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29.08.2006

10:03 Uhr

BRAUEREIEN

BRAUEREIEN

— Appetitlich, aber nicht mehr zu haben: SchlegelBier. Auch diese Brauerei wurde zum Verdruss vieler Freunde vor Jahren geschlossen. Ruth Hallensleben machte die Werbeaufnahme 1954; sie ist auf der

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CD „Ruhrgebietsbilder“ des Ruhrlandmuseums.

Der Geschmack der Freiheit Zwei Brauereien im Ruhrgebiet bleiben unabhängig Mit Revolutionen wollen sie nichts zu tun haben bei Stauder und Fiege, mit Gleichmacherei erst recht nicht. Die Freiheit liegt ihnen um so mehr am Herzen. Und beide freiheitsliebenden Brauereien der Region werden brüderlich geführt.

40 Jahre lang haben die Brüder Claus und Rolf Stauder gemeinsam ihre Essener Brauerei erfolgreich geführt und das „Stauder Pils“ als bundesweit vertriebene Premium-Marke etabliert (siehe Revue

Nr. 02/2005). 2004 übernahm die nächste Generation das Ruder. Axel und Thomas Stauder sind zwar „nur“ Cousins, doch allem Anschein nach führen sie das brüderliche Einvernehmen ihrer Väter

fort. Hugo und Jürgen Fiege sind das Team, das seit 1981 mit Erfolg am Bochumer Hauptbahnhof brüderlich Bier braut. 1736 wurde die Hausbrauerei des Moritz Fiege zum ersten Mal erwähnt; 1878 wurde das erste Bier am heutigen Firmensitz in der Scharnhorststraße gebraut. Damals waren Fiege und Stauder zwei unter unzähligen Revier-Brauereien. Nach und nach sind sie alle verschwunden – zuletzt etwa die Berg-Brauerei, Mülheim, Glückauf in Gelsenkirchen-

— Genießerisch prüft Jürgen Fiege das Aroma des Hopfens. Rechts ein Bild von der Abfüllanlage, wo sich die Flaschen klimpernd in Richtung Bierkasten bewegen.

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Ruhr Revue

Ückendorf und Schlegel in Bochum. Von ihnen kann man noch Werbeschriften an alten Mauern entdecken; mancher Bierfreund vermisst seine alte Stamm-Marke bis heute. Zuletzt hat die Duisburger König-Brauerei, obwohl mit dem „Köpi“ überregional erfolgreich, bei einem Brauriesen angedockt. Was haben Fiege und Stauder, das die anderen nicht hatten?

| Pils – die Hauptperson Die Stauders haben das Ruder herumgeworfen, als die Welle der Premium-Pilsener anrollte. „Das Ruhr-Revier trinkt Stauder-Bier“, rief noch vor vierzig Jahren die Leuchtschrift am Essener Hauptbahnhof, dazu flammten nacheinander „Pils“ und „Alt“ und „Export“ auf. Die Brüder konzentrierten sich auf ihr Pils und etablierten es als kleine, aber feine PremiumMarke, vertreten in besten Gasthäusern, deutschlandweit. Nur sehr vorsichtig wurden weitere Marken eingeführt: alkoholfreies Stauder, seit neuestem ein Radler. Das hauseigene Export wird praktisch nicht beworben; nur Kenner wissen, wo es verkauft wird. Stauder Pils, „die kleine Persönlichkeit“, ist unangefochten die Hauptperson. „Wir haben ein etwas anderes Konzept“, sagt Hugo Fiege. Großvater Moritz Fiege hatte schon 1926 ein Pils brauen lassen, als das noch längst nicht weit verbreitet war. Als dann nach dem Krieg das Export an Beliebtheit verlor, hatte Fiege schon eine starke Pils-Marke, die dann und bis heute zur eindeutigen HauptSorte wurde. Allerdings haben die Brüder seit den neunziger Jahren das FiegeProgramm erweitert. 1992 tauften sie ihr Export in „Gründer-Hell“ um, was bei der jüngsten Renaissance solcher Biere

sicher hilfreich ist. Es folgten Fiege leicht und alkoholfrei, 1995 ein Schwarzbier, 2001 Radler und Schwarzbier mit Cola, 2006 ein eigenes Weizenbier und ein Fiege-Alt anstelle einer Lizenz-Altmarke. Als eine Art identitätsstiftende Klammer führten Fieges 2002 die Bügelflasche für alle ihre Biere ein. Die Umstellung, sagt Hugo Fiege, habe Millionen gekostet, sei aber ein richtiger Schritt gewesen. Mit ihr habe die Brauerei auch Verkaufserfolge außerhalb des Ruhrgebiets erzielt. Im Grunde aber steht der Bügel genau für das Gegenteil: fürs Handwerkliche und Bodenständige. Die Brüder Fiege bekennen sich zum Ruhrgebiet; ihr aktueller Werbeslogan heißt „Der Ruhrpott hält zusammen“. Dabei spielt das „charaktervolle“ Moritz Fiege Pils klar die Hauptrolle, und in diesem Punkt sind sich die beiden Unabhängigen von der Ruhr offenbar ganz einig. Ein Pils von Stauder und Fiege präsentiert sich hopfenbetont, „schlank“. So müsse ein klassisches Pils sein, sagt Jürgen Fiege, der zusammen mit dem Braumeister für die Produktion zuständig ist, so herb werde es an der Ruhr seit Jahrzehnten bevorzugt.

VOM KONZERTFLÜGEL BIS ZUM EINSTEIGERPIANO

| Die freien Brauer Viele der ganz großen Biermarken, sagt Hugo Fiege, paßten sich mit ihren Pilsenern immer mehr einem einheitlichen Geschmack an, mit weniger Hopfenherbheit. Fiege dagegen betone seine regionale und geschmackliche Eigenheit „gerade in einer Welt, in der die Dinge immer gleicher werden.“ Insofern sind Slogans wie „charaktervoll“ (Fiege) und „Persönlichkeit“ (Stauder) mehr als Werbung; sie sind Programm. So sind denn auch beide Ruhr-Brauereien Mitglied im Verband „Die freien Brauer“. Da haben sich über 30 Privatbrauereien zusammengetan, um ihr gemeinsames Ziel zu befördern: unabhängig zu bleiben und den eigenen Charakter zu pflegen. Ein gutes Produkt, gelungenes Marketing allein aber schützen vor Übernahme nicht. Es muß wohl ein gewisser Eigen-

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