlichen Geschmäckern geprägt, die ihre Eltern aus ihren Heimatländern mitbrachten. Rachel ist Tochter eines Malaysiers und einer Vorarlbergerin. Wenn sie die beiden vermisst, gibt’s deshalb asiatische Nudelsuppe, Chicken Porridge oder Käsespätzle. Diese kulinarische Diversität ist noch so eine Besonderheit von Rachels Rezepten, für die sie berühmt ist. Sie selbst bezeichnet sich heute übrigens nicht als Köchin und Konditorin, sondern als Food Creative. Weil sie sich einfach zu allem, was mit Essen zu tun hat, etwas einfallen lassen kann: sei es in der Produktentwicklung oder in der Beratung von Agenturen, wenn’s um die Verpflegung auf Events geht. Seit zwei Jahren ist Rachel außerdem Jurorin bei der beliebten britischen Kochshow „Great British Menu“, in der Spitzenköch:innen miteinander konkurrieren. Für sie ein toller Job, so kann sie regelmäßig nach London zurückkehren.

Seit 2015 lebt Rachel mit ihrem schwedischen Mann und ihren zwei Kindern nämlich in Stockholm. Ihr sechstes und bisher letztes Kochbuch trägt passenderweise den Titel „The Little Swedish Kitchen“, auch wenn sie dieses Mal eindeutig mehr Platz hatte, die Speisen zuzubereiten. Die Rezepte – Pochiertes Hähnchen mit schnell eingelegtem Erdbeersalat oder Mittsommer-Meringue-Kronen, essbare Blumenkränze aus Baiser – entstanden zum Teil in der Natur. Rachel kochte sie in und vor einer traditionellen schwedischen Hütte, sie traf dafür Fischer:innen und Bäuer:innen. Wenig überraschend wurde auch die „Swedish Kitchen“ zu einer in aller Welt erfolgreichen Fernsehsendung. An Rachels Geschmacksabenteuern kann sich eben niemand sattsehen.

Es ist angerichtet: Rachel kocht stets kreativ und am liebsten mit frischen Zutaten.

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Bleibender Eindruck

Den ersten Eindruck gibt es kein zweites Mal. Für uns ein Grund mehr, uns immer besondere Mühe zu geben. Das sieht man nicht nur unseren Kolleg:innen an, die sich über jede:n Besucher:in freuen. Sondern auch unserem Kipferl. Einem Gebäck in Form eines Lächelns.

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Augenblick der Wahrheit

Wir sind ganz schön schnell, wenn es darum geht, uns eine Meinung über andere Menschen zu bilden. Das dauert nämlich gerade mal eine Zehntelsekunde. Also gleich lang oder besser gesagt gleich kurz, wie einmal zu blinzeln. Der erste Eindruck wird daher – wie könnte es anders sein – vor allem von Äußerlichkeiten bestimmt. Für alles andere bleibt ja auch keine Zeit. Einen entscheidenden Faktor bei der Beurteilung uns fremder Personen spielt übrigens die Amygdala. Das ist der Bereich unseres Gehirns, der unter anderem Emotionen verarbeitet. Beim ersten Eindruck schaltet er sich sofort dazu, und unser Gehirn entscheidet dann quasi aus dem Bauch heraus. Darum können wir oft gar nicht erklären, warum uns jemand sympathisch ist oder nicht. Wir haben da einfach so ein Gefühl.

Ursprünglich überlebenswichtig

Der Mechanismus, der hinter dem ersten Eindruck steckt, kommt natürlich nicht von ungefähr, sondern aus der Urzeit. Das muss man sich in etwa so vorstellen: Unsere Vorfahr:innen sammeln gerade Beeren oder jagen Mammuts durch die Steppe, da taucht plötzlich jemand Unbekanntes auf. Freund:in oder Feind:in? Jetzt zählt jede Sekunde. Je schneller sich unsere Ahn:innen für die Flucht entscheiden, desto höher sind ihre Überlebenschancen, falls man ihnen nichts Gutes will. Noch heute zählt Vertrauenswürdigkeit laut Studien zu den von uns Menschen am schnellsten erkannten und am schnellsten bewerteten Eigenschaften. Die Gefahr lauert jetzt zwar nicht mehr hinter jedem Busch, unser ureigener Instinkt arbeitet aber noch immer für uns.

Keine Kategorie für sich

Die Mimik, die Gestik, der Mund, eigentlich unser gesamtes Aussehen, auch unsere Stimme, die Körperhaltung und unsere Kleidung: Zum ersten Eindruck zählt alles, was für unser Auge erkennbar ist. Gut, auch die Nase entscheidet mit. Ob wir jemanden riechen können, beeinflusst unsere anfängliche Meinung ebenfalls. Für die erste Einschätzung greift unser Gehirn außerdem auf Erfahrungen und Erinnerungen aus unserem bisherigen Leben zurück. Anhand all dieser Informationen steckt es unser Gegenüber dann in eine Schublade. Das ist aber nicht böse gemeint. Es spart dem Gehirn schlichtweg Energie, die an anderer Stelle gerade dringender benötigt wird, zum Beispiel bei der Entscheidung zwischen Kipferl und Croissant. Durch das Schubladendenken können wir also schnell einschätzen, ob wir mehr Zeit in jemanden investieren möchten oder uns die 100 Millisekunden Bekanntschaft schon

gereicht haben. Wir kratzen in diesem Fall immer nur an der Oberfläche, für tiefergehende Bewertungen ist der erste Eindruck absolut ungeeignet. Wer wirklich wissen will, wie der oder die andere so ist, muss mindestens zwei Mal hinschauen. Außer natürlich bei der Liebe auf den ersten Blick.

Special Effects

Es gibt drei Phänomene, die in Zusammenhang mit dem ersten Eindruck auftreten. Das eine nennt sich „Heiligenschein-Effekt“. Dabei geht es um die Verstärkung des positiven ersten Eindrucks. Wir setzen jemandem, der uns auf Anhieb sympathisch ist, einen sprichwörtlichen Heiligenschein auf. Finden wir jemanden gut aussehend, halten wir sie oder ihn automatisch auch für freundlich, liebenswert und erfolgreich. Wenn sich hingegen ein negativer erster Eindruck verstärkt, spricht man vom „Teufelshörner-Effekt“. Nehmen wir an einer Person zuallererst etwas Negatives wahr, gehen wir unbewusst davon aus, dass an ihr nichts Gutes sein kann und setzen ihr somit Teufelshörner auf. Ein Beispiel: Jemand trägt eine zerknitterte Hose, und wir verbinden damit Eigenschaften wie unordentlich, faul und disziplinlos. Wir wissen eigentlich, dass das so nicht stimmt. Das Problem: Diese Assoziationen halten sich hartnäckig – und das ist der Primäreffekt. Demzufolge bleiben wir unserem ersten Urteil treu, selbst wenn wir neue Erkenntnisse gewinnen. Würden wir erfahren, dass die Person in der zerknitterten Hose schon seit einem Jahr auf Süßspeisen verzichtet, wäre sie für uns immer noch disziplinlos, nur eben beim Thema gesunde Ernährung nicht. Unter uns: 365 Tage ohne Zimtschnecke? Da ist man nicht einfach nur diszipliniert, dafür muss man schon ein bisschen verrückt sein, finden wir.

Gewusst wie

So schnell es geht, einen ersten Eindruck zu gewinnen, so lange dauert es, bis er seine Bedeutung wieder verliert. Möglich ist es aber. Es setzt allerdings voraus, dass der:die Beurteilende seine:ihre Denkmuster, naja, überdenkt. Viel einfacher ist es, gleich sympathisch rüberzukommmen. Man sollte dabei offen sein, lächeln und sich auf das Gegenüber einlassen. Am besten echtes Interesse an der anderen Person zeigen und ihr ungeteilte Aufmerksamkeit schenken. Denn obwohl wir gerade gelernt haben, dass Aussehen, Kleidung und Geruch wesentlich für einen guten ersten Eindruck sind, wissen wir aus Erfahrung: Freundlichkeit gewinnt immer. Unsere Kolleg:innen in den Filialen treten Tag für Tag den Beweis an. Da kann unser Feingebäck noch so gut duften, ausschlaggebend ist die Wertschätzung, die sie unseren Gäst:innen entgegenbringen. An die erinnert man sich lange. Da ist das Kipferl schon längst gegessen.

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Was der Sommer im Gebäck hat

Himbeertartelette – Die Himbeere, das mag überraschend sein, ist keine echte Beere, sondern ein Rosengewächs. Man erkennt das etwa an den Stacheln eines Himbeerstrauchs. Beim Pflücken können die einem echt ein Dorn im Auge sein. Zum Glück haben wir beim Backen nichts damit zu tun. Spitze sind unsere Himbeertartelettes mit Mürbteigschälchen, Himbeerspiegel und -mousse sowie weißer Schokolade trotzdem.

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bio Peter mit Avocado – Man kennt ihn als unser Brotzeitbrot, aber er kann noch viel mehr. Frühstück zum Beispiel: Unseren bio Peter gibt es auch mit Avocado. Genauer gesagt hat er sich cremige Avocado, schwarzen Sesam und Kresse mit aufs Brot, äh, ins Boot geholt. Auf Wunsch ist auch ein bio Spiegelei dabei. Der bio Peter will wohl das Flaggschiff unserer Vitrinen werden. Tja, wer kann, der Kahn.

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bio Alma – 100 Prozent Dinkel und eine Kruste mit Rapssamen, Sonnenblumenkernen und Haferflocken machen dieses Brot ganz schön reichhaltig. Der Name Alma schien uns daher passend. Er ist Lateinisch und heißt so viel wie nährend, fruchtbar. Alma Mater, nährende Mutter, so hießen einst Fruchtbarkeitsgöttinnen. Und bis heute bezeichnet man Universitäten so. Auch geistige Nahrung ist eben nicht zu unterschätzen.

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Homemade Iced Tea – Für uns ist dieser Drink ein HIT. Homemade Iced Tea kann man aber auch dazu sagen. Es gibt ihn als Very Berry, einen beerigen Früchtetee mit einem Hauch von Vanille und einer Orangennote. Und als So Classic, einen zitronig-frischen Schwarztee mit ganz leichtem Holundergeschmack. Wer im Sommer einen kühlen Kopf bewahren möchte, dem seien unsere Eistees wärmstens empfohlen.

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was wir wissen

Text
LUTTENBERGER Fotos HEIMO BINDER 39
„Alles,
müssen, bringt uns die Natur bei. Wir müssen nur hinsehen.“
SABRINA

Am Hof von Biobauer Heinz Gerstner

lachen die Hühner. Und die Schweine. Und alle anderen Tiere auch. Weil sie hier tun und lassen können, was sie wollen. Das macht nicht nur sie glücklich, sondern auch uns Menschen.

Heinz Gerstner hat schon früh aufs richtige Pferd gesetzt. Bio war für ihn schon logisch, da war die natürliche Landwirtschaft für viele noch kein Thema. Was uns an Heinz aber vor allem imponiert, ist die achtsame Art, wie er mit Tieren umgeht. Bei ihm tigern Hühner, Schweine und Kühe auf Wiesen und Weiden herum, wie es ihnen gefällt. Einsperren gibt es bei Heinz nicht. Der Natur wird hier nicht nur im Kräutergarten freier Lauf gelassen. Artgerechte Tierhaltung ist nämlich Heinz’ Steckenpferd. Mehr noch: Der Biobauer gibt Seminare mit dem Titel „Empathie – Wie Tiere fühlen“, in denen er den ganzheitlichen Umgang mit Tieren lehrt und einen Einblick in ihre Emotionen gibt. Für Heinz ist die Beziehung zwischen Mensch und Tier von gegenseitigem Respekt und Verständnis geprägt. Quasi wie du mir, so ich Tier.

Heinz war schon als kleines Kind fasziniert von Tieren. „Meine Mutter“, erinnert er sich, „wollte mich zum Psychologen schicken, weil ich stundenlang vor dem Käfig mit den Kanarienvögeln gesessen bin und sie beobachtet habe.“ Sie dachte, das Kind hat noch eine andere Art von Vogel. Später durfte Heinz dann trotzdem eine Dohle halten. Mit ihr verstand er sich so gut, dass sie ihn in den Wald begleitete und auf dem Hochsitz neben ihm Platz nahm. Als der Bub zwölf Jahre alt war, hatten sich auf dem elterlichen Hof an die einhundert Tiere angesammelt. Hühner, Tauben, Schafe, Rehe, Hausgänse. Für ihn war schon immer klar, dass Tiere seine Zukunft sind. Egal ob als Bauer, Förster oder Veterinär. Beim Gedanken daran bekam er Schmetterlinge im Bauch. Doch zuerst kam alles anders.

Die Familie Gerstner war in Graz schon damals für Kindermoden bekannt, noch heute führt Heinz’ Nichte das Geschäft. Hier lernte auch Heinz das Handwerk des Verkäufers. Danach eröffnete er einen eigenen Laden. Statt um glückliche Hühner ging es nun um die Zufriedenheit der Kund:innen. Fünf Standorte betrieb er, bis die Konkurrenz irgendwann so groß war, dass er klein beigeben musste. Für andere wäre das ein Schock gewesen, für Heinz war es ein Segen. Er hat sich tierisch gefreut, denn mit Anfang 40 konnte er endlich Landwirt werden. Das Wissen, wie er seinen Sonnhof in der Nähe von Graz bewirtschaften konnte, hatte er schon. Vieles hatte er

früh von seinem Vater gelernt, den Rest habe er sich von der Natur abgeschaut. „Alles, was wir wissen müssen, bringt uns die Natur bei. Wir müssen nur hinsehen“, so Heinz.

Man muss sich nur einmal Schweine anschauen. Ist eines von Heinz’ Schweinen kränklich, weiß es sofort, was zu tun ist. Es frisst Kletten – Pflanzen, die an stachelige Bälle erinnern –, um wieder gesund zu werden. Das Schwein bedient sich selbstständig in der Apotheke der Natur. Antibiotikum ist ein Fremdwort für das Tier. Das funktioniert nur, weil bei Heinz alle Lebewesen das ganze Jahr über in Freilandhaltung leben. Für ihn eine Selbstverständlichkeit, für viele andere nicht. Dabei wäre es wichtig, auf die natürlichen Bedürfnisse von Tieren zu achten. Genau wie wir möchten sie sich frei bewegen können. Sie möchten sich beschäftigen und mit Artgenossen spielen. Schweine gelten zum Beispiel als sehr intelligent und einfühlsam. Sie sind neugierig und würden am liebsten den ganzen Tag im Boden wühlen, scharren und schnüffeln. Verwehren Bauern und Bäuerinnen ihnen das, kann man sich vorstellen, wie sie sich fühlen: hundeelend. Ein Glück für die Schweine, dass es ihnen bei Heinz so gut geht. Dass auch seine Hühner stets glücklich gackern, freut uns besonders. Denn Heinz liefert regelmäßig Bio-Eier in die Brotküche am Jakominiplatz. Sie sind der Beleg dafür, dass artgerechte Tierhaltung einen großen Unterschied macht – man schmeckt ihn nämlich. Tierwohl wirkt sich eben auch auf die Qualität der tierischen Produkte aus.

Uns Menschen berührt die Art, wie mit Tieren umgegangen wird, ebenfalls in hohem Maße. Tierwohl kann unser eigenes Wohlbefinden steigern. Heinz Gerstner behauptet sogar: „Der Umgang mit Tieren heilt unsere Seele.“ Dazu muss man wissen, Heinz ist nicht nur ein Tierflüsterer, er ist auch Menschenversteher. Als Lebens- und Sozialberater sowie Erziehungshelfer hat er sich einst weitergebildet. Ein bunter Hund eben. Der Sonnhof, den er später aufgeben musste, weil er nach dem Tod seines Schwiegervaters in den Besitz seines Schwagers überging, bot so nicht nur allen möglichen Tieren ein Zuhause, sondern bald auch Jugendlichen, die in Schwierigkeiten geraten waren. Selbst die lautesten unter ihnen wurden ganz ruhig, wenn sie sich um die Tiere kümmerten. Viele sorgten zum ersten Mal für ein anderes Lebewesen, was ihnen dabei half, auch an anderen Beziehungen zu arbeiten. Wir binden hier übrigens niemandem einen Bären auf. Auch wissenschaftlich ist es erwiesen, dass Tiere einen Einfluss auf unsere Gesundheit haben können. Egal ob wir sie streicheln oder nur in ihrer Gegenwart sind: Zeit mit Tieren zu verbringen, senkt Blutdruck und Herzfrequenz. Wir entspannen uns nachweislich. Wie viel sie uns bedeuten, zeigt sich auch daran, dass wir ihnen alles vergeben. Heinz ist seiner dreifarbigen Katze, seinem absoluten Liebling, zum Beispiel gar nicht böse, dass sie damit begonnen hat, alles auf den Boden zu werfen, was im Haus herumsteht. Wenn Heinz aus dem Haus ist, tanzt die Katze auf dem Tisch. Für ihn ist sie trotzdem purr-fect.

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Der Sonnhof war ein belebtes Quar-tier.

Wir wollen ja keine künstliche Aufregung erzeugen, aber es könnte sein, dass virtuelle Welten und menschliche Maschinen für uns schon bald ganz natürlich sind. Wirklich wahr.*

Maschinen sind auch nur Menschen

Wenn es um Namen für Frühstücke geht, fehlt es uns nie an Fantasie. Darin sind wir, könnte man sagen, Pantastic. Was wir uns hingegen nur schwer vergegenwärtigen können, ist die Zukunft, wie Tech-Konzerne sie sich vorstellen. Künstliche Welten, in denen wir uns unsere eigene, naja, Welt und ein neues Ich erschaffen können? Das Wort Doppelleben bekommt da plötzlich eine ganz neue Bedeutung. Oder das Thema Künstliche Intelligenz (KI) – daraus werden wir auch nicht ganz schlau. Maschinen sollen nicht nur unsere Arbeit übernehmen, sondern sich auch ein Bewusstsein, ähnlich dem von uns Menschen, aneignen? Es scheint ja eine echte Revolution zu sein, die gerade virtuell stattfindet. Zwar ist es nichts Neues, dass sich unsere Leben immer mehr ins Digitale verlagern. Wir buchen uns online einen Termin für einen Videocall mit dem Finanzamt und suchen dann nach einem Date in einer App. Dazwischen bestellen wir uns im Webshop Lebensmittel nach Hause. Wenn wir unsere Wohnung aber gar nicht mehr verlassen, weil wir in einer Parallelwelt im Internet leben, geht doch was verloren! Nicht nur menschliche Nähe. Uns würde auch viel fehlen, wenn Computer einen noch größeren Teil unseres Lebens übernähmen. Für uns gibt es zum Beispiel nichts Schöneres als die täglichen Interaktionen mit unseren Gäst:innen und Kolleg:innen. Und so ein digitales Dinkelciabatta, das wäre auch nicht das Wahre.

Die Idee, in eine völlig andere Welt einzutauchen, gibt es nicht erst seit jetzt. Neal Stephenson, ein Schriftsteller aus Seattle, hat den Begriff Metaversum bereits 1992 erfunden. In seinem Roman „Snow Crash“ beschreibt er damit eine virtuelle Welt, die neben der wirklichen Welt besteht. Das versteht man auch heute noch unter Metaversum: einen digitalen Raum, der

dank Virtual-Reality-Brillen eine Verschmelzung von virtueller und tatsächlicher Realität ist. Wir Menschen leben darin als Avatare, so etwas wie unser zweites Ich. Ein bisschen kann man sich das wie in unserem realen Universum vorstellen: Es gibt im Metaversum ebenfalls nicht nur einen Planeten, sondern mehrere Welten – nur können wir uns online unsere Favoritin aussuchen und sogar zwischen den Welten wechseln. Derzeit ist die Auswahl noch überschaubar. Da ist Second Life, das bereits 2003 online gegangen ist und bis heute viele Spieler:innen hat. Sie gehen darin zur Arbeit, kaufen und verkaufen Dinge, bauen Häuser. Eigentlich wie im echten Leben. Auch im Decentraland, das relativ neu ist, können sich Bewohner:innen virtuelle Grundstücke kaufen, um darauf Erlebnisse zu kreieren, zum Beispiel Konzerte oder Kunstausstellungen. Auch wir könnten im Decentraland eine Filiale eröffnen und anderen Avataren Brot verkaufen. Ein paar Bytes, und schon ist es weg. Die Sache mit Decentraland und ähnlichen Konzepten hat nur einen Haken: Grundstücke gehen dort weg wie warme Semmeln, obwohl sie für mehrere tausend Euro zu haben sind. Auch virtuelles Vergnügen kostet nämlich echtes Geld.

Der Realität lässt sich also auch virtuell nicht so einfach entkommen. Irgendwann steht man auch im Internet vor den gleichen Herausforderungen wie in Graz, Wien oder Klagenfurt. Ohne Geld keine Chance. Künstliche Welten machen uns zwar vor, dass wir sie alle gleichermaßen gestalten können, gleicher machen sie uns aber nicht. Dabei versprechen sie genau das: Endlich soll es uns Menschen möglich sein, eine Welt nach unseren Vorstellungen zu kreieren. Unser Avatar ist unser Ich, für das nichts unmöglich ist und dem alle Welten offenstehen. Sogar fliegen kann er, wenn wir wollen. Das

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Lass dir den Text von einer KI vorlesen!

Metaversum soll uns Menschen noch stärker verbinden, mehr noch als Social Media. Denn im virtuellen Raum sind wir alle am gleichen Ort, obwohl wir in echt ganz woanders sind. Arbeitskolleg:innen sitzen in Amerika, Australien und Österreich und trotzdem im gleichen Konferenzraum, in dem sie sich sogar bewegen oder live auf Flipcharts kritzeln können. Auf einen Kaffee mit Mama, die in einer anderen Stadt wohnt? Im Metaversum ist die gemeinsame Zeit nur ein paar Klicks entfernt. Wir fühlen uns bei all diesen Begegnungen näher, weil sich künstliche Welten durch die VR-Brillen real anfühlen – ein sogenanntes immersives Erlebnis. Sein und Schein verschmelzen. Der australische Philosoph David Chalmers sagte in einem Interview dazu: „Virtuelle Welten sind nicht unwirklich oder falsch. Diese Welten können vollkommen real sein. Wir können dort echte Beziehungen mit anderen Menschen haben, ein sinnvolles Leben führen. Denn Realität ist das, was wir dazu machen.“ Wie genau das Miteinander im Metaversum gestaltet wird, gehört allerdings noch zu den dringenden offenen Fragen. In Horizon Worlds, das ist die virtuelle Welt des Facebook-Konzerns Meta, gab es bereits Fälle sexueller Belästigung. Meta führte daraufhin einen Mindestabstand zwischen Avataren ein. Auch wenn die Gesetze der Physik im Metaversum nicht immer gelten – die Rechte der Menschen müssen universal sein.

Viel näher als künstliche Welten liegt vielen Menschen gerade das Thema Künstliche Intelligenz. Uns übrigens auch. Das Bild auf dieser Seite hat nicht unsere menschliche Designerin ausgewählt, sondern wurde von Midjourney erstellt. Einer KI, die selbst Kunst kreiert. Auch einen Teil des Textes wollten wir gerne an eine KI auslagern. Wir haben uns für ChatGPT entschieden, weil es aktuell das bekannteste Tool ist. ChatGPT ist ein Chatbot, der auf maschinellem Lernen basiert. Wir wollten von der Maschine wissen, wie sich KI auf unsere Gesellschaft auswirken wird. Wenige Sekunden später hatten wir eine ausführliche Antwort. Die war aber viel zu lang. Also haben wir ChatGPT gefragt, wie sich KI auf unsere Gesellschaft auswirken wird –in drei Sätzen.

„KI wird unsere Arbeitsweise, Gesundheitsversorgung, Bildung, Verkehr, Sicherheit und Umwelt beeinflussen und

verbessern. Es wird aber auch Herausforderungen wie Arbeitsplatzverluste, Datenschutzfragen und ethische Bedenken mit sich bringen. Es ist wichtig, dass die Entwicklung von KI verantwortungsbewusst und transparent erfolgt, um ihre positiven Auswirkungen auf die Gesellschaft zu maximieren.“

Abgesehen davon, dass wir uns gerade sehr viel Recherchezeit gespart haben, zeigt sich an diesem Beispiel gut, was KI kann: große Datenmengen, mit denen sie gefüttert wurde, auswerten und darin Zusammenhänge erkennen. Sie kann Anweisungen folgen. Je genauer, desto besser. Jetzt wird uns auch klar, warum sich Schüler:innen und Student:innen gerade so freuen. Endlich schreiben sich Aufgaben von selbst! Dass ChatGPT künftig alle Texte für unser Magazin verfasst, ist allerdings sehr unwahrscheinlich. Dafür fehlt ihr einfach der Humor. Außerdem würde die Autorin dann garantiert eine Brotestbewegung starten.

In Zukunft könnte das aber noch lustig werden. Dass Maschinen menschliche Eigenschaften wie Humor entwickeln, ist gar nicht so abwegig. Glaubt man Blake Lemoine, ist das sogar schon passiert. Der ehemalige Mitarbeiter von Google hat den hauseigenen Chatbot LaMDA (Language Model for Dialogue Applications, also eine Art Sprachmodell) erforscht und dabei laut eigener Aussage festgestellt, dass die KI ein Bewusstsein entwickelt habe. Darauf deuteten nicht nur ihre unabhängigen Antworten hin, sie würde auch Gefühle ausdrücken. Google selbst sagt, LaMDA sei ein komplexer Algorithmus, der entwickelt wurde, um überzeugend menschliche Sprache zu imitieren. Die KI würde ihren Job also einfach nur extrem gut machen. Noch übernehmen Computer also nicht unsere Welt, auch wenn sie daraus schon längst nicht mehr wegzudenken sind. „Auf lange Sicht besteht durchaus die Chance, dass KI-Systeme genauso intelligent oder sogar intelligenter sein werden als wir Menschen. Und wir werden uns der Frage stellen müssen, ob sie selbst bewusste Wesen sind“, sagt David Chalmers. In diesem Fall müssten wir uns überlegen, wie wir mit ihnen umgehen. Vielleicht ist es dann nicht mehr nur ein Chatbot, sondern unser Chatbuddy. Für Chalmers ist auf alle Fälle klar, Künstliche Intelligenzen bräuchten dann – wie wir Menschen auch – Gesetze, die sie schützen. Quasi Maschinenrechte.

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*Mit diesem Text haben wir die KI „Midjourney” gefüttert, damit sie daraus ein Bild für unsere Story erzeugt. Das Ergebnis ist hier zu sehen.

New in Town

Ein Kosmos an Kleingebäck. Mit Fixsternen aus Feingebäck. Sowie Planeten aus bio Brot. Und auch die Milchstraße verläuft direkt durch das Sterneck. All is good.

Im Reininghauspark ist eine richtige Ruheoase entstanden. Dazu passt unser Motto für den Standort am neuen Stadtwäldchen: Less stress, mehr Handkaiser!

Sterneckstraße 1 9020 Klagenfurt UNESCO-Esplanade 12 8020 Graz
Sterneckstraße Reininghaus 44

Unsere Nusskrone kriegt hier nicht nur die Shopping Queen. Viele statten sich fürs Bummeln im Klagenfurter Einkaufszentrum aber ohnehin lieber mit einem Topfentascherl aus. Das ist leichter zu tragen.

Hier kommt alles auf den Tisch. Wir sind zwar auch in anderen Filialen ganz ofen miteinander, aber sooo viel Platz, sich mit Kaffee, Kuchen und Kipferl auszubreiten, gibt’s nicht überall.

Bahn frei für unser Pane, denn endlich sind wir in Gleisdorf angekommen! Jetzt dauert es bestimmt nicht mehr lange, bis wir die Oststeiermark so gut wie unsere Westentasche kennen.

Ragnitzstraße 91 8047 Graz
Center,
Ragnitz Südpark 45
Hauptplatz 9 8200 Gleisdorf Shopping
Südpark 1 9020 Klagenfurt Gleisdorf

Letztes Wort

Die Welt ist klein.

Angeblich kennen wir jeden Menschen über sechs Ecken. Das will Psychologe Stanley Milgram herausgefunden haben. Er nannte es das Kleine-Welt-Phänomen. Heißt: Wir sind nur fünf Kontakte von Bread Sheeran entfernt!

5.000

Gesichter können wir Menschen im Durchschnitt wiedererkennen. Dazu gehören nicht nur Freund:innen, sondern alle, die uns irgendwie bekannt vorkommen.

Bussi, Bussi

können nicht nur wir. Auch Eichhörnchen und Atlashörnchen küssen sich, wenn sie sich begegnen. Das dient der Identifikation.

180

In keiner anderen unserer Filialen treffen sich mehr Menschen als am Hauptplatz. Nämlich 30.000 pro Monat. Wer hier arbeitet, sollte also eher kein:e Eigenbrotler:in sein.

Das ist die sogenannte „DunbarZahl“, die besagt, zu wie vielen Personen wir realistischerweise Kontakt halten können. Noch vor wenigen Jahren lag der Wert bei 150. Dann kam Social Media und hat uns vermeintlich sozialer gemacht.

Seit 2019 hatten unsere Gastgartenmöbel in der Stubenberggasse in Graz nicht nur unzählige Begegnungen mit Sonne, Regen, Wind und Wetter, sondern auch mit etwa 147.000 Gäst:innen. Das sah man ihnen an. Darum hat die Tischlerei Fellner, unser langjähriger Partner, sie wieder aufgemöbelt. Jetzt schauen sie aus wie neu.

Tipps für die Begegnung mit einem Braunbären oder einer Braunbärin:

1. Ruhig bleiben.

2. Auf den Boden legen.

3. Nicht bewegen.

4. Übärleben.

Und tschüss. Reminder Chocolate won t break your heart. Okay 46

In unserem Team wirst du nie allein gelassen. Bei MARTIN AUER tragen wir die Verantwortung nämlich gemeinsam. Sei es in den Filialen oder in der Backstube. Wir Kolleg:innen ergänzen uns dabei perfekt. Wie die Butter und das Brot. Du möchtest ein Teil davon werden? Dann schick uns doch deine Bewerbung mit Lebenslauf an: welcome@martinauer.at Wir freuen uns, von dir zu lesen!

Wir WACHSEN In VERKAUF und SERVICE In der BACKSTUBE In der ORGANISATION
IMPRESSUM: Herausgeber und inhaltliche Verantwortlichkeit: MARTIN AUER GmbH, Maggstraße 2, 8042 Graz, Austria, www.martinauer.at · Designed with passion by moodley brand identity, www.moodley.at · Fotografie: Michael Königshofer: Cover, S.13-17, 32, 34-37, 44-47; Max Manavi-Huber: S. 5-11; Sabrina Petz: S.19; Alex Krischner: S.20; Joshua Chua: S.22; Sean Pavone: S.22; Johannes Fischer: S.23; Uwe Aranas: S.23; Valerie Maltseva: S.25-29; Julia Rajkovic: S.30-31; Heimo Binder: S.38-41; Midjourney: S.43; Adelev Schalkwyk: S.46; Text: Sabrina Luttenberger; Joe Niedermayer; Martin Auer · Lektorat: moodley brand identity; Druck: Ferdinand Berger & Söhne Ges.m.b.H. Wienerstraße 80, 3580 Horn.
martinauer.at/jobs

GIB DEM BROT DIE SEELE ZURUCK.

Es jeden Tag besser zu machen ist nur möglich, indem wir übers Backblech hinausdenken. Indem wir überlegen, was Brot ist. Was sicher reinkommt und was auf keinen Fall reinkommt.

www.martinauer.at
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