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Butt Lift oder Botox?

Wann sind wir schön, Frau Forster?

Gemachte Brüste, gespritzte Lippen, gepolsterter Po: Nie zuvor wurde so offen über Schönheitseingriffe gesprochen wie heute. Die plastische Chirurgin Natasha Forster findet das gut – sofern man auch über Risiken spricht.

Text: Dinah Leuenberger, Lisa Stutz

Bilder: Getty Images, Keystone, Mauritius Images, Paolo Dutto Natasha Forster, was muss man jetzt gerade haben, um «gut auszusehen»? Das unterscheidet sich je nach Kultur und Alter. Was ich schön finde, ist für 20-Jährige nicht ansprechend – und umgekehrt. Es gibt beliebte Strömungen, die ich überhaupt nicht schön finde.

Zum Beispiel? Es wird aktuell viel in grosse, klobige Augenbrauen investiert. Das finde ich nicht schön. Ich stelle mir diese armen Menschen in zehn Jahren vor – dann ist das sicher nicht mehr in. Und auch ein grosser Po ist angesagt, stärker noch als die Brüste.

Die meisten Menschen haben von Natur aus keine dicken Augenbrauen und keinen Kim-Kardashian-Po. Wenn man das unbedingt will, kann man nachhelfen. Zum Beispiel kann man sich die Augenbrauen tätowieren lassen. Beim Po kommt es darauf an, was man schon mitbringt. Der «Brazilian Butt Lift» ist gerade sehr beliebt. Was passiert bei diesem Eingriff? Man saugt unerwünschtes Fett ab, zum Beispiel am Bauch oder den Reiterhosen, und spritzt es in den Po. Eigentlich ist der Name aber falsch, denn man hebt den Po damit nicht an, sondern vergrössert ihn einfach. Und die OP stammt auch nicht aus Brasilien, sondern wurde in Brooklyn, NY, erfunden.

Viele Eingriffe tragen Namen wie diesen. Behandlungen wie «Mommy Makeover» oder «Vampir-Lifting» tönen wie Nagellackfarben. In der Schönheitschirurgie geht es um Marketing – darum, die Operationen zu verkaufen. Trägt ein Eingriff einen gefürchigen, medizinischen Namen, den sich niemand merken kann, wird er nicht verkauft.

Schönheitseingriffe sind dadurch salonfähig geworden. Es ist gut, dass wir über Schönheitseingriffe sprechen. Alle Menschen sind eitel, und der Übergang von Make-up über Botox zum Facelift ist fliessend, denn alle haben das gleiche Ziel: besser auszusehen. Aber: Wir sprechen zu wenig über die Risiken und bleibenden Folgen von ästhetischen Eingriffen. Es fehlt oft eine ausreichende Information vor dem Eingriff.

Was sind denn die Risiken, abgesehen von der lebenslänglich breit tätowierten Augenbraue? Der «Brazilian Butt Lift» zum Beispiel ist technisch unkompliziert. Trotzdem kann es zu Komplikationen kommen, die im schlimmsten Fall tödlich enden. Etwa wenn ein Fetttropfen ins Blutsystem gelangt. Dies kann zu einer Lungenembolie führen. Eine Weile war die OP deswegen in einigen Ländern verboten. Inzwischen ist die Technik ausgereift, und damit sind die Risiken überschaubarer geworden. Doch ich habe auch

Natasha Forster

Die Fachärztin für plastische, rekonstruktive und ästhetische Chirurgie ist kein Fan von Schlauchbootlippen oder dick tätowierten Augenbrauen. Doch die 44-Jährige findet: Alle sollen für sich selbst definieren, was schön ist. Für sie persönlich sind Natalie Portman und Grace Kelly die schönsten Frauen der Welt. Forster führt mit ihrem Praxispartner die Klinik Swisspark in Zürich, wo sie auch lebt.

eine junge Frau erlebt, der nach einem Brazilian Butt Lift ein ganzes Hautareal abgestorben ist. Nach zig Operationen ist das verheilt, sie hat jetzt aber eine riesige Delle im Hintern – und das war definitiv nicht das Ziel.

In Zoom-Meetings sehen wir uns ständig selber. Das führt dazu, dass man immer mehr Makel an sich entdeckt. Gibt es seit Corona mehr Schönheitsoperationen? In meiner Praxis erlebe ich keine grosse Veränderung. Aber ich lese und höre schon, dass die Menschen lockerer wurden mit Eingriffen, auch was das Portemonnaie betrifft. Wenn man sich ständig in der unvorteilhaften Kamera sieht, entdeckt man mehr Makel. Und: Eingriffe kann man im Homeoffice einfacher auskurieren. Nach einer Lidstraffung sieht man zwei Wochen lang aus wie ein Pandabär.

Schönheitsoperation? Lippen aufzuspritzen scheint heute eher die Aufgabe einer Kosmetikerin zu sein. Sobald eine Betäubung und Messer nötig sind, handelt es sich um Chirurgie. Alles andere, was mit Nadeln zu tun hat, nicht invasiv ist und bei dem das Produkt nicht im Körper bleibt, sondern abgebaut wird, gilt als Behandlung. Es ist klar geregelt, was die Kosmetikerin machen darf und was nur die Ärztin. Aber ich gehe davon aus, dass sich nicht immer alle an diese Regeln halten. Auch in der Schweiz nicht.

Welche Ausbildung braucht man, um in der ästhetischen Chirurgie arbeiten zu können? Man macht den Facharzt plastische, rekonstruktive und ästhetische Chirurgie. Da gehören Schönheits-, Hand-, Rekonstruktions- und Verbrennungschirurgie dazu. In der Ausbildung lernt man alle ästhetischen Eingriffe sowie die Anwendung von Botox und Filler. Heikel ist, dass die rein ästhetische Chirurgie kein geschützter, reglementierter Bereich ist. Im Prinzip kann jeder Arzt unabhängig von seiner Facharztausbildung ästhetische Eingriffe verkaufen.

Warum sind Sie plastische Chirurgin geworden? Meine Faszination mit der Chirurgie begann, als ich als Zehnjährige wegen einer Blinddarmentzündung selbst unters Messer musste. Während meiner chirurgischen Grundausbildung erkannte ich dann rasch, dass die plastische Chirurgie das Gebiet ist, in der Kreativität, manuelle, teilweise sehr filigrane Arbeit und medizinische Problemlösung perfekt vereint sind.

Als Ärztin könnten Sie auch Leben retten. Nicht nur Leben retten ist sinnvoll. Wenn ich die Lebensqualität von jemandem verbessern kann, ist das auch sinnvoll. Hat beispielsweise eine junge Frau komplett asymmetrische Brüste, ein A-Körbchen und ein D-Körbchen, dann leidet sie enorm. Dann ist die ästhetische Chirurgie sinnvoll. Sie arbeiten heute vor allem im rekonstruktiven Bereich. Welche Operationen führen sie am häufigsten aus? Tumorchirurgie, zum Beispiel bei Brustkrebs. Auch grosse Hautkrebse, die sich im Gesicht befinden. Ich mache auch viel körperkontrollierende Chirurgie. Diese beinhaltet Straffungsoperationen und die Entfernung von überschüssiger Haut nach einem massiven Gewichtsverlust.

Spielen auch in diesem Bereich Schönheitsideale eine Rolle? Absolut. Das erste Ziel ist natürlich, die Funktion wiederherzustellen und alles Krankhafte wegzubringen. Das Zweite ist, dass es schön aussehen soll.

Sind denn Leute undankbar, die gesund sind und sich freiwillig unters Messer legen? Niemand, der keinen Leidensdruck hat, lässt sich operieren.

«Ich finde den Begriff Schlauchbootlippen treffend.»

Wie reagieren Sie, wenn eine hübsche Frau zu Ihnen kommt, um etwas machen zu lassen? Wenn eine junge Frau mit Körbchengrösse Minus A kommt und sagt: «Ich sehe aus wie ein Mann, ich würde gerne ein Cup B ausfüllen», ist das eine klare, objektiv nachvollziehbare Ansage. Damit kann ich arbeiten. Es gibt aber Frauen, die generell mit sich unzufrieden sind und das auf unspezifische Wünsche nach äusserlicher Veränderung projizieren. Die schicke ich wieder weg.

Wie reagieren sie dann? Sehr unterschiedlich. Einige sind froh, dass eine Expertin sagt, sie bräuchten keinen chirurgischen Eingriff. Andere versuchen mich zu überzeugen, es doch zu tun. Wenn der Patient einem das Gefühl gibt, man könne doch etwas tun, hinterfragt man vielleicht das eigene Urteil.

Eine Gratwanderung. Definitiv. Und ich glaube, jede Chirurgin und jeder Chirurg ist da schon auf die Nase gefallen und denkt sich bei der einen oder anderen Operation: «Das hätte ich nicht machen dürfen.»

Sie selbst auch? Ja. In der Chirurgie ist das Beste oft der Feind des Guten. Darum ist Bedenkzeit nach dem Aufklärungsgespräch wichtig. Und ganz zentral ist die Abstimmung: Reden Patient und Chirurgin wirklich vom Gleichen?

Welchen Eingriff würden Sie nie vornehmen – und auch niemandem empfehlen? Den «Brazilian Butt Lift» würde ich nicht machen. Auch Nasenoperationen und Facelifts biete ich nicht an – nicht, weil ich prinzipiell dagegen bin, aber man ist nur in jenen Dingen gut, die man regelmässig macht.

In den letzten Jahren wurde ein Begriff populär, von dem wir gerne wissen würden, was Sie davon halten: Schlauchbootlippen. (lacht) Ich finde den Begriff sehr treffend. Jeder hat sofort ein Bild vor Augen. Ich verstehe allerdings nicht, wie man das schön finden kann. Der Anblick irritiert ja die meisten von uns.

Warum eigentlich? Meine Theorie ist, dass die Lippen im falschen Verhältnis gespritzt werden. Alles, was in der Natur als schön gilt, folgt Da Vincis Goldenem Schnitt; dem Verhältnis 1 zu 1,6. Bei einer «perfekten Lippe» ist das Verhältnis von Unter- zu Oberlippe genau im Goldenen Schnitt. Bei den Schlauchbootlippen werden beide Lippen gleich dick aufgefüllt, sie sind dann auch zu gross im Verhältnis zum Gesicht. Das ist für das Auge irritierend.

Manche Menschen scheinen süchtig nach Schönheitseingriffen zu sein. Gibt es das? Das Problem ist, wenn jemand primär den Wunsch hat, anders

Fakten

Pro Jahr werden in der Schweiz ca. 90000 Schönheitsoperationen durchgeführt

Die Top 3 der am häufigsten durchgeführten Eingriffe sind: Brustvergrösserung, Schlupflider und Liposuktion (Fett absaugen).

Das Geschlechterverhältnis bei ästhetischen Eingriffen ist in den letzten Jahren konstant geblieben: ca. 88 Prozent Frauen, ca. 11 Prozent Männer, Rest ohne Angabe oder Divers.

Timmie Jean Lindsey (geb. 1932) hat 1962 die allerersten Brustimplantate aus Silikon erhalten. Sie trägt die Prothesen immer noch.

Viele der heute etablierten plastischchirurgischen Techniken wurden während des Ersten Weltkriegs entwickelt, um entstellende Kriegsverletzungen zu behandeln.

Die fünf wichtigsten nichtchirurgischen Eingriffe sind: Botox (43,2% aller nicht chirurgischen Eingriffe), Hyaluronsäure (28,1%), Haarentfernung (12,8%), nichtchirurgische Fettreduktion (3,9%) und Fotoverjüngung (3,6%).

zu sein. Die Hoffnung, mit der Veränderung eines einzigen äusserlichen Merkmals sein ganzes Wesen zu verändern, wird dann oft enttäuscht. Dann versucht man eins nach dem anderen.

Steckt also immer etwas Tiefgründigeres dahinter? Ich will damit absolut nicht sagen, dass die Leute spinnen. Alle von uns haben ein paar Dinge, die wir an uns selber nicht so toll finden. Der Leidensdruck ist aber meistens nicht hoch genug, um 20000 Franken für eine Korrektur ausgeben zu wollen. Im Grossen und Ganzen sind wir zufrieden und können uns mit unseren Makeln so weit arrangieren, dass sie kein konstantes Thema sind. Und dann gibt es Leute, bei denen das nicht so ist. Kostet eine Brustvergrösserung 20 000 Franken? Nicht ganz. Der Preis in der Schweiz variiert wohl zwischen 6000 und 12000 Franken. Es gibt aber auch Billiganbieter oder 2-für-1-Angebote. In der ästhetischen Chirurgie kann man verlangen, was man will.

Warum wird das nicht reglementiert? Ästhetische Eingriffe gelten im Gegensatz zu anderen chirurgischen Eingriffen, die unter dem Krankenversicherungsgesetz stehen, formell wie Pediküren oder Massagen, sind also reine Dienstleistungen. Bei einer Luxushandtasche zum Beispiel ist die preisliche Obergrenze auch dadurch definiert, was der Kunde zu zahlen bereit ist. Gut ist das definitiv nicht. Viele können sich kosmetische Eingriffe in der Schweiz nicht leisten. Sie gehen ins günstigere Ausland. Ist das gefährlich? Jein. Das Hauptproblem ist aus meiner Sicht die Nachsorge. Wenn irgendwas ist, sitzen die Patientinnen schon im Flieger. Zu Hause landen sie bei jemandem von uns. Im Ausland gelten auch andere Regeln und Standards. In Ländern wie der Türkei gibt es hervorragende Chirurgen. Aber es gibt eben auch absolute Scharlatane. Die gibt es zwar bei uns genauso, aber im Ausland sind sie wesentlich schwieriger zu identifizieren.

Geht man in anderen Ländern weiter als in der Schweiz? Die USA, Brasilien und Korea sind die Top-3-Länder, was Schönheitsoperationen angeht. Die Schweiz ist wahrscheinlich in den Top 10. Aber ästhetische Chirurgie ist überall ein Thema. Ich mache auch humanitäre Einsätze, zum Beispiel im Nahen Osten. Und gar bei Kriegsopfern, bei denen man erwarten würde, dass andere Themen im Vordergrund stehen, ist der Wunsch, schön auszusehen, gross.

Haben Sie selber schon etwas an sich machen lassen? (lacht) Nein, aber nicht, weil ich grundsätzlich dagegen bin. Insgesamt hatte ich mit meinem Körper Glück. Natürlich gibt es Dinge, die mich an mir stören, aber nicht genug, um mich ihnen chirurgisch zu widmen. Der Körper ist am Ende des Tages ein Wunder. Ich bin froh, dass er bei den meisten von uns einwandfrei funktioniert. MM

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