Menschen und ihre Gärten bei Brunhilde Weissert

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OBERHAVEL

Sonnabend

29. Oktober 2011

MENSCHEN UND IHRE GÄRTEN: BRUNHILDE WEISSERT AUS MÜHLENBECK

Freude am Gärtnern OBERHAVEL/OSTPRIGNITZRUPPIN (pw) Bei „Menschen und ihre Gärten“ ermöglichen uns leidenschaftliche Gartenliebhaber und Pflanzenfreunde Einblicke nicht nur in ihr Gartenreich, sondern auch in ihr Leben. Von April bis Oktober werden Privatgärten und ihre Besitzer vorgestellt. Wenn Sie sich, liebe Leserin und lieber Leser, ebenfalls an unserer Serie beteiligen wollen, melden Sie sich bei uns oder machen Sie Vorschläge, wenn Sie außergewöhnliche, bezaubernde, naturnahe oder auch einfach liebevoll gestaltete Anlagen in den Altkreisen Oranienburg, Gransee oder Neuruppin kennen. ■

Kontakt: Oranienburger Generalanzeiger Lehnitzstraße 13 16 515 Oranienburg Jürgen Liebezeit ✆ (0 33 01) 59 63 37 Petra Wolf ✆ (03 30 56) 7 44 89

Lorbeer mag es nicht zu hell MÜHLENBECK (pw) Brunhilde Weissert hat ein Lorbeerbäumchen als Kübelpflanze in ihrem Garten zu stehen. Zwar bevorzugt die Pflanze einen hellen Standort, sollte aber nicht zu sehr der Sonne ausgesetzt sein, wie die Gärtnerin beobachtet hat. „Steht der Lorbeer zu sonnig, färben sich seine ursprünglich dunkelgrünen Blätter hellgrün.“ ■

Weitläufige Schönheit: Der 3 600 Quadratmeter große Garten erstreckt sich bis zum Tegeler Fließ, das die natürliche Grenze des Grundstücks bildet.

Fotos (7): Wolf

Farbenfroher Herbst Magische Abende zwischen Stauden und Steinen Von Petra Wolf

MÜHLENBECK Die Gartenleidenschaft wurde Brunhilde Weissert nicht in die Wiege gelegt, sondern hat sich erst im Laufe ihres Lebens entwickelt. Vor 24 Jahren zog sie in ihr Haus in Mühlenbeck. Der dazugehörige 3 600 Quadratmeter große Garten verwandelte sich mit der Zeit in einen romantischen Naturpark, wie die Mühlenbeckerin ihn selbst bezeichnet. Brunhilde Weisserts Herbstparadies ist der letzte Garten, den wir in unserer Serie „Menschen und ihre Gärten“ in diesem Jahr vorstellen. Der Herbst hat Einzug gehalten und macht diesen Garten besonders prachtvoll. Hier scheinen sich sämtliche Herbstschönheiten versammelt zu haben. Viel Herbstastern lassen mit Tausenden von Blütensternen das Gartenjahr ausklingen. Sie leuchten auf hohen und niedrigen Stielen in Weiß, Violett, Rosa und Karminrot, dazwischen stehen gelbe Sonnenhüte und zarte Gräser. Wilder Wein, auch Jungfernrebe genannt, hat den Garten erobert und darf sich auf Zäunen und Gehölzen ausbreiten. Das Schönste an diesem sommergrünen Klettergewächs ist die leuchtend rote Herbstfärbung der gelappten Blätter. Überall finden sich kleine und große Steine. Alle haben ihre Geschichte. Manche Feldsteine fanden in der Satteltasche des Fahrrads den Weg in den Garten, wenn Brunhilde Weissert mal wieder auf Tour in der Umge■

bung war. In Betonsteine, die noch von den Bauarbeiten am Haus stammen, hat die Mühlenbeckerin Gesichter hineingemeißelt. So ist auch Theodrich entstanden – der strenge Gartenwächter. Dass sie nicht nur ein gärtnerisches, sondern auch ein künstlerisches Händchen hat, beweisen die vielen Objekte in ihrem Garten. Da ist zum Beispiel die alte Kabeltrommel. Sie wurde kurzerhand zu einem Kunstobjekt umfunktioniert – versehen mit alten Isolatoren, einem trockenen Ast und einem dicken Tau – ein Fundobjekt vom Strand in Südengland. „Das habe ich Miro nachempfunden“, sagt Brunhilde Weissert. Vor Jahren hat sie das Museum des katalanischen Malers und Bildhauers auf Mallorca besucht. Angetan hatte es ihr auch ein alter Hydrant, der schon zu DDRZeiten auf der Schuttkippe in der Nähe ihres Grundstücks

Fundstück: der alte Hydrant.

Kunstobjekt: Kabeltrommel. lag. Nun steht er in ihrem Garten. Das schöne gusseiserne Stück hat nicht nur Patina angesetzt, sondern wird von zartem Immergrün umrankt. In einer Gartenecke hängt eine alte Lederjacke. „Die stammt aus meiner Motorrollerzeit vor über 50 Jahren“, lacht Brunhilde Weissert. Man kann sie sich in der Jacke noch heute gut vorstellen, denn sie würde der zarten, schmalen Frau noch immer passen. Die Gärtnerin holt auch Pflanzen aus der Umgebung in ihren Garten, beziehungsweise lässt sie dort wachsen, wenn sie sich von allein angesiedelt haben. „Man sollte seinen Garten ein bisschen der Umgebung anpassen“, ist sie überzeugt. Blauschwingel-Gras, Blauer Natternkopf oder Schafgarbe dürfen auf der Wiese stehen bleiben. Auffallend viele Birken wachsen auf dem großen

Gartengrundstück – ein Baum, den Brunhilde Weissert besonders mag, vor allem die Hängebirken, deren Zweige wie lange Schleppen herunterhängen. „Die Birke am Ende des Grundstücks war der erste Baum, den ich hier gepflanzt habe“, erzählt die 74-Jährige. Das war die Zeit, als sie sich noch einen Weg durch Goldrute, Beifuß und Brennnessel bahnen musste, um zum Tegeler Fließ zu gelangen. Das Fließ bildet die natürliche Grenze des Gartens. Von hier genießt die Mühlenbeckerin den Blick in die offene Feldflur, auch wenn seit einigen Jahren die Häuser des Wohngebietes „Mühlenfeld“ die schöne Aussicht etwas beeinträchtigen. Zwar habe die Vogelvielfalt seit der Bebauung abgenommen, meint Brunhilde Weissert, dafür kämen aber nun keine Wildschweine mehr in ihren Garten. Doch es gibt noch viele Tiere, die sie an lauen Sommerabenden beobachten kann. Specht „Ruprecht“ hat den alten Pflaumenbaum zu seiner Spechtschmiede erkoren. In das Holz hat er Löcher gehämmert, in die er einen Zapfen einklemmt und ihn so lange bearbeitet, bis er an die Samen gelangt. Igel und Marder besuchen den Garten, Fledermäuse huschen lautlos hin und her und auch ein Fuchs lässt sich ab und an sehen. Das sind die „magischen Abende“, an denen Brunhilde Weissert in ihrem Liegestuhl liegt, auf den ersten Stern wartet, dem Gesang der Nachtigall zuhört und die Strophen ihres Liedes zählt.

Romantisch: die Zweige der Hängebirken.

Blütensterne: Mit Herbstastern klingt das Gartenjahr farbig aus.

Ein Recht auf Langsamkeit Im Einklang mit der Natur leben / 20 Jahre lang betreute die Mühlenbeckerin den Schulgarten Sattgrün: Frauenmantel.

Frauenmantel blüht herbstlich MÜHLENBECK (pw) Im Garten von Brunhilde Weissert schmückt der Frauenmantel auch im Herbst mit seinen frischgrünen Blättern die Staudenbeete. Sogar die eine oder andere Blüte ist zu sehen. „Nach der ersten Blüte sollte die Pflanze immer komplett bis auf den Grund zurückgeschnitten werden“, empfiehlt die Mühlenbeckerin. „Dann sehen die Blätter sogar im Winter noch gut aus.“ ■

MÜHLENBECK (pw) Von 1960 bis 1992 war Brunhilde Weissert Lehrerin für Deutsch und Mathematik an der Mühlenbecker Grundschule. „Doch erst seit ich hier meine Ranch habe, fühle ich mich in Mühlenbeck wirklich zu Hause“, betont sie. Zunächst hatten sie und ihr Mann ein Wochenengrundstück in der Nähe von Rheinsberg. Später dann pflegten sie eine Fläche neben dem ehemaligen Schulgarten in Mühlenbeck. Das war naheliegend, denn Brunhilde Weissert hat fast 20 Jahre den Schulgarten betreut. An diese Zeit erinnert sie sich gern. Der Schulgarten befand sich auf dem heutigen Parkplatz von „Edeka“. Brunhilde ■

Weissert bekam den Auftrag, auf dem damals verwilderten Gelände einen Garten für den Unterricht anzulegen. Schulgartenunterricht wurde zu Beginn der siebziger Jahre als reguläres Fach für die ersten bis vierten Klassen eingeführt – zwei Stunden pro Woche. Ein Fachberater stand ihr zur Seite. Mit ihm zusammen plante und entwickelte sie das Gelände. Sie erinnert sich noch genau an seine Worte: „Und wenn das hier fertig ist, sitzt du auf deinem Thron und betrachtest dein Lebenswerk.“ Brunhilde Weissert hält den Schulgartenunterricht noch heute für eine wertund sinnvolle Aufgabe. „Die Schüler haben gelernt, Gartenarbeit zu achten. Die erste

Klasse fing mit Steckzwiebeln an. Wenn die nach den Ferien groß und dick waren, wurden sie für wenig Geld von den Schülern im Dorf verkauft oder für die Eltern

mit nach Hause genommen.“ Ähnlich war es mit Möhren oder Bohnen. Die Kinder lernten, wie ein Komposthaufen angelegt wird und Heckensträucher aus Steck-

Pracht: Aus Herbstastern lassen sich tolle Sträuße zaubern.

lingen gezogen werden. Auch Bodenproben wurden analysiert. Mit der Wende kam das Aus für den Schulgarten und das Ende für das „Lebenswerk“ der Lehrerin. Mit 55 Jahren konnte Brunhilde Weissert in den Vorruhestand gehen und sich nun mit ihrem Mann Erbo, der vor sieben Jahren verstorben ist, mehr um den eigenen Garten kümmern. „Das war ein Glück. So hatte ich ein neues Lebenswerk gefunden.“ Der Garten war neben der klassischen Musik und dem Reisen das große gemeinsame Hobby des Ehepaars. Das Reisen hat die 74-Jährige nicht aufgegeben. Sie war in Island, in Südafrika und Peru. Ihre Reisebegleite-

rinnen sind meistens wesentlich jünger als sie. „In meinem Alter finde ich niemanden mehr, der mit mir was unternimmt“, sagt die sportliche Frau fast entschuldigend. Trotzdem sie so agil ist, nimmt sie für sich inzwischen das „Recht auf Langsamkeit“ in Anspruch. Um das zu unterstreichen und sich mitunter selbst daran zu erinnern, hat sie ihre Zimmerpflanzen mit Schneckenhäusern verziert, die sie in ihrem Garten gefunden hat. Brunhilde Weissert ist zufrieden mit ihrem Leben. Am schönsten ist es für sie, in der Natur zu sein – an einem See in der Uckermark oder im eigenen Gartenreich. „Dann bin ich mit mir voll und ganz im Einklang.“


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