Kritische Komplizenschaft / Critical Complicity

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corporate boardrooms to the marketplace for art“.5 Dabei ist vor allem die von den KünstlerInnen und Kunstinstitutionen selbst ausgehende Komplizenschaft interessant, wenn er schreibt, „this has been accomplished with the complicity of a new breed of entrepreneurial artists, utterly cynical in their disregard of both recent art history and present political reality.“6 Die Wiedereröffnungsausstellung des MoMA und das finanzielle Engagement der AT&T Corporation sind für Crimp beste Beispiele für diesen Paradigmenwechsel. Er zitiert in seinem Text aus der Einleitung des MoMA-Direktors: „AT&T clearly recognizes that experiment and innovation, so highly prized in business and industry, must be equally valued and supported in the arts.“7 Das Museum, und in diesem Fall eines der prominentesten Museen der Welt, öffnet sich nicht nur zur Wirtschaft hin, sondern Unternehmen und Museum verständigen sich auf einen gemeinsamen Raum des „Experiments“ und der „Innovation“. Dass beide etwas Vergleichbares tun, wird damit zumindest suggeriert. Fredric Jameson sollte dieses Phänomen 1991 in “Postmodernism, or, the Cultural Logic of Late Capitalism” als signifikant für den Spätkapitalismus beschreiben: „[…] the cultural and the economic, thereby collapse back into one another and say the same thing […] it seems to obligate you in advance to talk about cultural phenomena at least in business terms if not in those of political economy.“8 1988 wurde Thomas Krens Direktor der Solomon R. Guggenheim Foundation. Er adaptierte im Prinzip ein Unternehmensmodell, das Franchising, und übertrug es auf das Museum. „Das Guggenheim“ expandierte: New York, Venedig, Bilbao, Berlin, Las Vegas.9 Die Beauftragung weltweit gefeierter Architekten garantierte nicht nur umgehend eine enorme Aufmerksamkeit, sie prägte auch den Ausdruck „Bilbao-Effekt“, der die Aufwertung von Orten durch spektakuläre Bauten von Star-Architekten meint.10 Krens’ Neupositionierung des Guggenheim als weltweit operierendes „Brand“ erlaubte es ihm unter anderem, Mehrjahresverträge mit der Deutschen Telekom, dem Bekleidungskonzern Boss und der Deutschen Bank abzuschließen und seine Beziehungen zu einflussreichen, wohlhabenden SammlerInnen auszubauen.11 Dabei setzte er absichtsvoll auf die Aura und die Einzigartigkeit von Kunst, eine Vorgehensweise, die der Direktor des VanAbbe Museums in Eindhoven, Charles Esche, rund zwei Jahrzehnte später wie folgt kommentiert: „[…] das Guggenheim [steht] für den


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