Migros Magazin 8 2008 d AA

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Schlitteln

Migros-Magazin 8, 18. Februar 2008

Und damit nicht alle Überbleibsel dieser Zeit in Vergessenheit geraten oder noch schlimmer: als Sperrgut auf dem Müll enden, unterstützt Helmut Papst aktiv das Wintersportmuseum Davos: «Die Einrichtung ist eine gute Sache. Viele Sportler, aber auch Einheimische brachten nicht nur alte Holzskier, Bobs, Schlitten und Wintersportkleidung ins Museum, sondern auch jede Menge Fotos, Wettbewerbsplakate, Bücher, Pokale und sogar eine Dampfpresse für Skier.» Mit diesem Ansturm hatte das Museum nicht gerechnet. Bald brauchte es mehr Platz, um die wertvollen Zeitzeugen zu chronologisieren und zu archivieren. Als er von der Platznot des Museums hörte, bot er sein früheres Lebensmittelmagazin als Inventararchiv für monatlich hundert Franken pro Raum an. «Anstelle von Schlitten hingen hier früher allerlei feine Schinken, Salamis und Würstchen an der Decke. In den Schubladen lagerten seltene Gewürze aus der grossen weiten Welt, die einst die grossen Hotels wie das Belvédère oder die Schatzalp bei meinem Vater Theodor orderten, der seit 1917 ein Delikatessengeschäft hier führte», kommt Papst ins Plaudern. Mitten in der Magazinküche steht ein grosser alter Tisch, auf dem allerlei Akten nach Jahren geordnet ruhen: «Exzellent geführte Ranglisten der Schlittelrennen um die Jahrhundertwende. Diese wurden damals noch von Hand geschrieben. So etwas wirft man nicht einfach fort.» Sohn Helmut übernahm später das gut gehende Geschäft seines Vaters und führte es erfolgreich noch bis in die 70er-Jahre weiter.

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Der Davoser und seine Ahnen Andrea Guler im Bauern-Schlittellook des 19. Jahrhunderts. Er trägt Knickerbocker aus Bündner Tuchstoff, ein Edelweisshemd und Tricomis-Schuhe: «Der Stoff ist steif wie ein Brett und kratzt.» Guler hält einen «Davoser» (4). Der blaue und rote Polster-Hartkopfschlitten (1 und 3) wurden um 1910 bis Mitte der 30er-Jahre gebaut. Besonderes Merkmal: Die Holme sind nach innen gebogen, damit man die Füsse besser auf den Kufen abstützen konnte. Er wurde mit einer 3,50 Meter langen Steuerstange gefahren, die nur 800 Gramm wog. Der «Ggrutschä» (2) ist der Vorläufer des Schlittens, der mit Bremsstock gefahren wurde. Der Brangerschlitten (5) kam 1890 in den Handel. Noch mehr zum Schlitteln finden Sie im Wintersportmuseum Davos.

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Schlitteln auf 150 Anlagen

Helmut Papst zeigt sein Magazin. «Hier lebt die Wintersportgeschichte weiter.» Er hat dem Wintersportmuseum Davos fünf Räume vermietet, um alte Schlitten, Bobs und Skier aufzubewahren.

• Mehr als 150 Schweizer Schlittelanlagen stehen heute zur Verfügung. Infos auf www.myswitzerland.com • Wer ein Hornschlittenrennen erleben möchte, informiert sich unter: www.hornschlitten.com • Das Wintersportmuseum Davos findet man in der Promenade 43, Davos Platz. Winter-Öffnungszeiten: Dienstag, Donnerstag und Samstag 16.30 bis 18.30 Uhr. Im Sommer: Dienstag und Donnerstag 16.30 bis 18.30 Uhr. Extraöffnungen für Führungen und Apéros auf Anfrage. • Und wer noch mehr Infos zum Internationalen Schlittelclub Davos wünscht: Präsident Klaus Haller, E-Mail: k.i.haller@hispeed.ch

Solche Gamaschen aus schwerem Bündner Tuchstoff trugen die Schlittelfahrer um die Jahrhundertwende. Sie waren nicht für warme Knöchel gedacht, sondern hielten vor allem die Hosenbeine trocken.


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