DUISBURG-SPEZIAL
DUISBURG-SPEZIAL
Kulturstadt Duisburg
Kunst, Oper Ballett und Mercator
Ein Merkmal des Kulturhauptstadtjahrs war, dass viel mehr Ruhrmenschen als zuvor kulturelle Angebote anderer Städte als der eigenen wahrnahmen. Das haben die 2010-Macher aus den Statistiken herausgelesen, und es ist ein schöner Erfolg. So soll es bleiben, und deshalb zeigen wir in einer Reihe noch einmal, was die Ruhrstädte kulturell zu bieten haben. Local Heroes Reloaded sozusagen. Den Anfang macht eine der großen Städte, und aus gegebenem Anlass ist es Duisburg.
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Ruhr Revue
— Norman Fosters Glashaus an der Mülheimer Straße (links) gehört längst zum Bild der modernen Kulturstadt Duisburg. Die Erweiterung des Museums Küppersmühle im Innenhafen (oben) stockt, weil der links im Bild zu sehende „Schuhschachtel“-Quader noch nicht auf das Dach der alten Mühle gehievt werden konnte.
Anlass ist, dass noch immer und in den kommenden Wochen sicher erst recht Duisburg unentrinnbar verbunden ist mit der „Loveparade“. Bald ist es ein Jahr her, dass am 24. Juli bei der Techno-Party auf dem alten Duisburger Güterbahnhof 21 Menschen zu Tode gequetscht wurden. Die Planung war hirnrissig; Veranstalter und Verwalter haben versagt, und leider hat die Stadtspitze bis heute keinen Weg gefunden, sich ihrer Verantwortung angemessen zu stellen. Die Stadt ist seltsam gelähmt. Auswärtige Medien gossen auch noch Kübel von Spott über gernegroße, unfähige Provinzler in ihrer schäbigen Kohlenpottstadt. Das ist höchst ungerecht. Die elende Loveparade haben schließlich viele um fast jeden Preis 2010 im Ruhrgebiet haben wollen. Die Opfer des Spektakels dürfen nicht vergessen werden; Verantwortung muss geklärt werden. Aber Duisburg darf und soll man nun auch wieder anders wahrnehmen: als die interessante Stadt, die sie ist. „Drei gute Gründe für Duisburg“ heißt es etwas betulich auf einer Website, aber es stimmt schon: Drei hervorragende Museen für moderne Kunst in unmittelbarer Nachbarschaft, das ist etwas Besonderes, das sind wirklich gute Gründe, Duisburg zu besuchen und die Stadt eine „Kulturstadt“ zu nennen. Am Anfang, natürlich, steht Lehmbruck. 1881 in Meiderich als Bergarbeitersohn geboren, wurde Wilhelm
jüngeren Sohn des Künstlers, und 1964 eröffnet; 1987 folgte ein Anbau. Noch heute fasziniert besonders der Trakt, den Manfred Lehmbruck 1964 für die Arbeiten seines Vaters konzipierte: wie in den Boden geduckt und doch licht, mit fließenden Übergängen zwischen Innen und Außen.
| Die Welt kennt die Kniende — Im Innern beherbergt die Küppersmühle große Kunst, auch jetzt trotz Baustelle zu sehen.
Lehmbruck zu einem der großen Bildhauer des 20. Jahrhunderts, ehe er trotz früher Erfolge als 38-Jähriger, vom Krieg Verstörter, seinem Leben ein Ende setzte. Zwar gehörte Meiderich 1881 noch nicht zu Duisburg, und Wilhelm Lehmbruck zog nach dem Studium an der Düsseldorfer Akademie schon 1910 nach Paris, dann kriegsbedingt nach Zürich, schließlich Berlin. Doch das neue Duisburger Kunstmuseum behielt den Sohn der Stadt (Eingemeindung Meiderichs: 1905) im Auge und begann sehr früh, seine Arbeiten zu sammeln. Lehmbruck ist übrigens auch in Duisburg begraben. Nach dem Krieg beschloss die mitten im Stahl- und Kohleboom steckende Stadt, Lehmbruck ein neues Museum zu widmen, ein Haus der modernen Skulptur mit seinem Werk im Mittelpunkt. Es wurde von Manfred Lehmbruck entworfen, dem
Die Qualität der Sammlung, der Wechselausstellungen und der Architektur haben das Museum und Duisburg als Kunst-Ort weltweit bekannt gemacht. Neulich noch, erzählt Museumsdirektor Raimund Stecker, habe er das in New York erlebt: „Der Chef der Metropolitan Opera weiß, wo Duisburg ist – weil er weiß, wo die Kniende steht.“ Die „Kniende“ ist der Star des Hauses, sogar Teil des Museumslogos. Sie wird in diesem Jahr mit einer eigenen Ausstellung gefeiert (Seite 41), weil sie Geburtstag hat: 1911 entstand in Paris der Ur-Gipsguss (unser Titelbild). Als ein Bronzeguss der Knienden 1925 im Park vor der Tonhalle aufgestellt wurde, empörten sich die braven Bürger noch; 1927 gab es sogar ein Attentat auf die Figur. Solche Kämpfe gibt es bis heute (Seite 26), aber die „Kniende“ steht längst darüber. Das zweite Duisburger Kunstmuseum folgte 1999. Die Initiative kam vom Duisburger Immobilienunternehmer Hans Grothe, der ein Haus für seine große Sammlung mit Arbeiten von Beuys, Richter,
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