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Woran arbeitest du gerade…?
In dieser Serie schauen wir Lustenaus Kreativen und Kunstschaffenden über die Schulter und erfahren dabei nicht nur, woran sie aktuell arbeiten, sondern auch, was sie inspiriert, fasziniert und motiviert. Text: Simone Fürnschuß-Hofer; Fotos: Marcel Hagen
Woran arbeitest du gerade? Ulrike Hagen: Wie immer an mehreren Sachen gleichzeitig: An meinen Kolumnen für die Neue am Sonntag, an den Kochseiten für die Spar-Heimat und ein neues Kochbuch habe ich auch im Hinterkopf.
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Das wäre dann Numero vier ... Kannst du uns mehr darüber verraten? Ulrike Hagen: Nur so viel: Damit würde ich mir meinen Traum von einem Weihnachtskochbuch erfüllen. Aber bis es soweit ist, geht es sicher noch zwei Jahre.
Deine Bücher verkaufen sich sensationell. Dein Erfolgsgeheimnis? Ulrike Hagen: Vermutlich kommen sie so gut an, weil ich keine Profiköchin bin. Weil ich dadurch vielleicht einfachere Rezepte kreiere, die jeder leicht nachkochen kann und die gelingen. Und ich lege sehr viel Wert auf die Gestaltung der Bücher, da bringe ich mich von A-Z ein, von der Rezeptauswahl über die Dekoration und Fotografie-Redaktion bis hin zu grafischen Fragen. Außerdem wird alles bei mir zuhause gekocht und fotografiert.
Du hast dein erstes Buch ganz auf eigene Faust gemacht, alles selber finanziert. Wie viel Mut hat es dich gekostet, es durchzuziehen?
Ulrike Hagen: Natürlich musste ich die Idee erst etwas gären lassen.
Das finanzielle Risiko war beim ersten Buch enorm, weil ich alles, sei es Fotografie oder Grafik, selber finanzieren musste und nicht wusste, ob ich je ein Buch verkaufen werde. Weil mein erstes
Buch „Kochen aus Leidenschaft“ auf die Jahreszeiten ausgerichtet ist und auch die Fotoshootings dementsprechend übers Jahr verteilt werden mussten, habe ich auf gut Glück mit dem ersten Frühjahrs-Shooting begonnen. Unterm Motto: Ausprobieren und weitersehen. Und dann ist es so schön geworden, dass ich einfach dranbleiben musste!

Inzwischen hast du mit einem Verlag zwei weitere Bücher umgesetzt, du bist für die „Spar-Heimat“ im Einsatz und jeden Sonntag finden wir von dir ein Rezept in der „Neuen“. Fehlt nur noch eine eigene Kochsendung ... Ulrike Hagen: Nein, ganz und gar nicht. Ich habe vor längerer Zeit ein paar Videos für vol.at gemacht, aber ich fühl mich überhaupt nicht wohl vor der Filmkamera.
Aber umso wohler beim Kochen. Was ist es, was du daran so liebst? Ulrike Hagen: Alles. Ich mag es, Gemüse klein zu schneiden, ich habe eine Freude, wenn es in der Pfanne brutzelt ... Beim Kochen brauchst du alle Sinne,


das macht es aus. Du tust den Menschen etwas Gutes. Und auch das Essen ist etwas Schönes. Dazu kommt diese Rezeptvielfalt durch die vielen verschiedenen landestypischen Küchen – du kannst immer wieder Neues aus der ganzen Welt entdecken und ausprobieren.
Und was würdest du jemandem sagen, der von sich behauptet, nicht kochen zu können? Ulrike Hagen: Dass es eine Frage des Willens ist. Wer kochen will, kann es auch. Er – oder sie – muss sich halt anfangs penibel genau ans Rezept halten. Kochen ist eigentlich eines der einfachsten Dinge zum Erlernen. Aber es ist auch legitim, wenn jemand sagt, nicht kochen zu wollen.

Hubert Kremmel
Drechsler
sam.kremmel@aon.at, www.sam-drechselwerk.at
Woran arbeitest du gerade? Hubert Kremmel: Jetzt in diesem Moment gerade an einem Rohling für eine Schale.
Kannst du uns den Weg vom Baum zur Schale kurz beschreiben? Hubert Kremmel: Zuerst wird ein Stück vom Baumstamm dickwandig vorgedrechselt, dann lass‘ ich den Rohling mindestens zwei bis drei Jahre trocknen und bearbeite ihn dann weiter. Nachher bleibt er zwei bis drei Wochen liegen, da er sich in dieser
Zeit noch einmal verzieht.
Erst dann wird er in seine endgültige Form gebracht, geschliffen und geölt. Jedes Stück ist ein Unikat.
Da steckt ganz schön viel Zeit drin in all diesen wunderbaren handgedrechselten Schalen, Vasen, Dosen, Pfeffermühlen ... Hubert Kremmel: Ja, oft allein schon bis du überhaupt einen Rohling hast. Manche Rohlinge in meinem Lager sind sechs Jahre alt oder noch älter. Manchmal passiert es, dass sie während des Trocknens Risse bekommen und dadurch unbrauchbar werden. Trotzdem finde ich Holz als Material genial für Gebrauchsgegenstände, die ihren Dienst zum Teil über Generationen erfüllen, da für ihre Herstellung wenig Energie und Ressourcen verbraucht werden und sie die Umwelt nicht belasten.
Wie bist du auf das Drechseln gekommen? Hubert Kremmel: Das Drechseln hat mich immer schon fasziniert. Ich erinnere mich, dass ich als Bub auf dem Schulweg oft beim „Radatz“ – damals dem einzigen Drechsler im Ort – vorbeigelaufen bin und mich gefreut habe, wenn ich ihm in der Werkstatt zuschauen durfte.
Dennoch bist du erst Tischler geworden? Hubert Kremmel: Ja, da der Drechslerberuf durch die Automatisierung nicht mehr wirklich konkurrenzfähig war und der Tischlerbe
ruf, bei dem ich ja auch mit Holz gearbeitet habe, mehr Zukunft hat- te. Heutzutage gibt es nur ein oder zwei Drechsler im Land, die im Hauptberuf davon leben, aber viele, die in ihrer Freizeit drechseln.
Worauf legst du besonders Wert beim Drechseln? Hubert Kremmel: Auf die Form, das Filigrane, auf schöne Proporti- onen und Eleganz. Im Einfachen liegt sehr viel Schönheit.
Führst du auch Auftragsarbeiten durch? Hubert Kremmel: Ja, wenn mir die Arbeit reizvoll erscheint und es in meiner Werkstatt möglich ist. Ich könnte mir aber nicht vorstellen, Aufträge anzunehmen, die von mir verlangen, ganz oft dasselbe zu machen. Das wäre wirklich eine Strafe für mich.
Hingegen sieht man den Unikaten von dir an, dass sie mit viel Liebe gemacht wurden ... Hubert Kremmel: Ja, weil sich meine Arbeit, die ich jetzt seit fünf Jah- ren hier mache, nie wie Arbeit anfühlt. Was ich tue, tue ich einfach nur gerne. Ich achte immer darauf, genug Zeit am Stück zu haben, damit ich die Arbeit nicht unterbrechen muss. Mir selber keinen Zeit- druck zu machen, musste ich erst lernen. Das ist auch eine Art der Entschleunigung, die ich als Hochgenuss empfinde.
Lieben Dank fürs Gespräch. Handgedrechselte Unikate von Hubert Kremmel sind im BOTTA so- wie in seiner Werkstatt in der Staldenstraße 41b erhältlich!



Helga Hagen
Manufaktur-Betreiberin und Künstlerin helga.hagen-w@iplace.at, www.helgahagenw.at
Woran arbeitest du gerade? Helga Hagen: Intensiv an Musterzeichnungen und Farbdesigns für die neuen Kollektionen sowie an einem Landwirtschaftsschulprojekt in Nepal, das in die Umsetzungsphase kommt. Gleichzeitig versuche ich einen Weg zu finden, die wirtschaftliche Situation meiner Firma wieder in Balance zu bringen. Die Corona-Ausnahmesituation hat mich, wie auch viele andere Betriebe, in eine große Existenzsicherheitsfrage gebracht. So bemühe ich mich einerseits durch mein Tun Menschen in Nepal zu unterstützen, andererseits mein eigenes Bestehen zu sichern.
Die HELGA HAGEN W Manufaktur ist also eng verknüpft mit Entwicklungshilfe? Helga Hagen: Unsere bisherigen Trinkwasserprojekte, das Dhulikhel Hospital und auch das genannte Schulprojekt sind klassische Hilfsinitiativen, für die sich mein Mann Elmar vorwiegend verantwortlich zeigt. Ich persönlich bin vor allem für die Werkstätten zuständig, habe zum Beispiel eine Filzwerkstatt aufgebaut, in der mittlerweile 43 Frauen arbeiten. 43 Frauen, die nicht ins Ausland müssen, um Sklavenarbeit zu verrichten oder sich zu prostituieren.

Ist der Begriff der „Social Entrepreneurin“ für dich zutreffend? Helga Hagen: Ja, mein Idealismus ist in erster Linie darauf ausgerichtet, den Menschen in Nepal wirtschaftlich zu helfen. Ein Projekt aufzubauen, das sich multiplizieren kann im eigenen Land und ihnen den Mut gibt, sich auf den Weg zu machen zur Selbstständigkeit und nicht von mir alleine abhängig zu sein.
Kaufst du nur die Rohware in Nepal ein oder auch das fertige Endprodukt? Helga Hagen: Sowohl als auch. Alle HELGA HAGEN W Papierprodukte fertige ich in meiner Manufaktur in Lustenau. Filz- und Silberdekorprodukte werden fast zur Gänze in Nepal endgefertigt. Man muss wissen: In diesem Land wird viel Massenware produziert. Ich arbeite genau in die Gegenrichtung, es geht mir um Qualität statt um Quantität. Qualität, die dann auch sehr gut bezahlt wird. Deshalb ist es auch wichtig, dass ich regelmäßig vor Ort bin, um die Qualität sicherzustellen.
Angefangen hat ja ursprünglich alles mit eurem wunderschönen Himalaya-Papier, nicht wahr? Helga Hagen: Ja, in meiner Begeisterung für die alten Lagerbestän- de aus früheren Unternehmungen meines Mannes habe ich schnell erkannt, wie wunderbar sich dieses Papier mit Filz, Wolle, Silber und Ton zu Unikaten veredeln lässt: Zu Windlichtern und Lampen, Alben, Leporellos, kreativen Schreibsets und vielem mehr.

Wer sind deine Kunden? Helga Hagen: Alle, die einzigartige Produkte mit einer Geschichte, die das Schöne und den Wert echter Handarbeit schätzen. Dann die Hotellerie, der Fachhandel und Unternehmen mit dem Wunsch nach maßgeschneiderten Kundengeschenken, Weihnachtskarten usw. Und sehr gerne realisiere ich für Hochzeiten und Veranstaltungen durchgängige Gestaltungskonzepte.
Was macht dir am meisten Freude? Helga Hagen: Ich liebe es einfach, in der Manufaktur zu sein – oft bis zu sieben Tage in der Woche! Die Gewissheit, dass es Sinn hat, was ich tue, gibt mir Energie. Eben, weil jeder Artikel im Grunde auch Hilfe zur Selbsthilfe in Nepal bedeutet. Sollte ich einmal nicht mehr in der Lage sein nach Nepal zu reisen, hoffe ich, dass sie dort ihre Geschäfte dennoch weiter betreiben können.
Wir wünschen dir, dass dir deine Tatkraft und dein Engagement noch lange erhalten bleiben und sagen Danke fürs Gespräch! Die Produkte von Helga Hagen sind im BOTTA sowie im Schauraum in der Pontenstraße 1 erhältlich!

