Migros Magazin 10 2009 d OS

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Migros-Magazin 10, 2. März 2009

reportage

Von Swisscontrol zu Skyguide

Schicht arbeite, stellen sich immer wieder andere Situationen ein. Mir wird es nie langweilig.» Wie Valerie Jost sind auch ihre Berufskollegen von der Fliegerei fasziniert. Gewitter oder Schneefall sowie ein hohes Verkehrsaufkommen während der Schulferien können die geplanten Flugrouten und damit den Berufsalltag allerdings gehörig durcheinander bringen. In solchen Fällen sei es besonders wichtig, wie in einem Orchester eng zusammenzuarbeiten. «Schuld» daran, dass sie im Tower arbeitet, ist ihr Mann, wie sie mit einem Schmunzeln anfügt: «Als ich ihn fragte, was die Leute im Kontrollturm arbeiten, hat er geantwortet: ‹Die sitzen weit oben und geniessen die schöne Aussicht.›»

Mit rund 1400 Mitarbeitenden an 14 Standorten gehört Skyguide zu den grossen Arbeitgebern in der Schweiz. Zwei Drittel davon sind im Flugsicherungsbetrieb, etwa ein Viertel im Technischen Dienst beschäftigt. Einen Teil des Flugsicherungsbetriebs stellen die schweizweit 430 Flugverkehrsleiter sicher. Davon arbeiten in Dübendorf 180. Der Hauptsitz von Skyguide befindet sich in Genf. Derzeit werden Szenarien geprüft, nur noch mit einem einzigen Kontrollzentrum den gesamten Schweizer Luftraum zu überwachen. Dieses Projekt ist allerdings noch Zukunftsmusik, soll es doch erst im Jahr 2020 umgesetzt werden. Momentan gibt es in Europa 75 Kontrollzentren. In der Schweiz hat die Flugsicherung eine lange Tradition, übertrug doch das Eidgenössische Luftamt der damaligen Radio Schweiz AG bereits am 1. Januar 1931 die Zuständigkeit. Daraus entstand 1988 die Swisscontrol, die sich seit dem 1. Januar 2001 Skyguide nennt.

Knallpetarden gegen Vögel am Pistenrand Dann nimmt Valerie Jost den Feldstecher und beobachtet die Umgebung. «Fliegen Vögel neben der Piste, geht das in Ordnung. Wenn nicht, können die Tiere für den Flugbetrieb gefährlich werden», erklärt die erfahrene Leiterin. In einem solchen Fall informiert sie den Flugplatzhalter. Dieser verscheucht die Störenfriede mit Knallpetarden. Einst war der Beruf des Fluglotsen eine reine Männerdomäne. Von den acht Kandidaten, die sich im Oktober 2007 für eine dreieinhalbjährige Ausbildung zum Fluglotsen entschieden, waren jedoch fünf Frauen. Darunter auch die Pilotengattin Chiara Gördes. «Als Fluglotse kommt man nur in Frage, wenn man mit Stress und Verantwortung umgehen kann», meint sie. In der Ausbildung simuliere man Extremsituationen. Ausgleich dazu findet sie beim Klavierspiel von Beethovens «Für Elise» oder beim Sport. «Gerade beim Gleitschirmfliegen kann ich so richtig abschalten.» Im freien Fall scheint für sie die Hektik ihres Jobs Lichtjahre entfernt zu sein. Ob sie nach dem Absprung in der Luft von Skyguide überwacht und als grüner Punkt erkannt wird?

Text Reto E. Wild Bilder Herbert Zimmermann

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Die Lizenz zum Lotsen

Der Feldstecher als wichtiges Arbeitsgerät im Kontrollturm des Flughafens Zürich: Valerie Jost stellt sicher, dass sich keine Vögel in Pistennähe aufhalten. Die Bildschirme zeigen die An- und Abflüge.

Wer sich zum Fluglotsen ausbilden will, muss zwischen 19 und 30 Jahre alt sein, die Matura haben (möglich sind auch eine kaufmännische oder eine technische Berufslehre mit Fähigkeitszeugnis), den Schweizer Pass (Alternative: Niederlassungsbewilligung C) sowie sehr gute Englischkenntnisse. Logisches Denken, psychische Belastbarkeit, ein hohes Verantwortungsbewusstsein und Zuverlässigkeit sind weitere Voraussetzungen. Die Grundausbildung im Trainingszentrum in Dübendorf ZH dauert zwei Jahre und beginnt jeweils im April, Juli sowie im Oktober. Erst mit der 1,5 Jahre dauernden Weiterbildung erhalten die Flugverkehrsleiter ihre Lizenz. Diese werden mit dem 55. Altersjahr pensioniert. rw


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