LOUISe - Stadtmagazin - Ausgabe 11/2018

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S t a d t g es p r ä c h

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b es dann auch auf unserer Saalburg Geister gibt? „Nein“, kommt die Antwort von Museumsleiter Carsten Amrhein wie aus der Pistole geschossen. Dass auch die Römer ihre Geister hatten, räumt er jedoch ein. Plinius der Jüngere berichtete im ersten nachchristlichen Jahrhundert wahrscheinlich als erster ausführlich über eine Geistererscheinung. Die ging in einem Spukhaus in Athen um. Der Stoiker Athenodoros stellte sich ihr ohne Furcht. Ließ das Klirren von Eisen und Rasseln von Ketten stoisch über sich ergehen, folgte dann aber dem Geist auf den Hof des Hauses, wo dieser urplötzlich verschwand. Anderntags kamen bei Grabungen an eben dieser Stelle in Ketten gebundene Gebeine zu Tage. Nach der ordentlichen Bestattung hatte der Spuk ein Ende. Es wird möglicherweise ein Larve oder ein Lemure gewesen sein, einer der Totengeister, die die Römer in der Unterwelt ansiedelten und die, im Gegensatz zu den guten Hausgeistern, schon mal unangenehm werden konnten.

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lso: Römerkastell Fehlanzeige. Trotz zweitausend Jahre alter Steinmauern. Aber es gibt ja noch ein zweites, wenn auch nicht ganz so altes Gemäuer in unserer Stadt. Im Schloss könnten doch Geister wohnen und spuken. Und wirklich: Ein schlichtes „Ja“ schallt uns entgegen. Schlosskastellan Norbert Lehrer, beileibe kein Esoteriker, sondern ein rational denkender Mann, gesteht ohne weite-

res zu, dass er im Schloss schon übernatürliche Erscheinungen erlebt hat. Damit gehört er übrigens zu drei von vier Deutschen, die im Laufe ihres Lebens Zeuge eines solchen Phänomens werden. Diese erstaunliche Tatsache berichtete Focus-online im vergangenen Jahr.

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ie ganze bekannte Klaviatur ihres Geister-Daseins spielen die unheimlichen Schlossbewohner ab. Aus unerfindlichen Gründen klimperten hin und wieder die Kristalllüster an der Decke, führt Norbert Lehrer ein Beispiel an. Ein zweites: Bei einer Führung durch das Ankleidezimmer der Kaiserin öffnete sich „wie von Geisterhand“ eine Tür. Lächelnd versprach Norbert Lehrer der Besuchergruppe, dass die Tür gleich wieder zugehe. Und danach mehrmals auf und zu klappen könne. Was genau so geschah! „Da war kein Mensch und keinerlei Zugluft“, versichert er im Gespräch mit LOUISe.

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as Merkwürdigste aber erlebte Norbert Lehrer im ersten halben Jahr, nachdem er seine Wohnung im Schloss bezogen hatte. Mehrfach wachte er mitten in der Nacht auf, weil er das Gefühl hatte, äußerst intensiv angestarrt zu werden. Er wusste es einfach, obwohl er sich nicht traute, die Augen zu öffnen: Das ist ein Geist! Das gleiche Phänomen ereilte seinen Erzählungen nach auch andere Bewohner nach ihrem Einzug in das Schloss. „Es ist, als ob uns jemand genauestens prüfen wolle, ob wir auch des Schlosses würdig sind“, sagt Norbert Lehrer. Sein Gefühl, dass es sich bei diesem Jemand um Prinzessin Elizabeth handele, teilen andere mit ihm. Ihr Sarg in der Landgrafengruft unter der Schlosskirche sei der einzige nicht verschlossene. So könne ihm der Geist der englischen Landgräfin leicht entsteigen und durch die Gänge streifen. „Es ist wahrscheinlich ein guter Geist.“ Louise 11 / 2018 |

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