Rr 12 2 gastro 09 es

Page 1

GASTRONOMIE

— Französisches mit leicht russischem Akzent und mit selbst geernteten oder sorgfältig ausgesuchten Zutaten: So ist die Küche im „Landhaus Nikolay“.

— Hausherr Peter Nikolay. Die Ente im Hintergrund erinnert an seine früheren Restaurants.

allein in dem gemütlichen Restaurant beim bullernden Ofen saßen, bis Peter Nikolay an den Tisch trat, ohne Karte, und fragte: „Was möchten Sie essen?“ Nicht, dass sein Landhaus insgesamt über Gästemangel zu klagen hätte. Peter Nikolay hat eine große Fangemeinde, nicht zuletzt aus seinen Essener Zeiten. Kurzer Rückblick: gelernt im Clubhaus „Wilms“, Moltkeplatz. Bekannt geworden mit der „Ente“ in Frintrop. Danach Teilhaber und Küchenchef im „Ange d’Or“, Manager des „Jagdhaus Schellenberg“, Einkäufer eines bekannten Delikatessenimporteurs. Und gleichzeitig, nach der Frintroper „Ente“, noch eine in Dorsten und das „Landhaus Spickermann“ in Schermbeck. Nun, schon seit Jahren, begrüßt er im „Landhaus Niko-

Ganz schön bio

— Nahezu autark sind die Nikolays auch beim Federvieh: Lena Nikolay füttert potentiell schmackhafte Gänse, Hühner und – wenn wir’s recht sehen – Perlhühner hinter dem Schermbecker Landhaus.

Natürlich regional Passend zum großen Heftthema „Bio“ machten sich Kaymer und Kuhna diesmal auf die Suche nach Restaurants, die im weiteren Sinn eine Küche mit Bio-Akzent pflegen: frisch, authentisch, natürlich, regional. Die Auswahl, so zeigt sich, ist nicht sehr groß bei uns. Da sind Regionen im Süden Deutschlands ein bisschen weiter. Aber was sich findet, ist gut. Von ödem Körnermampf keine Rede. Folgen Sie K. & K. zu zweien dieser ganz besonderen Restaurants.

64 |

Ruhr Revue

lay“ seine Gäste, und das sind viele, auch Prominente, die Nikolay seit langem die Treue halten. Es gibt aber eben auch Tage, wie so ein winterlicher Mittwoch, da ist weniger los. Mit etwas Glück hat man den Raum und Lena Nikolays Service ganz für sich, während Peter Nikolay allein in der Küche werkelt. Schließlich kommt er heraus: „Was möchten Sie essen?“ Jetzt bloß nicht nach der Karte fragen. Lieber sagen: „Och, na ja – so ein bisschen was, eine Kleinigkeit, äh, was hätten Sie denn …“ Dann ist Peter Nikolay wie ein privater Gastgeber, der für einen überraschend hereingeschneiten Freund schnell etwas aus der Küche zaubert. „Mögen Sie Wild?“ Und wie! Also Hase, sagt Nikolay, und vorher vielleicht ein Süppchen … ? Dann geht er in die Küche, und nacheinander kommen von dort: Brot, selbstgebacken. Gänseschmalz-Rillette, von eigenen Gänsen. Ein wunderbares kleines Kürbissüppchen, mit Kürbis aus eigenem Garten. Ein Salat mit Mangold, Rucola, Kräuterseitlingen und einem Dressing, das unter anderem auf selbst kandierten Birnen basiert. Dann ein wenig gebratener Zander mit Gemüse aus dem Garten und „russischem Meerrettich“, wie Lena Nikolay mit Nachdruck bemerkt. Schließlich der Hasenrücken (örtliche Jagd) mit HolunderRotkraut und Apfel (erraten!), das Fleisch wunderbar zart und mit dankenswert deutlichem Hautgout-Wildgeschmack.

| „Was möchten Sie essen?“ Das kennen wahrscheinlich viele Leute: den „horror vacui“, wenn man ein Restaurant betritt und sonst keine Gäste da sind. Wenn man am Tisch sitzt und die Hälfte der Kellner ständig um einen herumscharwenzelt, während die anderen von ferne den einzig besetzten Tisch im Auge behalten. Man bildet sich das jedenfalls schnell ein. Im „Landhaus Nikolay“ dagegen gibt’s nichts Besseres, als die Gaststube für sich zu haben. So wie an jenem kalten Winterabend, als Kaymer und Kuhna den Weg nach Schermbeck gefunden hatten und


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.