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DER HAUSMANN

Migros-Magazin 24, 14. Juni 2011

Forever young «Bleib jung, bezahl nie!», befiehlt ein

Mobiltelefonieanbieter auf Plakaten und verspricht: «Ein LeBänz Friedli wird ben lang gratis umworben. telefonieren!». Aber ich bin ja nicht gemeint. Den Jungen werfen sie die Handys nach, mich Oldie schröpfen sie. Das fiel mir schon auf, als unserer Anna Luna, die ja nun weiter weg zur Schule geht und daher ein Handy brauchte, im Telekommunikationsshop eine unverschämt günstige Monatspauschale offeriert wurde und die Verkäuferin auf meine Frage, ob auch ich dieses Abo lösen könne, nur lächelte – mitleidig lächelte. Ein Leben lang gratis telefonieren? Eigentlich un-

anständig, das Versprechen. Ohne dass ich nun das Kleingedruckte gelesen hätte: Wer kann denn garantieren, dass er solch eine Verheissung auch einhält? Wenn ich an die eine Telefongesellschaft meiner Jugend denke, was wäre geworden, wenn die mir damals lebenslängliches Gratistelefonieren anerboten hätte, und nun ruht sie, die PTT, in Frieden, derweil ich wohlauf bin? Okay, wohlauf ist übertrieben … Ich spüre meine Polierschulter, kann ohne Lesebrille nichts Kleingedrucktes mehr lesen, und letzte Woche schoss mir eine Hexe ins Kreuz, vom oftmaligen Bücken, weil sich am Boden noch immer Christbaumnadeln finden. Anzeige

Und was bietet man mir an? Potenzpülverchen,

Rheuma- und Arthrosemittel. Jeden Morgen ist die Mailbox voller Offerten, und mein Provider verlangt fürs Providen zwar viel Geld, schafft es aber nicht, den Spam rauszufiltern. Meist lösche ich die unerbetenen Werbemails in einem Aufwasch und habe dabei bestimmt auch schon Wichtiges getilgt … Wenn ich morgens nach dem ersten Wasserhahnenpolieren den Compi aufstarte, bin ich meist noch ziemlich trümmlig. Aber dieser Tage habe ich die Angebote mal studiert, sie stammten wahlweise von einer Josephine, einer Stephany und einem Guillermo, enthielten meist Botschaften wie «Entzücke deine Liebste im Bett!» und wollten mich auf Websites locken, wo ich «Pharma for great Sexxxx» hätte ordern können. Manche Wurfversender sind originell, auf einen Decknamen wie Fidel Macdonald muss man erst mal kommen; Betreff: «Babes will jump on your stick!» Ich verzichte auf eine Übersetzung. (Sie wissen: Leserin Gamber duldet keinen struben Jargon.) Ein «Pharmacy Express» schreibt: «Sollte es deinem kleinen Kumpel da unten im Ernstkampf an Straffheit mangeln …» Pardon, was heisst hier «Ernstkampf»? Ein besonders Hartnäckiger nennt sich bald Tinah, bald Kermit und zielt

in holperigem Englisch täglich auf meine Schwachstellen: «Weisst du, wie du die hässlichen Falten in deinem Gesicht loswerden kannst?» Dreist preist er ein Wundermittelchen an, das gegen Leberzirrhose genauso wirke wie gegen Impotenz und den Blutdruck samt Cholesterinspiegel regeln könne. Stets verspricht er ewige Jugend.

«Ein Leben lang gratis telefonieren!» Wie ich mich auf den alten Dylan freue! Ob er

«Forever Young» auch in Sursee als letzte Zugabe spielt, wie er es im April in Asien und Australien getan hat? Das wäre schön. Aber wer wollte tatsächlich für immer jung sein? Ich nicht. Den Bob Dylan zum Beispiel mag ich erst so richtig, seit ich 40 wurde. Übrigens kam noch Post aus Amerika (richtige altmodische Post!) von der Rockfibel «Rolling Stone». Die wissen offenbar, dass ihre Leserschaft allmählich in die Jahre kommt, und bieten mir ein Abonnement «auf Lebzeiten» an. Das nehm ich! Storys über Dylan und so … Bänz Friedli (46) lebt mit seiner Frau und den beiden Kindern in Zürich.


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