Migros Magazin 50 2010 d ZH

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DER HAUSMANN

Migros-Magazin 50, 13. Dezember 2010

Gewisse Gewissensbisse Vogelwarte! Sport-

hilfe! Krebsforschung Schweiz! Die letzte Kolumne war noch Bänz Friedli tätigt nicht gedruckt, da Weihnachtskäufe. schneiten schon neue Bettelbriefe ins Haus; WWF, GSoA, Road Cross. Okay, ich hab die Initiative zum Schutz vor Rasern unterschrieben. Aber woher haben all die anderen meine Adresse? Macht nun schon 26 Spendenanfragen in zwölf Tagen. Die Sponsorenläufe kommen in dieser Jahreszeit noch dazu; welcher Sportverein bessert seine Bilanz nicht mittels dieser freundlichen Nötigung aller Gotten, Onkel und Urgrossmütter auf? Und ich Löli trug bei Alessia, einer Fussballjuniorin aus dem Quartier, pro gerannte Runde töricht zwei Franken in die Liste ein, weil sie vor der Haustür so herzig bettelte – und dann seckelt das Kind bei dieser Kälte 46 Runden! Zweifellos folgen bald Winterhilfe und Paraple-

giker-Stiftung, zu schweigen von der Heilsarmee, die mir bestimmt wieder lobpreisend vor dem Starbucks meines Vertrauens auflauert. Heilandsa … Halt, nicht fluchen! Aber bei aller Spendierfreudigkeit – wie wollte ich all den Begehren nachgeben? Angesichts der Adventsoffensive auf unsere Barmherzigkeit, welche die Hilfswerke starten, schrieb eine Leserin von «fieser Gefühlsduselei». In der Vorweihnachtszeit

gebe sie aus Prinzip nichts. Ich sentimentale Memme bin da schon anfälliger, besonders wenn unangefordert ein Geschenklein beiliegt. Wenngleich man die ja kaum je gebrauchen kann. Gut, der Radiergummi von der Caritas landete in der Küchenschublade, und weil Hans seine Rechenaufgaben stets am Küchentisch erledigt (neu, unter Wehklagen: schriftliche Multiplikation!), wird der Gummi sicher zum Einsatz kommen. Aber für den meisten zugesandten Krimskrams – ob Stoffelefäntchen aus Bangladesch oder Baumschmuck aus Kenia – hat man ja keine Verwendung. Den Eiskratzer vom Roten Kreuz, den Hansli für einen Teigschaber hielt, habe ich inzwischen entsorgt. (Leider kurz bevor Daniela mir schrieb, sie benütze fürs Autofenster seit Jahren einen Teigschaber als Eiskratzer – hätte einen prima Tausch gegeben.)

frankiert zurücksendet.» Er war gefragt worden, ob man solcherlei Zusendungen guten Gewissens wegwerfen oder – noch verwerflicher! – verwenden dürfe, ohne eine Spende zu leisten. Er fragte zurück: «Warum lassen sich die meisten Menschen durch eine noch so nutzlose und unerwünschte Gabe in Zugzwang setzen?» Herr Schneider! Ich weiss, warum. Weil wir im Dezember so

Nein, zurückgeschickt hab ich den Kratzer

stolz ein Weihnachtsgeschenk für seine Mutter zeigte, fragte er, was es gekostet habe, und meinte dann schnöd: «Weisst, manchmal sollte man einfach den Preis dranlassen. Man sieht ihm sonst nicht an, dass es so teuer gewesen ist.»

nicht, einfach nur weggeschmissen. Ich habe diesbezüglich weniger Skrupel, seit Peter Schneider, mein Lieblingssatiriker und -briefkastenonkel, mal riet: «Wer ungefragt wertloses Zeug verschickt, muss sich nicht wundern, wenn der Empfänger die Sendung wegwirft, nach Belieben verwendet oder un-

«Moralin schiesst uns ins Blut.» furchtbar viel Geld ausgeben, um Leute zu beschenken, die schon alles haben. Trägt ein Couvert dann das Schlagwort «Eine Milliarde Menschen hungern», schiesst uns Moralin ins Blut. (Das war die Caritas. Natürlich habe ich bezahlt.) Apropos Schenken: Als ich Hans unlängst

Lesen Sie dazu auch das Interview mit Mr. Glückskette Roland Jeanneret auf Seite 40.

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