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Kicken in der Wüste

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Sie wurde verschoben, verteufelt und teuer bezahlt: Am Sonntag startet die Fussball-WM in Katar. Was du darüber wissen musst.

Text: Dario Aeberli

Die erste WM

Die erste Fussball-WM fand 1930 in Uruguay statt. Aus Europa nahmen nur vier Mannschaften (Frankreich, Belgien, Rumänien und Jugoslawien) teil, denn die Anreise mit dem Schiff dauerte drei Wochen. Das erste Spiel wurde am 13. Juli bei Schneegestöber vor nur 4444 Zuschauern angepfiffen. Damit die Mannschaften nach der langen Anreise nicht nach nur einem Spiel wieder heimreisen mussten, entschied man sich, drei Gruppenspiele durchzuführen. Das Turnier gewonnen hat Uruguay.

Dänischer Protest Dänemark wird an der WM mit einfarbigen Trikots auflaufen, auf denen die Logos von Verband und Ausrüster am TV nicht erkennbar sein werden. Der Trikothersteller Hummel will damit gegen die Menschenrechtslage in Katar protestieren. Allerdings stattete Hummel bis vor Kurzem selbst noch katarische Sportclubs aus.

Die erste «muslimische» WM

Die Fussball-WM in Katar wird die erste in einem muslimischen Land sein. Sie dauert 28 Tage und ist damit kürzer als die zehn Turniere seit 1982. Der Final findet am katarischen Nationalfeiertag, am 18.Dezember, statt.

ALT UND JUNG Der ägyptische Torhüter El Hadary war mit 45 Jahren der älteste je an einer WM eingesetzte Spieler. Der jüngste war der Nordire Norman Whiteside mit 17 Jahren und 40 Tagen.

Der Pokal in der Schuhschachtel

Während des Zweiten Weltkriegs fand keine WM statt. Weil Italien 1938 die letzte WM vor dem Krieg gewonnen hatte, blieb der Pokal zwölf Jahre im Besitz von Ottorino Barassi, dem VizePräsidenten des italienischen Fussballverbands. Aus Angst, die Trophäe könnte gestohlen werden, bewahrte er sie bei sich zu Hause in einer Schuhschachtel auf. Überraschende Urus

Dass Uruguay zwei WMTitel hat, erstaunt heute. Das Land hat nur 3,5 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner. Doch Anfang des 20.Jahrhunderts waren die Urus unschlagbar. Bevor 1930 die erste WM ausgetragen wurde, holte die Auswahl zweimal die Goldmedaille an Olympischen Spielen. Das lag an ihrem damals revolutionären Spielansatz: kurze, schnelle statt langer, hoher Pässe. Ausserdem gab es in Südamerika schon früh Profis.

Flimmer Dinner

Mit diesen TV-Snacks wird auch die hungrigste Meute satt.

Text: Dinah Leuenberger 

TIPP

Serviere Portionen, die in wenigen Bissen gegessen sind.

Messis letzte Chance

Katar dürfte Messis letzte WM sein. Der 35-Jährige hat in seiner Karriere alles gewonnen, ausser: die Weltmeisterschaft. Das haben ihm die grössten Legenden in diesem Sport voraus: Pelé wurde dreimal und Maradona einmal Weltmeister.

Das torreichste Spiel Die Schweiz war am torreichsten Spiel der WM-Geschichte beteiligt. Sie verlor 1954 in Lausanne 7:5 gegen Österreich. Bekennt Brasilien Farbe?

Traditionell trägt die Seleção gelbe Leibchen und blaue Hosen – nur hat sich inzwischen der ultrarechte ExPräsident Jair Bolsonaro die Farbkombination zu eigen gemacht. Die HallenfussballNati läuft deshalb neu in Blau auf. Ob es ihnen die Kollegen auf dem Rasen in Katar gleichtun werden, ist unklar. Superstar Neymar hatte sich vor den Präsidentschaftswahlen Ende Oktober für Bolsonaro starkgemacht.

Bilder: Getty Images, Migusto

Salziges Popcorn

Popcorn lässt sich nach Belieben unterschiedlich würzen. Curry, Kräuter und Wasabi sorgen für drei spannende salzige Versionen von aufgepopptem Mais.

Rezept auf migusto.ch

Corndogs

Der US-Klassiker: halbierte Wienerli oder Schweinswürstchen an Spiesse stecken, in Teig und Maismehl wenden und frittieren.

Rezept auf migusto.ch TIPP

Fingerfood sorgt für schmutzige Finger. Damit sie nicht am kuscheligen Sofa abgewischt werden, allen eine grosse Serviette, Haushaltspapier oder feuchte Waschlappen reichen.

Empanadas

Die Teigtaschen sind in den Küchen Spaniens, Mittel- und Südamerikas zu Hause. Sie werden mit Gemüse und Fleisch gefüllt und im Ofen gebacken.

Rezept auf migusto.ch

TIPP

Auf Nummer sicher gehst du, wenn du alles in Suppentellern servierst. Ist zwar weniger edel, aber garantiert klecker-sicher.

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weitere Ideen fürs Essen vor dem TV gibts bei Migusto:

Warum ist die WM in Katar so umstritten?

Arbeitsbedingungen

Als «modernen Sklavenhandel» beschrieben Menschenrechtsorganisationen die Arbeitsbedingungen in Katar: Die Arbeitgeber konnten die Pässe ihrer Angestellten einziehen und ihnen Ausreise oder Stellenwechsel verwehren. Arbeiter warteten Monate auf Lohn oder bekamen ihn gar nicht. Sich gewerkschaftlich zu organisieren, war verboten. Laut Statistikamt starben 15021 Arbeiter zwischen 2010 und 2019.

Korruption

2010 sollten 24 Fifa-Wahlmänner über die Austragungsorte der Turniere 2018 und 2022 entscheiden. Zwei aus Nigeria und Tahiti wurden schon im Vorfeld beim versuchten Stimmenverkauf erwischt und gesperrt. Von den verbliebenen 22 stimmten 14 für Katar, darunter zwei Südamerikaner, die bereits in anderen Fällen wegen Korruption verurteilt worden waren. Die Fifa und Katar bestreiten die Vorwürfe.

Hitze

Im Juli herrschen auf der Arabischen Halbinsel 40 Grad. Um Spieler und Publikum vor Hitzschlägen zu schützen, wurden die Stadien als Freiluftklimaanlagen geplant. 2015 entschied die Fifa, das Turnier erstmals nicht im Sommer, sondern zwischen November und Dezember stattfinden zu lassen. Dann liegen die Temperaturen bei rund 25 Grad.

Diskriminierung

Im Gleichstellungsindex des World Economic Forum liegt Katar auf Rang 142 von 155 Staaten. Frauen brauchen die Erlaubnis ihres männlichen Vormunds, um zu heiraten, zu arbeiten oder zu reisen. Homosexuelle Handlungen können mit Gefängnis geahndet werden. In Sachen Pressefreiheit siehts nicht viel besser aus: Laut «Reporter ohne Grenzen» liegt Katar auf Rang 128 von 180 Ländern. Das Pressegesetz erlaubt die Vorabzensur von Medien. Verstösse gegen «soziale Normen» sind verboten, über Regierung, Königsfamilie und Islam darf nur in engen Grenzen berichtet werden.

Nachhaltigkeit

Für Fifa-Präsident Gianni Infantino ist die WM in Katar die «nachhaltigste aller Zeiten». Dabei finanziert sich das Emirat hauptsächlich durch den Verkauf von Erdgas und Öl. 2019 hatte Katar die schlechteste CO2-Bilanz der Welt.

Infrastruktur

Als Katar 2010 den Zuschlag für die WM erhielt, mussten sechs der acht WM-Stadien neu gebaut werden. Die zwei anderen wurden komplett renoviert, wie der Flughafen in Doha. Dazu kommt ein neues Metronetz, das alle Stadien verbindet. 220 Milliarden Dollar soll Katar laut Schätzungen für alles bezahlt haben. Zum Vergleich: Die bisher teuerste WM mit offiziell 11,6 Milliarden Dollar gabs 2018 in Russland.

Die erste Rote Karte

Die Gelben und Roten Karten gibt es im Fussball nur, weil ein argentinischer Spieler 1966 den Rasen nicht verlassen wollte. Bis dahin sprachen Schiedsrichter Platzverweise mündlich aus. Im Publikum und am TV bekam niemand mit, was der Schiedsrichter entschied. Der Argentinier tat zunächst, als verstehe er den Schiedsrichter nicht, und verliess erst nach neunminütiger Diskussion den Platz. Damit auch allen ausser Rufdistanz klar war, was entschieden wurde, führten die Schiedsrichter danach die Ampelkarten ein. Die erste Rote Karte der WM-Geschichte sieht der Chilene Carlos Caszely 1974 im Vorrundenspiel gegen Deutschland.

Droht die nächste Doppeladler-Affäre?

NUR EIN SPIEL Indonesien ist das einzige Land, das nur ein WM-Spiel absolviert hat. Nach einer 0:6-Niederlage gegen Ungarn 1938 war das Turnier für sie zu Ende.

Die grössten Verlierer Kein Team hat an Weltmeisterschaften häufiger verloren als Mexiko, nämlich 27 Mal. Die Mexikaner haben an 21 Endrunden teilgenommen und 57 Spiele absolviert. Die Schweiz verlor mit 17 Niederlagen in 37 Spielen fast gleich oft.

Katar

Katar ist ein Zwergstaat – so gross wie die Kantone Bern und Wallis zusammen. Gemessen am Einkommen pro Kopf (96 607 US-Dollar) ist es das drittreichste Land der Welt. Staatsoberhaupt der absoluten Monarchie ist Emir Tamim bin Hamad Al Thani (42). 1980 zählte das Land gerade mal 265 000 Einwohnerinnen und Einwohner, heute knapp 2,9 Millionen.

Tamim bin Hamad Al Thani ist Staatsoberhaupt des Emirats Katar.

Përparim Avdili, freuen Sie sich auf das Spiel Schweiz - Serbien vom 2.Dezember? Wir freuen uns auf jedes Spiel der Schweizer Nati und wünschen uns, dass sie es möglichst weit schaffen. Das Potenzial dazu hätten sie.

Sie fürchten sich also nicht, dass es zur nächsten Doppeladler-Affäre kommen könnte? Nein, Fussball ist für uns eine schöne Leidenschaft und ein Ort, der Menschen verbindet. Das Spiel gegen Serbien sollte dabei nicht anders sein als jedes andere Gruppenspiel. Emotionen gehören selbstverständlich zum Fussball, und das soll auch so bleiben können – solange sie nicht in Gewalt oder Hass umschlagen.

Wie sollten wir alle damit umgehen, wenn Xhaka erneut den Doppeladler machen sollte? Ganz normal, die Geste symbolisiert weder Gewalt noch Hass. Die Geste kam überhaupt vor allem aus der Popkultur von unterschiedlichsten albanischstämmigen Menschen weltweit. Sich darüber aufzuregen, ist völlig unnötig und masslos übertrieben.

Ihr Idealszenario für dieses Spiel? Ein lockerer Sieg und 3 Punkte für die Schweiz.

Përparim Avdili ist Vorstandsmitglied des FC Kosova und FDPGemeinderat der Stadt Zürich.

Wird Argentinien Weltmeister?

Wenn es Argentinien schlecht geht, trumpft die Nationalmannschaft auf. Das war 1978 während der Militärdiktatur und 1986 während der Hyperinflation so, als Argentinien Fussballweltmeister wurde. Aktuell wird die Inflation im Land immer schlimmer.

88 %

Auf eine Frau kommen drei männliche Kataris. 88 Prozent der Bevölkerung sind ausländische Arbeitskräfte (vor allem Inder, Nepalesen und Bengalen).

UNGESCHLAGENE MANNSCHAFT Neuseeland ist die einzige ungeschlagene Nation an Weltmeisterschaften. 2010 spielten sie bei ihrer einzigen Teilnahme dreimal unentschieden und schieden aus dem Turnier aus.

Geklauter Pokal

Vor der WM 1966 in England wurde der damalige Siegerpokal, die Coupe Jules Rimet, in Westminster ausgestellt. Am zweiten Tag wurde sie gestohlen, und der Dieb forderte 15 000 Pfund Lösegeld. Er ging der Polizei ins Netz, vom Pokal fehlte aber jede Spur – bis der vierjährige CollieMischling Pickles den JulesRimetPokal beim Gassigehen in einem Park im Süden Londons entdeckte. Als sein Herrchen den Pokal bei der Polizei abgeben wollte, lachte man ihn aus. «Die Trophäe sieht nicht sehr weltmeisterlich aus, Junge», sagte man ihm. Am Ende bekam er einen Finderlohn von 6000 Pfund, was heute rund 100 000 Franken entsprechen würde. Pickles wurde berühmt und trat regelmässig im TV auf. Die Trophäe gibt es heute dennoch nicht mehr: Nachdem Brasilien 1970 zum dritten Mal Weltmeister wurde, durfte es die Coupe Jules Rimet behalten. 1983 wurde der Pokal jedoch erneut gestohlen und gilt seither als verschollen. Sollte Brasilien in Katar zum sechsten Mal Weltmeister werden, dürften sie den Nachfolgerpokal behalten.

Erfolgreiche Kontinente

Nur Nationen aus zwei Kontinenten wurden bisher Weltmeister: Europa (12) und Südamerika (9). Rekordweltmeister ist Brasilien (5), gefolgt von Italien und Deutschland (je 4), Argentinien, Frankreich und Uruguay (je 2). England und Spanien triumphierten je einmal. SO KLAPPTS NICHT Noch nie wurde eine Nationalmannschaft Weltmeister, die von einem ausländischen Trainer gecoacht wurde.

Gibt es Bier in Katar?

In der Öffentlichkeit Alkohol zu trinken, ist in Katar verboten. Einige Hotelbars sind von der Regel jedoch ausgenommen. Ein halber Liter Bier kostet dort etwa 11 Franken. Zwei Monate vor der WM gab die Fifa bekannt, dass vor und nach den Spielen um die Stadien Bier ausgeschenkt werden darf – allerdings nur an Touristen. Während des Spiels gibt es im Stadion alkoholfreies. Zum Vergleich: An der WM 2010 in Südafrika wurden über 750 000 Liter Bier verkauft.

DER TREFFSICHERSTE Der Deutsche Miroslav Klose ist mit 16 Treffern bis heute WM-Rekordtorschütze.

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