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Erziehung

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Meine Welt

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Mami sagt dies, Papi sagt das

Sollten Eltern vor ihren Kindern immer als Einheit auftreten? Oder kann der Nachwuchs gut mit verschiedenen Standpunkten umgehen? Tipps einer Erziehungsberaterin.

Text: Kristina Reiss Illustration: Lisa Rock

«Nein, kein Hörspiel mehr, du gehst jetzt ins Bett», sagt die Mutter mit Nachdruck. Darauf das Töchterchen: «Dann frag ich halt den Papi.» Beiden ist klar: Dieser wird weitere 15 Minuten «Petterson und Findus» erlauben. Das Kind freut sich, die Mutter fühlt sich in ihren Erziehungsansätzen untergraben. Doch müssen sich Eltern eigentlich immer einig sein?

Fakt ist: Unterschiedliche Vorstellungen über Erziehung sind mit am häufigsten schuld, wenn es zwischen Eltern kracht. Was nur natürlich ist, findet Erziehungsberaterin Bernadette Amacker, die in ihrer Aarauer Praxis Familien berät. Schliesslich ist jeder Mensch individuell und bringt seinen eigenen Rucksack an Erfahrungen mit. Dass Mami und Papi «gleich streng sind», sei deshalb eher die Ausnahme – und nicht weiter schlimm. «Nur wenn die Eltern nie an einem Strang ziehen, leidet das Kind.»

Unterschiede akzeptieren Wichtig findet die Expertin jedoch, dass sich die Erziehungsberechtigten in den zentralen Fragen einig sind, etwa bei Themen wie: Wann ist Bettzeit? Welche Regeln gelten am Tisch? Oder auch: Wie viel Medienkonsum ist erlaubt? Bei den Nebenschauplätzen hingegen könnten Eltern ruhig unterschiedlicher Meinung sein und das auch so kommunizieren («Ich sehe das anders als Mami»). Schliesslich gehe es nicht darum, Konflikte vor den Kindern zu vermeiden, sondern diese respektvoll auszutragen. Dann sind Mutter und Vater das beste Vorbild.

Und was ist mit dem Töchterchen, das den Papi so geschickt um den Finger wickelt? «Einmal ist das okay, aber es darf nicht zur Regel werden», findet Amacker. Gegeneinander ausspielen lassen sollten sich Eltern nicht. Muss es im hektischen Alltag schnell gehen, ist es allerdings auch in Ordnung, eine zunächst getroffene Entscheidung ausnahmsweise zu revidieren («Ich habe vorhin zwar gesagt, du darfst noch draussen spielen. Aber wenn ich es mir richtig überlege, ist es dafür zu spät, weil wir einen Zahnarzttermin haben»). «Eltern müssen nicht perfekt sein – auch das lernen Kinder.»

Überhaupt kann elterliche Uneinigkeit eine Bereicherung für den Nachwuchs sein, weil er so Vielseitigkeit erlebe, so Bernadette Amacker. «Ich war zum Beispiel bei unseren Kindern in sportlichen Sachen immer eher die Ängstliche, während mein Mann hier grosszügiger war. Für Kinder ist das eine gute Chance, verschiedene Ansätze zu erleben.» MM

Was hilft, wenn Eltern in Erziehungs- fragen uneinig sind?

Akzeptieren, dass es Unterschiede gibt. Am Anfang einer Beziehung sind Gegensätze oft anziehend, später können sie anstrengend wirken. Wichtig ist dann, die Meinung des anderen zu respektieren.

Zuständigkeiten klären. Wer ist für welches Thema verantwortlich? Lösung: Wem eine Sache am Herzen liegt beziehungsweise wer in einem Thema fit ist, hat das Sagen. Der andere fällt ihm dann nicht in den Rücken.

Es gibt Ausnahmen von Regeln. Diese dürfen jedoch nicht so aufgeweicht werden, dass sie nicht mehr erkennbar sind; wird eine Regel zehnmal befolgt, ist eine Ausnahme okay.

Sich als Eltern für Entscheidungen Zeit nehmen. Es ist in Ordnung zu sagen: «Wir wollen uns erst besprechen.» Ein wöchentlich einberufener Familienrat kann zudem Mutter und Vater ebenfalls Zeit verschaffen, einen gemeinsamen Standpunkt zu finden.

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