RECKLINGHAUSEN-SPEZIAL
RECKLINGHAUSEN-SPEZIAL
In RE steckt ein guter Kern
Etwas anders Ricoldinchuson. Hätten Sie’s erkannt? So hieß Recklinghausen vor tausend Jahren, als es zum ersten Mal schriftlich erwähnt wurde. Wir haben es also mit einem weiteren Beweis dafür zu tun, dass das Ruhrgebiet auf eine lange Geschichte zurückblicken kann. Und in der „etwas anderen Stadt“ Recklinghausen kann man das noch heute spüren.
— Alt und neu kann auch gut zusammenpassen: Eines der vielen Türmchen Recklinghausens spiegelt sich in der Fassade eines modernen Gebäudes.
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Ruhr Revue
Der Ursprung Recklinghausens liegt sogar noch weiter zurück als tausend Jahre: Schon zur Zeit Karls des Großen existierte dort eine befestigte Anlage. In deren Schutz entstand eine Siedlung, die auf einer Urkunde von 1017 zum ersten Mal als „Ricoldinchuson“ erwähnt wird, was auf den Vornamen Richold zurückgehen soll. Sie wuchs schon im Mittelalter zu einem – seit 1179 ummauerten – Städtchen heran, zum Handelszentrum und Mittelpunkt des „Vests Recklinghausen“ (siehe S. 37). Politisch gehörte sie zum Kurfürstentum des Kölner Erzbischofs. Das hört sich beschaulich an, war es aber nicht: Die Gegend war immer mittendrin, wenn es Streit gab. Ob es um Zwist mit den Nachbarn auf Strünkede (Herne) ging oder um den europaweiten Dreißigjährigen Krieg: Fremde Soldaten machten sich oft in Recklinghausen breit, und das schadete dem Wohlergehen der Stadt. Nach dem Ende des alten deutschen Reiches kamen Vest und Stadt über kurze Umwege 1815 an Preußen. In der neugeordneten Verwaltung entstanden gewissermaßen drei Recklinghausens: der Kreis, die Stadt mit wenig mehr Ausdehnung als im Mittelalter – und die Landbürgermeisterei, die schon in etwa die heutigen Vororte der Großstadt umfasste. 1926 wurden sie dann eingemeindet. 1949 stieg Recklinghausen mit 100.000 Einwohnern zur
Großstadt auf und wuchs bis 1962 (Maximum: 131.569) weiter. Bei der Gebietsreform der Siebziger kriegte die Stadt nichts mehr ab. Aber im Gegensatz zu vielen anderen verlor und verliert sie kaum Einwohner: Es sind noch heute fast 122.000.
| Mit Klärchen fing es an 1871 waren es noch knapp 5000. Diese Zahl verzehnfachte sich, noch ehe die Eingemeindungen einen Sprung auf 90.000 brachten. Grund für dieses Wachstum war der Bergbau. Vergleichsweise spät kam er, von Süden her: Von 1866 an wuchs nördlich der Emscher die Zeche „Clerget“ einer belgischen Gesellschaft. Man nannte sie „Klärchen“, später wurde daraus „Recklinghausen“. In den 70-er Jahren folgten „König Ludwig“ und „General Blumenthal“. Vergleichsweise früh begann dann schon der Abschied vom Bergbau: 1965 dankte „König Ludwig“ ab; 1974 endete die Förderung auf „Recklinghausen“. Es blieb nur der „General“. Mit zwei Schachtanlagen kam er nicht nur über Tage der Altstadt nahe; auch die Folgen des unterirdischen Abbaus waren überall in der Stadt gegenwärtig, obwohl die Kohle seit 1967 viel weiter südlich in Wanne-Eickel auf „Shamrock“ zutage kam. Als die Zeche allerdings 1993 Anstalten machte, unter einem innenstadtnahen Neubaugebiet am „Quellberg“ zu graben,
— Kirch- und viele andere Türme, anheimelndes Fachwerk und belebte Einkaufsstraßen rund um den Markt: Bilder aus Recklinghausens Altstadt
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