machina CITREA
Ein möglicher Bautypus fĂŒr die Zukunft
Thesisbuch
FrĂŒhlingssemester 2023
Von Stefanie Hug
2 machina CITREA
Das vorliegende Thesisbuch verbindet das Thesisprojekt mit der theoretischen AnnĂ€herung an die Thematik «Keeping whatâs good». Im Zentrum steht dabei die Umnutzung und Weiterentwicklung des Areals der ehemaligen Gelatinefabrik in Winterthur GrĂŒze. Das Thesisbuch befasst sich mit der Kreation eines möglichen Zukunftsbildes der Garten- sowie der Industriestadt. Die Themen Stadt und Dichte, Industrie und Nachhaltigkeit, Arbeiten und Wohnen stehen dabei im Fokus und sind eng miteinander verwoben. Dabei untersucht die Arbeit die Entwicklung eines neuen Bautypus mit Schwerpunkt auf dem GrĂŒze Areal. Der stetige Bevölkerungsanstieg und die Urbanisierung in Winterthur erfordern innovative AnsĂ€tze fĂŒr eine nachhaltige Stadtentwicklung.
Die Studie beginnt mit der Analyse des historischen Kontextes der Gelatinefabrik. Des Weiteren werden die heutigen Herausforderungen des Klimawandels und die Notwendigkeit zukunftsorientierte Lösungen untersucht. Wie viele andere StĂ€dte in der Schweiz ist auch Winterthur von steigenden Temperaturen und dem Weichen von GrĂŒnflĂ€chen infolge der immer dichter werdenden gebauten Umwelt betroffen. Um diesen Problemen entgegenzuwirken hat die Stadt einen Rahmenplan entwickelt, der eine hohe LebensqualitĂ€t der Winterthurer gewĂ€hrleistet. DarĂŒber hinaus spielt das vom Bund propagierte Konzept der 2000-Watt-Gesellschaft eine wichtige Rolle. Die Arbeit unterstreicht die Bedeutung einer gemischten Nutzung, einschliesslich von Industrie- und Wohngebieten, bei der Entwicklung von neuen Quartieren. Das Konzept der Gartenstadt, das ein harmonisches VerhĂ€ltnis zwischen Wohnen, Arbeiten und Freizeit betont, dient als Inspiration fĂŒr die Neugestaltung. Durch die Kombination von historischen Erkenntnissen, klimatischen Ăberlegungen und stĂ€dtebaulichen Strategien wird mit dieser Arbeit ein neuer Bautypus fĂŒr Winterthur manifestiert. Die Typologie zielt darauf ab, eine nachhaltige Umgebung zu schaffen, die die Industrie miteinbezieht, den sozialen Austausch fördert und den Herausforderungen des Klimawandels begegnen kann. Das Projekt, eng verknĂŒpft und in einer Wechselwirkung mit dem Thesisbuch, soll neue Konzepte und Denkweisen aufzeigen und einen Prototyp, ein neues StĂŒck Stadt, ein Zukunftsbild formen.
3 Ein möglicher Bautypus fĂŒr die Zukunft Abstract
Thesisbuch FrĂŒhlingssemester 2023
machina CITREA
Ein möglicher Bautypus fĂŒr die Zukunft
Verfasser
Stefanie Hug
HochrĂŒtistrasse 28
6005 Luzern
Begleitung Thesisbuch
Prof. Johannes KĂ€ferstein
Begleitung Thesisprojekt
Prof. Dr. Oliver Dufner
Buchdruck
Gegendruck GmbH
Neustadtstrasse 26
6003 Luzern
Buchbinder
Gegendruck GmbH
Neustadtstrasse 26
6003 Luzern
Lucerne University of Applied Sciences and Arts
HOCHSCHULE LUZERN
Technik & Architektur
Technikumstrasse 21
6048 Horw
Master in Architektur
FrĂŒhlingssemester 2023
Datum: 13.06.2023
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5 Ein möglicher Bautypus fĂŒr die Zukunft INHALT 1 PROLOG 8 2 D IE STADT IN BEWEGUNG 1 6 2.1 D as Klima verĂ€ndert sich 19 2.2 D ie Schwierigkeit neuer Stadtzentren 24 2.3 D as Leben im Industriezeitalter 26 2.4 I m Umgang mit bestehenden Strukturen 3 4 2.5 Eine neue Herangehensweise 4 0 3 E IN BAUTYPUS FĂR DIE ZUKUNFT 4 2 3.1 D ie neue Dichte 49 3.2 D er Low-Tech Gedanke 6 8 3.3 D er Aufbruch in die Vertikal-Produktion 8 2 3.4 D as Wohnen nach Jahreszeiten 97 3.5 D ie Wahrung der IdentitĂ€t 113 4 EPILOG 122 5 LITERATURVERZEICHNIS 130 6 ABBILDUNGSVERZEICHNIS 134 7 REDLICHKEITSERKLĂRUNG 140
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Das Thesisbuch verbunden mit dem Thesisprojekt soll als Manifest verstanden werden. Die Arbeit verfolgt das Ziel, einen neuen Bautypus fĂŒr die Stadt Winterthur zu entwickeln, der eine nachhaltige Stadtentwicklung unterstĂŒtzt. Dabei geht es um die Themen Stadt und Dichte, Industrie und Nachhaltigkeit sowie Arbeiten und Wohnen. Die theoretische sowie die praktische Arbeit sollen neue Denkanstösse beim Bauen und Gestalten von neuen Quartieren liefern. Neue Erkenntnisse fĂŒr Architekten, Stadtplaner und politische EntscheidungstrĂ€ger sollen mit dieser Arbeit hinterlassen werden.
7 Ein möglicher Bautypus fĂŒr die Zukunft
IPROLOG
1
PROLOG
FĂ€hrt man mit dem Zug in Winterthur ein, erlebt man ĂŒber lĂ€ngere Strecke dasselbe Bild â neben den Geleisen reihen sich die Industriebauten. Dies ist das prĂ€gende Bild der sechstgrössten Stadt der Schweiz und der zweitgrössten im Kanton ZĂŒrich. Der Bahnhof Winterthur ist mit der fĂŒnfthöchsten Passagierfrequenz der Schweiz einer der wichtigsten. Winterthurs Bevölkerungszahl hat sich seit den 1950er-Jahren bis 2021 auf rund 117â000 Personen verdoppelt. Es ist zu erwarten, dass diese Zahl weiter ansteigt.
Das Quartier GrĂŒze ist ein wichtiger Entwicklungsstandort in der Stadt Winterthur und wird sich in den kommenden Jahren stark verĂ€ndern. Es wird erwartet, dass es zu einem zweiten Zentrum in der Stadt werden wird. Der Eulachpark und die angrenzenden Wohnbauten auf dem ehemaligen IndustriegelĂ€nde der Sulzer AG sind bereits ein Beispiel fĂŒr die VerĂ€nderungen im Gebiet. Auch die geplante BusbrĂŒcke wird die Bedeutung des Quartiers fĂŒr die Stadtentwicklung weiter erhöhen. Im offiziellen Stadtentwicklungskonzept Winterthur 2040 wird das Gebiet GrĂŒze Plus als einer von sechs SchwerpunktrĂ€umen fĂŒr die zukĂŒnftige Entwicklung der Stadt definiert. Die Stadt plant, das Wachstum auf das «urbane RĂŒckgrat» von Töss bis nach Oberwinterthur zu konzentrieren. 1
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1
FH Zentralschweiz 2023, S. 65â69
11 Ein möglicher Bautypus fĂŒr die Zukunft
Abb. 1. Blick auf den Bahnhof GrĂŒze um 1895.
Der öffentliche Gestaltungsplan «Umfeld GrĂŒze» legt schliesslich die Rahmenbedingungen fĂŒr die Entwicklung des Bahnhofs GrĂŒze fest, der in Zukunft der zweitwichtigste Bahnhof in Winterthur sein wird. Es wird eine Mischung aus Arbeits- und Wohnnutzung angestrebt. Das Areal der ehemaligen Gelatinefabrik ist ebenfalls von der Bedeutung des Quartiers fĂŒr die Stadtentwicklung betroffen. 2
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Abb. 2. RĂ€umliche Entwicklungsperspektive Gewerbequartier und Bahnhof GrĂŒze fĂŒr Winterthur 2040.
2
Stadt Winterthur 2021, S. 20
13 Ein möglicher Bautypus fĂŒr die Zukunft
In der NĂ€he des Bahnhofs GrĂŒze entstand gegen Ende des 19. Jahrhunderts ein Industriequartier. Die Gelatinefabrik war die erste Fabrik in diesem Gebiet, die 1874 gegrĂŒndet wurde, um aus Knochen und SchlachtabfĂ€llen Leim, Nahrungsmittel und spĂ€ter Filme herzustellen. Das FabrikgebĂ€ude, der Hochkamin, die Fabrikanten-Villa und die ArbeiterhĂ€user bildeten ein bedeutendes Ensemble fĂŒr die Entwicklung des Quartiers. Die Produktion von Gelatine lief bis in die zweite HĂ€lfte des 20. Jahrhunderts, bis die Produktion aufgrund von VerĂ€nderungen in der Wirtschaft eingestellt werden musste. Heute gehört das Areal der ehemaligen Gelatinefabrik zu den schĂŒtzenswerten Ortsbildern des Bundesinventars. 3
Abb. 3. Arbeiten in der Industriezone GrĂŒze um 1984.
15 Ein möglicher Bautypus fĂŒr die Zukunft
Abb. 4. Das Gelatineareal mit dem Tröcknersaal um 1984.
3 BĂ€rtschi 2011, S. 10â36
I I
DIE STADT IN BEWEGUNGI
STADT BEWEGUNG
2
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2.1 DAS KLIMA VERĂNDERT SICH
Die Folgen des Klimawandels wie wĂ€rmere Sommer, Extremwetterereignisse und Trockenheit belasten auch Winterthur. Das Stadtwachstum und die immer knapper werdenden GrĂŒnflĂ€chen verschĂ€rfen die Situation. Um die LebensqualitĂ€t zu erhalten, ist ein neues stĂ€dtebauliches Denken erforderlich. So stellt sich die Frage, welche Massnahmen erforderlich sind, um Winterthur trotz immer intensiverer Hitzewellen lebenswert zu erhalten. DafĂŒr wurde von der Stadt Winterthur ein Rahmenplan erstellt, welcher umfassende AnsĂ€tze zur Reduzierung von Hitze in der Stadt enthĂ€lt. Dazu gehören die Sicherstellung einer ausreichenden Versorgung mit kĂŒhler Luft, klimafreundliche GebĂ€udegestaltung, die Schaffung von kĂŒhlenden FreiflĂ€chen sowie die Bereitstellung von FlĂ€chen fĂŒr die Versickerung und Speicherung von Wasser. Der Rahmenplan basiert auf dem Grundsatzpapier «Anpassung an den Klimawandel», das vom Bundesamt fĂŒr Umwelt erarbeitet wurde und konkrete Strategien fĂŒr bauliche, gestalterische und rĂ€umliche Aspekte enthĂ€lt. 4
Die bioklimatischen Belastungen bilden die Grundlage fĂŒr die Hotspotanalysen. Sie zeigen Bereiche in der Stadt auf, die besonders stark von hohen Temperaturen belastet sind und wo Handlungsbedarf besteht. Gebiete der Stadt, in denen sich mehrere Kriterien ĂŒberlagern, sind in Farbe hervorgehoben und werden als «thermische Hotspots» bezeichnet. Die Ăberlagerung der verschiedenen Hitzegrade zeigt deutlich, dass insbesondere die Bereiche des urbanen RĂŒckgrats gemĂ€ss der «RĂ€umlichen Entwicklungsperspektive Winterthur 2040» sowie das Quartier Neuwiesen stark von Hitze belastet sind. Besonders ist auf die Tagessituation achtzugeben, denn diese weist Extreme auf. Das Kaltluftsystem, das fĂŒr nĂ€chtliche AbkĂŒhlung sorgt, funktioniert gut und sollte geschĂŒtzt werden. Um die Tagessituation zu verbessern, soll besonderes Augenmerk auf Verschattung und Entsiegelung der Stadt gelegt werden. 5
19 Ein möglicher Bautypus
die Zukunft
fĂŒr
4 Stadt Winterthur 2021, S. 10â11 5 Stadt Winterthur 2021, S. 22
Hitzebelastung am Tag
heute - stark heute - sehr stark heute - extrem
zukĂŒnftig - stĂ€rkste Zunahme
Abb. 08: Ăberlagerung der Kriterien der thermische Hotspots am Tag
Hitzebelastung in der Nacht
heute - mÀssig heute - höhere heute - hoch
50 Hitzetagen pro Jahr abgebildet werden. FĂŒr die Nachtsituation wird die Klimaanalysekarte
men aus der kantonalen Klimaszenarienkarte der de zeigt deutlich, dass vor allem die Bereiche des urbanen RĂŒckgrats gemĂ€ss der RĂ€umlichen Entwicklungsperspektive Winterthur 2040 sowie das Quartier Neuwiesen stark hitzebelastet sind.
tremwerten hervor. Demnach funktioniert das lung verantwortlich ist, gut und muss geschĂŒtzt fiehlt es sich, ein besonderes Augenmerk auf die Verschattung und Entsiegelung der Stadt zu le-
Abb. 09: Ăberlagerung der Kriterien der thermische Hotspots in der Nacht
Abb. 5. Thermische Hotspots in Winterthur bei Tag.
20
Abb. 6. Thermische Hotspots in Winterthur bei Nacht.
22
zukĂŒnftig - stĂ€rkste Zunahme 23
Seit Messbeginn (1864) hat die durchschnittliche Temperatur in der Schweiz um gut zwei Grad zugenommen. Daher ist die Schweiz vom Klimawandel besonders betroffen. Laut Forschern werden die Temperaturen in allen Regionen des Landes in allen Jahreszeiten steigen. In Zukunft wird demnach ein grösserer Teil des Landes den von Palmen gesĂ€umten Seen und dem mediterranen Klima des Kantons Tessin sĂŒdlich der Alpen Ă€hneln. 6 Um dem Klimawandel entgegenzuwirken ist in den 1990er-Jahren als politisches Konzept an der ETH die 2000-Watt-Gesellschaft entstanden. Sie schlĂ€gt vor, den PrimĂ€renergieverbrauch des durchschnittlichen Einwohners der ersten Welt bis zum Jahr 2050 auf maximal 2000 Watt zu reduzieren. Dabei geht es nicht nur um den Energieverbrauch einzelner Personen oder Haushalte, sondern um die Energieversorgung in ihrer Gesamtheit, also auch um Aspekte wie MobilitĂ€t, ErnĂ€hrung sowie um graue Energie. DarĂŒber hinaus soll die Nutzung fossiler EnergietrĂ€ger begrenzt werden, indem die CO2-Emissionen auf maximal eine Tonne pro Person und Jahr reduziert werden. 7 Ein Viertel aller CO2-Emissionen in der Schweiz stammt laut dem Bundesamt fĂŒr Umwelt aus dem GebĂ€udesektor. Neben politischen Massnahmen braucht es ein technologisches Umdenken und Streben nach neuen Lösungen in der Energiebereitstellung, -speicherung und -verwendung. 8 6 SWI 2016 7 BAFU 2023 8 Energie Schweiz 2021
21 Ein möglicher Bautypus fĂŒr die Zukunft
Heute verbraucht der durchschnittliche Schweizer BĂŒrger circa 6000 Watt, wĂ€hrend der weltweite Durchschnitt bei etwa 2500 Watt liegt. Die Stadt Winterthur hat sich am 28. November 2021 deutlich fĂŒr das Klimaziel «Netto-Null Treibhausgasemissionen bis 2040» ausgesprochen. Das ehemalige Gelatine-GelĂ€nde soll im Rahmen dieses Modells entwickelt werden. 9
WĂ€hrend das Ziel fĂŒr unsere Gesellschaft als Ganzes ehrgeizig ist, scheinen die Umsetzung und die Folgen eines nachhaltigeren Ansatzes zur Energieeinsparung im wirklichen Leben oft zu tristen und zu bedeutungslosen Konsequenzen fĂŒr das tĂ€gliche Leben zu fĂŒhren. Anstatt neue oder alternative Formen des Lebens und der Selbstverwirklichung zu schaffen, hat das Umdenken in Sachen Energie zu immer mehr Regeln und Vorschriften gefĂŒhrt, die oft mehr auf das Erreichen bestimmter Zertifikate als auf das Gesamtergebnis ausgerichtet sind.
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Abb. 7. Die AbgasbÀume.
9 Stadt Winterthur 2023
2.2 DIE SCHWIERIGKEIT NEUER STADTZENTREN
Nicht weniger bedeutend zur in der heutigen Zeit omniprĂ€senten Energiefrage fĂŒr eine neue Stadt- und GebĂ€udeentwicklung ist das Thema der dichter werdenden StĂ€dte und deren Nutzungsmischung, welche mit dem sozialen Aspekt verknĂŒpft ist. Die Bevölkerungsszenarien des Bundesamts fĂŒr Statistik zeigen, dass die Bevölkerungszahl in der Schweiz bereits im Jahr 2040 auf 10 Millionen und 2050 auf 10,5 Millionen Menschen ansteigen wird. Auch die Stadt Winterthur rechnet mit einem stetigen Bevölkerungswachstum. 10
Architekt:innen und Stadtplaner:innen beschÀftigen sich seit der Moderne mit der Frage, wie die Stadt der Zukunft aussehen soll und wie dynamische Quartiere statt eintöniger Siedlungen geplant werden können. Leider wurde bei der Umsetzung von durchmischten Quartieren oft das Produktions-Gewerbe vernachlÀssigt oder sogar komplett ausgeschlossen. Das produzierende Gewerbe wurde stattdessen an den Stadtrand verbannt und in reine Gewerbe- und Industriegebiete verlagert, die viele StÀdte in den Aussenbereichen prÀgen. 11 Dieses PhÀnomen findet sich auch in Winterthur. Das Gebiet
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Abb. 8. Entwicklung der stĂ€ndigen Wohnbevölkerung in der Schweiz gemĂ€ss drei Szenarien, 1990â2050.
10 BFS 2022 11 Schaefer 2021, S. 24â25
Abb. 9. VerstÀdterung
weltweit: Anteil der Stadtbevölkerung an der Weltbevölkerung.
GrĂŒze, welches bisher hauptsĂ€chlich von Gewerbe- und Industrienutzungen geprĂ€gt ist und kaum WohnflĂ€chen aufweist, soll zu einem lebendigen und durchmischten Quartier umgestaltet werden. Dabei geht es darum, das Gewerbe nicht erneut zu verdrĂ€ngen und die vermeintlich unschöne Nutzung an andere Orte zu verschieben. Vielmehr soll versucht werden, das Gewerbe attraktiv in den Mix der Nutzung einzubinden und ein Koexistieren zwischen Industrie, Wohnen und Gewerbe zu ermöglichen.
In diesem Kontext könnte das Konzept der Gartenstadt eine Antwort liefern, um eine harmonische Integration von Wohnen und Gewerbe zu erreichen. Die Idee der Gartenstadt entstand Ende des 19. Jahrhunderts als Antwort auf die zunehmende Industrialisierung und die damit verbundenen schlechten Lebensbedingungen in den StĂ€dten. Die Vision war, eine Stadt im GrĂŒnen zu schaffen, in der Wohnen, Arbeiten und Freizeit in einer harmonischen Beziehung zueinanderstehen. Die Gartenstadt-Prinzipien wie eine gute Verkehrsverbindung, grosszĂŒgige GrĂŒnflĂ€chen, bezahlbarer Wohnraum und eine Mischung aus Gewerbe und Wohnen könnten auch in Winterthur angewendet werden, um ein lebenswertes und nachhaltiges Quartier zu schaffen. 12
25 Ein möglicher Bautypus fĂŒr die Zukunft
12 Eugster 2014, S. 22
2.3 DAS LEBEN IM INDUSTRIEZEITALTER
Um 1800 setzte die Winterthurer GrĂŒnderzeit ein. Weil die Fabriken schneller wuchsen als das Wohnungsangebot, herrschte rasch Wohnungsknappheit. Doch die Winterthurer Fabrikbesitzer lernten aus den benachbarten Industrienationen wie Deutschland oder Frankreich. In Mietskasernen herrschte vermehrt soziale Unruhe, und mit oft mangelhaften hygienischen ZustĂ€nden verursachten sie ein gesundheitsschĂ€dliches Wohnklima, was sich schlussendlich schlecht auf das GeschĂ€ft auswirkte. Also bauten die Winterthurer Industriellen nicht nur Fabriken, sondern auch HĂ€user fĂŒr ihre Arbeiter. Diese meist freistehenden DoppeleinfamilienhĂ€user verfĂŒgten ĂŒber kleine NutzgĂ€rten fĂŒr den Anbau von Lebensmitteln zum Eigenbedarf. Dies war die Geburtsstunde der Bezeichnung Winterthurs als «Gartenstadt».
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Dank dem Anschluss ans schweizerische Eisenbahnnetz am 14. Mai 1855 schaffte Winterthur innert weniger Jahrzehnte den Sprung ins Industriezeitalter und wurde zur fĂŒhrenden Adresse Europas fĂŒr Textilmaschinen, Lokomotiven und Schiffsmotoren. Die WohnbautĂ€tigkeit der Industriellen fĂŒr ihre Arbeiter zu Beginn des 19. Jahrhunderts war jedoch nur ein Tropfen auf den heissen Stein. Die Wohnungsnot war seit der zweiten HĂ€lfte des 19. Jahrhunderts ein Dauerthema. Diesen Mangel bekĂ€mpfte die 1872 gegrĂŒndete Gesellschaft fĂŒr Erstellung gĂŒnstiger WohnhĂ€user in Winterthur (GEbW). Dabei entstanden vor allem Doppelzwei- und DoppeldreifamilienhĂ€user, wobei immer darauf geachtet wurde, sie voneinander abzusetzen und mit einem Garten zu versehen. Ernst Jung, welcher fĂŒr das architektonische Gesicht der ArbeiterhĂ€user verantwortlich war, verwendete verschiedenfarbige Sichtbacksteine, die ihm auf einfache Art dekorative Fassadengestaltungen gestatteten. Die qualitativ hochstehenden, relativ kleinen MehrfamilienhĂ€user mit ihren typischen GĂ€rten, prĂ€gten die Siedlungsstruktur der «Gartenstadt Winterthur» nachhaltig. Die offenen Arbeitersiedlungen, die auf mehrere Quartiere verteilt waren, liessen einen gleitenden Ăbergang zu MittelstandshĂ€usern und zu kleinen Villen zu. Mit ihrer Wohnbauphilosophie trug die GEbW wesentlich dazu bei, dass es trotz des hohen Anteils an Arbeiterfamilien zu einer sozialen und beruflichen Durchmischung kam.
Um 1900 wurde ein starker Kontrast zwischen den Lebens- und WohnverhĂ€ltnissen der Arbeiterschicht auf der einen und denen der Industriellen und Kaufleute auf der anderen Seite sichtbar. In Winterthur herrschten die typischen WohnverhĂ€ltnisse einer Industrie- und Arbeiterstadt. Die kleinen Unterschichten-Wohnungen waren ĂŒberfĂŒllt, und fĂŒr die Wohnungen der Oberschicht wurde die Belegungsdichte nicht ausgeschöpft. Es fehlte in Winterthur noch immer an gĂŒnstigem und gesundem Wohnraum fĂŒr die unteren Schichten. Unter dem Druck dieser Krise bildeten sich zahlreiche Reformbewegungen, die nach neuen Horizonten strebten. Den entscheidenden Anstoss fĂŒr den StĂ€dtebau im 20. Jahrhundert gab der Brite Ebenezer Howard, welcher die Gartenstadtidee propagierte. 13
27 Ein möglicher Bautypus fĂŒr die Zukunft
13 Eugster 2014, S. 16â22
Abb. 10. Arbeiterwohnhaus der Gelatinefabrik auf der gegenĂŒberliegenden Seite der St. Gallerstrasse.
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Abb. 11. Luftbild von 2023 vom Gebiet GrĂŒze mit dem Gelatineareal im Zentrum.
Ein möglicher Bautypus fĂŒr die Zukunft
Die Siedlungsform der Gartenstadt hat in Winterthur eine lange Tradition. In den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts hatte Stadtbaumeister Albert Bodmer versucht, die Gartenstadtidee im ersten Zonenplan von Winterthur zu implementieren. Nachdem sie Anfang der sechziger Jahre mit den modernistischen StĂ€dtebaukonzepten verschwand, besann man sich in den achtziger Jahren auf die speziellen QualitĂ€ten der durchgrĂŒnten Winterthurer Quartiere und revidierte den Zonenplan. DafĂŒr wurde der Stadt 1999 der Wakkerpreis verliehen. 14
Die Vor- und HintergĂ€rten der Arbeitersiedlungen waren der Ursprung Winterthurs als Gartenstadt. Die HintergĂ€rten wurden als NutzgĂ€rten zum Anbau von Obst und GemĂŒse zur Selbstversorgung gebraucht. Durch das Verdichten wird dieses System in StĂ€dten immer mehr verdrĂ€ngt. Die Folgen sind Importprodukte aus der ganzen Welt. Der Konsument weiss nicht mehr, von wo seine FrĂŒchte ĂŒberhaupt stammen. Hauptexporteure von Zitronen in die Schweiz sind Spanien mit einem Weltmarktanteil von knapp 25 Prozent sowie Mexiko und SĂŒdafrika. Pro Kopf wurden in der Schweiz Im Jahr 2021 durchschnittlich 4,4 Kilogramm Zitronen verbraucht. 15
30 machina CITREA
14 Wiskemann 2010
15 Statista 2023
Abb. 12. Nettoimportmengen in die Schweiz der Zitrus- und exotischen FrĂŒchte.
Das Konzept der Gartenstadt steuert in Winterthur heute auf eine lebendige und funktionale Stadtumgebung an. Bestandteile sind dabei ausreichend GrĂŒnflĂ€chen und Erholungsmöglichkeiten in naher Umgebung fĂŒr die Menschen. In der Gartenstadt werden Wohnen, Arbeiten, Freizeit und Natur vereint, um eine ausgewogene Mischung zu erzielen. Die Stadtrandparks sind Winterthurs grĂŒne Rahmen, GrĂŒnzĂŒge, die privaten GĂ€rten und die durchgrĂŒnten Siedlungen wichtige innerstĂ€dtische Elemente. StĂ€rker gewichtete ökologische Fragen, die zunehmende MobilitĂ€t und die steigende Einwohnerzahl und die damit verbundene zunehmende Verdichtung der Stadt steigern den QualitĂ€tsanspruch an den begrenzten Frei- und GrĂŒnraum. Die Stadt Winterthur will Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein in das Konzept der «Gartenstadt Winterthur» integrieren und so eine angenehme und gesunde Lebensumgebung fĂŒr die Menschen schaffen. 16
31 Ein möglicher Bautypus fĂŒr die Zukunft
16 Stadt Winterthur 2021, S. 26
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Abb. 13. & Abb. 14. Collagen Neuinterpretation der Gartenstadtidee in die bestehenden Strukturen der Gelatinefabrik.
2.4
IM UMGANG MIT BESTEHENDEN STRUKTUREN
Das mit dem Thesisprojekt zu bearbeitende Areal befindet sich im Industriegebiet GrĂŒze zwischen dem Bahnhof GrĂŒze und der St. Gallerstrasse. Im Jahre 1872 entstand eine Leimfabrik am genannten Standort. Mit dem Brand im April 1880 wurde aus der Leim produzierender Fabrik die Gelatinefabrik. Das GebĂ€udeensemble bestand zu dieser Zeit aus zwei LĂ€ngstrakten, welche zusammen eine L-Grundform bildeten und als «TröcknersĂ€le» bezeichnet wurden, sowie einem davorgesetzten Kopfbau, die «alte Kalkerei». Rund dreissig Jahre spĂ€ter kam ein weiterer «Tröcknersaal» hinzu, welcher parallel zum LĂ€ngstrakt angeordnet wurde. Die zwei parallelen LĂ€ngsbauten aus Sichtbackstein mit flach geneigten DĂ€chern, wurden spĂ€ter mit grossen SatteldĂ€chern versehen, um stĂŒtzenfreie InnenrĂ€ume zu erhalten und damit die FlexibilitĂ€t zu erhöhen. Mehrere Anbauten und Erweiterungen kamen hinzu, unter anderem ein Kesselhaus mit Hochkamin. Die «alte Kalkerei» mit grossem Walmdach im Nordosten ist inzwischen modernisiert worden. Zum Ensemble gehören ein Direktorenwohnhaus von 1906 und ArbeiterwohnhĂ€user von 1880 bis 1890, die abgebrochen worden sind. Heute werden die RĂ€umlichkeiten von einer Druckmesstechnikfirma sowie einer Kinderkrippe und einer Pflanzenerdefirma genutzt. Das Konglomerat ist inklusive Hochkamin weitgehend original erhalten. Ăber Jahrzehnte erlebte die Gelatinefabrik Höhen und Tiefen. In den ersten Jahren florierte sie, jedoch beendeten die UmstĂ€nde des Ersten Weltkrieges vorerst ihre Erfolgsgeschichte. Der Betrieb der Gelatine wurde dank kontinuierlicher Erweiterungs- und Renovationsarbeiten bis um 1970 aufrechterhalten. 17 17 BĂ€rtschi 2011, S. 10â36
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Das architektonische Durcheinander widerspiegelt den evolutionĂ€ren Prozess der Fabrik. Der Wandel und die HeterogenitĂ€t der industriellen Architektur des 19. Jahrhunderts wird durch das Ensemble aus verschiedenen GebĂ€udeteilen, welche zu unterschiedlichen Zeiten entstanden sind, veranschaulicht. Die Anlage ist ein bedeutender Zeuge der Wirtschaftsgeschichte als eine der frĂŒhen und damals grösseren chemischen Fabriken einerseits und andererseits der Sichtbacksteinarchitektur aus der Zeit der HochblĂŒte der Industrialisierung. Der Hochkamin hat als einer der letzten grösseren derartigen Bauten in Winterthur Wahrzeichencharakter. 18 18
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Sulzer-Jantzen, S. 1â2
Abb. 15. Gelatine-Areal um 1981.
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Abb. 16. SĂŒdlich von der St. Gallerstrasse gelangt man zum Gelatine-Areal.
Abb. 17. Ostfassade der Kalkerei mit Hochkamin im Hintergrund.
Abb. 18. Nordfassade der Kalkerei und rechts das Kesselhaus.
Abb. 19. Westseitiger Bereich an der Eulach, ehemalige WÀscherei mit dahinterliegendem LÀngstrackt, dem Tröcknersaal.
Abb. 20. Haupteingang mit Tröcknersaal im Hintergrund.
Abb. 21. SĂŒdwestfassade des Verbindungsbaus zwischen den beiden TröcknersĂ€len.
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«It is exciting to deal with existing structures [...] When you donât start from scratch you need architectural strategies that are not primarily motivated by taste or stylistic preferences.»19
19 Herzog 2001
JACQUES HERZOG
Beim Bauen mit bestehenden GebĂ€uden wie der ehemaligen Gelatinefabrik geht es zunĂ€chst um die Frage, wie erhaltenswert ist ein Bau in Bezug auf seine vorhandene Struktur sowie auf seine Geschichte. In vielen FĂ€llen wĂŒrde aus wirtschaftlicher Sicht Tabula Rasa praktiziert werden. Jedoch mĂŒssen heute neben ökologischen Faktoren auch soziale und kulturelle Aspekte miteinbezogen werden. Ein Ansatz beim Bauen im Bestand ist die Idee des ergĂ€nzenden Volumens anstelle einer ĂŒbermĂ€ssigen Bearbeitung der bestehenden Strukturen. Die Methodik versucht, anstelle von umfassenden VerĂ€nderungen oder gar dem Abreissen von Bauten, durch HinzufĂŒgen oder Anbauen neue funktionale und Ă€sthetische QualitĂ€ten zu schaffen. DafĂŒr braucht es eine genĂŒgend grosse WertschĂ€tzung der bestehenden Architektur, welche durch genaues Hinschauen und den geschichtlichen Hintergrund begrĂŒndet wird. Der Charakter des Bestandes wird so erhalten und im besten Fall ergibt sich aus Alt und Neu eine harmonische Beziehung. Dadurch wird die architektonische Vielfalt und die Geschichte eines Ortes gewahrt, wĂ€hrend gleichzeitig zeitgenössischer Ausdruck und FunktionalitĂ€t integriert werden. Die Strategie des ergĂ€nzenden Volumens kann auch ökologische Vorteile bieten, indem keine Ressourcen fĂŒr den Abriss benötigt werden. Zudem wird eine Ăberbeanspruchung des vorhandenen Raums vermieden. Eine sensible und respektvolle Herangehensweise an ein bestehendes GebĂ€ude trĂ€gt zur Wahrung der Geschichte bei und verbindet sie dabei mit den BedĂŒrfnissen der Gegenwart.
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Abb. 22. SĂŒdwestseitige Ansicht der Gelatinefabrik um 1900.
2.5 EINE NEUE HERANGEHENSWEISE
Architekt:innen waren immer mit neuen Aufgaben beschĂ€ftigt und auf der Suche danach, auf die Probleme der Welt mit der bestmöglichen gebauten Umwelt zu reagieren. FrĂŒher waren die Aufgaben zwar anders aber keineswegs weniger komplex. Heute spielen neue und andere Komponenten eine wichtige Rolle wie das Bevölkerungswachstum, der Klimawandel, das Arbeiten mit bestehender Architektur, die Schaffung lebendiger StĂ€dte und die Durchmischung von Funktionen in einer sich kontinuierlich verĂ€ndernden Welt. Die Gesellschaft wird sich frĂŒher oder spĂ€ter den Herausforderungen des Klimawandels und der immer dichter werdenden StĂ€dte stellen mĂŒssen. Dies erfordert ein gesellschaftliches Umdenken, welches teils drastische Auswirkungen auf das Leben und auf die Wohnform der Menschen hat. Die Menschen mĂŒssen sich an ein neues Wohnen gewöhnen und können nicht einen Wohnort fordern, der all ihre bisherig gelebten Gewohnheiten unterstĂŒtzt und sogleich mit den Ă€usseren Gegebenheiten auskommt. So mĂŒssen auch GebĂ€ude in der heutigen Zeit mehr leisten als «nur» dem Menschen zu dienen und diesem Schutz zu bieten. Architekt:innen sind gezwungen nachhaltige und zukunftsfĂ€hige GebĂ€ude zu schaffen, die den ökologischen und sozialen Anforderungen gerecht werden. Dies beinhaltet auch die Integration und Nutzung bestehender Bausubstanz, um Ressourcen zu schonen und die IdentitĂ€t eines Ortes zu wahren. Ein neuer Bautypus soll Aspekte wie Ressourcenschonung, Nachhaltigkeit, AnpassungsfĂ€higkeit, NaturnĂ€he und Achtung der lokalen IdentitĂ€t vereinen.
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Abb. 23. Le Corbusier um 1953.
3
44 machina CITREA
20 Niemeyer 2012
«Wenn man mich fragt, was fĂŒr mich die Fantasie bedeutet, antworte ich: Fantasie ist die Suche nach einer besseren Welt.»20
OSCAR NIEMEYER
Die zukĂŒnftigen LebensrĂ€ume werden sich vermehrt in den StĂ€dten befinden, denn die Tendenzen zeigen, dass stĂ€dtische und lĂ€ndliche Gebiete zunehmend zu einer einzigen grossen Stadt verschmelzen. Freiheit, KollektivitĂ€t und Teilnahme aber auch AnonymitĂ€t, Wohlstand und Wachstum sind Begriffe, wofĂŒr eine Stadt steht. Die Stadt ist Ursprungsort der Demokratie und Sinnbild fĂŒr Kultur und des Fortschritts und auch deshalb Anziehungspunkt fĂŒr viele Menschen. Die Stadt wird zu einem rĂ€umlichen, sozialen und kulturellen Konstrukt, in dem die Mehrheit der Menschen leben möchte und leben wird. Dies bedeutet eine bisher ungekannte Dichte, insbesondere in der Schweiz, die gefördert und aktiv gelebt wird. Eine dichte Stadt kann nachhaltiger sein und soll eine höhere LebensqualitĂ€t bieten im Vergleich zu einer zerstreuten und ausgedehnten Landschaft. Eine grössere Dichte ermöglicht zudem mehr FlĂ€che, die der natĂŒrlichen Verwilderung ĂŒberlassen werden kann. 21
45 Ein möglicher Bautypus fĂŒr die Zukunft
21 Von Borries, Kasten 2019, S. 45â47
Abb. 24. Das Modell des Plan Voisin von Le Corbusier und Jeanneret.
Die Gestaltung einer sozialen, identitĂ€tsstiftenden und nachhaltigen Stadt erfordert eine ganzheitliche Herangehensweise. Die nachfolgend dargestellten theoretischen Betrachtungen grĂŒnden auf den unter Punkt 2, «Die Stadt in Bewegung», dieser Arbeit untersuchten Themen. Es handelt sich hier nicht um Ă€sthetische Fantasien oder einem streben nach modischen Erscheinungen. Es geht um architektonische Tatsachen, welche einen Schritt in ein zukĂŒnftiges Bauen bedeuten.
DIE NEUE DICHTE
Um die begrenzte BodenflĂ€che und somit den begrenzten Raum der Stadt effizient zu nutzen, spielt das Volumen eine zentrale Rolle im StĂ€dtebau. Durch dichte Baukörper und eine optimale Nutzung der vorhandenen FlĂ€che können viele Menschen auf kleinerem Raum leben. Dies reduziert den Platzverbrauch an BodenflĂ€che. Wertvolle FlĂ€chen werden fĂŒr GrĂŒnflĂ€chen, öffentliche PlĂ€tze und Parks freigemacht.
DER LOW-TECH GEDANKE
Bereits im Entwurfsprozess ist es wichtig das Klima miteinzubeziehen. Die Ă€usseren EinflĂŒsse sind essenziell fĂŒr die Planung eines GebĂ€udes. Sie haben Einfluss auf das Bauvolumen, die Ausrichtung dessen sowie die Materialwahl. Integration von natĂŒrlicher BelĂŒftung, passiver Solarenergie und intelligentem Schutz vor extremen Wetterbedingungen sind Bestandteil.
DER AUFBRUCH IN DIE VERTIKAL-PRODUKTION
Um den steigenden Bedarf an Nahrungsmitteln decken zu können, sind neue Lösungen erforderlich. Vertikale GÀrten, Dachfarmen und GewÀchshÀuser in urbanen Gebieten intensivieren die lokale Lebensmittelproduktion ohne zusÀtzliche FlÀchen in Anspruch zu nehmen. Dies reduziert die Transportwege und trÀgt so zu einer besseren Umwelt bei.
46 machina CITREA
DAS WOHNEN NACH JAHRESZEITEN
Die RÀume werden so gestaltet, dass sie sich an die sich verÀndernden Jahreszeiten anpassen können. So gibt es im GebÀude unterschiedliche Klimazonen. Der Raum wÀchst und schrumpft mit den klimatischen Gegebenheiten. Das Wohnen nach Jahreszeiten ermöglicht eine flexible Art von Leben und eine ressourcenschonende Nutzung.
DIE WAHRUNG DER IDENTITĂT
An einen Ort, der Geschichte in sich trĂ€gt, erinnert man sich. IdentitĂ€tsstiftend fĂŒr ein GebĂ€ude ist demnach die Integration von historischen architektonischen Elementen und die Erhaltung der Kultur an einem spezifischen Ort. Dies kann zu lebendigen Stadtquartieren fĂŒhren, die Wohnraum, ArbeitsplĂ€tze und kulturelle Angebote vereinen.
Der neue Bautypus berĂŒcksichtigt den umgebenden Raum, die effiziente FlĂ€chennutzung, das nachhaltige Wohnen, die lokale Lebensmittelproduktion und das identitĂ€tsstiftende Gestalten. Durch die Umsetzung dieser Punkte kann ein nachhaltiges GebĂ€ude entwickelt werden, welches die zur VerfĂŒgung stehenden Ressourcen geschickt nutzt und gleichzeitig die Umweltbelastungen minimiert.
47 Ein möglicher Bautypus fĂŒr die Zukunft
«WĂŒrde das Problem des Wohnens und der Wohnung so gut durchstrukturiert wie das Fahrgestell eines Autos, dann erlebte man rasch eine Wandlung und Verbesserung unserer HĂ€user. Wenn die HĂ€user wie die Fahrgestelle serienmĂ€ssig von der Industrie hergestellt wĂŒrden, dann sĂ€he man bald ĂŒberraschende Formen, aber gesunde, vertretbare, auftauchen, [...] und die entsprechende Ăsthetik wĂŒrde sich mit erstaunlicher PrĂ€zision ebenso bald formulieren.»
LE CORBUSIER
48 machina CITREA
22
22 Le Corbusier 1922
3.1 DIE NEUE DICHTE
Der Funktionalismus besagt, dass GebĂ€ude ausschliesslich auf ihre ZweckmĂ€ssigkeit und Funktion ausgerichtet sein sollten. Dieses Prinzip ist nicht so eindeutig, wie es auf den ersten Blick scheint, und hat innerhalb von Architekt:innen zu Verwirrung und Kontroversen gefĂŒhrt, insbesondere im Zusammenhang mit der modernen Architektur.
WĂ€hrend des Ersten Weltkriegs entstand eine internationale Bewegung fĂŒr funktionalistische Architektur, die Teil der Moderne war. Die Ideen waren stark von dem Wunsch geprĂ€gt, nach dem verheerenden Krieg eine neue und bessere Welt fĂŒr die Menschen zu schaffen, wie es in den sozialen und politischen Bewegungen in Europa deutlich zum Ausdruck kam. Der funktionalistische Ansatz war eng mit den Ideen des Sozialismus und des modernen Humanismus verbunden. Es ging nicht nur darum, GebĂ€ude funktional zu gestalten, sondern auch um die Nutzung der Architektur, um im weitesten Sinne eine bessere Welt und ein besseres Leben fĂŒr die Menschen zu schaffen. 23
23 Frampton 2004, S. 154â160
49 Ein möglicher Bautypus fĂŒr die Zukunft
Abb. 25. Le Corbusiers und Jeannerets Ville Radieuse um 1931.
LE CORBUSIERS UNITĂ
Die UnitĂ© dâHabitation von Le Corbusier gilt als wegweisendes Beispiel fĂŒr den StĂ€dtebau des 20. Jahrhunderts. Den Kern der Idee stellte Le Corbusier bereits 1925 in Paris vor, mit dem Pavillon de lâEsprit Nouveau. Das GebĂ€ude, das erstmals in Marseille um 1947 realisiert wurde, war Teil von Le Corbusiers Konzept der «vertikalen Stadt». Es war ein visionĂ€res Experiment, das auf den Prinzipien der FunktionalitĂ€t, der sozialen Interaktion und der Integration von Natur in den stĂ€dtischen Raum basierte. Die UnitĂ© wurde als autarke Stadt in einem GebĂ€ude konzipiert, indem es eine Vielzahl von Funktionen und Einrichtungen in sich vereinte. Le Corbusier plante die UnitĂ© dâHabitation basierend auf den vier Grundfunktionen: Wohnen, Arbeiten, Freizeit und Verkehr, die in der Charta von Athen postuliert wurden. Er beschĂ€ftigte sich mit Fragen zur Arbeitsteilung, dem VerhĂ€ltnis zwischen Mensch und Natur und der Integration serieller Produktionsmöglichkeiten im sozialen Wohnungsbau. Obwohl die UnitĂ© ein experimentelles stĂ€dtebauliches Projekt mit utopischen Ideen war, verkörperte sie das Streben nach verbesserten Lebensbedingungen fĂŒr die Menschen. Le Corbusier versuchte, der funktionalen und industrialisierten Wohnarchitektur des 20. Jahrhunderts ein neues Gesicht zu geben. Die Umsetzung erforderte ein radikales Umdenken und brach mit den damaligen stĂ€dtebaulichen Konventionen.
50 machina CITREA
Trotz sorgfĂ€ltig durchdachter rĂ€umlich-funktionaler Planungen, gab es eine deutliche Diskrepanz zwischen der funktionalisierten Wohnform und den BedĂŒrfnissen nach individueller Freiheit und Gemeinschaft. Zum einen war es die Dominanz und Abtrennung vom umgebenden Stadtbild durch die grossmassstĂ€bliche Dimension des GebĂ€udes, zum anderen die soziale Isolation durch die begrenzte Interaktion unter den Bewohnern zwischen den Geschossen, sowie die UniformitĂ€t durch standardisierte Wohnmodule und EinrichtungsgegenstĂ€nde, welche den individuellen BedĂŒrfnissen und Vorlieben der Bewohner nicht gerecht wurden. Anstelle der HeterogenitĂ€t einer offenen Stadt und des menschlichen Zusammenlebens entstand eine geschlossene «Stadt in der Stadt» mit homogenen Einheiten. Die UnitĂ© dâHabitation ist dennoch ein faszinierendes GebĂ€ude. Wie es ĂŒberraschend vor einem steht, wenn man die Boulevard Michelet entlang geht und zwischen den BĂ€umen die Farben des Kollektivs zwischen der imposanten Betonstruktur erhascht. Sie bleibt eine Ikone und Vorbild fĂŒr ein neues Denken in der Architekturszene. 24
51 Ein möglicher Bautypus fĂŒr die Zukunft
24 Braun 2015
Abb. 26. Die UnitĂ© dâHabitation in Marseille von Le Corbusier entworfen nach den im Jahre 1926 statuierten «Cinq Points dâune architecture nouvelle».
NEUES BAUEN IN BRASILIEN
Le Corbusiers Werk inspirierte Architekten auf der ganzen Welt. Das Neue Bauen in Brasilien, auch bekannt als «Arquitetura Nova», war stark von internationalen Strömungen geprĂ€gt, darunter auch der Einfluss von Le Corbusier. Viele brasilianische Architekten, wie beispielsweise Oscar Niemeyer und LĂșcio Costa, waren von Le Corbusiers Ideen und Konzepten geprĂ€gt und integrierten sie in ihre eigene Arbeit. Sowohl Le Corbusier als auch das «Neue Bauen» in Brasilien strebten nach rationalen und effizienten Lösungen, bei denen die FunktionalitĂ€t der GebĂ€ude im Vordergrund stand. Die GebĂ€ude sollten den BedĂŒrfnissen der Nutzer gerecht werden und gleichzeitig eine Ă€sthetische Wirkung erzielen. WĂ€hrend Le Corbusier bekannt fĂŒr seine visionĂ€ren Stadtplanungskonzepte, wie der «Ville Radieuse» und seine Ideen zur Verbesserung der stĂ€dtischen LebensqualitĂ€t war, verfolgten die Architekten des «Neuen Bauens» in Brasilien Ă€hnliche Ziele, indem sie sich mit der Planung und Gestaltung von gut organisierten Stadtvierteln und sozialem Wohnungsbau befassten. Durch die Integration von verdichteten GebĂ€udestrukturen wurden Möglichkeiten geschaffen, um eine grössere Anzahl von Menschen auf begrenztem Raum unterzubringen. Die Architekten der «Arquitetura Nova» sowie Le Corbusier experimentierten mit neuen Konstuktionsmethoden und Techniken. Gerade Le Corbusier war ein Pionier in der Verwendung von Beton als Baumaterial, an welchem er dessen FlexibilitĂ€t und Ă€sthetischen Möglichkeiten schĂ€tzte. 25
52 machina CITREA
25 Mindlin 1956, S. 9â14
Abb. 27. Escritorio técnico da cidade Universitaria da universidade do Brasil (UniversitÀtsstadt der UniversitÀt von Brasilien).
Heute wĂŒrde die UnitĂ©, die Bauten in Brasilien sowie viele andere GebĂ€ude der Moderne wegen ihrer hohen grauen Energie, die ihr Bau mit sich bringt, kritisiert. Die Architekten der Moderne haben zweifellos grossen Einfluss auf die Entwicklung der Architektur und ihre Auswirkungen auf die Umwelt gehabt. Zu jener Zeit wurden hĂ€ufig energieintensive Materialien wie Stahl und Beton verwendet. Der Einsatz dieser Materialien fĂŒhrte zu einem erheblichen CO2-Ausstoss und einem erhöhten Ressourcenverbrauch. Auch der Einsatz von Glas um Transparenz und LichtdurchlĂ€ssigkeit zu erreichen, ist einer der grössten TrĂ€ger von grauer Energie.
53 Ein möglicher Bautypus fĂŒr die Zukunft
Abb. 28. Skizze von Oscar Niemeyer fĂŒr die Parteizentrale der französischen KP.
Abb. 29. Skizze von Stefanie Hug fĂŒr die machina CITREA.
54 machina CITREA
Das historische IndustriegebĂ€udeensemble der Gelatinefabrik wird grösstenteils in seinem Bestand belassen. Die bestehende LĂ€ngshalle wird durch eine Aufstockung mit BĂŒrorĂ€umlichkeiten nördlich und sĂŒdlich durch einen Neubau, welcher den Fussabdruck der zurĂŒckgebauten Metallhalle ĂŒbernimmt, stĂ€dtebaulich gerahmt. Zwischen den beiden «TröcknersĂ€len» entsteht durch das neue Glasdach eine Zwischenklimazone mit besonderem Charakter. Der robuste «Kalkerei-Bau» erhĂ€lt zwei zusĂ€tzliche Geschosse fĂŒr Gewerbenutzungen. Dem StahlbetongebĂ€ude vorgesetzte Holzbau bleibt in seiner Dimension identisch.
Die «machina CITREA» basiert auf einer vom Freiraum abgeleiteten Projektidee, bei der sich die Baumasse zugunsten des Freiraums von der bestehenden Gelatinefabrik möglichst weit zurĂŒcknimmt. Der begrenzte Bodenraum wird effizient genutzt. Durch den dichten Baukörper, welcher ĂŒber 14 Geschosse reicht, leben viele Menschen auf kleinem Raum, was den Platzverbrauch reduziert. Dadurch werden fĂŒr den «parcum ad CITREA» neue RaumverhĂ€ltnisse geschaffen, welche Platz fĂŒr BiodiversitĂ€t zulassen. Der Fussabdruck des neuen GebĂ€udes greift die LĂ€nge der bestehenden LĂ€ngshalle, dem Tröcknersaal der Gelatinefabrik, auf. 30 Grad abgedreht orientiert sich das GebĂ€ude entlang der Bahngeleise und gliedert sich in die Reihe der sich an der Werkstrasse befindenden Bauten ein.
Die modernistische GebĂ€udetypologie schafft eine BĂŒhne fĂŒr die bestehende Gelatinefabrik und den neuen freigespielten «CITREA-Park» mit KrĂ€uterbibliothek. Die Adressierung und Erschliessung sind als spannungsvoller Wegraum konzipiert, der die Strassenseite ĂŒber das Erdgeschoss direkt mit dem Park verbindet. Von der neu geplanten BusbrĂŒcke gelangt man vom «parcum ad CITREA» ĂŒber eine grosszĂŒgige Freitreppe auf die öffentliche Terrasse. Die Plattform ĂŒberdacht die Veloparkinganlage zur Werkstrasse und greift als Dreiecksvolumen in den Park, wo die Form Bezug auf die Orientierung der Gelatinefabrik nimmt. Es ist eine zeichenhafte Geste, die das GebĂ€ude im Stadtraum klar lesbar macht und den Anspruch, zentraler Ort im Quartier darzustellen, einzulösen vermag.
Von der starken Grundhaltung ist auch die Organisation der Nutzungen im GebĂ€ude geprĂ€gt. Kultur, Möglichkeiten der individuellen Entfaltung und Gastronomie sind im 1. und 2. Obergeschoss angeordnet, Eingangshallen zu den Wohnungen und Gewerbe im Erdgeschoss vorgesehen. Die WohnungszugĂ€nge und die Nutzungen im Erdgeschoss beleben damit den «parcum ad CITREA». Dies wird rĂ€umlich unterstĂŒtzt durch die ausgreifende Plattform, die im Erdgeschoss als Vorzone die Aneignung der ĂbergĂ€nge durch die Nutzenden begĂŒnstigt und so ihre Ausstrahlung ĂŒber alle Sockelgeschosse entfaltet. Nutzungsdichte und -mischung zeichnen den Ort aus.
55 Ein möglicher Bautypus fĂŒr die Zukunft
Hier können gleichzeitig unterschiedliche AktivitÀten neben- und miteinander stattfinden. Die rÀumliche Durchdringung mit dem Stadtraum, sowie die bei Nacht erkennbare Roof Top Bar verspricht, dass auch Besucherinnen und Besucher willkommen sind.
56 machina CITREA
57 Ein möglicher Bautypus fĂŒr die Zukunft
58 machina CITREA S C H W A R Z P L A N 1 : 5 0 0 0 H S L U M S T E R S S F S 2 S T E F A N
Abb. 30. Schwarzplan.
Abb. 31. Blick von Nordwesten.
59 Ein möglicher Bautypus fĂŒr die Zukunft
60 machina CITREA
61 Ein möglicher Bautypus fĂŒr die Zukunft
Abb. 32. Die Bestandesbauten mit punktuellen ErgÀnzungen.
Abb. 33. Schema Eingriff.
62 machina CITREA
EVENTRAUM FORSCHUNG ZITRONENBAUMARTEN L MO-UND GLASFABRIK L MOBAR FLUSSBAD GLASFABR K LIMOFABR K A M A L F V E R N A TRONEN A R S GZĂ TUN E EN R UM ORSCHUNG ZIT ONE B UMART N LIMO ND GL S ABR K LIMO A F U SBAD G A FABR MOFABR L MON ELLO AD N E R D G E S C H O S S 1 : 2 0 0 H S U M A S T E R T H E S S S 2 3 S T E F A N E H U G
Abb. 34. Grundriss Erdgeschoss.
63 Ein möglicher Bautypus fĂŒr die Zukunft COOP PRONTO V E L O M E C H V E L O P A R K N G BĂCKEREI A M A L F V E R N A EUREKA L U N A R I O Z TRONENFABR K STECKL NGZĂCHTUNG K R Ă U T E R B B L O T H E K L MONCELLO LADEN LIMONCELLOPRODUKTION
64 machina CITREA
BĂRO GLASFABRIK BĂRO LIMOFABRIK A M A L F V E R N A TRONEN A R S GZĂ TUN E EN R UM ORSCHUNG ZIT ONE B UMART N LIMO ND GL S ABR K LIMO A F U SBAD G A FABR MOFABR L MON ELLO AD N E R D G E S C H O S S 1 : 2 0 0 H S U M A S T E R T H E S S S 2 3 S T E F A N E H U G
Abb. 35. Grundriss 1. Obergeschoss.
65 Ein möglicher Bautypus fĂŒr die Zukunft W E B E S G N A R C H T E K T U R B Ă R O R E S T A U R A N T C T R E A T Ă P E R E M Ă B E L R E S A U R A T O N L L U S T R A T O N K U U B Ă R O N H A L
66 machina CITREA _3.5 Zi Whg. _75m _3.5 Zi Whg. _75m _3.5 Zi Whg. _75m _6.5 Zi Whg. _150m _3.5 Zi Whg. _75m _3.5 Zi Whg. _75m _3.5 Zi Whg. _75m L E D E R P R O D U K T O N H A U S B Ă R S E G A L L E R E F O T O G R A F E W E R K S T A T T L U F T R A U M R E S T A U R A N T L U F T R A U M T E R R A S S E G R U N D R I S S E 1 : 2 0 0 1 4 . D G | 5 . O G | 4 . O G | 3 . O G | 2 . O G | - 1 . U G | - 2 . U G H S L U M A S T E R T H E S S F S 2 3 S T E F A N E H U G T E C H N K T E C H N K 3 . 5 Z W H G 7 5 M 2 _3.5 Zi Whg. _3.5 Zi Whg. _3.5 Zi Whg. _5.5 Zi Whg. Maisonette E2 _6.5 Zi Whg. _3.5 Zi Whg. _3.5 Zi Whg. _75m _2.5 Zi Whg. _50m _4.5 Zi Whg. _105m _4.5 Zi Whg. _105m2 _5.5 Zi Whg. Maisonette E1 _125m2 _K T A _150m _3.5 Zi Whg. _75m _3.5 Zi Whg. _75m _3.5 Zi Whg. _75m _3.5 Zi Whg. _75m _6.5 Zi Whg. _150m _3.5 Zi Whg. _75m _3.5 Zi Whg. _75m _3.5 Zi Whg. _75m G A L L E R E GSEducationalVersion W A C H A L O N R O O T O P B A R W A S C H S A L O N W A S C H S A O N
Abb. 36. Grundriss 14. Dachgeschoss.
Abb. 37. Grundriss
Abb. 38. Grundriss 1. Untergeschoss.
67 Ein möglicher Bautypus fĂŒr die Zukunft
2. Obergeschoss.
Abb. 39. Grundriss 2. Untergeschoss.
3.2 DER LOW-TECH GEDANKE
In der Architektur der Zukunft spielen Klima und Energie eine zentrale Rolle als Entwurfsgeneratoren. Dabei geht es nicht nur um die technische Umsetzung, sondern auch um die stĂ€dtebauliche Gestalt und typologische Organisation von GebĂ€uden. Technik kann dabei als Inspirationsquelle dienen und als Partnerdisziplin auf dem Weg zu intelligenten Lösungen fungieren. Die Integration von High-Technologie in den Entwurf kann auch dazu fĂŒhren, dass Low-Tech-Bauten entwickelt werden können, die langfristig nachhaltig und bezahlbar sind. Ein wichtiger Aspekt dabei ist die Besinnung auf die primĂ€ren Elemente eines Ortes wie Jahreszeiten, Sonne, Wind, Regen und Schnee. Diese sollten bei der Gestaltung von Form und Raum als physikalische und physiologische Grössen berĂŒcksichtigt werden.
Ein vernakulĂ€r-informelles VerstĂ€ndnis von Klimatisierung beruht immer auf dem Zusammenspiel von GebĂ€ude- und Körpertechniken sowie Bau- und Lebensweise. Im Westen hat sich dagegen eine industrialisierte Baukultur entwickelt, die das Klima als rein technische Problemstellung betrachtet und mit Apparaten und Installationen bekĂ€mpft. In Zukunft sollte das Haus als dritte Haut des Menschen verstanden werden, die wie ein reagibler Organismus funktioniert und nicht nur als unbelebte Materie mit einer klimaausgleichenden Maschine ausgestattet ist. Nur so können wir eine Architektur entwickeln, die nicht nur nachhaltig und bezahlbar ist, sondern auch auf die BedĂŒrfnisse des Menschen eingeht und sich harmonisch in ihre Umgebung einfĂŒgt. 26
68 machina CITREA
26 Roesler 2013, S. 18â19
DAS WACHSENDE HAUS
Martin Wagner hat 1932 ein Haus mit einer dritten, glĂ€sernen Haut entworfen, welche die WĂ€rmeverluste niedrig hĂ€lt und die solaren WĂ€rmegewinne maximieren sollten. In seiner Vision sollte sich das Haus an die sich verĂ€ndernden sozioökonomischen Bedingungen seiner Bewohner anpassen und mit einfachen, nachhaltigen Technologien arbeiten, die auf das lokale Klima reagieren. Die klimatischen Bedingungen sind mit einer klaren Orientierung zu den Himmelsrichtungen und einem zwiebelartigen Raumkonzept umgesetzt worden. Der Kernraum des Hauses ist umgeben von einer Schicht dienender und nutzungsneutraler RĂ€ume, die wiederum von einem Pufferbeziehungsweise Zwischenraum gefasst wird. Diese Ă€ussere Schicht des Hauses wird dreiseitig durch eine Glashaut gebildet, die einen Energieraum formt. «Die dritte Haut ist nicht als Wintergarten gedacht, sondern als eine Sonnen- und WĂ€rmefalle sowie ein Schutz gegen Wind und LĂ€rm», beschreibt Wagner selbst sein Konzept. An der Nordfassade ist statt einer Glashaut ein geschlossener Teil als thermische Pufferzone angeordnet. Das Konzept des wachsenden Hauses verknĂŒpft verschiedene Prinzipien des Energiehaushaltes zu einem Gesamtsystem. Das Energiesammeln in der Ă€usseren Schicht wird verbunden mit dem Reduzieren der Energieverluste durch klimazonierte RĂ€ume. Auf Ăberhitzung reagiert Wagner in seinem Entwurf mit Schleusen- und PufferrĂ€umen. So kann das Haus durch DurchlĂŒften und NachtauskĂŒhlung entladen werden. 27
69 Ein möglicher Bautypus fĂŒr die Zukunft
27 Wagner 2015
Abb. 40. Martin Wagners wachsendes Haus mit konsequent umgesetztem Zwiebelprinzip.
Abb. 41. mit Grundriss.
Abb. 42. und Schnitt.
KĂHLEN UND LĂFTEN IN DAMASKUS
Architektur kann von vernakulĂ€ren und traditionellen Bautechniken lernen und sich weiterentwickeln, um optimierte Lösungen zu finden. In Zusammenarbeit mit dem ArchitekturbĂŒro Atelier Lion aus Paris entwickelte Transsolar KlimaEngineering ein klimaspezifisches Konzept fĂŒr den Neubau einer Schule in Damaskus. Ziel war es, lokale Materialien und traditionelle Bauweisen neu zu interpretieren, anstatt auf hochtechnologische Lösungen zurĂŒckzugreifen. Die strategische Positionierung der Ăffnungen ermöglicht eine optimale Nutzung von Tageslicht und verhindert gleichzeitig das Eindringen von Hitze. Die Fenster sind hauptsĂ€chlich zu den engen und begrĂŒnten Innenhöfen ausgerichtet, die im Sommer zusĂ€tzlich mit Sonnensegeln beschattet werden. Im Winter werden die Segel umgekehrt genutzt, um solare WĂ€rme zu gewinnen und WĂ€rmeverluste zu reduzieren. Das Mauerwerk besteht aus dicken, zweischaligen WĂ€nden mit einer Luftschicht, die als Speichermasse fungiert. WindunterstĂŒtzte Solarkamine wurden zur BelĂŒftung der KlassenrĂ€ume eingesetzt. Das WĂŒstenklima in Syrien, geprĂ€gt von heissen Tagen und kĂŒhlen NĂ€chten, ermöglichte die ZufĂŒhrung vorkonditionierter Frischluft ĂŒber ErdkanĂ€le aus den verschatteten Innenhöfen. Das System wird durch die Solarkamine angetrieben. Nachts wird die tagsĂŒber gespeicherte WĂ€rme ĂŒber die kĂŒhle Aussenluft abgefĂŒhrt. Dank dieses Ansatzes konnte auf eine herkömmliche Klimatisierung verzichtet werden.
70 machina CITREA
28 28 Transsolar 2008
Abb. 43. Lycée Charles de Gaulle in Damaskus.
Abb. 44. Situation im Sommer bei Tag.
Abb. 45. Situation im Sommer bei Nacht.
A CORUĂAâS GALERĂAS
Wenn die GalerĂas im Licht der Sonne funkelt, wird verstĂ€ndlich, warum A Coruña den Beinamen «Stadt aus Glas» trĂ€gt. Die glĂ€serne Doppelfassade wurde zum Schutz vor Regen, Wind und KĂ€lte Ende des 19. Jahrhunderts gebaut. Zusammen mit den massiven AussenwĂ€nden aus Granit und den GlasflĂ€chen ergibt sich ein effektiver Wintergarten. Durch die Sonneneinstrahlung erwĂ€rmen sich die GranitwĂ€nde und geben die gespeicherte WĂ€rme an die dahinterliegenden RĂ€ume ab. Die Bewohner konnten so bei komfortablen Konditionen in ihrem «Balkon des Atlantiks» die in den Hafen einfahrenden Schiffe beobachten. 29
71 Ein möglicher Bautypus fĂŒr die Zukunft
29 Reality Sense 2023
Abb. 46. Die an Schiffskabinen erinnernden Glasfassaden von La Coruña.
72 machina CITREA
Das Bauwerk geht auf die klimatischen Bedingungen und örtlichen Gegebenheiten ein. Es richtet sich gegen SĂŒden, um den grösstmöglichen Ertrag der Sonne zu absorbieren. Die auf diese Seite ausgerichtete gegliederte Doppelfassade in GewĂ€chshaustechnik wird dem zehn Meter schmalen GebĂ€udevolumen als ein begehbarer Raumfilter vorgestellt. Diese raumhaltige Struktur ist Klimapufferraum und begehbarer Verandaraum zugleich. Ein Mikroklima ist Resultat des durch die Bepflanzung wichtigen «AtmosphĂ€rentrĂ€gers». Die Klimapufferzone dient als zusĂ€tzliche Schicht, die das Eindringen von KĂ€lte im Winter und Hitze im Sommer in das GebĂ€ude verlangsamt. Dadurch wird der Bedarf an Heizung und Klimatisierung verringert, da die Pufferzone als Barriere gegen extreme Temperaturen wirkt. Die temperierte Luft, welche im vorgesetzten Glasbau entsteht, wird anhand von Solarkaminen ins Rauminnere transportiert. Die durch das Sonnenlicht bis zu 70 Grad erwĂ€rmte Luft steigt im Solarkamin auf und erzeugt einen Unterdruck, der frische Luft von aussen ansaugt. Dieser natĂŒrliche BelĂŒftungseffekt fĂŒhrt zu einem kontinuierlichen Luftstrom im GebĂ€ude, der fĂŒr eine bessere LuftqualitĂ€t sorgt und unerwĂŒnschte
GerĂŒche, Feuchtigkeit oder Schadstoffe abfĂŒhrt. Ăber AussenluftdurchlĂ€sse, welche beim temperierten
Klimapufferraum platziert sind, wird
Frischluft angesogen und ĂŒber LĂŒftungsauslĂ€sse in den Badezimmern sowie Schlafzimmern mithilfe der
Solarkamine in den Aussenraum transportiert. Falls die Sonne zu wenig scheint, und so nur wenig Sogwirkung erzeugt wird, schaffen Ventilatoren in den Solarkaminen Abhilfe. Jedoch ist zu erwĂ€hnen, dass in den Kaminen immer eine gewisse Thermik herrscht. Die LĂŒftungsauslĂ€sse in den Schlafzimmern können manuell bedient werden. Ansonsten sind die RĂ€ume kontrolliert low-tech belĂŒftet. Da Solarkamine Solarenergie nutzen, tragen sie zur Reduzierung des CO2-Ausstosses bei und helfen, den Energieverbrauch zu senken. Durch die Nutzung natĂŒrlicher Ressourcen zur BelĂŒftung tragen sie dazu bei, den ökologischen Fussabdruck des GebĂ€udes zu verringern. Das GebĂ€ude ist ehrlich und wahr. Die Materialien werden voneinander getrennt, die LĂŒftungsrohre und Leitungen sichtbar gemacht. So erscheinen in den TreppenhĂ€user LĂŒftungsrohre, welche von den Wohnungen an die Solarkamine anschliessen. SĂ€mtliche ErschliessungsrĂ€ume sind in einem unbeheizten Zwischenklima gehalten. Das in Holzbauweise erstellte GebĂ€ude zeigt seine Machart. Die vom Aushub erstellten LehmwĂ€nde fachen die Holzkonstruktion aus.
Das Dachwasser, welches bei der bestehenden Gelatinefabrik anfĂ€llt, wird in RegenwassertĂ€nken, die frĂŒher bereits als WassertĂ€nke genutzt wurden, gesammelt. Dieses sowie zusĂ€tzliches Wasser der Eulach wird in das oberste Geschoss der
73 Ein möglicher Bautypus fĂŒr die Zukunft
«machina CITREA» gepumpt und fliesst anschliessend ĂŒber das BewĂ€sserungssystem, welches Sprinkleranlage zugleich ist, zu den ZitronenbĂ€umen. Durch die adiabatische KĂŒhlung der ZitronenbĂ€ume kann im Sommer die Temperatur um circa zwei Grad reduziert werden. Zudem schaffen die ZitronenbĂ€ume im Sommer natĂŒrliche Beschattung fĂŒr die Wohnungen. Das sich dahinter befindende zehn Meter schmale GebĂ€udevolumen verspricht eine optimale natĂŒrliche Belichtung der RĂ€ume.
74 machina CITREA
75 Ein möglicher Bautypus fĂŒr die Zukunft
76 machina CITREA
Q U E R S C H H S L U M A S T E R T H E S
Abb. 47. Querschnitt.
77 Ein möglicher Bautypus fĂŒr die Zukunft N I T T 1 : 2 0 0 S F S 2 3 S T E F A N I E H U G
F A S S A D E H S L U M A S T E R T H E S
W E S T 1 : 2 0 0 S F S 2 3 S T E F A N E H U G
80 machina CITREA
81 Ein möglicher Bautypus fĂŒr die Zukunft
Abb. 49. Im Hintergrund die machina CITREA.
3.3 DER AUFBRUCH IN DIE VERTIKAL-PRODUKTION
Charakteristische Arbeitersiedlungen mit Vor- und HintergĂ€rten zeichnen unter anderem Winterthurs Siedlungsstruktur aus. Die NutzgĂ€rten bildeten den Ursprung Winterthurs als Gartenstadt. Solche Siedlungen wurden im frĂŒhen 20. Jahrhundert als Reaktion auf die boomende industrielle Entwicklung erbaut mit dem Ziel, den Arbeitern angemessenen Wohnraum bieten zu können. Das bekannte Unternehmen Rieter machte den Anfang 1865 mit der ersten Arbeitersiedlung an der Rieterstrasse fĂŒr die Arbeiter der nahen Spinnerei und war damit ein Pionier der ArbeiterfĂŒrsorge. Zur selben Zeit wurde in Töss eine Arbeitersiedlung erstellt. 24 freistehende DoppeleinfamilienhĂ€user mit eigenem Nutzgarten entstanden daraus. 30
82 machina CITREA
30 Huber 2016
Abb. 50. Die Rieter Siedlung wurde 1865â1874 gebaut.
Auf der Grundlage des 1926 erstellten Richt- und, oder Nutzungsplan von Albert Bodmer entwickelte sich die Stadt Winterthur entlang eines prĂ€genden Leitbildes, das den Fokus auf eine stark durchgrĂŒnte Stadtentwicklung legte. Davon waren GrĂŒnzĂŒge, VillengĂ€rten und durchgrĂŒnte Siedlungen, welche auch einen Gebrauchswert darstellen sollten, die wichtigsten Elemente. Von der HeimstĂ€ttengenossenschaft durch die Architekten Hans Bernoulli und Adolf KellermĂŒller entstanden zwischen 1923 und 1928 fĂŒr Winterthur wichtige Beispiele typischer Arbeitersiedlungen. Die HĂ€user waren Ă€usserst sparsam konzipiert, Ă€rmlich wirken sie jedoch nicht. Sie zeugen vielmehr von der Absicht, Ordnung, GenĂŒgsamkeit und Sauberkeit als Voraussetzung fĂŒr ein solides Leben fĂŒr den Arbeiter. Das besondere Merkmal dieser Siedlungen sind die Vor- und HintergĂ€rten. Die VorgĂ€rten waren als reprĂ€sentatives Element und als Eingangsbereich zum Haus zu verstehen. Oft bestĂŒckt mit Blumenbeeten und BĂ€umen tragen sie zur Aufwertung des Strassenbildes bei. Die HintergĂ€rten hingegen ĂŒbernehmen den funktionalen Aspekt und dienen als NutzgĂ€rten. Die Arbeiterfamilien konnten darin ihr eigenes GemĂŒse anbauen und sich so selbst mit frischen Lebensmitteln versorgen. Die Kombination aus reprĂ€sentativen VorgĂ€rten und funktionalen NutzgĂ€rten spiegelt die damalige Gesellschaftsidee wider und lĂ€sst erkennen, dass Arbeitersiedlungen nicht nur Wohnraum sein sollten, sondern auch eine verbesserte LebensqualitĂ€t bieten sollten. 31
83 Ein möglicher Bautypus fĂŒr die Zukunft
31 Eugster 2014, S. 24â28
Abb. 51. Die Rietersiedlung war die erste Arbeitersiedlung in Winterthur, Bild um 1900.
Mit dem Wachstum der Stadt und der damit verbundenen Verdichtung steigt der Druck auf solche Quartiere mit hohem sozialem, ökologischem und klimatischem Wert sowie auf die zur VerfĂŒgung stehenden FreiflĂ€chen innerhalb des Siedlungsraums. Auch dĂŒrfte in Zukunft die lokale Lebensmittelproduktion, wie GemĂŒse und Obst zu produzieren, schwer sein. Einerseits sind urbane agrarwirtschaftliche FlĂ€chen stark reduziert worden, andererseits sind die noch verbliebenen FlĂ€chen hĂ€ufig nicht gross genug und wĂŒrden zukĂŒnftig nicht mehr fĂŒr eine lokale Versorgung ausreichen.
84
Abb. 52. Das Hochhaus als Utopie fĂŒr die Schaffung einer unendlichen Anzahl neuer GrundstĂŒcke an einem einzelnen Ort.
Die lokale Produktion von GemĂŒse und Obst im stĂ€dtischen Kontext stellt sich als problematisch heraus. Zwar werden vermehrt DachgĂ€rten erschaffen, welche jedoch oft nicht gross genug sind. Die rurale Landwirtschaft kann sich entsprechend der Grösse horizontal ausbreiten. Im stĂ€dtischen Raum ist die FlĂ€che begrenzt, deshalb mĂŒssen stĂ€dtische Betriebe in die Vertikale gehen. Infolgedessen sind Betriebe entstanden, die ihre Produkte vertikal in Regal Ă€hnlichen Systemen stapeln, besser bekannt als «Vertical Farming». Dadurch kann mehr FlĂ€che geschaffen werden, was sich bei der Erntemenge widerspiegelt. Die Indoor-Anlagen benötigen jedoch auch eine Menge an Energie. Zum einen fĂŒr den Bau der «Vertical Farm» und zum anderen fĂŒr den Betrieb. Licht, Heizung, LĂŒftung sowie Klimatisierung sind notwendige Energieverbraucher, die eine vertikale Landwirtschaft bedingen.
85 Ein möglicher Bautypus fĂŒr die Zukunft
86 machina CITREA
Wie der Name bereits andeutet, werden in der «machina CITREA»
Zitronen produziert. Da sich das schweizerische Klima von der gemÀssigten eher in Richtung mediterrane Klimazone verlagert, stellt sich der Zitronenanbau als geeignet heraus.
Zudem kann so der Transport der 4,4 Kilogramm Zitronen pro Kopf pro Jahr reduziert werden, was die CO2-Belastung durch den geminderten Import entspannt.
Das GewĂ€chshaus ist produzierender und bewohnter Raum zugleich â ein Zitronenhain mit AufenthaltsqualitĂ€t. Als «machina CITREA»-Bewohner kommt man ĂŒber die Wendeltreppe in den ZitronenbĂ€umen nach Hause. Das Leben spielt sich im neuen GebĂ€uderiegel mit und in den Zitronen ab. Der Anbau von Zitronen im GewĂ€chshaus trĂ€gt zur Verbesserung des Wohnklimas bei. Pflanzen produzieren Sauerstoff und tragen zur Luftreinigung bei, wodurch eine angenehme und gesunde AtmosphĂ€re im Wohnraum geschaffen wird. Das GewĂ€chshaus wird so zu einem natĂŒrlichen Luftfilter. Die Bewohner dĂŒrfen den gerahmten Ausblick geniessen, nicht aber sind sie fĂŒr den Unterhalt der ZitronenbĂ€ume zustĂ€ndig. Das Pflanzen, Schneiden, Giessen und Ernten passiert unabhĂ€ngig von den darin lebenden Personen.
Verschiedene Sorten von ZitrusfrĂŒchten werden im Glas ĂŒberdachten LĂ€ngsbau zwischen den beiden «TröcknersĂ€len» erforscht. Vierjahres -
zeiten-Zitronen, die als Sorte dominieren werden in der alten Kalkerei gezĂŒchtet. Bei diesem GebĂ€ude wird die bestehende Backsteinaussenwand durch eine Glashaut ersetzt. Die historische Holzkonstruktion kommt so zum Vorschein. Die Konstruktion drĂŒckt sich in Form von wachsenden BĂ€umen aus. Durch die SĂŒd ausgerichtete Orientierung stellt sich die alte Kalkerei als geeignet heraus, um darin Zitronenstecklinge zu ZitronenbĂ€umen werden zu lassen. Sind die BĂ€ume gross genug, werden sie in die vor Ort hergestellten Tontöpfe umgetopft. Anschliessend finden sie ihren Platz im vertikalen GewĂ€chshaus. Dort werden die ZitronenbĂ€ume an die Pergolas gebunden, wachsen und gedeihen. Mithilfe des BewĂ€sserungssystems mit Regenwasser und zusĂ€tzlichem Wasser der Eulach werden die ZitronenbĂ€ume bewĂ€ssert. Von den vier TreppenhĂ€usern gelangen die GĂ€rtner zu den Metallgitterstegen, welche einen Meter erhöht zu den AussenrĂ€umen der Bewohner liegen. Von dort aus werden die BĂ€ume gehegt und gepflegt. Die zweigeschossigen RĂ€ume bei den Erschliessungsbereichen bieten Raum fĂŒr Umtopfarbeiten sowie Zwischenlagerung der FrĂŒchte. Erntezeit ist vorallem im mittleren FrĂŒhjahr und im SpĂ€tsommer. An einem Baum wachsen pro Jahr circa 500 Zitronen. Ăber 13 Geschosse verteilt finden 440 ZitronenbĂ€ume ihren Platz. Die 220â000 Zitronen pro Jahr werden in die bestehende, aufgestockte «Kalkerei» transportiert. Dort werden die Zitronen
87 Ein möglicher Bautypus fĂŒr die Zukunft
gewaschen, sortiert und verpackt, und werden dann in den umliegenden LebensmittelgeschĂ€ften verkauft. Das bestehende «Pförtnerhaus» erwirbt Zitronen, um daraus Limoncello herzustellen. Ein weiterer Teil der Zitronen wird zum bestehenden langen «Tröcknersaal» befördert, in welchem die Zitronen zu Limonade verarbeitet werden. Die Reste und Schalen der Zitrone werden zurĂŒck in der «machina CITREA» zu veganem Leder verarbeitet. Die Limo-Bar, welche sich in der bestehenden «WĂ€scherei» befindet und sich gegen den neuen Promenadenweg öffnet, lĂ€dt Bewohner, Nachbarn und Vorbeigehende zum Verweilen ein. Dabei ist ein Sprung in die Eulach mit erweitertem Uferbereich nicht weit. Möglichkeiten zum Umziehen gibt es direkt neben der Limo-Bar.
88 machina CITREA
89 Ein möglicher Bautypus fĂŒr die Zukunft
90 machina CITREA
Abb. 53. Axonometrie.
91 Ein möglicher Bautypus fĂŒr die Zukunft
F A S S A D E H S L U M A S T E R T H E S
S Ă D 1 : 2 0 0 S F S 2 3 | S T E F A N E H U G
Abb. 55. Der ĂŒberhohe Erschliessungsbereich ist gemeinschaftlich nutzbarer Raum fĂŒr die Bewohner und gewerblich genutzer Bereich fĂŒr die Arbeiten im Zitronenhain.
94 machina CITREA
«And
range of temperatures. Indeed, they frequently seek out an extreme thermal environment for recreation or vacations. This must explain in large part the love of the Finns for their saunas and the Japanese for their scalding hot baths. Americans flock to beaches in the summer to bake in the sun and travel great distances in the winter to ski on frosty mountain tops. People relish the very hotness or coldness of these places.»32
96 machina CITREA
yet, in spite of the extra physiological effort required to adjust to thermal stimuli, people definitely seem to enjoy a
32 Heschong 1979
LISA HESCHONG
3.4 DAS WOHNEN NACH JAHRESZEITEN
Die Architekten der Moderne haben sich gerĂŒhmt, die Barrieren zwischen Innen- und Aussenraum ein fĂŒr alle Mal aufgelöst zu haben. Abgesehen von den visuellen Aspekten hat sich jedoch genau das Gegenteil ereignet. Das Aufkommen moderner Heizungs- und Klimatisierungssysteme fĂŒhrte zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit zu einer klaren klimatischen Trennung zwischen Innen- und Aussenraum. Seitdem werden von den Verfechtern grossflĂ€chiger technischer Anlagen einheitliche 20â21 Grad und 50 Prozent Luftfeuchtigkeit fĂŒr InnenrĂ€ume gepredigt. Die Reduktion der KomplexitĂ€t der thermischen Erfahrung auf ein genormtes, einheitliches Komfortniveau ist sinnbildlich fĂŒr den positivistischen Ansatz der Moderne. Er ignoriert gnadenlos unser grundlegend unterschiedliches Temperaturempfinden, das auf AktivitĂ€t, Kleidung, Physiologie, Gewohnheiten, persönlichen Vorlieben oder Akklimatisierung beruht. 33 34
Lisa Heschong fĂŒhrt daher den Begriff des thermischen Genusses ein, um ein GefĂŒhl des Wohlbefindens zu beschreiben, das sich aus unserem Temperaturempfinden ergibt. 33
97 Ein möglicher Bautypus fĂŒr die Zukunft
Roesler 2018 34 Roesler, Kobi 2018, S. 12â14
In der vernakulĂ€ren Architektur beruht das VerstĂ€ndnis von Klimatisierung auf dem Zusammenspiel von GebĂ€ude- und Körpertechniken sowie Bau- und Lebensweise. An vielen Orten der Welt wechseln die Bewohner und Bewohnerinnen je nach Jahres- und Tageszeit ihre RĂ€umlichkeiten. Ausserdem werden diese unterschiedlich stark gedĂ€mmt oder beheizt, verschieden stark der Sonne ausgesetzt, verschattet oder differenziert mit LĂŒftungsöffnungen versehen oder geschlossen gehalten. So gibt es im SĂŒden Marokkos meist dreigeschossige, aus Stampflehm errichtete und mit EcktĂŒrmen versehene Wohnburgen, so genannte Tighremte, der Berber. In den damals abgelegenen Bergregionen von SĂŒdmarokko mussten die Menschen mit den Materialien auskommen, die vor Ort vorhanden waren. Die Lehmbauweise war jedoch optimal fĂŒr die ausreichende Isolierung gegen die Hitze des Tages und die KĂ€lte der NĂ€chte. Das mehrgeschossige GebĂ€ude wurde von den jeweiligen Familien nach Tageszeiten bewohnt. Die Aussentemperatur und die Tag-Nacht-Situation bestimmten, auf welchem Geschoss sich die Berbische Familie aufhĂ€lt. 35
98 machina CITREA
35 Hönger, Brunner 2013, S. 10â17
Abb. 56. Nutzungsverschiebungen nach Jahres- und Tageszeit in Tighremt, Marokko.
LACATON VASSALâS MAISON LATAPIE
Maison Latapie ist das Ergebnis eines Auftrags zum Bau eines Hauses fĂŒr ein Ehepaar mit zwei Kindern mit geringem Budget. Es befindet sich in einem heterogenen Wohngebiet am Rande von Bordeaux. Das Haus fĂŒgt sich in das Strassenbild ein und prĂ€sentiert sich als einfaches Volumen auf einer quadratischen GrundflĂ€che. Das Haus besteht aus einem Metallrahmen, welcher zur Strassenseite mit einer opaken Haut aus Faserzementplatten verkleidet ist. Die andere HĂ€lfte, der Wintergarten auf der Gartenseite, ist mit transparentem Polycarbonat ausgestattet. Ein Holzvolumen definiert einen gedĂ€mmten und beheizten Winterraum. Das Volumen, das sich zum Wintergarten und zum strassenseitigen Aussenbereich hin öffnet, bietet zwei offene, der Lebensweise der Familie angepasste RĂ€ume, ein Wohnzimmer und eine Garage im Erdgeschoss und die Schlafzimmer im Obergeschoss. Die technischen Bereiche wie KĂŒche, Bad und Reduit sind in einem zentralen Raum konzentriert. Der Wintergarten ist nach Osten ausgerichtet und wird von der frĂŒhen Morgensonne beschienen. Er bildet einen bewohnbaren Teil des Hauses und ist mit grosszĂŒgigen LĂŒftungsöffnungen fĂŒr den Komfort im Sommer ausgestattet. Die Ost- und die Westfassade sind dank ihrer Schiebe- und FalttĂŒren sehr flexibel. Auf diese Weise lĂ€sst sich das Haus je nach Bedarf und Wunsch nach Licht, Transparenz, IntimitĂ€t, Schutz oder BelĂŒftung von einem geschlossenen in einen offenen Zustand verwandeln. Der bewohnbare Teil des Hauses kann je nach Jahreszeit variiert werden, vom kleinsten (Wohnzimmer und Schlafzimmer) bis zum grössten, indem der Garten im Hochsommer integriert wird. 36
99 Ein möglicher Bautypus fĂŒr die Zukunft
36 R
uby, Ruby, Steiner 2001, S. 20â21
Abb. 57. Querschnitt durch das Haus Latapie.
Abb. 58. Der GewÀchshausÀhnliche Ausdruck des Zwischenklimabereichs.
100 machina CITREA
Die Konzeption der Wohnungen in der «machina CITREA» eines kleineren Wohnraums im Sommer und einer grösseren Wohnung im Winter basiert auf der Idee, dass Menschen in den wĂ€rmeren Monaten viel Zeit im Freien verbringen und daher weniger Raum in der Wohnung benötigen. Im Sommer wird das GewĂ€chshaus zur Veranda, wodurch zusĂ€tzlicher Wohnraum im Freien geschaffen wird. Durch das vollstĂ€ndige Ăffnen der Fenster des GewĂ€chshauses fĂŒhlt man sich auf der Veranda wie im Aussenbereich. Die an den Pergolas wachsenden ZitronenbĂ€ume spenden wertvollen Schatten. Durch den grosszĂŒgigen Aussenbereich wird die WohnflĂ€che im Inneren reduziert, was Energie und Ressourcen einspart. Im Winter hingegen verbringen die Menschen mehr Zeit zuhause und benötigen daher einen grösseren Wohnraum. Das GewĂ€chshaus, das im Sommer Aussenluftklima hat, kann in den Wintermonaten als zusĂ€tzlicher Wohnraum genutzt werden. Die Fenster des GewĂ€chshauses zum Aussenraum sind vollstĂ€ndig geschlossen. So entsteht ein angenehmes Innenraumklima. Auch das beidseitige Kochen bietet sich im Winter an. Das GewĂ€chshaus ist als ein geschĂŒtzter Bereich konzipiert, in dem man sich aufhalten kann, wĂ€hrend man gleichzeitig von Tageslicht und dem atmosphĂ€rischen Zitronenduft profitiert.
Die Schlafzimmer befinden sich nordseitig an den Bahngeleisen. Sie sind von massiven LehmwÀnden
umgeben, die als Speichermasse dienen. Mit seiner «thermischen TrĂ€gheit» kann Lehm im Sommer die Hitze absorbieren und den Raum kĂŒhl halten, wĂ€hrend er im Winter die WĂ€rme speichern und den Raum angenehm warmhalten kann. Dies fĂŒhrt zu einem ausgeglichenen Raumklima und einem reduzierten Bedarf an zusĂ€tzlicher Heizung oder KĂŒhlung. Durch seine poröse Struktur ermöglicht der Lehm auch eine gute Regulation der Luftfeuchtigkeit, indem er ĂŒberschĂŒssige Feuchtigkeit aufnimmt und bei Bedarf wieder abgibt.
Diese Art der Nutzung des Wohnraums in AbhĂ€ngigkeit von den Jahreszeiten ermöglicht es den Bewohnern, ihre Ressourcen effizienter zu nutzen und den Komfort sowohl im Innen- als auch im Aussenbereich zu maximieren. Es wird eine vielseitige und flexible Wohnsituation, die den BedĂŒrfnissen und Vorlieben der Bewohner gerecht wird, geschaffen.
Der gesamte Grundriss lĂ€sst eine hohe Nutzungsmischung und ein buntes Wohnungsangebot zu. Die Vielfalt von Kleinwohnungen ĂŒber Maisonettewohnungen zu KiTa-RĂ€umlichkeiten ist dank der Holzskelettbauweise möglich.
101 Ein möglicher Bautypus fĂŒr die Zukunft
102 machina CITREA
103 Ein möglicher Bautypus fĂŒr die Zukunft
104 machina CITREA
Abb. 59. Verlagerung Innenund Aussenraum nach Jahres- und Tageszeit.
W O H N U N G 1 1 0 0 H S U M A S T R H S S F S 3 S E N S O M M E R W N T E R N A C H T N A C H 2 7 ° 3 0 ° 2 0 ° 0 ° 1 9 ° 2 2 ° -2 ° -5 °
Abb. 60. Das GewÀchshaus als produzierender und bewohnter Raum.
105 Ein möglicher Bautypus fĂŒr die Zukunft
106 machina CITREA
Abb. 61. Grundriss 5. Obergeschoss.
Abb. 62. Grundriss 4. Obergeschoss.
Abb. 63. Grundriss 3. Obergeschoss.
107 Ein möglicher Bautypus fĂŒr die Zukunft 3 5 Z W H G 7 5 M _3.5 Zi Whg. _75m _3.5 Zi Whg. _75m _3.5 Zi Whg. _75m _5.5 Zi Whg. Maisonette E2 _125m _6.5 Zi Whg. _150m _3.5 Zi Whg. _75m _3.5 Zi Whg. _75m _2.5 Zi Whg. _50m _4.5 Zi Whg. _105m _4.5 Zi Whg. _105m _5.5 Zi Whg. Maisonette E1 _125m _K A _150m _3.5 Zi Whg. _75m _3.5 Zi Whg. _3.5 Zi Whg. _3.5 Zi Whg. _6.5 Zi Whg. _3.5 Zi Whg. _3.5 Zi Whg. _3.5 Zi Whg. L E D E R P R O D U K T O N H A U S B Ă R S E G A L L E R E F O T O G R A F E W E R K S T A T T L U F T R A U M R E S T A U R A N T L U F T R A U M T E R R A S S E
108 machina CITREA L Ă N G S C H H S L U M A S T E R T H E S
Abb. 64. LĂ€ngsschnitt.
109 Ein möglicher Bautypus fĂŒr die Zukunft N I T T 1 : 2 0 0 S F S 2 3 | S T E F A N E H U G
110 machina CITREA
111 Ein möglicher Bautypus fĂŒr die Zukunft
Abb. 65. Wohnen in der machina CITREA.
JEAN JAURĂS
112 machina CITREA
«Tradition ist die Weitergabe des Feuers, nicht die Anbetung der Asche. » 37
37 JaurĂšs 1910
3.5 DIE WAHRUNG DER IDENTITĂT
Der Begriff der IdentitĂ€t hat seinen Ursprung vom lateinischen «identitas», was mit Wesenseinheit oder Dasselbe ĂŒbersetzt werden kann. Dabei geht es um Gleichgewicht und Ăbereinstimmung. Architektonische IdentitĂ€t steht im Zusammenhang mit der Wiederholung bestimmter Typen, Themen, Konstruktionen an bestimmten Orten ĂŒber die Zeiten. 38
Aita Flury, Architektin aus ZĂŒrich, referierte im Architekturforum Ostschweiz im Dezember 2022 zum Thema der Architektonischen IdentitĂ€t. Dabei geht sie auf verschiedene Punkte ein, die fĂŒr sie eine identitĂ€tsstiftende Architektur ausmachen.
Nachhaltigkeit und IdentitĂ€t sollten nicht in einer hierarchischen Reihenfolge zueinanderstehen. Sie gehören unweigerlich zusammen. Es sollen HĂ€user, Quartiere und Orte gebaut werden, welche man in nĂ€chster Zukunft stehen lassen will und bei einer allfĂ€lligen neuen Nutzung nicht abreissen möchte. Das Bestreben des Architekten liegt darin, das bereits Existierende zu verbessern und bestimmte Aspekte neu zu interpretieren. In den letzten Jahrzehnten wurde dieses strebende VerstĂ€ndnis zu wenig beachtet. Wegen der Ă€usseren Rahmenbedingungen wie dem Bevölkerungswachstum oder der gesteigerten MobilitĂ€t mussten sich bekannte GebĂ€udetypen stark wandeln. Dies hat zu anderen MassstĂ€ben und Materialien und schliesslich zu identitĂ€tsarmen Stadtbildern mit fehlender Zuordnung gefĂŒhrt. Um der Entwicklung gesichtslosen RĂ€umen entgegenzuwirken, soll auf die Kultur der Transformation zurĂŒckgegriffen werden. Architektur ist eine Kollektion von Elementen, Bauteilen und Typen, die in der Umgebung immer wieder auftreten und ĂŒber die Zeit verĂ€ndert und angepasst werden können. Entwurfsprozesse können auch als Transformationsprozesse verstanden werden, bei denen das Neue oder die Erneuerung mit der Kulturgeschichte verzahnt wird und schrittweise neuen Rahmenbedingungen angepasst wird. 39
113 Ein möglicher Bautypus fĂŒr die Zukunft
38 Duden 2023 39 Flury 2022
114 machina CITREA
DIE HALLE 181 VON KILGA POPP
Wenn man mit dem Zug in den Bahnhof von Winterthur einfĂ€hrt, sticht einem eine Glasfassade ins Auge. Auf dem ehemaligen IndustriegelĂ€nde der Sulzer-Werke haben Kilga Popp Architekten die Halle 181 saniert und aufgestockt. Obwohl das GebĂ€ude heute mehr als doppelt so hoch ist wie vor der Aufstockung, bettet sich der GebĂ€uderiegel in das alte Industrieareal ein. Jede Seite des Baus kommuniziert mit seinem eigenen Gesicht mit der Umgebung. Gegen die Bahngeleise hĂŒllte Kilga Popp den LĂ€ngsbau mit einer feingliedrigen GewĂ€chshausfassade ein. Diese Schicht dient als Schall- und KĂ€ltepuffer, aber auch als Aufenthaltsraum und botanisches Labor. Zum zentralen Platz reagieren die Architekt:innen mit einer strukturierten Betonfassade. Die Stirnfassade erinnert mit ihrem abstrakten Betonrelief an die Teilungen alter IndustriegemĂ€uer. Das ebenso pragmatisch wie feinsinnige Weiterbauen des Industriezeugen lĂ€sst mit gekonnten Eingriffen auf die Vergangenheit zurĂŒckblicken. Die Halle 181 ist identitĂ€tsstiftend fĂŒr das Winterthurer Stadtbild. 40
115 Ein möglicher Bautypus fĂŒr die Zukunft
40 Wieser, Zimmermann 2015
Abb. 66. Historisches Bild des ehemaligen GelatineAreals.
Abb. 67. Die auffallend unauffallende Glasfassade der Halle 181.
«Es herrscht eine seltsame Angst vor Unterschieden: Aber in der Architektur waren Unterschiede nie ein Problem. Ein modernes GebÀude neben einem alten zu errichten lÀsst den Charakter und die Besonderheit jedes einzelnen Werkes besser hervortreten.»41
116 machina CITREA
41 Niemeyer 2012
OSCAR NIEMEYER
Mit dem Projekt wird grossen Wert auf die Wahrung der IdentitĂ€t von Winterthur GrĂŒze gelegt. Die Merkmale und die Geschichte des Ortes werden respektiert und in die Gestaltung einbezogen. Dabei spielt die industrielle IdentitĂ€t eine bedeutende Rolle, die durch den architektonischen Ausdruck und die Erinnerungen an die industrielle Vergangenheit des Ortes geprĂ€gt ist. Ein auffallendes Element sind die vier Solarkamine, die nicht nur als nachhaltiges Energiesystem dienen, sondern auch ein markantes architektonisches Merkmal darstellen. Sie verkörpern die Verbindung zwischen Technologie und Industrie. Zudem ist das GebĂ€ude eine Maschine. Die vertikale Produktion von Lebensmitteln ist Teil des architektonischen Konzepts. Indem vertikale Landwirtschaft in das GebĂ€ude integriert wird, wird zur nachhaltigen Nutzung des Raumes beigetragen und Winterthurs Gartenstadtgeschichte aufgegriffen. Mit dem Projekt wird ein Umfeld geschaffen, in welchem das Leben mit und in der Industrie möglich ist. Das bedeutet, dass die industriellen Strukturen in die Gestaltung und Nutzung des Raumes einbezogen werden. Es wird eine BrĂŒcke zwischen Vergangenheit und Zukunft geschlagen, indem der historische Bestand erhalten und mit dem neuen Projekt verwoben wird. Dies ermöglicht es den Bewohnern und Besuchern die Geschichte Winterthurs zu erleben und gleichzeitig identitĂ€tsreiche und nachhaltige LebensrĂ€ume zu geniessen.
117 Ein möglicher Bautypus fĂŒr die Zukunft
118 machina CITREA
119 Ein möglicher Bautypus fĂŒr die Zukunft
120 machina CITREA
Abb. 68. Die Solarkamine der machina CITREA erinnern an die Hochkamine ehemaliger Industriegebiete.
121 Ein möglicher Bautypus fĂŒr die Zukunft
EEPILOG
4
«Was zÀhlt ist der neue Gedanke. Man muss immer etwas Neues erfinden. Als ich mit Le Corbusier die Freitreppe zum Congresso Nacional do Brasil hinaufging, sagte er zu mir: «Hier ist etwas Neues verwirklicht worden, hier herrscht Freiheit.»»42
124 machina CITREA
42 Niemeyer 2012
OSCAR NIEMEYER
Mein persönliches Empfinden der Stadt Winterthur als junge, pulsierende und dichte Stadt und die GegenĂŒberstellung des GelĂ€ndes der ehemaligen Gelatinefabrik in Winterthur GrĂŒze, welches ich als Sammelsurium an alten GebĂ€udestrukturen empfunden habe, legten den Grundstein fĂŒr diese Thesisarbeit und der Auseinandersetzung mit dem Potential und der Wichtigkeit die Themen Stadt und Dichte, Industrie und Nachhaltigkeit sowie Arbeiten und Wohnen in Einklang zu bringen. Das bauliche Durcheinander der Gelatinefabrik mit seiner industriellen Vergangenheit und den vielschichtigen Elementen diente als Inspirationsquelle fĂŒr die Weiterentwicklung des Areals mit dem Leitgedanken «Keeping whatâs good».
Durch die Kombination von historischen Tatsachen, stĂ€dtebaulichen Strategien und klimatischen Ăberlegungen, habe ich mit dieser Arbeit einen neuen Bautypus fĂŒr Winterthur entwickelt. Dieser zielt darauf ab, eine nachhaltige Umgebung zu schaffen, die den Problematiken von StĂ€dten wie die stetige Bevölkerungszunahme, und die daraus resultierende knapper werdende BodenflĂ€che im Zusammenspiel mit der Integration von Industrie, der Förderung des sozialen Austausches und der Herausforderungen des Klimawandels begegnen kann. Die entwickelte Typologie und die zugrunde liegenden fĂŒnf Punkte des neuen Bautypus sind nicht als starre Vorgaben zu verstehen, sondern als flexible Maximen, die sich den Gegebenheiten und den sich wandelnden Anforderungen und BedĂŒrfnissen anpassen können. Bei der Entwicklung wurde bewusst auf die Einbeziehung der Digitalisierung verzichtet, um einen Schritt in Richtung Enttechnisierung zu machen. Der GebĂ€udetypus bietet vertiefte AnsĂ€tze fĂŒr eine nachhaltige Stadtentwicklung und soll als Leitfaden dienen, um zukunftsorientierte und somit wohlĂŒberlegte Projekte umzusetzen.
125 Ein möglicher Bautypus fĂŒr die Zukunft
Abb. 69. Die neue 10er-Note.
Als Grundlage fĂŒr diese Arbeit dienten meine drei Jahre im Masterstudium, in denen ich alle drei Projektfokusse Material, Energie und Struktur besucht habe. Mein Ziel war es, meine Erfahrungen zu vereinen und daraus ein innovatives Projekt zu entwickeln. Dabei hatten mich die Architekten der Moderne stetig begleitet und inspiriert, insbesondere Le Corbusier, welcher mit seinen visionĂ€ren Ideen und FĂ€higkeiten neue Wege in der Architektur und im StĂ€dtebau eingeschlagen hat und dabei stets bestrebt war, Grenzen zu ĂŒberschreiten. Seine UnitĂ© dâHabitation in Marseille erweiterte meine Perspektive auf das Bauen und Wohnen und löste auch nach einem zweiten Besuch ein GefĂŒhl von Freiheit aus. Auch mit dieser Arbeit wurden Grenzen ausgelotet und Spekulationen gewagt. Fast 100 Jahre nach Le Corbusiers Manifest der «FĂŒnf Punkte zu einer neuen Architektur» sind mit dieser Arbeit neue fĂŒnf Punkte fĂŒr das Jetzt entstanden. Mit einer stĂ€ndigen Verankerung in der Gegenwart versucht die Arbeit die aktuellen Probleme und Tendenzen zu reflektieren und nach einer Richtung zu suchen, die in eine nachhaltige Baukultur fĂŒhrt.
Die Thesisarbeit ist ein Aufruf zum Umdenken und zur Umsetzung neuer Konzepte und Denkweisen in der Architektur. Neue Denkanstösse sollen mit dieser Arbeit hinterlassen werden und Inspiration fĂŒr die Gestaltung unserer gebauten Umwelt dienen. Diese Arbeit soll einen Beitrag leisten, dass Winterthur und andere StĂ€dte sich zu lebenswerten, nachhaltigen und innovativen Orten entwickeln.
126 machina CITREA
127 Ein möglicher Bautypus fĂŒr die Zukunft
Abb. 70. Im Sommer 2020 auf der Dachterrasse der UnitĂ© dâHabitation in Marseille.
«AND ALL THAT I CAN SEE IS JUST A YELLOW LEMON TREE... »
128 machina CITREA
LEMON TREE VON FOOL'S GARDEN
129 Ein möglicher Bautypus fĂŒr die Zukunft
LITERATURVERZEICHNIS
5
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133 Ein möglicher Bautypus fĂŒr die Zukunft
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
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Abb. 1. Blick auf den Bahnhof GrĂŒze um 1895.
Aus: https://winterthur-glossar.ch/grueze-quartier (27.05.2023).
Abb. 2. RĂ€umliche Entwicklungsperspektive Gewerbequartier und Bahnhof GrĂŒze fĂŒr Winterthur 2040.
Aus: Stadt Winterthur 2021, S. 20.
Abb. 3 . Arbeiten in der Industriezone GrĂŒze um 1984.
Foto: Hans-Peter BĂ€rtschi 1984.
Abb. 4. Das Gelatineareal mit dem Tröcknersaal um 1984.
Foto: Hans-Peter BĂ€rtschi 1984.
Abb. 5. Thermische Hotspots in Winterthur bei Tag.
Aus: Stadt Winterthur 2021, S. 22.
Abb. 6 . Thermische Hotspots in Winterthur bei Nacht.
Aus: Stadt Winterthur 2021, S. 23.
Abb. 7. Die AbgasbÀume.
Aus: https://100-beste-plakate.de/ plakate/nachhaltigkeit/ (29.05.2023).
Abb. 8 . Entwicklung der stĂ€ndigen Wohnbevölkerung in der Schweiz gemĂ€ss drei Szenarien, 1990â2050.
Aus: BFS 2022.
Abb. 9. VerstÀdterung weltweit: Anteil der Stadtbevölkerung an der Weltbevölkerung.
Aus: Borries, Kasten 2019, S. 48.
Abb. 10. Arbeiterwohnhaus der Gelatinefabrik auf der gegenĂŒberliegenden Seite der St. Gallerstrasse.
Foto: Hans-Peter BĂ€rtschi 1984.
Abb. 11. L uftbild von 2023 vom Gebiet GrĂŒze mit dem Gelatineareal im Zentrum.
Aus: https://map.geo.admin.ch/ swisstopo/ (27.05.2023).
Abb. 12. Nettoimportmengen in die Schweiz der Zitrus- und exotischen FrĂŒchte.
Aus: Statista 2023.
Abb. 13. &
Abb. 14. Collagen Neuinterpretation der Gartenstadt i dee in die bestehenden Strukturen der Gelatine fa brik.
Collagen: Stefanie Hug 2023.
Abb. 15. Gelatine-Areal um 1981.
Foto: Swissair Photo AG 1981.
Abb. 16. SĂŒdlich von der St. Gallerstrasse gelangt man zum Gelatine-Areal.
Foto: Stefanie Hug 2023.
Abb. 17. O stfassade der Kalkerei mit Hochkamin im Hintergrund.
Foto: Stefanie Hug 2023.
Abb. 18. Nordfassade der Kalkerei und rechts das Kesselhaus.
Foto: Stefanie Hug 2023.
Abb. 19. Westseitiger Bereich an der Eulach, ehemalige WÀscherei mit dahinterliegendem LÀngstrackt, dem Tröcknersaal.
Foto: Stefanie Hug 2023.
Abb. 20. Haupteingang mit Tröcknersaal im Hintergrund.
Foto: Stefanie Hug 2023.
Abb. 21. SĂŒdwestfassade des Verbindungsbaus zwischen den beiden TröcknersĂ€len.
Foto: Stefanie Hug 2023.
Abb. 2 2. SĂŒdwestseitige Ansicht der Gelatinefabrik um 1900.
Aus: BĂ€rtschi 2011, S. 9.
Abb. 23. Le Corbusier um 1953.
Aus: https://brabbu.com/blog/2018/04/ genius-visionary-french-architect-corbusier/ (29.05.2023).
Abb. 24. Das Modell des Plan Voisin von Le Corbusier und Jeanneret.
Aus: Frampton 2004, S. 135.
Abb. 25. Le Corbusiers und Jeannerets Ville Radieuse um 1931.
Aus: Frampton 2004, S. 155.
136 machina CITREA
Abb. 26. Die UnitĂ© dâHabi t ation in Marseille von Le Corbusier entworfen nach den im Jahre 1926 statuierten «Cinq Points dâune architecture nouvelle».
Aus: http://brutalismus.com (29.05.2023).
Abb. 27. E scritorio técnico da cidade Universitaria da universidade do Brasil (UniversitÀtsstadt der UniversitÀt von Brasilien).
Aus: Mindlin 1956, S. 237.
Abb. 28. Skizze von Oscar Niemeyer fĂŒr die Parteizentrale der französischen KP.
Aus: Niemeyer 2012, S. 14.
Abb. 2 9. Skizze von Stefanie Hug fĂŒr die machina CITREA.
Skizze: Stefanie Hug 2023.
Abb. 30. Schwarzplan.
Plan: Stefanie Hug 2023.
Abb. 31. B lick von Nordwesten.
Bild: Stefanie Hug 2023.
Abb. 3 2. Die Bestandesbauten mit punktuellen ErgÀnzungen.
Bild: Stefanie Hug 2023.
Abb. 3 3. Schema Eingriff.
Plan: Stefanie Hug 2023.
Abb. 3 4. Grundriss Erdgeschoss.
Plan: Stefanie Hug 2023.
Abb. 35. Grundriss 1. Obergeschoss.
Plan: Stefanie Hug 2023.
Abb. 36. Grundriss
14. Dachgeschoss.
Plan: Stefanie Hug 2023.
Abb. 37. Grundriss
2. Obergeschoss.
Plan: Stefanie Hug 2023.
Abb. 38. Grundriss
1. Untergeschoss.
Plan: Stefanie Hug 2023.
Abb. 39. Grundriss
2. Untergeschoss.
Plan: Stefanie Hug 2023.
Abb. 4 0. Martin Wagners wachsendes Haus mit konsequent umgesetztem Zwiebelprinzip.
Aus: http://klimagerechtesbauen. blogspot.com/2013/12/licht-luft-undsonne-das-wachsende-haus. html(29.05.20223).
Abb. 41. m it Grundriss. ebd.
Abb. 42. und Schnitt. ebd.
Abb. 4 3. Lycée Charles de Gaulle in Damaskus.
Aus: https://transsolar.com/de/ projects/damascus-lycee-charles-degaulle (27.05.2023).
Abb. 4 4. Situation im Sommer bei Tag. ebd.
Abb. 4 5. Situation im Sommer bei Nacht. ebd.
Abb. 4 6. Die an Schiffs k abinen erinnernden Glasfassaden von La Coruña.
Aus: https://fr.m.wikipedia.org/wiki/ Fichier:Galerias_coruñesas._A_Coruña (27.05.2023).
Abb. 47. Querschnitt.
Plan: Stefanie Hug 2023.
Abb. 4 8. Fassade West.
Bild: Stefanie Hug 2023.
Abb. 4 9. Im Hintergrund die machina CITREA.
Bild: Stefanie Hug 2023.
Abb. 5 0. Die Rieter Siedlung wurde 1865â1874 gebaut.
Aus: Huber 2016, S. 52.
Abb. 51. D ie Rietersiedlung war die erste Arbeitersiedlung in Winterthur, Bild um 1900.
Aus: https://edition-winterthur.ch/ stadtfuehrer/geschichte (29.05.2023).
Abb. 52. Das Hochhaus als Utopie fĂŒr die Schaffung einer unendlichen Anzahl neuer GrundstĂŒcke an einem einzelnen Ort.
Aus: Koolhaas, Rem: Delirious New York 1978, S. 83.
137 Ein möglicher Bautypus fĂŒr die Zukunft
Abb. 53. Axonometrie.
Plan: Stefanie Hug 2023.
Abb. 5 4. Fassade SĂŒd. Bild: Stefanie Hug 2023.
Abb. 5 5. Der ĂŒberhohe Erschliessungsbereich ist gemeinschaftlich nutzbarer Raum fĂŒr die Bewohner und gewerblich genutzer Bereich fĂŒr die Arbeiten im Zitronenhain.
Bild: Stefanie Hug 2023.
Abb. 5 6. Nutzungsverschiebungen nach Jahres- und Tageszeit in Tighremt, Marokko.
Aus: Hönger, Brunner 2013, S. 17.
Abb. 57. Q uerschnitt durch das Haus Latapie.
Aus: Ruby, Ruby, Steiner 2001, S. 20.
Abb. 5 8. Der GewÀchshaus À hnliche Ausdruck des Zwischenklimabereichs. ebd.
Abb. 59. Verlagerung Innen- und Aussenraum nach Jahres- und Tageszeit.
Plan: Stefanie Hug 2023.
Abb. 6 0. Das GewÀchshaus als produzierender und bewohnter Raum.
Bild: Stefanie Hug 2023.
Abb. 61. Grundriss 5. Obergeschoss.
Plan: Stefanie Hug 2023.
Abb. 6 2. Grundriss 4. Obergeschoss. Plan: Stefanie Hug 2023.
Abb. 6 3. Grundriss 3. Obergeschoss. Plan: Stefanie Hug 2023.
Abb. 64. LĂ€ngsschnitt. Plan: Stefanie Hug 2023.
Abb. 6 5. Wohnen in der machina CITREA.
Bild: Stefanie Hug 2023.
Abb. 6 6. Historisches Bild des ehemaligen GelatineAreals.
Aus: FH Zentralschweiz 2023, S. 63.
Abb. 67. D ie auffallend unauffallende Glasfassade der Halle 181.
Aus: https://kilgapopp.ch/projekte (30.05.2023).
Abb. 6 8. Die Solarkamine der machina CITREA erinnern an die Hochkamine ehemaliger Industriegebiete.
Bild: Stefanie Hug 2023.
Abb. 6 9. Die neue 10er-Note. Collage: Stefanie Hug 2023.
Abb. 70. Im Sommer 2020 auf der Dachterrasse der UnitĂ© dâHabitation in Marseille.
Foto: Ramona Rey 2020.
138 machina CITREA
139 Ein möglicher Bautypus fĂŒr die Zukunft
REDLICHKEITSERKLĂRUNG
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Hiermit versichere ich, dass die vorliegende Arbeit mit dem Titel: machina C ITREA
Ein möglicher Bautypus fĂŒr die Zukunft
selbststĂ€ndig durch mich verfasst worden ist, dass keine anderen Quellen und Hilfsmittel als die angegebenen benutzt worden sind und dass die Stellen der Arbeit, die anderen Werken â auch elektronischen Medien â dem Wortlaut oder Sinn nach entnommen wurden, unter Angabe der Quelle als Entlehnung kenntlich gemacht worden sind.
Stefanie Hug
Luzern, 13.06.2023
142 machina CITREA
143 Ein möglicher Bautypus fĂŒr die Zukunft