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Trocknet die Schweiz aus?

Laut Prognosen gibts Regen. Ist dies das Ende der Trockenheit? Vielerorts soll es nächstens nass werden. Dies könnte gemäss Hydrologe für die Vegetation zu einer leichten Entspannung der Lage bis Ende Woche sorgen, sofern der Regen länger anhält. Bis sich Seen und Flüsse aber erholt haben, kann es noch Wochen dauern.

Weshalb helfen gerade Gewitter nur bedingt? Dabei fällt in kurzer Zeit lokal sehr viel Regen. Oft mehr, als der Boden überhaupt aufnehmen kann. Kurzfristig zählt zwar jeder Regentropfen, mittelfristig nützen Gewitter aber wenig. Stattdessen bräuchte es grossflächige Regenmengen von 100 bis 150 Millimeter, verteilt über zwei bis drei Wochen. So könnten sich die Böden langsam sättigen und die Grundwasserreservoirs wieder füllen.

Wieso ist es in der Schweiz derzeit so trocken? In weiten Teilen des Landes gab es über mehrere Wochen oder teils Monate kaum Niederschläge. Besonders stark betroffen ist das Tessin. Hier hat es das letzte Mal im Dezember 2021 richtig geregnet. Aber auch im Norden sind seit Frühling nur selten grössere Regenmengen gefallen. Hinzu kommt, dass es seit Juni drei Hitzewellen gab. Die hohen Temperaturen liessen das Wasser aus den Böden grösstenteils verdunsten. Und bei Hitze steigt auch der Wasserbedarf in der Bevölkerung, etwa weil die Gärten und Grünanlagen häufiger bewässert werden.

Wie steht es um Seen und Flüsse? Das Wasser fehlt in allen Gewässern. Der Rhein etwa führt momentan ein Drittel seiner normalen Wassermenge. Kleinere Flüsse oder Seen wie der Lac des Brenets im Jura sind sogar fast vollständig ausgetrocknet. Fischereiverbände haben in den letzten Wochen Alarm geschlagen. Wegen tiefer Wasserstände seien die Temperaturen für viele Fischarten zu hoch. Der tiefe Pegel hat zudem negative Auswirkungen auf die Schifffahrt und auf dem Rhein besonders auf den Gütertransport.

Der Experte Die Informationen stammen von Massimiliano Zappa, Gruppenleiter und Hydrologe der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL).

Welche Folgen hat die Trockenheit für Umwelt und Landwirtschaft?

Wiesen wurden zu Heu, Pflanzen sind verdorrt, und erste Bäume zeigen braune Blätter. Einige werfen gar schon ihre Blätter ab, um den Wasserbedarf zu senken. Spürbar sind die Folgen auch in den Alpen. Viele Quellen sind ausgetrocknet, weshalb die Armee schon mehrfach Wasser in Bergregionen fliegen musste, um die Tiere mit Wasser zu versorgen und die Alpsaison zu retten.

Aktuell ist auch die Energiekrise ein grosses Thema. Welche Rolle spielt dabei Trockenheit? Da die Wassertemperatur in den Flüssen sehr hoch ist, konnte die Kühlung einiger AKWs vorübergehend nicht sichergestellt werden. Sie mussten ihre Stromproduktion deshalb drosseln, etwa in Beznau AG. Im Winter dürften zu warme Flüsse jedoch kein Problem darstellen. Anders die Stauseen: Vor allem im Süden haben sie derzeit kaum Wasser, was die Situation im Winter angesichts der drohenden Energiekrise zusätzlich verschärfen könnte.

Wird das Trinkwasser knapp? Lokal gab es erste Engpässe. So verordnete die Tessiner Gemeinde Mendrisio im Juli, dass Wasser nur noch für den Haushalt verwendet werden darf, nicht mehr aber, um den Garten zu giessen oder das Auto zu waschen. Wer gegen das Verbot verstösst, muss mit einer Busse von 10000 Franken rechnen. Seither hat sich im Tessin die Situation dank einiger Gewitter zumindest ein wenig entspannt. Dennoch ist gerade im Süden von Erholung noch keine Rede.

Müssen wir sparsamer mit Wasser umgehen? Nicht generell. Aber wir sollten uns bewusst werden, dass Wasser auch in der Schweiz knapp werden kann, zumindest regional. In solchen Fällen schlagen die regionalen Trinkwasserverbände Alarm.

Wird es künftig mehr trockene Sommer geben? Die letzten verzeichneten Hitzesommer vor 2022 waren 1947, 2003 und 2018. Während zwischen 1947 und 2003 noch mehr als 50 Jahre lagen, lassen zuletzt kürzere Abstände vermuten, dass solche Wetterextreme künftig häufiger vorkommen könnten.

Bild: Keystone

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