S-BAHN-GEMEINDEN
Sonnabend
29. Mai 2010
MENSCHEN UND IHRE GÄRTEN: BIRGIT VOGT AUS MÜHLENBECK
Freude am Gärtnern OBERHAVEL/OSTPRIGNITZRUPPIN (pw) Im Rahmen unserer Serie „Menschen und ihre Gärten“ ermöglichen uns leidenschaftliche Gartenliebhaber und Pflanzenfreunde Einblicke nicht nur in ihr Gartenreich, sondern auch in ihr Leben. Von April bis Oktober werden sieben Privatgärten vorgestellt. Bei unseren diesjährigen Gartenführungen besuchen wir Mühlenbeck, Linum und Sommerfeld. Sicher hat sich das Stammpublikum von „Menschen und ihre Gärten“ diese Termine längst notiert. Der Eintritt in alle Gärten ist kostenlos. Wenn Sie sich, liebe Leserin und lieber Leser, ebenfalls an unserer Serie beteiligen wollen, melden Sie sich bei uns oder machen Sie Vorschläge, wenn Sie außergewöhnliche, bezaubernde, naturnahe oder auch einfach liebevoll gestaltete Anlagen in den Altkreisen Oranienburg, Gransee oder Neuruppin kennen. ■
Kontakt: Oranienburger Generalanzeiger Lehnitzstraße 13 16 515 Oranienburg Jürgen Liebezeit ✆ (0 33 01) 59 63 37 Petra Wolf ✆ (03 30 56) 74 489
Angeregt durch Freunde hat Birgit Vogt vor knapp zwei Jahren ihren Bibelgarten angelegt, der auch ein Garten für die Sinne ist.
Durch den Mühlenbecker Garten fließt die „Quelle des Lebens“, ein Fluss mit einem Bett aus Feldsteinen. Fotos (9): Wolf
Bibel-Pflanzen im Labyrinth des Lebens Birgit Vogt hat in ihrem Garten die christliche Geschichte erlebbar gemacht Von Petra Wolf
In DeutschMÜHLENBECK land gibt es mehr als 90 Bibelgärten. Es sind Themengärten, die in der Bibel vorkommende Pflanzen zeigen. Angeregt durch Freunde hatte vor knapp zwei Jahren auch Birgit Vogt diese Idee. Mit der Anlage ihres Gartens verfolgt die Mühlenbeckerin kein rein botanisches Interesse, sondern sie ermöglicht den Besuchern die Veranschaulichung biblischer Inhalte. Die Pflanzen erinnern an Gleichnisse und Geschichten. Kombiniert mit Symbolen wie Mosaike, Plastiken oder verschiedene Raumformen eröffnet der etwa 600 Quadratmeter große Garten einen ungewohnten Zugang zur Bibel. Auch, wer sich weniger für das „Buch der Bücher“ interessiert, wird viel Überraschendes in diesem „Labyrinth des Lebens“ finden. ■
Das Projekt wurde auch ein wenig aus der Not geboren. „Vor zwei Jahren wurde mein Mann sehr krank und konnte diesen Teil unseres Gartens nicht mehr bewirtschaften“, erzählt Birgit Vogt. Vielleicht aber hänge es auch mit dem Alter zusammen, überlegt die bald 53-Jährige, dass man noch einmal etwas ganz anderes machen möchte. Völlig abwegig ist die Themenwahl für ihren Garten nicht. Birgit Vogt ist Religionspädagogin und arbeitet mit Frauen und Senioren im Kirchenkreis Berlin Nord-Ost. Die halbe Stelle gibt ihr Zeit und Spielraum für die Gestaltung ihres Gartens. „Doch dass es solche Ausmaße an Kraft und Finanzen annehmen würde, habe ich nicht gedacht“, sagt sie rückblickend. Alles hat ihre Familie bisher privat finanziert. An Ideen mangelt es der schmalen, zarten Frau nicht. „Ich könn-
Gleichnisse und Sinnsprüche hat Birgit Vogt mit Bibelpflanzen, Plastiken und Gartenräumen kombiniert. te noch viel größere Flächen gestalten“, ist Birgit Vogt überzeugt. Nur das Umsetzen ist mitunter etwas schwierig, auch wenn sie tatkräftige Unterstützung durch ihren Mann erhält. Die Liebe zum Detail ist in diesem Garten deutlich zu erkennen, auch wenn sich viel-
leicht nicht alles dem Besucher sofort erschließt. Das muss es auch nicht, denn ihre Gäste sollen aus dem Überangebot aus Geschichten und Deutungen auswählen und auch gern etwas „Seinlassen“, auch wenn es vielen schwer fällt, wie die Religionspädagogin beobachtet
hat. „Weniger ist oft mehr“, heißt es daher auch beim Eintritt in den Garten. Birgit Vogt legt großen Wert auf die Feststellung, dass sie die biblische Geschichte nicht deute, sondern lediglich versucht habe, sie darzustellen. Wer sie nicht kennt, kann sie hier auf intime, fast kindlich-naive Art kennenlernen. Aber auch wer sich gar nicht für den christlichen Glauben interessiert, wird in dem „Garten der Sinne“ Ruhe und Entspannung finden – vielleicht verbunden mit ein bisschen Wellness. Denn Birgit Vogt ist auch ausgebildete Entspannungstherapeutin. Bisher haben vor allem Kinder- und Seniorengruppen den Garten besucht. Birgit Vogt liegt viel daran, Generationen zusammenzubringen und möchte daher regelmäßige Familientage anbieten. „Seitdem ich selbst Enkelkinder habe, finde ich es schön,
wenn die verschiedenen Generationen was zusammen machen.“ Eine gute Idee, denn im Mühlenbecker „Labyrinth des Lebens“ können selbst Erwachsene noch einmal richtig Kind sein.
Führung in Mühlenbeck Die erste Gartenführung dieses Jahres findet am Sonnabend, 12. Juni, in Mühlenbeck statt. Von 10 bis 16 Uhr führt Birgit Vogt durch das „Labyrinth des Lebens“. Der Bibelgarten liegt unweit der S-Bahn-Station Mühlenbeck/Mönchmühle (S 8) und ist von dort in etwa fünf Minuten Fußweg zu erreichen. Der Eintritt ist frei. Der Garten befindet sich an der Kastanienallee 10 in Mühlenbeck. (pw)
Von der Geburt bis zum Abschied Ein kleiner Garten-Rundgang: Die Stationen des Lebens / Essbares darf unterwegs auch gekostet werden
„Dreifaltiger“ Apfel.
MÜHLENBECK (pw) „Möge ein Engel dir den Weg weisen und dich behüten!“, ist beim Eintritt in den Garten zu lesen. Wir folgen der Einladung des Engels und beginnen in der „Geburtshöhle“, in der ein lauter Herzschlag zu hören ist. Noch abge■
Der Apfelbaum in der Bibel MÜHLENBECK An vielen Stellen in der Bibel sind auch Pflanzen beschrieben oder spielen in der Handlung eine oft symbolische Rolle. Hier ein Beispiel für den Apfelbaum: „Wer ist sie, die da heraufkommt aus der Wüste, an ihren Geliebten gelehnt? Unter dem Apfelbaum habe ich dich geweckt, dort empfing dich deine Mutter, dort empfing sie dich, die dich gebar.“ (Hoheslied, Kapitel 8) ■
schieden vom Lebenstrubel fühlt man sich hier ruhig und geborgen. „Einmal saß hier eine Frau ganz besonders lange und meinte, sie könne sich erinnern“, erzählt Birgit Vogt. Die Höhle kann man durch den „Geburtskanal“ hindurchkrabbeln oder ge-
Nächster Termin OBERHAVEL/OSTPRIGNITZRUPPIN (pw) Auf südländisches Flair mitten im Ruppiner Land dürfen wir bei unserem nächsten Gartentreffpunkt gespannt sein. Am Sonnabend, 26. Juni, stellen wir in unserer Serie „Menschen und ihre Gärten“ den mediterranen Garten von Reinhard Kaulfuß in Linum vor. Eine Woche später, am 3. Juli, können dort unsere Leserinnen und Leser von 11 bis 18 Uhr unter Orangen, Zypressen und Palmen lustwandeln und dabei die bekannten Linumer Störche beobachten. ■
Ein Engel am Eingang weist den Weg in den Bibelgarten
radeaus den „Kaiserschnitt“ wählen. Wir entscheiden uns für die schnellere Variante und begeben uns auf den Weg der Kindheit und der Jugend. Den Pfad säumen viele essbare Pflanzen, vor allem Beerenobst, aber auch Giersch und Brennnesseln. „Von allem Essbaren im Garten darf auch gekostet werden“, betont die Mühlenbeckerin. Plötzlich stehen wir vor einem großen Spiegel und lesen: „Du bist einzigartig, kostbar, von Gott geliebt!“ Das hat eine überraschende Wirkung, denn es ist nicht ganz einfach auszuhalten, diese Botschaft zu lesen und gleichzeitig auf sein Antlitz zu stoßen. Ich komme ins Grübeln, doch nur für kurze Zeit, denn das Spiegellabyrinth zeigt mich wieder von einer ganz anderen Seite. Wir machen Station im Schloss der Königin Ester, der jüdischen Gemahlin des persischen Königs Xerxes. Ihr weißes Bett ist in Schleier gehüllt und von Rosengirlanden umgeben. Ich werde an das orange Bett mit blauer Matratze im Gartenzimmer „Traum“ auf der Landesgartenschau in Oranienburg erinnert. Birgit Vogt gibt gern zu, die Anregung von dort mit in ihren Garten genommen zu haben. Im Juni werden die ersten roten Rosen rings um das Schloss der Königin erblühen. Im Zentrum des Gartens – dem Paradies– wachsen ausschließlich weiß blühende Pflanzen: Flieder, Deutzie,
Lesestein der anderen Art.
Letzte Frühlingsgrüße.
Symbol für Geborgenheit.
Buddleja, Hortensie, Traubenkirsche und Jasmin. Besonders auf Duftpflanzen hat die Bibelgärtnerin Wert gelegt. Am Fuße der „Quelle des Lebens“, einem Bachlauf aus Feldsteinen, wächst ein „Dreifaltiger Apfelbaum“. Der Stamm trägt drei verschiedene Apfelsorten: Rewena, Relinda und Retima. „Dreifaltig habe ich ihn genannt“, so Birgit Vogt, „denn Christentum, Judentum und Islam haben auch eine Wurzel“. Natürlich darf auch eine Feige nicht fehlen, auch wenn sie noch nicht so richtig austreiben will. Sie ist die erste namentlich erwähnte Pflanze in der Bibel und spielt auch im Paradies eine wichtige Rolle. Aus Feigenblättern fertigten Adam und Eva ihren Lendenschurz. Auch ein Mandelbäumchen gehört in den Garten. „Die Mandel ist in Israel der erste blühende Baum des Jahres“, erklärt Birgit Vogt. Etwa 110 Pflanzen werden in der Bibel genannt, 40 von ihnen sind im Bibelgarten in Mühlenbeck zu finden, als Pflanze oder auch als Samen.
Es gibt auch einen „ParadiesBaum“ mit allzu irdischen Früchten und eine goldene Scheinzypresse, an der nicht alles Gold ist was glänzt. Und fast zum Schluss beim Blick in einen tiefen Brunnen wird man wiederum von seinem Spiegelbild überrascht. So schließt sich der Lebenskreis von der Geburt bis zum Abschied und jeder Besucher wird aus diesem liebevoll gestalteten Garten sicher eine Anregung mit nach Hause nehmen können.
* Jeder erste Sonnabend des Monats ist im Bibelgarten Mühlenbeck Familientag. Ab 11 Uhr lädt Birgit Vogt Kinder, Eltern und Großeltern ein, den Garten zu erkunden. Nach Anmeldung kann der Garten auch gern zu anderen Zeiten besucht werden. Kontakt: Birgit Vogt Kastanienallee 10 16 567 Mühlenbeck ✆ (03 30 56) 222 59
Das Schloss der Königin Ester ist von roten Rosen umrankt.