Liebigstraße aktuell - Das Gesundheitsmagazin des Universitätsklinikums Leipzig | Ausgabe 02/2014

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Titelfoto: Stefabn Straube Normalbetrieb Frühchenstation arbeitet wieder ohne Einschränkungen SEITE 4 Vorsorge Richtige Erwärmung kann vor Skiverletzungen schützen SEITE 7 Wechselwirkung Medikamente können sich negativ beeinflussen SEITE 14 DAS GESUNDHEITSMAGAZIN DES UNIVERSITÄTSKLINIKUMS LEIPZIG 02/2014 | 23.01.2014 Jahresauftakt im Grassi

DER AUGENBLICK

Erinnerung an einen Nobelpreisträger

Im Park hinter dem Frauen- und Kinderzentrum erinnert ein Gedenkstein an den Neurophysiologen und Biophysiker Bernard Katz. Der in Leipzig geborene Katz studierte und promovierte von 1929 bis 1934 an der hiesigen Universität. 1935 musste Katz aufgrund seiner russisch-jüdischen Abstammung nach England emigrieren, wo er seine Forschungen zu Signalsubstanzen in den Nerven fortsetzte und am University College in London lehrte.

Auf dem Gedenkstein, der vom Leipziger Bildhauer Markus Gläser gestaltet wurde, ist neben einem Lebenslauf ein Muskel zu erkennen – ein Verweis auf Katz‘ Forschungen zur Aufklärung des Mechanismus der Freisetzung des Neurotransmitters Acetylcholin, für die er 1970 gemeinsam mit Ulf von Euler und Julius Axelrod den Nobelpreis für Medizin erhielt.

UKL-Unfallchirurg übernimmt Präsidentschaft

Prof. Christoph Josten steht seit Januar Fachgesellschaft vor / Kongress kommt 2014 nach Leipzig

Seit Jahresanfang 2014 ist Prof. Christoph Josten (59) neuer Präsident der Deutschen Wirbelsäulengesellschaft (DWG).

IMPRESSUM n

Liebigstraße aktuell

Das Gesundheitsmagazin des Universitätsklinikums Leipzig

Herausgeber:

Universitätsklinikum Leipzig AöR

Der Vorstand

Liebigstraße 18 04103 Leipzig

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Telefax: (0341) 97 15 909

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Redaktion:

Helena Reinhardt (v.i.S.d.P.),

Ines Christ, Frank Schmiedel.

Universitätsklinikum, Leipzig AöR. 8. Jahrgang

In Kooperation mit der Redaktion der LEIPZIGER VOLKSZEITUNG.

Druck: Leipziger Verlags -und Druckereigesellschaft mbH& Co. KG, Peterssteinweg 19, 04107 Leipzig

Der Direktor der UKL-Klinik für Unfall-, Wiederherstellungs- und Plastische Chirurgie übernimmt für ein Jahr die Leitung der medizinischen Fachgesellschaft, die mit 1300 Mitgliedern die größte Wirbelsäulengesellschaft Europas ist.

„Ich freue mich über diese Ehre und die damit verbundene Aufgabe, die auch Anerkennung unserer hier in Leipzig auf dem Gebiet der Wirbelsäulendiagnostik und -therapie geleisteten Arbeit darstellt“, so Josten, der seit 1997 die Klinik für Unfallund Wiederherstellungschirurgie am Universitätsklinikum Leipzig leitet.

Ziel seiner Tätigkeit als Präsident wird die weitere Förderung der fachübergreifenden Zusammenarbeit von Unfallchirurgen, Orthopäden und Neurochirurgen bei der Behandlung von Wirbelsäulenerkrankungen sein. „Die für den Patienten optimale Versorgung erfordert eine enge, abgestimmte Ko-

operation vieler Fachexperten, die ihr gesammeltes Wissen einbringen, um die individuell beste Therapieform zu finden“, so Josten. Gleichzeitig übernehmen Prof. Josten und sein Wirbelsäulenteam damit die Organisation des Jahreskongresses der DWG, der im Dezember 2014 in Leipzig stattfindet. Mit fast 2000 Teilnehmern ist diese Tagung einer der größten Kongresse in Europa für den Bereich der Wirbelsäulenerkrankungen und -verletzungen.

Die Deutsche Wirbelsäulengesellschaft ist die mitgliederstärkste Wirbelsäulen-Fachgesellschaft in Europa. Die circa 1300 Mitglieder setzen sich vorrangig aus Ärzten und Wissenschaftlern, aber auch anderen an dem Thema Wirbelsäule Interessierten zusammen.

Nach 2012, als Prof. Josten bereits Präsident der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU), sowie Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) war, ist dies nun die zweite bedeutende Präsidentschaft einer wissenschaftlichen Gesellschaft innerhalb kurzer Zeit. Helena

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Foto: Stefan Straube Prof. Dr. Christoph Josten vom Universitätsklinikum Leipzig ist neuer Präsident der Deutschen Wirbelsäulengesellschaft (DWG). Foto: Stefan Straube

viel gelernt und gehen gerade deshalb gestärkt ins neue Jahr“

Universitätsmedizin Leipzig blickt beim Neujahrsempfang auf ein bewegtes Jahr 2013 zurück

Das Universitätsklinikum Leipzig und die Medizinische Fakultät der Universität Leipzig blickten beim gemeinsamen Neujahrsempfang zurück auf ein bewegtes Jahr 2013. Unter den fast 400 Gästen des traditionell im GrassiMuseum stattfindenden Empfangs waren auch die Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst, Prof. Sabine von Schorlemer, und die Staatsministerin für Soziales und Verbraucherschutz, Christine Clauß.

Die Redner waren sich einig darin, dass das zurückliegende Jahr ein besonders herausforderndes und gerade deshalb auch erfolgreiches war. „Wir haben sehr viel gelernt über Unwägbarkeiten und darüber, welche Energien Herausforderungen freisetzen können“, sagte Prof. Wolfgang E. Fleig, Medizinischer Vorstand des Universitätsklinikums Leipzig. Das Klinikum ginge mit einem Wissensvorsprung aus den intensiven internen Aufarbeitungen und Umstrukturierungen der letzten zwei Jahre hervor. Dazu gehört die Neuordnung der gesamten Abläufe in der Transplantationsmedizin ebenso wie die erfolgreiche Beendigung der Häufung des multiresistenten Erregers KPC durch die Umsetzung eines umfangreichen und beispielgebenden Hygienereglements. Wie notwendig dies immer wieder ist, zeigte sich zum Jahresende, als dadurch frühzeitig die Besiedlung mit dem ESBL-Erreger auf der Neonatologie festgestellt und erfolgreich bekämpft werden konnte. „Auch wenn wir uns gut gerüstet sehen und mittlerweile Standards setzen, wird diese Herausforderung durch multiresistente Erreger uns ständig begleiten“, so Fleig. Er dankte allen Mitarbeitern, die durch besonderen Einsatz dazu beigetragen haben, die umfassenden Hygieneregeln umzusetzen und das Transplantationsprogramm nahtlos weiterzuführen.

Dank dieses großen Einsatzes konnten auch 2013 wieder wichtige Meilensteine in der Weiterentwicklung des UKL erreicht werden: So wurde das Institut für Transfusionsmedizin am UKL, das älteste deutschlandweit, nach Sanierung an historischer Stätte wiedereröffnet und im Dezember nach nur neun Monaten Bauzeit die zweite betriebsnahe Kita am UKL eröffnet, womit das Klinikum jetzt zu den Unternehmen mit einem der umfangreichsten Kinderbetreuungsangeboten gehört.

Auch für die weitere bauliche Entwicklung des Uniklinikums wurde 2013 ein wichtiger Grundstein gelegt. Der Freistaat Sachsen hat zum Jahresende 2013 dem UKL dafür 85 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. „Das ermöglicht uns jetzt, die Planungen für die notwendige Erweiterung CampusOst auf der Fläche des rückgebauten Bettenhauses voranzutreiben“, zeigte sich Ekkehard Zimmer, Kaufmännischer Vorstand des UKL, zufrieden. Zimmer verwies ebenfalls auf das beeindruckend große Engagement, das alle Mitarbeiter des UKL in dem bewegten Jahr 2013 an den Tag gelegt haben. „Das ist ein Zeichen dafür, dass uns allen, wie unser Leitspruch sagt, Medizin nicht nur Beruf, sondern Berufung ist“, so Zimmer. Die außergewöhnlichen Belastun-

gen in 2013 führten letztlich dazu, dass trotz gleichbleibend hoher Leistungszahlen bei stationären als auch bei ambulanten Patienten das Universitätsklinikum erstmals seit Jahren mit einem negativen Jahresergebnis rechnen muss. „Noch sind die Bücher nicht vollständig geschlossen, aber unsere vorläufigen Zahlen zeigen ein im Verhältnis zu unserem Umsatz niedriges einstelliges Defizit. Leider spiegelt sich darin auch die allgemeine Tendenz an den deutschen Universitätsklinika wider“, so Zimmer. Durch die Gewinnvorträge der letzten Jahre sei das Bilanzergebnis dennoch weiter deutlich po-

sitiv, betonte Ekkehard Zimmer, was die Besonderheit der aktuellen Situation belege. Für 2014 sei er aber optimistisch, diesen Trend aufhalten und umkehren zu können. „Dazu setzen wir auf unsere Stärke, die enge Verbindung zwischen Krankenversorgung, Forschung und Lehre und die Erschließung neuer Leistungsbereiche durch Besetzung einer Vielzahl von Professuren“, so Zimmer weiter. Er bedankte sich ebenso wie Prof. Fleig bei Altdekan Prof. Joachim Thiery für die gute Zusammenarbeit in den letzten Jahren und begrüßte den neuen Dekan der medizinischen Fakultät, Prof. Michael Stumvoll.

Dieser erinnerte seinerseits daran, dass eine der wichtigen Säulen der universitären Medizin nicht vernachlässigt werden dürfe: die studentische Ausbildung. „Was uns gegenüber allen anderen Kliniken besonders und anders macht, das sind auch und an erster Stelle unsere Studenten“, sagte Stumvoll. Auch um ihnen eine bestmögliche Ausbildung bieten zu können, sei eines von zentraler Bedeutung – die enge Verbindung von Klinikum und Fakultät. „Diese weiter zu stärken und auszubauen, wird eine unserer Aufgaben für 2014 sein“, so Stumvoll.

„Wir haben
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Fast 400 Gäste kamen zum UKL-Neujahrsempfang ins Leipziger Grassi-Museum. Dekan Prof. Michael Stumvoll, UKL-Vorstand Prof. Wolfgang E. Fleig, Wissenschaftsministerin Prof. Sabine von Schorlemer, UKL-Vorstand Ekkehard Zimmer, UniRektorin Prof. Beate Schücking, UKL-Aufsichtsratsvorsitzender Prof. Knut Löschke und Sozialministerin Christine Clauß (v.l.n.r.). Fotos: Stefan Straube

Frühchenstation am UKL nimmt Normalbetrieb wieder auf

Keine Einschränkungen in der Versorgung von Risikoschwangeren mehr

Die Neonatologie und Geburtsmedizin am Universitätsklinikum Leipzig haben Mitte Januar wieder den Normalbetrieb aufgenommen. Damit können auch wieder alle Risikoschwangeren ohne Einschränkungen am UKL behandelt werden. Dank der vorbeugenden Verschärfung der Hygienemaßnahmen im November auf der Frühgeborenenstation am Universitätsklinikum Leipzig gab es keine Ausweitung der ESBL-Besiedlungen.

Dennoch war vorsorglich die 31 Betten umfassende Neonatologie nach und nach leergezogen worden. In den ersten Januartagen konnten dann umfassende Hygienemaßnahmen wie Sonderreinigungen auf der Station durchgeführt werden. Nach deren Abschluss erfolgt jetzt die Wiederaufnahme des Normalbetriebs.

„Wir sind sehr erleichtert, dass unsere Maßnahmen erfolgreich waren und wir ab sofort wieder uneingeschränkt alle Frühgeborenen wie gewohnt betreuen können“, so Prof. Ulrich Thome, Leiter der Abteilung für Neonatologie im Department für Frauen- und Kindermedizin des Universitätsklinikums Leipzig. Zwischenzeitlich waren die kleinen Patienten, wenn diese noch nicht nach Hause entlassen werden konnten, auf einer speziell hergerichteten Ausweichstation in der UKL-Kinderklinik versorgt worden. Perinatalzentren in der Umgebung waren mit eingesprungen, auch bei der Behandlung von Hochrisikoschwangeren. „Für diese unkomplizierte Unterstützung sind wir sehr dankbar“, so Thome. Oftmals seien die Abteilungen, ebenso wie am UKL, bereits völlig ausgelastet.

Anfang November waren innerhalb des erweiterten Screenings am UKL 17 Fälle einer Besiedlung mit dem multiresistenten Erre-

ger ESBL auf der Neonatologie festgestellt worden. Im Zuge der daraufhin eingeleiteten verschärften Hygienemaßnahmen wurde aus Sicherheitsgründen die Versorgung von Risikoschwangeren und Frühgeborenen am UKL vorübergehend eingeschränkt. Durch die intensiven Vorsorgemaßnahmen konnte eine Ausweitung der Besiedlungen verhindert werden.

„Das zeigt, dass unsere Maßnahmen greifen und die Übertragungsketten unterbrochen werden konnten“, so Prof. Arne Rodloff, Leiter der Klinikhygiene und Direktor des Instituts für Mikrobiologie am UKL. Er geht davon aus, dass das verbreitete und für Gesunde völlig harmlose Bakterium von außen durch Patienten ins Klinikum mitgebracht wurde. Es sei daher auch damit zu rechnen, dass der

Erreger – wie in jede andere Klinik auch –jederzeit wieder ins Klinikum mitgebracht werden kann. „Allerdings haben wir im Kampf mit der Gefahr durch multiresistente Erreger bereits einen Teilerfolg erzielt, indem wir durch unser erweitertes Screening eine Gefährdung frühzeitig gesehen haben, die ansonsten oftmals unbemerkt bleibt“, so Rodloff. Helena Reinhardt

Hygieneschwester Karsta-Angela Weis nimmt mikrobiologische Abstriche auf der gereinigten und desinfizierten Station. Der UKL-Vorstand bedankte sich beim Team der Neonatologie, des Kreißsaals und der Klinikhygiene für die geleistete Arbeit. Fotos: Stefan Straube Während der Desinfektion waren die Räume der Neonatalogie gesperrt.
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Ein Mitarbeiter der Firma Kollbeck Medizintechnik bei einer sicherheitstechnischen Kontrolle.

Starthilfe ins Leben

Nachsorgeteam des Uniklinikums Leipzig betreut frühgeborene und schwerkranke Säuglinge und ihre Eltern zu Hause weiter

Das Universitätsklinikum Leipzig bietet einen ganz besonderen Dienst für die Allerkleinsten an: Ein fünfköpfiges Nachsorgeteam der NeugeborenenIntensivstation, bestehend aus einer Ärztin, einer Sozialpädagogin und drei Kinderkrankenschwestern, betreut kranke Säuglinge nach Geburt und Krankhausaufenthalt daheim weiter. Sachsenweit einmalig wird das Projekt „Leipziger AlleDabei“ durch die Krankenkassen mitfinanziert und hilft den Familien, den Alltag mit ihrem besonderen Kind aufzubauen und zu bewältigen – sozial, psychisch und pflegerisch. Nach dem ersten Bestehensjahr zieht das Team positive Bilanz.

Um die Diskrepanz zwischen Rundum-Versorgung in der Universitätsklinik Leipzig und dem oft überfordernden Alltag Zuhause zu minimieren, steht das Nachsorgeteam den Familien 20 Stunden innerhalb der ersten zwölf Wochen nach der Entlassung zur Seite. In dieser Zeit finden unter anderem Hausbesuche und Telefongespräche statt.

„Alle Eltern wünschen sich ein gesundes Kind. Doch manchmal kommt es anders“, weiß Sozialpädagogin Katrin Mühler, Fallmanagerin im Nachsorgeteam der Neonatologie am Uniklinikum Leipzig. „Wenn ein Kind viel zu früh geboren, beatmet und wochenlang auf der Intensivstation überwacht wird, haben die betroffenen Eltern sehr viele Sorgen und Fragen, auch noch nach der Entlassung. Sie benötigen besonderen Beistand.“ Gemeinsam mit der Fachärztin für Pädiatrie und Neonatologie Anett Bläser hat sie das Nachsorgeteam ins Leben gerufen und über vier Jahre daran gearbeitet, Strukturen aufzubauen, Personal zu finden und die Leistungsfinanzierung über die Krankenkassen zu erhalten – bis zum erfolgreichen Start im Sommer 2012.

Zusammen mit drei Kinderkrankenschwestern betreuen Katrin Mühler und Anett Bläser bislang 28 Familien. „Wem und wie wir helfen müssen, wird von Fall zu Fall entschieden und regelmäßig im Team besprochen“, erklärt Mühler. „Unsere Schützlinge sind beispielsweise Kinder mit schweren angeborenen Erkrankungen wie Chromosomen-Anomalien und Mukoviszidose, aber auch Frühchen, die vor der 32. Schwangerschaftswoche zur Welt gekommen sind und deshalb Komplikationen hatten.“

Die zuständige Krankenschwester, die die Kinder bereits aus der stationären Pflegeversorgung kennt, unterstützt zu Hause beispielsweise die oft schwierige Ernährungssituation, vor allem wenn Kinder mit Sonden, Pumpen oder Spezialnahrungen versorgt werden müssen. Außerdem begleitet sie die kleinen Patienten zu Kinderarztbesuchen und Spezialsprechstunden, oder hilft weiter bei der Anbindung an geeignete entwicklungsfördernde Therapieprogramme. „Gemeinsam mit den Ärzten, Schwestern, Therapeuten und Pädagogen schaffen wir ein Netzwerk, das der Entwicklung des Kindes und den Bedürfnissen der Eltern gerecht wird. Denn gerade für die ist es schwierig, die Balance zu finden zwischen angemessener Versorgung und übertriebener Vorsicht“, sagt Bläser. In Fällen, in denen die intensive Nachsorgezeit nicht ausreicht, vermittelt das

HINTERGRUND

Der Name des Nachsorgeteams „Leipziger AlleDabei“ entstand aus der Idee heraus, dass mehrere Fachdisziplinen gemeinsam daran mitwirken, dass für die Familien ein Leben mit dem besonderen Kind gelingen kann. Und weil das Team in Leipzig und Umgebung arbeitet, ist der Name auch angelehnt an einen typischen Leipziger

Nachsorgeteam weiter. „Auch hier suchen wir nach kompetenten Pflegediensten, Fachärzten und Selbsthilfegruppen, damit die Familien in ihrer besonderen Situation rundum gut betreut sind. Erfreulicherweise gelingt es uns in den meisten Fällen, die kleinen Patienten und ihre zuversichtlichen Eltern mit einem guten Gefühl zu verabschieden“, so Bläser.

Sandra Hasse

Für sein Engagement bekam das Nachsorgeteam im November einen Blumenstrauß von Leipzig Fernsehen überreicht – eine Anerkennung für die geleistete Arbeit. Katrin Mühler nahm stellvertretend für das Team den Blumenstrauß vor laufender

Kamera entgegen. Foto: Stefan Straube Der kleine Ben und seine Eltern (M.) wurden betreut von Anett Bläser(l.), Christin Henri-Dressler (2.v.r.) und Katrin Mühler vom Nachsorgeteam „Leipziger AlleDabei“ des Uniklinikums Leipzig. Foto: Stefan Straube
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Begriff, das „Leipziger Allerlei“.

Oscar der Medizinlehre verliehen

Gleich drei Dozenten mit „Lehrpreis 2013“ ausgezeichnet

Für hervorragende Leistungen wurden während der diesjährigen Absolventenfeier am 11. Januar 2014 gleich drei Dozenten der Medizinischen Fakultät mit dem „Lehrpreis 2013“ ausgezeichnet. Gestiftet vom Alumni-Verein der Medizin beruht die Wahl der Preisträger unter anderem auf Umfragen unter den Studierenden. In diesem Jahrgang erhielten die Physiologin Dr. Beate Raßler als Dozentin in der Vorklinik sowie der Rheumatologe und ehemalige Studiendekan Prof. Christoph Baerwald als Dozent im klinischen Ausbildungsabschnitt herausragende Nennungen.

Dr. Raßler, so ein Kommentar in der Studierendenbefragung, vermag ihre Seminare und selbst schwierige Sachverhalte so gut aufzubereiten, „dass man wirklich schlauer herausgeht und der Stoff sich lichtet“. Prof. Baerwald habe entscheidend dazu beigetragen, innovative Ideen wie das „Problemorientierte Lernen“ in der medizinischen Lehre umzusetzen, würdigte der Vorsitzende des Alumni-Vereins, Prof. Christian Wittekind. Er bezeichnete Baerwald als „übernominiert“, weil dieser in den Vorjahren schon immer weit vorn in den Evaluierungen abgeschnitten habe.

Zum ersten Mal wurde ein nicht dotierter Sonderpreis überreicht und zwar an den emeritierten Professor Eberhard Passarge. Er kam 2010 nach Leipzig, um das verwaiste Institut für Humangenetik kommissarisch zu leiten, und ist bekannt dafür, auch musikalische oder literarische Bezüge wie Faust-Zitate in seine Vorlesungen einzubauen. „Einer der besten Dozenten, die ich je hatte“, kommentierte ein Student, „und obendrein ein wunderbarer Mensch“.

Alle Preisträger waren sich einig, dass der Lehrpreis die schönste Rückmeldung ist, die sie für ihre Lehrtätigkeit erhalten können. Stellvertretend für alle Preisträger gab Prof. Passarge den Absolventinnen und Absolventen nach sechs Jahren Ausbildung mit auf den weiteren Berufsweg: „Was immer sie als Ärztin oder Arzt tun werden, hinterfragen Sie reflexartig immer: Wie kommt mein Tun beim Patienten an? Vergessen Sie

Prof. Dr. Michael Stumvoll (Dekan der Medizinischen Fakultät), Prof. Dr. Jürgen Meixensberger (Studiendekan Humanmedizin), Prof. Dr. Christoph Baerwald, Dr. Beate Raßler, Prof. Dr. Eberhard Passarge, Prof. Dr. Christian Wittekind (Alumni-Verein Medizin; v.l.n.r.) bei der Preisverleihung.

niemals die menschlich-soziale Komponente!“ Im Sommer- und Wintersemester 2013 haben insgesamt 302 Medizin-Studenten

Unterstützung bei Krebs im jungen Erwachsenenalter

Steffi Engel

und 52 Studierende der Zahnmedizin das Zweite Staatsexamen erfolgreich absolviert. Diana Smikalla / ic

Forschungsprojekt am UKL will deutschlandweit psychosoziale Versorgung der Patientengruppe verbessern

2014 startet an der Abteilung Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie des Universitätsklinikums Leipzig ein neues Forschungsprojekt. Das Projekt „Ich bin doch noch so jung!“ untersucht die Lebenszufriedenheit, die Versorgungssituation und den Unterstützungsbedarf von Krebspatienten im jungen Erwachsenenalter. Die Deutsche Krebshilfe fördert das Forschungsprojekt über einen Zeitraum von drei Jahren mit insgesamt 250 000 Euro.

Deutschlandweit erkranken im jungen Erwachsenenalter jährlich etwa drei bis fünf Prozent an Krebs. Die Heilungschancen dieser Patienten sind überdurchschnittlich gut. Einerseits müssen die Betroffenen sich mit den körperlichen und psychosozialen Folgen der Erkrankung beziehungsweise deren Behandlung auseinandersetzen und gleichzeitig spezifische Entwicklungsaufgaben (zum Beispiel Reifung der Persönlichkeit, Partnerschaft, Karriere, Familiengründung) bewältigen.

Damit entspricht diese Patientengruppe weder dem typischen Patientenprofil von Erwachsenen noch dem von Kindern. Die psychoonkologische Forschung hat das Problemfeld der Krebspatienten im jungen Erwachsenenalter (Adolescents and Young Adults – AYA) erst in jüngster Zeit aufgegriffen. Bisherige Studien deuten darauf hin, dass AYA eine höhere psychische Belastung sowie eine schlechtere Lebensquali-

tät im Vergleich zu Gleichaltrigen haben. Auch bei der psychosozialen Versorgung zeigen die bisherigen Befunde, dass die jungen Patienten einen hohen und oftmals unerfüllten Bedarf nach altersangemessener Unterstützung aufweisen. Das Forschungsprojekt hat das Ziel, die Lebenszufriedenheit, die Versorgungssituation und den Unterstützungsbedarf von Krebspatienten im jungen Erwachsenenalter zu ermitteln und mögliche Einflussgrößen auf die Lebenssituation zu bestimmen. Darüber hinaus wird die Zufriedenheit mit der derzeitigen psychoonkologischen Versorgung in den Kliniken, Rehabilitationseinrichtungen und der ambulanten Betreuung erfasst.

KONTAKT

Interessierte Patienten, die an der Studie teilnehmen möchten sowie onkologische Einrichtungen, die weitere Infos wünschen, wenden sich bitte an:

Annekathrin Seidler

(0341) 971 8804

annekathrin.seidler@ medizin.uni-leipzig.de

Katja Leuteritz

(0341) 971 5405

katja.leuteritz@medizin.uni-leipzig.de http://medpsy.uniklinikum-leipzig.de

Um die psychosoziale Versorgung der AYA zu verbessern, wird aus den im Projekt gewonnenen Ergebnissen ein psychoonkologisches Unterstützungsangebot entwickelt.

Außerdem werden Handlungsempfehlungen für das ärztliche und therapeutische Personal für die psychoonkologische Versorgung der AYA abgeleitet. Zur Umsetzung der Projektziele werden

insgesamt 450 Krebspatienten zwischen 18 und 39 Jahren deutschlandweit zu zwei Zeitpunkten schriftlich befragt. Die erste Befragung findet mit Abschluss der medizinischen Akutbehandlung statt. Die zweite Befragung erfolgt ein Jahr später. Zu beiden Zeitpunkten werden zusätzlich vertiefende Patienteninterviews durchgeführt. ukl

Mit einem Forschungsprojekt soll jungen Erwachsenen mit einer Krebserkrankung bessere Hilfe zuteil werden.

Foto: dpa

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Foto:

„Interdisziplinäre Endoskopie vom Feinsten“

Prof. Dr. Mössner blickt auf 20 Jahre Entwicklung der Gastroenterologie am Leipziger Universitätsklinikum

Vor 20 Jahren begann in Leipzig eine Fortbildungsreihe für Gastroenterologen. „Diese wissenschaftliche Veranstaltung für alle Spezialisten für Erkrankungen des Magen- und Darmtraktes fand natürlich auch dieses Jahr statt“, sagt Prof. Dr. Joachim Mössner, Direktor der Klinik und Poliklinik für Gastroenterologie und Rheumatologie. „Ich hatte am 1. November 1993 die Leitung der damaligen Medizinischen Klinik und Poliklinik II übernommen und diese Fortbildung ins Leben gerufen, die heute zu einer über die Grenzen Leipzigs hinaus sehr bekannten wissenschaftlichen Veranstaltung gehört.“

Als Prof. Mössner aus Würzburg kommend nach Leipzig wechselte, merkte er schon beim ersten Rundgang durch seine Klinik, dass diese nicht nur räumlich und organisatorisch zerbröselt war. „Die Station in der Härtelstraße machte einen schlimmen Eindruck“, erinnert er sich. „Mit den uralten Geräten konnte man kaum den Gallengang erkennen. Die Ärzte waren klinisch top und standen im Wissen und Können denen im Westen nicht nach. Wissenschaftlich allerdings hingen die meisten durch die fehlenden Anforderungen ziemlich fest.“ Sein alter Commodore PC 20, den er mitbrachte, schien der einzige PC im Klinikum zu sein. Ihm wurde schnell klar, dass es eine Herkulesaufgabe sein würde, hier in Leipzig eine national und international beachtete Gastroenterologie aufzubauen.

Als 1996 die Herzspezialisten ins Herzzentrum umzogen, konnte Prof. Mössner die Gastroenterologie im Roten Haus in der Phi-

lip-Rosenthal-Straße zusammenführen. Gastroskopien und Koloskopien fanden fortan in den OP-Räumen der Herzchirurgie statt. Zum Glück kam eine neue Röntgenanlage dazu, für die Forschung wurde ein spezieller Laborcontainer durch das Engagement des damaligen Kanzlers der Universität, Peter Gutjahr-Löser, zur Verfügung gestellt.

„Das war damals schon gar nicht schlecht, wir konnten gut arbeiten. Heute, 20 Jahre nach meinem Beginn in Leipzig, sind wir freilich weitere große Schritte vorangekommen“, so Prof. Mössner. „Wir haben im Forschungs-

zentrum des Klinikums herrliche Voraussetzungen für die wissenschaftliche Arbeit. Die interdisziplinäre Endoskopie, die auch Kinderärzten, Chirurgen und Pulmologen zur Verfügung steht, ist vom Feinsten und macht Kollegen aus anderen Städten neidisch. Damit können wir auf höchstem Niveau und zugleich höchst ökonomisch arbeiten.“

Mit der gleichen Vehemenz, mit der sich die Medizin in Leipzig entwickelte, hat sich auch die Stadt selbst zu ihrem Vorteil verändert.

„Als ich vor 20 Jahren nach Leipzig kam, war ich ehrlich gesagt erschrocken. Ich hatte

schon viele Städte in der Welt gesehen, aber so ein Drecknest noch nicht“, so Prof. Mössner. Er bekam eine Wohnung im Osten. Nach sechs Wochen fehlte von seinem 16 Jahre alten Mercedes der Stern, weitere sechs Wochen später war der ganze Wagen weg und er kaufte sich ein Fahrrad. „Ich hatte damals nicht die Fantasie, was aus Leipzig werden kann. Heute ist für mich Leipzig mit seinen wunderschönen alten Häusern, mit den vielen Parkanlagen, dem Auenwald, der bezaubernden Seenlandschaft und einem unglaublich vielseitigen Kultur- und Freizeitangebot eine der schönsten Städte in Deutschland.“

Der Klinikdirektor, der sich als überzeugten „Neusachsen“ bezeichnet und für immer hier bleiben will, sieht Leipzig – zudem durch eine auf dem Boden gebliebene Hotellerie –als Kongressstadt Nummer 1, die auch immer wieder gern von der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten gewählt wird.

Mit seinen 63 Jahren kommt für Prof. Mössner der Abschied vom Arbeitsleben in Blickweite – sehr zu seinem Leidwesen. Der Arzt und Wissenschaftler hat sein ganzes Leben mit vollem Einsatz gearbeitet und nach einer schweren OP die eigenen Tritt-kürzer-Vorsätze beiseite geschoben. „Ich will meine Ansprüche an mich selbst weiter erfüllen“, sagt er. „Ich wäre nicht Internisten-Präsident 2012 geworden, wenn ich mit halber Kraft gefahren wäre. Das ist nicht meine Sache. Deshalb wünsche ich mir, nicht mit dem 65. Geburtstag aus dem Amt gehen zu müssen, sondern noch ein paar Jahre dranhängen zu können. Denn ich habe noch viele Ideen und auch die Kraft, diese umzusetzen.“ Uwe Niemann

Bei Ski-Unfällen am häufigsten die Knie betroffen

Leipziger Unfallmediziner rät: Aufwärmen und Dehnen erst am Hang

Im Flachland ist von Schnee derzeit zwar keine Spur, aber immerhin kann Oberwiesenthal eine Schneehöhe von derzeit 20 Zentimetern bieten. Das winterliche Freizeitvergnügen lockt an jedem Wochenende tausende Ski-Freunde an – und führt leider auch immer wieder zu Unfällen. „Am häufigsten wird bei Wintersport-Unfällen das Knie verletzt“, so PD Dr. Pierre Hepp, Oberarzt an der Klinik für Unfall-, Wiederherstellungsund Plastische Chirurgie des Universitätsklinikums Leipzig. „Das ist zu 40 Prozent der Fall. Auf Platz zwei liegen Schulterverletzungen, erst danach kommen Kopf- und Beckenverletzungen.“

Das Leipziger Universitätsklinikum liege zwar nicht in einem Ski-Gebiet, dennoch sei jedes Jahr ein saisonaler Anstieg von Patienten zu erkennen, die Wintersport-Unfälle erlitten haben. „Dass auch wir mit derartigen Verletzungen konfrontiert werden“, sagt Dr. Hepp, „liegt an den medizinischen Therapiegrundsätzen. Bei einem Kreuzbandriss wird beispielsweise beim Vorliegen von schweren Begleitverletzungen, die sofort versorgt werden müssen, das Kreuzband sofort mitoperiert. Gibt es keine Not-

wendigkeit zum sofortigen Eingriff, wird die OP erst sechs Wochen nach der Verletzung vorgenommen, damit sich das lädierte Knie erst einmal beruhigen kann. In dieser

Zeit ist der Patient ja schon wieder zu Hause – und kann also bei uns operiert werden.“

Ob rasanter Abfahrtslauf oder ruhiger Loi-

penlauf: Beide Sportarten können zu schweren Verletzungen führen. „Durch die Verkettung von unglücklichen Umständen kann ein vermeintlich harmloses Hinfallen beim Langlauf zu schweren Verletzungen führen“, erzählt der Leipziger Unfallmediziner. „Die reichen vom Knöchel- bis zum Beckenbruch – das habe ich alles schon hier bei uns gesehen.“ Manche Patienten, die im Ski-Urlaub gestürzt sind, würden erst nach Tagen merken, dass es vielleicht doch nicht nur zu einer Prellung, sondern zu einem Bruch gekommen ist.

Unfallchirurg PD Pierre Hepp behandelt einen Patienten mit einer Knieverletzung, die bei SkiUnfällen häufig auftritt. Am UKL werden verletzte Skifahrer behandelt.

Dr. Hepp rät allen Freizeitsportlern: Gegen die Schmerzen nach einem Sturz hilft vor allem sofortige Kühlung. Selbst eine Handvoll Schnee kann den Knöchel beruhigen. Aber wenn die Beschwerden anhalten, dann sollte – auch wenn schon Tage vergangen sind –ein Spezialist aufgesucht werden, der eine weiterführende Diagnostik einleiten kann. „Dehnen und Aufwärmen vor dem Sport –das sollten auch die Ski-Freunde beherzigen“, so Dr. Hepp. „Dabei sollte das Stretching aber nicht nur am Skilift erfolgen, sondern auch unmittelbar am Hang. Denn auf dem Skilift wird man wieder kalt, sodass die ganzen schönen Übungen eigentlich nichts gebracht haben.“ Uwe Niemann

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Foto: Stefan Straube Prof. Dr. Joachim Mössner, Direktor der Klinik und Poliklinik für Gastroenterologie, bei einer Untersuchung in der interdisziplinären Endoskopie des UKL. Foto: Stefan Straube

Verbrennungen und Verbrühungen –Kinder vor heißen Gefahren schützen

Am Universitätsklinikum Leipzig werden jedes Jahr etwa 150 kleine Patienten mit thermischen Verletzungen behandelt

In der dunklen Jahreszeit sorgen Kerzen und heiße Getränke für eine gemütliche Atmosphäre. Doch für kleine Kinder können Lichter, Glühwein und Tee schnell gefährlich werden, wenn sie unbedacht danach greifen. Nicht selten kommt es so im heimischen Wohnzimmer zu Verbrennungen oder Verbrühungen.

Die größte Gefahr geht von leicht erreichbaren, heißen Flüssigkeiten aus, sagt Dr. Margit Weißer, Oberärztin in der Kinderchirurgie am Universitätsklinikum Leipzig. „Wenn ein Kind die Tasse mit Tee oder Kaffee vom Tisch zieht und sie dabei umkippt, saugt sich die Kleidung schnell mit der heißen Flüssigkeit voll und sie verteilt sich überall auf dem Körper.“ Auch beim Inhalieren reicht ein kurzer Moment der Unaufmerksamkeit: Eine falsche Bewegung, und der Inhalt der Schüssel landet auf dem Schoß.

Die Folge sind thermische Verletzungen: schmerzhafte Verbrühungen oder Verbrennungen, deren Behandlung je nach Schweregrad sehr langwierig sein kann. Bei Säuglingen und Kleinkindern entstehen bereits bei Temperaturen von 45 Grad Celsius Verletzungen, die von Hautrötungen bis hin zu Verbrennungen zweiten Grades reichen. „Häufig betroffen sind der Oberkörper, Arme und Schultern. Kippt die Schüssel beim Inhalieren um, verbrühen sich Kinder die Oberschenkel und die Genitalien“, so Dr. Weißer, die am Uniklinikum die Kinder-Spezialsprechstunde für Plastisch-Rekonstruktive Chirurgie leitet.

Am Universitätsklinikum Leipzig werden jedes Jahr etwa 150 Fälle von thermischen Verletzungen behandelt. 2013 mussten bislang 30 Kinder aufgrund der Schwere ihrer Verletzungen stationär aufgenommen werden –ein leichter Anstieg im Vergleich zu den Vorjahren. Am häufigsten sind dabei Verbrühungen zweiten Grades, die beispielsweise durch heiße Flüssigkeiten verursacht wurden, seltener Grillunfälle, die Verbrennungen zweiten bis dritten Grades zur Folge haben.

Sind zwischen zehn und 20 Prozent der Körperoberfläche oder sogar noch mehr betroffen, das Gesicht oder die Hände verbrannt, ist ein Krankenhausaufenthalt meist unumgänglich. Deshalb sei vorausschauendes Handeln bei Erwachsenen so wichtig, damit es gar nicht erst zu schweren Unfällen dieser Art kommt: „Die Kinder müssen manchmal monatelang im Krankenhaus bleiben und im Anschluss jahrelange Behandlungen und kosmetisch-plastische Korrektur-Eingriffe über sich ergehen lassen. Das muss einfach nicht sein“, so Dr. Margit Weißer.

Unabhängig von der Schwere gilt für alle thermischen Verletzungen: Zuerst wenige Minuten kühlen, anschließend mit körperwarmer Spülung (35 bis 37 Grad) isotherm halten – das heißt, die Temperatur soll unverändert bleiben. Auf gar keinen Fall sollten die Brandblase geöffnet oder die verbrannten Flächen mit fettiger Creme oder anderen „Hausmittelchen“ bedeckt werden, da dies Infektionen begünstigen kann. „Die Wunde sollte steril abgedeckt werden. Wer

ERSTE HILFE

Schnelle Hilfe bei Verbrennungen und Verbrühungen:

unabhängig von der Schwere der Verletzung: wenige Minuten mit kaltem Wasser kühlen, anschließend mit körperwarmer Spülung (35 bis 37 Grad) fortfahren Brandblasen nicht öffnen verbrannte Hautflächen nicht mit fettigen Salben oder anderen „Hausmittelchen“ bedecken Wunden steril abdecken bei nässenden oder blasenbildenden Verbrennungen einen Arzt aufsuchen, bei größeren Verletzungen den Notdienst / Notarzt anrufen

Weitere Informationen gibt es auch bei Paulinchen – Initiative für brandverletzte Kinder unter www.paulinchen.de.

keine entsprechende Auflage zu Hause hat, kann ein frisch gebügeltes Taschentuch verwenden“, erklärt Dr. Weißer. Bei schlimmeren Verletzungen sorgt ein Anruf beim Notdienst für schnelle Hilfe. „Bei nässenden oder blasenbildenden sowie bei großflächigen Verbrennungen sollte immer ein Arzt aufgesucht werden“, so die Kindermedizinerin.

Die meisten thermischen Verletzungen lassen sich vermeiden, weil sie fast immer vorhersehbar sind, sagt die Oberärztin. Da besonders Säuglinge und Kleinkinder ge-

Dr. Margit Weißer leitet die Sprechstunde für Plastisch-Rekonstruktive Chirurgie, in der auch Kinder mit Verbrühungen oder Verbrennungen behandelt werden.

fährdet sind, sollte stets darauf geachtet werden, dass sie an Flammen oder heiße Flüssigkeiten nicht heranreichen können.

„Beispielsweise ist auch das Stromkabel eines Wasserkochers eine Gefahrenquelle, da das Gerät daran heruntergerissen werden kann. Vorsicht ist auch beim Kochen angebracht. Heißes Nudelwasser oder ähnliches kann ebenfalls schwere Verbrühungen verursachen, wenn Kinder nach dem Topf greifen“, macht Dr. Weißer auf weitere Gefahrenquellen aufmerksam.

Ines Christ

KONTAKT

Sprechstunde für Plastisch-Rekonstruktive Chirurgie Klinik und Poliklinik für Kinderchirurgie

(0341) 972 6905

Sprechzeiten: montags 11 bis 15.30 Uhr

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Foto: Stefan Straube Um Kinder vor Verbrühungen zu schützen, sollten Eltern darauf achten, dass sie nicht in der Nähe von heißen Töpfen oder offenen Flammen spielen. Foto: dpa

Nichtsehen –eine besondere

Erfahrung für Sehende

Angehende Orthoptistinnen besuchen Berufsförderungswerk für blinde und sehbehinderte Menschen

An der Medizinischen Berufsfachschule des Universitätsklinikums Leipzig lernen rund 750 junge Menschen einen Gesundheitsberuf. Sie haben sich für einen Beruf mit guten Zukunftsaussichten entschieden, der hohe Ansprüche an die fachliche und soziale Kompetenz jedes Einzelnen stellt. In der Reihe „Ausbildungstagebuch“ geben die Azubis verschiedener Fachrichtungen Einblicke in ihre Berufsausbildung. Heute: ein Ausflug der Orthoptik-Schüler nach Halle/Saale.

Für die meisten Menschen ist normales Sehen eine Selbstverständlichkeit. Doch wie erleben Sehbehinderte ihren Alltag? Besonders für Orthoptisten ist diese Erfahrung für den Umgang mit blinden und sehgeschädigten Menschen von großer Bedeutung.

Aufgaben von Orthoptisten sind die Prävention, Diagnose und Therapie von Schielerkrankungen, Sehschwächen, Augenzittern und Augenbewegungsstörungen. Im Rahmen ihrer Tätigkeit prüfen sie das Sehvermögen, untersuchen die Stellung der Augen und die beidäugige Zusammenarbeit. Neben diesen primär klassischen Aufgabengebieten ist die Orthoptistin auch in weiteren spezifischen Arbeitsbereichen tätig, zum Beispiel in der Rehabilitation von sehbehinderten Patienten aller Altersgruppen.

Im Rahmen ihrer Ausbildung haben die Orthoptikschüler und -schülerinnen der Medizinischen Berufsfachschule Leipzig das Berufsförderungswerk für blinde und sehbehinderte Menschen (BFW) in Halle/Saale besucht. Mit Zug und Straßenbahn ging es von Leipzig ins BFW, wo den Auszubildenden die Aufgaben der Einrichtung vorgestellt wurden.

In der sensorischen Welt des Berufsförderungswerkes lernen blinde und sehbehin-

derte Menschen, mit Gefahren des Alltags besser umzugehen und Aufgaben des täglichen Lebens selbstständig zu bewältigen. Zur beruflichen Neuorientierung und dem Ziel einer dauerhaften Eingliederung in den Arbeitsmarkt werden blinden und sehbe-

hinderten Menschen vielfältige Bildungsmaßnahmen angeboten.

Für die Besucher ging es zu einem Rundgang durch den „unsichtbaren“ audiotaktilen Erfahrungsraum. Dies ist ein Raum völliger Dunkelheit, in dem verschiedene Geländearten nachgestellt sind. Aufgabe der Schüler war es nun, durch „Wälder, Straßen, Brücken und Häuser“ durch den Raum zu finden. Die meisten waren doch sehr überrascht, wie schwer es ist, alltägliche Gegenstände nur mit Tast- und Gehörsinn zu erkennen. Aus Furcht vor dem Unbekannten wurde für die Bewältigung dieser eigentlich alltäglichen Situation wesentlich mehr Zeit benötigt.

Wieder zurück im Tageslicht konnten die Auszubildenden die Wirkungen von Farbfehlsichtigkeiten erleben: Wie sieht man mit solch einer Erkrankung und wie schwer ist es für Betroffene, Farben wie Rot, Blau und

Grün zu erkennen? Es wurden sprechende Geräte zum Erkennen von Farben an Kleidungsstücken vorgestellt, sowie Hilfsmittel zur Bewältigung des Alltages für Blinde. Die angehenden Orthoptistinnen lernten auch die Brailleschrift (Blindenschrift) kennen.

Zum Schluss wurden durch Simulationsbrillen verschiedene Augenerkrankungen, wie altersbedingte Maculadegeneration, Glaukom, Grauer Star oder Retinopathia pigmentosa vorgetäuscht. Mit diesen Brillen ging es zu Fuß über das Gelände des BFW. So konnten die Schüler bereits theoretisch gelernte Erkrankungen selbst erleben. Mit aufgeregten Diskussionen über die vielen Eindrücke erfolgte der Heimweg. Dieses Erlebnis prägte den Umgang mit Patienten und ließ die Selbstverständlichkeit des eigenen Sehens in einem ganz anderen Licht erscheinen. Katrin Obst, Fachbereichsleiterin Orthoptik

Ausbildungen an der Medizinischen Berufsfachschule des UKL

An der Medizinischen Berufsfachschule (MBFS) des UKL in der Leipziger Richterstraße werden Ausbildungen für Gesundheitsfachberufe angeboten. In insgesamt acht Fachbereichen lernen rund 750 Schüler. Der Lehrbeginn und die Anzahl der angenommenen Bewerber variiert je nach Fachbereich, die Voraussetzung ist überall mindestens ein Realschulabschluss. Schulgeld müssen die Auszubildenden nicht bezahlen.

Derzeit können sich Interessenten für folgende Ausbildungsgänge

bewerben:

Gesundheits- und Krankenpflege

Bewerbungsfrist: 31. März 2014

Gesundheits- und Kinderkrankenpflege

Bewerbungsfrist: 31. März 2014

Physiotherapie

Bewerbungsfrist: 30. April 2014

Medizinisch-Technische Laborassistenz

Bewerbungsfrist: 30. April 2014

Medizinisch-Technische Radiologieassistenz

Bewerbungsfrist: 30. April 2014

Orthoptik

Bewerbungsfrist: 31. Mai 2014

Diätassistenz

Bewerbungsfrist: 15. August 2014

Ausführliche Hinweise zum Bewerbungsverfahren sowie weitere Informationen zur Berufsfachschule und den einzelnen Ausbildungen finden Sie unter: www.mbfs. uniklinikum-leipzig.de.

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AUSBILDUNGSTAGEBUCH
Foto: MBFS Beim Besuch des Berufsförderungswerkes konnten die Azubis mittels Simulationsbrillen erfahren, wie Patienten mit verschiedenen Augenerkrankungen wie Grauem Star oder altersbedingter Maculadegeneration ihre Umwelt wahrnehmen. Foto: MBFS Foto: Stefan Straube

Zahl der Crystal-Süchtigen in Sachsen erneut enorm gestiegen

Arbeitsmediziner beraten über neue Sichtweisen und Hilfsmöglichkeiten bei Abhängigkeitserkrankungen

Trotz der 45 Suchtberatungsstellen mit rund 200 therapeutischen Mitarbeitern in Sachsen gibt es wenig Fortschritte im Kampf gegen Abhängigkeitserkrankungen. 85 000 Alkoholabhängige und 15 000 Drogenabhängige gab es im Jahr 2012. „Bei den illegalen Drogen nimmt Crystal Meth immer größeren Raum ein“, sagte Dr. Olaf Rilke von der Sächsischen Landesstelle gegen die Suchtgefahren (SLS) jüngst auf einer Fortbildungsveranstaltung für Arbeitsmediziner der Region Leipzig. Crystal Meth wird oft die gefährlichste Droge der Welt genannt, weil sie billig ist und schwere Schäden hinterlässt. Die weißen Kristalle enthemmen und bringen bis zu 36 Stunden pures Rauschgefühl. Aber diesem euphorischen Hoch folgt schnell der tiefe Fall: Die Konsumenten magern ab, Zähne fallen aus, Wunden entstellen das Gesicht.

„Besorgniserregend ist der stete Anstieg von Crystal-Abhängigen“, so Dr. Rilke auf der gemeinsamen Veranstaltung des Instituts für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP) der Medizinischen

Fakultät der Universität Leipzig, des Verbandes Deutscher Betriebs- und Werksärzte (Landesverband Sachsen) und des Mitteldeutschen Instituts für Arbeitsmedizin. „In Sachsen haben wir im Jahr 2012 einen Zuwachs von 47 Prozent verzeichnet. Die neuesten Zahlen für 2013 zeigen, dass es mit wiederum über 40 Prozent erneut einen enormen Anstieg gegeben hat. In Sachsen liegt die Zahl der Abhängigen bei dieser gefährlichen Droge nunmehr bei über 5000.“

Dabei wurden in Sachsen wieder Tausende Entzugsbehandlungen und Sucht-Reha-Maßnahmen organisiert und finanziert. Und jeder Abhängige hat sein persönliches NiedergangsStakkato erlebt. „Warum wirken schlechte Erfahrungen und Strafe nicht?“, fragte deshalb Prof. Dr. Michael Lucht, Oberarzt der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsmedizin Greifswald, in seinem Vortrag. „Wenn die Ehe am Ende ist, wenn man vor Gericht steht, die Fahrerlaubnis weg ist – ja, können diese Drogenabhängigen aus gar nichts lernen? Nein, denn im Gehirn eines Süchtigen laufen Prozesse ab, die der Nicht-Süchtige nicht begreift“, so Prof. Lucht.

Über die Jahrtausende habe der Mensch verinnerlicht: Iss, was du kriegen kannst, weil es morgen vielleicht nichts gibt. Ein Belohnungssystem fördere diese Gier, die nicht nur Nahrung betreffe, sondern alles Angenehme. Deshalb gebe es im Hirn immer wieder eine Auseinan-

dersetzung zwischen Vernunft und Gier oder zwischen Wille und Sucht. Sei die Sucht – egal, ob nach Alkohol oder Drogen – erst einmal ausgeprägt, habe der Wille nicht viele Chancen. Deshalb setze er seine Hoffnung auf ein Medikament, das demnächst auf den Markt komme. Dieses Medikament könne die Belohnungsbahn im Hirn besänftigen, so dass der Wille bessere Durchsetzungsmöglichkeiten bekomme.

Dr. Melanie Weiss, Leiterin des Betriebsärztlichen Dienstes am Universitätsklinikum Leipzig, machte darauf aufmerksam, dass fast ein Viertel der jungen Ärztinnen zu riskanten Medikamenten greifen, um hohe Leistungen zu bringen. Müssten Ärzte zu einer stationären Therapie aufgenommen werden, habe zu 50 Prozent Alkoholmissbrauch daran Schuld. Auf alle Berufstätigen gerechnet, trinken elf Prozent täglich Alkohol am Arbeitsplatz. „Von allen Menschen, die Alkohol konsumieren, tun das 77 Prozent derart, dass wenig Risiko auf eine Schädigung oder Sucht besteht. Bei 16 Prozent ist der Alkoholkonsum riskant, bei vier Prozent schädigend und nur bei drei Prozent kann von einer Abhängigkeit gesprochen werden“, so Dr. Weiss. „Wir alle tanzen um diese drei Prozent, obwohl wir wissen, dass die Chancen, diese vom Alkohol weg zu holen, relativ gering sind. Mit der großen Aufmerksamkeit für diese drei Prozent vernachlässigen wir die anderen, bei denen die Chancen zu einer ,Bekehrung‘ erheblich größer sind.“

Uwe Niemann

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Suchthelfer informierten am Rand der Veranstaltung die Arbeitsmediziner der Region Leipzig über Hilfsangebote, die sie Betroffenen unterbreiten können. Foto: Uwe Niemann Alkohol am Arbeitsplatz trinken immerhin elf Prozent aller Berufstätigen – egal, ob Mann oder Frau. Foto: Uwe Niemann

Volkshochschule –Premieren und höhere Entgelte

Kursgebühren steigen ab dem Frühjahrssemester an

Druckfrisch ist das Programm der Volkshochschule (VHS): 150 Premieren gibt es im Frühjahrssemester 2014. Das kündigte Direktor Rolf Sprink beim Neujahrsempfang an. Das Vorjahr konnte die VHS mit einer „wirtschaftlichen Punktlandung“ abschließen. Rolf Sprink ist recht zufrieden. Der Etat 2013 mit insgesamt gut 3,4 Millionen Euro wurde eingehalten. Dieser speist sich aus Teilnehmerentgelten, aber auch Zuschüssen von der Stadt Leipzig und vom Freistaat Sachsen (etwa 730 000 Euro).

Das Ergebnis mit insgesamt 36 410 Kursteilnehmern, darunter 9373 Neukunden, kann sich sehen lassen. „Es ist bemerkenswert, was Direktor Sprink und seine Mitarbeiter leisten“, lobt Kulturbürgermeister Michael Faber (parteilos). Sprink verschweigt aber nicht, dass die VHS in diesem Jahr vor großen Herausforderungen steht. Denn die Stadt hat den Zuschuss 2014 um zehn Prozent gekürzt. „Wir sind aber optimistisch, dass wir dies ausbalancieren können“, so Sprink.

Die Finanzsituation Leipzigs hat auch für die Kursteilnehmer Konsequenzen. Vom Frühjahrssemester an, das am 3. März beginnt, steigen die Kursgebühren. 2,20 Euro ist dann die Grundlage für die Berechnung der Gebühren je Unterrichts-

einheit – bezogen auf 45 Minuten und zwölf Teilnehmer. Bislang waren es 2,02 Euro. Das hat der Stadtrat bereits im September 2013 so beschlossen. Hintergrund: Auch die Teilnehmer sollen sich an den gestiegenen Kosten beteiligen.

Dabei geht es um die Aufwendungen für Strom, Heizung und andere Betriebskosten, aber auch die geringfügig angehobenen Honorare für die etwa 800 Kursleiter. Ermäßigungen für Leipzig-Pass-Inhaber sowie Schüler und Auszubildende bleiben bestehen. „Höhere Kosten wälzen wir aber nicht einseitig auf unsere Besucher ab. Auch die Stadt beteiligt sich daran.“ Geplant ist, dass der Zuschuss bis 2016 auf etwa 872 522 Euro steigt. Das durch höhere Entgelte zusätzlich erwirtschaftete Geld soll übrigens für die Modernisierung der 47 Unterrichts- sowie 22 Büroräume verwendet werden. Malerarbeiten sowie die Erneuerung von Elektroanlagen in vielen Zimmern stehen dringend auf dem Programm. „Es gibt 1650 Gründe, unser Programm zu studieren und zu uns zu kommen. Es ist das dickste, welches wir bisher vorgelegt haben“, wirbt Sprink. Fortgesetzt wird übrigens auch die beliebte Reihe mit „Leipziger Gesprächen“ im Mediencampus, die mit Jutta Ditfurth, Riccardo Chailly, Gerd Harry Lybke sowie Hellmuth Karasek in diesem Jahr hochkarätig besetzt ist. Mathias Orbeck

Drei S-Bahn-Stationen bleiben auf der Strecke

City-Tunnel: Das (weiterhin) unvollendete Großprojekt

Wer sich Leipzigs neues S-Bahn-Netz anschaut und es mit den ursprünglichen Planungen aus den 1990er-Jahren vergleicht, stellt fest: Mehrere Haltepunkte wurden nicht gebaut. Weil diese Stationen für die Fahrgastzahlen wichtig sind, sollen sie so bald wie möglich entstehen, heißt es.

Denn die Zahl der Fahrgäste ist für die Bauherren des Leipziger City-Tunnels nicht unwesentlich. Schon in den 1990er-Jahren mussten sie diese möglichst realistisch prognostizieren, weil die Kosten-Nutzen-Rechnung des neuen S-Bahn-Systems darauf aufbaut. Sollten die Prognosen deutlich verfehlt werden, würden Fahrgasteinnahmen ausbleiben und die Differenz müsste von den Steuerzahlern beziehungsweise von den Fahrgästen über höhere Tarife ausgeglichen werden.

Dass solche Prognosen tückisch sind, haben die Bauherren des City-Tunnels bereits erkannt: Waren im sächsischen Landesverkehrsplan von 1996 noch 85 000 Reisende pro Tag für die Tunnelstrecke südlich des Hauptbahnhofs avisiert, kam die Tunnelplanungsgesellschaft ein Jahr später zu dem Schluss, dass täglich wohl nur 61 400 Fahrgäste das Angebot nutzen würden. Einige Monate vor der Tunneleröffnung sprach Leipzigs damaliger Baubürgermeister Martin zur Nedden (SPD) nur noch von 36 800 Personenfahrten pro Werktag, die durch den Tunnel fahren werden – diese Prognose gilt noch heute. Verlässliche Zahlen über das tatsächliche Fahrgastaufkommen liegen noch nicht vor.

In den Ursprungsplänen für die neue S-Bahn war im Norden Leipzigs zum Beispiel der Haltepunkt Leipzig-Essener Straße eingezeichnet. Er sollte von der Linie S 2 (Bitterfeld – Gaschwitz) ebenso wie von der S5/ S5x (Halle – Leipzig/Halle Flughafen – Zwickau) angesteuert werden. Denn im Unterschied zur alten Leipziger S-Bahn aus dem Jahr 1969 wollten die Planer das neue System nicht um Leipzigs Stadtkern herumführen, sondern Wohn- und Industriegebiete direkt mit dem Stadtzentrum verknüpfen. Trotzdem ist der Haltepunkt an der viel befahrenen Essener Straße bislang nicht entstanden. Beobachter vermuten, dass sein Bau aus Kostengründen verschoben wurde. „Für den Umbau des Haltepunktes Essener Straße gibt es derzeit noch

keinen konkreten Realisierungszeitraum“, sagt Bahn-Sprecherin Änne Kliem.

Auch ein Haltepunkt Mockauer Straße sollte direkt an der Mockauer Post entstehen. Dass es ihn bislang nicht gibt, soll vor allem an den sanierungsbedürftigen Brücken Beuthstraße und Mockauer Straße liegen. Durch sie wäre der Bauaufwand ebenfalls deutlich größer geworden als ursprünglich geplant, heißt es hinter vorgehaltener Hand. „Der Haltepunkt Mockauer Straße ist Bestandteil des komplexen Bauvorhabens Leipzig-Thekla“, sagt Bahn-Sprecherin Änne Kliem. Für dieses Vorhaben werde derzeit die Entwurfsplanung erstellt. „Baubeginn ist voraussichtlich 2015.“

Auf der Strecke geblieben ist ebenfalls der

Haltepunkt Paunsdorf, der an der Ecke Theodor-Heuss-Straße entstehen sollte. Für ihn hätten neue, steile Rampen errichtet werden müssen, die extrem teuer gewesen wären. Deshalb wurde dieser Plan verworfen. Seitdem sollte der neue Stopp auf dem historischen Rangiergelände in Engelsdorf gebaut werden. Doch auch dort ist er bislang nicht entstanden. Der Grund: Dort kann er erst gebaut werden, wenn die Deutsche Bahn AG ihren Rangierbahnhof Engelsdorf aufgibt. Das ist jedoch erst möglich, wenn in Halle die neue mitteldeutsche Zugbildunganlage der DB AG in Betrieb geht. „Der Bau des neuen Haltepunktes Paunsdorf kann nicht vor 2017 in Angriff genommen werden“, so Sprecherin Kliem. Andreas Tappert

Ehrung für den Wachschutz: Alexandra Gabsch und Ronny Osterburg erhalten von Rolf Sprink (l.) eine Mitgliedschaft im Leipzig-2015-Verein, überreicht von Geschäftsführer Dirk Thärichen (r.).
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Foto: Armin Kühne Ungewisse Zukunft: Wo der neue S-Bahn-Haltepunkt Essener Straße entstehen sollte (Kreis), tut sich bislang nichts. Foto: Wolfgang Zeyen

Baustelle Karl-Liebknecht-Straße: Gewerbe kämpft mit Verlusten und pocht auf freie Wege

Die Sanierung der Karl-LiebknechtStraße setzt den dort verwurzelten Gewerbetreibenden zu. Mit Beginn der Bauarbeiten sind die Umsätze der Kneipen und Geschäfte zwischen Martin-Luther-Ring und Körnerstraße in den Keller gerauscht. Gastronomen und Händler sehen das Problem vor allem darin, dass die Karli eben nicht komplett dicht ist, wie von den Bauherren kommuniziert, sondern nach wie vor zugänglich – gerade für die Kundschaft.

Mit den Baggern, die sich seit Anfang des Monats durch die Karl-Liebknecht-Straße fressen, kam die Nachricht aus dem Rathaus: Vollsperrung, nichts geht mehr im ersten Bauabschnitt entlang der Magistrale bis kurz vor den Südplatz. „Unsinn!“ Falk Weinrich kann es nicht oft genug betonen. „Die Aussage ist so nicht richtig“, erklärt der Chef der Kneipe Acapulco und setzt nach: „Die Vollsperrung zwischen MartinLuther-Ring und Körnerstraße betrifft ausschließlich den individuellen Durchgangsverkehr.“ Mit anderen Worten: „Anlieger, Anlieferer, Anwohner, Radfahrer, Fußgänger und Straßenbahnnutzer haben bis auf temporäre Unvermeidbarkeiten freie Fahrt und weiterhin Zugang zu Händlern, Gastronomen und Gewerbetreibenden in der Karli“, verdeutlicht Weinrich. Mit Anliegern sind demnach auch Kunden und Gäste gemeint, auf die die Einzelunternehmer angewiesen sind – dringend.

Seit die Bauarbeiten laufen, muss das betroffene Gewerbe entlang der Ausfallstraße Umsatzeinbußen von bis zu 50 Prozent verkraften, gemessen an den Vorjahren. Auch von drohenden Entlassungen ist die Rede innerhalb der Interessegemeinschaft (IG) Karli, einem Zusammenschluss von derzeit rund 70 Gastrobetrieben und Einzelgeschäften „Als Anrainer, die mit der Straße Geld verdienen, gucken wir in die Röhre“, sagt Falk Weinrich, der für die IG

spricht. Seine Kollegen können nur bestätigen, was er sagt. „Ich schreibe gerade Umsätze, die ich so noch nicht gesehen habe“, meint Volkshaus-Inhaber Andreas Bürger und spricht ebenfalls von dramatischen Verlusten zwischen 40 und 50 Prozent im Vergleich zum Januar 2013 und 2012. „Und damals herrschten noch extreme Minusgrade“, unterstreicht Bürger. Die Geschäfte würden jedoch nicht nur unter der Sperrung leiden, sondern auch unter der Suggestion, dass auf der Karli kein Durchkommen mehr ist. „Die Straße ist noch gut passierbar“, hält Bürger dagegen, „was fehlt, sind ‚Anlieger frei‘-Schilder“. Ebenso kämpft Carsten Buggenhagen mit ausbleibender Kundschaft. „Dabei sind fast alle Läden erreichbar“, so der Optiker. Marlene Opel, die im Vorstand der Kunst- und Gewerbegenossenschaft Feinkost sitzt, schildert: „Samstags stand ich bei uns im Hof, wo eigentlich immer was los ist, und dachte, es

Genug Platz für alle

ist Sonntag.“ Nur wenige Besucher ließen sich blicken. Aus dem indischen Restaurant Safran lässt Inhaber Mukesh Lal verlauten: „Ich habe Reservierungsabsagen erhalten, weil die Leute denken, hier geht nichts mehr.“

Den drei Bauherren – Stadt, Leipziger Verkehrbetrieben (LVB) und Kommunalen Wasserwerken (KWL) – muss die Stimmung in der Straße wohl bewusst sein.

„Die Sorgen und Ängste der Gewerbetreibenden in der Karli werden sehr ernst genommen“, sagt Michael Biedermann auf Anfrage. Der LVB-Mann fungiert zugleich als Ansprechpartner vor Ort, als Schnittstelle zwischen Bauherren und Betroffenen. Kunden und Lieferanten, so Biedermann weiter, soll die Zufahrt zu Geschäften und Restaurants weiter möglich bleiben.

Darauf weise die Stadt auf ihrer Internetpräsenz unter dem Schlagwort „Karli“ auch hin. In Sachen eventueller Entschädigungsansprüche meint Biedermann: „Die

Leipzigs Fernbus-Passagiere wollen nicht an die Neue Messe umziehen

Die Fernbusse, die ihre Passagiere seit Ende 2012 für kleines Geld durch ganz Deutschland fahren, sind ein voller Erfolg. Aber in Leipzig wird gerade über sie gestritten, weil Baubürgermeisterin Dorothee Dubrau (parteilos) sie künftig aus der Innenstadt verbannen möchte. Dass die Goethestraße als Haltepunkt nur ein Provisorium darstellt, darin sind sich viele einig. Da die Stadt aber bislang keinen zentralen Busbahnhof eingerichtet hat, dachte Dubrau schon mal laut über eine Fernbus-Station am Stadtrand, an der Neuen Messe, nach.

Die Fahrgäste finden eindeutige Worte für diesen Vorschlag: „Das finde ich ganz schön schwachsinnig“, sagt Bastian Pfeiffer. Er pendelt als Wissenschaftler beruflich zwischen Leipzig und Rostock, je eine Woche verbringt er in beiden Städten. „Fernbus-

Fahren ist super. Es gibt Internet und der Preis ist unschlagbar“, sagt der 34-Jährige. „Bei regelmäßigen Fahrten lohnt sich das absolut.“ Die Fahrt zur Neuen Messe würde der Pendler Pfeiffer dann aber nicht auf sich nehmen. „Dann gebe ich lieber zehn Euro mehr aus, fahre zum Bahnhof und nehme den Interconnex.“

Vom Augustusplatz fährt die Tram Nummer 16 in 24 Minuten zur Neuen Messe. Das ist den meisten Fernbus-Nutzern zu lang. Der Fernbus ist zwar billiger als die Bahn, meistens aber auch langsamer. Da wollen die Reisenden nicht noch vorher zur Neuen Messe hinausfahren.

Auch der Busfahrer von „Mein Fernbus“, Ugur Talas, sieht keinen Grund, die Busse aus der Innenstadt zu verbannen. „Ich habe hier noch nie Probleme gehabt“, sagt der 44-Jährige. Die Busfahrer hätten sich längst arrangiert. „Die Sightseeing-Busse haben

ihren Platz ganz vorne, dann kommen die Fernbusse. Auch wir haben unsere Reihenfolge.“ Am Samstagmittag parkten zwei rote Stadtrundfahrt-Busse, ein gelber „ADAC/Postbus“, ein neongrüner „Mein Fernbus“ und ein blau-orangefarbener „Flixbus“ hintereinander auf dem schmalen Streifen neben der Straße – und das ohne Platzprobleme. „Hier würden jetzt noch zwei weitere Busse hinpassen“, sagt Talas.

Im Gegensatz zur Situation in Frankfurt/ Main etwa habe Leipzigs Bushaltestelle fünf Sterne verdient.

Auch Thomas P., Fahrer bei „Flixbus“, hatte noch nie Schwierigkeiten in Leipzig. Seit November fährt er die Strecke Dresden–Düsseldorf über Leipzig. „Nur zu Weihnachten war es ein bisschen voll mit den Touristenbussen“, sagt er. Da solle die Stadt aber lieber zwei Ordnungshüter abstellen, um die Touristenbusse wegzuschicken, als

negativen Folgewirkungen müssen detailliert durch den Gewerbetreibenden nachgewiesen werden.“ Erst dann könnten Verfahren greifen, die die Verwaltung mit der hiesigen Industrie- und Handelskammer (IHK) abgestimmt hat. Demnach habe die IHK Leipzig Formulare entwickelt, die ausgefüllt werden können, von der Kammer geprüft und anschließend im Rathaus vorgelegt werden. „Die Stadt entscheidet im Rahmen ihrer Zuständigkeit für ihre Baumaßnahmen dann über den Antrag auf Entschädigung oder Schadenersatz“, so Biedermann.

Die IG Karli plant für den 5. April unter dem Arbeitstitel „Karli-Beben“ einen Tag mit Live-Musik und DJs vom Münz- bis zum Südplatz bei freiem Eintritt. Ursprünglich war der 1. März dafür vorgesehen. Laut IG muss der Termin allerdings verschoben werden, um das verbindliche Engagement von Bands zu gewährleisten.

die Fernbusse an die Neue Messe zu schicken.

Auch Franziska Seifert fährt regelmäßig mit Fernbussen. Alle zwei Wochen macht sich die Einzelhandelskauffrau auf den Weg zu ihrem Freund nach Berlin. „Ich komme aus Böhlitz-Ehrenberg. Das ist schon weit genug weg, da möchte ich nicht noch zur Neuen Messe fahren müssen“, sagt die 26-Jährige. „Aber an Fernbussen finde ich wirklich absolut alles positiv.“ Die einzige noch vergleichbare andere Möglichkeit für sie sei der Interconnex, der aber fahre ja nur zwei Mal am Tag nach Berlin. An einem gewöhnlichen Fernbus-Samstag dagegen haben die Fahrgäste ab Leipzig knapp 30 Fahrten in die Hauptstadt zur Auswahl, zu den unterschiedlichsten Zeiten und von den unterschiedlichsten Anbietern. Die billigste Fahrt kostet sieben Euro.

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„Die Straße ist passierbar“
Kämpfen dafür, dass die Karl-Liebknecht-Straße auch während der B auphase lebendig bleibt: Händler und Gastronomen von der Südmeile. Foto: André Kempner

Banken-Fiasko kostet Leipzig 100 Millionen

Stadtrat beziffert Auswirkungen der Beinahe-Pleite der Sachsen LB auf den Stadthaushalt

Die Beinahe-Pleite der Sächsischen Landesbank kommt Städten und Gemeinden im Freistaat teuer zu stehen. Nach Berechnungen der Linksfraktion im Stadtrat gehen allein der Stadt Leipzig aufgrund der Schadenersatzansprüche von insgesamt bis zu 2,75 Milliarden Euro rund 100 Millionen Euro an Landeszuweisungen verloren. Das ist nahezu der Investitionshaushalt der Stadt Leipzig eines gesamten Jahres.

„Bei der Schadensumme von 2,75 Milliarden Euro handelt es sich um fast die gesamten Landeszuweisungen an die Landkreise, kreisfreien Städte und kreisangehörigen Gemeinden des Jahres 2013 in Sachsen“, erklärte der finanzpolitische Sprecher der Linksfraktion, Steffen Wehmann. Durch die bisher bereits erfolgten Wiedergutmachungen gegenüber der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) habe jeder Sachse schon 259 Euro verloren. Wehmann: „Bis zur vollständigen Zahlung des Freistaates an die LBBW

Frauen, Tiere, Proteste

wird sich dieser Betrag noch auf 679 Euro pro Einwohner erhöhen.“

Die konkreten finanziellen Auswirkungen des Banken-Debakels für den Leipziger Haushalt ließen sich dagegen nach den Worten von Finanzbürgermeister Torsten Bonew (CDU) nicht beziffern. Das erklärte er in einer Antwort auf eine entsprechende Anfrage der Linksfraktion. Im Zuge der internationalen Finanzkrise stand die Sachsen LB 2007 vor dem Kollaps. Auslöser waren riskante Geschäfte einer

Banken-Tochter auf dem US-Hypothekenmarkt. Nur ein Notverkauf an die Landesbank Baden-Württemberg verhinderte seinerzeit einen Crash des Kreditinstituts. Sachsen haftet mit bis zu 2,75 Milliarden Euro für von seiner Landesbank verursachte Ausfälle. Eine Milliarde Euro wurde bereits an die LBBW gezahlt. Sachsens früherer Finanzminister Horst Metz und Ministerpräsident Georg Milbradt (beide CDU) mussten aufgrund des Banken-Desasters zurücktreten. Klaus Staeubert

Die Ausstellung „Die Schöne und das Biest“ im Bildermuseum wurde verlängert, sie polarisiert auch weiter

Als einen „Tiefschlag für das Ansehen der Stadt Leipzig“ haben namhafte Vertreter der Leipziger Kunstszene die Ausstellung „Die Schöne und das Biest“ in einem Brief an Museumsdirektor Hans-Werner Schmidt bezeichnet. Der weist die Kritik zurück. Inzwischen ist die Ausstellung im Leipziger Bildermuseum bis Ende Januar verlängert worden. Eine öffentliche Debatte findet nach wie vor nicht statt.

Furore hat die Ausstellung mit Malerei von Richard Müller, Mel Ramos und Wolfgang Joop vom Zuspruch her nicht gemacht. Die bisherige Besucherzahl von gut 20 000 ist solide, mehr nicht, konnte die Bilanz für 2013 auch nicht retten. Insgesamt 96 000 kamen, der geringste Zuspruch seit der Eröffnung des Neubaus im Dezember 2004.

Dafür sorgt die Schau seit der Eröffnung für Furor. Unreflektierter Sexismus und leichtfertiger Umgang mit dem tief in den NS-Kunstbetrieb verstrickten Richard Müller sind die Hauptvorwürfe. Müller hatte an der Ausstellung „Entartete Kunst“ in Dresden mitgewirkt, gegen Otto Dix gehetzt. Eine Folge von 56 Zeichnungen Müllers trägt den Titel „Aus der Heimat Adolf Hitlers und denkwürdige Stätten des nationalsozialistischen Deutschlands“. Verschwiegen wird Müllers Schlagseite in der Ausstellung nicht. Aufgearbeitet aber auch nicht.

Als einen „Tiefschlag für das Ansehen der Stadt Leipzig und ihres Rufes als Kunststadt“, wird das Projekt in einem Schreiben bezeichnet, das der LVZ vorliegt. Initiiert haben es die Spinnerei-Galeristin Arne Linde, Kunsthistorikerin Britt Schlehahn und Franciska Zólyom, Direktorin der Galerie für Zeitgenössische Kunst. Zudem kursiert eine Liste mit Unterstützern, zu denen weitere Galeristen sowie Professoren der Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst gehören sollen. Kritisiert wird eine „unangemessen beiläufige Thematisierung der Verstrickung Richard Müllers in die NSDAP-Geschichte“ und „ein unreflektierter Sexismus nicht nur der Pin-Up-Malerei Ramos‘, sondern des gesamten kuratorischen Arrangements“.

Leipzigs Ex-Kulturbürgermeister Georg Girardet, wird kolportiert, habe den Brief ebenfalls unterschrieben. „Das stimmt aber nicht“, sagt er auf Nachfrage. „Ich fand das Schreiben in seiner Kritik zu hart, unterstütze allerdings das Anliegen, über diese Ausstellung öffentlich zu diskutieren“, so Girardet.

Vorsichtig äußerte sich Franciska Zólyom gegenüber der LVZ. Ihre Kritik, das möchte sie betonen, formuliere sie als Privatperson, frei-

lich mit fachlicher Expertise. „Es gibt so viele Mängel und offene Fragen“, sagt sie. „Kunsthistorische und kuratorische Minimalstandards“ seien nicht eingehalten worden – das könne sich Leipzig als „eine der wichtigsten Kunstmetropolen in Mitteldeutschland“ nicht erlauben. „Gerade ein so heikles Thema wie die NSDAP-Mitgliedschaft Richard Müllers hätte stärker thematisiert werden müssen“. Aber das sei nicht alles: „Es stellt sich die Frage, wie ein Museum gendergerecht arbeiten und einen kritisch-öffentlichen Diskurs vorantreiben kann. Im Hinblick auf ein Schönheitsideal, dem junge Mädchen und Frauen nacheifern, das nicht körper- und gesundheitsgerecht ist, fragt man sich, ob es vertretbar ist, die ausgestellten Bilder von nackten Frauen explizit zur Vermarktung zu vereinnahmen.“ Zu hinterfragen sei deshalb die effekthascherische Art, mit „Sex, Crime und ein bisschen Glamour“ zu werben. Unverständnis und Unmut über die Ausstellung herrschten in großen Teilen der Leipziger Kunst- und Kulturszene, sagt Galeristin Arne Linde. Es gehe vor allem darum, „dass das Museum der bildenden Künste zeitgemäßen Ausstellungskonzepten hinterherhinkt und weder zeitgenössische Fragestellungen verhandelt, noch in irgendeinem Sinne gesellschaftliche Verantwortung übernimmt“.

Hans-Werner Schmidt „an den Pranger zu stellen“ sei jedoch nicht Absicht des Briefes. Vielmehr sei ein Gespräch mit dem Museumsdirektor gesucht worden, das jedoch nie zustande gekommen sei. „Darüber bin ich betrübt“, sagt Linde. Weder hätte es ein persönliches Gesprächsangebot, noch, wie gewünscht, eine Podiumsdiskussion gegeben. Mangelnde Diskussionsbereitschaft lässt sich Schmidt nicht vorwerfen: „Ich hätte den Brief gerne gleich an unsere Pressewand gehängt und ins Besucherbuch geheftet. Doch dagegen gab es Proteste seitens der Verfasserinnen. Ich dachte, es wird eine kritische Öffentlichkeit gefordert.“ Außerdem habe man versucht, „mit den Beschwerdeführerinnen, ein öffentliches Gespräch zu initiieren, aber die vorgeschlagene Form und die Teilnehmer fanden keine Zustimmung“.

Er selbst habe 18 Mal durch die Ausstellung geführt, die Kritikpunkte offen angesprochen. Er sieht in der ganzen Debatte zu viel „Political Correctness“, findet es „hochinteressant, dass man aus vielen Vorurteilen heraus nicht mehr richtig sehen kann“. Es gebe zum Beispiel ein Bild Richard Müllers, auf dem ein Bogenschütze zu sehen sei, und sofort tauche der Vorwurf der Nazi-Ästhetik auf. „Aber worauf schießt er denn?, frage ich dann. Es sind Flamingos. Es geht in dem Bild um die Be-

drohung des Schönen, Filigranen, Verletzlichen. Mit Nazi-Ästhetik hat das nichts zu tun.“

Schmidt beschreibt das Konzept der Ausstellung als in erster Linie kulturhistorisch: „Es sind zwei Männerfantasien, die ja nicht nur bei Müller oder Ramos auftauchen – Europa auf dem Stier, Leda mit dem Schwan bis zu King Kong mit der weißen Frau. Wir wollen zeigen, dass diese griechische antike Gedankenwelt in unterschiedlichen Œuvres präsent ist, bei zwei extrem auseinander liegenden Künstlern – einem aus Kalifornien und einem aus Sachsen. Das Thema ist weltumspannend.“ Gerade gegen diese Art der unreflektierten Darstellung von Männerfantasien hatte eine Gruppe junger Frauen mit Affenmasken und -geräuschen bei der Eröffnung protestiert: Die Aktion der Aktivistinnengruppe „Guerilla Girls“ endete jedoch mit dem Rauswurf durch die Sicherheitskräfte und – laut Guerilla Girls – einem Faustschlag ins Gesicht einer Aktivistin. Weiteren offenen Protest hatte es seitdem nicht gegeben. Den Brief an Museumsdirektor Schmidt werten die Vertreter der Kulturszene als einen weiteren Schritt, dem Gesprächsbedarf über die Arbeit des Museums nachzukommen: „Vielleicht wacht die Szene jetzt auf und ist mutiger und diskussionsfreudiger“, hofft Arne Linde.

Jürgen Kleindienst, Lisa Berins

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Nicht nur das Plakatmotiv für „Die Schöne und das Biest“ sorgt weiter für Proteste: Mel Ramos‘ Lithografie „Giant Panda“. Foto: MdbK

Allein effektiv, zusammen unwirksam

Viele Medikamente enthalten Wirkstoffe, die sich gegenseitig beeinflussen

Morgens ein Blutdrucksenker, mittags ein Mittel gegen Magenbeschwerden, abends eine Schlaftablette – bei vielen Menschen steigt mit dem Alter auch die Anzahl der verwendeten Medikamente.

Doch was als Einzelpräparat hilft, kann in der Kombination unwirksam werden: Viele Medikamente enthalten Wirkstoffe, die sich gegenseitig beeinflussen und die zusammen eingenommen zur Aufhebung der Wirkung führen können.

Bei welchen Medikamenten gibt es Wechselwirkungen?

Nicht alle Kombinationen sind kritisch und nur etwa jede 300. führt zur relevanten Wechselwirkungen. Einige von diesen betreffen aber „Hauspräparate“, die oft zusätzlich zu den verordneten Arzneimitteln ohne Wissen des Arztes oder Apothekers eingenommen werden. Diese Kombinationen sind daher besonders kritisch, wie zum Beispiel die gleichzeitige Einnahme bestimmter Herz- und Abführmittel, die die Wirkung der Digitalis unberechenbar verstärken. Andere häufige Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten haben unter anderem Mittel zur Bekämpfung von Pilzerkrankungen, Antidepressiva sowie Anti-

biotika: Nicht jedes Antibiotikum verträgt sich beispielsweise mit der „Pille“ – eine ungewollte Schwangerschaft kann die Folge sein.

Muss man nur bei verschreibungspflichtigen Medikamenten aufpassen?

Auch frei verkäufliche Arzneimittel bergen Risiken. So sollte Aspirin nicht mit blutgerinnungshemmenden Medikamenten wie Falithrom eingenommen werden. Harmlose Johanniskraut-Extrakte gegen Schlaflosig-

Spenden Sie bei der BLUTBANK LEIPZIG und helfen Sie uns, Leben zu retten!

Wann und wo?

Für alle Blutspendewilligen, die mit einer guten Tat in ihr Wochenende starten möchten: Jeden letzten Sonnabend im Monat lädt die Blutspendeeinrichtung auf dem Klinikgelände ein.

Weitere Informationen rund ums

Blutspenden finden Sie im Internet unter: www.blutbank-leipzig.de

keit und Antriebsschwäche haben es ebenfalls in sich: Sie setzen die Aufnahme anderer Mittel herab, etwa von Gerinnungshemmern. Eine wesentlich höhere Dosis kann dann notwendig werden.

Was kann man tun, damit sich die eingenommenen Medikamente möglichst nicht gegenseitig negativ beeinflussen?

Ratsam ist es, einen Blick in den Beipackzettel von Medikamenten zu werfen. Apotheker und Ärzte kennen die wichtigen Wechsel- und Nebenwirkungen und sollten gefragt werden. Alle guten Apotheken besitzen dazu EDV-Programme, mit denen Wechselwirkungen geprüft werden können.

Trauerarbeit: Fotos der Arbeitsgruppe Schmetterlingskinder

Die Foto-Wanderausstellung „Trauer braucht einen Ort – 10 Jahre Schmetterlingskinder Leipzig“ ist seit 16. Dezember im Studienzentrum zu sehen. Der Tod eines ungeborenen Kindes trifft Eltern oft schwer und unvorbereitet. Da es nur wenig gemeinsame Zeit und kaum gemeinsame Erinnerungen gibt, findet die Trauer um ein Ungeborenes selten ihren Platz. Hinzu kommt, dass diese Kinder nicht bestattungspflichtig sind. Die Arbeitsgruppe „Schmetterlingskinder“ widmet sich seit zehn Jahren der Aufgabe, diesen Kindern in Leipzig und Umgebung eine würdevolle Bestattung und den betroffenen Familien einen bewussten Abschied zu ermöglichen.

Fotoausstellung „Trauer braucht einen Ort“, Studienzentrum, Liebigstraße 27b, Haus E.

Dazu müssen Patienten aber alle Karten auf den Tisch legen, denn wie soll der Apotheker oder der Arzt etwas berücksichtigen, das er nicht weiß? So haben sich bei Untersuchungen in der Uniklinik Heidelberg gezeigt, dass jeder fünfte Patient Rückstände fremder Arzneimittel im Urin hatte, vor allem von Schmerz- und Schlafmitteln, die oft den behandelnden Ärzten nicht bekannt waren. Nur eine komplette Offenlegung auch von oft sich harmlos anhörenden Präparaten aus der Drogerie kann sicherstellen, dass die Kombinationstherapie zur Heilung und nicht zum Fiasko führt.

Naturwelten im Frauen- und Kinderzentrum

Seit Beginn des Schuljahres beschäftigen sich die Schüler der 1. bis 4. Klassen der BIP Kreativitätsgrundschule Leipzig mit Naturelementen. Eine vielfältige Tier- und Pflanzenwelt ist dabei entstanden, auch der Mensch als Teil der Natur spielt in den Werken eine Rolle. Maisgötter, Buchstabentiere und Wasserbewohner wurden mit verschiedenen Techniken aufs Papier gebracht, Collagen, Aquarelle und Fotografien vermitteln einen Eindruck von der schulischen Arbeit. Die künstlerischen Ergebnisse sind bis zum 21. März im Zentrum für Frauen- und Kindermedizin zu sehen, wo sie in der Galerie (zu erreichen über die Kinder-Notaufnahme) ausgestellt sind.

Bilderausstellung „Naturelemente – Elemente der Natur“, Galerie neben dem Atrium des Zentrums für Frauen- und Kindermedizin, Liebigstraße 20a, Haus 6.

Blutspendeinstitut jeden Mo. und Fr. 7:00 bis 19:00 Uhr Johannisallee 32, Haus 8, 04103 Leipzig Di. bis Do. 8:00 bis 20:00 Uhr Institut f. Transfusionsmedizin, Nord Mo. geschlossen Delitzscher Str. 135, 04129 Leipzig Mi. 8:00 bis 14:00 Uhr Di., Do., Fr. 13:00 bis 19:00 Uhr Gesundheitsamt Grünau jeden Mo. und Do. 13:30 bis 18:30 Uhr Miltitzer Allee 36, 04205 Leipzig Gustav-Hertz-Gymnasium jeden 2. und 4. Dienstag/Monat 14:00 bis 18:00 Uhr Dachsstr. 5,
Leipzig
Seniorenheim
Lärchenstraße 1, 04567 Kitzscher Mo., 27.01.14 14:00 bis 18:30 Uhr Sportmedizinische Ambulanz Marschnerstraße 29A 04109 Leipzig Di., 28.01.14 12:00 bis 16:00 Uhr Grundschule Langenleuba-Oberhain Mi., 29.01.14 15:00 bis 18:30 Uhr Schulstraße
04329
ASB
am Schwarzholz
16, 09322 Penig
Blutspendeinstitut
25.01.2014 9:00 bis 13:00 Uhr Johannisallee
Leipzig
Sa.,
32, 04103
Institut für Transfusionsmedizin
Dr. Roberto Frontini, Leiter der Krankenhausapotheke am UKL
RATGEBER
Dr. Roberto Frontini Foto: ukl
LIEBIGSTRASSE AKTUELL | SEITE 14
Foto: Stefan Straube Foto: Stefan Straube

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Notaufnahme

für Kinder und Jugendliche

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Infoabend für

werdende Eltern - 23611

Eine Anmeldung zur Entbindung ist nicht erforderlich.

Mehr Informationen unter www.geburtsmedizin-leipzig.de

Zentraler Empfang

Liebigstraße 20, 04103 Leipzig - 17900

Blutbank (Blutspende)

Johannisallee 32, 04103 Leipzig

Info-Telefon - 25410

Weitere Informationen finden Sie auf Seite 14 sowie unter www.blutbank-leipzig.de

Ambulanzen und Zentren

Zentrale Ambulanz Innere Medizin - 12222

Zentrale Ambulanz Chirurgie - 17004

Zentrale Ambulanz Kinderzentrum - 26242

Universitätszahnmedizin - 21104

HNO-Ambulanz - 21721

Augenambulanz - 21488

Psychiatrische Ambulanz - 24304

Psychosomatik-Ambulanz - 18858

Tropenmedizinische Ambulanz - 12222

Ambulanz Krebszentrum UCCL -17365

Neurologische Ambulanz -24302

Dermatologische Ambulanz -18670

Universitäres Brustzentrum - 23460

Transplantationszentrum - 17271

Universitäres Darmzentrum - 19967

Diabeteszentrum - 12222

Med. Versorgungszentrum - 12300

Kliniksozialdienst - 26206

Seelsorge - 15965 / - 15967 / - 26126

Psychosoz. Beratungsstelle für Tumorpatienten und Angehörige - 15464

Informationen zu allen Kliniken und Ambulanzen finden Sie unter www.uniklinik-leipzig.de

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