Migros magazin 09 2014 d ne

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MENSCHEN

MIGROS-MAGAZIN | NR. 9, 24. FEBRUAR 2014 |

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PORTRÄT | 25

Gförchige Kunst

Roger Stalder ist Lozärner Fasnächtler durch und durch. Der Maskengestalter fertigt für Guggenmusiker und Wagengruppen gruselige Fratzen, Ungeheuer und Narrengesichter aus Kunststoff an. Ein Atelierbesuch.

K

Der Gothic-Clown beweist: Humor kann auch ziemlich düster sein.

rieger, Kürbisköpfe, Drachen, Monster: Roger Stalder ist der Meister der «gförchigen Grende». Seit 22 Jahren stellt der 41-Jährige Fasnachtsmasken her. Früher als Hobby, heute hauptberuflich. Betritt man Stalders Atelier in Sursee LU, schlägt einem sofort der beissende Geruch von Terpentin und Farben entgegen. Direkt beim Eingang stehen ein Dutzend grimmige Masken, daneben liegt ein Sack mit Plastikaugen. An der Wand hängen Bilder zur menschlichen Anatomie, und auf der Werkbank liegt Töpferwerkzeug bereit,um dem Modellkopf aus Plastilin Haare, Lippen oder Ohren zu verleihen. In der Spritzkabine schliesslich haucht der Maskenmacher seinen Fratzen Leben ein, verpasst ihnen Furchen und Falten. Das geschieht mit Airbrushtechnik aus der Druckpistole.

Das Motto der Guggenmusik bleibt bis Fasnachtsbeginn geheim Roger Stalder befindet sich mitten im Endspurt, denn am 27. Februar, dem Schmutzigen Donnerstag, geht es los: Die Wagengruppen und «Guuggenmusigen» ziehen durch die Luzerner Gassen und machen mit Pauken und Trompeten dem Winter den Garaus. Bis dahin

Teuflisch fies: Der Bösewicht aus dem Film «Legend».

wird Stalder bereits die eine oder andere Nachtschicht hinter sich haben. Rund zwölf Guggenmusiken stattet er pro Saison mit Masken oder «Grende», wie die Luzerner sagen, aus. Der Surseer ist auf Filmhelden und -schurken spezialisiert, die Auftragslage hingegen schaut meist anders aus: Dieses Jahr wünschen die Kunden eine «Bikersau» oder einen Harald Glööckler, den glitzernden Modezaren aus Deutschland. Aktuell besonders beliebt ist auch das Motto Ikea, also hat Stalder kurzerhand ein Modell mit geblümtem Lampenschirm auf dem Kopf kreiert. Welche Guggenmusik welches Motto hat, ist indes streng geheim und soll erst am Schmutzigen Donnerstag mit viel Getöse präsentiert werden. Die Fasnacht spielt auch in Roger Stalders Privatleben eine grosse Rolle. Zwischen Schmutzigem Donnerstag und Güdisdienstag macht er selbst die Gassen unsicher, ist sogar Präsident einer Surseer Wagenbaugruppe. Woher kommt die Faszination für Fasnachtsmasken? «Ich bin ein wenig vorbelastet», antwortet er schmunzelnd. Das «Fasnächtele» liege einfach in der Familie. Schon als Kind habe er mit seinem Onkel leidenschaftlich gerne Masken gebastelt. Weniger leidenschaftlich hingegen habe er in der Guggenmusik Posaune gespielt. Deshalb begnügt er sich heute mit einer Wagenbaugruppe ohne Orchester. Was für Stalder zählt, ist das Gemeinschaftsgefühl. «Alles ist möglich, man taucht komplett ab in eine andere Welt.» In das Motto stürze er sich voll rein: «Mein Kostüm für dieses Jahr hat sogar mehr gekostet als einst mein Hochzeitsanzug», gesteht er. Seine Frau Andrea (42) hat er bei der Guggenmusik kennengelernt. «Und obwohl man sagt, solche Beziehungen hielten nicht lange, sind wir seit 22 Jahren zusammen.» Da sowohl Andrea als auch die gemeinsamen

Ganz schön grün im Gesicht: Auch dieser Gnom lehrt einen das Gruseln.


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