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KREIS WESEL-SPEZIAL

KREIS WESEL-SPEZIAL — Typisch Niederrhein: Wasserflächen und Kopfweiden. Letztere führt der Kreis Wesel übrigens im Wappen.

Wesel esel sel el Dieser Kreis gehört zu uns Mit 1.042 Quadratkilometern ist der Kreis Wesel flächenmäßig das mit Abstand größte Stück Ruhrkulturhauptstadt. Dass viele der gut 470.000 Kreisbewohner dort im Westen mit Ruhr und Revier kaum etwas zu tun haben möchten, ist bekannt und scheint beim ersten Blick auf die Landkarte verständlich. Die RUHR REVUE aber hat links und rechts des Rheins ausgiebig weitere Blicke schweifen lassen und festgestellt: passt schon.

Den Kreis Wesel gibt es erst seit der großen Gebietsreform 1975, und damals hat man wohl doch etwas unbekümmert ein Puzzle zusammengeklebt, das man auch anders hätte legen können. Es besteht hauptsächlich aus Teilen der ehemaligen Kreise Dinslaken, Moers und Rees; außerdem mussten die Kreise Borken und Recklinghausen Gebiete an den Neuling abtreten. Sitz der Kreisverwaltung wurde, wegen seiner zentralen Lage, die namensgebende Stadt Wesel. Für das wesentlich größere Moers blieb ein kurioser Superlativ: größte deutsche Stadt, die weder Kreissitz ist noch kreisfrei. Dreizehn – teils städtische und teils sehr ländliche – Gemeinden zählen zum Kreis: Alpen (mit rund 13.000 Einwohnern), Dinslaken (70.000),

Hamminkeln (28.000), Hünxe (14.000), Kamp-Lintfort (39.000), Moers (106.000). Neukirchen-Vluyn (28.000), Rheinberg (32.000), Schermbeck (14.000), Sonsbeck (9.000), Voerde (38.000),

Wesel (61.000) und Xanten (21.500). Viele dieser Orte sind ihrerseits erst bei der Gebietsreform aus kleineren Gemeinden zusammengefügt worden. Dass die Bewohner bis heute mit der Identität ihres Kreises hadern, ist kaum verwunderlich.

| Der Niederrheiner Der Kreis bezeichnet sich selbst als „Niederrhein-Kreis“, und einige Politiker hätten das vor ein paar Jahren gern offiziell ins Firmenschild übernommen. Sie setzten sich aber nicht durch. Tatsächlich ist „Niederrhein“ auch kein Alleinstellungsmerkmal; man teilt es sich mit vielen Nachbarn flussaufund flussabwärts. Andererseits sind Hamminkeln, Hünxe oder Schermbeck gar nicht besonders niederrheinisch. Ganz knapp scheiterte die Initiative einiger Kreispolitiker und Bürgermeister, den Regionalverband Ruhr 2009 zu verlassen. Man glaubte nicht, dass der Kreis von der Mitgliedschaft genug profitieren könne, um das Tragen des ungeliebten Etiketts „Ruhrgebiet“ zu rechtfertigen. Die Hoffnung auf den Titel der „Kulturhauptstadt“ soll beim Entscheid fürs Bleiben eine Rolle gespielt haben. Dass

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Skepsis blieb, lässt sich am Jahreskalender der 2010-„Local Heroes“ ablesen: Die meisten Wesel-Gemeinden präsentier(t)en sich zu Anfang oder Ende des Jahres, weil sie gezögert hatten, bis die vorteilhafteren Wochen fast alle vergeben waren. Dafür erlebte zumindest Dinslaken als allererster „Local Hero“ eine nie gekannte mediale Aufmerksamkeit. Der Kreis Wesel könnte dem Ruhrgebiet allerdings irgendwann auch auf viel radikalere Weise abhanden kommen: Ausgerechnet in der „Hauptstadt“ Wesel waren 2007 Vertreter aller maßgeblichen Parteien dafür, den Kreis einfach aufzulösen. Nun ist zwar die Selbstabschaffung nicht vorgesehen in der Landesverfassung; die Initiative zeigt aber, dass man als Zentralruhrgebietsmensch nicht beleidigt sein muss wegen revierflüchtiger Neigungen des Kreises. Man scheint da im Westen eine grundsätzliche Abneigung zu haben gegen derlei politische Zusammenschlüsse. Vermutlich ein niederrheinisches Charaktermerkmal. Wirklich erfahren werden wir es nie, wenn der in Moers geborene Hanns-Dieter Hüsch recht hat: „Der Niederrheiner weiß nichts, kann aber alles erklären.“

| Vom Bergbau geprägt Den Kreis Wesel zu erkunden, das ist eine Aufgabe für mindestens die ganzen Sommerferien. Wir können hier nur kleine Ausschnitte zeigen, durchaus subjektiv gewählt. Beginnen wir mit dem, was uns als RuhrMenschen im Wortsinn nahe liegt und durchaus vertraut vorkommt: Wenn der Bergbau und seine Geschichte ein identitätsstiftendes Hauptmerkmal des Ruhrgebietes ist, dann gehören Dinslaken, Moers, Kamp-Lintfort und Neukirchen-Vluyn

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