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FOTOGRAFIE

FOTOGRAFIE

Bevor das Ende naht Urban Explorers fotografieren Verlassenes Vor ein paar Jahren war es auf der Zeche Zollverein noch abenteuerlich. Wie eben stillgelegt. Unerschlossen, schmutzig, ungesichert. Heute ist es dort schick. Aber authentisch? Nö. So ist es mit vielen alten Industriebauten. Es gibt aber auch noch verlassene Orte, die stehen nur da und atmen Vergangenheit. Und es gibt Leute, die von solchen „lost places“ magisch angezogen werden: „Urban Explorers“. Sie bahnen sich ihren Weg dorthin und fotografieren, was sie finden. Auch wenn sie nicht immer willkommen sind.

— Fotografieren, was Zeit, Verfall und Vandfalismus mit verlassenen Orten machen: „Urban Explorer“.

Der Zaun sieht noch richtig gut aus. Mitten im Wald. Wer nicht weiß, was der Zaun schützen soll, kann sich keinen Reim drauf machen. Selbst in der benachbarten Stadt dürften viele vergessen haben, dass dort in der Wildnis bis 1994 eine britische Kaserne war. Auf aktuellen Landkarten existiert sie nicht mehr. In der Explorer-Szene dagegen ist der Ort durchaus ein Begriff; man kennt, im Wortsinn, ihre geographischen Koordinaten. Man drückt dort einander nicht eben die Klinke in die Hand, aber es gibt schon einige, die jene Stelle im Wald kennen, wo jemand mal ein 38 |

Ruhr Revue

Stück Zaun ausgesägt hat. Das Gelände dahinter ist zugewuchert wie ein Ur wald. Es dauert Minuten, ehe das erste Gebäude in Sicht kommt: ein Kraftwerk. Die Briten waren da im Wald völlig autark. Weiter geht es durch Gestrüpp und an flachen Mannschaftsbaracken vorbei. Eine der quer verlaufenden Straßen gilt es im Laufschritt zu kreuzen: Am andern Ende des Geländes, wo früher der Eingang war, arbeiten Förster. Die sollten besser nichts mitkriegen von dem Besuch. Deshalb spricht man auch nur gedämpft und schrickt zusammen, wenn ein Ast unter dem Fuß lärmend bricht.

So erreicht die kleine Gruppe als nächstes einen verwüsteten „NAAFI-Club“, wo früher mal Partys gefeiert wurden. Eine Sporthalle. Ein Kino mit Namen „Globe“. Schließlich, und da wird die Szene fast unheimlich, zeichnet sich hinter dem Laubwerk der Umriss einer verfallenen Kirche ab. Wie Filmbilder aus dem südamerikanischen Dschungel – wäre dies nicht ein kühlgrau westfälischer Spätfrühlingstag. Wenn irgendwo „der Letzte das Licht ausgemacht“ hat, bleibt ein Gebäude selten lang sich selbst überlassen. Es kommen, offenbar unvermeidlich, die

Vandalen. Werfen Scheiben ein, dringen ins Gebäude, toben sich dort aus. Ihnen eng verwandt sind Sprayer oder Tagger; was sie hinterlassen, ist leider oft nicht besser als die pure Zerstörung: „Fuck the Police“ hat jemand an die Wand der Kasernen-Turnhalle gemalt. Da werden die Beamten aber zittern! Wirklich furchteinflößend kann die Begegnung mit Metalldieben werden, sagt Olaf Rauch. Der Bochumer zählt als „Urban Explorer“ zur vierten Spezies, die sich in den verlassenen Gebäuden einfindet. Er kennt die Kaserne im Wald von früheren Besuchen und ist entsetzt, wie Ruhr Revue

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